[Diskussion] Der König der Löwen (2019) [SPOILER?]

TheDarkness2

Otaku Elite
Otaku Veteran
Ach Disney, du liebenswertes Monopol Häuschen. Neben dem MCU hat man mit den Live Action Remakes der alten Klassiker eine weitere Goldgrube aufgetan. Und warum auch nicht? Der Stoff ist zeitlos, ja geradezu dazu geeignet alle paar Jubeljahre mal wieder aufgefrischt zu werden. Doch genau das spaltet die Fans, die auf ihrer Nostalgie behaaren und auf ihre umfangreiche Blu Ray oder sogar VHS Sammlung verweisen und sich beschweren das Disney ihre Klassiker durch Neuversionen ersetzen will. Dazu möchte ich bevor ich beginne einmal kurz einhaken.

Es ist schön das ihr auf eure VHS, DVD oder Blu Ray Sammlung mit den Klassikern verweist. Doch wisst ihr was? Darauf befinden sich nicht die Klassiker, oh nein. Disney hat bereits zu VHS Zeiten damit begonnen ihre Filme der allgemeinen politischen Lage anzupassen. Will heißen, es gab zu VHS Zeiten überwiegend Zensuren in der Synchronisation. Aber nur in wenigen Ausnahmen, die meisten Filme blieben intakt. Bei den DVD Veröffentlichungen wurde Disney dann besonders kreativ, neben kompletten Neu Synchros erhielt man auch abgedunkelte Bilder, nach bearbeitete Szenen und das Streichen ganzer Nebenhandlungen. Die Blu Rays beruhen auf den DVD Fassungen, wurden jedoch erneut zensiert um dem aktuellen Zensus zu entsprechen. Das heißt, fast keine eurer Fassungen entspricht der Kinofassung. Disney hat seine Produkte schon immer auf politisch korrekt zensiert, in den heutigen Zeiten kommt Diversität und Feminismus hinzu. Also entfällt der Nostalgie Faktor den so viele angeblich bewahren wollen.

Das einzige Argument das ich durchgehen lassen, ich hab mittlerweile tausende von Filmen gesehen und weiß wovon ich rede, ist das die Neuverfilmungen es nicht schaffen das Herz des Originals einzufangen. Am besten merkte man das bei Die Schöne und das Biest. Die Szene wo Belle sich entscheidet den Platz ihres Vaters einzunehmen ist in der animierten Fassung mit Gefühl gemacht. Man sieht den Figuren an was es für sie bedeutet, man merkt wie es in ihnen arbeitet und das sie sich Gedanken über die Konsequenzen machen. In der Live Action Variante heißt es einfach Ja und das war es. So ungefähr ging es allen Live Action Remakes, sie wurden auf die heutige Generation getrimmt die keinen Gedanken an so was verschwendet und die Aufmerksamkeitsspanne einer Eintagsfliege hat. Wie gesagt, Disney kennt sein Publikum und hat es fest im Griff.

Doch kommen wir jetzt zum König der Löwen, worum es in diesem Review eigentlich schon die ganze Zeit gehen soll. Die Story ist hingänglich bekannt: Simba wird als Sohn von Mufasa geboren und soll selbst König werden. Scar verbündet sich mit den Hyänen, tötet Mufasa und manipuliert Simba so das dieser flieht. Simba wird von Timon und Pumba gerettet, wird erwachsen und kehrt durch Nala und Rafiki schließlich zurück um sich seiner Vergangenheit zu stellen und seinen Platz im Kreis des Lebens einzunehmen.

Das erste was man über diesen Film wissen muss, er ist komplett am Computer entstanden und das ist wirklich beeindruckend. Wie seinerzeit mit Tron legt Disney hier die Messlatte für ein völlig neues Zeitalter. Die Tiere sind realistisch, verhalten sich realistisch und man erkennt keinen Unterschied. Außer das den lieben Tierchen die Geschlechtsteile fehlen, aber so realistisch wollte es Disney dann wohl doch nicht. Aber ich finde wenn man den realistischen Weg gehen will sollte man das auch mit allen Konsequenzen tun. Wie auch immer. Es ist eine beeindruckende Leistung, auch wenn man sich die Landschaften ansieht. Alles wirkt lebensecht, ich möchte nicht wissen was das gekostet hat. Aber mit gut 1,3 Milliarden Dollar Einspielergebnis sollte man sich wieder im grünen Bereich bewegen. Ich habe selten etwas so lebendiges aus dem PC erlebt, Das Dschungelbuch war bereits ein Fingerzeig wohin der Weg gehen wird. Das hier ist die Vollendung.

