Das Schiksalsband

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Janoko

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Das Schicksalsband

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Das Schicksalsband



1. Kapitel - Die zwei Jungen


Die Lichter der Laternen und der Geschäfte flackerten. Es befanden sich keine Autos und Menschen auf der vor Werbung strahlenden Straße. Alles war still. Totenstill. Nur die Dunkelheit legte eine bedrohliche Aura auf die Straßen und Häuser.
Aber davon kriegte Ceciel, ein großes Mädchen mit blond-rot gewellten Haaren, das über die Straße schlenderte, nichts mit. Sie kam gerade aus der Schule. Sie musste nachsitzen und eine Strafaufgabe machen, weil sie einem Lehrer ihre Meinung über sein Verhalten sagte. Dieser fand das so unverschämt, dass er sie nachsitzen ließ. Das Einzige was Ceciel dazu sagte war: „Was gibt’s zu tun?“
Eigentlich ist sie ein nettes Mädchen. Sie ist sehr hilfsbereit, ordnungsliebend, direkt und neugierig. Doch sind ihr Mitleid und ihr Gerechtigkeitssinn sind ihre großen Schwächen.
„Nur weil ich ihm gesagt habe er soll aufhören so zu tun als würde er von der Sache eine Ahnung haben, hat er mir das ganze Zeug aufgebrummt. Das ist doch nicht fair! Dann hab ich heute auch noch den Bus verpasst und aus versehen einen anderen genommen und jetzt bin ich hier gelandet. Wenn ich wüsste wo ich bin. Ach heute ist so ein bescheuerter Tag. Am liebsten wäre ich zu Hause im Bett geblieben. Aber ich musste ja unbedingt zur Schule. Ach, es bringt nichts sich darüber zu beschweren, was geschehen ist, ist geschehen und daran kann ich auch nichts mehr ändern! Obwohl das sicherlich keinem Anderen passiert wäre. Ach heute ist echt ein bescheuerter Tag.“
Plötzlich hatte sie das Gefühl nicht mehr alleine auf der Straße zu sein. Überrascht hob sie den Kopf. Mitten auf der Straße war ein riesiges buntes und durchsichtiges Tuch. Oder war es kein Tuch? Vielleicht bunte Luft oder irgendetwas in der Art. Ungläubig starrte sie auf dieses Etwas und wusste nicht was dies sein könnte. Aber ihr Instinkt riet ihr es nicht anzufassen. Jetzt bemerkte sie die leere Straße, das Zischen, das aus den Geschäften kam und diese schaurige Atmosphäre. Was war hier nur los? Unwohl blickte sie sich um. Sollte sie vielleicht zurückgehen? Oder eine Telefonzelle suchen und ihre Eltern bitten sie abzuholen? Vielleicht sollte sie auch einfach nur durch diese bunte Luft gehen. Oder war es besser, wenn sie sich einen anderen Weg suchte? Mit einem schaurigen Gefühl sprang Ceciel von einem Fuß zum anderen und suchte eine andere Straße. Sie glaubte nämlich sie sei auf dem richtigen Weg, das sagte ihr jedenfalls ihr Gefühl. Da entdeckte sie auf der linken Seite eine schmale Gasse. Ungefähr einen Meter vor der bunten Luft. Sie ging hinein ohne genauer darüber nachzudenken.
Es war hier noch dunkler als auf der Straße. Vorsichtig schaute sie auf ihre Uhr.
„Das kann nicht sein! Nein, oh nein! Es ist schon halb zehn.“
Wie konnte das sein, wo sie doch um drei Uhr die Schule verlassen hatte? Sie konnte nicht länger als eine Stunde unterwegs gewesen sein! Nein das war nicht möglich. Ihre Mutter machte sich doch immer solche großen Sorgen. Sie hatte ihr nicht gesagt, dass sie heute später kommen würde. Wie hätte sie es auch wissen können?
Sie lief so schnell sie konnte durch die Gassen. Je länger sie sich dort aufhielt, umso ängstlicher wurde sie. Sie wurde immer schneller und plötzlich stolperte sie über etwas und fiel der Länge nach auf den kalten nassen Boden. Sie sah nach oben um genauer zu erkennen wo sie war und über was sie gestolpert war.
Müll lag auf der Straße. Sie schien über eine Blechdose gestolpert zu sein. Wachsam schaute sie sich um. Sie saß auf dem schmutzigen Boden, der mit verschiedenen Müllsorten bereichert war. Sie ahnte noch nicht einmal wo sie sein könnte. Es war so dunkel, dass sie gerade noch den Himmel erkennen konnte, sie hielt es jedenfalls für den Himmel. Die Gasse ging noch ein gutes Stück weiter, dann folgte eine Abbiegung nach rechts. In der Hälfte der Gase befand sich auch eine Abbiegung, aber auf der anderen Straßenseite und nach links.
Sie wollte sich gerade wieder hinstellen, als ihr Fuß es nicht zuließ und sie unsanft auf ihren Hintern fiel. Schluchzend sah sie sich ihre blutenden Hände, ihre aufgeschürften Knie und ihren geschwollenen Fuß an. Würde sie hier jemals wegkommen? Würde sie es schaffen nach Hause zu gelangen? Sie zitterte immer heftiger als sie eine Stimme hörte.
„Na Süße, was hast du hier zu suchen? Hast du dich verlaufen? Das hier ist nicht der richtige Ort für dich, dir könnte hier was passieren“, spottete die kratzige Stimme. Sie drehte sich um. Ihr Herz pochte immer schneller und sie fing an zu weinen. Ihr war jetzt klar, sie würde hier nicht mehr unbeschadet herauskommen.

Vor ihr standen Jungen, dutzende Jungen, alle mit hässlichen, fiesen Gesichtern und schiefen Grinsen. Ganz vorne stand ein Koloss von einem Jungen. Drei mal so dick wie die anderen, zweimal so groß und mit so einem grausamen Gesicht, wie es sich niemand vorstellen konnte.
Sie richtete sich auf. So gut sie konnte humpelte sie vorwärts, dann kippte sie um. Sie war nur einige Meter weiter gekommen. Sie hörte das krächzende Lachen und zitterte immer heftiger. Leise Tränen rollten ihr über die Wangen. Sie hatte mit ihrem Leben abgerechnet. Die einzige Frage die ihr noch im Kopf herrum schwirrte war: Warum gerade an diesem Ort?
Plötzlich verstummte das Lachen. Sie drehte sich um. Ein großer, blonder Junge, der nur einiger Jahre älter war als sie, saß auf der Mauer. Ein Anderer lehnte sich an die Mülltonne, die vor dieser stand. Sie konnte nur an seiner Silhouette erkennen, dass es ein Junge war, denn er war ganz durch Schatten verhüllt. Langsam trat er aus dem Schatten ins Licht und rief dem anderen zu:
„Ich übernehme das! Du warst das letzte mal dran.“ Der Blonde nickte nur und gähnte gelangweilt.
Der Junge, der aus dem Schatten getreten war, war auch groß, hatte schwarze Haare und zerrissene Kleider, genauso wie der andere. Sie sahen sich ziemlich ähnlich. Man könnte meinen sie seien Brüder. Er schaute sich um und entdeckte Ceciel. Seine Pupillen wurden schmaler, er schien überrascht. Er schaute weg, fast schon verlegen. Wütend schrie er die Jungengang an:
„Wegen einem Mädchen macht ihr soviel Theater? Was ist sie schon wert?“
Wütend stand sie auf, wackelte, hielt sich aber noch auf den Beinen. Atemlos lehnte sie sich gegen die Wand und schrie: „Alles was lebt ist etwas wert!“ Der Junge schaute verdutzt und drehte sich wieder den anderen Jungen zu. „Sie gehört nicht zu euch?“ „Nein, du kannst sie haben, wenn du uns dafür in Ruhe lässt.“ Verblüfft schaute sie den größten der Jungen an. Was haben die eigentlich? Da stehen zwei, fast schon magere, Jungen und er hat Angst vor denen, obwohl er selber dreimal, wenn nicht sogar viermal so dick ist wie die. Außerdem steht hinter ihm noch eine ganze Schar von anderen Typen, die es bestimmt locker mit den Zwei aufnehmen könnten, aber er bittet die zwei Jungen ihnen nichts zu tun.
Was ist das für ein merkwürdiger Ort? Wenn sie bloß nach Hause könnte. Sie wünschte sich im Moment nichts sehnlicher als frisch geduscht in ihrem Bett zu liegen und ein Buch zu lesen. Stattdessen tat ihr alles weh, ihre Kleidung war zerrissen und sie stank fürchterlich.
„Könnt ihr mir mal sagen, wieso ich was mit ihr anfangen könnte? Die ist doch total unnütz!“
Ceciel wollte schon empört aufschreien, als sie etwas Glitzerndes auf dem Boden sah: Eine Münze. Vorsichtig lies sie sich an der Wand zu Boden gleiten und nahm sie in die Hand. Ja wirklich es war eine Münze, aber eine sehr merkwürdige. Sie war kaum größer als der Kopf eines Reisnagels und es war ein winziges Loch in der Mitte. Gerade groß genug um einen dünnen Faden hindurch ziehen zu können.
Der zweite Junge schien bemerkt zu haben, was sie gefunden hatte und gesellte sich mit einem Sprung zu ihr. „Was ist das für eine Münze?“, fragte er interessiert. Ceciel wollte schon eingebildet sagen, dass es ihn nichts anginge, als er kalkweiß wurde und sie verwundert anstarrte. Erst als sie auf die Münze schaute wurde ihr klar warum: Sie leuchtete und nicht nur das. Das Blut an ihren Händen war verschwunden und ihre Verletzungen waren alle weg, fast alle. Ihr Fußknöchel schmerzte immer noch, aber nicht mehr so sehr. Sofort rief er den Jungen zu: „Gut wir gehen auf den Tausch ein.“ Empört schaute der schwarzhaarige Junge zu den beiden, wollte etwas sagen, schloss jedoch den Mund als er das Leuchten der Münze sah. „Gut, “ sagte er und knirschte wütend mit den Zähnen, „wir gehen auf diesen Tausch ein, aber das nächste Mal kommt ihr nicht so einfach davon!“
Die Jungen drehten ihm den Rücken zu und gingen. Langsam kam er näher. Blieb aber an der gegenüberliegenden Wand stehen. Was wird jetzt geschehen?
„Was sollen wir mit ihr anfangen?“ ,fragte er abfällig. „Na, na! Sei netter zu ihr. Sie kann doch nichts für deine schlechte Laune.“ „Pah! Ich hätte jetzt bessere Laune, wenn ich die Typen hätte fertigmachen können. Aber stattdessen mussten wir die da retten.“
Ceciel wollte sich jetzt nicht unbedingt in ihren Streit einmischen, aber sie wollte nach Hause und das würde sie ihnen auch jetzt sagen. „Ähm, Entschuldigung, da ihr ja keine Verwendung für mich habt, und ich ja sowieso unnütz bin, könnte ich doch nach Hause gehen,“ versuchte sie es vorsichtig. Alle beide grinsten sie an. „Ich fürchte das geht nicht, wir haben leider doch Verwendung für dich“, flüsterte der blonde Junge. Panisch sah sie vom einem zum anderen und ihr wurde es immer mulmiger zumute. Die Angst, die sie eben vergessen hatte, stieg unaufhörlich und sie wusste nicht was sie tun sollte. Der Junge mit den schwarzen Haaren kam immer näher. Ihr Herz raste immer mehr und Tränen rollten ihr über die Wangen. Sie spürte seine Hände an ihrem Rücken und ihr war es jetzt egal, sie würde ihr Schicksal hinnehmen, sie musste tapfer sein.
Er hob sie hoch. Er wollte ihr gar nichts antun? Verblüfft starrte sie ihn an. Er wich ihrem Blick aus. Der andere Junge fing an zu lachen. „Du hast doch nicht wirklich geglaubt wir würden dir was tun? Von mir könntest du es vielleicht noch erwarten, aber von Klee doch nicht! Er ist sanfter als ein Lämmchen, er tut nur so als sei er ein böser Wolf.“ Der blonde Junge fing an zu kichern, aber diesmal schien er über etwas anderes zu kichern, sie wüsste zu gerne worüber.
„Wieso hast du mich hochgehoben,“ fragte sie verdutzt, während sie in seinen Armen lag. Er zögerte, wurde rot und sagte abfällig: „Dein Fuß ist doch verletzt, du wärst zu langsam, wenn du hinter uns herstolpern würdest, so geht es schneller.“ Verdutzt schaute sie ihn an. „Na? Kann es losgehen,“ fragte der blonde Junge. Klee nickte. Und plötzlich sprangen beide los, als wären sie Gummibälle. Nur höher, weiter und schneller. Was sind das für Jungen?
Sie fand es schon merkwürdig, als der blonde Junge von dem Müllkontainer sprang und direkt vor ihr landete, obwohl dieser mindestens sechs Meter entfernt war.
Sie schloss die Augen, ihr würde nur schwindelig werden, wenn sie sie noch weiter aufhielt. Außerdem war sie müde, sehr müde. Sie hielt die Münze fester in ihrer rechten Hand, falls sie unbeabsichtigt einschlafen sollte, was sie jedoch nicht glaubte.
Klee war warm und roch irgendwie so gut, ganz angenehm nach diesem kalten Boden. Sie senkte langsam ihren Kopf, lehnte ihn an seine Brust und schlief ein.
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Ende Kapitel 1 - Rest liefer ich noch
 

Janoko

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Es folgt Kapitel 2 - diskusionen bitte in den dazugehörigen Thread
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2. Kapitel - Das aufgegabelte Mädchen


