Laut Gabler Wirtschaftlexikon (
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/volkseigentum.html) gibt es den Begriff 'Volkseigentum' in der BRD nicht. Dieser wurde für das Vermögen des Staates in der DDR benutzt und wurde mit der Herstellung der Einheit Deutschlands durch den Eigentumsbegriff des BGB ersetzt. Rechtlich hat das Deutsche Volk also keinen Anspruch darauf, daß seine Regierung das Eigentum des Volkes schützt. Dieses ist also auch nicht unveräußerlich.
Zitat aus dem DDR-Lexikon (
http://www.ddr-wissen.de/wiki/ddr.pl?Volkseigentum) zum Thema: "[...]Das Volkseigentum war unveräußerlich, unbeleihbar und in besonderer Weise strafrechtlich geschützt. Offizieller Eigentümer waren dabei alle Menschen. Die Idee hinter dem Volkseigentum war, daß gesellschaftlich nützliche Dinge, vor allem Produktionsmittel und Infrastruktur-Einrichtungen nicht dem Wohle einzelner, sondern dem Wohle der Allgemeinheit dienen sollten. In den 80-er Jahren war nahezu die gesamte Industrie der DDR volkseigen.[...]"
Witzigerweise besagt unser Grundgesetz in der derzeitigen Form jedoch auch = I. Die Grundrechte (Art. 1 - 19):
Artikel 14
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Diese hiesigen Paragraphen GG korrespondierer meiner Meinung nach vorzüglich mit mit den Praktiken der DDR Staatsführung nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Volkseigentum entstand größtenteils durch entschädigungslose Enteignung von sogenannten Faschisten, Kriegsverbrechern und Großgrundbesitzern nach einem demokratischen Volksentscheid. Dies wurde in der BRD, sowie von den Enteigneten häufig als Unrecht angesehen.
ddr-wissen.de sagt dazu ferner: "[...]Dem Volkseigentum wird häufig vorgeworfen, nur zum Schein Eigentum des Volkes gewesen zu sein. Vielmehr sei es eine ideologisch verbremte Bezeichnung für Staatseigentum gewesen. In der Tat haben sich viele Menschen in der DDR nicht mit ihrem Volkseigentum identifiziert. Desweiteren ging die Kontrolle über das Volkseigentum vom Staat aus, welcher aufgrund des Führungsanspruchs der SED nicht mit dem gesamten Volk identisch war. Dennoch ist eine Gleichsetzung mit Staatseigentum unrichtig, zumal letzteres veräußerlich sein sein kann, wie z.B. in der BRD."
und weiter: "Volkseigentum als Rechtsform kam im Recht der BRD nicht vor und wurde bei der Wiedervereinigung Deutschlands auch nicht eingeführt. Vielmehr ging das Volkseigentum der DDR nun in herkömmliches Staatseigentum über. Dabei herrschte Einigkeit zwischen CDU und SPD darüber, daß es größtenteils bald privatisiert werden sollte.[..]"
Konsequenzlosigkeit kann man dem kapitalistischen System nicht vorwerfen. Privatbesitz steht neben den Menschenrechten ganz oben auf der Agenda vorteilnehmender Politiker und dem Grundgesetz der derzeitigen Form unserer freien und liberalisierten Marktwirtschaft - wobei die Menschenrechte sich zugunsten starker wirtschaftlicher Interessen oft genug fügen müssen und anscheinend ebenfalls veräußerbar sind (steht hier aber nicht zur Debatte).
