Kapitel 80
Der Goblintöter springt in den Strudel.
Wahrscheinlich wollte er sich nach dem Befinden seines Herrn erkundigen, aber der kleine Teufel, der sich dem Oger vornübergebeugt näherte, wurde von diesem einfach weggetreten. Dabei ließ er einen Krug fallen. Diesen hob der Anführer auf und weil er mit einem Deckel verschlossen war, schüttelte er ihn. Das dabei entstehende plätschernde Geräusch ließ ihn vermuten, dass das Gefäß Alkohol enthielt. Kurzerhand schüttete er sich die Flüssigkeit in den Hals.
»Kommt der Abenteurer noch immer nicht ...?«[/JUSTIFY]
Nach Oben
Der Goblintöter springt in den Strudel.
Der Goblin begab sich, ohne einen wirklichen Grund dafür zu haben, zum Brunnen. Er war zwar ein wenig durstig, aber vor allem hatte er diesen angeberischen Oger satt. Nur weil er stärker war, glaubte er, dass er ihnen mit Kinnbewegungen Befehle erteilen und sie alle Arbeiten erledigen lassen konnte. Der kleine Teufel hatte die Schnauze voll von all der Schufterei und weil die anderen immer noch mit voller Kraft arbeiteten, konnte er sich doch ruhig ein wenig ausruhen. Schließlich legte sich jeder mal auf die faule Haut und nun war eben er dran. Als der Goblin am Seil zog und es sich seltsam schwer anfühlte, hielt er es zuerst für einen weiteren Fluch der Götter, doch ... ??!
Ein Arm schoss aus dem Brunnen hervor und legte sich um seinen Hals. Mit einem Knack brach sein Genick und bevor er wusste, wie ihm geschah, fiel er in den Brunnen und versank im Wasser.
»Wah?!«, rief die Kuhhirtin überrascht, als die Goblin Leiche an ihr vorbeirauschte, doch Goblin Slayer ließ sich davon nicht beirren.
Er kletterte klatschnass aus dem Brunnen und sah sich um.
Dann sagte er:
»Die Luft ist rein. Komm raus.«
Die junge Frau nickte ängstlich und umfasste fest das Seil. In der Brunnenwand befanden sich zwei Keile, doch weil sie rutschig waren, verspannte sich ihr Körper und sie kam nur langsam voran. Kurz bevor sie oben ankam, verließ sie die Kraft. Goblin Slayer griff fest zu und zog sie hoch.
»D... Danke.«
»Ja.«
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ging der Krieger in die Knie und setzte sich in Bewegung. Auch wenn er nichts gesagt hatte, wusste die Kuhhirtin, dass sie ihm folgen sollte. Das war ihr nur recht. Sie wollte gerade wirklich nicht von ihm getrennt sein. Aus der nicht allzu weit entfernten Dorfmitte konnte man Gebrüll hören. Es war offensichtlich, dass dieses Monster den Goblins Befehle erteilte, es blieb also nicht viel Zeit. Weil Goblin Slayer sich von dem Lärm entfernte, verfiel die Kuhhirtin kurz der Hoffnung, dass sie vielleicht einfach fliehen könnten, doch kurz darauf schüttelte sie den Kopf. Goblin Slayer würde Goblins niemals mit dem Leben davonkommen lassen.
»Der See?«
»Genau.«
Kurze Zeit später erreichten die beiden den zugefrorenen See. Er kniete sich hin, zog ein Messer heraus und stach damit immer wieder auf die vereiste Oberfläche ein. Die Kuhhirtin wusste nicht, was sie tun sollte, und ließ sich deshalb neben ihm auf den Hintern plumpsen. Auch wenn sie sich wegen des Rings nicht durchgefroren fühlte, zitterte sie schrecklich.
Stimmt. Ich muss dafür sorgen, dass ich trocken werde.
Sie erinnerte sich an Goblin Slayers Ansage. Sie musste verhindern, dass es zu Erfrierungen kam. Dennoch war sie zu verschämt, um sich an Ort und Stelle auszuziehen, weshalb sie die Kleidung auswrang, so gut sie konnte. Klatschend tropfte das Wasser zu Boden, doch es half nicht viel, denn die Sachen klebten noch immer unangenehm an ihrem Körper und ihre nassen Haare fühlten sich furchtbar schwer an.
»Bist du in Ordnung?«
»Weshalb?«
»Musst du dich nicht abtrocknen?«
»Ah ...«, brummte er nachdenklich und schüttelte den Kopf. »Mir wird schon warm werden. Deshalb bin ich okay. Zumindest fürs Erste.«
»Ach ja?«
Wie so häufig verstand sie nicht, was er sagen wollte. Die Kuhhirtin umklammerte ihre Knie und wackelte ein wenig mit ihrem Körper, um die Kälte abzuschütteln. Nein ... Das war es nicht. Viel eher bewegte sie sich so, um gegen ihre Furcht anzukämpfen. Sie spürte dabei die Wärme ihres eigenen Körpers, aber die reichte nicht aus, um sie zu beruhigen.
»Sag mal ...«, sprach sie schließlich zögerlich Goblin Slayer an.
»Was denn?«, antwortete er mit tiefer Stimme.
Die Kuhhirtin überlegte kurz, ob sie ihm wirklich die Frage stellen sollte, die ihr auf der Seele brannte. Sie vergrub ihre Stirn zwischen den Knien.
»Dieses Monster ... meinte, dass du seinen Bruder ... getötet
hättest.«
»Ja.«
»Stimmt das?«
»Ich erinnere mich nicht.«
»Dann gilt der Groll ... vielleicht gar nicht dir? Ist es nur ein Missverständnis?«
In der Aussage der Kuhhirtin schwang ein wenig Hoffnung mit, doch der Krieger zerschmetterte diese sofort.
»Er und die Goblins werden sich auch nicht daran erinnern, wen sie alles getötet haben, und mir ist es genauso egal, was und wen ich schon erledigt habe.«
»Ach so«, murmelte die junge Frau.
»Du hast wohl recht.« Nachdem er ein Stück aus der Eisdecke des Sees herausgeschlagen hatte, brachte der Krieger es mit dem Messer in Form und warf es dann der Kuhhirtin zu.
»Ah!«
Sie quietschte kurz, doch Goblin Slayer warf lediglich unbeeindruckt einen halbwegs trockenen Lumpen hinterher. »Polier es.«
»Da... Das?«
»Ich werde noch mehrere herstellen.«
»J... Ja. Verstanden ... «
Die Kuhhirtin wollte fragen, was mit den Objekten passieren sollte, doch sie schluckte ihre Frage herunter und machte sich an die Arbeit. Ihr Kindheitsfreund schlug weiter Stücke aus dem Eis. So verging einige Zeit und als die Kuhhirtin sich fragte, wie viele der Eisobjekte sie wohl schon poliert hatte, hob der Krieger schließlich seinen Kopf.
»Der Schneesturm hat sich gelegt.«
»Ja, stimmt ...«
Die Kuhhirtin blinzelte und schaute hoch zum Himmel. Hinter den weißen Wolken, die den Himmel verhüllten, konnte man tatsächlich die Sonne schimmern sehen.
»Auf die Würfel der Götter kann man sich nicht verlassen, aber dies ist eine Chance«, sagte Goblin Slayer und hob die von ihr polierten Eisstücke auf. »Ich gehe. Verlass du das Dorf.«
»Was?«
Die Kuhhirtin blinzelte und der Frost, der sich auf ihrem Gesicht gebildet hatte, knisterte.
»Ich werde für Aufruhr sorgen. Sie alle werden ihre Aufmerksamkeit nur auf mich richten. In einem normalen Nest würden ein paar von ihnen fliehen, aber hier ...« Er murmelte etwas über die Beschaffenheit des Dorfes, bevor er nüchtern fortfuhr: »... wird das Monster nicht zulassen, dass sie es tun. Du musst dir also keine Sorgen machen.«
Sie hatte schon geahnt, dass es so kommen würde. Sie sollte flüchten, er würde kämpfen und sie alle töten - wie immer.
»Ja ...«, antwortete die Kuhhirtin.
»Ich gehe heim und kümmere mich um eine warme Mahlzeit.«
»Ja«, antwortete er und ging zurück in Richtung Dorf.