Unruhig schaute Klee zu Straße, dann zu dem Mädchen in seinen Armen. Sie schlief. Das verwirrte ihn sehr. Er musste sich eingestehen, dass sie wirklich sehr hübsch war, das hatte er schon bemerkt, als er sie zum ersten Mal sah. Er konnte kaum seine Augen von ihr lassen. Ihm waren schon unzählige Mädchen begegnet, nett waren sie, hübsch auch, aber dieses Mädchen war anders. Natürlich hatte er schon Freundinnen gehabt, aber eigentlich haben sie ihn nicht inetressiert. Es waren eigentlich mehr Zweckgemeinschaften. Wenn er eine Freundin hatte ließen ihn einige Mädchen in Ruhe und da Klee ein ziemlicher Frauenscharm war hatten die Damen gleich ein höheres Ansehn. Wenn sie mehr als diese zweckgemeinschaft verlangten, also eine Richtige Beziehung hatte er sich gleich von ihnen getrennt. Klee wusste nicht wieso, aber er hatte eine gewisse Abneigung gegen die meisten Frauen. Sie nervten ihn einfach. Schwule Männer waren für ihn aber genauso nervtötend, weil sie ihn auch nur bedrängten. Ein Planet ohne diese zwei Gattungen wäre für ihn ein richtiges Paradies gewesen.
Aber bei diesem Mädchen war einfach alles anders. Er fühlte sich zu ihr hingezogen, wollte sie beschützen, obwohl er dies alles niemals zugeben würde. Er wollte lieber unter seiner harten Schalle bleiben. Sie war unzerstörbar. Das wusste er.
Verwundert überlegte er wieso sie nicht wie die anderen war. Gut sie hatte zarte Haut, blond-rote lange gewellte weiche Haare, einen kirschroten Mund und sie duftete zart nach Erdbeeren. Außerdem hatte sie ihm widersprochen, obwohl sie Angst gehabt hatte. Er hatte es in dem Moment gesehen als sich ihre Blicke kurz trafen.
Während er im Gedanken noch einmal die Szenen ihrer Begegnung durchlebte, streifte er einen Pfeiler. Solch eine Unachtsamkeit war er von sich nicht gewöhnt. Er bemühte sich, sich mehr auf die Straße zu konzentrieren, aber es gelang ihm nicht wirklich. Er musste immer wieder auf ihr weiches Gesicht und ihren zarten Körper schauen. Was war nur mit ihm los? Das würde er von seinem Bruder erwarten, aber doch nicht von sich! Niemals! Was hatte sie nur mit ihm angestellt? Sein Bruder schaute zurück und grinste. Ihm war es doch nicht etwa aufgefallen was durch seinen Kopf ging?
Nachdem sie über ein paar Mauern gesprungen waren, waren sie endlich angekommen. Wieso endlich? Er genoss es doch sie so nah bei sich zu haben, aber er wollte sich nicht zu sehr an sie gewöhnen. Er hatte Angst, viel zu viel Angst vor Schmerzen und Enttäuschungen, er konnte nur überleben, wenn er sich in seiner harten Schale einschloss und niemanden hineinließ. Trotzdem wollte er dieses Mädchen mit sich einschließen. Er hatte einfach das Gefühl, dass er sie niemals allein lassen durfte. Als wäre sie einfach die einzige Person, die ihn jemals verstehen könnte. Wieso er das dachte wusste er selber nicht.
Als der Blondhaarige ihm grinsend die Wohnungstür aufhielt wurde Klee klar, dass sein Bruder genauer wusste was in ihm vorging, als er selbst. Behutsam legte Klee das Mädchen auf das Sofa, woraufhin sie einen leisen Seufzer von sich gab. Klees Herz schlug schneller. Vorsichtig legte er eine Decke, die er schnell aus seinem Zimmer geholt hatte, über sie und setzte sich neben das schlafende Mädchen. Zärtlich betrachtete er ihre leicht geröteten Wangen und fuhr mit seinem Blick über ihre schneeweiße Haut. Sein Blick blieb für längere Zeit an den blutroten Lippen hängen, welche leicht geöffnet waren und ihm eine Gänsehaut verursachten. Ihre beinahe unnatürlich langen Wimpern, die leicht nach oben gebogen waren, würden beim Küssen sicherlich kitzeln, fuhr ihm durch den Kopf und ließen ihn sehnsuchtvoll aufseufzen.
Wären sie allein gewesen, hätte er ihr länger beim Schlafen zugeschaut und wäre in seinen Tagträumen versunken, aber das waren sie nicht. Sein Bruder lächelte ihn an. „Ich wusste doch, dass du gefallen an ihr hast.“
Klees zärtlicher Blick wechselte schlagartig. Abfällig schaute er sie an. „Wieso sollte ich an so etwas Hässlichem gefallen finden?“ „Und wieso hast du sie die ganze Zeit angestarrt? Leugnen ist zwecklos, ich hab dich beobachtet.“ „Pah! Ich hab mich gefragt wie hässlich jemand sein kann.“ „Und deswegen hast du sie getragen?“ Klees Herz klopfte ihm bis zum Hals. Kai durfte es nicht herausfinden! „Na und? Sie hätte uns doch bloss mit ihrem verletzten Fuß aufgehalten. Es war reiner Egoismus! Nur weil ich mal nett war heißt es noch lange nicht, dass ich sie mag!“ Zu Klees Glück war Kai ziemlich müde und wollte sich auf keine Diskussion einlassen, da sie ja doch nichts gebracht hätte. Also zuckte er nur desinteressiert die Schultern. „Na gut wie du meinst. Ich gehe jetzt eh schlafen, aber wehe, wenn du dich an ihr vergreifst! Vielleicht brauchen wir sie noch.“ Winkend zog er ab.
Erleichtert atmete Klee auf und richtete seine volle Aufmerksamkeit wieder auf das Mädchen. Sanft streichelte er ihr über die Wange und lächelte sie liebevoll an. Überrascht zog er die Hand weg. Was war nur los mit ihm? Er musste auf Abstand von ihr gehen. Sie tat seiner Schale nicht gut! Er sollte wohl auch besser schlafen gehen. Er schien wohl einfach übermüdet zu sein. Anders konnte er sich diese gefühle nicht erklären. Gähnend zog er ebenfalls ab, aber nicht ohne sich noch einmal umzudrehen und sich zu vergewissern, dass sie noch schlief.
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Ende Kapitel 2 - wenn ihr mehr wollt sagt es bitte
 

Janoko

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So Kapitel 3 kommt!
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3. Kapitel - Eine harte Aufgabe