Es ist also schlichtweg ein Trugschluß anzunehmen, daß Autobahnen dem Volk gehören, nur weil sie durch Steuergelder bereits doppelt und dreifach bezahlt wurden. Am 23. September 1933, wurde im Nationalsozialismus mit dem Ausbau der Reichsautobahnen begonnen, was durch die Propaganda besonders herausgestellt wurde. (Quelle:
http://de.wikipedia.org/wiki/Autobahn_(Deutschland))
Die Internetseite 'Zur Geschichte der Autobahn' (
http://www.wabweb.net/verkehr/frames/abhistDf.htm) hat Teile der Dissertation "Die Wahrnehmung von 'Landschaft' und der Bau von Autobahnen in Deutschland, Frankreich und Italien vor 1933" von Ingrid Strohkark sowie Berichte der Zeitschrift "Der Straßenbau", Jg. 1929-37 veröffentlicht. Darin wird beschrieben, daß "ohne staatliche finanzielle Unterstützung den Protagonisten des Autobahnbaus in den zwanziger Jahren noch die Suche nach privatwirtschaftlichen Lösungen blieb, und folglich sah man die Erhebung von Benutzungsgebühren und die "Vermietung von Streckenreklamen" vor. Hier machte den Planern die Reichsregierung einen Strich durch die Rechnung, indem sie die Erhebung von Straßengebühren auf Autobahnen per Gesetz am 27. Mai 1927 grundsätzlich verbot. Auch der Hafraba e.V. konnte trotz "Unterstützung durch einflussreiche Politiker und Industrielle, (...) die ablehnende Haltung der Reichsregierung (...) nicht ändern"[...]". Das Konzept, Autobahnen zu privatisieren, ist also auch hierzulande nicht neu, und wurde schon immer maßgeblich von industriellen Lobbies gefordert.
"Die Nazis hatten zunächst Vorbehalte gegen den Bau eines Schnellstraßennetzes, denn Autos waren noch ein Luxus der wenigen Reichen und das Militär vertraute auf den bewährten Bahntransport. Nach Machtübernahme wurde sehr schnell der propagandistisch hohe Wert des Straßenbaus erkannt und man ging daran, die HaFraBa-Pläne ("Vereins zum Bau einer Straße für den Kraftwagen-Schnellverkehr von Hamburg über Frankfurt a.M. nach Basel") in die Tat umzusetzen, wobei der zum Generalinspekteur des Straßenwesens ernannte Fritz Todt eine wichtige Rolle spielte. Man konnte der staunenden Welt mit diesem Großprojekt zeigen, wie die Arbeitslosigkeit beseitigt werden konnte." (Auszug aus
www.wabweb.net/verkehr/frames/abhistDf.htm)
Diese Propaganda wirkt offenbar heute noch weitreichend nach, haben es die nachfolgenden frei gewählten Regierungen der Nachkriegszeit doch ebenfalls verstanden, das Propagandapotential von einst für ihre jeweiligen aktuellen polischen Zwecke zu reaktivieren und zu nutzen.
Ich frage mich indes, ob es so falsch ist oder sein kann, auch als demokratisch erzogener Bürger (bin in der BRD aufgewachsen) Volkseigentum oder Volksvermögen zu fordern und fördern. Was ist tatsächlich falsch oder gefährlich daran? Spekuliert wird ja eh damit, wie man der jüngsten Vergangenheit entnehmen kann. Sollte nicht gerade der Staat ein Interesse daran haben, dieses Vermögen zu vermehren? Oder besteht gerade die Gefahr darin, daß es uns wie den DDR Bürgern ergeht, die als rechtloser Souverän keinen Einfluß auf den Gebrauch dieses Vermögens ausüben konnten und dieses daraufhin rapide an Wert verlor? Heißt das im Gegenzug, daß es an Wert gewinnt, weil es in der Hand von privaten Investoren gelegt wird? Da wir alle und ausnahmslos auf unser Straßennetz angewiesen sind, darf wohl mit Fug und Recht behauptet werden, daß wir keine wirkliche Wahl haben. Egal, wer am Ende die Rechnung für Ausbau und Pflege des wohl dichtesten Straßennetzes der Welt präsentiert, wir werden es bezahlen müssen. Mobilität ist heutzutage ein Grundbedürfnis - ein Grundrecht allerdings anscheinend nicht.