Seltsamerweise waren seine Schritte nicht im Schnee zu hören. Die Kuhhirtin schaute ihm nach und wusste nicht, was sie sagen sollte. Was würde sie ihm mitgeben können, ohne ihn damit zu belasten? Viel Erfolg vielleicht?
»Du wirst doch heimkommen, oder?«, fragte sie schließlich in einem Tonfall, der kaum gegen den Wind ankam.
Der Krieger ging jedoch wortlos weiter. Wahrscheinlich hatte er sie nicht gehört und daran konnte sie jetzt nichts mehr ändern. Die Kuhhirtin rieb sich kurz die Augen, nickte und drehte sich um. Sie musste fliehen. Sie musste irgendein Dorf erreichen und um Hilfe bitten. Sie wollte sich gerade aufmachen, als sie eine Stimme erreichte.
»Ich habe nicht vor, zu verlieren.«
Die Stimme war nur schwer zu hören, doch es waren seine Worte. Goblin Slayers Worte. Die Lage war wie immer, er war wie immer.
Meine Güte ... Er hat echt keine Ahnung, wie ich mich fühle.
Die Kuhhirtin seufzte, aber ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Sie lief los. Nachdem er mit seinen Leuten auf dem Dorfplatz Stellung bezogen hatte, wurde die Laune des Ogers mit jeder Sekunde schlechter.
»GOROGB!«
»GGOBOGGGR!!«
»GGOBOGGGR!!«
Das kreischende Lachen der Goblins, die sich nach Lust und Laune an den Gefangenen vergingen, kratzte ihm in den Ohren. Nur die wütenden Blicke, die er den kleinen Teufeln immer wieder zuwarf, hinderten sie wohl gerade daran, die Gefangenen umzubringen. Und auch in diesem Moment musste er wieder zu ihnen schauen, denn sie schwangen mordlustig ihre Klingen durch die Luft.
So ein Mist. Sie sind wirklich nur als Fußsoldaten zu gebrauchen. Wahrscheinlich folgten sie ihm nur, weil er ihnen Furcht einjagte, und verfluchten ihn innerlich.
Die Viecher lassen sogar Kobolde gut aussehen. Auch wenn der Oger die hundsköpfigen Tiermenschen verachtete, waren sie ihm in diesem Moment lieber als die Goblins. Er dachte darüber nach, dass Goblins als Höhlenbewohner vielleicht auch gar nicht für die Arbeit über der Erde geeignet waren. Aber was sollte er jetzt tun? Er hatte keine andere Wahl, als sich darauf zu verlassen, dass die kleinen Teufel tun würden, was er von ihnen verlangte. Und überhaupt nagte auch noch etwas ganz anderes an ihm.
»Wo ist dieser Abenteurer? Die Zeit ist gleich abgelaufen!«
Der Oger schaute hoch in den Himmel und sah die verhasste Sonne, die ihm in den Augen brannte. Er wusste nicht, was die Eishexe und ihre groß gewachsenen idiotischen Diener auf dem Berg trieben, aber der Schneesturm hatte sich gelegt und darüber war der Oger alles andere als erfreut.
Jeder einzelne ... Wirklich jeder einzelne von ihnen ...
»GOBGR! GOOBOGR!«
[/JUSTIFY]»Du nervst!«Wahrscheinlich wollte er sich nach dem Befinden seines Herrn erkundigen, aber der kleine Teufel, der sich dem Oger vornübergebeugt näherte, wurde von diesem einfach weggetreten. Dabei ließ er einen Krug fallen. Diesen hob der Anführer auf und weil er mit einem Deckel verschlossen war, schüttelte er ihn. Das dabei entstehende plätschernde Geräusch ließ ihn vermuten, dass das Gefäß Alkohol enthielt. Kurzerhand schüttete er sich die Flüssigkeit in den Hals.
»Kommt der Abenteurer noch immer nicht ...?«[/JUSTIFY]
»GOBBG ...«
»Hat er sich etwa versteckt?«
Der Oger ignorierte die unterwürfigen, aber auch verachtenden Blicke der Goblins und warf den leeren Krug weg. Die Zeit war so gut wie abgelaufen, was nur bedeuten konnte, dass der Abenteurer ein Angsthase war. Aber er würde ihn nicht entkommen lassen. Er würde hier alles erledigen und dann die Stadt angreifen, wo er ihn sicherlich finden würde. Dann würde er ihn brechen. Er würde all seine Bekannten und Freunde vor seinen Augen vergewaltigen und dann fressen. Währenddessen würde er ihm solche Schmerzen zufügen, dass er am Ende darum betteln würde, sterben zu dürfen. Einen Knochen nach dem anderen würde er ihm brechen und in jedem seiner Schreie nach Rettung würde der Todeswunsch stärker zu hören sein. Der Oger schleckte sich über die Lippen, schnappte sich seinen Kriegshammer und erhob sich.
»Es sieht ganz so aus, als hätte er euch im Stich gelassen.«
Die Reaktionen der gekreuzigten Frauen fielen schwach aus. Nur leise Ahs und Ohs kamen aus ihren zitternden Mündern. Doch der Oger bemerkte ganz genau, dass der letzte Hoffnungsschimmer in ihren Augen erstarb. Allerdings war es - wie bei allen anderen Menschen auch - damit für sie noch nicht vorbei. Selbst wenn sie aufgegeben hatten und sterben wollten, würde ihr Ende kein einfaches sein. Der Oger schnaubte überheblich und hielt dabei den Kriegshammer mit beiden Händen fest.
»Wer von euch möchte zuerst sterben? Zumindest diese Entscheidung überlasse ich euch.«
Natürlich wollte er keine von ihnen schmerzfrei töten. Die Frauen sahen sich an. Sie beiden wollten schnell von ihrem Leiden erlöst werden, doch keine wollte vor der anderen sterben.
»Was denn? Könnt ihr euch nicht entscheiden?«
Der Oger musste aufgrund des erbärmlichen Anblicks erneut erfreut schnaufen. Er bewegte sein Kinn und erteilte den Goblins damit einen Befehl.
»GBOORG!«
»GBG! GOORGB!«
»GBG! GOORGB!«
Die Unzufriedenheit der Goblins verflog und jetzt lag ein dreckiges Grinsen auf den Gesichtern der kleinen Biester. Sie machten sich daran, die Frauen zu umzingeln. Eines der Opfer stieß einen befremdlich klingenden Schrei aus.
»Wenn ihr euch nicht bald entscheidet, dann lasse ich die Goblins wählen. Der Anblick eurer Leichen wird sicher dafür sorgen, dass der Abenteurer ... «
Plötzlich war das Knirschen von Schritten im Schnee zu hören.
»...?!«
Die Goblins schienen es nicht zu bemerken, aber der Oger und die Frauen schon. Ein schwarzer Schatten näherte sich. Er kam zwischen den zerfallenen Häusern des Dorfes auf sie zu. Eine dreckige Lederrüstung und ein billiger Eisenhelm. An der Hüfte hing ein mittellanges Schwert und um den Arm war ein kleiner Rundschild gebunden. Es war der Abenteurer.
Der soll meinen Bruder getötet haben? Und was ist mit der Frau, die ihn begleitet?
»Nun ja, was verlasse ich mich auch auf die Berichte von Goblins?«, murmelte der Oger und machte sich dazu bereit, den Goblins den Angriffsbefehl zu erteilen.
»Dass du es wagst, allein zu kommen. Du bist etwas spät, aber das werde ich dir verzeihen.«
Der Mann sagte nichts, weshalb der Oger sich fragte, ob er Angst hatte.
»Ich bin anders als du. Wenn ich wollte, könnte ich die Geiseln als Schutzschild nehmen, um dich zu töten, aber das werde ich nicht tun.«
Langsam hob der Oger seinen Kriegshammer. Dann streckte er ihn dem Abenteurer entgegen.
»Ich gebe dir eine Chance, dich zu wehren. Weil es dir gelungen ist, meinen Bruder zu bezwingen, werde ich dafür sorgen, dass du einen ruhmvollen Tod erfährst!«
»Ich weiß nicht, wieso, aber du scheinst etwas misszuverstehen«, antwortete der Abenteurer seelenruhig.
»Ihr seid es, die hier sterben werdet. Ich bin der Slayer.«
»Genug mit dem Geheule, Abenteurer!«
Der Oger gab den Befehl und die Goblins griffen an. Goblin Slayer zog sein Schwert und stürzte sich in den Strudel des Kampfes.