Ein Sonnenstrahl bahnte sich seinen Weg durch das verdreckte Fenster, mitten auf Ceciels Gesicht. Langsam blinzelte sie und fing an schneller zu atmen. Wo war sie? Wieso war sie nicht zu Hause? Wie spät war es? Wo waren die zwei Jungen? Lauter fragen schossen ihr durch den Kopf.
Gähnend setzte sie sich auf das alte staubige Sofa, auf dem sie aufgewacht war. Sie schaute sich im Zimmer um. Sie traute ihren Augen kaum. Auf dem Boden lagen verschiedene Verpackungen, Essen, Blätter, Teller, Tassen, Gabeln, Kleidung und und und. Sie fragte sich wie hier jemand bloss durchgehen konnte.
Die Fenster waren verstaubt und überall flogen Staubballen herrum. Ceciel schien sich im Wohnzimmer, das zugleich die Küche zu sein schien, zu befinden. Gegenüber vom Sofa, auf dem sie saß, war die Küche. An der Wand stand ,von links aus gesehen, zuerst ein Kühlschrank, dann kleine Schränke, die im Kreis, an der Wand aufgestellt waren bis zum letzten Schrank, gegenüber dem Kühlschrank auf der gegenüberliegenden Wand. Alles war zugestellt mit Verpackungen, Töpfen, Müll und anderen Sachen.
Ceciel fragte sie wie man bloss in so einer Müllhalde leben konnte. Sie versuchte aufzustehen und sie schaffte es, obwohl sie gedacht hätte, dass sie wieder rücklings auf das Sofa fallen würde. Vorsichtig bahnte sie sich den Weg zu der nächstliegenden Tür. Sie machte sie leise auf und späte hinein. In diesem Zimmer war es dunkel und überall lagen Bücher, Blätter, merkwürdige Gegenstände und Anziehsachen herum. Rechts von ihr war ein Bett, darin schlief seelenruhig der blonde Junge. Das Zimmer war recht klein. Ceciel wunderte sich noch, dass links von ihr ein großer Schrank, dann ein Schreibtisch mit Computer standen. Langsam schloss sie die Tür.
Dann schlurfte sie weiter bis zur nächsten Tür, die nur drei Meter entfernt war und schaute hinein. Dieses Zimmer war fast genauso wie das Zimmer zuvor, nur waren hier die Bücher ordentlich auf dem Tisch gestapelt, die Kleider auf dem Stuhl zusammengelegt und das Fenster weit geöffnet. Rechts von ihr lag Klee. Er atmete langsam. Es stimmt, dachte sich Ceciel, wenn Jungen schlafen sehen sie aus wie Engel. Was!?! Wie konnte sie bloss so etwas denken?
Nein, Jungen sehen nicht wirklich so aus! Wieder fiel ihr Blick auf Klee. Seine tiefschwarzen Haare waren zerstrubelt und standen zu allen Seiten ab. Seine Augen waren fest geschlossen nur seine Wimpern flatterten leicht, als ein kleiner Windstoß durch das Fenster kam. Jungen sehen wirklich nicht aus wie Engel, eigentlich sah nur Klee süß aus während er schlief. Mensch! Was dachte Ceciel bloss schon wieder?! Sie sollte sich jetzt wirklich um wichtigere Sachen kümmern zum Beispiel wie sie hier schnellstmöglich raus kam und wo sie überhaupt war. Notfalls würde sie sogar die Polizei anrufen! Vorsichtig schloss sie die Tür und ging nach links, weiter bis zu der nächsten Tür, die sie langsam aufmachte.
Es war nur eine Kleiderschrank oder eine Abstellkammer, da sich nichts darin befand wusste sie nicht was es sein könnte.
Jetzt waren nur noch zwei Türen übrig. Eine von den zweien war nur ein paar Schritte weiter. Die andere war links vom Sofa. Eigentlich rechts, wenn man von dem Platz ausging auf dem Ceciel gesessen hatte. Sie war zuerst nach links gegangen, weil ihr der Weg kürzer und leichter zu passieren schien. Wäre sie doch bloss nach rechts gegangen, dachte sie bitter. Sie erreichte die nächste Tür, öffnete sie und schaute in einen Flur. Noch staubiger und dreckiger als die Wohnung der zwei Jungen. Sie wollte schon einen Schritt raussetzten, als sie ihre Tasche neben der Tür entdeckte. Aber sie hatte sie doch gar nicht mitgenommen? Nein im Gegenteil, als sie hinfiel flog auch ihre Tasche einige Meter weiter. Sie hatte nur einmal kurz, die Tasche suchend, einen Blick riskiert, als sich die Jungen bereit gemacht haben um zu kämpfen. Hatten sie wirklich ihre Tasche mitgenommen? Aber weder Klee, noch der blonde Junge hatten eine Tasche getragen.
Plötzlich fiel ihr wieder die Münze ein. Sie hatte sie schon ganz vergessen! So ein Mist, dachte Ceciel, wenn sie doch bloss nicht eingeschlafen wäre! Ach herrje! War sie wirklich in Klees Armen eingeschlafen? Was dachte er jetzt bloss von ihr? Hatte er sie wirklich auf das Sofa gelegt und zugedeckt oder war es der blonde Junge gewesen?
Sie bekam ein schlechtes Gewissen. Die zwei Jungen haben ihr geholfen, sie bei sich schlafen gelassen und sogar ihr Sachen geholt. Jetzt musste sie auch was für die Beiden tun! Das war für sie nur selbstverständlich. Sie schloss langsam die Tür. Erst einmal musste sie gelbe Säcke oder so etwas finden, um den Müll darin zu verstauen. Wo könnten welche sein? Humpelnd schlurfte sie weiter bis zur Küche. Dann zog sie die Tür des ersten Schrankes auf: Leer. Merwürdigerweise war wirklich nichts darin. Der zweite, dritte und vierte Schrank sahen genauso aus. Im fünften fanden sich einige Falter, die ihr entgegenflogen. Blitzschnell duckte sie sich und schlug ihre Hände vor den Mund. Hätte sie das nicht getan wären ihr die Insekten direkt ins Gesicht geflogen und entsetzte Schreie hätten das ganze Haus erfüllt. Schnell knallte sie die Tür zu und atmete tief durch.
Sie hasste Insekten. Alles was mehr als vier Beine hat mochte sie nicht sonderlich, aber sie würde niemals auch nur einem Tier ein Haar krümmen, dazu wäre sie nicht fähig. Hinzu kommt, dass sie auch noch überzeugte Vegetarierin ist. Alles was Tieren schadet findet sie nicht gut und würde es auch nicht unterstützen.
Vorsichtig späte sie in den siebten Schrank hinein. Sie hatte die Hoffnung schon beinahe verloren, als sie etwas Gelbliches in dem Schrank entdeckte. Zuerst schien es ein Putzlappen zu sein, aber bei genauerem hinsehen entpuppte es sich als eine alte, verstaubte Rolle gelber, großer Müllsäcke.
Sie traute ihren Augen kaum. In der untersten Schublade des selben Schrankes standen sogar verstaubte Putzmittel und Putzlappen und dazu, man kann es kaum glauben: Ein Eimer! Ceciel konnte es wirklich kaum fassen.
Also waren die zwei Jungen vor längerer Zeit klug genug Putzsachen zu kaufen, aber warum räumten sie dann nie auf? Arbeiten die beiden etwa schon? Aber sie sehen doch nicht älter als achtzehn aus. Besonders Klee erschien ihr jünger.
„Ach was! Ist doch egal! Ich werde meine Schuld begleichen und abhauen. Und dass werde ich besonders schnell tun!“ Munter stürzte sie sich auf die Sachen und ging zu der Tür, die sie noch nicht aufgemacht hatte, es konnte ja nur das Badezimmer sein! Wie kaum anders zu erwarten, war es wirklich das Badezimmer.
Hier war es nicht so schmutzig wie im vorigen Zimmer, aber auch nicht so sauber wie in Klees Zimmer. Hier musste sie also auch noch ein wenig aufräumen. Sie stellte die Putzsachen, ausser einen gelben Sack, den sie zuvor von der Rolle abgetrennt hatte, erstmal vor das Waschbecken. Sie musste erst den Müll von Boden aufsammeln um Staub zu wischen und den Boden zu kehren. Sie schlurfte, so gut sie mit ihrem verletzten Knöchel konnte, aus dem Badezimmer und fing an den Müll vor ihren Füßen in den gelben Sack zu packen. Die Sachen zu trennen wäre zu schwer gewesen, deswegen stopfte sie Plastik, Papier und Essensreste in einen Sack. So manches mal war ihr von dem Zeug, dass sie angefasst hatte schlecht geworden. Aber sie blieb stark und machte weiter.
Nach einer Stunde war der Müll aus dem Wohnzimmer und dem Flur in acht prallen Säcken verschwunden. Zwar war Ceciel erschöpft, aber auch gleichzeitig verwundert. Das Wohnzimmer, beziehungsweise die Küche waren größer, als sie gedacht hatte.
Trotzdem ließ sie sich keine Zeit zum Ausruhen. Sofort humpelte sie ins Badezimmer. Obwohl sie jetzt größere Schmerzen hatte als vorher verlangsamte sie ihr Tempo nicht, sondern versuchte noch schneller vorwärts zu kommen. Langsam schossen ihr schon Tränen in die Augen, die sie einfach ignorierte. Sie machte erst einmal den Wasserhahn auf, um zu schauen, ob sich darin sauberes oder rostiges Wasser befand. Sofort kam frisches Wasser aus dem Hahn geschossen. Pitschnass drehte sie ihn ein wenig zu und hielt den verstaubten Eimer unter das Wasser bis er sauber war. Das gleiche tat sie mit den anderen Utensilien und dann füllte sie den Eimer mit Wasser und ein wenig Allzweckreiniger. Sie wollte zuerst Staub wischen.
Ceciel schleppte den Eimer und den gelben Putzlappen unter starken Schmerzen ins Wohnzimmer und wischte alles mit dem, ins Wasser getunktem, Lappen ab. Sie musste sehr oft frisches Wasser holen, da sie anscheinend den Staub von Jahrzehnten beseitigte.
Wegen ihrem Knöchel dauerte es länger als sie gedacht hatte. Als sie die dicken Staubschichten entfernt und die Regale, Tische, Schränke und Möbel abgestaubt hatte fing es sogar leicht an zu glänzen. Ceciel spülte den Lappen ab und nahm sich eine Flasche Glasreiniger zu Hand um die Fenster in Angriff zu nehmen. Nach einer schmerzvollen halben Stunde waren alle Fenster, ausser die Fenster in den Zimmern der Jungen, blitzblank. Den kleinen Wandschrankraum hatte sie bei ihrer Putzaktion auch nicht vergessen .
In einer Ecke des Badezimmers fand sie sogar noch einen alten Besen, der schien, als wäre er schon seit Jahren nicht mehr gebraucht worden und eine kleine Kehrschaufel. Sie klopfte ihn zuerst am geöffneten Badezimmerfenster aus und ging, sich auf den Besen stützend, mit der Kehrschaufel in der linken Hand, ins Wohnzimmer.
Die Kehrschaufel legte sie vor die Badezimmertür und humpelte auf die andere Seite des Raumes, um dort mit dem Kehren anzufangen. Sie war diesmal schneller fertig als sie gedacht hatte. Auch das Badezimmer war nun von jeglichem Schmutz befreit. Den mit der Kehrschaufel aufgefegten Staub schüttete sie noch in einen gelben Sack, der, wie auch die anderen Säcke, vor der Wohnungstür stand. Schnell wischte sie noch den Boden und wusch sich dann, geschafft von der ganzen Arbeit, zuerst die Hände und das Gesicht. Dann räumte sie noch schnell die Putzmittel wieder zurück an ihren Platz. Gähnend lies sie sich auf das Sofa fallen, als ihr die Münze wieder einfiel und sie sie schon fast panisch begann auf dem Sofa zu suchen. Als Ceciel sie endlich in einer der Ritzen fand beruhigte sie sich. Verwundert über sich selbst fragte sie sich warum ihr diese Münze den so wichtig sei. Da ihr einfach keine Antwort in den Sinn kam, beschloss sie einfach aufzuhören sich über unwichtige Dinge den Kopf zu zerbrechen. Langsam entknotete Ceciel die dünne Schnurr ihres Perlarmbandes, das sich an ihrer linken Hand befand. Dann ließ sie die Perlen in ihre Rocktasche gleiten, um anschließend die Schnur durch die Münze zu ziehen und sie dann vorerst fest am Handgelenk zu verknoten. Sie würde, wenn sie nach Hause käme, einen besseren Platz für die Münze finden.
Ihr Magen fing an zu knurren. Eigentlich wollte Ceciel sich heute Pfannkuchen machen, sie hatte sogar gestern noch die Zeit gefunden einzukaufen, deswegen hatte sie wahrscheinlich den Bus verpasst. Da hier jetzt alles sauber war konnte sie sich und den zwei Jungen ein leckeres Frühstück zubereiten.
Zum Glück hatte sie alles was man für Pfannkuchen braucht eingekauft. Sogar Marmelade, Salz und Zucker. Das war eigentlich nur ein Zufall, da sie einen Tag zuvor das Salz und den Zucker aufgebraucht hatte. Sie nahm ihre Tasche und hoffte, dass die Eier und der Rest nach dem Sturz noch ganz geblieben waren. Erleichtert atmete sie auf, als sie feststellte, dass alle Sachen den Sturz wirklich unbeschadet überstanden hatten.
Mit neuen Kräften machte sie sich ans Werk und zauberte innerhalb einer halben Stunde leckere Pfannkuchen. Sie hatte trotz ihrer Bedenken Töpfe, eine Pfanne, Teller, Gläser und Besteck in einem der Schränke gefunden. Leider waren sie genauso verdreckt wie alles andere. Deswegen hatte sie beim Aufräumen auch ziemlich viel Zeit zum Spülen des Geschirrs verwendet. Deswegen konnte sie sich direkt der Zubereitung der Pfannkuchen widmen.
Gerade, als sie den letzten Pfannkuchen in der Pfanne, die sie zufällig im Kühlschrank, den sie ganz ausgeräumt und ausgewaschen hatte, umdrehen wollte, öffnete sich die Tür des Zimmers, das der blonde Junge bewohnte. Gähnend schlurfte er zum Badezimmer, aus dem kurz danach das Rauschen des Wasserhahns zu hören war. Er kam grade, mit einer Zahnbürste im Mund, herraus, als sich auch die Zimmertür von Klee öffnete, der sich mit der rechten Hand gedankenverloren durch die schwarze Haare fuhr.
Im Gegensatz zu dem blonden Jungen hatte Klee kein T-Shirt an und man konnte alle seine Bauchmuskeln deutlich erkennen. Ceciel ertappte sich dabei wie sie ihn genauer musterte und wendete sich kurzerhand wieder ihrem Pfannkuchen zu, als sie feststellte, dass die Jungen sie mittlerweile bemerkt hatten. Sie hatte zwar immer noch die zerrisse, schmutzige Schuluniform an. Was hätte sie den auch sonnst tragen sollen, immerhin war sie in der Zwischenzeit ja nicht zu Hause gewesen? Trotzdem schauten die Jungen sie verblüfft an. Dann schienen sie zu begreifen wer sie war und dass der blonde Junge grade die Zähne putzte und Klee mit nacktem Oberkörper dastand und sie anstarrte. Die folgenden Situationen folgten blitzschnell aufeinander. Sie zogen sich an, wuschen sich und putzten die Zähne, dass jedenfalls glaubte Sessiel, die nur die Geräusche der Aktionen hörte. Ruhig legte sie den ein wenig angebrannten Pfannkuchen auf den dritten Teller und holte das Besteck aus der Vorletzten Schublade.
Nach dem Putzen kannte sie sich bestens in der Wohnung aus. Sie hatte ja auch immerhin alle Schränke, sogar den mit den Motten, gesäubert.
Sie wollte gerade das Marmeladenglas aufmachen, als sie den Boden unter den Füssen verlor und bald darauf auf dem Sofa landete. Klee schaute sie, vor ihr kniend, vorwurfsvoll an. „Du dumme Gans!“, warf er ihr wütend an den Kopf. Er schaute nach unten, fing an etwas zu murmeln, schaute sie dann wieder durchdringend an, wollte grade einen Ton herausbringen, als sie verzweifelt schluchzend ihm ein paar Wortfetzen an den Kopf warf: „Ich ... nicht ... aufräumen ... tut ... leid.“ Sie versuchte die Tränen zu unterdrücken.
Woher hätte sie denn auch wissen sollen, dass sie nicht hätte aufräumen dürfen? Klee sah sie überrascht an, wollte grade etwas sagen, schüttelte dann jedoch den Kopf, als wären die Gedanken nicht passend und sagte dann aber doch mit leiser Stimme: „Du bist wirklich zu dumm.“ In Ceciel stieg Wut auf. Sie war nicht dumm! Dass nun wirklich nicht! Gerade als sie empört etwas sagen wollte hob er ihren verletzten Fuß. Sie konnte gerade noch die Zähne zusammenbeissen, sodass nur ein leises Piepsen aus ihrem Mund zu hören war, bevor ihr erneut Tränen in die Augen stiegen. Er zog den Schuh und auch noch die Socken, bevor sie sich dagegen wehren konnte, aus.
Ihr Fuß war geschwollen, aber nur um den Knöchel herum und nicht so stark wie bei einem Bruch. Klee stand auf, trottete in sein Zimmer, kam aber bevor sie aufstehen konnte mit einem Verbandskasten zurück. Dann kniete er sich wieder vor Ceciel und schaute sich ihren Knöchel genauer an. Ceciel wollte gerade ihren Fuß wegziehen und ihn anschreien, er solle es gefälligst lassen an ihrem Fuß rumzuhantieren, als er kurz und knapp meinte: „Du hättest auf dem Sofa liegen bleiben sollen, dein Fuß ist verstaucht, am Anfang war er nur geprellt. Du dumme Gans...“ Dann schmierte er ihr irgendeine Salbe auf den Knöchel, die ihn kühlte und umwickelte ihn dann mit Verbandszeug. „So, vorerst bewegst du dich besser nicht zu viel, ich schätze, dass alles in einer Woche wieder in Ordnung ist.“
Überrascht schaute Ceciel ihn an, wollte ihn gerade Fragen ob er Arzt sei, hielt es aber nachdem er ihr geholfen hatte für unhöflich und sagte statt dessen einfach nur: „Danke.“ Dann rutschte ihr aber doch noch was raus: „Ich dacht du könntest mich nicht leiden, wieso hast du mir geholfen?“ Aus der hinteren Ecke der Küche konnte man ein Lachen hören. „Ich hab dir ja gesagt, dass er zahm wie ein Lämmchen ist.“ „Halt die Klappe Kai! Du hast doch überhaupt keine Ahnung, du sitzt nur da und stoppst die Pfannkuchen in dich rein!“
„Du heißt also Kai,“ bemerkte Ceciel laut. „Oh,“ meinte Kai, „wir haben uns ja gar nicht vorgestellt! Entschuldigung! Also ich bin Kai und das ist Klee, wir sind Geschwister.“ Kai grinste Sessiel frech an. „Ähm, ich heiße Ceciel, danke, eh, das ihr mich gerettet und bei euch schlafen gelassen habt, und ach ja, meine Tasche geholt habt.“ Ceciel war total nervös und brachte die Worte kaum heraus.
„Oh, das war Klee, bei dem musst du dich bedanken. Ich wusste aber gar nicht, dass du ihre Tasche geholt hast,“ sagte Kai mit einem listigen Lächeln auf den Lippen. „Ach ihr habt schon geschlafen.“ Ein Grinsen schlich über Kais Lippen. Doch bevor er den Mund aufmachen konnte blickte Klee ihn böse an und Kai lies es bleiben. „Ähm, ich glaube meine Eltern machen sich Sorgen um mich, ich sollte gehen.“ Ceciel hatte ja nichts gegen die Zwei, aber sie hatte das Gefühl nicht am richtigen Ort zu sein.
„Keine Sorge“, sagte Klee. „Ich hab sie gestern Abend angerufen und gesagt, dass du in guten Händen bist. Wir würden dich heute Abend zu Hause abliefern.“ „Sag mal,“ mampfte Kai, der genüßlich die Pfannkuchen in sich reinstopfte, „wann schaffst du es eigentlich noch zu schlafen?“ „Ess erst einmal zu Ende,“ meinte Klee genervt. „Die sind echt lecker, du solltest sie auch mal probieren!“ grinste Kai in weiterhin an. „Ja, ich hab Pfannkuchen für drei Leute gemacht,“ sagte Ceciel lächelnd. Klee verschwand in seinem Zimmer.
„Sag mal, die Wohnung sieht so frisch aus und riecht auch noch gut, wie hast du das gemacht?“, schmatzte Kai. „Ich hab nur aufgeräumt, ihr hattet hier echt eine Drecksbude.“ „Stimmt, danke.“ Kai schien es irgendwie nicht zu kratzen, ob es ordentlich war oder nicht. „Sag mal,“ fing Ceciel zaghaft an, „du bist doch der Ältere von euch, wo sind, wenn ich fragen darf, eure Eltern?“ Als sie den Satz begonnen hatte, hatte Kai noch gelächelt, aber sobald sie das Wort ‚Eltern‘ in den Mund genommen hatte, wurde sein Gesichtsausdruck ganz ernst. Klee, der gerade mit zwei Stühlen in den Händen wiederkam, beantwortete ihre Frage. „Sie sind tot. Ermordet.“ Sofort tat es ihr leid so eine Frage gestellt zu haben. „Oh, es tut mir leid, ich wusste nicht...“,stotterte sie verlegen herum. Klee winkte mit einer Handbewegung ab, nachdem er die zwei Stühle vor den Tresen, der in der Mitte der Küche stand, abgestellt hatte.
„Ich hab mich damit abgefunden, Kai eigentlich auch.“ Komisch dachte sich Ceciel, als sie ihn getroffen hatte schien er ihr viel unreifer, grober und gemeiner zu sein. Sie dachte er wäre jünger als Kai, doch jetzt schien er viel erwachsener zu sein und zu handeln. „Ach ja, deine Aussage, Kai sei älter als ich, ist nicht richtig. Ich bin drei Jahre älter, aber es stimmt schon, dass er sich öfters reifer verhält, als ich. Tut mir übrigens leid, dass ich so unfreundlich zu dir gewesen bin. Aber es ist doch noch verständlich, dass man keinem Fremden traut, oder nicht?“ Während er das sagte hielt er ihr seine linke Hand hin, die sie ergriff. Dann stützte er sie während sie zu einem der Stühle gingen. „Ähm, ist schon gut, eh, du solltest deine Pfannkuchen essen sie werden sonnst noch kalt!“ Verlegen ließ sie es zu, dass er sie auf den Hocker hob, der von weitem wie ein Stuhl aussah. „Na gut.“ Klee setzte sich neben sie und aß ihre Pfannkuchen, die ihm sichtlich schmeckten. „Wie alt bist du eigentlich?“, fragte Kai mit einem süßen Lächeln auf den Lippen, bei dem Ceciel ganz rot wurde. „Ich bin fünfzehn,“ sagt sie nur knapp, um nicht zu riskieren, dass sie wieder anfängt zu stottern. Klees rechte Augenbraue zuckte. „Und wie alt seid ihr?“ „Ich bin siebzehn und Klee ist zwanzig,“ sagte Kai zuckersüß. „Aber ich bin größer als er, wenn du wüsstest wie ihn das ärgert.“ „Na und? Du bist halt zu groß,“ meinte Klee abfällig. Ceciel musste lächeln. „Wieso lachst du?,“ fragte Klee irritiert. „Du nimmst schon wieder diesen kindlichen Ton an. Das ist irgendwie süß.“ Hupps! Was hatte sie da grade gesagt? Klee wurde knallrot, Kai lachte so wild, dass er sich verschluckte und abwechselnd hustete und lachte und Ceciel wäre am liebsten im Erdboden versunken. Knallrot und mit Tränen in den Augen, hechelte Kai: „Du bist wirklich gut Cec! Klee wurde noch nie rot. Selbst, wenn ihm die schärfste Braut sagen würde, dass sie ihn gerne vernaschen würde, würde er nicht einmal mit der Wimper zucken.“ Klee musste auch anfangen zu lachen und Ceciel konnte später nicht mehr damit aufhören, nachdem sie angefangen hatte.
Als sie sich endlich beruhigt hatten und die Pfannkuchen aufgegessen hatten, hatten sich die zwei Brüder bei Ceciel bedankt, die jetzt dank Kai einen neuen Spitznamen hatte.
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Ende Kapitel 3
 

Janoko

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Kapitel 4^^
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4. Kapitel - Ceciel zurück zu Hause


