[Diskussion] Japan und der Staatsbankrott

Black Rose

Vollzeitbunny
Wiederaufbau, Energiewende, das Problem mit der alternden Bevölkerung und nun auch noch eine schwächelnde Konjunktur - in Japan sieht es verdammt schlecht aus.

Ich habe mal mehrere Themen, von denen ich der Meinung bin, dass sie alle zusammengehören rausgesucht. Jedoch werde ich nicht einen Bericht nach dem anderen quoten und Überleitungen schreiben, sondern ich werde sie einfach frei zitieren, damit es hier nicht zu lang wird. Die Quellen stammen alle von http://www.japanmarkt.de/ und sind dort unter den jeweiligen Überschriften zu finden.


Das Erdbeben und der Tsunami, waren natürlich Auslöser für den Wechsel zu erneuerbaren Energien. Galt Atomkraft lange Zeit als sichere Energiequelle, so konnte man nach der Katastrophe um Fukushima 1, anhand der Bilder und Berichte nun sehen, dass es nicht so ist. Zwar gab es auch schon vorher in Japan Kritiker und Gegner der AKWs, aber nun hatte man auch das breite Volk auf die Straße bewegen können, die den Sicherheitszusagen der AKW-Betreiber nicht mehr geglaubt haben.
Die Regierung hat gehandelt, erneuerbare Energien sind auf dem Vormarsch, die Förderung dafür ist die derzeit weltweit höchste. Auch wenn es viel an den Firmen und der Forschung liegt, dass die Sonnenkraftwerke gebaut und effizienter werden, so würde doch niemand ein AKW in kurzer Zeit auf den Nullwert abschreiben und dafür ein SKW bauen. Anreize für die erneuerbaren Energien sind nun geben und kosten Unsummen.

Hinzu kommt noch der ganze restliche Wiederaufbau der Katastrophe. Wer glaubt, die Japaner sind so ein eifriges Volk und es sieht dort hinten schon alles wieder so aus wie vorher, der irrt gewaltig. An dieser Stelle muss ich jetzt mal raten, aber in Relation zu einem Bericht einer anderen Seite (also nicht JM), vor ein paar Moanten, sind vielleicht gerade mal in den am schwersten betroffenen Gebieten 10% des Schutts, der durch die gewaltige Zerstörung entstanden ist, abgetragen worden. Es hausen auch immer noch Menschen in den Übergangswohncontainern. Ein kompletter Wiederaufbau nimmt wohl ein ganzes Jahrzehnt in Anspruch. Auch das belastet den Staat ernorm.


Probleme mit einer alternden Bevölkerung wären da eigentlich schon ein politisches Alltagsproblem, aber sie belasten den Staatshaushalt ebenfalls sehr. Liegt der Anteil der über 65jährigen in Japan bei über 23%, so soll er lauf Hochrechnung in 30 Jahren schon an der 40er-Marke kratzen. Die Regierung hat sich daher zwei Maßnahmen ausgedacht, mit denen die zur Hälfte von Steuergeldern finanzierte Volksrente, erstmal erhalten bleiben kann.

1.: Die Mehrwertsteuer wird verdoppelt. Was für uns jetzt ein absolutes Unding und Wirtschaftskiller wäre, ist in Japan eigentlich schon seit 15 Jahren im Gespräch. Immer wieder gescheitert, so hatte man nun angesichts der steigenden Staatsverschuldung, die bei 208% der eigenen Wirtschaftsleistung liegt, nun endlich die nötigen Stimmen für diesen Schritt. Zwischen 2014 und 2015 wird die Mehrwertsteuer also nun in zwei Schritten von einst 5 auf 10% angehoben. Für Geringverdiener plant die Regierung zunächst einen Bargeldausgleich und danach einen Bonus bei der Einkommenssteuer. Außerdem sollen die Steuern beim Autokauf und Hausbau sinken, damit die Verbraucher sich bei diesen großen Anschaffungen nicht zurückhalten.

2.: Das Renteneintrittsalter wird von 60 auf 65 Jahre angehoben. Für uns selbst vielleicht auch eher was zum Belächeln, aber in Japan kann man noch bis zum April nächsten Jahres mit 60 Jahren in den Ruhestand. Diese Regelung ist aber recht offen gehalten. Beispielsweise kann das Unternehmen die Weiterbeschäftigung ab 60 verweigern, wenn der Arbeitnehmer gesundheitlich gar nicht mehr in der Lage dazu ist und er bekommt dann auch ganz normal seine Rente. Auf der anderen Seite hat man auch den umgekehrten Fall, dass viele Arbeitnehmer gerne länger arbeiten wollen und nun vom Unternehmen bald fünf weitere Jahre mit vollem Lohn beschäftigt werden müssen. Bislang sah der Normalfall eher so aus, dass sie noch zwei/drei Jahre mit weniger Lohn bleiben durften.

Das sieht jetzt auf den ersten Blick erst mal toll aus; es kommt mehr Geld für die Renten und man hat weniger Rente zu zahlen. Natürlich geht die Regierung dabei auch Risiken ein. Die Konjunktur zu besteuern, ist natürlich ein Schritt, der nicht ohne Konsequenzen gemacht werden kann, aber als Alternative die Einkommen zu belasten, diesen Schritt wollte man im Hinblick auf die alternde Bevölkerung nicht durchsetzen. Man kann vielleicht nicht unbedingt sagen, es war die Wahl zwischen Pest und Cholera, denn die Mehrwertsteuerverdoppelung schien wohl die rechnerisch bessere Wahl zu sein. Das Volk ist zum großen Teil sauer auf diese Entscheidungen, die politischen Gegner sind es eh, also wird wohl Premierminister Yoshihiko Noda das Unterhaus in naher Zukunft auflösen und so Neuwahlen ermöglichen.