***
»O... Oh!«
»GOROGB?!«
Goblin Slayer trennte mit einem Schwertstreich die Nase eines Goblins ab. Aus der Wunde spritzte dickes schwarzes Blut heraus, während der Abenteurer das Monster einfach zur Seite trat.
»GOROOOGB!«
»Hrmpf!«
Der nächste Gegner, der angesprungen kam, wurde von dem Schild des Abenteurers zurückgeschlagen.
»GORGGB?! GOOORGB?!«
Der scharfe Rand des Schildes traf den Goblin so, dass seine beiden Augen zerplatzten und er unter Schmerzen zurückwich. Die ersten beiden Goblins waren noch am Leben, doch mit diesen Wunden würden sie es nicht mehr lange machen.
»...«
Goblin Slayer schüttelte kurz das Blut der Goblins von sich
und ging wieder in Kampfstellung.
»GOROO ...!«
»GBGR ... GBBG!«
»GBGR ... GBBG!«
Die restlichen Goblins knurrten, aber wichen einige Schritte zurück. Sie konnten es nicht glauben. Er war allein und sie waren so viele. Außerdem war der Oger auf ihrer Seite. Wieso also schien er keine Angst zu haben und verfiel nicht der Verzweiflung wie alle anderen Abenteurer es sonst taten? Goblins hielten alle anderen Wesen für Trottel und deshalb verwirrte es sie jetzt, dass dieser Abenteurer sich nicht wie ein solcher verhielt. Aus Angst verdrängten sie grundsätzlich den Gedanken an eine potenzielle Situation wie diese, denn furchtlose Goblins existierten in dieser Welt nicht. Wieso sonst genossen sie es so sehr, andere zu besiegen, zu peinigen und zu berauben?
»GOORGBB!«
Goblin Slayer kümmerte sich nicht um einen möglichen Angriff von hinten und rammte seine Klinge in den Magen eines Goblins. Während seine Eingeweide herausquollen, brach der kleine Teufel heulend zusammen. Der Krieger machte im Anschluss noch einen Schritt nach vorne und sorgte damit dafür, dass die Goblin menge weiter zurückwich.
Es hatte aufgehört zu schneien. Das reine Weiß, dass die Überreste des Dorfes bedeckt hatte, färbte sich deshalb nach und nach rot.
»GOBR ...«
»GBBBRG ...«
»GBBBRG ...«
Die Goblins warfen sich ängstliche Blicke zu. Sie hatten ihn einfach gemeinsam übermannen wollen, doch jetzt wussten sie nicht, wer sich als Nächster auf ihn werfen sollte. Verschlagen schoben sie sich hin und her. Keiner wollte den Anfang machen.
»Was zögert ihr?!«
Einer der kleinen Teufel, der weit entfernt vom Abenteurer neben dem Oger gestanden hatte, wurde von dem Kriegshammer des Biestes zerquetscht. Anschließend schwang dieser wild seine Waffe, um sie von Blut und Fleischklumpen zu befreien, und schrie:
»Wenn ihr euch nicht um ihn kümmern wollt, dann helft mir wenigstens, mich aufzuwärmen!«
Das Blut des Ogers kochte und in seinen Augen loderte die Kampfeslust.
»GGOORG!!«
»GOR! GGOOBOG!«
»GOR! GGOOBOG!«
Die Goblins fühlten sich plötzlich umzingelt und eingeengt und an all dem war der Abenteurer schuld. Sie starrten ihn an und dieser witterte in diesem Moment seine Chance.
»Ihr Narren«, rief Goblin Slayer, hielt sein Schild hoch und stürmte los.
Weil er schwerer und größer als die Goblins war, konnte er locker einige von ihnen wegstoßen und trampelte anschließend über sie hinweg. Man hörte immer wieder das Geräusch von brechenden Knochen.
»GOOBG?!«
»GRGG?! BGO?!«
»GOOROGOGO!«
»GRGG?! BGO?!«
»GOOROGOGO!«
»Einer!«
»GOOBG?!«
Goblin Slayer stieß sein Schwert in die Kehle eines kleinen Teufels, der das Pech hatte, ihm in jenem Moment am nächsten zu sein. Während der Goblin röchelnd an seinem eigenen Blut erstickte, lachten seine Artgenossen ihn aus und witterten ihre Chance, den Abenteurer anzugreifen. Ein Goblin holte mit seinem Knüppel aus ...
»GOR?!«
»GBBGR?!«
»GBBGR?!«
... und traf damit einen Artgenossen hinter sich, der den Vordermann dafür wütend umtrat. Dieser stach mit seinem Breitschwert einem Nachbarn in die Schulter, der dann vor Schmerz aufheulte und um sich zu schlagen begann.
»Hrmpf!«
»GOOBOGR?!«
In der Zwischenzeit war Goblin Slayer bereits fast bis zu den letzten der ihn umzingelnden Goblins gelangt. Während die Goblin Leiche weiterhin auf seinem Schwert steckte, schwang er es in einem kräftigen Ruck herum und ließ den toten Körper davonfliegen, der dann einige der kleinen Teufel umwarf. Diesen Moment nutzte der Krieger, um einem Goblin ins Gesicht zu schlagen, ihm die Waffe von der Hüfte zu klauen ...
»GRGB?!«
»Zwei!«
... und ihm in den Hals zu rammen. Diese Leiche nutzte der Abenteurer dann als Trittbrett und sprang. Dabei achtete er darauf, weder besonders hoch noch weit zu springen, denn in der Luft war er leicht zu erwischen.
»GOOG?!«
»Damit sind es drei!«
Er landete auf einem weiteren Goblin und zertrümmerte ihm das Genick. Doch es waren noch mehr als genug übrig. Die kleinen Teufel drängten an ihn heran, während sie ihre Waffen gegeneinander schlugen, sich beschimpften und stritten. Goblin Slayer griff mit einem Fußfeger an.
»GOBGR?!«
Ein Goblin fiel nach hinten um, aber seine Kameraden rückten weiter näher. Was geschah also mit ihm?
»GR! GOROOGB?!«
»GOBB?!«
»GOBB?!«
Natürlich wurde er platt getrampelt, doch die Trampelnden
gerieten dabei aus dem Gleichgewicht.
»GOROG?!«
»GOOBGGG?!«
»GOOBGGG?!«
Stolpern, trampeln, winden, wüten und andere mit hineinziehen. Mehrere der Goblins fielen um. Goblin Slayer rannte los und ließ das Chaos hinter sich.
»GOOB?!«
Im Vorbeilaufen stahl er einem Goblin dessen Knüppel.
»Hey, ihr kleinen Teufel! Ihr seid immerhin in der Überzahl! Wie lächerlich!«
Während er die wütenden Schreie des Goblin Anführers in der Ferne hörte, zertrümmerte er den Schädel des vierten seiner Gefolgsleute.
»GOBBG?!«
Der Krieger drehte sich schnell um und warf den Knüppel mit aller Kraft. Damit riss er einen Goblin von den Beinen, der in seine Artgenossen hineinfiel. Goblin Slayer hob den vom Gegner fallen gelassenen Speer auf und warf ihn.
»GOBBGRRG?!«
Das Geschoss traf einen der kleinen Teufel an der Brust und auch dieser fiel taumelnd in seine Kameraden. Goblin Slayer schnappte sich immer wieder die Waffen der besiegten Gegner und nutzte sie, um die Bewegungen der restlichen kleinen Teufel ins Stocken zu bringen. Dabei musste er nicht gesondert zielen, denn irgendeinen Goblin würde er immer treffen. Der Krieger hatte Glück, dass kein Goblin Lord anwesend war, der die Goblins ordentlich befehligte, denn so konnte er sie selbst hier auf freiem Feld gut kontrollieren.
»GOOGG?!«
»Damit sind es zwölf!«
Die Gegner verletzten sich immer wieder gegenseitig, wurden immer wütender und bekamen gleichzeitig immer mehr Angst. Chaos machte sich breit und in diesem wilden Durcheinander gelang es Goblin Slayer, komplett aus seiner Umzingelung auszubrechen.