Nach einem kurzen Gespräch mit Kai über das Viertel, in dem sie sich grade befanden, überkam sie ein großes Gefühl des Unbehagens. „Also noch mal danke für eure Hilfe und so. Danke dir Klee, dass du mich getragen hast, meine Tasche geholt hast und dass du meine Eltern angerufen hast. Und danke euch beiden, dass ich bei euch schlafen durfte, aber ich glaube ich sollte jetzt wirklich langsam nach Hause...“ Vorsichtig blickte Ceciel von einem zum anderen und versuchte ihre Gesichtsausdrücke zu entschlüsseln. Klee seufzte. „Natürlich. Es ist ja klar, dass wir dich hier nicht festhalten können, aber es wäre wirklich sehr schön, wenn du uns mal wieder besuchen würdest. Weißt du wir haben sehr großes Interesse an der Münze. Du weißt sicher welche ich meine.“ Klee schaute ihr sehr lange in die Augen. Ceciel konnte sich kaum diesen traurigen und doch so starken Augen entziehen. „Ich gebe euch die Münze, wenn ihr wollt.“ Sie streckte ihren Arm aus und hielt Klee ihre Hand, an der das Armband mit der Münze hing, unter die Nase. Er wollte zuerst nach ihrer Hand greifen, aber er stoppte mitten in der Bewegung und drehte sein Gesicht weg. „Ich glaube es ist besser, wenn du sie fürs erste behältst. Immerhin hast du sie gefunden.“ Kai schaute ihn verdutzt an und fing an innerlich zu lächeln. Jaja, der gute alte Klee hatte seine Gefühle nun doch nicht mehr im Griff, dachte er mit großer Genugtuung.
Ceciel versuchte Klee ins Gesicht zu blicken, aber er drehte es immer weiter weg. „Ich glaube wir sollten dich jetzt nach Hause bringen, oder hast du dich doch umentschieden?“ Er sagte das völlig gleichgültig. Ceciel schüttelte leicht den Kopf. „Ich will euch nicht länger zur Last fallen. Ich finde den Weg schon! Keine Sorge!“ Kai streckte sich und ging in sein Zimmer. Als er an Ceciel und Klee vorbeikam sagte er nur: „Sorry ich hab keine Zeit euch zu begleiten, aber ich finde, dass Klee sich um dich kümmern sollte. In deinem Zustand fällst du nur wieder irgendwelchen Idioten in die Finger. Klee sei so nett und bringe sie nach Hause!“ Sie bemerkten sein Grinsen nicht, als er ihnen den Rücken zugewandt hatte und in seinem Zimmer verschwand.
„Es geht schon wirklich! Mach dir mal keine Sorgen. Es ist hellichter Tag und mir geht’s gut!“ Ceciel lächelte Klee an. Er schaute wieder auf den Boden und nuschelte nur: „Das geht nicht. Ich sollte besser auf Kai hören und mich um dich kümmern, also sei nicht so stur und,“ er wurde etwas lauter und blickte ihr in die Augen, „laß mich auf dich aufpassen!“ Völlig verwundert nickte Ceciel ohne es zu merken. Dann wurde ihr bewusst, dass Nicken für ein ‚Ja‘ steht und Kopfschütteln für ein ‚Nein‘. Deswegen schüttelte sie schnell und energisch den Kopf, so dass ihre Haare hin und her flogen. Doch Klee hatte seine Entscheidung getroffen und war davon nicht mehr abzubringen. Also ließ ihn Ceciel einfach das tun was er wollte. Er zog sich schnell einen schwarzen langen Mantel über, den er jedoch nicht verschloss. Zuerst wollte er sie zur Bushaltestelle tragen, doch als sie wild protestierte legte er einfach seinen rechten Arm um ihre Taille und hob sie leicht hoch. Wenn man genau hinschaute konnte man erkennen, dass sie gar nicht mehr auf dem Boden stand, sondern von ihm knapp über dem Boden gehalten wurde. Ceciel wurde durch die unbekannte Berührung leicht rot.
In Klees Nähe wurde ihr immer irgendwie wohlig warm. Klee hatte im rechten Arm hatte er Ceciel und im linken ihr Tasche. Mit einem kurzen Blick auf seine Armbanduhr, die er an seiner linken Hand trug, ging er langsam die Treppe herunter. Ceciel gefiel es gar nicht, dass er sie trug. Immer wieder bat sie ihn, sie runterzulassen, doch Klee tat so, als würde er nichts hören. Da es schon Nachmittag war kamen ihnen viele Leute entgegen und schauten die zwei merkwürdig an. Natürlich ist es etwas merkwürdig, wenn man in schmutzigen und zerrissenen Sachen herumläuft und von jemandem getragen wird, aber deswegen müssen sie einen doch nicht anstarren!
„Nur so eine Frage, aber woher weißt du mit welchen Bus wir fahren müssen?“ Klee setzte Ceciel auf einmal auf die rot angestrichene Bank neben der Bushaltestelle und blickte dann schuldbewusst zu Boden. „Da ich deinen Eltern Bescheid sagen musste hab ich in deiner Tasche nach einem Ausweis gesucht. In deinem Schülerausweis stand wo du wohnst und wie du heißt. Ich hab im Telefonbuch nach eurer Nummer gesucht und dann angerufen. Ich muss wirklich sagen, dass deine Mutter ziemlich geschockt war und dein Vater... Ich glaube er kann mich nicht leiden.“ Verlegen grinste Klee den Bordstein an. „Was hat er denn gesagt?“ „Meinst du bevor ich gesagt habe, dass du in den Händen zweier jungen Männer bist und bei ihnen schläfst oder nachdem?“ Diesmal grinste Klee Ceciel an.
Er sah zu gut aus! Diese pechschwarzen Haare, die ihm Strähnchenweise in die Augen fielen und diese glänzenden smaragdgrünen Augen konnten eine Frau ganz schön verrückt machen. Unbewusst schaute sie weg. Sie durfte ihm nicht verfallen! Sie hatte sich noch niemals verliebt und das würde auch so bleiben! Die Leute, die sich verlieben vergessen die wichtigen Dinge im Leben. Sie vernachlässigen Schule oder Beruf und versetzen ihre Freunde. Ausserdem ist es doch egal wie verliebt man ist, irgendwann fliegt man von der rosaroten Wolke herunter und landet auf dem Boden der grausamen Realität. Dann wird gestritten und geweint. Und statt Liebe bleibt nur noch Hass in den Herzen. Das wollte Ceciel nicht erleben. Ceciel?“ Klees Gesicht tauchte plötzlich vor ihr auf. „Oh! Entschuldige. Ich war im Gedanken versunken.“ „Ich wollte nur sagen, dass wir jetzt besser in den Bus steigen sollten, wenn du nicht auf den Nächsten warten möchtest...“ „Oh, ja natürlich!“ Sofort sprang sie auf, hätte Klee nicht wieder seinen Arm um ihre Taille gelegt, so wäre sie wegen den Schmerzen auf den Boden gesunken. Fest biss sie ihre Zähne aufeinander. „Du solltest wirklich vorsichtiger sein,“ seufzte Klee vorwurfsvoll. Sie stiegen in den Bus ein und suchten sich einen Platz. Leider war schon der ganze Bus besetzt und sie mussten stehenbleiben. Klee ging in die Mitte des Busses, wo sich eine Stange an der Wand befand. Sie diente natürlich zum festhalten. Er lehnte sich gegen die Stange und drückte Ceciel mit der rechten Hand an sich, während er sich mit der linken an der Stange festhielt.
Ceciel war einen Kopf kleiner als Klee und deswegen sah das ganze Bild ein wenig merkwürdig aus. Sie konnte eigentlich locker ihren Kopf gegen seine Schulter lehnen, aber ihr gefiel das Gefühl nicht. Es war ziemlich gefährlich. Zu gefährlich. Von diesem Kribbeln im Bauch und dem schneller klopfenden Herzen hatte sie schon mehr als genug gehört. Sie würde sich nicht verlieben. Nicht, wenn sie es verhindern konnte.
Sie konnte doch auch alleine stehen! Fiel ihr auf einmal auf. Plötzlich stieß sie sich von ihm weg. Leider bremste der Bus in diesem Moment scharf und sie wäre beinahe durch den Bus geflogen, hätte Klee sie nicht abgefangen. Wie konnte er nur so schnell sein? Das war doch nicht normal für einen Menschen! Klees Gesicht war nahm an ihrem. Nur zwei Zentimeter näher und ihre Lippen würden sich berühren. Ceciels Herz pochte ohrenbetäubend laut in ihren Ohren.
Klees Herz pochte genauso laut, aber in seinen Ohren. Er hatte unglaubliche Angst sie könnte dies hören. Er hatte auch fürchterliche Angst, dass ihr etwas zustoßen könnte und noch mehr Angst hatte er, dass sie ihn nicht ausstehen konnte. Wieso sonst hätte sie sich von ihm gestoßen? Alle Mädchen, die er kannte rannten ihm nach. Umarmten ihn plötzlich, gaben ihm Liebesbriefe oder taten sonst noch was. Die Studentinnen an seiner Uni, wo er Medizin studierte, hätten alles dafür gegeben so wie Ceciel eben, mit ihm Arm in Arm zu stehen. Aber Ceciel war anders. Ihre Laune konnte sich von einer Sekunde auf die andere völlig wandeln. Irgendwie faszinierte ihn das. Andererseits schockierte ihn dies auch.
Die Fahrgäste musterten die Zwei wie sie da standen. Ihnen wurde bewusst, dass sie die Position nicht verändert hatten. Ceciel lag in Klees Armen und Klees Oberkörper war nach unten gebeugt. Verstört flüstere sie ihm ins Ohr: „Kannst du mich bitte wieder herunterlassen? Die Leute gucken schon so komisch...“ Eigentlich war es Klee egal was die anderen dachten, aber er wollte nichts tun, was Ceciel nicht gefiel. Deswegen ging er zurück zu dem Platz an dem sie gestanden hatten, bevor er sie wieder auf den Boden ließ. Als seine Hände plötzlich über ihre nackte Haut glitten wurde er rot wie eine Tomate. Ceciel hatte noch ihre Schuluniform an. Und da sie ein Mädchen war trug sie nun einmal einen Rock. Dieser rutschte hoch, als ihre Beine aus Klees Armen glitten. Es war zwar noch genug verdeckt, aber so mancher junge Herr renkte sich beinahe den Kopf aus, als er ihre Oberschenkel anstarrte. Zwar war Klees Berührungen ihr nicht zuwider, aber sie war fest entschlossen ihm nicht zu nah zu kommen. Sie würde die zwei Brüder auch, entgegen seiner Bitte, nicht besuchen. Es war einfach zu riskant.
Ceciel durfte zwar alleine stehen, aber Klee hatte immer noch seinen rechten Arm um ihre Taille gelegt. Falls der Bus erneut bremste. Für die anderen Fahrgäste schienen sie ein Paar zu sein. Niemand konnte ahnen, dass Klee Ceciel eigentlich nur stützte, obwohl er sie auch so gerne in seinen Armen gehalten hätte. Erst als sie fünf Minuten standen merkte Ceciel, dass ihr Fuß doch sehr weh tat. Obwohl sie ihr Gewicht, so gut sie konnte, auf den anderen Fuß verlagerte, nahm der Schmerz zu. Klee, dem nicht entgangen war, dass Ceciel sehr blas wurde und immer wieder die Luft durch die Zähne einsog, wusste nicht was er tun sollte. Würde er sie wieder gegen ihren Willen an sich drücken, damit sie sich an ihn lehnen konnte und er sie leicht anheben konnte damit ihr Fuß entlastet wurde, wie würde dann ihre Reaktion ausfallen? Würde sie sich wieder von ihm stoßen? Oder ihn anschreien?
Da immer mehr Menschen in den Bus einstiegen und keiner auch nur eine Anstalt machte sich von seinem Sitzplatz zu erheben, konnte Klee nicht anders, als sie wieder an sich zu drücken. Er ertrug es nicht sie leiden zu sehen. Hätte sie sich doch nur geschont! Die Münze hatte das meiste geheilt. Auch um ihren Fuß hatte sie sich gekümmert. Doch die Tortour, die sie sich angetan hatte, in dem sie diese völlig verdreckte Wohnung gesäubert hatte, hatte ihren Zustand erheblich verschlechtert. Als er spürte, dass Ceciel sich an ihn drückte und ihren Kopf an seine Schulter lehnte während sie ihre Augen schloß und erleichtert aufseufzte, durchströmte ihn ein wahres Glücksgefühl.
Sie war dankbar dafür, dass er sie festhielt. Sie hatte kaum geschlafen, so schien es ihr zumindest. Deswegen war sie unglaublich müde. Als Klee sie wieder in den Arm nahm durchströmte sie abermals ein wohliges Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit. Sie lauschte den zunächst langsamen Schlägen seines Herzens, die immer schneller wurden. Sie war so unglaublich müde. Sie wollte sich nur für einen kurzen Moment ausruhen, ihre Schmerzen vergessen.
Ceciel atmete langsamer. Klee bemerkte sofort, dass sie eingeschlafen war. Liebevoll strich er ihr das Haar aus dem Gesicht. Ach könnten sie nur ewig so stehen bleiben! Doch leider mussten sie gleich aussteigen. Fünf Jahre... War das viel? Als er fünf war wurde sie geboren. Fünf Jahre? Das war doch nicht viel... oder?
Natürlich, er war schon erwachsen, hatte so manches erlebt und sie war so gesehen noch ein Kind. Aber heirateten nicht schon damals zwanzig Jahre ältere Männer junge Mädchen? Heute war es sogar auch noch so. Also waren fünf Jahre nicht viel. Sicher drei wären angemessener, aber fünf waren nicht zu viel.
