Mutation XXX

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Taleweaver

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Vorbemerkung: Kritik und Kommentare wie üblich bitte nicht in diesen Thread, sondern in den dazugehörigen K&K-Thread.

Und nun viel Spaß mit...


Mutation XXX

Prolog: 2020

Wie ein silberner Blitz schoß die Tokyo Monorail durch die Skyline der japanischen Metropole und zerteilte die von unzähligen Lichtern erhellte Nacht mit seinem Gleißen. In den ersten drei Jahren hatte der innerstädtische Hochgeschwindigkeitszug noch zahlreiche Beschwerden von Anwohnern ausgelöst, die sich über die nächtliche Störung durch die donnernde Druckwelle beklagt hatten, die eine zwangsläufige Konsequenz aus 420 Stundenkilometer Geschwindigkeit war, doch nun, im zehnten Jahr, störte sich niemand mehr daran: Die Fenster nahe der magnetbetriebenen Einschienenbahn waren inzwischen fast alle schallisoliert, außer in den wenigen Studentenbuden, in denen die Miete so niedrig war, daß man mit einer gelegentlichen Ruhestörung leben konnte.

Chieh Sakamachi hatte durchaus schon einmal erwogen, angesichts des Krachs eine bessere Wohnung zu finden, aber im Moment bemerkte sie ihn nicht. Sie befand sich gerade mit dem Kopf in den Wolken und mit dem Rest ihres Körpers auf dem Weg zum siebten Orgasmus an jenem Abend, und wäre über Tokyo eine Atombombe explodiert, es wäre ihr wahrscheinlich auch nicht aufgefallen.

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Liebeshotels waren keineswegs eine nur auf Tokyo beschränkte Einrichtung; tatsächlich fand man sie in allen größeren Städten Japans. Die in der Hauptstadt allerdings waren seit dem Jahr 2010 von besonderer Qualität, da die Stadtverwaltung kurzerhand den ganzen Wirtschaftssektor gekauft und verstaatlicht hatte. Das Problem mit mangelnder Hygiene, versteckter Prostitution vor allem Minderjähriger und nicht zuletzt mit der organisierten Kriminalität war so dringlich geworden, daß die Liberaldemokraten sich mit einem Konzept im Sinne der „Sozialfürsorge“ hatten durchsetzen können. Natürlich hatte das, in Ermangelung von Konkurrenz, zu einem ziemlichen Preisanstieg bei den Liebeshotels geführt, aber für junge Leute machte es das fast noch angenehmer – es hatte etwas von einem besonderen Luxus, wenn man sein Mädchen in so ein Etablissement einladen konnte.

Saitou Tanaka war jemand, der Luxus in jeder nur erdenklichen Weise zu schätzen wußte, aber der heutige Abend war für ihn eine vollkommene Überraschung gewesen: Nicht nur, daß er das beste Zimmer im besten Liebeshotel Tokyos zusammen mit einer lokalen Berühmtheit teilen durfte, er mußte auch noch erfahren, daß es Luxuskörper gab, auf die er einfach nicht vorbereitet war: Eigentlich war er auf seine Potenz und Standhaftigkeit immer stolz gewesen, aber die junge Frau, die ihn gerade ritt, pumpte sein bestes Stück förmlich leer, und er begann sich ernsthaft zu fragen, wieviel Sperma ein Mann in seinem Leben eigentlich produziern konnte, ehe seine Hoden den Dienst quittierten.

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„Ooooh jaaaaahahahahaaaaa, maaaaaach, jaaajajaaajaaaahaaa, hnnnnn, uuuuuuuhhhh, nnniiiimmm miiiich...“
Mit schnellen, aber ungeheuer sanften Schüben stieß Takashi seinen pochenden Liebespfahl in die unablässig tropfende Grotte der jungen Frau unter ihm auf dem Bett. Er hatte es versucht – wirklich versucht! – sich dieses Mal beim Sex so weit zurückzuhalten, daß seine Partnerin nicht in einen wahren Liebesrausch geriet, aber es war offensichtlich hoffnungslos gewesen. Nun wand sich Chieh in ekstatischen Zuckungen unter ihm, und es war sehr wahrscheinlich, daß dieser Abend ebenso enden würde wie die letzten in den vergangenen vier Jahren.
Vielleicht gab es noch etwas zu retten. Takashi verlangsamte seine Stöße etwas und ließ sich ein Stück tiefer auf seine Mitstudentin sinken, um ihren heißen, naßgeschwitzten Körper zärtlich zu umfangen. Er ließ seine Hüften langsamer kreisen, um sie so von ihrer Erregung ein wenig herunterzuholen...
„Nein... hör nicht auf... mach...“

Ruckartig schlossen sich Chiehs Schenkel um seinen Po, und die junge Frau begann, ihn mit ihren Beinen rhythmisch an sich heranzuziehen. Es wäre Takashi ein leichtes gewesen, sich aus der hitzigen Umklammerung zu befreien, doch das hätte bedeutet, sich nahe ihrem Höhepunkt plötzlich zurückzuziehen, und seiner Erfahrung nach waren Frauen nicht wirklich glücklich, wenn man sie so alleine ließ... egal, wie sehr man sie zuvor bereits verwöhnt hatte.
Der Student gab seinen Widerstand gegen die Unabänderlichkeit der Situation auf und beschleunigte seine Stöße wieder, bis ihm das glückliche Wimmern Chiehs zeigte, daß sie mit dem Tempo zufrieden war. Sein Pfahl drängte sich geschickt noch bis in die letzten Winkel der nassen Liebeshöhle und kitzelte Gefühle heraus, die andere für undenkbar gehalten hätten. Zärtlich umfaßte er mit seinen Händen Chiehs volle, bebende Brüste und knetete sie sanft, bis sich ihr zuckender Leib in einem erneuten Orgasmus hob und sie mit einem heiseren, glücklichen Schrei kam, wobei ihre Finger sich hart in die Bettdecke verkrallten. Ihre Augäpfel verdrehten sich nach oben, und ihr Schrei brach abrupt ab, als sie ruckartig zusammensackte und über den ungeheuren Höhepunkt die Besinnung verlor.

Mit einem leisen Seufzen beendete Takashi seine Stöße und zog seinen prallen, herrlich harten Männerstab aus der Lusthöhle seiner Mitstudentin heraus. Mit einer raschen Bewegung zog er das Kondom ab, welches er noch übergestreift hatte, warf es achtlos in den kleinen Papierkorb neben dem Wandschrank und erhob sich langsam vom Bett.

Wieder ein Abend, der mit einer kalten Dusche enden würde.

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„Hhn... hnn... hhn... langsam... bitte... ich... hhhn...“
Widerstrebend verlangsamte Tomoe den Liebestanz ihrer Hüften ein wenig und bereute es augenblicklich, als die in ihr langsam aufsteigende Erregung sogleich wieder abflaute. Der Mann unter ihr hatte den Abend eigentlich ganz gut angefangen und sich in Sachen Zungenspiel als durchaus geschickt erwiesen, aber für Tomoe waren solche Zärtlichkeiten nur ein Anfang. Wenn sie wirklich ihr tiefstes, innerstes Verlangen stillen wollte, dann mußte sie jemand ausfüllen... jemand mit einem festen, geschmeidigen Männerstab und einer Menge Ausdauer.
Sachte ließ sich die junge Frau vornüber sinken und schmiegte ihren schlanken, hochgewachsenen Körper an Saitous. Sie überragte ihren Liebespartner um mehrere Zentimeter, und das, obwohl er durchaus überdurchschnittlich groß war... übrigens auch, wenn man sich nur das besah, was er in der Hose hatte. „Mach's mir“, wisperte sie ihm zu und biß ihm zärtlich ins Ohrläppchen, „füll mich mit deinem Männerfleisch aus. Ich will dich ganz tief in mir spüren.“

Schwer keuchend hob Saitou seine Hüften und begann mit einigen unsicheren, unrhythmischen Stößen, die nur wenig dazu beitrugen, Tomoe Befriedigung zu schenken. Sie konnte ihm dafür nicht wirklich einen Vorwurf machen – er war im Laufe der letzten Stunde bereits dreimal gekommen, und daß er überhaupt noch in der Lage war, sein bestes Stück hart und fest zu behalten, war zu gleichen Teilen auf seine enorme Willenskraft und auf die Liebkosungen von Tomoes pulsierender Grotte zurückzuführen.
„Gut so“, spornte ihn die junge Frau an, „gib's mir. Mein starker Hengst, mein Liebesengel... zeig mir deine Kraft...“
Saitou stöhnte leise und beschleunigte seine Stöße nochmals. Jetzt hatte er fast die Geschwindigkeit erreicht, in welcher ihn Tomoe noch kurz zuvor geritten hatte. Der schneller werdende Atem der jungen Frau zeigte ihm, daß er auf dem richtigen Weg war. Seine Hände packten ihren festen, gut trainierten Po, und er begann, sie rhythmisch auf seinem Schaft auf und ab zu bewegen. Ihr weiches, flaumiges Schamhaar kitzelte angenehm seinen Unterbauch, und das stetige, warme Pulsieren ihrer Innenwände umschmeichelte sein bestes Stück mit himmlischer Sanftheit...
Und dann zogen sich ihre Innenwände in einem kurzen Schwall von Erregung rasch und heftig um seinen Männerstab zusammen, und es war vorbei.

„UUUUHHRRRRNNN!“ stöhnte Saitou laut auf, und sein Pfahl spritzte den letzten Rest seiner Ausdauer in einem heftigen Höhepunkt in das bereits übervolle Kondom hinein. Es war sein vierter heftiger Orgasmus an diesem Abend, und er hatte noch nie mehr als zwei davon in einer einzigen Nacht erlebt – schon gar nicht so schnell hintereinander. Der Schmerz der Erschöpfung, der nun in seine Lenden kroch, war stechend und unangenehm, und erschreckend schnell schmolz sein bestes Stück zusammen.
Mit einem seltsam betrübten Blick erhob sich Tomoe langsam von ihm, schlüpfte von seinem Schaft herunter und stand auf. Sie seufzte leise und sah dann zu ihm herab. „Es tut mir leid“, sagte sie. „Ich hätte dich nicht so sehr fordern dürfen. Mach dir keine Vorwürfe... es war ein schöner Abend, trotzdem.“

Saitou machte einen schwachen Versuch, sich vom Bett zu erheben, sackte aber sofort wieder kraftlos zusammen. „Was...“ wisperte er schwer atmend, „was... wirst du... nun tun?“
„Kalt duschen“, lächelte Tomoe, beugte sich hinab und streichelte ihm über sein Haar. „Wirklich, mach dir keine Vorwürfe. Ich weiß, du hast es ehrlich versucht. Es ist nicht deine Schuld. Ruh dich aus. Morgen geht es dir wieder besser.“
„Ich... du...“ Der junge Mann schluckte. „Sehen... wir uns wieder?“
Fast traurig schüttelte Tomoe den Kopf. „Nein“, sagte sie. „Danke, daß du so viel gegeben hast. Aber ich muß weitersuchen.“

Sie hob ihre Kleider vom Boden auf und huschte ins Badezimmer.

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Die Trommeln, Posaunen, Trompeten und Streicher des Sinfonieorchesters Osaka erschallten laut und donnernd zum Anfang von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratoriums und erfüllten den ganzen Raum mit festlicher Stimmung. Der Chor hatte soeben die Zeile „Jauchzet frohlocket“ herausgeschmettert, als der Empfangsknopf des Handys gedrückt wurde und der Klingelton erstarb.
„Katasa, hallo?“
„Hallo, ich bin's.“
„Niowase-kun!“ Takashi lächelte erfreut, als er die Stimme erkannte. „Schön, daß du anrufst. Wie war dein Abend?“
Ein Seufzen aus dem Hörer war die Antwort. „Das Übliche“, gab Tomoe leise zurück. „Deswegen rufe ich auch an. Wie war dein...“

„Genauso“, beantwortete Takashi die Frage. „Ein Reinfall. Sie ist siebenmal gekommen. Und dabei meinten meine Kommilitonen, sie wäre ein total kalter Fisch.“
„Meiner war eigentlich wirklich lieb“, drang Tomoes Stimme aus dem Hörer zurück. „Und im Vergleich zu den meisten anderen auch recht ausdauernd. Aber auch er hat's in mir nicht lange ausgehalten. Vier zu null. Toll, wenn's um Fußball geht, schlecht, wenn's um Orgasmen geht.“
Jetzt war es an Takashi, leise zu seufzen. „Sieh's positiv“, sagte er, „vier ist ziemlich beeindruckend. Du bist also schon mal auf dem richtigen Weg, im Gegensatz zu mir.“
Ein deutliches Schmunzeln aus der Leitung. „Ändert trotzdem nichts dran, daß ich jetzt hier alleine auf meinem Bett im Trainingslager sitze und mein kleines Bärchen sich richtig einsam fühlt.“
„Mein Mitgefühl“, lächelte Takashi. „Ich sitze hier auf meinem Fernsehsessel und hab eine Beule in der Unterhose.“
„Klingt ja ganz appetitlich“, gab Tomoe zurück. „Ich denke, ich komme zu dir rüber und setze mich breitbeinig und frech auf deinen Schoß.“

Takashi räkelte sich ein wenig. „Ich nehm dich in die Arme und wuschle dir durch dein Haar, während ich dir einen kleinen Kuß auf die Nase gebe.“
„Hast du ein Hemd an?“
„Ein T-Shirt.“
„Ich zieh es dir ein Stückchen hoch und streichle deinen Bauch darunter.“
„Hast du ein Hemd an?“
„Nein, und meine Knospen strecken sich dir erwartungsvoll entgegen.“
„Ich lasse meine Hände über deinen Rücken gleiten, während ich dir erst ganz leicht die Lippen küsse, dann deinen Hals und dann die Gegend zwischen deinem Brüsten.“
„Meine Hände huschen um dich herum und flutschen hinten in deine Unterhose, um dir den Hintern zu kneten.“
„Meine Zunge kitzelt dich ganz sachte zwischen den Brüsten...“
„Hihi... das ist schön...“
„...und dann schleicht sie sich hoch zu deiner rechten Knospe und schmiegt sich ganz leicht um sie.“
„Hmm... Katasa-chan... ich drücke deinen Hintern ganz fest, und meine Schenkel umschlingen deine...“

Wohlig legte der Student seinen Kopf zur Seite und blickte aus dem Fenster, während er in Gedanken und Worten weiter mit Tomoe kuschelte. Als er gerade dabei war, seinen Schaft in seiner Fantasie an ihren Pforten zu reiben und dabei auf sehr reale Art und Weise sich mit der Hand zu befriedigen, fiel sein Blick auf die Positionslichter eines Flugzeugs, das gerade zur Landung auf dem Flughafen ansetzte. Er lächelte angesichts der Metapher, machte sich aber keine weiteren Gedanken über die Maschine oder deren Passagiere.