Was für den kleinen Bürger jetzt riesen Veränderungen sind, ist für die Weltwirtschaft und Japan selbst nur eine absolut dürftige Maßnahme, mit der man sich Zeit verschafft hat. Kein Problem ist gelöst, nur die ungebremste Fahrt in den Staatsbankrott wurde hinausgezögert. Man hat sich Zeit gekauft, mehr nicht. Es fließt wohl noch aus dem riesigem Auslandsvermögen Geld in den japanischen Haushalt zurück, d.h. es ist wohl noch Geld für neue Schulden im Inland da. Trotzdem wird auch mit der MWSt-Verdoppelung, der Schuldenturm bereits in zehn Jahren auf geschätzte 260% des BIPs steigen, wenn es nicht noch weitere einschneidene Maßnahmen gibt.

Die Erhöhung des Rentenalters, war schon mal eine Sache, weitere Forderungen sind aber auch, die Rente an sich und die medizinischen Leistungen zu kürzen. Neben der Rente, soll das Dickicht der Staatsfirmen gelichtet, die Einwanderung gefördert und mehr Freihandel erlaubt werden. Das sind die Ratschläge, die die japanische Regierung nicht nur aus den eigenen Reihen, sondern auch aus dem Ausland erhält, denn ein Staatsbankrott Japans, würde den globalen Finanzmarkt mitziehen.

Warum ist das nicht schon längst passiert? Sie arbeiten gerne so weiter, wie bisher, sie scheuen sich, den altbewerten Kurs zu ändern, auch wenn dieser in die Katastrophe führt. Besonders das Finanzministerium, hinkt allem hinterher, was man Entwicklung bezeichnet.
Die kürzliche Meldung über den Auftragseinbruch im Maschinenbau im Mai und der viel zu schwache Anstieg im Juni, waren eine Vorwarnung, denn die Maschinenbauaufträge laufen der Konjunktur immer zwei bis drei Quartale voraus. Nur so als Beispiel, dass es den nötigen Boom nicht geben wird, der Japan von seinen Schulden in Rekordzeit befreit.

Sie sind jetzt an einem Punkt angelangt, wo jetzt im Prinzip nur noch eine Hiobsbotschaft hinzukommen müsste und es ist aus. Wie anfangs gesagt: Es sieht verdammt schlecht aus. Sie müssen aus ihrer Lage raus, wissen auch wie, aber werden sie es auch tun?
 

bluemoon

the one and only
Otaku Veteran
Um ehrlich zu sein ists in Japan halt genauso wie in der restlichen Welt. Das einzigste Problem das wohl eher Japan bzw. Asien lastig ist sind die vielen Naturkatastrophen, aber ansonsten gehts Japan weder besser noch schelchter als der restlichen welt;)
 

hamel

Gottheit
Früher oder später muss Japan Handeln. Die Verdopplung der MWSt ist nur Logisch, weil dort das meiste Geld zu holen ist. Ebenso das Renteneinstiegsalter, wenn die Menschen länger leben dann ist ihnen auch zumutbar länger zu Arbeiten. Die Verschuldung von über 200% des BIP kann nicht lange gehalten werden. Die Japaner müssen zwar langsam anfangen ihre Wirtschaft zu reformieren, aber der Punkt um eine starke Rezession abzuwänden liegt meiner Meinung nach schon Jahre zurück.

Um meinen Konjunktur Professor zu zittern: "Einer maroden Wirtschaft hilft man am besten, wenn man sie vor die Wand fahren lässt, damit sie endlich ihren Tiefpunkt erreicht und es nurnoch Bergaufgehen kann." Er hat es auf Griehenland bezogen, aber es ist für jede vergleichbar schlechte Wirtschaft anwendbar.
 
Zuletzt bearbeitet:

Lakestra

Gläubiger
Früher oder später muss Japan Handeln. Die Verdopplung der MWSt ist nur Logisch, weil dort das meiste Geld zu holen ist. Ebenso das Renteneinstiegsalter, wenn die Menschen länger leben dann ist ihnen auch zumutbar länger zu Arbeiten. Die Verschuldung von über 200% des BIP kann nicht lange gehalten werden. Die Japaner müssen zwar langsam anfangen ihre Wirtschaft zu reformieren, aber der Punkt um eine starke Rezession abzuwänden liegt meiner Meinung nach schon Jahre zurück.

Um meinen Konjunktur Professor zu zittern: "Einer maroden Wirtschaft hilft man am besten, wenn man sie vor die Wand fahren lässt, damit sie endlich ihren Tiefpunkt erreicht und es nurnoch Bergaufgehen kann." Er hat es auf Griehenland bezogen, aber es ist für jede vergleichbar schlechte Wirtschaft anwendbar.
Der Unterschied ist allerdings, dass Japan eine starke Wirtschaft hat und kein Semiagrarland wie Griechenland ist. Ein Staatsbankrott wäre für die Japaner wesentlich schlimmer als für die Griechen, zumal sie nicht in einem Verbund wie der EU sind, die den Schlag dämpfen kann. Die Verdoppelung der MwSt. ist auch keine Wunderlösung, sondern eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Glücklicherweise hat der IWF keine Handhabe gegen Japan, da praktisch sämtliche Gläubiger japanisch sind. Ohne Auslandsschulden lässt es sich wesentlich leichter leben...aber genau das macht einen Staatsbankrott auch unmöglich. Es würde die gesamte Wirtschaft ruinieren.
 
Oben