Klee grübelte immer weiter. Er hatte sich verliebt. Das hatte er schon gewusst seit er sie das erste Mal erblickt hatte. Er war absichtlich so kalt zu ihr. Wie hätte er auch ahnen können, dass sie anders war. Das sie zu ihnen gehörte. Wie hätte er wissen können, dass er bereits mehr als verliebt war?
Verlieben konnte man sich häufig. Lieben konnte man nur einmal. Für jeden Menschen auf der Welt gab es seinen Seelenverwandten. So, als hätte Gott ein ganzes Stück von etwas Heiligem gehabt und es dann gespalten. Sauber in der Mitte. Dann hätte er zwei Körper geformt und jedem eines der Stücke gegeben. Manche Stücke waren sich ähnlich und passten zueinander, aber nur ein einziges Stück ergänzte das andere. Manche Menschen trafen ihren Seelenverwandten sehr schnell, manche sehr spät und manche gar nicht. Dazwischen schlossen sie sich mit anderen Menschen, die ein ähnliches Stück hatten, dass manchmal gut, manchmal schlecht, manchmal sehr gut und manchmal gar nicht passte, zusammen. Es wurde immer seltener, dass die Menschen ihre Seelenverwandten trafen. In früherer Zeit trafen sie sie öfter, doch konnte ihre Liebe in den Augen anderer Menschen nicht bestand finden. Oft war einer oder sogar beide schon vermählt. Damals hatten es die Liebenden schwer. Man denke an Romeo und Julia! Nur wegen ihren Familien konnten sie sich nicht lieben. Und nur wegen ihrer Liebe starben sie lieber, als getrennt zu sein.
Der Bus wurde langsam leerer. Sie mussten an der vorletzten Station aussteigen. Er kannte sich in dieser Stadt gut aus, deswegen wusste er auch den Weg zu ihrem Zuhause, ohne dass sie ihn ihm hatte beschreiben müssen. Da er sie nicht aufwecken wollte trug er sie auf den Händen aus dem Bus, was ihm wieder viele verwunderte Blicke bescherte. Obwohl der Weg von der Bushalte recht weit war wurde er nicht müde sie zu tragen. Sie war für ihre Größe und ihr Alter ungewöhnlich leicht, obwohl sie nicht mager war. Sie hatte sogar eine sehr schöne Figur, die bestimmt so Manchen des Nachts in den Wahnsinn trieb.
Als er dann vor ihrem Haus stand wusste er so gar nicht was er tun sollte. Einfach klingeln und sie ihrem Vater in den Arm drücken. Ob er sie in ihr Bett bringen durfte? Würde die Mutter nicht panisch werden, wenn sie ihre Tochter so in den Händen eines Mannes sah? Würde der Vater ihn nicht mit seinen Blicken töten, wenn er sah, dass ein Fremder seine Tochter berührte? Würde Ceciel keinen Ärger bekommen? Sollte er sie nicht einfach aufwecken? Irgendwie brachte er es nicht übers Herz. Sie schlief. Vielleicht träumte sie ja grade etwas Schönes. Da durfte er sie doch nicht einfach herausreißen!
Doch das war gar nicht mehr nötig. Ceciel rieb sich grade die Augen und gähnte Klee herzhaft an, so dass er unweigerlich lachen musste, was sie wiederum sofort hellwach machte. „Was?! Aber wieso?“ Klee setzte sie sanft auf den Boden. „Du bist eingeschlafen und ich wollte dich nicht wecken.“ Ceciel blickte sich verwundert in der vertrauten Umgebung um. „Aber ich bin ja schon zu Hause!“
„Ja, ich hab dich doch hergebracht!“ „Oh...Oh! ... Danke!“ Ceciel nahm seine Hand und lächelte ihn an. „Das war sehr lieb von dir!“ „Ich glaube ich sollte jetzt gehen?“ Zuerst wollte Ceciel nicken, aber dann besann sie sich. Sie schlief seelenruhig in seinen Armen ein und das schon zum zweiten Mal. Sie hatte sich noch nicht einmal richtig bei ihm bedankt. Deswegen musste sie ihn wenigstens hereinbitten oder einladen sie zu besuchen. Dabei wollte sie ihn doch gar nicht wieder sehen. Stimmt. Sie wollte ihn erst gar nicht aus den Augen lassen.
Immer wieder redete sie sich ein, dass sie ihn nicht mochte. Immerhin war er anfangs unglaublich fies zu ihr gewesen. Aber er hatte sich so schnell verändert. Er war so zärtlich zu ihr. Nein er war und blieb ein böser und gemeiner Schuft! Aber auch bei bösen und gemeinen Schuften musste man sich bedanken und sie der Höflichkeit halber einladen sie zu besuchen oder einen Tee mit einem zu trinken. Sie wollte es lieber jetzt hinter sich bringen. Gefühle ließen sich am besten kontrollieren, wenn man die Person nicht sah. Deswegen schnell alles hinter sich bringen und sich gewiss sein, Klee nie wieder zu sehen.
„Möchtest du noch mit rein kommen? Ich könnte dir eine Tasse Tee machen.“ Klee schüttelte den Kopf. „Nein. Ich glaube kaum, dass deine Eltern darüber erfreut wären. Ich würde mich trotzdem sehr freuen, wenn du uns mal wieder besuchen würdest. Falls du denn Weg nicht mehr findest...“ Klee kramte in seiner Mantelasche und fand tatsächlich einen Stift. Jedoch kein Blatt. Ceciel rechte ihm ihr Hausaufgabenheft. Immerhin hatte sie ihre Schulsachen dabei. Klee schrieb die Adresse und auch seine Handynummer in das Heft. Sie würde die Seite später zu Hause herausreißen und in den Mülleimer werfen. „Pass auf dich auf und bleibe lieber im Bett.“ Ceciel nickt nur und winkte ihm kurz zu, als er sich noch ein letztes Mal nach ihr umdrehte. Erstes Hindernis überstanden.
O.k., wie konnte sie ihren Eltern erklären warum sie ein junger Mann mitten in der Nacht angerufen hatte und ihnen sagte, dass ihre Tochter bei ihm schlief? Die Wahrheit erzählen? Nein, das würden sie ihr nicht glauben. Was sollten ihre Eltern außerdem von ihr denken, wenn sie berichtete, dass sie in den Armen eines Fremden eingeschlafen ist? Sie kannte schon die Reaktion ihres Vaters. Rot vor Wut und mit besorgten Augen würde er sie anschreien: „Er hätte sonst was mit dir machen können! Diese Mistkerle vergreifen sich nur allzu gerne an so hübschen jungen Mädchen wie dir!“ Und ihre Mutter würde kreidebleich neben ihrem Vater stehen und sie mit tränenfeuchten Augen anschauen und ihrem Mann durch nicken zu verstehen geben, dass sie genau das Gleiche dachte wie er.
Ceciel seufzte und ließ sich auf die Treppen vor dem Haus gleiten. Die großen Hecken, die das Grundstück vor neugierigen Blicken versteckten, waren geschnitten worden. Das kleine schwarze Gartentor, das ganz verlassen zwischen diesen Ungetümen schien und der schöne Vorgarten mit den duftenden Blumen konnten ihr auch nicht weiterhelfen. Sie fühlte sich irgendwie leer. Leer von einem Gedanken, einer Idee. Sie würden ihnen die Wahrheit erzählen müssen, allerdings würde sie ihnen einiges verschweigen müssen.
Plötzlich vernahm sie einen Schrei hinter ihr. Ihre Mutter hatte die Eingangstür geöffnet und dort ihre Tochter entdeckt. Pfeilschnell bückte sie sich zu ihr herunter und schloss sie in ihre dünnen Arme. Sie drückte ihre Wange an Ceciels und fing an sie zu knuddeln. Der Vater kam sofort angestürmt und als er seine Tochter erblickte nahm er alle beide in den Arm und drückte sie.
Dann wurde er wieder ernst ließ sie los und sagte mit ernstem Gesicht, dass so gar nicht zu ihm passte: „Ceciela Minton, wo warst du!?“ Ihre Mutter ließ sie los, aber statt wie immer neben ihrem Vater zu stehen und ihm bei allem zuzustimmen, schaute sie ihn böse an und meinte: „Lass das arme Kind doch zuerst ins Haus gehen und etwas essen und trinken! Vielleicht ist sie ja auch müde! Wer weiß, was sie alles erleben musste!?“
Doch Ceciel schüttelte energisch den Kopf. „Mir ist nichts passiert. Ich werde euch alles erzählen, aber ich möchte erst einmal hineingehen. Ich weiß ja nicht, ob die Nachbarn alles mit anhören müssen?“ Ihre Eltern nickten und folgten ihr in die Küche. „Hast du Durst? Oder Hunger?“ „Hast du Schmerzen Schatz?“ Fragte ihr Vater auf einmal. Wieder schüttelte sie den Kopf. „Setzt euch hin. Ich will euch alles erklären.“ Ihre Mutter nagte an ihrem Daumennagel. „Bist du schwanger?,“ platze es plötzlich aus ihr heraus. „Wir würden dich niemals zu einer Abtreibung zwingen. Wir stehen hinter dir egal was du machst!“
Ceciel musste unweigerlich anfangen zu lachen. „Nun gebt mir doch einfach mal die Chance euch alles zu erklären!“ Als sie sah, dass ihre Mutter wieder zu einer Frage ansetzte, beantworte sie noch schnell ihre Frage. „Ich bin übrigens auch nicht schwanger! Wie denn auch? Ich habe noch nicht einmal einen Freund! Also jetzt lasst mich erzählen!“
Ceciel erzählte ihnen von ihrer Strafe, wie sie den Bus verpaßt hatte, sich verirrte, die Jungen sie belästigten und die zwei Jungen ihr aus der Patsche geholfen hatten. Sie erzählte auch, dass sie die beiden zu sich nach Hause gebracht hatten, weil es einfach zu spät war um nach Hause zu gehen. Immerhin wollten sie ja nicht, dass sie erneut in die Hände der Jungenbande fiel. Natürlich sagte sie nicht, dass sie in Wirklichkeit in Klees Armen eingeschlafen war und er sie überhaupt bis zu ihrer Wohnung tragen musste. Sie sagte dann auch gleich, dass sie sofort auf dem Sofa eingeschlafen war, da sie nach dem anstrengenden Tag einfach zu müde war und Klee so freundlich war und sie angerufen hatte. Ihre Eltern glaubten ihr die Geschichte, obwohl sie sie ziemlich merkwürdig fanden, aber sie konnten es sich nicht anders erklären, warum ihre vernünftige Tochter sonst eine Nacht nicht zu Hause war, ohne ihnen Bescheid zu sagen. Da es schon Abend war und Ceciel nicht nur todmüde sondern auch schmutzig war, wollte sie zuerst ein schönes heißes Bad nehmen und dann schlafen gehen. „Ich möchte jetzt baden, wenn ihr nichts dagegen habt.“ Es war mehr eine Aussage, als eine Frage. „Ja sicher, geh ruhig.“
Als sie nun endlich in der Wanne im warmen Wasser lag und ein kaltes Tuch auf dem Kopf hatte, fühlte sie sich so richtig wohl. Der Schmutz der vergangenen Tage war endlich abgewaschen und sie roch nicht mehr so widerlich nach dieser kleinen Gosse.
Die Münze baumelte immer noch an ihrer rechten Hand. Kurzerhand beschloss sie das Armband abzunehmen und sich die Münze genauer zu betrachten. Sie schien gewachsen. Denn sie war nun so groß wie eine zwei Euro Münze. Das Loch jedoch hatte sich nicht vergrößert. Auf einer Seite sah man Hochhäuser. Hochhäuser? Was für eine merkwürdige Münze! Wer bedruckt eine Münze denn mit einfachen Hochhäusern wie sie in so ziemlich jeder Stadt zu finden waren? Auf der anderen Seite sah sie eine Landschaft mit Bergen, aus denen Rauch kam: Vulkane, die kurz vor dem Ausbrechen waren! Die Münze hatte das Gegenteil des jeweils anderen auf der anderen Seite. Wieso hatte sie bloß geleuchtet?
So sah sie aus wie jede andere Münze, aber sie war etwas besonderes, das wusste sie. Sie streifte die Schnurr des Armbandes erneut durch das Loch. Sie würde sie später an einen sicheren Ort legen, doch jetzt wollte sie erst einmal entspannen. Völlig übermüdet legte sie ihre Arme auf den Badewannenrand und ihren Kopf auf die Arme. Wieso war sie nur schon wieder so müde? Es war, als würde ihr irgendetwas die Energie absaugen. Da sie ihre Augen nicht mehr aufhalten konnte sank sie in einen traumlosen Schlaf, der nur dazu da war um Energie zu sammeln.
Plötzlich hustete sie. Sie war ins Wasser gesunken und hatte es eingeatmet. Keuchend spukte sie das Wasser aus ihrer Lunge. Wie konnte sie nur so dumm sein und in der Badewanne eingeschlafen? Das hätte ihr Tod sein können! Es war schon einige Zeit vergangen. Das Wasser war nicht einmal mehr lauwarm. Noch ganz benommen von dem Schreck stieg sie aus der Wanne und trocknete sich ab. Ihrem Fuß ging es um einiges besser. Ob das wohl an Klees liebevoller Fürsorge lag? Ihre Wangen wurden bei dem Gedanken an ihn ganz rosig und sie presste ihr Gesicht in das kühle Handtuch um einen klaren Kopf zu bekommen.
„Klee...,“ seufzte sie noch ganz benommen von dem Gedanken an ihn. Was war das denn hier!? Wie konnte sie nur so verrückt sein? Sie würde ihn nicht wieder sehen und deswegen sollte sie ihn sich aus dem Kopf streichen! Schnell schlüpfte sie in ihren Schlafanzug, kämmte sich, die schon beinahe trockenen Haare durch und machte sich auf den Weg ins Bett. Immer noch benommen und müde sank sie in ihre Kissen und schlief sofort ein.
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Ende Kapitel 4
 