Hätte er geahnt was da über Tokyo hereinschwebte, ihm wäre schlagartig die Lust vergangen.
 

Taleweaver

Scriptor
Kapitel 1

Das Olympische Dorf war für die 2020'er-Spiele komplett neu errichtet worden und lag etwa dreißig Kilometer abseits der Stadt in einer kleinen Talsenke. Im Geiste der neuen Weltoffenheit hatte man zwar die Unterkünfte der Sportler nach Nationen getrennt angelegt, jedoch sämtliche anderen Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Nutzung konzipiert – inklusive der Waschräume, der Saunen und den Trainingsplätzen. Man wollte eine friedliche Verbrüderung unter den Sportlern der Welt hier fördern, abseits aller politischer Bedenken, und in diesem Jahr war die Symbolik einer solchen Verbrüderung sogar noch wichtiger als sonst.

„Die Sportler der Volksrepubik Nordkorea!“

Die lange Reihe der japanischen Sportler, die allesamt angetreten waren, begannen zu applaudieren, und zu den Klängen der olympischen Fanfare öffneten sich die Türen der Autobusse, mit denen der koreanische Sportkader angereist war. Unter dem Blitzlichtgewitter von einigen hundert Fotografen traten die Sportler heraus, fröhlich lachend und winkend, und nur wenig ließ in diesem Moment vermuten, daß sie aus einer der letzten Militärdiktaturen der Welt kamen und dies die ersten Olympischen Spiele waren, an denen sie als Nation teilnahmen.
Aus den Reihen der Japaner löste sich Tomoe Niowase, immer noch applaudierend, und trat auf die koreanische Delegation zu. Die hochgewachsene junge Frau mit dem langen, glattschwarzen Haar war einer der Lieblinge ihrer Nation und im Rahmen einer großen Gala zur Kapitänin ihres Kaders gewählt worden. Sie galt als eine der besten Volleyballerinnen der Welt und hätte nach dem Willen ihres Trainers schon bei den letzten Spielen im Jahr 2016 teilnehmen sollen. Doch ihre Eltern hatten sich strikt dagegen gewehrt, sie schon in so jungen Jahren ins Rampenlicht stellen zu lassen („es hat schon gereicht, daß mir komische Dinge passiert sind“, hatte sich ihre Mutter beklagt), und so war ihr erster Einsatz bei Olympia eben dieser geworden.

Während sich Tomoe den neu angekommenen Sportlern näherte, formierten sich diese allmählich auch in Reih und Glied, was ein wenig eigentümlich wirkte, da sie allesamt in Militäruniformen gekleidet waren – alle Nordkoreaner, die an internationalen Sportveranstaltungen teilnahmen, waren „Sportsoldaten“ für ihr Land und erhielten militärische Auszeichnungen für gute Leistungen. Der Kapitän des koreanischen Kaders hielt den Rang eines Majors inne, und eben dieser Major schob sich nun langsam zwischen seinen Landsleuten hindurch, um auf Tomoe zuzutreten und die Begrüßung durch sie entgegenzunehmen. Die Japanerin war auf dieses Treffen gut vorbereitet worden – der junge Mann auf der Gegenseite hieß Kim Tae Hyun und war ein international hochgeachteter Ringer.
Als die beiden Sportler noch etwa zwei Meter voneinander entfernt waren, blieben sie stehen, und der Applaus aus den Reihen der Japaner erstarb, während das Blitzlichtgewitter sich noch stärker auf die beiden richtete. Tomoe konzentrierte sich und rief sich noch einmal die Worte zu Bewußtsein, die sich an ihr Gegenüber zu richten hatte. Dann atmete sie tief ein.

„Im Namen der Sportler, des Nationalen Olympischen Kommittees von Japan und des japanischen Volkes heiße ich sie und ihre Landsleute aus Korea herzlich bei uns willkommen“, rief sie. „Wir alle wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserem Land und gute Leistungen in den kommenden Tagen und Wochen.“
Ein Lautsprecher wiederholte ihre Worte nochmals – auf Japanisch, denn sie hatte die beiden Sätze auf Koreanisch gesprochen und in den vergangenen Wochen auswendig lernen müssen.
Kim Tae Hyun nickte ihr ernst zu und erhob nun seinerseits die Stimme – auf Japanisch: „Das Volk von Nordkorea bedankt sich für die Gastfreundschaft“, rief er, „und wünscht allen Japanern friedliche, brüderliche und erfolgreiche Olympische Spiele.“

Wieder brandete der Applaus auf, diesmal von Japanern und Koreanern gemeinsam, und er wurde noch stärker, als Tomoe und Hyun aufeinander zutraten und sich die Hände schüttelten. Dieses Foto würde morgen in allen Zeitungen zu sehen sein – die bekanntesten Sporthelden von Japan und Nordkorea beim Händeschütteln, friedlich nebeneinander und ohne die Rivalitäten, welche ihre zwei Nationen sonst zu beklagen hatten.
Tomoe freilich hatte einen etwas anderen Blickpunkt auf die ganze Situation, da sie dem jungen Koreaner direkt Auge in Auge gegenüberstand. Er war erstaunlich groß, fast so groß wie sie selbst, und sie überragte mit ihren über einsachtzig die meisten ihrer Mitmenschen leicht. Trotz seiner Galauniform war es nicht zu übersehen, daß er sehr muskulös und trotzdem anmutig gebaut war, und er hatte angenehme, ebenmäßige Gesichtszüge und ein sehr freundliches, aufgeschlossenes Lächeln.

Ein Händedruck sagte normalerweise nicht viel über einen Menschen aus, doch Tomoe war sich sicher, daß hier ein junger Mann vor ihr stand, mit dem sie gut auskommen konnte.

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„Gratulation, Takashi“, sagte Professor Sakura Koufun mit reichlich Sarkasmus in der Stimme. „Du hast dich soeben freiwillig zum Nachsitzen gemeldet.“
Betreten starrte der junge Mann auf die trübe Brühe in den Reagenzgläsern auf dem Labortisch vor ihm. „Es... es tut mir leid“, sagte er leise, „ich... ich muß es gestern abend einfach vergessen haben. Normalerweise passiert mir so was nicht.“
Die Wissenschaftlerin sah aus ihrem Rollstuhl zum Studenten auf. „Das ist eine Erklärung, aber keine Entschuldigung“, sagte sie. „Das da waren Kulturen von E-Coli für einige zehntausend Yen. Die müssen immer gekühlt aufbewahrt werden, sonst werden sie von anderen Keimen kontaminiert. Wir können die Ribosomenextraktionsexperimente nur mit reinen Colibakterien durchführen, und die Suppe da... die können wir nur noch wegschütten. Hattest es gestern abend wohl eilig, hm?“
„Uhm... irgendwie...“ Takashi rieb sich verlegen den Nacken. „Na ja, ich hatte da ein Date...“

Sakura stupste ihm grinsend den Ellenbogen in die Seite. „Dachte ich's mir doch“, sagte sie, „immer noch auf der Suche nach Befriedigung, richtig?“
Der Student errötete leicht. „Uhm... könnten wir das vielleicht woanders besprechen? Wenn hier jemand reinkommt...“
„Klar doch“, stimmte Sakura zu, „bei mir im Büro. Ich roll schon mal vor; du entsorgst hier den Biomüll und kommst dann nach, verstanden?“
„Jawohl, Koufun-sensei!“ Takashi verneigte sich ruckartig. „Ich komme gleich nach.“
Während die Professorin in sich in ihrem Rollstuhl entfernte, packte der junge Mann die Teströhrchen zurück in ihre Verpackung, versiegelte sie mit den nötigen „Biohazard“-Aufklebern für infektiöses Material und packte sie schließlich in die große Gefrierkiste um, in der sie geliefert worden waren. Eigentlich hätte man für den Transport des durch den Kühlmechanismus fast 40 Kilo schweren Behälters eine Sackkarre oder zumindest einen kleinen Handwagen gebraucht, aber Takashi schulterte die Kiste kurzerhand und lief damit die Treppe hinunter zum Dekontaminationslabor. Für jemanden wie ihn war so eine Last kaum der Rede wert – er war sehr viel stärker, als man ihm bei seinem schlanken Körper zugetraut hätte.

Obwohl Takashi Katasa sich alle Mühe gab, das Leben eines normalen Studenten zu führen, war er alles andere als normal – Professor Koufun, eine der wenigen Leute, die sein Geheimnis kannten, scherzte gelegentlich, daß er genetisch gesehen nicht mal vollkommen menschlich war. Wie seine gleichaltrige Freundin Tomoe war er das Endergebnis eines geheimen wissenschaftlichen Experiments, in dessen Rahmen seine Großeltern mit einem Retrovirus infiziert worden waren – dem sogenannten Impfstoff XXX – und der dazu geführt hatte, daß sich ihre Körper zwar äußerlich menschlich entwickelt hatten, aber innerlich über immense Kräfte verfügte, die mit menschlichen Fähigkeiten weder vergleichbar noch erklärbar waren. Hätte Takashi je an einem sportlichen Wettbewerb teilgenommen, in dem es um nichts als Körperkraft ging, er hätte ihn wahrscheinlich problemlos gewonnen, egal wie stark die Konkurrenz war.
Allerdings hatte es ihn nie interessiert, so im Rampenlicht zu stehen. Schon seine Schulzeit war recht... interessant gewesen, einfach weil er seinen Klassenkameraden allesamt deutlich überlegen gewesen war, doch trotz all seiner natürlichen Vorteile hatte er nie Gefallen daran gefunden, sich in den Mittelpunkt zu drängen. Vielleicht lag das daran, daß seine Eltern alle beide das genaue Gegenteil von ihm waren und gerne jede Gelegenheit nutzten, sich ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen – ihm war dergleichen zuwider. Aus diesem Grund hatte er sich auch größte Mühe gegeben, die Oberschule mit einem ausgezeichneten Zeugnis abzuschließen und so bald wie möglich auf der Universität Tokyo ein Medizinstudium zu beginnen.

Leider gab es aber an der Universität Tokyo eben auch noch Professor Sakura Koufun, von ihren Freunden im milden Spott „Professor XXX“ genannt, und das hieß, daß es jemandem wie Takashi dort nie langweilig werden würde. In jeder Hinsicht.

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Mit ruhigen, tiefen Atemzügen trabte Tomoe in die zehnte Runde um den Trainingsplatz im Olympischen Dorf und entschied sich, das Training für heute mit dem vierten Kilometer Laufstrecke zu beenden.

Eigentlich hätte die Sportlerin es gar nicht nötig gehabt, so viel zu trainieren. Ihr kerzengerader, gertenschlanker Körper war schon von Natur aus kräftig und geschmeidig, und selbst an ihrem schlechtesten Tag war sie immer noch zwei Klassen besser als die Kameradinnen in ihrem Volleyballteam. Allerdings bereitete es ihr viel Freude, sich zu bewegen und ihren Körper so in Form zu halten, vor allem, weil sie dabei den Frust des gestrigen Abends ein wenig vergessen konnte.
Für die kommenden Wochen konnte sie ohnehin das Ausgehen vergessen – von jetzt an war sie im Olympischen Dorf einquartiert, und ihr Trainer würde ein Auge darauf haben, daß sie sich keine Extravaganzen leistete, die die Presse vielleicht mitbekommen konnte. Ihr blieben nur die Kontakte zu ihren Teamkameraden und den ausländischen Sportlern, die anläßlich der Spiele angereist waren und von denen sie sprachliche und kulturelle Barrieren trennten. Wie man es drehte und wendete... außer dem Sport gab es kaum angenehme Dinge, die in den nächsten Tagen auf sie warteten.