»Abenteurer!«
Doch außerhalb des Ringes aus Goblins wartete das gewaltige Monster auf ihn. Der Krieger blieb nicht stehen, sondern rannte weiter wie ein von der Elfe abgeschossener Pfeil. Dabei betrachtete er den Anführer der Goblins. Er war mit einem prächtigen Hammer bewaffnet, der sicherlich schon vielen Wesen das Leben geraubt hatte. Er schimmerte im vom Schnee reflektierten Licht. Ein Treffer damit würde sicherlich ausreichen, um den Abenteurer zu töten. Anders als beim Kampf mit dem anderen Oger war hier nicht davon auszugehen, dass er einen Schlag des Gegners überleben würde. Der Krieger selbst hatte einen Knüppel, einen kleinen Rundschild und die verschiedensten Gegenstände in seiner Tasche.
Kein Problem, dachte sich Goblin Slayer und beschleunigte seinen Schritt.
»Stiiiirb!«, schrie der Gegner und ließ seine Waffe herab rauschen.
Er hatte vor, den Abenteurer mit einem Schlag zu zerquetschen, und als der Hammer einschlug, flog mit Schmutz gemischter, bräunlicher Schnee in die Luft. Er hatte den Krieger um Haaresbreite verfehlt und nun steckte der Hammer direkt vor Goblin Slayer in der Erde.
Naiv!
Der Abenteurer nutzte den Moment und stürzte los. Mit dem Hammer als Trittbrett sprang er in die Luft.
[/B]«[/CENTER]Hrnngh!![/B]«[/CENTER]Der Oger war außer sich, dass der Krieger es gewagt hatte, seine Waffe als Absprungbrett zu nutzen. Er fasste sie, so fest er konnte, um sie hochzureißen und den Abenteurer zurückzuschlagen, doch dieser war gar nicht auf ihn zugesprungen. Nachdem er gelandet war, war er nämlich in eine andere Richtung gerannt. Ihn interessierte nicht im Geringsten, was das Monster, dessen Namen er nicht kannte, empfand und er steuerte auf ein neues Ziel zu.
»Ah ...«
»Du lebst also noch.«
Goblin Slayer stand vor einer der gekreuzigten Frauen. Hinter ihm grölten die Goblins und der Oger. Er hatte keine Zeit.
»Es wird wehtun, aber dann ist es vorbei.«
»Ah ..«
Die Frau nickte und Goblin Slayer zog sie fast schon emotionslos von dem Holz herunter.
»U... Ah?!«
Ihr Fleisch zerriss und die Frau zappelte vor Schmerzen, doch Goblin Slayer ließ sich davon nicht beirren. Er legte sie sich auf die Schulter, um direkt darauf zur Seite zu springen.
»Du Schuft! Wenn du noch Zeit hast, um die Gefangenen zu retten, ist dir der Kampf wohl zu einfach!«
Der Oger schlug den Kriegshammer auf den Boden und heulte mit einem wilden Grinsen auf, als könnte er damit jemanden töten.
»Das stimmt so nicht«, rief Goblin Slayer mit tiefer Stimme, zog etwas aus seiner Tasche und warf es dem Oger ins Gesicht.
»Gaaargh?!«
Das Geschoss traf den Oger an der Wange und eine Wolke aus rotem Staub bildete sich. Sofort begann der Koloss zu schreien und hielt sich schwankend das Gesicht. Er war von einem Blendemittel aus Pfeffer und Exkrementen getroffen worden, das der Krieger in eine Eierschale gefüllt hatte. Egal, gegen wen oder was man kämpfte - Augen, Mund und Nase waren häufig Schwachstellen.
»Solche hinterhältigen Tricks ... bringen nichts!«
Er wurde unterschätzt. Es wurde über ihn gelacht. Es war fast, als würde er von Goblins angegriffen. Wild schwang der Oger seinen Hammer durch die Luft.
»GOROOGB?!«
»GOB?! GOGR?!«
»GOB?! GOGR?!«
Er spürte, wie seine Waffe auf Fleisch einschlug, aber leider traf er nur Goblins, die der Abenteurer dorthin geschubst hatte, wo er gerade noch gestanden hatte. Jetzt war der Krieger schon auf dem Weg zu der nächsten gekreuzigten Frau, doch weil er noch die erste auf der Schulter hatte, kam er nicht sonderlich schnell voran. Dies war allerdings gerade kein Problem für ihn, weil der blind wütende Oger dafür sorgte, dass die Goblins nicht an ihm vorbei zurennen versuchten.
»Wir gehen.«
»J... Ja«, antwortete die zweite Frau tapfer und biss die Zähne zusammen, um ertragen zu können, dass auch sie vom Holz gerissen wurde.
Damit waren die Gefangenen befreit. Goblin Slayer trug die beiden wie Fässer auf seiner Schulter. Seine Bewegungen waren langsamer und er hatte nur eine Hand frei. Er konnte keine Waffe schwingen. Wenn es zum Kampf kommen sollte, würde er sicher verlieren. Er hätte die beiden Frauen nicht retten müssen, aber diese Option war für ihn gar nicht in Frage gekommen. Wenn er wählen müsste, etwas zu tun oder es zu unterlassen, würde er es stets tun. Sein Meister hatte es ihn so gelehrt.
»Törichter Abenteurer ... Willst du etwa so sterben?«
Der Oger hatte seine Sicht wiedererlangt und fletschte wie ein Haifisch seine Zähne. Menschen waren Narren. Zwar nicht so große wie Goblins, aber sie waren es dennoch. Es war egal, ob sie es aus emotionalen Gründen oder im Namen der Ehre machten, aber ständig wollten sie Geiseln retten. Natürlich gab es hin und wieder welche, die es nicht taten, aber diese wurden im Namen der Ordnung als Ganoven verbannt. Der Abenteurer vor ihm war keiner von der letzteren Sorte, das wusste er. Für ungläubige Charaktere wie den Oger gab es nichts, was ihnen mehr Freude bereitete, als Wesen wie den Krieger in Verzweiflung untergehen zu sehen.
»In Ordnung. Du hast es so gewollt. Ich werde dich vor den Augen der Frauen umbringen. Wirklich schade. Die Rettung war dämlich ... «
Der Oger begann auf ihn zu zumarschieren, aber Goblin Slayer sagte nichts. Er schaute einfach hoch zum Himmel. Hinter weißen Wolken konnte er bereits die Sonne leuchten sehen. Sie hatte gerade erst den Zenit überschritten und selbst zu dieser Jahreszeit strahlte sie zu diesem Zeitpunkt am hellsten. Auf diesen Moment hatte er gewartet.
»GGBBOOR?!«
Ein Goblin schrie verwirrt auf und brachte mehrere von ihnen dazu, ihre Gesichter ebenfalls dem Himmel zuzuwenden. Dort war Rauch. Er stieg auf. Der Wind trug Hitze zu ihnen herüber und rote Zungen schlängelten sich in die Höhe. Feuer.
»GROG?!«
»GGOOBOR?!«
»GGOOBOR?!«
»Was?!«
Dem Oger fehlten die Worte. Das Dorf stand in Flammen. Er ignorierte, dass die Goblins sich gegenseitig die Schuld für das Feuer in die Schuhe schoben, und sein Griff um den Hammer wurde so fest, dass es knirschte.
Hat der Kerl etwa Handlanger?
»Wer würde denn gegen Gegner wie euch einen fairen Kampf wollen?«, warf der Krieger dem Oger an den Kopf.
Der Wind trug den Rauch auf den Platz, auf dem sie sich befanden, und behinderte die Sicht. Goblins konnten zwar im Dunkeln sehen, aber in diesem Rauch waren auch sie hilflos. Der Oger hätte nicht wissen können, dass Goblin Slayer die mit der Kuhhirtin hergestellten Eisstücke überall im Dorf verteilt hatte. Er hätte nicht wissen können, dass der Abenteurer eine Falle vorbereitet hatte. Wenn das Licht durch das Eis gebündelt wurde, wurde es heiß genug, um ein Feuer zu entfachen, und selbst im Schnee konnte trockenes Holz gut brennen. Goblin Slayer, der erfahren darin war, Goblins die Sicht zu nehmen, wusste das nur zu gut.
»Ich weiß nicht, was du für ein Monster bist, aber ...«
Die Goblins begannen panisch zu schreien und der Oger zitterte vor Zorn. Rauch, Asche und Funken flogen durch die Luft. Als er durch eine Lücke im Rauch kurz zu sehen war, beendete der Abenteurer seinen Satz.