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So endlich weiter geführt
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5. Kapitel - Morgana



Klee wollte sich immer wieder umdrehen und zu ihr gehen. Er konnte es jetzt schon nicht mehr ertragen von ihr entfernt zu sein. Wie sehr musste er sich anstrengen ein gleichgültiges Gesicht aufzusetzen, als er wegging? Wie sehr musste er seine Gefühle im Zaum halten um nicht zu ihr zurückzulaufen, als sie ihm winkte? Und wie sehr musste er sich jetzt anstrengen nicht aus dem Bus zu springen um wenigstens in ihrer Nähe zu sein? Wo war seine harte Schale nur hin? Für Sessiel schien es einen Weg durch sie hindurch zu geben.
Völlig verzweifelt stand er im Bus an demselben Platz wie er mit ihr gestanden hatte. Dabei war es natürlich ein anderer Bus und es waren sehr viele Sitzplätze frei.
Als nur noch ein Fahrgast im Bus war flackerte das Licht merkwürdig. Der letzte Fahrgast war ein Mädchen, dass Ceciel sehr ähnlich sah. Sie stand von ihrem Platz auf und ging auf Klee zu. Sie sah ihr wirklich unglaublich ähnlich. Sie hatte sogar den gleichen Geruch wie sie. Aber Klee wusste, dass sie es nicht war. Nicht weil er sie erst vor einer viertel Stunde bei ihr zu Hause abgeliefert hatte, auch nicht, weil sie saubere Kleider anhatte. Er spürte es einfach.
„Hallo Klee.“ Sie blickte ihm tief in die Augen. Sie waren Rehbraun genauso wie die von Ceciel. Aber auch sonst schien ihr Gesicht und das von Ceciel gleich zu sein. Aber sie war ihm fremd. Woher hatte sie dann bloss seinen Namen? Er kannte sie doch gar nicht.
„Hallo,“ grüßte er sie gleichgültig. „Sag bloß du hast schon vergessen wie ich heiße?“ Ihre Augen blickten traurig zu ihm hoch und sie verzog ihren Mund zu einem Schmollmund. „Wir kennen uns nicht.“ „Aber Klee!“ Sie drückte sich, wie zuvor Ceciel, an ihn und blickte mit flehenden Augen zu ihm auf. „Bitte sag nicht, dass du mich schon nach so kurzer Zeit vergessen hast.“ „Wir kennen uns nicht!“ Klee schob sie recht unsanft von sich weg. Tränen rollten ihre Wangen herunter. „Ich dachte du könntest mich leiden. Ich dachte wir könnten Freunde werden. Vielleicht sogar mehr. Immerhin wolltest du doch, dass ich euch wieder besuche! Ich konnte einfach nicht zu Hause bleiben und so bin ich zu dir gelaufen. Ich wollte doch nur bei dir sein.“
Sie hatte die gleiche Stimme wie Ceciel und doch war sie ein ganz anderes Wesen, denn ob sie ein Mensch war wusste er nicht. „Ich kenne dich nicht und habe dich noch nie davor gesehen.“ Sie seufzte, senkte ihren Kopf und fing an zu lachen. Ihre Haare veränderten ihre Farbe, Struktur und Länge. Sie wurden lang, glatt und dunkelblau, so wie ihre Augen. Als sie ihm ins Gesicht sah hatte sie keinerlei Ähnlichkeit mit Ceciel. Ihre Pupillen waren Schlitze und Boshaftigkeit funkelte in ihren Augen.
„Hallo Morgana. Lange nicht mehr gesehen.“ Ein flüchtiges Lächeln huschte über die Mundwinkel der Frau. „Na also! Ich wusste doch, dass du mich nicht so einfach vergißt.“ Natürlich wie konnte er auch? Morgana war eine Hexe. Aber trotzdem kamen sie aus der gleichen Welt. Leider hat sich Morgana das mit gleicher Welt zu sehr zu Herzen genommen. Sie war sofort Feuer und Flamme für ihn. Wenn sie etwas besitzen wollte, dann konnte sie auch nichts und niemand davon abhalten. Und sie wollte ihn. Sie legte ihm ihre kalte Hand mit den dunkelblauen Fingernägeln an die Wange und schaute ihm direkt in die Augen.
Sie war ein gutes Stück größer als Ceciel und doch kleiner Als Klee. Unter ihren Augen waren zwei rote Farbstriche, die Narben einer Raubtierkralle ähnelten. Morgana war ungewöhnlich hübsch, auf ihre Weise. Sie verfolgte Klee oft auf Schritt und Tritt, aber sie zeigte sich nur, wenn die Beiden ungestört waren. Bei großen Menschenansammlungen mied sie es sich zu zeigen und doch war sie immer da, um ein Auge auf ihn zu werfen.
„Ich möchte mit dir reden Klee.“ Sie seufzte seinen Namen ganze leise. Er ging einen Schritt zur Seite und befreite sich von ihrer Hand. „Morgana, ich habe dir schon auf genug gesagt, dass ich keinerlei Interesse an dir habe.“ Sie seufzte unglücklich. “Das weiß ich doch mittlerweile. Aber ich weiß, dass du an jemand ganz anderem Interesse hast. Doch anscheinend beruht das nicht auf Gegenseitigkeit.“ Listig grinsend wand sie ihm den Rücken zu und drehte ihren Kopf nur so weit zu ihm hin, dass er ihre rechte Gesichtshälfte sah. „Na und?“ „Ich dachte mir, dass ich dir helfen könnte. Ich meine wo wir doch aus derselben Welt stammen.“ „Und was verstehst du unter Hilfe?“
Sie drückte auf den Stopknopf und als sich die Türen öffneten zog sie ihn hinter sich her. An einer Bank im Schatten der Bäume machte sie Halt. „Ich habe mehrere Möglichkeiten, wie ich dir helfen kann. Willst du sie hören?“ „Hab ich außer Zeit sonst noch etwas zu verlieren?“ Morgana schüttelte den Kopf. „Nicht, wenn du mich nur anhörst. Die Hilfe..“ „..ist natürlich nicht umsonst,“ beendete Klee den Satz. Sie nickte stumm. „Dann sag mir was du mal wieder ausgeheckt hast.“ „Die erste Möglichkeit wäre ein Liebestrank. Du weißt ja, dass ich zum Clan der Ayaren gehöre und so etwas für mich ein Leichtes ist.“ „Ja, ja, ich weiß. Du hast mir schon oft genug einen angeboten. Ich trink das Gesöf nicht! Das sag ich dir jetzt zum letzten Mal!“ „Das war ich mir bewusst,“ gab sie ungerührt hinzu. „Ich dachte eher, dass deine Ceciel in trinken könnte.“ Klee schüttelte den Kopf. „Niemals! Ich will sie nicht vergiften und garantiert nicht so ihre Liebe gewinnen.“ Morgana zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Überlege es dir gut. Ich biete sehr wenigen Personen den Liebestrank an.“ „Ja, ja. Ich weiß! Und die anderen Möglichkeiten?“
„Naja. Also, wenn du an ihrem Körper und den wichtigsten Charaktereigenschaften interessiert bist... Du kennst ja meine Fähigkeiten.“ Morgana setzte einen wohlüstigen Blick auf und leckte sich mit der Zugenspitze über die schmalen Lippen. „Ja ich weiß, dass du sie kopieren kannst.“ „Nicht zu hundert, aber..“ „zu neunundneunzig Prozent. Wie oft hab ich das schon gehört?“ „Anscheinend oft genug.“ „Sonst noch eine Möglichkeit?“ „Liebestränke willst du nicht. Ihren Körper willst du nicht. Wie wäre es mit einem Vergessenstrank? Du würdest deine Liebe zu ihr einfach vergessen!“ Listig grinste Morgana Klee an. „Ich trinke überhaupt keine Tränke! Das kannst du gleich vergessen.“ Klee wollte sich schon umdrehen und gehen, als Morgana etwas erstaunliches sagte.
„Dann musst du halt ihre Liebe gewinnen. Das andere ist natürlich einfacher und schneller, aber wenn du es nicht willst.“ Sie zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Danke für deine Mühe. Ich bin froh, dass du nicht mehr wie eine Furie hinter mir her bist.“ Dankbar lächelte Klee sie an. Erstaunt blickte sie ihn an. „Wer sagt das? Glaubst du etwa ich werde grade bei ihr nicht kämpfen? Grade ihr nicht das Leben zur Hölle machen?“ Morgana lachte laut und verschwand in den Schatten zwischen den Bäumen. „Das wirst du nicht! Morgana ich warne dich! Krümmst du ihr auch nur ein Haar sind deine Tage gezählt!“ Klee war unglaublich wütend. So wütend war er das letzte Mal vor vielen Jahren. Als er den Tod seiner Eltern mit ansehen musste und nichts unternehmen konnte. „Ich habe dich gehört mein Süßer, aber ich kann dir nichts versprechen.“ Ein ohrenbetäubendes Lachen klang in ihm wieder. „Morgana du Hexe! Ich bringe dich um! Ich werde dich umbringen!“, waren seine letzten Gedanken, als das Lachen verklungen war.
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Ende Kapitel 5
 

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So hier kommt Kapitel 6
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6. Kapitel -Tante Sharon und das Dorf