Mit lockeren Schritten beendete sie ihre letzte Runde, lief zu ihrer Tasche am Rand der Laufstrecke und holte ein Handtuch heraus, um sich den Schweiß abzutupfen. Sehr angestrengt hatte sie die kleine Ausdauerübung nicht, aber sie gab sich immer Mühe, vor den anderen Sportlern nicht allzu überlegen zu erscheinen. In der Mitte des Sportplatzes trainierten gerade die Kugelstoßer aus Lettland und Weißrußland, allesamt große, ungeschlachte, schwitzende Kolosse, die wie verwundete Bären ächzten, wenn sie an ihrer Technik arbeiteten, und im Vergleich zu ihnen wirkte Tomoe wirklich frisch wie Morgentau.
Gelassen trottete die junge Frau die Treppe hinab in die unterirdischen Kabinen unter dem Sportplatz, wo fast rund um die Uhr geschäftiges Treiben herrschte. Beiläufig begrüßte sie einige ihrer Mannschaftskameraden, ehe sie die Tür zu ihrer Umkleide erreicht hatte und dort eintrat. Außer ihr war niemand in dem großen, gekachelten Raum, und so streifte sie kurzerhand ihr Trikot und die Shorts ab, legte sie auf die Bank vor ihrem Wandschrank und öffnete die Tür zum Duschraum.
Und stellte zu ihrer Verblüffung fest, daß sie doch nicht alleine war.

„Ah... hn... hn... gaaah!“
„Uuh, du bist... bist... wundervoll...“
Tomoes Augen weiteten sich überrascht, als sich vor ihr ein unerwartetes, aber durchaus nicht unangenehmes Bild bot: Ein Mann und eine Frau, offenbar beide Sportler, standen gemeinsam unter einer der Duschen – genauer gesagt hatte sich die Frau vornüber gebeugt und eins ihrer Beine angewinkelt gegen die Wand gepreßt, und der Mann stand hinter ihr und war soeben dabei, sie mit schnellen, festen Stößen, die klatschende Geräusche durch den Raum hallen ließen, von hinten zu nehmen.
Offenbar waren die beiden so in ihren Liebesakt vertieft, daß keiner der beiden Tomoe bemerkt hatte, die nur wenige Meter hinter den beiden in der Türe stand. Der Mund der junge Japanerin wurde fast schlagartig vor Aufregung trocken, als sich in ihr ein wohlbekanntes Verlangen ausbreitete... sie hatte gerade trainiert, ihr Körper war noch warm und geschmeidig, da brauchte es nicht mehr viel Anreiz, um sie zu erregen. Und das Päärchen da vor ihr war mehr als genug...

In diesem Moment fiel ihr auf auf, daß sie alle beide kannte: Der junge Mann war Shinichi Koehara aus der japanischen Beachvolleyballmannschaft, und die Frau war Kim Cho Minh... von den Volleyballerinnen aus Nordkorea! Tomoe mußte grinsen – offenbar konnten es die Nordkoreaner gar nicht abwarten, sich mit den anderen Völkern zu „verbrüdern“, und wie es aussah, hatten sie auch noch eine ganze Menge Spaß dabei. Soviel Spaß, daß einem sogar schon vom Zusehen ganz angenehm warm wurde...
Mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen lehnte sich Tomoe mit dem Rücken in den Türdurchgang, stellte eins ihrer Beine an die gegenüberliegende Wandseite und begann, sich entspannt die Pforten zu streicheln. Während sie langsam spüren konnte, wie ihre Liebeslippen vor Erregung prall und heiß wurden, beobachtete sie das „gemischte Doppel“ unter der Dusche weiter in seinem wilden Toben. Shinichi hatte die Koreanerin inzwischen an der Hüfte gepackt und seine ohnehin schon schnellen Stöße noch weiter beschleunigt, und die gab helle, ungestüme Lustschreie von sich, während sie sich mit den Händen über ihren schlanken, sehnigen Oberkörper fuhr und sich die leichten Erhebungen ihrer Brüste mit den tiefbraunen, spitzen Knospen knetete.

Schneller als üblich kam auch Tomoe in Fahrt, und schon bald rannen ihr ihre Liebessäfte über die Finger, während sich ihr Atem beschleunigte. Sie hatte selbst nicht geahnt, wie dringend nötig sie offenbar wieder einmal einen ordentlichen Höhepunkt hatte. Der kleine Telefonspaß gestern abend mit Takashi war zwar eine nette Ablenkung und eine schöne Entspannung gewesen, aber er hatte eben nur wenig vom heißen und wilden Miteinander, wie es die beiden Sportler vor ihr soeben trieben. Innerlich schimpfte sie sich dafür aus, ihren besonderen Massagestab nicht aus den Unterkünften mitgebracht zu haben – er wäre jetzt genau das richtige gewesen – aber so mußte es eben ohne gehen. Tomoe nahm drei Finger ihrer rechten Hand eng zusammen und schob sie sich sachte durch ihre nassen Pforten, um sich dann damit ihr Innerstes zu verwöhnen. Mit ihren Fingerspitzen wühlte sie sich zärtlich in ihrer kleinen Grotte herum, drückte sie schließlich gegen die obere Wand ihrer Höhle und massierte sich so in den siebten Himmel, während ihre Augen verlangend auf dem Päärchen unter der Dusche hingen.
Fast im gleichen Moment, in dem sich die Grotte der Japanerin im lustvollen Höhepunkt zusammenzog, bäumte sich auch Kim Cho Minh auf und ließ ein helles, erlöstes Stöhnen hören. Fast zugleich gab Shinichi ein tiefes „Uuuuh“ von sich, und seine Hüften begannen rhythmisch zu zucken. Tomoe konnte nur ahnen, wie sich sein heißer Männersaft in die Liebeshöhle der Koreanerin ergoß und in ihre alle Wonnen des Himmels hervorbrachte.

Ehe die beiden von ihrem erschöpften Höhepunkt herunterkommen konnten, huschte die Japanerin rasch aus dem Türdurchgang heraus, zog die Tür zur Dusche zu und lief schnell hinter die erste Schrankreihe. Keine Sekunde zu früh – in diesem Moment wurde die Tür auch schon wieder geöffnet, leises Kichern war zu hören, nackte, nasse Füße auf dem Kachelboden, das Rascheln eines Handtuchs und dann schnelle Schritte in Richtung Ausgang. Sie konnte noch von hinten einen Blick auf Shinichi werfen, der sich ein Handtuch um die Hüfte geschlungen hatte, ehe er die Türe öffnete und aus der Frauenumkleide verschwand.
Tomoe wartete noch ein paar Sekunden, dann trat sie wie zufällig um die Schrankreihe herum und blieb beim Anblick der Koreanerin stehen. „Oh“, sagte sie lächelnd, „Kim-san. Sie sind mit dem Training fertig?“
Minh blickte überrascht auf; in ihrem Gesicht stand noch die Röte der Erregung, und zwischen ihren Beinen tropfte nicht nur das Duschwasser zu Boden. „Äh... ja, Niowase-Frau“, gab sie in leicht holprigem Japanisch zur Antwort, „gerade eben. Ich bin... voll Ehre, daß sie mich hier treffen.“
„Danke“, lächelte Tomoe und schritt an ihr vorbei auf die Dusche zu. „Wir sehen uns bestimmt noch öfter. Noch einen angenehmen Aufenthalt hier... und viel Spaß.“

Sie zwinkerte der Koreanerin vergnügt zu, dann schritt sie durch die noch offene Tür in den Duschraum und verschloß sie hinter sich, während sie sich innerlich über den Gesichtsausdruck amüsierte, den Minh bekommen hatte, als sie ihr „viel Spaß“ gewünscht hatte.

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Die Türe zum Hauptbüro der Fakultät für transgenetische Biologie stand wie üblich einen Spalt offen, und Takashi machte sich nicht die Mühe, erst anzuklopfen, ehe er eintrat. Professor Koufun saß in ihrem Rollstuhl hinter dem für sie maßgefertigten Schreibtisch und schien gerade mit ihrem Computer beschäftigt zu sein. „Mach die Tür hinter dir zu, Takashi“, sagte sie, als der Student eintrat, „muß ja nicht jeden was angehen.“
Gehorsam tat Takashi, wie ihm geheißen und setzte sich dann auf dem Besucherstuhl gegenüber der Professorin hin. Die immer noch sehr attraktive Mittdreißigerin mit dem kurzen, goldblond gefärbten Haar tippte noch kurz ihren Eintrag zu Ende, dann sah sie auf. „So, und nun zu dir. Hast also immer noch Ärger mit deinem Geschlechtsleben, hm? Wie lief es denn gestern Abend, wo du es so eilig hattest?“

„Nicht besonders“, gestand der Student und hob die Schultern. „Es ändert sich nichts, egal was ich anstelle. Ob ich es jetzt schnell oder langsam mache, egal ob von vorne oder von hinten, egal ob ich oben liege oder meine Partnerin... sie kommt immer in Windeseile und ich überhaupt nicht. Bis ich das erste Mal fertig bin, hab ich eine Frau schon bewußtlos geliebt.“
„Klingt ja ganz schön frustrierend“, meinte Sakura. „Und wie ist es, wenn ihr einfach nur Petting macht?“
Takashi verzog das Gesicht. „Sicher, das geht natürlich besser“, berichtete er, „damit hatte ich noch nie wirklich Ärger. Aber, na ja, heutzutage sind die Frauen recht anspruchsvoll, und irgendwann wollen sie auch mal bis zum Letzten gehen. Ich weiß nicht, wie das zu ihrer Zeit war, Koufun-sensei, aber...“
„HE!“ Die Professorin blies empört die Backen auf. „Zu meiner Zeit? Na hör mal! Als wäre ich irgend so eine alte Tante! Glaubst du denn, jenseits der fünfunddreißig hätte man keinen Sex mehr?“

Takashi schluckte. „Es tut mir leid, wenn ich sie beleidigt habe, Sensei...“ stotterte er, „es ist nicht ihr Alter... ich meine, sie sind nun mal querschnittsgelähmt und sitzen im Rollstuhl...“
Sakuras Empörung wich sofort einem amüsierten Lächeln. „Und du meinst, wenn man unterhalb des Bauchnabels nichts mehr spürt, hört automatisch auch der Sex auf?“ Sie grinste. „Ich würde fast wetten, daß ich in den letzten fünf Jahren nicht weniger Sex hatte als du, sondern eher mehr. Und mit Sicherheit den besseren.“
„Koufun-sensei...“
„Entschuldige, das war taktlos.“ Die Professorin fuhr sich mit der Hand gedankenverloren über den Mund. „Du hast ein ernsthaftes Problem, ich sollte damit nicht so herumalbern. Vor allem, weil ich immer noch keine passable Lösung dafür gefunden habe.“
Die Lippen des Studenten wurden schmaler. „Ihre Forschungen bezüglich der Veränderungen im Erbgut von Tomoe, Mei und mir...“

„Immer noch ergebnislos, tut mir leid.“ Sakura seufzte. „Inzwischen bin ich in der Lage, alle Unterschiede zwischen euch und anderen Menschen sehr gut wissenschaftlich zu beschreiben, aber eine Therapie, davon bin ich noch Lichtjahre entfernt. Euer großer sexueller Appetit, die Körperkräfte, die gesteigerte Ausdauer, Befähigung zu multiplen Orgasmen auch bei den Männern – alles wunderbar dokumentiert. Aber ich kann noch nicht mal eine Pille entwickeln, die Tomoe und Mei vor einer Schwangerschaft schützen würde. Eure Hormone arbeiten einfach vollkommen anders.“
„Also bis auf weiteres immer noch kein Sex zwischen Tomoe und mir“, gab Takashi tonlos zurück.
Die Professorin schüttelte traurig den Kopf. „So gerne ihr beide es miteinander probieren würdet“, sagte sie, „und so gut ihr beide wahrscheinlich zusammenpaßt – das Risiko ist viel zu groß. Schon eure Generation ist normalen Menschen himmelweit überlegen. Ich kann nur spekulieren, was passiert, wenn Tomoe von dir schwanger werden sollte... vielleicht setzen sich die Geistergene vollkommen durch und sie bringt reinblütige Schneejungfern zur Welt. Menschen, die Geisterwesen gebären – danke, für so eine Forschung möchte ich nicht bekannt werden.“

Der Student ließ den Kopf hängen. „Wir könnten Kondome verwenden“, warf er leise ein.
„Zu unsicher“, widersprach Sakura. „Ich hab eure Fähigkeit zum Orgasmus gut studiert. Mei und Tomoe haben regelrechte Saugpumpen zwischen den Beinen, wenn sie erregt sind, und wenn du kommst, könnte man meinen, die Feuerwehr sei da. Ganz davon abgesehen, daß deine Spermien noch nach einer Woche an der Luft beweglich sind und gegen neunundneunzig Prozent der gängigen antibakteriellen Mittel resistent sind. Himmel, du könntest in ein Freibad ejakulieren und hättest damit eine gute Chance, ein paar Frauen zu schwängern! Vergiß das mit den Gummis einfach, die taugen nicht für dich.“

„Na fantastisch.“ Takashi warf die Arme in die Luft. „Und was mache ich dann?“
„Weitersuchen“, gab die Professorin zurück. „Jemanden außer Mei oder Tomoe finden, mit dem du normalen Sex haben kannst.“
Müde verdrehte der Student die Augen. „Und wo? Ich grase seit einem Jahr die Uni Tokyo ab, aber bisher war es immer das gleiche.“
Sakura lächelte, und ihre Augen begannen seltsam zu funkeln. „Wie wär's denn, sagen wir mal... bei Ausländern?“
„Ausländer?“ Fragend sah Takashi auf. „Mein Auslandssemester steht erst in zwei Jahren an, Koufun-sensei. Wie soll...“
„Hast du eigentlich in den letzten Wochen mal ferngesehen, Takashi?“ unterbrach die Professorin ihn. „Wir haben, wie es der Zufall will, gerade einen ganzen Haufen von Ausländern auf einem Fleck.“
Der Student zog die Augenbrauen hoch. „Sie meinen... bei den Olympischen Spielen?“

Sakura grinste. „Ganz genau da. Weißt du, als du vorhin die Sache mit den Colibakterien versaubeutelt hast, da hab ich mir sehr genau durch den Kopf gehen lassen, welche Strafe für so eine Unaufmerksamkeit angemessen wäre.“
„Äh... Strafe?!“
„Oder willst du die Dinger etwa aus eigener Tasche bezahlen?“
Takashi schluckte. „Uh... was wäre denn die Alternative?“
Mit einigen Tastendrücken auf dem Kontrollfeld ihres Rollstuhls fuhr die Professorin von ihrem Schreibtisch zurück und dann zu den jungen Mann in ihrem Büro hin, wobei sie mit einer Hand den Flachbildschirm darauf umdrehte, daß er nun von ihm zu lesen war. „Schau her“, sagte sie. „Die Informationen hab ich mir vorhin aufgerufen. Die Freiwilligenlisten für die Olympischen Spiele. Ist natürlich schon alles weg... bis auf das hier.“ Sie deutete mit dem Finger auf eine Zeile.