»... ich werde alle Goblins töten.«
***
Während der Rauch der vielen Feuer in den Himmel aufstieg, rannte Goblin Slayer mit den Frauen auf den Schultern herum.
»GOORGB!«
»GB! GOR!«
»GB! GOR!«
Wiederholt war das Geschrei der Goblins und auch des Ogers zu hören, der mit seinem Hammer immer wieder gegen Häuserruinen schlug. Jeder Schlag macht Rumms und sorgte dafür, dass die Körper der Frauen sich verspannten, doch Goblin Slayer hielt nicht inne. Jetzt war jede Sekunde wichtig. Er musste diese Gelegenheit nutzen. Der Krieger griff in seine Tasche und holte kleine spitze Steine hervor, die er hinter sich warf.
»GOORGB?!«
»GGBB?!«
»GGBB?!«
Goblins, die sich in der Nähe befanden, aber den Krieger noch nicht erblickt hatten, traten hinein und schrien auf. Mit verletzten Füßen würden sie nicht vor den Flammen fliehen können. Sicher, dass er mit den Steinen das Schicksal einiger Goblins besiegelt hatte, warf er einige weitere in eine unbestimmte Richtung. Es gab ein lautes metallisches Klimpern.
»GGOOBR!«
»GORB! GGBRO!«
»GORB! GGBRO!«
Mehrere Goblins schrien auf und liefen zur Quelle des Geräuschs. Goblin Slayer zog einen Dolch und warf ihn in die Richtung.
»GOOBRG?!«
Einer der kleinen Teufel schrie vor Schmerz auf. Ausgehend von der Höhe, in der der Krieger den Dolch geworfen hatte, hatte er ihn wahrscheinlich in der Kehle getroffen. Goblin Slayer war daran gewöhnt, gegen Gegner zu kämpfen, die er nicht sehen konnte, aber Goblins waren es nicht. Niemals hätten sie sich ausmalen können, dass sie sich mal in so einer Lage befinden würden. Es gibt keinen Grund, dem Gegner nicht seinen Vorteil zu stehlen. Goblin Slayer war zufrieden mit dem Ergebnis seiner Vorbereitungen und machte sich auf den Weg zu dem Brunnen. Dort angekommen sagte er zu den Frauen:
»Ich werde euch dort drin verstecken.«
»Wie ...?«, erwiderte eine Frau ängstlich, doch der Abenteurer versicherte ihr, dass sie keine Angst haben müssten, und steckte ihnen jeweils einen Ring an.
»Damit werdet ihr unter Wasser atmen können und hier werden die Goblins euch nicht finden. Wartet, bis es ruhig geworden ist.«
»J... Ja.«
Goblin Slayer ließ die beiden Frauen mit dem Brunneneimer ins Wasser herab. Bei jeder Frau waren dumpfe Platschgeräusche zu hören, aber zum Glück befanden die Goblins sich gerade nicht in der Verfassung, dies zu bemerken.
Gut ...
Sobald die Kuhhirtin irgendwo Bericht erstattet hatte, würden Abenteurer kommen und diese würden sicher nicht töricht genug sein, um nicht nach überlebenden zu suchen. So würden die Frauen gerettet werden, selbst wenn er sterben sollte.
»Hmpf...«
Goblin Slayer brummte. Er könnte sterben. Es musste nicht noch extra erwähnt werden, dass dies ein möglicher Ausgang war. Der Krieger erinnerte sich an die Gesichter der Kuhhirtin, der Priesterin, der Gilden Angestellten und seiner anderen Kameraden. Bestimmt würden sie traurig sein, wenn er sein Leben verlor. Andere wahrscheinlich auch. Allerdings passierte es immer wieder, dass Abenteurer starben. Sie würden sich wahrscheinlich betrinken, Lärm machen, lachen und dann wieder zum normalen Alltag zurückkehren.
»In Ordnung«, murmelte er.
Mehr konnte er sich nicht wünschen. Er würde wie ein wahrer Abenteurer in Erinnerung bleiben.
»Aber nicht heute!«
Goblin Slayer schüttelte die Vorstellung ab und wandte sich wieder der Realität zu. Man sollte den Tod akzeptieren, aber er hatte nicht vor, hier zu sterben. Er begann mit dem Überprüfen seiner Ausrüstung und überlegte sich anhand seiner Position im Dorf, wie er vorgehen sollte.
»GGBORB!«
»GOROOOBG!«
»GOROOOBG!«
Die Goblin Schreie kamen aus allen Richtungen, aber sie schienen nichts Bestimmtes zu bedeuten. Auch die Stimme des Ogers war zu hören.
»Hast du dir in die Hose gemacht, Abenteurer? Du konntest nur dank deiner feigen Tricks gegen meinen Bruder gewinnen! Du Schwächling!«
»Ganz genau.«
Der Krieger wusste nicht, wen das Monster mit dem Wort Bruder meinte, aber er sah keinen Grund, warum er ihn nicht mit Tricks besiegt haben sollte, und deshalb stimmte er zu. Goblin Slayer hob eine Hand voll Schnee und Schlamm hoch und warf sie in Richtung des Gebrülls. Auf ein klatschendes Geräusch folgte weiteres Geschrei des Ogers.
»Da bist du also!«
»Ganz genau.«
Der Abenteurer wiederholte sich, drehte sich um und begann zu laufen. Er rannte und schnitt wie eine scharfe Klinge durch den Rauch. Dabei hatte er nur ein Ziel. So langsam war klar, dass die Goblins und dieses Monster den Aufbau des Dorfes nicht verinnerlicht hatten, denn sie rannten dem Abenteurer blind hinterher.
Sie sind wirklich Narren, dachte sich Goblin Slayer und plötzlich lichtete sich der Rauch. Er befand sich auf einer weiten freien Fläche, auf der sich der Rauch verflüchtigte. Der Oger, der kurz darauf den Bereich betrat, blinzelte und erkannte, dass der Abenteurer direkt vor ihm stand. Eine dreckige Lederrüstung und ein billiger Eisenhelm. Ein mittellanges Schwert und ein kleiner Rundschild. Selbst Abenteurer-Anfänger besaßen meist schon bessere Ausrüstung. Was für ein erbärmlicher Mann.
»Was ist mit den Frauen, Abenteurer?!«
Goblin Slayer antwortete nicht, sondern wich ein wenig zurück. Der Oger deutete dies als Ausdruck von Angst und grinste breit.
»Sie waren nur eine Last und du hast sie weggeworfen, oder? Wie lächerlich!«
Aus dem Helm des Abenteurers ertönte ein tiefes Brummen. Währenddessen strömten immer mehr Goblins heran und umringten ihn. Es waren noch mehr von ihnen übrig, als der Abenteurer gedacht hatte. Deshalb rutschte Goblin Slayer noch einmal ein wenig zurück. Der Oger und die Goblins folgten ihm.
»GOOBORG!«
»GGBRG!«
»GGBRG!«
Die kleinen Teufel begannen zu kichern und zu flüstern. Sie waren der Überzeugung, dass dies das Ende des Abenteurers wäre und sie eine Belohnung erhalten würden. Von jetzt an würde alles reibungslos verlaufen. Aber vorher galt es, dem Abenteurer noch etwas Leid anzutun. Der Kopf wäre ideal, um zu beweisen, wie viel sie geleistet hatten, aber auch mit ein, zwei Fingern würden sie sich zufriedengeben ... Und wenn sie nichts davon abbekamen, mussten sie es halt ihren Kameraden stehlen.
»...«
Goblin Slayer streckte sein Schwert nach vorne und untersuchte die Umgebung. Der Kreis, den die Goblins um ihn gezogen hatten, wurde immer enger. Falls sie sich gemeinsam auf ihn stürzen würden, wäre das sein Ende. Goblin Slayer machte einen weiteren Schritt zurück, um dann zu bemerken, dass sich die Umzingelung vor ihm öffnete und der Oger nach vorne trat. Bedrohlich schwang er seinen Kriegshammer durch die Luft, um dem Abenteurer klarzumachen, was sein Schicksal sein würde.
