Gehfreundliche Rampen, Vollzugsbeamte mit Pflegeausbildung: Japanische Gefängnisse rüsten sich für Senioren. Die Zahl der Inhaftierten im Rentenalter hat sich in zehn Jahren verdoppelt. In Onomichi gibt es ein Pilotprojekt.
Onomichi - Auf den langen Gefängnisgängen sind Handläufe angebracht, damit sich die Insassen abstützen können. Statt Treppen gibt es Rampen, denn einige der Inhaftierten schieben mit einem Gehwagen über den Flur. In Regalen liegen Windeln für Erwachsene, unter den Betten Matten aus Gummi - Inkontinenz ist in der geriatrischen Abteilung des Gefängnisses vom Onomichi ein Thema.
Auf der Altenstation von Onomichi, einem landesweiten Pilotprojekt, sind derzeit 61 Inhaftierte im Alter von 60 bis 89 Jahren untergebracht. Mehr als die Hälfte von ihnen leiden an Demenz.
Die Justizvollzugsbeamten bekamen ein spezielles Training für den Umgang mit älteren Menschen, zwei besitzen eine Zusatzqualifikation als Krankenpfleger. Das Gefängnis hat eine kleine Krankenstation, doch bei ernsteren Erkrankungen werden die Patienten in umliegende Kliniken gebracht. "Wir müssen den Leuten die gleiche Aufmerksamkeit zukommen lassen wie in einem Altenheim", sagt Yoshihiro Kurahashi vom Wachpersonal.
Onomichi wird kein Einzelfall bleiben.
Japan hat zunehmend Probleme mit Gangstern im Greisenalter. "Die Zahl der inhaftierten Senioren steigt, und es gibt keine Anzeichen für eine Trendwende", sagt Koki Maezawa vom japanischen Justizministerium.
Inzwischen sind 16 Prozent der Häftlinge in Japan 60 oder älter. Die Zahl der inhaftierten Senioren hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf mehr als 10.000 Häftlinge verdoppelt, während diese Altersgruppe insgesamt lediglich um 30 Prozent gewachsen ist. "Das ist ein ernstes Problem, dass wir als Gesellschaft so angehen müssen, dass Verurteilte nach ihrer Entlassung nicht ins Gefängnis zurückkehren", so Maezawa. Zwar sei dies nicht nur ein Thema in Japan - aber hier altere die Gefängnispopulation extrem schnell.
Die Regierung hat 100 Millionen Dollar investiert, um in drei weiteren Einrichtungen im Land ähnliche Bereiche wie in Onomichi zu schaffen. Insgesamt soll dort Platz für 1000 Gefangene sein. Weitere Gefängnisse sind geplant.
Rentner stehlen Lebensmittel oder Kosmetika
Ein Grund für die Vergreisung der Gefangenen in Japan ist ein Anstieg der Verbrechen unter Senioren - infolge der Wirtschaftskrise und des abnehmenden sozialen Zusammenhalts in der Gesellschaft. Die meisten Rentner sitzen wegen Diebstahls ein. Nach Angaben der Tokioter Polizei hat sich die Zahl der Ladendiebe im Seniorenalter in den vergangenen zehn Jahren versiebenfacht. Die meisten der im vergangenen Jahr Festgenommenen sind alleinstehend, habe keine Freunde, kein geregeltes Einkommen. Zumeist stahlen sie Lebensmittel, Kosmetika oder andere kleine Gegenstände im Wert von weniger als 5000 Yen (rund 45 Euro).
Ein weiterer Grund für die zunehmende Zahl der Senioren ist, dass längere Haftstrafen verhängt werden. Außerdem haben ältere Gefangene ohne Familie oder sonstige soziale Bindungen kaum Aussicht auf Haftaussetzung, da diese nur mit einer vertrauenswürdigen Kontaktperson gewährt wird.
Einige stehlen nach ihrer Freilassung erneut, um wieder ins Gefängnis zu kommen. Auch wenn es eher spartanisch ist - hier haben sie wenigstens ein Dach über dem Kopf, bekommen dreimal am Tag Essen und zweimal die Woche ein Bad.
"Ich bin schon ein alter Mann, und die wirtschaftliche Lage da draußen ist extrem schwierig", sagt ein bald 70-jähriger Insasse von Onomichi, dessen dreieinhalbjährige Haftstrafe im April zu Ende geht. Schon jetzt macht sich der Mann Sorgen um sein Leben in Freiheit: "Ich befürchte, für jemanden wie mich gibt es da draußen keine Arbeit."
In Onomichi arbeiten die älteren Gefangenen sechs Stunden am Tag statt der sonst üblichen acht und haben leichtere Aufgaben. Sie sortieren beispielsweise Papiere, falten Wäsche oder machen Handarbeiten. Ansonsten ist ihr Leben aber genauso reglementiert wie für andere Insassen: Es gibt keine Klimaanlage, während der Arbeit, des Mittagessens und des Waschens ist sprechen verboten, es gibt nur kleine Zeitfenster für Gespräche, fernsehen und lesen - und um 21 Uhr wird das Licht ausgeschaltet.
Gefängnisdirektor Takashi Hayashi hat Verständnis für die älteren Gefangenen."In gewissener Weise sind sie Opfer der schlechten Wirtschaftslage - auch wenn das natürlich keine Entschuldigung ist." Das Gefängnis solle aber nicht ihr Altersruhesitz werden. "Wie versuchen schon, sie so zu motivieren, dass sie wieder in die Gesellschaft zurückkehren und auf eigenen Füßen stehen können." Allerdings sei das sehr schwierig, denn auch die Altersheime seien voll - und nähmen nicht gern ehemalige Straftäter auf.