„Sanitätspersonal?“
„Und zwar für den Publikumsbereich“, nickte Sakura. „Die Jobs, die keiner will, weil sie einem absolut keine Chance für einen Blick auf die Sportevents geben und man trotzdem einen Zwölf-Stunden-Tag hat. Und danach ist man normalerweise viel zu geschafft, um sich noch abends zusammen mit den Sportlern rumzutreiben... es sei denn, man kommt mit vier Stunden Schlaf am Tag prima aus. Wie du.“
Takashis Augen weiteten sich. „He... da steht ja mein Name!“
Die Professorin grinste wieder. „Weil ich dich vorhin da angemeldet habe“, erklärte sie. „In drei Tagen endet das Semester und du hast vorlesungsfreie Zeit. Jetzt hast du in den ersten zwei Wochen gleich was zu tun. Und wer weiß...“ Sie zwinkerte ihm zu. „Man behauptet, die Afrikanerinnen seien richtig anspruchsvoll im Bett. Oder vielleicht willst du eine von diesen chinesischen Gewichtheberinnen mal auf Ausdauer prüfen...“
„Bloß nicht!“ Der Student hob entsetzt die Arme. „Bei denen wäre ich mir nie sicher, ob das nicht eigentlich Männer sind, denen man nur was rausoperiert hat.“
„Komisch“, grinste Sakura. „Und ich dachte, wer schon eine Mutter wie du hat, den kann nichts mehr schocken.“
„Koufun-sensei!!!“

Amüsiert kicherte die Professorin albern in sich hinein. „Tut mir leid“, meinte sie grinsend, „das sind halt noch die Jugenderinnerungen, die da wieder hochkommen. Wirklich, ich hab die höchste Achtung vor Yuriko-kun, aber ich sehe sie immer noch vor mir mit diesem riesigen Kitzler, wie sie mir ein 'Komm, laß es uns treiben' zuhaucht.“
Takashi sah errötend zu Boden. „Ich denke“, sagte er, „ich gehe jetzt besser. Danke für ihre Zeit.“
„Gerne jederzeit wieder“, gab Sakura zurück. „Ich druck dir noch den Zeitplan für deine Einsätze aus. Kannst sie in deinem Studentenbriefkasten heute abend dann abholen.“
„Danke nochmal... und auf Wiedersehen.“
„Auf Wiedersehen.“

Takashi schloß die Türe hinter sich und atmete tief durch. Professor Koufun war eigentlich eine wirklich nette Person... aber furchtbar takt- und schamlos. Wie seine Eltern je mit ihr so was wie eine Freundschaft hatten haben können, was ihm schleierhaft. Sicher, sein Vater hatte wohl einige Male erwähnt, daß er in seiner Vergangenheit ganz schön wild gewesen war, und auch seine Mutter mit ihrer angeborenen Zwiegeschlechtlichkeit war keineswegs das, was man sich unter einem normalen Elternteil vorgestellt hatte. Aber wenigstens besaßen beide den Anstand, sich in der Öffentlichkeit ein wenig zurückzuhalten und nicht unbedingt andauernd nur das Eine im Kopf zu haben. Bei Professor Koufun hingegen mußte man den Eindruck haben, sie hätte ständig irgendwelche Hintergedanken... so auch hier.

Schließlich schob er den Gedanken beiseite. Alles in allem war die Idee mit den Olympischen Spielen gar nicht so schlecht. Es waren ein paar tausend Leute an einem Ort, die er noch nie im Leben getroffen hatte, und alle diese Leute waren Leistungssportler und damit von besonderer Ausdauer. Vielleicht ergab sich in den zwei folgenden Wochen ja wirklich die Gelegenheit, neue Bekanntschaften zu schließen, und es war sicherlich nichts dagegen einzuwenden, wenn ein oder zwei davon auch im Bett endeten.

Außerdem – und Takashi hoffte inständig, daß Professor Koufun das nicht noch einfallen würde – war er so immer ganz nahe bei Tomoe...
 

Taleweaver

Scriptor
Kapitel 2

„Chile!“
„He! Nicht drängeln!“
„Au! Das war mein Fuß!“
„Nimm deinen Ellbogen aus meinem Bauch!“
„Leicht gesagt; nimm deine Nase aus meinem Ohr!“

Obwohl die Vorhalle des neuen Olympiastadions von Tokyo alles andere als klein war, herrschte momentan im Inneren eine drangvolle Enge wie zu den schlimmsten Stoßzeiten in der U-Bahn, was daran lag, daß alle an den Spielen teilnehmenden Athleten sich hier vor dem Einmarsch der Nationen versammelten und gemeinsam darauf warteten, aufgerufen zu werden. Wenigstens funktionierte die Klimaanlage gut, ansonsten wären die Hitze und vor allem der Geruch von tausenden schwitzender Sportler absolut unerträglich gewesen. Wenigstens wurde es mit jeder Nation, die aufgerufen wurde, etwas leerer.

„Denmark!“

Ein Ruckeln und Schieben ging durch die Reihen, und als es vorbei war, stellte Tomoe erleichtert fest, daß sie jetzt wieder zwei Millimeter mehr Platz nach vorne hatte. Ihr war die Ehre zugeteilt worden, die japanische Olympiamannschaft als Fahnenträgerin anzuführen; allerdings bedeutete das im Moment, daß sie dichtgedrängt hinter den wenigen weiblichen Sportlern aus dem Iran stand, und die armen, vollverschleierten Frauen mußten unter ihrem Tschador wirklich erbärmlich schwitzen. Seitdem im Gottesstaat wieder die radikalfundamentalistischen Kräfte an der Macht waren, mußte man schon froh sein, daß Frauen überhaupt noch zu den Spielen mitgenommen wurden.

„Egypt!“

Tomoe seufzte. Sie hatte schon viel davon gehört, wie anstrengend der Einmarsch der Nationen wirklich war und daß er im Prinzip ein stundenlanges, quälendes Stillstehen bedeutete, aber so hart hatte sie es sich nicht vorgestellt. Eigentlich machte ihr körperliche Anstrengung nichts aus, im Gegenteil... nur, jetzt mußte sie feststellen, daß ihre große Körperkraft und Ausdauer offenbar nur dann wirklich zum Tragen kamen, wenn sie sich bewegen konnte. War sie zum Stillstehen gezwungen, begannen ihre Muskeln wie bei ganz gewöhnlichen Menschen zu verspannen und zu schmerzen. Glücklicherweise war sie neben ihrer natürlichen Begabung auch noch vom Training her in ausgezeichneter Form, und sie war sich sicher, diese Tortur gut durchzustehen, aber was die anderen Sportler in ihrer Mannschaft anging...
Vorsichtig wagte sie einen Blick über die Schulter. Direkt hinter ihr standen die beiden Volleyball-Nationalteams von Japan – nachdem man sie als Fahnenträgerin ausgewählt hatte, war es nur natürlich, daß ihre Teamkameradinnen direkt hinter ihr liefen, und das machte es wiederum klar, daß die Volleyball-Herren als nächstes folgen würden. Auch den anderen machte die Enge und das lange untätige Stehen natürlich zu schaffen, aber sie schienen es ebenso wie Tomoe, wenn auch mit zusammengebissenen Zähnen, ertragen zu können. Wenigstens hatten sie ihr erstes Spiel erst in einigen Tagen und konnten sich morgen von den Strapazen erholen...

„Germany!“

In diesem Augenblick blieb Tomoes Blick in den Reihen der Volleyballherren hängen. In der Halle war es relativ warm und schwül, wenn auch dank der Klimaanlage nicht richtig heiß... und trotzdem stand dort jemand, dem der Schweiß geradezu in Strömen herunterlief: Ken Miyagi, zweites japanisches Team, geboren auf Okinawa und eingeschrieben an einer Uni in Florida in den USA. Ausgerechnet er hatte in der Wärme hier Probleme? Und wenn es Tomoe recht bedachte... er sah nicht besonders gut aus; sein Gesicht war blasser als sonst und er wirkte irgendwie fahrig. Ob er sich irgendeinen Virus eingefangen hatte? Aber nein... dann hätten ihn seine Ärzte hier sicher nicht antreten lassen...
Langsam huschten die Augen der jungen Frau über die weiteren Sportler ihrer Nation. Soweit sie sehen konnte, war Ken der einzige, der angeschlagen wirkte... nun ja, weiter hinten hatte sie nicht mehr wirklich den Überblick, trotz ihrer Körpergröße. Aber wenn morgen das ganze Team mit Grippe im Bett lag, war es wahrscheinlich zu spät, sich darum Gedanken zu machen. Besser, sie sah noch heute abend einmal nach dem Rechten. Sobald der Einmarsch der Nationen vorbei war, konnte sie ja mit den Teamärzten ein paar Worte wechseln; die würden sicher nichts dagegen haben, wenn man sie frühzeitig auf mögliche Probleme hinwies...

„Japan!“

Erschrocken fuhr Tomoe zusammen. Sie war so in Gedanken gewesen, daß sie gar nicht gemerkt hatte, wie sich die Reihen der Sportler vor ihr mehr und mehr gelichtet hatten, und nun war endlich ihre Mannschaft an der Reihe. Mit einem Ruck nahm sie die Fahnenstange fest in beide Hände, hielt sie schräg vor sich und marschierte aus der Vorhalle in das Stadion hinaus.

Frenetischer Jubel von hunderttausend Zuschauern empfing sie, und für einen Moment vergaß die junge Frau alle ihre Sorgen.

---

Der unbeschreibliche Jubel, der selbst noch bis in die hintersten Ecken des Olympiastadions drang, wäre für Takashi vollkommend ausreichend gewesen, um den Augenblick des Einzugs der japanischen Mannschaft mitzubekommen, doch glücklicherweise war die Veranstaltungsleitung so umsichtig gewesen, in den Sanitätsräumen kleine tragbare Fernseher zu installieren, über die man die aktuelle Berichterstattung auch jenseits der Sportstätten verfolgen konnte. Der Student und die beiden anderen hier auf der Krankenstation, ein Rettungssanitäter und einer von der Freiwilligen Feuerwehr, hatten bereits die ersten „Fälle“ fachkundig versorgt: einen über siebzig Jahre alten Mann, der während der ganzen Aufregung einen Schwächeanfall erlitten hatte und nun auf einem der Betten ruhte und eine Frau Mitte Vierzig, der im Gedränge jemand auf die Hand getreten war und die man mit Verdacht auf Bruch des Mittelhandknochens hier notversorgt hatte, bis in einem der umliegenden Krankenhäuser ein Platz zum Röntgen freiwurde.
„Niowase-san hat wirklich Klasse“, bemerkte der Feuerwehrmann anerkennend, während er auf das Fernsehbild deutete, wo die Kamera gerade Tomoe mit der japanischen Fahne in der Hand eingefangen hatte. „Kuck mal, wie geschmeidig die sich bewegt – wie ein Kranich im Flug. Und diese langen Beine... das wär ne Frau für mich.“

„Wenn man auf Spargel steht“, grinste der Rettungssanitäter, „dann vielleicht. An der ist doch nichts dran; die besteht doch nur aus Haut und Knochen. Außerdem würde sie dich glatt um nen Kopf überragen, Kato-kun. Schau dir mal unsere Fußballerinnen an – hier, Shibasu-san, die ist mein Kaliber.“
Takashi blickte irritiert zu ihm. „Stehst du auf Flaschenkürbisse, Aramito-kun?“ wollte er wissen. „Dann ist mir klar, daß du die Beine von Shibasu-san vorziehst. Und so wenig, wie du denkst, ist an Niowase-san gar nicht dran. Die ist einfach nur klasse gebaut.“
Die Augenpaare von den beiden anderen richteten sich auf ihn. „Woher willst du das so genau wissen?“ meinte Aramito verächtlich. „Sag bloß, du schaust dir tatsächlich Volleyball an, diesen Weibersport.“
„Meine Sache“, gab der Student kurz angebunden zurück. „Aber auf Niowase-san laß ich nichts kommen.“
„Heee“, grinste Kato, „ist da jemand vielleicht in unseren Sportstar verschossen? Vergiß das lieber gleich – das Fräulein hat hier unter den Sportbetreuern einen ganz schön heiklen Ruf. Anscheinend ist sie ein ziemliches Prinzeßchen und wechselt ihre Lover so schnell wie andere Leute die Unterwäsche.“