»Du kleiner dreckiger Abenteurer ... Mach dich bereit! Ich werde dich wie einen Sargnagel in die Erde schlagen!«
»Ich möchte dich etwas fragen«, entgegnete Goblin Slayer mit tiefer Stimme. Er fuhr mit seiner freien Hand in die Tasche und packte etwas. »Hat dein Bruder wie du nur dumm seine Waffe herum geschwungen oder hatte er auch andere Fähigkeiten?«
»...??!«
Der Oger verstand nicht wirklich, worauf der Abenteurer hinauswollte, aber er merkte, dass er sich über ihn lustig machte. Wütend riss er die Augen auf.
»Wenn er nichts weiter konnte, dann weiß ich, wer er war.
Unter der Stadt des Wassers gab es so einen gewaltigen Goblin. Wobei ... Du bist ja gar kein Goblin ... «
»D... Duuuuuu!«
Der Kriegshammer raste durch die Luft und nur ein schneller Satz nach hinten rettete Goblin Slayer das Leben. Eis und Schnee flogen herum.
»Für einen schwächlichen Abenteurer wie dich wollte ich sie eigentlich nicht einsetzen, aber ...!« Der Oger streckte einen Finger in die Höhe und sprach Worte der Macht.
»Carbunculus ... Crescunt ... «
Der Krieger erkannte, dass sich phosphoreszierendes Licht um den Finger bildete, welches sich entzündete und zu einer Kugel aus Flammen heranwuchs. Die Flammen waren zuerst rot, dann blau und schließlich blendend weiß. Währenddessen begannen der Schnee und das Eis in der Umgebung zu schmelzen und Dampf entstand. Goblin Slayer ging in die Knie und schaute zu dem Oger. Das Licht, das von seiner Flamme ausging, war nichts gegen das Licht der Priesterin.
»... Iac ... Was ... Hä?!«
Der Oger hatte gerade den Feuerball werfen wollen, als plötzlich der Boden unter ihm nachgab und das Geschoss aus Magie in die falsche Richtung flog. Er war dabei zu versinken. Mit weit aufgerissenen Augen schaute sich die Bestie um und erkannte, dass auch die Goblins eingesackt waren.
»GBOORGB?!«
»GOBR?! GOORGB?!«
»GOBR?! GOORGB?!«
Strampelnd ertranken sie. Wie konnte das sein? Dann bemerkte der Oger die eisige Kälte, die ihn packte. Nein, ich stand gar nicht auf festem Boden! Wir standen auf gefrorenem Wasser!
»A... Abenteu ...rer!«, schrie die Bestie und suchte mit ihrem Blick nach dem Krieger, doch konnte ihn nicht finden.
»Ga... Aaaaargh!«
Der Kriegshammer, der der Bestie immer so treu gedient hatte, zog sie nun hinab in die Tiefe. Unter Wasser konnte der Oger sehen, wie die Goblins mit ihm zusammen immer weiter in die Dunkelheit sanken. Goblin Slayer schaute dem Geschehen vom Rand des Sees aus zu. An seinem Finger glitzerte ein Ring der Atmung, der ihm das Leben gerettet hatte. Er hatte sich schnell in das Loch geworfen, das er bereits vorher geöffnet hatte, und war davon geschwommen, ohne in dem ganzen Trubel in Schwierigkeiten zu geraten. Dem Krieger war egal gewesen, ob die Bestie Magie verwenden oder mit roher Gewalt ein Loch ins Eis schlagen würde. Er hatte es geschafft, alle Gegner auf einen Schlag zu erledigen …
Aber nein, es konnten noch ein paar Goblins im Dorf sein.
Goblin Slayer griff nach einem Gewächs am Ufer und zog sich daran an Land. Er blieb kurz auf allen vieren, bevor er sich auf den Rücken drehte, um durchzuatmen. Sein Körper fühlte sich unnatürlich schwer an. Er musste erschöpft sein und die Kälte trug wahrscheinlich auch ihren Teil dazu bei.
»...«
Schwankend stand der Krieger auf. Er wollte sich eigentlich nicht mehr bewegen, aber er musste weitermachen und deshalb tat er genau das. Es ging nicht darum, ob man etwas konnte, es ging darum, ob man etwas tat.
Er hatte nicht die Gelegenheit gehabt, die Goblins zu zählen, und deshalb wusste er nicht, wie viele von ihnen noch übrig waren. Trotzdem stand eines fest: Er musste sie alle erledigen. Denn er war Goblin Slayer.
»Dann weiter ...«
Der Krieger sah, dass noch immer Rauch aus dem Dorf aufstieg, und immer wieder waren auch die Schmerzensschreie von Goblins zu hören. Die Frauen waren in ihrem Versteck sicher, aber er wollte sie nicht zu lange warten lassen. Es reichte schon, dass seine Kindheitsfreundin immer auf ihn warten musste.
Wie hieß dieses Monster noch mal ...?, fragte sich Goblin Slayer, doch er war so erschöpft, dass er diese Worte noch nicht einmal mehr ordentlich hätte aussprechen können. Egal ... Verglichen mit Goblins war er ...
»A... ben ...teurer!«
Eine Wasserfontäne schoss in die Luft. Laut röchelnd war der Anführer der Goblins aus dem Wasser geschossen und stürzte sich jetzt auf Goblin Slayer. Der Krieger konnte nicht wissen, dass der Oger sich mit seiner Waffe auf den Boden hatte sinken lassen und sich von dort abgestoßen hatte. Doch wie der Gegner wieder an die Oberfläche gekommen war, war ihm egal. Er hob den Schild, festigte den Griff um sein Schwert und machte sich bereit zurückzuschlagen. Die Bestie näherte sich und er ... und er ...
»Höchst barmherzige Erdmutter! Schenke uns, die durch die Dunkelheit irren, dein heiliges Licht!«
Ein grelles Licht erstrahlte und für einen Moment war es, als wäre die Sonne auf die Erde herabgestürzt.
»Hrmpf ... Uargh?!«
Es nahm dem Oger die Sicht und Goblin Slayer nutzte erstaunt die Gelegenheit und sprang zurück. Der Kriegshammer verfehlte den Abenteurer um Haaresbreite und schleuderte bei seinem Aufprall Schnee und Dreck in die Luft. Der Krieger stand auf und hörte eine Stimme. Eine Stimme, dessen Besitzer eigentlich gar nicht dort hätte sein sollen.
»Goblin Slayer!«
Es war eine Stimme, in der ein wenig Furcht, aber auch viel Freude mitschwang. Der Krieger schaute in die Richtung, aus der sie gekommen war, und sah seine Kameraden mit einer Art Schlitten auf einem Hang. Das Mädchen befand sich am Kopf der Gruppe und hielt mit wehenden goldenen Haaren seinen Stab in die Höhe. Ihre Wangen waren gerötet.
»Wir... kommen noch rechtzeitig!«
Die Mundwinkel des Kriegers zogen sich unter dem Helm hoch. Er lächelte.
»Ist das ein Schlitten aus einer Wolldecke?«, fragte er.
»Ganz genau«, sagte der Zwerg und rutschte den Hang herunter.
»Das Mädchen hat Wasser über die Decke gekippt und mir gesagt, dass ich Verwitterung wirken soll, damit es sofort gefriert.«
»Werter Goblintöter, du hast sie gut ausgebildet.«
»Wie bitte? Er hat sie doch nicht gut ausgebildet! Orcbolg hat schlechten Einfluss auf sie! Wirklich schlechten!«
Das Gesicht der Priesterin errötete und sie murmelte:
»Was redet ihr denn da ...?«
»Das war ein guter Einfall.«
Goblin Slayer hielt kurz inne, um die richtigen Worte zu finden.
»Du hast mich gerettet.«
»Jawohl!«
Das Grinsen, das sich auf das Gesicht der Priesterin legte, strahlte fast so sehr wie ihr Wunder. »Aber was ist mit ihr ... ? «
Goblin Slayer verstand, dass die Priesterin nach der Kuhhirtin fragte, und nickte.
»Sie ist in Sicherheit. Ich habe dafür gesorgt, dass sie fliehen kann.«
»Das ist gut ... «
Während die Priesterin erleichtert aufatmete, sprang die Elfe zu Goblin Slayer herab. Sie hielt bereits einen Pfeil in ihrem Bogen bereit.
