[Diskussion] Leatherface

TheDarkness2

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Texas Chainsaw Massacre, ein Film so berüchtigt wie Tanz der Teufel. Und einer der ersten experimentellen Horrorfilme der 70er, wo man den Horror zu ungeahnten Höhen brachte und so ziemlich alles ausprobierte. Was teilweise dazu führte das man sämtliche ethnischen, moralischen und gesellschaftlichen Grenzen einriss. Bewegte sich der Horror bisher eher in Gefilden wo die Gesellschaft und ihre Ängste gespiegelt wurden, holte der Horror diesmal mit dem Vorschlaghammer aus und verwandelte den Kopf des Zuschauers in Matsch. Fast jeder Horrorfilm der 80er lies sich von den 70ern inspirieren, aber durch die Mainstreamisierung des Genres wurden die Filme gemäßigter, ruhiger und vor allem erträglicher für das Publikum.

Texas Chainsaw Massacre selbst war ein Meilenstein und eröffnete dem sogenannten Backwood Horror die Bühne. Tobe Hooper erschuf ein verstörendes, beunruhigendes und schonungsloses Meisterwerk. Es war roher, harter und rücksichtsloser Horror. Tobe jedoch lässt das meiste im Kopf abspielen, die gezeigten Bilder in Kombination mit der unheimlich radikalen Musik sorgen dafür das die Bilder im Kopf sich zu einem brutal grotesken Finale steigern. In diesem Film griff wirklich alles ineinander und leider ging es danach den Bach runter.

Der zweite Film folgte etliche Jahre später, war mehr ein Road Movie mit Over the Top Humor und übertriebenen Gore Einlagen im Stil von Braindead. Tobe war erneut involviert und trieb alles auf die Spitze, da er wusste er würde den ersten Film niemals auch nur im Ansatz ankratzen können. Also verwandelte er den zweiten Teil in eine makabere Achterbahnfahrt aus der man nur halb wahnsinnig entkommen kann. Teil 3 war der erste Mainstream Ausflug der Reihe, ein solider Slasher der stroymäßig alles von Teil 1 recycelt und einige Twists hinzufügt und den Wahnsinn von Teil 2 nicht mal ansatzweise so gelungen mit einwebt. Teil 4 The new Generation eröffnet dann dem Schwachsinn alle Türen, denn der Regisseur machte ein Remake von Teil 1, verwandelte Leatherface in einen Transvestiten und vertiefte den Schockefffekt auf Asylum Niveau. Dazu kam das für die Zeit wo der Film entstanden die goldene Regel von dümmlichen Dialogen, hohlen Charakteren und mainstreamlastigen Gore. Der Film war eine totale Enttäuschung.

Aber eins haben die Filme alle gemeinsam. Jeder Teil ist eine Fortsetzung des Erstlings. Teil 2 spielt nach Teil 1, Teil 3 spielt nach 1 und ignoriert 2, Teil 4 spielt nach 1 und ignoriert 2 und 3. Die Timeline ist verwirrend, vor allem wenn man versucht irgendeinen Sinn daraus zu machen. Doch die komplizierte Geschichte, inklusive Studiowechsel, Budgetwahnsinn und Schwierigkeiten allgemein haben ihre Spuren hinterlassen. Als die Reihe schließlich mit dem grottigen Texas Chainsaw Massacre 3D, einem durchschnittlichen Slasher mit einigen Hirnwindungen tötenden Twists, resettet wurde ging man den gleichen Schritt. 3D spielt nach dem 1. Teil. Und jetzt kommt Leatherface ins Spiel, der Film spielt chronologisch vor dem Erstling, aber gehört in die 3D Timeline was an vielen Details deutlich wird. Und ja ich ignoriere die Remakes, die haben mit der klassischen Serie nix zu tun. Und nachdem der Vorspann mal wieder zu lange wird, kommen wir zur Story:

Der kleine Jed Sawyer soll an seinem Geburtstag einen Schweinedieb mit der Kettensäge bestrafen, er bekommt das jedoch nicht hin und wird daraufhin als verweichlicht von der Familie gemieden. Als es dann jedoch zu einem blutigen Zwischenfall kommt bei dem die Tochter von Polizist Hal Hartman ums Leben kommt, lässt dieser Mutter Sawyer kurerhand die Kinder entziehen. Jed kommt mit neuem Namen in eine Psychatrie. Die Zeit vergeht und er weiß bald nicht mehr wer er ist, doch bald schon bricht das pure Chaos aus als seine Mutter die Psychatrie stürmt und die Geburtsstunde einer Legende naht...