Takashis Augen verengten sich ein Stück. „Wer redet so was?“
Der Feuerwehrmann hob die Schultern. „Die Leute halt“, sagte er. „Man kriegt ne ganze Menge mit, wenn man bei allen möglichen Sportveranstaltungen für den Brandschutz zugeteilt wird. Mach dir keine Hoffnungen – sie hat bisher jeden wieder fallenlassen.“
„Vielleicht hat sie bisher auch jeder enttäuscht“, konterte der Student und beugte sich bedrohlich vor. „Vielleicht waren die Leute bisher einfach zu schlecht für sie.“
„Hey, hey, immer mit der Ruhe, Katasa-kun!“ Aramito trat zwischen die beiden. „Kein Streit hier. Am besten lassen wir es mit dem Thema und kümmern uns um was anderes, okay?“
In diesem Moment wurde die Tür geöffnet und ein Mann in einer signalgelben Jacke sah herein. „Sanitätsraum 11?“
Takashi sah zur Türe. „Ja, das ist hier.“
„Dann bin ich hier richtig. Nihonbashi-Unfallklinik 2. Ich hole den Röntgenpatient und den Herrn mit Schwächeanfall ab.“

„Ausgezeichnet“, gab Aramito zurück und wandte sich dem älteren Patienten zu. „Können sie stehen?“
„Ich glaube nicht“, gab der Mann leise zurück. „Mir dreht sich noch alles.“
Kurzentschlossen sprang Kato auf. „Dann bringen wir ihn rasch zum Krankenwagen“, sagte er. „Katasa-kun, du hältst hier die Stellung. Aramito-kun und ich erledigen das.“
„Geht klar.“
Die beiden Männer lösten das Tragebett von seinem Rollgestell und hoben es sachte an, während Takashi den beiden die Tür aufhielt, worauf sie zusammen mit der Frau mit der verbundenen Hand dem Krankenwagenfahrer folgten. Der Student schloß hinter ihnen wieder die Tür, ließ sich auf einen der Stühle sinken und richtete seinen Blick wieder auf den Fernseher, wo soeben die Sportler von Namibia ins Stadion einmarschierten.

---

Von draußen klangen noch die letzten Töne der Fanfaren hinunter in die Umkleiden des Olympiastadions, und Tomoe war heilfroh, daß die Eröffnungsfeier endlich vorbei war. Es war tatsächlich genau so langwierig und anstrengend gewesen, wie es die anderen immer gesagt hatten, und die junge Frau sehnte sich nun nur noch nach zwei Dingen: einer Dusche und einem weichen Bett. Aber noch war ihr Tag nicht vorbei; vorher hatte sie noch etwas zu erledigen.
Anstelle in die Umkleide zu gehen, lief sie den Gang durch die Räumlichkeiten unter dem Stadion weiter geradeaus, bis sie an dem großen Aufenthaltsraum für die Betreuer ankam. Im Moment war es dort brechend voll – bis auf diejenigen Leute, deren Schützlinge morgen ihren ersten Einsatz hatten, war das gesamte Begleiterteam der japanischen Olympiaauswahl hier zu einer kleinen privaten Eröffnungsfeier zusammengekommen. Tomoes Ankunft sorgte nochmals für heftige Begeisterungsstürme, aber die junge Frau hob schnell beschwichtigend die Hände. „Ich suche Hayato-sensei“, rief sie über den Jubel hinweg. „Ist Hayato-sensei hier?“
„Hier drüben“, meldete sich der Mannschaftsarzt des Volleyballteams, ein schlanker, graumelierter Herr Mitte Vierzig und stand auf. „Gibt es Probleme?“

„Vielleicht“, rief Tomoe zurück, und der Jubel im Raum legte sich bei ihren Worten ein wenig. „Ich müßte sie noch kurz privat sprechen.“
Hayato nickte knapp. „Gehen wir rasch raus“, stimmte er zu und schob sich durch die anderen Betreuer hindurch auf die junge Frau zu. „Feiern sie ruhig weiter“, rief er den Anwesenden zu, „ich bin gleich wieder da.“
Tomoe ging zusammen mit ihm vor die Tür, und er zückte einen Schlüsselbund und öffnete einen Nebenraum, der als Krankenzimmer eingerichtet war. „Da drinnen können wir ungestört reden.“
„Gut.“ Die Sportlerin folgte ihm hinein und schloß die Tür hinter sich. „Die Sache ist die... mir ist bei der Eröffnungsfeier aufgefallen, daß es Miyagi-san nicht besonder gut zu gehen schien. Hat er ihnen vielleicht was näheres gesagt?“
„Sie wissen schon, daß ich ihnen darüber keine Auskunft geben darf, Niowase-san, nicht wahr?“ gab der Arzt zurück. „Meine ärztliche Schweigepflicht... aber ich verstehe natürlich ihre Sorge. Was genau haben sie denn an Miyagi-san bemerkt?“

Tomoe setzte sich auf eines der Betten. „Er schien blasser als sonst zu sein und zu schwitzen“, erzählte sie. „Sicher, es war nicht gerade sehr kühl vor dem Einmarsch da unten, aber den anderen schien nichts zu fehlen.
Einen Moment sah Hayato zu Boden. „Vielleicht stand er direkt neben dem Zuluftschacht der Klimaanlage“, sagte er. „Wenn der Körper extreme Temperaturunterschiede erfährt, kommt es manchmal zu solchen Reaktionen. Aber ich kann sie beruhigen, Miyagi-san ist nicht krank. Er war noch heute früh bei mir und hat mir erzählt, daß er sich etwas eigenartig fühlt, aber ich habe nichts feststellen können. Wahrscheinlich war es nur das Lampenfieber. Wenn man weiß, daß einem in wenigen Stunden eine Milliarde Menschen in aller Welt zusehen werden, kann man schon mal nervös werden. Übrigens, sie haben eine glänzend Figur im Fernsehen gemacht, Niowase-san.“
„Danke.“ Die junge Frau schmunzelte. „Es war auch ganz schön anstrengend. Die meisten Volleyballspiele nehmen mich weniger mit als so eine Zeremonie.“

„Die meisten Volleyballspiele dauern auch keine vier Stunden“, gab der Arzt zurück. „Tatsächlich möchte ich ihnen raten, sich morgen ein wenig zu schonen – das lange Stehen geht sehr stark auf die Kondition und ist den Abwehrkräften alles andere als zuträglich. Sie sollten vor allem große Menschenansammlungen meiden – am Tag nach so einem Großereignis wie dem heute ist die Wahrscheinlichkeit größer, sich von jemandem etwas einzufangen.“
Wieder mußte Tomoe schmunzeln. „Danke für die Fürsorge“, meinte sie, „aber ich war in meinem ganzen Leben noch keinen Tag krank. Ich denke, ich werde auch diese zwei Wochen gut überstehen.“
Hayato zog beeindruckt die Augenbrauen hoch. „Dann haben sie ein wirklich außergewöhnliches Immunsystem.“
„Ich vielleicht“, stimmte die junge Frau zu, „aber nicht zwangsläufig die anderen. Ich... ich denke, ich würde mich wohler fühlen, wenn sie morgen noch einmal das Volleyballteam untersuchen. Nur so zur Sicherheit. In drei Tagen sind die ersten Spiele, und wenn da die halbe Mannschaft mit irgend einem Virus im Bett liegt...“
„Nochmal, machen sie sich keine Sorgen“, beruhigte sie der Arzt. „Sie haben alle vor einem Monat ihre Grippeimpfung erhalten; da wird nichts Ernsthaftes ausbrechen. Ich rede morgen noch mal mit meinen Kollegen von den anderen Mannschaften und höre mich um, aber ich bin mir sicher, es besteht keinerlei Grund zu irgendwelchen Bedenken. Danke noch mal, daß sie mich angesprochen haben, Niowase-san.“

Tomoe lächelte schwach, erhob sich von dem Krankenbett und verneigte sich kurz vor dem Arzt, ehe sie die Tür öffnete und in Richtung Umkleide schritt. Wahrscheinlich hatte Doktor Hayato recht – die medizinische Überwachung der japanischen Athleten war ausgezeichnet, und es war nur schwer vorstellbar, daß eine ernsthafte Erkrankung bei den vielen regelmäßigen Kontrollen übersehen worden war.

Und doch: Wenn dem so war, wieso hatte Tomoe dann so ein ungutes Gefühl, wenn sie an den Anblick von Ken Miyagi dachte?

---

Stunden vergingen. Takashi saß alleine im Sanitätsraum und wartete.
Und wartete.
Und wartete.

Die Eröffnungsfeier war längst vorbei, die Zuschauer lange gegangen, und selbst die Geräusche der Putzkolonnen, die nach dem Ende der Festlichkeiten alles wieder sauber machen mußten, waren lange verstummt. Im Fernsehen lief eine Reportage über die Erfolge japanischer Olympiateilnehmer der vergangenen Jahre. Aber Aramito und Kato waren immer noch nicht zurück.
Takashi stand von seinem Stuhl auf und streckte sich. Was dauerte denn da so lange? Sicher, möglicherweise hatten die beiden anderen noch die Fahrt im Krankenwagen begleitet, hatten noch Protokolle für die behandelnden Ärzte vor Ort schreiben müssen und dann irgendwie wieder zurück zum Stadion kommen müssen, und dann noch mal durch den ganzen Sicherheitscheck... das konnte durchaus ein bis zwei Stunden dauern. Aber auch die Zeit war längst überschritten. Wo blieben die beiden nur.

Kurzentschlossen ging Takashi zur Tür, zog den Schlüssel von innen ab und öffnete sie. Eigentlich hätte er den Raum nicht verlassen dürfen – die Sanitätsräume mußten während allen Veranstaltungen immer besetzt sein, und wenn auch nur mit einem einzelnen Mann, der im Notfall Hilfe anfordern konnte. Aber allem Anschein nach war inzwischen wirklich für den heutigen Tag alles vorbei. Es wunderte ihn nur, daß ihm niemand Bescheid gesagt hatte, daß er jetzt gehen konnte. Ehe er sich auf den Heimweg machte, wollte er auf jeden Fall noch einmal nachfragen, ob es auch wirklich in Ordnung ging.
Der Student schloß hinter sich ab und machte sich auf den Weg in Richtung Personalverwaltung. Alles war still und einsam; seine Schritte hallten hohl durch die leeren Gänge. Auch das Büro, in welchem er sich heute gemeldet hatte, war bereits verlassen. Hatte man ihn einfach nur vergessen? Schulterzuckend hängte er den Schlüssel zum Sanitätsraum an den dort befindlichen Haken, drückte den Türöffner nach außen und schritt dann in Richtung Ausgang des Stadions, wo die Busse in Richtung Innenstadt fuhren.
Und zu seinem Entsetzen mußte er feststellen, daß das Busterminal leer und die Lichter dort dunkel waren.

Erschrocken lief Takashi nun doch schnelleren Schritts zur Haltestelle und warf einen Blick auf den Fahrplan. Tatsächlich – der letzte Wagen war bereits vor einer Dreiviertelstunde abgefahren. Verflucht! Jetzt gab es nur noch eine Möglichkeit, zurück zu seiner Studentenwohnung zu kommen, ein Taxi. Rasch rechnete er im Kopf durch, wie lange die Fahrt wohl dauern würde und kam zu dem ernüchternden Ergebnis, daß eine solche Strecke ihn wahrscheinlich leicht sechs- bis achttausend Yen kosten konnte. Ein verdammt teurer erster Tag, aber wenn es denn keine andere Chance mehr gab... Er zog sein Handy aus der Tasche, als...
„Was denn... bist du das, Takashi?“
„Hm?“
Erstaunt sah der Student sich um – und sein Blick fiel auf eine brünette, gutaussehende Frau Mitte Dreißig, von der er nicht erwartet hätte, sie hier zu treffen.
„Danryoku-san!?“

„Das ist aber eine Überraschung“, freute sich Tsukune und lief mit schnellen Schritten auf den jungen Mann zu, wobei ihre üppige Oberweite sachte hin- und herschwang. „Was machst du denn hier?“
Takashi schmunzelte. „Das gleiche sollte ich sie fragen, Danryoku-san“, gab er zurück. „Ich bin bei den freiwilligen Sanitätern für die Olympischen Spiele. Und sie?“
Lächelnd hielt die Frau vor ihm an. „Ich trainiere unsere Olympiaschwimmerinnen“, erklärte sie, „wußtest du das nicht?“
„Nein“, gab der Student zu, „ich wußte nur, daß sie früher mal selbst eine wirklich gute Schwimmerin waren. Aber meine Eltern haben nie was davon erwähnt, daß sie immer noch im Sport tätig sind.“
„Na ja...“ Tsukune senkte den Blick ein wenig. „Deine Mutter und ich waren nicht unbedingt die besten Freundinnen, mußt du wissen. Verständlich, wenn sie nicht viel von mir redet. Aber Mei sollte doch was erzählt haben.“