Er würde jetzt wohl Ceciel folgen müssen wie ihm Morgana folgt. Wenn sie nicht in Sicherheit war oder ihr was geschehen würde, dann könnte sich Klee das niemals verzeihen. „Ceciel.“ Er seufzte ihren Namen. Es begann ein starker und doch sanfter Wind zu wehen. Klee schloss die Augen. Ein helles Licht umgab ihn.
„Guten Abend Klee,“ begrüßte ihn ein altebekannte freundliche Stimme. „Guten Abend Tante Sharon.“
Klee stand in einer kleinen gemütlichen Hütte in den Tiefen des tiefsten Waldes. Hier wohnten die Alten des schon längst ausgestorbenen Clans der Yveren, dem auch er und Kai angehörten. Die alte Frau mit den weißen Haaren, die ihr zu zwei Zöpfen jeweils links und rechts über die Schultern fielen, musterte ihn mit ihren graublauen Augen, die schon seit Ewigkeiten ihre Farbe verloren hatten.
„Was verschafft mir die Ehre zu deinem Besuch mein Junge?“ Klee konnte die alte runde Frau nicht anblicken, so sehr schämte er sich. „Ich weiß, ich habe euch schon seit Jahren nicht mehr besucht, aber...“ „..jetzt brauchst du meine Hilfe. Ich weiß, ich weiß. Setzt dich hin mein Junge.“ Sie deutete mit ihren schmalen langen Fingern auf einen hölzernen Stuhl, der an einem kleinen, aber robusten, hölzernem Tisch stand. Die alte Frau stand von ihrem Schaukelstuhl, der vor dem Kamin stand, auf und schöpfte Wasser in eine weiße Porzellanschüssel aus dem darüber hängenden Kessel. Sie streute noch ein paar Blätter hinein und stellte sie vor Klee ab.
„Du bist groß geworden mein Junge. Kai ist sicherlich auch nicht mehr der kleine Junge, der er mal war.“ Klee musste grinsen. Nein, das war er nun wirklich nicht mehr. Die Alte nickte und sagte: „Es hat sich hier nichts verändert. Naja außer uns vielleicht. Wir werden älter und immer älter. Die Frauen sind unfruchtbar und können keine Kinder gebären. Wir müssen zurück in unser Land, bevor alles zu spät ist.“ „Ich weiß Tante. Ich weiß.“ „Du bringst Neuigkeiten mit mein Junge.“ Die alte Frau sah ihn durchdringend an. Sie wusste, dass es Jemanden gab, der in sein Herz eingedrungen war.
Sie sagte ihm auch damals zum Abschied, dass sie ihn spätestens an dem Tag erwartet, an dem er sich zum ersten Mal verlieben würde. Sie hatte ja nicht ahnen können, dass das mehr als zehn Jahre bis zu diesem Tag dauern würde.
„Wir haben ein Mädchen gefunden. Sie hat die Münze.“ Die Alte schlug sich die dürren Hände an die Wangen und rief: „Der Himmel sei gesegnet!“ „Ich habe mich in sie verliebt. ... Ich wollte ihr die Münze nicht abnehmen. ... Ich bin mal wieder Morgana begegnet, ...sie will ihr schaden.“ Die Alte nickte stumm. „Ich weiß ich hätte sie ihr abnehmen müssen...“ Einerseits bereute Klee, dass er sich nicht richtig verhalten hatte andererseits hatte er das Gefühl sich genau richtig verhalten zu haben.
„Nein mein Junge! Deine Entscheidung war die Beste. Die Münze bleibt bei ihr, denn sie ist zu ihr gekommen. Hättest du sie ihr weggenommen, dann wäre die Münze verschwunden und ihr hättet weiter nach ihr suchen müssen.“ „Aber was soll ich wegen Morgana tun!?“ Die Alte sah ihm seine Verzweiflung regelrecht an. Sie musste seufzen.
„Wie läuft es in der Schule mein Junge?“ Kai und er hatten das Dorf nur wegen ihrer Ausbildung verlassen. Klee sollte Medizin studieren um seinem Clan zu helfen, wenn jemand krank oder verletzt wurde. Kai studierte noch nichts, er war zu jung. Er ging noch zur Schule. Er sollte sich auf die Psyche des Gegners konzentrieren und Psychologie studieren. In vielen Kämpfen verloren die Krieger die Nerven, auch davor sollte er den Clan beschützen. Als Klee sieben wurde, gaben sie ihn in die Hände einer älteren Frau, die zwar aus dem Clan stammte, jedoch schon seit Ewigkeiten auf diesem Planeten und in der Stadt lebte. Sie war das Kindermädchen des Clans. Als Klee dreizehn wurde verließ die Frau die Stadt um sich in einer anderen Stadt um andere Kinder zu kümmern. Kai und er waren die letzten männlichen Nachkommen des Clans. Wie oft hatte die Tante, die sich nach dem Tod ihrer Eltern für einige Wochen um sie gekümmert hatte, ihnen eingebläut, dass sie eine wichtige Aufgabe hatten: Sie mussten die Münze finden sie mussten die Person, der die Münze gehörte, finden und sie mussten das Schicksalsband durchtrennen, um mit Hilfe der Münze wieder zurück auf ihren Planeten zu können.
Seitdem damals die Armeen aus den dunklen Reichen kamen flohen immer mehr Clans in diese Welt. Doch wussten sie nicht, dass die Frauen hier keine Kinder kriegen konnten. Die Frauen, die schwanger waren verloren sie und waren, wie auch die anderen, unfruchtbar. Bei dem Hexenclan war es ähnlich. Doch hier waren die Männer nicht mehr Zeugungsfähig. Die Frauen versuchten die Männer aus den anderen Clans zu betören, doch diese bleiben den ihren treu. Deswegen war Morgana so wild hinter Klee her. Sie wusste, dass er der stärkste aus seinem Clan war und sie hatte die Aufgabe den Clan weiter zu erhalten.
Kai hatte schon viele Freundinnen gehabt. Er verkraftete den Tod der Eltern nicht so gut wie Klee. Statt seinen Kummer im Alkohol oder mit Drogen zu bekämpfen, bevorzugte er es seine Zeit in den Betten verschiedener Damen zu vertreiben. Nicht nur, dass er gut aussah, nein er hatte es in den Jahren auch gelernt gekonnt Komplimente zu verteilen und einer Frau das Herz zu stehlen. Wie oft musste ihn Klee dann vor verzweifelten und wütenden Hexen beschützen. Sie verdankten ihm bestimmt die Hälfte ihrer Kinder.
„Ach nein Klee! Übertreibe es nicht!“ Die Worte der Alten ließen ihn auffahren. Er hatte ganz vergessen, dass er hier saß und dass die Alte seine Gedanken lesen konnte. Er wurde unweigerlich rot.
„Sicher er hatte so manch eine in seinem Bett, das bezweifle ich gar nicht, aber er ist ein anständiger Junge.“ „Ja ich weiß. Er ist mein Bruder.“ Die Alte nickte. „Ich werde dir eine Möglichkeit geben auf Ceciel aufzupassen, aber ich warne dich! Missbrauche sie niemals!“ Die Alte sah ihn scharf an. Sie stand auf und ging zu einem alten hölzernen Schrank. Er war aus dem selben Material wie alle anderen Möbel in diesem Häuschen.
Ihr ganzer Oberkörper verschwand im Dunkeln, sodass man nur noch ihren breiten Hintern sah.
Nach einer Weile ertönte ein freudiges Schnaufen und Sharon erschien wieder in voller Größe. Sie hielt ein Fläschchen mit blauem Pulver in ihren Händen. Klees Augen wurden immer größer. „Aber! Aber,...aber das ist doch nicht das, was ich denke!?“ „Doch mein Lieber, das ist es. ... Wie lange dauert noch dein Studium?“ Die Alte schien entweder über mehrere Sachen gleichzeitig nachzudenken oder sie interessierte wirklich nur seine Ausbildung.
„Wenn ich weiter so lerne wie bisher, dann noch ein halbes Jahr.“ „Du hast einige Jahre übersprungen?“ Klee nickte. Die Alte strahlte ihn stolz an. „Recht so! Natürlich sind wir schlauer, als die Menschen. Obwohl... Diese Ceciel scheint kein dummes Mädchen zu sein. Besonders, wenn sie es in dein Herz geschafft hat!“ Sie drückte ihm einen spitzen Finger in die Rippen und lachte auf.
Vorsichtig schüttelte sie ein bisschen Pulver in den Tee, den er noch gar nicht angerührt hatte. „Du weißt, dass ich dir denn Hintern versohle, wenn du wagen solltest etwas anderes zu machen, als sie zu beschützen? Und wage dich nicht einmal einen Blick zu riskieren!“ Klee nickte stumm. „Nun trink die ganze Tasse aus!“ Als er einen Schluck nahm durchfuhr ihn ein eisiger Schauer. Als er den letzten Schluck nahm ein warmes Gefühl.
„Du weiß wie du es anzuwenden hast?“ Klee nickte wieder. „Danke Tante.“ „Keine Ursache mein Junge.“
Plötzlich klopfte es an der Tür. „Tante Sharon darf ich eintreten?“ Es war die Stimme eines jungen Mädchens. „Komm rein Luzillia, Täubchen.“ Luzillia? War das nicht das kleine Mädchen mit den türkisen Augen und den hellblonden Haaren? Die Tante nickte. Als sich die Tür öffnete trat eine junge hübsche Frau ein. Sie hatte lange weißblonde Haare, die hinten zu einem Zopf geflochten waren und immer noch die hellen türkisen Augen. Einige Strähnen von ihrem Haar fielen ihr ins Gesicht.
Bevor sie aufsah klopfte sie ihren blauen Kittel und die weiße Schürze ab, die jede Frau im Dorf trug. Sie schloss die Tür sorgfältig, doch als sie sich umdrehte ertönte ein kurzer piepsiger Schrei, wie damals, als Kai sie mit einer Maus erschreckt hatte. „Aber nein Kind! Erkennst du ihn denn nicht wieder?Du hast oft mit ihm gespielt.“ Die Kaminflamme spiegelte sich in ihren Augen wieder, als sie sie plötzlich weit aufriss und auf Klee zulief, ihn nicht nur stürmisch umarmte, sondern ihn auch noch küsste! Im ersten Moment noch völlig verwundert, war er nicht fähig sich zu bewegen, doch dann schob er sie von sich weg.
Sie strich sich, ohne rot geworden zu sein, eine Strähne hinters Ohr und lächelte ihn an. „Du weißt doch noch wer ich bin?“ „Natürlich weiß ich wer du bist Luzillia.“ „Du hast auch nicht das Versprechen deiner Eltern an meine vergessen? Und deswegen bist du hier? Ach Klee! Wie glücklich ich bin, dass du wieder bei mir bist!“ „Welches Versprechen?“ Die Alte wurde ärgerlich und packte Luzillia grob am Arm. „Lass es gut sein!“ „Aber!?“ „Die Zeiten haben sich geändert mein Kind. Alte Versprechen oder Abmachungen gelten nicht mehr, besonders nicht in dieser Welt.“ Sie riss sich von der Alten los und fauchte sie an: „Was glaubt ihr wer ihr seid? Ich habe das Recht dazu! Und ich bin alt genug um mein Recht einzufordern!“
„Was ist denn hier los?“ Ein Mann mittleren Alters kam grade zur Tür herein, als er staunend in der Tür stehenbleib und Klee ansah. „Klee mein Junge! Eine Ewigkeit ist es her!“ Der kräftige Mann umschloss ihn mit seinen Pranken und wuschelte ihm durch sein Haar.
„Guten Abend Onkel Ron,“ brachte Klee, der in einer festen Umarmung gefangen war, noch grade so hervor. Ron packte Klee an den Schultern und hielt ihn eine Armeslänge von sich weg, während er ihn betrachtete. „Gut siehst du aus mein Junge! Du hast viele Muskeln, aber nicht viel Fleisch auf den Knochen so wie es aussieht!“ „Naja, da wir nun einmal ein Herrenhaushalt sind und wir keine Frau zum kochen haben, müssen wir uns halt von Dosen und Diensten ernähren,“ antworte Klee grinsend. „Ihr esst Dosen? Richtiges Metall?!“ Tante Sharon und Klee lachten auf. „Aber nein, Ron. In der Stadt gibt es Essen in Dosen.“ Ron nickte ernst. „Wie geht es deinem Bruder mein Junge?“ „Ihm geht es gut.“ „Wie lange bleibst du?“ „Ich werde gleich wieder zurückgehen.“ Man vernahm ein leises Winseln von Luzillia, die für kurze Zeit wieder ruhig geworden war.
„Welche Fortschritte habt ihr gemacht?“ „Ich werde dieses Halbjahr fertig mit meinem Studium und Kai ist im letzten Jahr seiner Schule. Er wird dann Psychologie studieren, wie der Dorfälteste es gewünscht hat. Außerdem haben wir vor kurzen die Münze und ihre Besitzerin gefunden.“ Klee ratterte alles herunter, so als hätte er es auswendig gelernt.
Der große Mann fing an zu strahlen. „Gepriesen sei der Himmel!“ Hatten hier alle die gleiche Reaktion? Nein. Luzillia nicht. Zuerst leuchtete ihr Gesicht, doch als er ‚Besitzerin‘ gesagt hatte verfinsterte sich ihre Miene schlagartig. „Großartig! Ihr seid großartig!“ Onkel Ron umarmte Klee noch einmal. „Wir werden das Morgen dem ganzen Dorf verkünden!“
Klee befreite sich aus der Umarmung und wollte sich schon verabschieden, als man einen leichten Wind ausgehend von Luzillia bemerkte. „Aber Kind! Was ist mit dir los?“ fragte Tante Sharon besorgt. „Luzillia was hast du?“ Onkel Ron bekam ein flaues Gefühl. „Ihr wisst, dass ich ein Recht darauf habe!“ Luzillia liefen Tränen über die Wangen und der Wind wurde immer stärker. „Luzillia beruhige dich doch!“ Onkel Ron wollte sie packen, doch stattdessen wurde er von ihrem Wind gegen die Wand geworfen. Luzilla starrte auf den Boden und ballte die Hände zu Fäusten. „Kind mäßige dich! Du befindest dich in meinem Haus! Wenn du dich nicht augenblicklich beruhigst fliegst du in hohem Bogen hinaus und deine Eltern werden von mir über alles unterrichtet!“
Erneut öffnete sich die Tür. Diesmal erschienen Luzillias Eltern. Augenblicklich erstarb der Wind und Luzillia sank auf den Boden, legte ihr Gesicht in ihre Hände und weinte hemmungslos.
Würde Klee hier nie mehr wegkommen? Er musste endlich zu Ceciel!
„Gedulde dich!“ fuhr ihn Tante Sharon an. Erst jetzt bemerkten die Gäste Klee. Beide schlossen ihn in ihre Arme, so wie es Onkel Ron getan hatte. „Bist du endlich gekommen um das Versprechen einzulösen, mein Junge? Du musst wissen Luzillia spricht schon seit deiner Abreise von nichts Anderem.“ Luzillias Eltern lachten fröhlich und zwinkertem ihm zu, doch ihr Lachen erstarb, als sie ihre Tochter weinend auf dem Fußboden bemerkten.
„Er wird es nicht tun! Er hat eine Andere. In dieser Welt gelten Versprechen und Abmachungen nicht mehr,“ presste die verzweifelte Luzillia nach einem erneuten Winseln hervor. Ihre Mutter nahm das völlig aufgelöste Mädchen in die Arme. „Sei es drum Kind. Seine Eltern haben es uns versprochen und nicht er selber. Ausserdem war es mehr ein Vorschlag, als ein Versprechen. Ihr habt euch so gut vertragen und da dachten wir, dass ihr bestimmt ein schönes Paar wärt.“
Klee konnte es nicht fassen! Wie im Mittelalter! Er durfte sich doch wohl seine zukünftige Frau selbst aussuchen!
„Aber es ist mein Recht! Ich habe so lange auf ihn gewartet! Ich bin neunzehn Jahre alt Mutter! Und ich liebe dich Klee!“ Sie sah ihn mit so schmerzerfülltem Blick an, dass es ihm bis ins Herz ging. Er empfand Mittleid für sie, aber nicht mehr.
„Bitte Luzillia beruhige dich!“ Ihre Eltern sahen sie streng an. Sie wischte sich ihre feuchten Wangen mit ihrem Ärmel ab und richtete sich auf. „Verzeiht mir bitte mein kindliches Benehmen. Ich werde dir Morgen als Entschuldigung für dieses unverzeiliche Benehmen zur Hand gehen, Tante Sharon.“ Sharon nickte. „Verzeih auch du mir bitte Onkel Ron.“ Der stämmige Mann hatte sich schon längst erholt und lächelte sie an. „Du hast eine ganz schöne Kraft für eine so zierliche Person.“ Dann drehte sie sich zu Klee um und sah ihn flehend an. „Ich wünsche dir eine gute Heimreise, richte deinem Bruder schöne Grüße aus und mach deine Sache gut, sodass wir stolz auf dich seien können!“
„Deswegen komme ich nie hier her,“ dachte Klee. Sie setzten einfach zu viele Erwartungen in ihn und er wollte und konnte sie nicht enttäuschen. „Ich muss mich dann wohl verabschieden. Tante Sharon, Onkel Ron, Luzillia.“ Ihren Eltern nickte er einfach nur zu. Es war schon zu lange her. Er konnte sich beim besten Willen nicht an ihre Namen erinnern. Er ging vor die Tür. Es war nicht üblich, dass man einem Reisenden bei der Heimreise zusieht, deswegen blieben alle im Haus. Er flüsterte wieder ihren Namen. Sogleich tauchte der Wind und das Licht erneut auf. Er stand in seinem Zimmer.
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Ende Kapitel 6
 

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7. Kapitel – Schicksalshafte Begegnungen


Ceciel hörte immer wieder ihren Namen im Traum. Er zerrte immer mehr an ihr und sie warf sich im Bett hin und her, als sie plötzlich schweißgebadet aufwachte. Ihr Herz klopfte wie wild. „Ceciiiiieeeel...“ Der Wind schien ihren Namen zu säuseln.
Ceciel lief ein kalter Schauer über den Rücken. Sie stand auf sich ein Glas Wasser aus der Küche zu holen, als ihr Blick auf das offene Fenster fiel. Völlig verwundert starrte sie es an. Hatte sie es nicht vor dem Schlafengehen geschlossen? Sie rieb sich die Arme. „Brrrr... Hier ist es ganz schön kühl. Kein Wunder wieso ich so schlecht geschlafen habe!“ Sie ging schnell zu dem Fenster und verschloss es, als plötzlich eine hässliche Fratze dagegen schlug. Ceciel versuchte zu schreien, doch der Schock ließ sie keinen Ton hervorbringen. Wäre sie nur ein paar Sekunden langsamer gewesen oder erst gar nicht aufgewacht wäre dieses Wesen in ihr Zimmer gekommen.
„Du Miststück! Lass deine Finger von ihm!“ Eine eiskalte Stimme schrie ihr den Satz in einer schmerzhaft hohen Tonlage entgegen.
Ceciel zitterte am ganzen Körper. „Ich warne dich nur ein einziges Mal! Solltest du versuchen ihn mir wegzunehmen werde ich dich langsam und qualvoll töten!“ Ceciel schüttelte nur den Kopf. Ein höhnisches Lachen ertönte aus dem weit aufgerissenen Maul. Man konnte die lange dunkelrote Zunge hinter den porzellanweißen spitzen Zähnen erkennen. Das Wesen schüttelte vergnügt sein langes schwarzes Haar, das wie eine Peitsche auf die Fensterscheibe schlug.
Als Ceciel ihm in die Augen sehen wollte erkannte sie dort Schlitze statt Pupillen. Unter den Augen hatte es ja eine Narbe, die wahrscheinlich von einem Kampf mit einem Raubtier stammen. Das Wesen legte eine Hand an die Fensterscheibe. „Richtig so meine Kleine! Hab Angst vor mir, denn die sollst du auch haben! Ich beobachte dich, jeden Tag, jede Stunde und jede Minute. Vor mir entkommst du nicht, also hör auf mich, sonst...“ Es ertönte ein furchtbares Geräusch.
Ceciel sank auf die Knie und presste ihre Hände auf die Ohren. Sie hörte ein schauriges Lachen in sich und die Stimme des Wesen, dass immer wieder den selben Satz sagte: „Lass die Finger von ihm!“
Ceciel kniete noch, mit den Händen auf den Ohren, auf dem Boden bis das Lachen vom wilden Pochen ihres Herzens übertönt wurde. Vorsichtig nahm sie ihre Hände wieder runter und schwankte zum Fenster. Sie erkannte dort tiefe Kratzspuren, die aussahen, als hätte ein Raubtier versucht seine Krallen in die Fensterscheibe zu rammen.
Ceciel atmete mehrmals tief ein und aus, schüttelte ihren Kopf und ging in die Küche. „Meine Träume werden auch immer realistischer... Jetzt träume ich schon von komischen Wesen mit Frauenkörpern, die mich davor warnen ihnen irgendjemanden wegzunehmen. Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht!“ Ungläubig schüttelte sie ihren Kopf als sie sich wieder auf den Weg zu ihrem Zimmer machte. Sie sollte vielleicht mehr schlafen, dann hätte sie nicht solche merkwürdigen Illusionen. Ruhig legte sie sich in ihr Bett und schlief ein, während sie den Wind wieder ihren Namen säuseln hörte.