Quelle: Spiegel-Online
Onomichi - Auf den langen Gefängnisgängen sind Handläufe angebracht, damit sich die Insassen abstützen können. Statt Treppen gibt es Rampen, denn einige der Inhaftierten schieben mit einem Gehwagen über den Flur. In Regalen liegen Windeln für Erwachsene, unter den Betten Matten aus Gummi - Inkontinenz ist in der geriatrischen Abteilung des Gefängnisses vom Onomichi ein Thema.
Auf der Altenstation von Onomichi, einem landesweiten Pilotprojekt, sind derzeit 61 Inhaftierte im Alter von 60 bis 89 Jahren untergebracht. Mehr als die Hälfte von ihnen leiden an Demenz.
Die Justizvollzugsbeamten bekamen ein spezielles Training für den Umgang mit älteren Menschen, zwei besitzen eine Zusatzqualifikation als Krankenpfleger. Das Gefängnis hat eine kleine Krankenstation, doch bei ernsteren Erkrankungen werden die Patienten in umliegende Kliniken gebracht. "Wir müssen den Leuten die gleiche Aufmerksamkeit zukommen lassen wie in einem Altenheim", sagt Yoshihiro Kurahashi vom Wachpersonal.
Onomichi wird kein Einzelfall bleiben.
Japan hat zunehmend Probleme mit Gangstern im Greisenalter. "Die Zahl der inhaftierten Senioren steigt, und es gibt keine Anzeichen für eine Trendwende", sagt Koki Maezawa vom japanischen Justizministerium.
Inzwischen sind 16 Prozent der Häftlinge in Japan 60 oder älter. Die Zahl der inhaftierten Senioren hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf mehr als 10.000 Häftlinge verdoppelt, während diese Altersgruppe insgesamt lediglich um 30 Prozent gewachsen ist. "Das ist ein ernstes Problem, dass wir als Gesellschaft so angehen müssen, dass Verurteilte nach ihrer Entlassung nicht ins Gefängnis zurückkehren", so Maezawa. Zwar sei dies nicht nur ein Thema in Japan - aber hier altere die Gefängnispopulation extrem schnell.
Die Regierung hat 100 Millionen Dollar investiert, um in drei weiteren Einrichtungen im Land ähnliche Bereiche wie in Onomichi zu schaffen. Insgesamt soll dort Platz für 1000 Gefangene sein. Weitere Gefängnisse sind geplant.
Rentner stehlen Lebensmittel oder Kosmetika
Ein Grund für die Vergreisung der Gefangenen in Japan ist ein Anstieg der Verbrechen unter Senioren - infolge der Wirtschaftskrise und des abnehmenden sozialen Zusammenhalts in der Gesellschaft. Die meisten Rentner sitzen wegen Diebstahls ein. Nach Angaben der Tokioter Polizei hat sich die Zahl der Ladendiebe im Seniorenalter in den vergangenen zehn Jahren versiebenfacht. Die meisten der im vergangenen Jahr Festgenommenen sind alleinstehend, habe keine Freunde, kein geregeltes Einkommen. Zumeist stahlen sie Lebensmittel, Kosmetika oder andere kleine Gegenstände im Wert von weniger als 5000 Yen (rund 45 Euro).
Ein weiterer Grund für die zunehmende Zahl der Senioren ist, dass längere Haftstrafen verhängt werden. Außerdem haben ältere Gefangene ohne Familie oder sonstige soziale Bindungen kaum Aussicht auf Haftaussetzung, da diese nur mit einer vertrauenswürdigen Kontaktperson gewährt wird.
Einige stehlen nach ihrer Freilassung erneut, um wieder ins Gefängnis zu kommen. Auch wenn es eher spartanisch ist - hier haben sie wenigstens ein Dach über dem Kopf, bekommen dreimal am Tag Essen und zweimal die Woche ein Bad.
"Ich bin schon ein alter Mann, und die wirtschaftliche Lage da draußen ist extrem schwierig", sagt ein bald 70-jähriger Insasse von Onomichi, dessen dreieinhalbjährige Haftstrafe im April zu Ende geht. Schon jetzt macht sich der Mann Sorgen um sein Leben in Freiheit: "Ich befürchte, für jemanden wie mich gibt es da draußen keine Arbeit."
In Onomichi arbeiten die älteren Gefangenen sechs Stunden am Tag statt der sonst üblichen acht und haben leichtere Aufgaben. Sie sortieren beispielsweise Papiere, falten Wäsche oder machen Handarbeiten. Ansonsten ist ihr Leben aber genauso reglementiert wie für andere Insassen: Es gibt keine Klimaanlage, während der Arbeit, des Mittagessens und des Waschens ist sprechen verboten, es gibt nur kleine Zeitfenster für Gespräche, fernsehen und lesen - und um 21 Uhr wird das Licht ausgeschaltet.
Gefängnisdirektor Takashi Hayashi hat Verständnis für die älteren Gefangenen."In gewissener Weise sind sie Opfer der schlechten Wirtschaftslage - auch wenn das natürlich keine Entschuldigung ist." Das Gefängnis solle aber nicht ihr Altersruhesitz werden. "Wie versuchen schon, sie so zu motivieren, dass sie wieder in die Gesellschaft zurückkehren und auf eigenen Füßen stehen können." Allerdings sei das sehr schwierig, denn auch die Altersheime seien voll - und nähmen nicht gern ehemalige Straftäter auf.
Quelle: Spiegel-Online