Aber mit diesem Look gehen auch einige Probleme einher. Die Tiere sind, bis auf ihre... ach lassen wir das, realistisch was heißt sie verfügen über keine Gestik oder Mimik. Sie verhalten sich wie Tiere, agieren wie Tiere und haben auch exakt die Ausstrahlung eines Tieres. Das Problem ist das das animierte Original davon lebte, eine Animation wird durch ihre Gestik und Mimik lebendig. Sie verleiht den Charakteren mehr Charakter. Dies fällt hier weg. Ja, die Tiere reden, aber es wirkt mehr als würde ein Erzähler aus dem Off die Sätze erzählen und die Stimme nicht aus den Tieren kommen. Dieses Manko kann der Film logischerweise nicht überwinden und hier muss Disney sich für kommende Verfilmungen einen Weg überlegen dieses Manko zu umgehen. Was nützen das beste Script wenn die Sätze ohne Mimik / Gestik verhallen weil kein Nachdruck dahinter steckt? Schwierig, aber das größte Problem des Films der ansonsten wirklich gelungen ist.

Der gesamte realistische Touch geht aber auch noch wesentlich weiter. Wie klettert Mufasa die Schlucht hoch? Unter erheblich Schwierigkeiten die ihm sein Gewicht bereitet. Slapstick bei den Hyänen? Vorbei! Die realistischere Sichtweise sorgt eher für Gänsehaut, da diese düsterer, bedrohlicher und böser wirken. Sie treten in Massen auf, kreisen ihre Gegner ein und verhalten sich rücksichtslos. Ganz wie im echten Leben. Hinzu kommt Scar, der hier nicht ganz so vielschichtig dafür aber intelligenter und unberechenbar böse rüberkommt. Die Tierparade bei "Ich will jetzt gleich König sein" entfällt und weicht auch hier einem realistischeren Ansatz ebenso wie Simbas Flucht aus dem geheiligten Land. Und jedesmal treffen es die Computer Bediener auf den Punkt. Was wohl auch daran liegt das sie neue Szenen einfügen die die alten Szenen mehr zusammenhalten oder diesen Tiefe geben. Wir erfahren warum Nala geflohen ist und wie sie zu der Oase kam, wir erfahren auch was die Maus machte bevor sie von Scar zum Essen auserkoren wird und die Oase in der Wüste ist jetzt ein belebter Ort mit einem eigenen Ökosystem. Es gibt viel zu entdecken, selbst für die Kenner des Originals obwohl der Film sich 1:1 sklavisch an seine Vorlage hält was den Ablauf angeht.

Doch ruiniert der Film zwei der großartigsten und wichtigsten Szenen des Originals. Als Rafiki Simba zeigt das sein Vater immer in ihm lebt wird die Wolke nicht zu Mufasa sondern bleibt eine Wolke mit der Stimme. Dadurch verliert die Szene stark an Gewicht, allerdings wird die Message weites gehend transportiert. Die Szene die wegfällt und die dem Remake eine ganz andere Richtung gibt, ist das Gespräch zwischen Rafiki und Simba bei dem Rafiki Simba klar macht das die Vergangenheit weh tut und es immer wird. Man muss Wege finden damit umzugehen, man kann nicht davon laufen sondern muss sich dem stellen. Diese Szene fehlt wie gesagt und beraubt dem Film seinem ernsten Boden und der Message die im Grunde dem gesamten Film zu Grunde lag.

Den humoristischen Anteil des Films erledigen Timon und Pumba die mit ihrem Humor punkten, auch wenn dieser deutlich zurückhaltender ausfällt wie im Original. Aber wenn die die 4. Wand brechen etwa wenn sie sagen das sie bei der Erwähnung von Hakuna Matata jedesmal einen Riesen Pop kriegen oder Sei mein Gast aus die Schöne und das Biest anstimmen sind die Lacher vorprogrammiert. Und das sie ihre Regeln nicht ganz so ernst nehmen und flexibel in der Beziehung sind passt da wie die Faust aufs Auge.

Der Film ist eine beeindruckende Leistung was Computeranimation angeht und wohl neben Tron ein Film der in Zukunft als Standard gelten dürfte. Leider fehlen dem Film aufgrund des Realismus die Emotionalität des Originals da man auf Mimik und Gestik verzichten muss. Schlecht ist der Film deswegen noch lange nicht, er ist eine nette Neuerzählung mit einigen Schwächen über die man hinweg sehen kann.

Ich kann den Film daher nur empfehlen, seht ihn euch an und bildet euer eigenes Urteil. Nur versucht dabei nicht das Remake zu sehr mit dem Original zu vergleichen, denn da kann das Remake, wie schon oft erwähnt, wegen des Realismus nicht ranreichen.
 
Oben