Ceciel wachte auf, als die Sonne noch am Horizont war. Langsam setzte sie sich grade hin und gähnte während sie sich dabei genüßlich streckte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es erst sechs Uhr morgens war. „Wie merkwürdig! Ich war gestern doch so müde und habe jetzt kaum geschlafen.“
Sie spitzte die Ohren. Sie hatte unten doch etwas gehört! Ein lautes Klirren, als hätte jemand eine Tasse fallen gelassen. Wieso sollte jemand an einem Sonntagmorgen schon so früh in der Küche sein?
„Ach bestimmt habe ich mir das blos eingebildet! Ich bin anscheinend doch noch ziemlich müde...“ Während sie ihre Augen rieb und Richtung Badezimmer ging, gähnte sie wieder lautstark. Grade als sie die Türklinke runterdrücken wollte wurde die Tür schon von innen geöffnet und der Kopf ihres kleinen Bruders blickte sie ärgerlich an.
„Mensch Ceciel! Wie oft hab ich dir schon gesagt, dass man die Hand vor den Mund halten soll, wenn man gähnt?!“ Ceciel wuschelte ihrem kleineren Bruder frech durch die Haare während sie an ihm vorbei ins Badezimmer schlüpfte. „Hey Cliff! Was macht ein Langschläfer wie du schon so früh im Badezimmer?“ „Tja, wenn Schule ist muss sogar ich aufstehen.“ Völlig verständnislos schüttelte er seinen Kopf und wollte grade hinausgehen, als Ceciel ihn an der Schulte packte und mit großen Augen ansah. „Was soll das heißen? Wir haben doch Sonntag!“ Grinsend schaute Cliff zu seiner Schwester hoch. „Ach Schwesterherz, wenn man einen Tag mit irgendwelchen kuriosen Typen rumhängt, dann muss man sich gar nicht wundern, wenn man auch einen Tag durchschläft.“ „WAS!?!?! Ich hab den ganzen Sonntag verschlafen?“ „Ja, du hasts erfasst und übrigens, wenn du nicht auch noch zu spät zur Schule kommen willst solltest du dich langsam mal beeilen!“ „Oh Gott! Ich komm zu spät!“ Schnell schob Ceciel Cliff aus dem Badezimmer und knallte ihm die Tür vor der Nase zu.
In windeseile erledigte sie ihre Morgentoilette und sprintete in ihr Zimmer um wenigstens ihre Schulsachen zu packen. Als sie hechelnd unten am Frühstückstisch ankam und ihre Eltern vorwurfsvoll ansah traute sie ihren Augen kaum. Ihre Mutter hielt in ihrer rechten Hand grade ein Marmeladenbrot, in das sie genüßlich reinbiss und in der linken Hand einen Zettel, den sie Ceciel hinstreckte.
„Was ist das?“ Ihre Mutter kaute ruhig zuende und schien überhaupt nichts von Ceciels Eile mitzubekommen. „Da du wahrscheinlich keine Hausaufgaben gemacht hast und du sonst Ärger bekommen würdest hab ich dir einfach eine Entschuldigung geschrieben. Bleib heute mal zu Hause.“ Ceciel schaute ihre Mutter fassungslos an. „Was soll das?“, fragte sie fassunglos. „Ach dein Vater muss arbeiten, Cliff muss in die Schule und ich hab heute frei. Mir wird alleine so schnell langweilig. Ausserdem hast du gestern so fest geschlafen, dass ich dich beim besten Willen nicht aufwecken konnte und bevor du von deinen Lehrern eine erneute Strafarbeit für fehlende Hausaufgaben erhälst kannst du ruhig bei mir zu Hause bleiben.“ „Mama! Du schickst mich doch normalerweise sogar noch mit 39 Grad Fieber in die Schule, weil es doch so wichtig ist nichts zu verpassen, also was hast du nun schon wieder ausgeheckt?“
Die Wangen von Ceciels Mutter wurden rot und sie blickte stur auf ihr Marmeladenbrot. „O.k., o.k.! Du hast mich ertappt! Ich wollte mit dir über Freitag und Samstag reden und über die Jungen.“
Ceciel wurde böse. „Was soll das? Ich bin alt genug mal eine Nacht nicht zu Hause zu verbringen und immerhin hat Klee dich doch angerufen und deswegen wusstet ihr doch, dass ich nicht nach Hause komme und in guten Händen bin! Und ich musste nicht einmal alleine nach Hause gehen, weil er so freundlich war mich nach Hause zu bringen! Und ich bin nicht schwanger!“ Ceciels Mutter wurde noch roter. Noch nie hatte ihre Tochter so mit ihr gesprochen. Ceciel schmiss ihre Tasche, die sie noch zuvor in den Händen gehalten hatte, einfach auf den Boden und stürmte aus dem Haus. Ceciels Mutter seufzte gequält. „Aber ich mache mir doch nur Sorgen, schließlich bist du doch mein kleines Mädchen...“

Ceciel hielt bei einem Spielplatz an und trat schnaufend gegen die Spielplatzmauer. „Was denkt sie sich blos dabei? Ich bin doch kein kleines Kind mehr! Sie müsste mir mal endlich mehr vertrauen und mehr Freiraum lassen, aber stattdessen behandelt sie mich immer noch wie ihr ihr „kleines Mädchen“! Ihr bin schon seit Jahren nicht mehr ihr kleines Mädchen!“ Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie ging zu den Schaukeln und setzte sich auf eine. Schluchzend ließ sie ihren Kopf hängen und immer mehr Tränen fielen auf den Betonboden, auf dem sich schon bald eine kleine Pfütze bildete.
„Miaou?“ Ceciel schrie auf und sah sich zitternd um, bis ihr Blick auf den Boden vor ihr fiel und sie eine kleine süße schwarze Katze mit recht langem Fell entdeckte. Schnell wischte sie sich die Tränen aus den Augen und lächelte die Katze an. „Man Mietze! Du hast mich aber ganz schön erschreckt!“ Die Katze legte ihren Kopf schief und schaute Ceciel an. „Miaouuu?“ Ceciel musste lächeln. Vorsichtig streckte sie ihre Hand nach der Katze aus und hielt sie ihr zum Beschnuppern hin.
Die Katze schnupperte kurz an ihr und leckte ihr dann zärtlich über die Hand. Ceciel grinste die Katze vergnügt an. Die Katze drückte ihren Kopf gegen Ceciels Hand und schnurrte leise vor sich hin. Zuerst streichelte Ceciel ihr zaghaft über den Kopf bevor sie den Versuch machte die Katze auf den Arm zu nehmen. Die Katze zeigte keinen Widerstand, stattdessen schnurrte sie zufrieden weiter und rieb ihren Kopf an Ceciels Armen, die sie um die Katze geschlossen hatten. So kuschelte sie zaghaft mit der Katze.
Ceciel hatte zuvor keine Erfahrungen mit Tieren gemacht. Zu Hause waren keine Haustiere erlaubt, weil sie zu viel Zeit in Anspruch nahmen und zu viel Dreck machten. Und normalerweise blieben die meisten Tiere zu gerne von ihr fern. Es schien beinahe so als würden sie respektvollen Abstand halten. Ceciel gab es deswegen auch schon ziemlich schnell auf zu versuchen sich einem Tier zu nähren oder es gar zu streicheln. Deswegen war sie auch so glücklich, als die kleine Katze von alleine zu ihr kam und sich streicheln, ja sogar auf den Arm nehmen ließ!
Das Schnurren der kleinen Katze beruhigte Ceciel und ließ sie die Zeit vergessen, als sie plötzlich das Schlagen der Kirchenuhr hörte. Sie spitzte die Ohren und zählte verstört mit. „Was?! Es ist schon zwei Uhr! Wie kann die Zeit blos so schnell vergehen! Ich kann doch keine sieben Stunden hier gesessen haben!“ Sie wollte schon aufspringen und nach Hause laufen, als ihr die kleine Katze, die inzwischen auf ihrem Schoß schlief, einfiel.
Ceciel streichelte zart am Rand der Katzenohren entlang, als die Katze stürmisch ihren Kopf schüttelte. „Entschuldige Kleine, aber ich sollte jetzt nach Hause. Ich war wirklich unfair zu Mama und sollte mich schleunigst bei ihr entschuldigen, nicht, dass sie sich noch mehr Sorgen macht!“
Die Katze gähnte genüßlich, streckte sich kurz auf Ceciels Schoß und sprang dann graziös herunter. Ceciel lächelte sie dankbar an und klopfte noch schnell die Katzenhaare von ihrem gelben Pulli und der hellblauen Jeans ab. Die Katze wartete geduldig auf der Spielplatzmauer, gegen die Sessiel morgens getreten hatte. Ceciel sprang elegant über die Mauer, wie es sich für eine Turnerin gehörte und lief los, versäumte es aber nicht, der Katze noch eine Kusshand zuzuwerfen und ihr zu winken. Die schwarze Katze saß noch einige Sekunden verdutzt auf der Mauer, als sie plötzlich mit einem großen Sprung hinabsprang und Ceciel in einem Affenzahn nachjagte.

Währenddessen lag Morgana schluchzend in den Armen einer Frau auf ihrem Bett in dem kleinen dunklen Häuschen. Ihre Schwester Eri streichelte ihr behutsam über den Kopf und sang leise ein Lied, das ihre Eltern ihnen damals, als sie noch Kinder waren und in ihrem Land gelebt haben, vorgesungen hatten.
Es war ein Lied voll von magischen Beschwörungsformeln, das man sich leicht merken konnte. Es hörte sich wie ein Kinderlied an, enthielt aber die mächtigsten Zauber, die man sich vorstellen konnte. Leider konnten sie diese nicht benutzen. Sie hatten keine Macht mehr.
Überhaupt keine Macht mehr. Sogar Morgana, ihre kleine Schwester, die damals vor Kraft, Mut und Intelligenz nur so strotzte, verlor langsam die Klarheit in ihren Augen. Sie wurde blind, sowie alle in dem Clan der Ayaren.
Den Alten war schon nicht mehr zu helfen, mit ihrer letzten Kraft gaben sie ihr Wissen, ihr Leben und das kleine bisschen ihrer Magie, das noch in ihnen schlummerte, an die jüngeren, insbesondere an Morgana, weiter. Alle setzten ihre Hoffnungen in sie. Wenn sie gewusst hätten, dass die nach außen hin so starke, unbesiegbare, unbezähmbare Hexe in Wirklichkeit stundenlang in den Armen ihrer Schwester um all das Leid, das dem Clan widerfuhr, weinte, dann wäre ihnen auch die letzte Hoffnung genommen worden.
Morgana hörte auf zu schluchzen, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und stand auf. Es klopfte an der Tür. Nur ihr feines Gehör hatte ihr verraten, dass jemand kam. Eri war schon daran gewöhnt, dass Morgana von einem Moment auf den anderen ohne Grund aufsprang und nur ein paar Sekunden später jemand, den Eri nicht hören konnte, an der Tür klopfte. Eri wunderte Morganas gutes Gehör schon lange nicht mehr, sie war schließlich mit ihr aufgewachsen.
Morganas sanfte Stimme wurde hart und dunkel. „Was wollt ihr?“ Eine zischende Männerstimme verlangte Einlaß. Morgana hob die Hand und die Türschlösser drehten sich nach links. Die Tür war nun nicht mehr verschlossen. Als der dunkelhaarige Mann die quietschende Tür öffnete erkannte Eri, dass es Raasar, der ehemalige Anführer der Krieger war. Da Morgana die Stärkste war musste die Pflichten einer Dorfältesten übernehmen, sich somit auch um die Probleme anderen Hexen und Zauberer kümmern.
„Was wollt ihr Raasar?“ Morganas Stimme war bedrohlich und ohne jedes Gefühl, Eri erschauderte. „Ich habe mit den anderen gesprochen. Von ehemals über dreihundert Bewohnern dieses Dorfes sind nur noch knapp fünfzig übrig. Kinder gibt es schon lange nicht mehr! Euer Plan die Männer der anderen Clans zur Zeugung neuen Nachwuchses zu gebrauchen hörte sich vielversprechend an, aber die Frauen werden einfach nicht schwanger! Woran liegt das? Könnt ihr mir das erklären?“
Morganas eiskalter Blick durchborte Raasar. Es könnte daran liegen, dass die Männer unfruchtbar sind, oder dass die Frauen unfruchtabr sind. Es wäre aber auch möglich, dass es uns in dieser Welt einfach nicht erlaubt ist zu gebären.“ Eris Augen füllten sich mit Tränen. Auch sie hatte ihr Kind und auch ihren Mann verloren. Beide in der selben Sekunde. Die Dorfschamanin hatte gemeint es müsste an dem Schock des Todes von ihrem Eheman liegen. Eris sanfte Stimme unterbrach das Gespäch der beiden.
„Ich glaube wir haben unfruchtbare Männer, die wir lieben und die uns lieben, aber ein Kind kann nur gezeugt werden, wenn die Menschen, die es zeugen wollen, einander lieben und beide es wollen. In unserem Fall hat der Clan der Yveren zwar fruchtbare Männer und unfruchtbare Frauen, aber sie lieben einander so wie wir uns lieben. Ohne Liebe keine Kinder.“
Morganas Augen weiteten sich. „Aber natürlich! Das ist es!“ Morgana hatte ihre kalte Stimme abgelegt und redete ununterbrochen mit der hellen Stimme weiter. „Wir haben uns nur darauf konzentriert den Männern ihre Samen zu stehlen, aber ohne ihr Leben, ihre Liebe darin sind sie nutzlos. Wenn sie einfach nur Spaß haben wollen und nicht die Vereinigung zweier Körper der Sinn ihres Handelns ist, ist es kein Wunder, dass die Frauen nicht schwanger werden!“
Morgana lief in der Hütte hin und her. „Raasar! Lass mich nun alleine. Ich muss nachdenken.“ „Nein! Ich bin hergekommen um euch zu sagen, dass ihr euch zwar bemüht habt, aber trotzdem nichts verbessert habt. Deswegen überbringe ich euch eine Nachricht vom Dorf.“ Morgana blickte verwundert in die ausdruckslosen Augen, des zehn Jahre älteren Mannes. „Ihr habt noch genau einen Monat Zeit um das Herz des Jungen zu erobern hinter dem ihr schon Jahrelang her seit. Wir haben erfahren, dass sein Herz für eine andere schlägt, deswegen ist unsere Entscheidung so hart. Schafft ihr es nicht sein Herz zu gewinnen, so müsst ihr das Mädchen töten und ihr die Münze wegnehmen. Die Münze ist das Tor zu unserer alten Welt. Selbst, wenn es dort fast unmöglich ist zu überleben, so haben wir dort doch mehr Chancen dafür, als hier auf diesem Planeten. Das Mädchen muss noch leben, denn sie hat die Macht das Tor zu vergrößern, wie ihr wisst. Entweder sie wird es freiwillig tun oder wir müssen sie töten, so entströhmt ihre Macht und wir können sie aufnehmen, sodass wir das Tor öffnen können.“
Morgana wurde kreidebleich. Die friedlichen Bürger ihres Dorfes verlangten solche Grausamkeit von ihr? Natürlich sie konnte ihr drohen und Angst machen, aber sie konnte niemals jemand Unschuldiges töten!
Raasar trat durch die Tür hinaus in den strahlenden Sonnenschein. Sein marronenbraunes Haar, das hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war, glänzte Kupfern. Sein brauner Umhang verwandelte sich in einen schwarzen Anzug und wie durch ein Wunder erschien ihm ein Aktenkoffer in der rechten Hand. Ohne sich umzudrehen rauschte er mit den eilenden Passanten davon.
Morgana stand an der Tür des kleinen dunklen Häuschens, das man von aussen nicht wahrnahm. Die Menschen sahen nur Wolkenkratzer, Geschäfte und Autos. Andere Menschen nahmen sie nicht einmal mehr war. „Weißt du Eri, eigentlich hätten wir den Zauber gar nicht auf das Haus legen müssen. Die Menschen in dieser Welt sind doch so blind, dass sie nicht einmal sich selbst wahrnehmen.“
Eris Augen füllten sich erneut mit Tränen. Nicht ihretwegen, nicht wegen der blinden Menschen, nein. Es gab nur einen Grund: Ihre Schwester. Sie wusste, dass Morgana zwar so tat als wäre sie herzlos und als könnte sie jemanden etwas antun, aber sie würde es niemals fertigbringen einen Menschen zu töten. Auch weinte sie um die Aussichtslose Liebe ihrer Schwester zu einem Mann, der nun dieses Mädchen liebte. Das Mädchen, das sie töten sollte. Wie verzweifelt musste Morgana sein? Als hätte sie mit ihrer Drohung das Schicksal des Mädchens bestimmt.
„Eri hör auf zu weinen, schhhh schhhh!“ Morgana streichelte ihrer großen Schwester liebevoll über den Kopf und begann das alte Lied zu singen. Während sie ihre Schwester vorsichtig zum Bett schob und nicht vergaß mit einer Handbewegung die Tür zu schließen und sich die Türschlößer wieder drehen zu lassen, doch diesmal in die andere Richtung.
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Ende Kapitel 7
 
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