Takashi mußte lachen. „Ich hab ihre Tochter seit über einem Jahr nicht mehr gesehen“, sagte er, „seitdem ich mit dem Studium richtig beschäftigt bin. Nur mit Tomoe hab ich richtig Kontakt.“
Die Frau nickte verstehend und verschränkte die Arme unter ihrer ausladenden Brust. „Dann bleibt eigentlich nur noch eine Frage: Was machst du hier noch? Die letzten Busse sind doch schon lange weg, und ich bin auch nur noch hier, weil ich während der Feier was verloren hatte, das ich noch suchen mußte.“
„Mich haben meine Leute anscheinend vergessen“, grummelte der Student. „Mir hat niemand gesagt, daß ich gehen kann.“
„Oh je.“ Tsukune lachte auf. „Na, dann hast du aber richtig Glück gehabt, daß ich mit dem Auto hier bin. Ich fahr jetzt aber gleich ins Olympische Dorf – nach ein Uhr nachts lassen die niemanden mehr rein oder raus. Willst du mitkommen?“
Zweifelnd hob Takashi eine Augenbraue. „Geht das denn in Ordnung?“ wollte er wissen. „Da dürfen doch nur Sportler und ihre Betreuer rein.“
Die Frau grinste. „Und deren Familienangehörige. Und auch, wenn es nicht gern gesehen wird – wenn jemand seinen Freund oder seine Freundin für die Nacht mitbringen will, drücken die Leute am Tor auch ein Auge zu. Sportler sind auch nur Menschen mit ganz normalen menschlichen Bedürfnissen. Himmel, ich red schon wie Sakura!“
„Kann ich bestätigen“, schmunzelte der Student. „Dann danke ich mal für das Angebot. Wo steht ihr Wagen?“
„Da hinten.“

Die Fahrt ins Olympische Dorf dauerte gut zwanzig Minuten, und das, obwohl Tsukunes alter Toyota Prius nun wirklich keine lahme Kiste war. Allerdings führte die neu angelegte Straße über derartig viele Schleifen, daß man effektiv vierzig Kilometer zurücklegen mußte, um sein Ziel zu erreichen. Am Olympischen Dorf angekommen hielt Tsukune vor der Einfahrtsschranke und wartete, bis einer der dort postierten Sicherheitsleute vorbeikam.
„Guten Abend, Danryoku-san“, begrüßte der Wachmann sie, als er sie erkannt hatte. „Sie sind spät dran. Sicherheitsausweis?“
„Hier, bitte.“ Tsukune reichte ihm die Karte, die um ihren Hals hing. „Ging heute alles glatt?“
Der Wachmann nickte, zog die Ausweiskarte durch ein tragbares Lesegerät und reichte sie dann zurück. „Soweit alles in Ordnung. Sie können...“ In diesem Moment fiel ihm Takashi auf. „Entschuldigen sie kurz, wer ist das da?“
Die Frau lächelte freundlich. „Das ist Takashi Katasa, einer meiner Verwandten. Er arbeitet freiwillig als Sanitäter. Ich wollte ihm mal das Olympische Dorf zeigen.“
„Ein Sanitäter?“ Der Wachmann leuchtete mit seiner Taschenlampe ins Wageninnere. „Sie sind noch sehr jung, Katasa-san. Ihr Sicherheitsausweis?“

„Ich habe nur eine Helferkarte“, gab Takashi zurück und reichte sie ihm. „Ich hab auch keine Sicherheitsfreigabe. Ist das sehr tragisch?“
Einen Moment lang inspizierte die Wache den Ausweis, dann reichte sie ihn zurück. „Das wird in Ordnung gehen, denke ich“, sagte der Mann dann. „Sie müssen sich aber noch bei der Verwaltung anmelden. Machen sie das gleich morgen früh. Wenn sie hier innen ohne Sicherheitsausweis unterwegs sind, bekommen sie Ärger. Und ich noch dazu.“
Tsukune warf kurz Takashi einen Blick zu, ehe sie sich wieder dem Wachmann zuwandte. „Können sie ihm denn keinen Besucherausweis oder so etwas ausstellen?“
„Nicht mehr um diese Uhrzeit.“ Der Wachmann trat ein Stück vom Wagen weg. „Gehen sie gleich morgen früh zur Verwaltung. Wobei...“ Er stutzte einen Moment. „Wenn er noch kein Zimmer hat...“
„Er schläft bei mir auf dem Zimmer“, stellte Tsukune sofort fest. „Wir legen einfach noch eine Matratze hinein, dann geht das schon. Wir sind ja Verwandte.“
Einen Moment sah sie der Wachmann noch nachdenklich an, dann nickte er. „Nun gut. Ich mache ihnen dann auf. Gute Nacht noch.“
Die beiden Wageninsassen lächelten zurück. „Gute Nacht ebenso!“

Als sich einige Momente später die Schranke hob, warf Takashi seiner Fahrerin einen eigentümlichen Blick zu. „Warum haben sie gelogen?“ wollte er wissen. „Wir sind nicht verwandt.“
„Genetisch gesehen schon“, schmunzelte Tsukune. „Du weißt doch, daß deine Eltern, und Hitomis Eltern, und ich, und noch ein paar andere, allesamt genetisch veränderte Menschen sind, nicht wahr?“
„Sicher... die Sache mit dem Impfstoff XXX.“
Die Frau warf ihrem Beifahrer einen kurzen Seitenblick zu. „Dieser Impfstoff stammt aus einer einzelnen Quelle“, erklärte sie, „und diese Quelle ist im Erbgut von uns allen erhalten. Genetisch gesehen sind wir damit alle Cousins und Cousinen, und damit sind auch wir beide noch um zwei Ecken herum verwandt.“
Takashi sah sie an. „Das ist aber nicht der wirkliche Grund, warum sie das gesagt haben, oder?“
„Nicht wirklich“, gab Tsukune zu. „Eigentlich wollte ich nur nicht, daß es um mich dummes Gerede gibt. Du mußt wissen, Yakamo – mein Ehemann – hat im Moment außerhalb der Stadt zu tun und kann nicht zusammen mit mir im Olympischen Dorf wohnen. Und ehe jetzt das Gerücht die Runde macht, ich hätte mir in dieser Zeit einen jüngeren Liebhaber zugelegt...“
„Oh!“ Der Student schmunzelte. „Gut, das verstehe ich.“

Einige Minuten später lenkte die Frau den Wagen in eine kleine Einfahrt vor einem Bungalowtrakt. „Wir sind da“, sagte sie und hielt in einer Parkbucht an. „Hier sind die Schwimmerinnen untergebracht.“
Takashi sah auf. „Äh... geht das auch wirklich in Ordnung?“ erkundigte er sich noch einmal. „Ich meine, wenn ich hier alleine unter lauter Frauen bin...“
„Hast du etwa Angst?“ schmunzelte Tsukune. „Nur keine Angst, meine Mädels wissen sich zu benehmen. Und außerdem bist du nicht der einzige Mann hier. Zwei männliche Trainer wohnen auch noch im Haus. Brauchst dir also keine Gedanken zu machen. Und wenn sich zwischen dir und den Mädels was ergibt... wir sind hier alle erwachsene Leute. Hier weiß jeder, was für ihn selbst gut ist oder nicht.“

„Uh... na gut.“ Takashi öffnete die Wagentür, stieg aus, und ging dann gemeinsam mit seiner Bekannten zum Bungalow. Die Sicherheitskarte der Frau öffnete die Vordertür, und beide betraten das bereits dunkle und stille Haus. Direkt rechts neben dem Eingang befand sich das Schlafzimmer, wo der Student in dieser Nacht unterkommen sollte.
Tsukune öffnete den Wandschrank und inspizierte ihn. „Hm... keine Futons mehr über? Schlecht.“ Sie sah zum Studenten. „Scheint so, als müßte ich mal bei der Männermannschaft nachschauen – du kannst ja schlecht auf dem Boden schlafen. Kleider zum Wechseln hast du auch nicht dabei, oder?“
Takashi schmunzelte. „Nicht wirklich.“
„Dann bring ich dir auch noch einen Satz Trikots und Trainingsanzüge mit“, stellte die Frau fest. „Von denen sind noch ein paar hundert drüben übrig. Warte hier auf mich. Wird höchstens zwanzig Minuten oder so dauern.“
„Uhm...“ Der Student wollte zaghaft Widerspruch einlegen, aber er sah ein, daß sie recht hatte – er brauchte jetzt, mitten im Hochsommer, Kleidung zum Wechseln. „Danke.“

Während Tsukune nochmals das Haus verließ, setzte sich Takashi auf dem Boden nieder. Was für ein eigenartiger Tag. Da hatte er sich schon damit abgefunden, die Olympischen Spiele nur auf dem Fernsehschirm verfolgen zu können und nur abends vielleicht ein bißchen mit den Sportlern zusammenzukommen, und jetzt hatte er schon einen quasi festen Platz im Olympischen Dorf. Sicher, Danryoku-san mußte das noch alles in die Wege leiten, aber er hatte durchaus nur wenig Zweifel, daß sie das schaffen würde. Sie war eine willensstarke Persönlichkeit und noch dazu nicht gerade unbekannt...
Takashis Gedanken wurden von einem etwas unangenehmen Gefühl in der Bauchgegend unterbrochen – er hatte allmählich richtig Hunger. Seit dem Frühstück war er nicht mehr dazu gekommen, etwas zu essen, und eigenlich hatte sich darauf gefreut, sich heute Abend eine extragroße Portion Okonomiyaki nach Hause zu bestellen. Nur... der Bringservice würde kaum ins Olympische Dorf liefern. Aber hier im Bungalow mußte es doch so etwas wie eine Küche oder eine Speisekammer haben. Danryoku-san würde sicher nichts dagegen haben, wenn er sich schnell noch ein paar kalte Nudeln oder ein wenig Reis mit Soße nahm. Die Frage war nur... wo fand man so etwas?

Kurzentschlossen erhob er sich wieder und schritt aus dem Schlafzimmer hinaus auf den Gang. Sowohl zur Linken als auch zur Rechten gab es gleich je sechs weitere Türen, und am hinteren Ende befand sich neben der Treppe nach oben noch eine weitere. Keine Beschriftung – Takashi blieb nichts anderes übrig, als sie alle durchzuprobieren.
Die erste links... verschlossen. Zweite rechts... offen, aber dahinter Dunkelheit und regelmäßige Atemgeräusche – hier schlief jemand. Der Student schloß die Tür leise wieder. Zweite links... verschlossen. Dritte rechts... verschlossen. Dritte links... verschlossen. Vierte rechts... wieder ein dunkles, stilles Schlafzimmer und leises Geraschel von Stoff. Wieder zumachen. Vierte links... Licht, und...

„Oh ja... ja... ja... ja...“
„Hmm... hnn... uuuuh... jaaa...“
Takashis Augen weiteten sich. Der Raum war offensichtlich ein weiteres Einzelschlafzimmer, aber in diesem war nicht nur einer Person... und auf keinen Fall waren da Schlafende! Statt dessen hockten, eng umschlungen, zwei Personen ungefähr in seinem Alter auf dem einen Futon in der Mitte und waren unverkennbar mit der Liebe beschäftigt. Die eine war eine junge Frau mit einem sehr kurzen, schwarzen Bürstenschnitt, die er nicht kannte, der andere war ein recht hochgewachsener junger Mann, an dessen Namen er sich nicht sofort erinnerte, von dem er jedoch wußte, daß er zu den japanischen Volleyball-Herren gehörte. Offenbar hatte er noch Trainingsrückstand aufzuholen, denn das Tempo, in welchem er über die Frau förmlich herfiel, war geradezu halsbrecherisch.
Wie versteinert starrte Takashi auf die Szenerie und konnte deutlich spüren, wie in seiner Hose sich etwas regte. Die beiden Liebespartner im Raum nahmen keine Notiz von ihm, sondern gaben sich völlig einander hin, und der Student mußte sich regelrecht zusammenreißen, um wieder zurück in den Gang zu treten und die Türe leise zu schließen.

