Regierung kämpft gegen die Überalterung
Viele junge Menschen in dem asiatischen Staat können sich keine Kinder leisten. Nun will die Politik mit einer neuen Strategie gegen die Überalterung des Landes vorgehen. Mit Fördermitteln für Kinder und Jugendliche soll langfristig die Geburtenrate gesteigert werden.
TOKIO. Das Jahr 2010 soll für Japans Bevölkerungspolitik eine Wende bringen. Bislang hat Tokio für eine Rentenreform vor allem bei den Senioren angesetzt. Jetzt will die junge Regierung von Premier Yukio Hatoyama mit Fördermitteln für Kinder und Jugendliche die niedrige Geburtenrate steigern, um so das Problem der alternden Gesellschaft in den Griff zu bekommen. "Mit der neuen Regierung richtet sich der Blick mehr auf Kinder und Jugendliche", sagt Taizo Okada vom japanischen Kabinettsamt. Im Herbst hat die Demokratische Partei Japans (DPJ) die langjährige Regierungspartei LDP abgelöst.
Die DPJ will das bisherige niedrigere einkommensabhängige Kindergeld durch ein allgemeines Kindergeld von monatlich 13 000 Yen (knapp 100 Euro) für jedes Kind bis zum Ende des neunten Schuljahrs ersetzen. Dazu kommen Zuschüsse zu den Kindergartengebühren. Zudem macht die Regierung den Besuch der Oberschule kostenlos. Ihr Argument: In Japan machen familienbezogene Sozialausgaben nur 0,81 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, in Deutschland immerhin 2,17 Prozent, in Großbritannien sogar 3,2 Prozent.
Hinter dieser Rechnung steht die Vermutung, dass sich viele Japaner schlicht keine Kinder mehr leisten können. Statt wie früher in lebenslangen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten mittlerweile 30 Prozent der Beschäftigten in prekären Verhältnissen oder in Teilzeitarbeit. Seit Ende der 90er-Jahre sind die Einkommen um 14 Prozent zurückgegangen. Weil viele Berufseinsteiger keine Arbeitslosenversicherung haben, leben junge Erwachsene zunehmend bei ihren Eltern. Uneheliche Kinder sind in Japan noch immer ein Tabu, traditionelle Familienbilder leben fort. Daher wirken sich die niedrigen Einkommen der potenziellen Familienväter nach Meinung von Soziologen direkt auf die Geburtenrate aus.
Die Folgen lesen sich dramatisch: Heute kommen drei Erwerbstätige auf einen Rentner, künftig wird das Verhältnis eins zu eins sein, hat das staatliche Forschungsinstitut für Bevölkerungsfragen errechnet. Der Anteil der Senioren über 65 Jahren an der Bevölkerung, heute bei gut 20 Prozent, soll demnach im Jahr 2020 bei 32 Prozent, 2055 schon bei gut 40 Prozent liegen, während im selben Zeitraum die Bevölkerung um 37 Millionen auf nur noch 90 Millionen Japaner schrumpft.
Das mit Licht aus stand auch vor kurzem in der Zeitung. Allerdings für Südkorea. Hätte ja nicht gedacht das das auch für Japan gilt.Licht aus für mehr Kinder
Bei Shiseido gehen konsequent um 22 Uhr die Bürolichter aus, und die Finanzbeamten sollen demnächst um 18 Uhr nach Hause gehen – offiziell für eine „bessere Balance zwischen Arbeit und Freizeit“. Doch es geht auch um mehr Gelegenheiten für zwischenmenschliche Begegnungen und eine höhere Geburtenrate.
Finanzminister Naoto Kan hat als eine seiner ersten Amtshandlungen einen Ausschuss eingerichtet, der Vorschläge für bessere Arbeitsbedingungen erarbeiten wird. Die Mitarbeiter sollen sich an Wochentagen abends privat verabreden können, erklärte das Finanzministerium das Ziel. „Wir setzen damit ein Beispiel für alle Ministerien“, sagte Kan. Japan könnte sich zum Beispiel am britischen Schatzamt orientieren, dessen Beamte bereits um 18 Uhr das Haus verlassen, ohne weniger produktiv zu sein.
Hinter Kans Vorstoß steckt einerseits die Absicht, die Macht der Ministerialbeamten zu beschränken. Viele Beamten schreiben spät abends noch die Reden von Abgeordneten für den nächsten Tag. Andererseits haben Wirtschaft und Politik erkannt, dass die langen Arbeitszeiten in Japan eine Ursache für die niedrige Geburtenrate ist.
Der Wirtschaftsverband Keidanren hatte bereits im Herbst 2008 „mutige“ Maßnahmen gegen die sinkende Geburtenrate verlangt. Sie würde das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes bedrohen. Sonst werde die Bevölkerung in den nächsten 50 Jahren um 30 Prozent schrumpfen, die Zahl der Menschen im Arbeitsalter sogar um 50 Prozent.
Keidanren forderte deswegen seine rund 1600 Mitglieds-Unternehmen zu „Familien-Wochen“ auf, damit deren Mitarbeiter häufiger mit ihren Kindern spielen können und mehr Gelegenheiten bekommen, Kinder zu machen.
Wer früher als sonst nach Hause ging, wurde von der Familie zunächst wie ein Außerirdischer behandelt. „Meine Kinder haben mich gefragt, ob ich krank sei“, erzählte ein Mitarbeiter.
Der typische japanische Konzernangestellte sieht seine Kinder nämlich meistens nur am Wochenende, weil er an den Werktagen abends sehr spät nach Hause kommt und die Wohnung schon früh morgens wieder verlässt.
Die Arbeitszeiten in Japan sind nach Südkorea und den USA die längsten der Welt. Japanische Arbeitnehmer nehmen im Jahr nur 8,3 Tage Urlaub, weniger als die Hälfte der 20 Tage, die den meisten zustehen.
China hat ja auch ein Problem mit den Kindern. Das liegt auch teilweise an der 1-Kind-Politik. China hat ein überschuss an Männern. Schuld sind regelmäßige Abtreibungen von weiblichen Föten, die als minderwertig angesehen werden. Befürchtet wird ein weiter zunehmender Frauenhandel und Gewaltausbrüche all der leer ausgehenden Männer.