»Das hatte ich mir schon gedacht, aber was ist hier denn los?«
Sie machte ein genervtes Gesicht und starrte den Oger an, der sich ihnen näherte, wobei er sich auf den Kriegshammer stützte.
»Wir haben uns schon so einiges gedacht, aber ein Oger?«
»Oger?«, wiederholte Goblin Slayer grübelnd das Wort.
»So heißen die also.«
»Merk dir so etwas gefälligst!« Die Elfe warf dem Krieger einen finsteren Blick zu.
»Das war der Gegner bei unserem ersten Abenteuer!«
»Abenteuer ...«
Goblin Slayer schaute zu dem Oger und erinnerte sich an den Kampf in jener Ruine. Das war also ein Abenteuer gewesen.
»Ich werde es mir merken ... «
»Sehr gut!«, gab die Elfe zurück und streckte stolz ihre Brust heraus.
»Na, dann ist das hier eine gute Gelegenheit für eine zweite Runde!«, rief der Echsenmensch und stellte ein fröhliches und wildes Lächeln zur Schau.
Der Zwerg kippte sich etwas Branntwein herunter und fragte:
»Was machen wir nun, Bartschneider? Wir haben auch ein Abenteuer hinter uns und sind etwas erschöpft.«
»Ich habe eine Idee ...«
Goblin Slayer hatte immer etwas in seiner Tasche und das galt umso mehr, wenn die anderen dabei waren.
»Wir schaffen es.«
»Ja, wir schaffen es!«
Sofort setzten sich die Abenteurer in Bewegung. Goblin Slayer nahm Kampfstellung ein und neben ihm positionierte sich der Echsenmensch mit kampfbereiter Scharfkralle. Die Elfe machte hinter den beiden eine neue Sehne bereit und der Zwerg steckte eine Hand in seine Tasche mit Katalysatoren. Die Priesterin festigte den Griff um ihren Stab. In dieser Formation hatten sich die Abenteurer schon vielen Gegnern gestellt. Der Oger starrte die Gruppe mit weit aufgerissenen Augen an und rief:
»So ist das also! Ihr ... Ihr wart es!«
»Ganz genau, sagte Goblin Slayer ein drittes Mal.
»Ganz genau!«
Dann stürzte er los.
»Waaargh!«
Dem heran rauschenden Kriegshammer, der von einem Kampfschrei begleitet wurde, wichen die Abenteurer mit geübten Bewegungen aus. An der Tatsache, dass ein Treffer vom ihm tödlich sein würde, hatte sich nichts geändert.
»Was machen wir nun, Orcbolg?!«, rief die Elfe und nahm den Gegner ins Visier.
»Wir bringen ihn zu Fall!«
»Hast du das nicht eben schon gemacht?!«
Als die Worte den Mund der Waldläuferin verließen, flog ein Pfeil von ihrer Sehne und blieb in der Brust des Ogers stecken. Unbeeindruckt schlug dieser den Schaft des Geschosses mit seinem Hammer ab.
»Damit kommst du nicht weit, Elfe!«, brüllte der Oger und schwang seine Waffe nach der Waldläuferin, die mit einem „Ah!“ unter der Attacke wegtauchte.
Die Elfe musste kurz daran denken, dass ein Treffer wohl höchstens ein paar Brocken ihrer Gliedmaßen übrig lassen würde, und wurde blass im Gesicht.
Goblin Slayer rief nüchtern:
»Noch einmal!«
»Ach, Mann! In Ordnung«, antwortete die Elfe und versuchte mit einem Lächeln ihre Unsicherheit zu verstecken.
Sie rannte los und hinterließ dabei keine Fußspuren.
Goblin Slayer wandte sich dem Zwerg zu und fragte:
»Magie?«
»Ich werde noch einen oder zwei Zauber wirken können.«
»Spare dir bitte einen auf.«
»Alles klar.«
Als Nächstes schaute Goblin zur Priesterin, deren Versuche, kräftig zu wirken, nicht verstecken konnten, wie erschöpft sie war. Sie konnte wahrscheinlich keine Wunder mehr wirken.
»Übertrei...«
»... ben werde ich es nicht«, vervollständigte sie seinen Satz mit einem tapferen Lächeln.
»Wenn man es zum Gewinnen lediglich übertreiben müsste, dann könnte man immer siegen.«
»Gut.«
Goblin Slayer nickte und richtete seinen Blick wieder in Richtung des Ogers und der Elfe. Die Waldläuferin rannte, sprang herum und schoss dabei Pfeile auf den Oger ab, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Der Kriegshammer schlug immer wieder gegen die Bäume, durch die die Elfe wie das durch Blätter fallende Licht hüpfte, doch sie ließ sich davon nicht stören.
»Was denkst du?«
»Du hast doch sicher diese eine Legende aus alten Zeiten gehört.« Der Echsenmensch klopfte Goblin Slayer mit dem Schwanz auf die Schulter und verdrehte die Augen.
»Selbst ein gewaltiger Körper kann der Schwerkraft nicht entkommen. Besonders wenn er nur zwei Beine hat.«
»Dann steht es fest.«
Goblin Slayer holte einen Kletterhaken mit Seil aus seiner Tasche hervor und warf das Ende mit dem Haken dem Mönch zu.
»Mach es fest.«
»Am besten an einem Baum mit dicken Wurzeln, oder? Verstanden!«
Goblin Slayer und der Echsenmensch setzten sich in Bewegung und ohne auch nur ein Wort mit ihnen gewechselt zu haben, schien die Elfe zu verstehen, was sie vorhatten. Sie griff mit einer Hand nach oben und bezog mit einer lockeren Drehung Stellung auf dem Baumwipfel.
»Mach mit!«, rief sie der Priesterin zu.
»Ja!«, antwortete diese, wickelte einen Stein in ihre Schleuder und feuerte ihn ab. Es war nicht klar, ob es an ihrem Training oder dem gewaltigen Körper des Gegners lag, aber das Geschoss traf den Oger mitten im Gesicht.
»Lächerlich! Was will ein kleines Mädchen wie du mir anhaben können?!«
»Wie gefällt dir dann dieser Pfeil?!«
Die Elfe zog einen ihrer Pfeile aus dem Köcher und biss auf die aus einer Knospe hergestellte Pfeilspitze. Dann legte sie ihn an und ließ ihn fliegen. Das Geräusch, das die Sehne beim Abschießen von sich gab, erinnerte an ein Instrument.
»Uwargh?!«
In dem Moment, als der Pfeil in den Augapfel einschlagen sollte, brach er mit einem Pamm auseinander. Der Oger riss sein Gesicht zurück.
»Ha ha ha!«
Die Elfe streckte stolz die Brust heraus, während sie weiter hüpfte.
»Du hast sie immer abgeschlagen oder herausgezogen, um dich zu heilen, aber wir Elfen sind clever!«
»Da wäre ich mir nicht so sicher!«, schaltete der Zwerg sich ein. Die Elfe wackelte mit den Ohren und hätte sich am liebsten mit ihm gefetzt, aber dafür war nach dem Kampf noch genug Zeit. Jetzt gerade musste sie ruhig bleiben.
»Orcbolg, jetzt!«
Der Echsenmensch wickelte sein Ende des Seils um einen Baum und machte es fest.
»In Ordnung, werter Goblintöter!«
Der Krieger rannte los und kreiste mehrmals um die Beine des Ogers.
»Oh ...«
Dann packte er sein Ende des Seils, festigte seinen Stand, um nicht umzufallen, und zog mit knirschenden Zähnen so angestrengt, wie sein erschöpfter Körper es erlaubte. Wenn selbst die kleinen Goblins wegen so etwas stolperten, würde der große Oger nicht stehen bleiben können.
»Hngh! Was ist das denn für ein Kinderstreich?!«
Der Oger tat es dem Krieger gleich. Er spannte seine Muskeln an und versuchte, seinen schwankenden Körper aufrecht zu halten, um nicht umzufallen. Dabei wischte er sich die Splitter aus
den Augen. Er hatte genug davon. Anstatt ihnen Schmerzen zuzufügen, würde er sie alle einfach abschlachten.
»Carbunculus ... Crescunt ... «
Der Oger stellte seinen Finger auf, sprach Worte wahrer Macht und an seiner Fingerspitze begann sich Licht zu sammeln. Der Echsenmensch, dem als stärkster Abenteurer der Gruppe die Aufgabe zukam, den Baum festzuhalten, riss die Augen weit auf.