Und in diesem Moment faßte ihn jemand von hinten an der Schulter an und flüsterte ihm leise ein „Span-n-n-er!“ ins Ohr.
Erschrocken fuhr Takashi herum. „Wa...“
„Sscht.“ Eine weiche Hand legte sich ihm auf dem Mund, und der junge Mann sah, daß hinter ihm aus dem gegenüberliegenden Zimmer, in das er zuvor geschaut hatte, offenbar die Insassin herausgetreten war. Es war eine weitere junge Frau, vielleicht etwas älter als er, aber ein wenig kleiner, schwarzes Haar mit braunen Strähnchen in einem modernen Wuschelschnitt. Außer einem langen Nachthemd schien sie nichts anzuhaben. „Schön leise“, flüsterte sie, „wir wollen doch die anderen nicht wecken, oder?“
„Uhm...“ Takashi nahm vorsichtig die Hand der jungen Frau von seinem Mund. „Wer sind sie?“
Sie schmunzelte. „Zu wem wolltest du denn?“
Der Student blinzelte verwirrt. „Zu niemand bestimmtem.“

„Um so besser.“ Die junge Frau packte ihn vorne am Hemd und begann, ihn in ihr Zimmer zu ziehen. „Du kommst mir jetzt gerade recht.“
„Äh?!“ Takashi ließ sich führen, war aber immer noch reichlich verdattert. „Entschuldigung... wir kennen uns doch gar nicht.“
Kurzerhand drückte die junge Frau hinter ihm die Türe wieder zu. „Ich bin Mika“, sagte sie dann. „Die im Zimmer gegenüber, der du so interessiert zugeschaut hast, das war Akari. Und der Kerl bei ihr ist Ken Miyagi, von den Volleyballern. Ich fand's ziemlich schäbig, daß Akari ihn nur für sich alleine wollte. Na ja, jetzt hab ich ja dich.“
Der junge Mann hob eine Hand. „Also... ob du mir das jetzt glaubst oder nicht, ich bin nicht... deswegen hier. Eigentlich hab ich die Küche gesucht.“
„Soso.“ Mika grinste. „Hier gibt's aber keine Küche. Wir wohnen und schlafen hier. Gegessen wird in der Sportlermensa.“ Sachte ließ sie einen ihrer Finger seinen Oberkörper heruntergleiten und griff ihm dann zärtlich in den Schritt. „Aber du könntest mich vernaschen, hm?“
„Uhm...“ Takashi wurde es zunehmend wärmer. „Hör mal, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Ich bin mit Danryoku-san hier. Wenn die mich suchen kommt...“
Die junge Frau trat etwas näher an ihn heran. „Keine Sorge“, flüsterte sie, „die kennt uns Schwimmerinnen gut genug. Die kommt nicht zu uns auf die Zimmer. Sie ist nämlich eine anständige Person.“ Sie kicherte. „Im Gegensatz zu mir.“

Takashi lächelte schwach. „Bist du immer so direkt?“
„Nur, wenn man mich heiß macht“, gab sie leise zurück und leckte sich die Lippen. „Und bei den beiden da drüben ist es schwer, nicht heiß zu werden. Dich haben sie doch auch nicht ungerührt gelassen.“ Wie zur Probe drückte sie nochmals seinen Schritt. „Zumindest fühlt es sich nicht so an.“
„Ist auch nicht so“, schmunzelte der junge Mann und streifte kurzentschlossen sein T-Shirt über den Kopf. „Ich hoffe, es stört dich nicht, daß ich etwas muffle – ich bin heut den ganzen Tag nicht aus den Sachen rausgekommen.“
Mika streichelte ihm über seine nackte Brust. „Ich bin Schwimmerin“, murmelte sie. „Wir haben den ganzen Tag immer nur Chlorgeruch in der Nase. Da ist ein richtiger Mann eine prima Abwechslung.“ Sie trat nahe an ihn heran, schlang die Arme um ihn und küßte ihn innig.
Ohne weitere Worte erwiderte Takashi den Kuß, legte seine Arme ebenso um die Frau vor ihm und zog ihr das Nachthemd ein Stück hoch, um ihre straffen, weichen Pobacken mit den Händen ausgiebig kneten zu können. Sogleich wurden Mikas Küsse leidenschaftlicher, ihre Fingernägel gruben sich in seinen Rücken, und schließlich löste sie sich von ihm und ließ sich das Nachthemd über den Kopf stülpen, ehe sie seine Jeans aufknöpfte und mit einem gekonnten Griff seinen Liebespfahl hervorholte. „Mmh... appetitlich!“

„Das Kompliment geb ich gerne zurück“, schmunzelte Takashi und umfaßte ihre weichen, überraschend großen Brüste mit den Händen, um die Spitzen zärtlich mit den Daumen streicheln zu können. Mika stöhnte bei der Berührung leise auf, und der junge Mann verlor keine weitere Zeit und beugte sich hinab, um seine Zunge über das zarte rosafarbene Fleisch huschen zu lassen. Ein weiteres, deutlicheres Stöhnen war die Antwort.
Während sich die junge Frau auf diese Weise verwöhnen ließ, massierte sie mit der Hand beständig den Männerpfahl des Studenten, und nach einiger Zeit ging sie langsam in die Knie, entzog sich seinen Zärtlichkeiten und begann stattdessen, ihre Zunge sanft um den immer größer werdenden Schaft laufen zu lassen. Takashi brummte zufrieden auf, als er die warme Nässe spürte und massierte Mika sanft die Schultern, während sie ihn so verwöhnte. Ihre Lippen umschlangen sanft seine Vorhaut, saugten spielerisch an ihr, dann begann sie, die ganze Länge des großen Organs langsam abzulecken und mit den Lippen zu umschmeicheln. Sanft schmatzend feuchtete sie die Lanze mit ihrem Speichel an, und schließlich nahm sie nochmals die Spitze zwischen die Lippen – um dann mit dem Kopf langsam vorzugehen und den Liebesstab in voller Größe in den Mund zu nehmen.

Takashi atmete tief auf, als er die Lippen der jungen Frau an seinem Unterbauch spürte und zugleich die Wärme ihres Mundes um seinen ganzen Schaft herum lag. Sie mußte ihn im wahrsten Sinne des Wortes in den Hals genommen haben, denn ihr Mundraum war nie groß genug, ihn völlig aufzunehmen... und doch schien Mika es richtiggehend zu genießen, ihn auf diese Weise zärtlich verwöhnen zu können. Mit leisem Schmatzen saugte sie sekundenlang an dem Pfahl, ehe sie ihn wieder langsam aus ihren Lippen entließ und zu Takashi aufschaute. „Bereit?“
„Schon lange“, gab der junge Mann zurück und ging langsam in die Knie. Es war das erste Mal für ihn, daß ihn jemand so ausgiebig mit dem Mund verwöhnt hatte, und seiner Ansicht nach hatte Mika es verdient, daß er sich dafür revanchierte. Zärtlich faßte er Mika an den Schultern und drückte sie zurück, und als sie schließlich ganz auf dem Boden lag, küßte er sanft ihre Lippen, ihren Hals, ihre Brüste, ihren Bauch, um schließlich seinen Kopf zwischen ihren Schenkeln zu versenken und seine Zunge neckisch durch das flaumige Haar dort gleiten zu lassen. Zugleich stieg er über die junge Frau hinüber, so daß er umgekehrt über ihr kniete, und während er begann, sich mit aller Zärtlichkeit ihren Pforten zu widmen, konnte er spüren, wie auch sie wieder seinen Schaft zwischen die Lippen nahm.

Zuerst ganz sanft, dann aber immer wilder ließ er seine Zunge über ihre Mikas Liebeslippen gleiten, preßte seinen Mund gegen sie, saugte sie ganz vorsichtig ein Stück ein und konnte fühlen, wie sie in immer größerer Erregung sich prall herauswölbten. Zugleich hatte die junge Frau seine Vorhaut zurückgeschoben und war nun dabei, mit ihrer Zungenspitze gekonnt die kleine Spalte in seiner Eichel zu lecken, was ihm wohlige Schauder über den ganzen Körper laufen ließ.
„Nimm mich“, hörte er ihre Stimme heiser wispern, während er sie immer weiter leckte, und doch wagte er es nicht, auf ihre Bitte einzugehen – dann konnte es nur wie üblich enden, sie in totaler Erschöpfung und er ohne einen Höhepunkt. Das hier war die bessere Art, ein Spiel, in dem sie beide mit gleichen Waffen kämpften und das für beide schön enden konnte, nicht mit einem Gewinner und einem Verlierer...

In diesem Moment biß Mika zu.

Es war kein fester, kein bösartiger Biß, ganz im Gegenteil. Es war ein zärtliches Knabbern, ein verspieltes Nagen an Takashis empfindsamster Stelle. Wieder ein sanfter Biß, noch einer, und noch einer. Zugleich umfaßten ihre Hände entschlossen seine Samenkissen und begannen, sie mit ganz leichtem Druck zu massieren.
Takashi keuchte auf – ein solches Gefühl wie eben hatte er noch nie empfunden. Sein Puls begann förmlich zu rasen, und unwillkürlich bäumte er sich auf. Fast augenblicklich rutschte Mika unter ihm hervor, ohne dabei ihre Hand von ihm zu lassen, richtete sich auf, drückte nun ihn zurück und küßte ihn stürmisch auf die Lippen. „Ich will dich“, wisperte sie, ließ ihn kurz aus ihrem Griff und setzte sich auf seinen Schoß, den Rücken ihm zugewandt. Einen kurzen Moment klemmte sie seinen Männerstab so zwischen ihrem Po und seinem Bauch ein, dann erhob sie sich, faßte ihn mit einer Hand, führte ihn in Position und ließ sich seufzend auf ihm nieder.

Und ritt.

Takashi sah Sterne. Es war das erste Mal, daß ihm Sex so gut vorkam. Die langen Zärtlichkeiten, mit denen Mika ihn zuvor bedacht hatte, die Liebesbisse in sein bestes Stück, das Gefühl, mit einer Frau zusammenzusein, die ihn so mitreißen konnte – es war zu viel auf einmal. Als er jetzt in der engen Feuchte ihrer Liebeshöhle versank, war der letzte Rest seiner Selbstbeherrschung auch noch verschwunden, und er stieß einfach nur noch wild und animalisch in sie herein, und ihre spitzen Schreie bewiesen ihm, daß sein Liebespfahl wie üblich seine Pflicht tat. Keine Minute war vergangen, da bäumte sich Mika schon in ihrem ersten Höhepunkt auf, und ihre Grotte zuckte tobend um den straffen Schaft in ihrem Inneren, und nach kaum noch einmal der gleichen Zeit kam sie zum zweiten Mal, und das so heftig, daß sie von seinem Schoß vorneüber fiel und er aus ihr herausrutschte.
Mika drehte sich keuchend auf den Rücken. „Komm her“, hauchte sie ihm zu, und er wollte sich schon erneut in ihren Schoß stürzen, doch da faßte sie ihn an seiner Lanze und zog ihn sachte höher. Langsam rutschte er näher, bis er fast auf ihrer Brust saß, und da hob sie den Kopf und nahm seinen Liebespfahl erneut zwischen die Lippen. Leidenschaftlich saugte sie an seiner prallen Eichel und begann wieder mit ihren Zähnen zu spielen., und Takashi griff mit der Hand nach hinten, ließ seine Finger in ihrer immer noch zuckenden, heißen Grotte verschwinden und massierte ihre Zauberperle, daß sich ihr Unterleib in zahllosen Zuckungen wand.

Schier endlos fielen beide so übereinander her, doch schließlich kam die junge Frau mit einem heftigen Keuchen ein drittes Mal zum Höhepunkt, und sie verdoppelte ihre Anstrengungen an Takashis Schaft, und keine zehn Sekunden danach war auch endlich er soweit. Er konnte spüren, wie sich sein Unterleib zusammenzog, seine Eichel schwoll an, und mit einem kurzen Keuchen entlud sich die Erregung in ihm. In dicken Strahlen schoß der Samen aus seinem Schaft, klatschte gegen Mikas Gesicht und Brust, und augenblicklich nahm sie seinen Liebesstab wieder zwischen die Lippen, saugte zärtlich daran und ließ ihn sich bis zum letzten Tropfen in ihrem Mund entladen.
Mit einem zufriedenen Seufzer sank sie wieder vollends auf den Rücken, und Takashi ließ sich zur Seite neben sie fallen. „Wow“, japste er. „Du bist... unglaublich, Mika. Ich...“
Das Mädchen legte ihm sanft einen Finger auf den Mund, lächelte ihn erschöpft an und schluckte dann deutlich. „Lecker“, sagte sie leise. „Hat dir schon mal jemand gesagt, daß du nach Ananas schmeckst?“

Und das waren die letzten Worte, die zwischen den beiden in dieser Nacht gewechselt wurden.

Draußen vor der Türe schmunzelte Tsukune, als die Geräusche aufgehört hatten, in sich hinein und ging zu Bett. Einen zweiten Futon hatte sie gar nicht erst besorgt. Sie kannte ihre Schwimmerinnen eben doch zu gut.
 

Taleweaver

Scriptor
Kapitel 3

„Vierzehn zu eins. Fourteen – one. Aufschlag Japan. Service Japan.“

Zufrieden trottete Tomoe an die Grundlinie. Alles im grünen Bereich. Den ersten Satz hatte ihr Team schon gewinnen können, und auch jetzt im zweiten waren sie klar überlegen. Weißrußland hatte in diesem Jahr vielleicht ein international wirklich nicht übles Volleyballteam aufstellen können, aber verglichen mit der Stärke der japanischen Mannschaft sahen sie reichlich zweitklassig aus. Vor allem, nachdem es ihnen fast nie gelang, den Japanern den Aufschlag abzunehmen... und das war besonders fatal, wenn Tomoe Niowase damit an der Reihe war.
Entspannt nahm sie den Ball in die Hand, lockerte ihre Gliedmaßen und blickte zum Schiedsrichter. Der Anpfiff ertönte, die junge Frau warf den Ball hoch in die Luft, sprang ihm mit einem federleichten Satz hinterher und donnerte ihn mit der Handfläche in Richtung der gegnerischen Feldseite. Wie üblich hatte sie ihm einen gewaltigen Drall gegeben, und obgleich Alyana Olegdova, die größte Spielerin bei den Weißrussen, sich noch gewaltig streckte und ihn sogar noch mit den Fingerspitzen erreichte, konnte sie ihn nicht mehr unter Kontrolle bringen, und der Ball sprang ihr von der Hand zum Boden.
„Fünfzehn zu eins. Fifteen – one. Aufschlag Japan. Service Japan.“

„Klasse gemacht, Tomoe-kun!“ Strahlend lief Kyoko Hatori, die nächste am Aufschlag, auf ihre Teamkameradin zu und klatschte mit ihr ab. „Das wird das kürzeste internationale Spiel aller Zeiten, wenn wir so weitermachen.“
Tomoe gab ihrer fast zehn Zentimeter kleineren Mitspielerin einen freundlichen Klaps auf den Hinterkopf. „Aber nur, wenn du es nicht versemmelst, Kyoko-kun“, grinste sie. „Versuch, die Bergmanova auf der anderen Seite anzuspielen – die hat heute einen schlechten Tag, denke ich.“
Kyoko nickte und ging an die Grundlinie, während sich die Starspielerin links ans Netz stellte. Natalia Bergmanova war nicht die einzige, die heute einen schlechten Tag hatte – auch Tomoe ging es nicht besonders gut. Nicht, daß sie ein körperliches Problem gehabt hätte, aber sie konnte sich einfach nicht richtig konzentrieren – ihr ging immer noch ihre Beobachtung vom Tag der Eröffnungsfeier durch den Kopf. Nicht, daß sie gewöhnlich so nervös war, aber es war nicht bei diesem einen Fall geblieben.