Ich untergliedere das Review anders und werde auch Namen auslassen da ich ansonsten zuviele Dinge vorwegnehmen würde. Denn die Namen sind ein wesentlicher Bestandteil des Films und des Plots der sich entwickelt. Wenn ich diese benutzen würde, wäre es als würde ich euch den ganzen Film auf dem Silvertablett präsentieren.

Die Eröffnung des Films stellt uns die Sawyer Familie vor, macht uns mit den Familienangehörigen vertraut, ihren Regeln und ihrer Struktur. Man lernt das sie nach eigenen Gesetzen leben und man spürt die Bedrohung die von Ihnen ausgeht. Im Umfeld sind sie berüchtigt und bekannt. Es ist eine Familie mit der man sich nicht anlegen sollte, es sei denn an hat Selbstmordgedanken. Dabei werden gekonnt Brücken zu Texas Chainsaw Massacre 1 geschlagen und wesentliche Charakterzüge von Leatherface etabliert die dann in 3D vollendens aufgehen. Plötzlich wirkt vieles in 3D nachvollziehbarer, was den Film aber nicht wirklich besser macht. Den Film kann nichts mehr retten. Auch die Familie im ersten Teil erhält mehr Tiefe, man merkt wo wer herkommt und welche Verbindungen bestehen. Das nimmt dem Ganzen vielleicht etwas das Verstörende, aber das stört mich nicht im Geringsten. Wenn es so gut aufgezogen ist wie hier, hab ich damit nicht das geringste Problem.

Danach finden wir uns in der Anstalt wieder und lernen einige Hauptfiguren kennen von denen jeder Leatherface sein könnte. Als Mutter Sawyer die Anstalt stürmt kommt es zu einem blutigen und barbarischen Aufstand bei dem eine Gruppe Kids fliehen kann. Und wie schon bei Bonny & Clyde hinterlässt das Pärchen der 4er Gruppe eine Spur der Gewalt, Zerstörung und des Todes auf ihrem Weg durch Texas. Dicht gefolgt von Sheriff Hal, dem jedes Mittel recht ist die Band zu stoppen.

Das führt dann zum dritten Teil und Finale, bei dem sich Leatherface erhebt, Hal seine Strafe bekommt, die Leichen sich stapeln und die Familie schließlich wiedervereint wird.

Der Film selbst ist ein Roadtrip, eingeteilt in klare Phasen, mit zynischen Twists, einem für Hollywood ungewohnt rohen, geradezu schon animalischem Gore und einem perfiden Katz und Maus Spiel bei dem jeder der Beteiligten Leatherface sein könnte. Die Figuren bleiben dabei nicht platt, sondern jeder erhält seine Hintergrundgeschiche die man gekonnt an die späteren Ereignisse angepasst hat. Kenner der Reihe werden viele Querverweise, Hinweise und Aha Momente haben. Leider hält der Film nicht ganz was er verspricht, das liegt daran das die Story manchmal einige Hänger hat, die Figuren die Sache nicht immer ernst nehmen und Out of Charakter handeln, sowie das man trotz aller Vorsicht einige böse Plotholes für die später spielenden Teile produziert.

Der Film überzeugt in sovielen Punkten das er als eine der besten Fortsetzungen der Reihe gelten kann. Leider schmälen einige Punkte diesen blutigen Roadtrip. Aber er ist auf jeden Fall sein Geld wert und man wird sehr gut unterhalten. Ich kann nur sagen: Ansehen. Und da man die Reihe jetzt erneut rebootet mit einem weiblichen Leatherface, einem Transvestiten Opa, einem schwulen Bruder, eine lesbischen Rebellin und eine Powerfrau als Familienoberhaupt als Familie kann ja nix mehr schiefgehen. Political Correctness hat endlich den Horror erreicht. Ich weiß nicht ob ich ich darüber freuen soll oder heulen soll.
 
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