»Ein riesiger Feuerball!!«
»Das habe ich schon mal gehört!«
Die Elfe verzog das Gesicht und versuchte sich zu erinnern.
Hatte der Zwerg damals den Satz gesagt?
»Ich ... komme!«
Die kleinste der Abenteurer kam herangeeilt und stellte sich tänzelnd dem gewaltigen Strudel aus Magie entgegen. Sie festigte ihren Griff um den Stab und riss ihn in die Höhe. Dann fasste sie einen Entschluss und erhob ihre Stimme.
»Höchst barmherzige Erdmutter! Schenke uns, die durch die Dunkelheit irren, dein heiliges Licht!«
Der Oger grinste breit. Er wusste, dass dieses Wunder nur ein grelles Licht erzeugte, und dem könnte er einfach entgehen, indem er die Augen schloss. Eine wiederholte Blendung konnte effektiv sein, aber jetzt war sie kaum mehr als ein Trick. Er schloss seine Augen und drehte sich weg, aber dann ...
»...?!«
... passierte nichts. Der Oger öffnete seine Augen und sah zur Priesterin. Ihr Gesicht war voller Schweiß, aber sie hatte dennoch ein unerschrockenes Lächeln auf den Lippen.
Ganz genau, dachte sich das Mädchen und streckte voller Stolz die Brust heraus. Ich habe nur die Worte des Gebets gesprochen!
»Jetzt!«
»Alles klar!«
Der Zwerg hatte zur Konzentration etwas Branntwein getrunken und formte nun Zauberzeichen mit den Fingern.
»Pixies, Pixies! Ich habe keinen Kuchen, aber bitte euch um einen Streich!«
Feen liebten Streiche und wenn jemand ihnen dazu die Möglichkeit gab, dann eilten sie herbei. In diesem Fall war es auch so. Sie tauchten auf und wirkten „Festhalten“ auf die Beine des Ogers.
»Ga... Aaaargh?!«
[/JUSTIFY]Da ihm die Konzentration geraubt worden war, löste sich der Zauber des Ogers auf, er stürzte und fiel wieder in den See hinein.[/JUSTIFY]»Uwaaah!«
Eine Wasserfontäne schoss in die Luft und Goblin Slayer sprang auf den Oger drauf. Mit der Kehle der Bestie im Visier rief er:
»Lass das Seil los!«
»Aber gerne doch!«, brüllte der Echsenmensch zurück und zerschnitt das Seil mit einer seiner scharfen Krallen. Mit einem lauten Reißen schnappte es zurück und der Oger begann im Wasser zu versinken. In diesem Moment stach Goblin Slayer zu.
»Uwargh?! A...Abenteurer!«
Der Oger wand sich unter Qualen und spuckte schaumiges Blut aus, aber seine Augen flammten wild auf. Er hatte gerade Schaden genommen, aber dieser war noch lange nicht kritisch. Die minderwertige Klinge des Kriegers wäre niemals in der Lage, einem Oger das Leben zu nehmen. Das Monster plante, genauso aus dem Wasser zu springen, wie es das bereits vorher getan hatte, und außerdem schienen den Abenteurern die Tricks auszugehen.
»Versenke ihn.«
»Wa...?«
»Geht schon los!«, rief der Zwerg und wirkte einen weiteren Zauber.
»Gnome, Gnome! Dreht den Eimer! Wirbelt ihn herum! Schleudert ihn fort!«
Von einem Moment auf den anderen fühlte sich der Körper des Ogers schwer an und er versank im kalten Wasser, als wäre er von einer Kette gefesselt.
»Wa... Was ... hast ... d ... du ... getan?! A ... Abenteurer!«
Wasser drang in Nase und Mund des Ogers ein. Er begann zu röcheln und seine Worte wurden unverständlich. Goblin Slayer ließ das Schwert in der Kehle der Bestie stecken und sprang an Land. Der Oger konnte mit seinem Kopf unter Wasser nur noch Schatten erkennen. Egal, wie sehr er auch zappelte, er sank weiter hinab. Die Mischung aus Schlamm und Wasser auf seiner Haut sorgte dafür, dass er keinen Schub bekam. Ob er wohl bemerkt hatte, dass es an Sturzkontrolle lag? Der Oger wollte zurück an Land. Er wollte die Abenteurer brutal zerreißen und natürlich auch atmen können. Eine große Blase stieg aus seinem Mund auf, doch diesen Schrei würde niemals jemand hören.
»Haben wir ihn erledigt?«
Goblin Slayer war so erschöpft, dass er am Ufer zu Boden fiel. Sein Körper fühlte sich an, als hätte jemand Bleigewichte an ihm befestigt. Allein das Atmen war beschwerlich, weswegen er den Drang verspürte, seinen Helm abzureißen, aber das konnte er nicht tun. Hier waren noch Goblins.
»Bitte sehr.«
In diesem Moment wurde ihm ein kleines Fläschchen gereicht.
Er schaute hoch und sah, dass die Priesterin ihn mit müdem Gesicht anschaute.
»Ach«, murmelte Goblin Slayer mit kratziger Stimme.
»Es tut mir leid ... Danke ·.«
»Nicht doch.«
Der Priesterin schoss die Röte ins Gesicht und sie schaute zu Boden.
»Sonst rettest du mich doch immer.«
»Ist das so?«
Goblin Slayer schüttete sich den Trank in den Hals.
»Ja, das ist so«, gab die Priesterin zurück und setzte sich neben ihn.
Wegen des Tranks hatte der Krieger das Gefühl, dass er endlich wieder durchatmen konnte.
»Wir haben gerade im direkten Kampf gegen einen Oger gewonnen.«
Die Elfe schaute auf die kleinen Wellen an der Wasseroberfläche, als könnte sie es noch nicht glauben. Dann drehte sie sich mit wackelnden Ohren zu ihren Kameraden um und grinste.
»Das war eine Kampfleistung, die dem Gold- Rang würdig ist, oder?«
»Vergiss das lieber. Wenn man erst auf dem Rang ist, muss man sich auch um Regierungsangelegenheiten kümmern. Das bringt kein Geld und macht nur Ärger«, gab der Zwerg zurück.
»Ja ...«, murmelte die Elfe enttäuscht.
Sie hatte den spitzen Kommentar des Zwergs anscheinend bereits vergessen.
»Sie ist so simpel gestrickt.«
Der Schamane gönnte sich einen Schluck Branntwein und fuhr sich durch den Bart.
»In der Tat. Ja, in der Tat. Unsere Kräfte mögen auf Goldrang Niveau sein, aber da dieser Rang nur Ärger macht, bleiben wir auf Silber. Ein angenehmes Leben ist auch wichtig.«
Der Echsenmensch zog den im Baum hängenden Haken heraus und verdrehte vergnügt die Augen. Das Seil war zwar zerschnitten, aber der Haken war noch zu gebrauchen. Es gehörte zum Abenteurerdasein, dass man nicht verschwenderisch mit solchen Gegenständen war. Dann ging der Echsenmensch zu dem Kriegshammer, den der Oger fallen gelassen hatte.
»Das ist aber ein schönes Teil.«
Er hob ihn hoch und legte ihn sich auf die Schulter. Als Echsenmensch nutzte er eigentlich nur seine Scharfkrallen und Metall interessierte ihn nur in Form von Geld, aber da vom Gegner kein Schädel oder Herz übrig war, würde der Hammer eine brauchbare Trophäe abgeben.
»Die Beute ist wichtig ... Aber jetzt bleibt noch die Säuberung. Nicht wahr, werter Goblintöter?«
»Ja.«
Goblin Slayer nickte kurz, bevor er zu den Überresten des Dorfes schaute, aus denen noch immer Rauch aufstieg. Neben einigen Goblins waren dort noch die Frauen im Brunnen. Nach einer Schlacht war immer viel zu tun, denn weil es so viele Goblins gab, ging es immer weiter. Anscheinend war dies wirklich nicht der Tag gewesen, an dem er sterben sollte.
»Das ... war also ein Oger ... «
Weil er durch den Trank etwas Kraft zurückgewonnen hatte, raffte der Krieger sich auf. Er schwankte und die Priesterin eilte heran und stützte ihn.
»Goblins sind verglichen damit viel gefährlicher.«
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