Seit dem Beginn der Spiele hatte sie immer wieder Sportler aus den japanischen Teams bemerkt, die nicht gesund gewirkt hatten. Es war irgendwo eigenartig – vielleicht fielen ihr diese ganzen Fälle nur deshalb auf, weil sie ohnehin verstärkt darauf achtete, aber eigentlich hielt Tomoe sich selbst gar nicht für so übervorsichtig, daß sie Gespenster gesehen hätte. Trotzdem... es war nicht bei dem Volleyballer geblieben. Im Schwimmteam hatten einige der Sportler seltsam neben sich gestanden, ebenso bei der Beachvolley-Mannschaft und bei den Turnern. Überall der selbe leicht glasige Blick und die heftigen Schweißausbrüche, wie bei einem spontanen Fieberschub, und doch war nichts darüber zu erfahren, daß im Moment ein Virus umging. Es hatte auch keine Wettkampfabbrüche wegen Krankheit oder ähnlichem gegeben. Machte sie sich einfach nur unnötig Sorgen?
„Drei rück!“ brüllte der jungen Frau in diesem Moment eine ihrer Mitspielerinnen zu, und nur ihre blitzartigen Reflexe machten es ihr möglich, mit einem Sprung zur Seite den eng hinter dem Netz herunterkommenden Ball noch mit der Faust zu erwischen und an die andere Seite ihres Spielfelds zu befördern, wo ihn eine Dritte aus dem japanischen Team ins gegnerische Feld schmetterte. Eine der Weißrussinen kam heran, baggerte ihn ins Hinterfeld, dort wurde er von der Bergmanova nach vorne gepritscht, und schließlich streckte sich Olegdova zu einem Schmetterball. Doch inzwischen war Tomoe wieder mit den Gedanken beim Spiel, und wie schwerelos stieg sie vor dem Netz auf und blockte den Angriff gekonnt nach links weg, so daß er im Feld landete.
„Sechzehn zu eins. Sixteen-one. Aufschlag Japan. Service Japan.“
Dieses Spiel war kein Problem. Die Frage war, ob die Probleme nicht irgendwann nach dem Spiel anfangen würden.

Neuer Aufschlag, von den Weißrussinen abgefangen. Eins, zwei, Schmetterball; Tomoe blockte, die Gegnerinnen retteten. Hoch, zwei, langer Ball, und hinten warf sich Kyoko zu Boden, um ihn noch zu bekommen. Hoch, zu Tomoe, und ein weiteres Mal stieg die junge Frau auf und hämmerte die weiße Kugel mit dem Handballen über das Netz. Diesmal gab es kein Halten mehr, und ein weiterer Punkt.
Siebzehn zu eins... doch hinten an der Grundlinie hielt sich Kyoko mit schmerzverzerrtem Gesicht den Fuß. Offenbar hatte sie sich bei dem überstürzten Sprung eben verletzt. Ein Doppelpfiff des Schiedsrichters, eine kurze Inspektion durch die Sanitäter, dann wurde die Spielerin ausgetauscht.

Ob es das gewesen war, was Tomoe so eine finstere Vorahnung gegeben hatte?

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„MI-KA! MI-KA! MI-KA!“

Takashi feuerte die Schwimmerin nach Leibeskräften an, die sich mit kräftigen Schmetterlingsschlägen dem letzten Drittel ihrer zweiten Bahn näherte. Sie lag nur an vierter Position, aber wenn sie die halten konnte und die vierte Schwimmerin der japanischen 4x100-Meter-Lagenstaffel sich ebenfalls keine größeren Fehler mehr leistete, waren sie ziemlich sicher in der Finalrunde. Und ein sicherer Platz unter den ersten acht wäre ein immenser Erfolg gewesen.
Seit Jahren dominierten einige wenige Nationen im Schwimmen das Geschehen. Australien, die USA, China, Frankreich, die Niederlande und Deutschland machten fast regelmäßig die ersten sechs Plätze in den Einzelkonkurrenten unter sich aus, und wenn es einmal größere Überraschungserfolge anderer Nationen gab (wie Tsukune Danryokus Silbermedaille in den 200 Metern Rücken bei den Spielen von 2012), waren das sicher stolze Momente, aber eben bloße Ausnahmen. Japan war eher eine Nation von erfolgreichen Turnern.

Was Takashi allerdings nicht davon abhielt, trotzdem den Schwimmerinnen zuzujubeln.
„YEAH!“, brüllte der junge Mann, als Mika eine gute Sekunde vor ihrer Konkurrentin aus Neuseeland am Beckenrand anschlug und sich über ihr mit einem Hechtsprung die Abschlußschwimmerin der Staffel zu ihren letzten hundert Metern Freistil aufmachte. Er hatte nicht genau auf die Zeit geachtet, aber die zwei Bahnen eben waren schnell gewesen, vielleicht sogar eine persönliche Bestzeit für seine neue Bekannte, die an den Beckenrand geklammert tief durchatmete und sich einen Moment ausruhte, ehe sie sich aus dem Wasser zog und zu den beiden Schwimmerinnen vor ihr trat.
„Das sieht gut aus“, strahlte Tsukune, die neben Takashi saß und erhob sich von ihrem Platz in der vorderen Reihe, um das Becken besser im Blick zu haben. „Shinobu ist in einer Klasseform; in der Konkurrenz hier nimmt ihr keiner mehr eine Sekunde ab. Schau – sie holt sogar noch Rückstand auf Michelle Chatreux auf. Als Akari vorhin so gelahmt hat, dachte ich schon, es wäre vorbei.“

Takashi stand auch auf. „Ja, aber Yuki ist zumindest gut drangeblieben, und Mika eben hat glatte zwei Plätze wieder gut gemacht.“ Er warf einen kurzen Blick zu ihr. „Die Spiele lassen sie richtig aufblühen, glaube ich.“
Die Schwimmtrainerin mußte grinsen. „Nicht nur die Spiele“, gab sie zurück, konzentrierte sich dann aber wieder auf die Ereignisse im Becken. „Verhau bloß die Wende nicht, Shinobu... klasse gemacht! Gut so! Und jetzt LOOOOS! LOOOOOOOOOOOS!“
„LOOOOOS!“ stimmte auch der Student in die Anfeuerungsrufe ein, denn inzwischen lag die letzte Schwimmerin der japanischen Mannschaft gleichauf mit der vorherigen Drittplazierten, der erst fünfzehnjährigen Michelle Chatreux aus Frankreich. Noch eine halbe Bahn war zu schwimmen und beide lagen gleichauf... noch eine Viertelbahn... Shinobu gab noch einmal alles, und....“
„JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!“

Einen Wimpernschlag vor ihrer französischen Konkurrentin erschien der Name der Japanerin auf der Anzeigetafel als Drittplazierte, und das Schwimmstadion brach in Jubel aus. Japan war im Finale, und unter allen Finalisten hatte die Schwimmstaffel sogar die viertschnellste Zeit vorgelegt! Nur eine halbe Sekunde langsamer als China, schneller als die Deutschen – schon jetzt war das ein riesiger Erfolg. Strahlend wollte sich Takashi an Tsukune wenden, doch die war bereits von ihrem Platz aufgesprungen und zu den Mädchen gerannt, um sie für ihre Leistung heftig zu umarmen.
Der junge Mann schmunzelte, blieb aber auf seinem Platz auf der Betreuerbank. Tsukune hatte ihm deutlich genug eingeschärft, wie er sich bei den Wettkämpfen zu benehmen hatte. Es war schon eine recht große Sache gewesen, ihn noch nachträglich in den Betreuerstab des japanischen Schwimmerteams zu integrieren – Tsukunes gute Beziehungen zum NOK hatten das ermöglicht – aber auf keinen Fall durfte es irgend einen öffentlichen Skandal durch seine Anwesenheit geben. Alle möglichen Freunde und Liebhaber von japanischen Sportlern waren beliebte Themen für die Boulevardmedien, und mit denen hatte das Team auch ohne irgendwelche Sexskandale schon genug Ärger.

Takashi erhob sich entspannt von seinem Sitz, schob sich unter einigen Entschuldigungen durch die Umsitzenden und schlenderte dann langsam zum Ausgang zu den Teamräumen unter der Schwimmhalle, wo Tsukune und der Rest der Mannschaft nach den üblichen Interviews eintreffen würden. Nach dem überraschenden dritten Platz würde das sicherlich noch ein wenig dauern, aber dann würde er endlich Gelegenheit bekommen, seine Freude mit den anderen zu teilen.
Bei den mehreren Kontrollen zeigte er jeweils seine Sicherheitsmagnetkarte vor, die ihn als Teambetreuer auswies, und die gleiche Karte öffnete ihm unten den Teamraum, wo unter anderem die Ärzte der Schwimmerinnen, aber auch ihre Sponsoringmanager und die Vertreter vom NOK warteten. Der junge Mann nickte ihnen kurz zu und wollte sich setzen, als der Pressesprecher zu ihm aufsah.
„Sie sind Katasa-san, nicht wahr? Da war vor ein paar Minuten ein Anruf hier für sie.“
„Ein Anruf... für mich?“ Er blinzelte verwirrt. „Aber mein Handy war doch abgeschaltet.“
Der Pressesprecher nickte und hob ein Mobiltelefon hoch. „Ich weiß â€“ er war auch auf meinem Handy. Die Presse hat die Nummer für offizielle Anfragen an mich. Kennen sie eine Frau Professor Koufun?“

„In der Tat, die kenne ich.“ Takashi blickte überrascht. „Hat sie was ausrichten lassen?“
„Sie hat ihre Nummer hinterlassen und bittet um schnellen Rückruf.“
Der junge Mann nickte. „Besten Dank“, sagte er und warf einen raschen Blick auf das Telefon des Pressesprechers – die Rückrufnummer dort war Sakuras übliche Durchwahl an der Universität. „Ich erledige das dann schnell“, sagte er, nahm sein eigenes Handy mit, schaltete es ein und ging aus dem Teamraum zurück in den Gang, wo er die Nummer wählte.
Es dauerte keine zehn Sekunden, bis am anderen Ende abgenommen wurde. „Fakultät für transgenetische Biologie, Professor Koufun am Apparat?“
„Ich bin es, Koufun-sensei“, meldete Takashi sich. „Sie wollten mich sprechen?“
„Und wie“, tönte Sakuras Stimme reichlich pikiert zurück. „Sag mal, ich hab dir doch einen Platz als Sanitäter bei den Spielen besorgt. Kannst du mir sagen, wieso ich dich dann im Fernsehen auf der Trainerbank neben Tsukune-chan sehe?“

Der Student schluckte. „Das, naja...“ Eine schnelle und zufriedenstellende Erklärung gab es wohl nicht... „Das ist eine lange Geschichte, Koufun-sensei... im Wesentlichen sieht es so aus, daß mir Danryoku-san angeboten hat, ins Olympische Dorf zu ziehen, und ich wollte sie nicht beleidigen, indem ich ablehne.“
Deutlich konnte er aus dem Hörer Sakuras unzufriedenes Brummen hören. „Eine besonders große Strafe scheint mir das ja nicht mehr zu sein“, gab sie zurück, „vor allem nicht, wenn Tsukunes Schwimmerinnen immer noch so wild sind, wie sie mir vor zwei Monaten geklagt hat. Du schläfst doch hoffentlich nicht mit einer von denen, oder?!“
„Äh...“ Takashi errötete unwillkürlich – gut, daß das kein Bildtelefon war. „Das ist eine ziemlich private Frage, Koufun-sensei...“

„Du solltest eins wissen“, klang Sakuras Stimme überraschend ernst aus dem Hörer. „Dein ganzer Organismus funktioniert auf einem viel höheren Niveau als der eines Menschen – deine Hormone haben ganz andere Auswirkungen als die von gewöhnlichen Menschen. Du weißt ja selbst, daß du dir nicht wirklich Mühe geben mußt, um die Frauen wild zu machen. Aber es hört nun mal nicht beim wild machen auf, verstehst du? Hormone sind mächtige Botenstoffe, und in deinem Fall können sie noch sehr viel weitergehende körperliche Effekte als einfach nur sexuelle Erregung auslösen, vor allem, wenn du die Frauen in deiner Umgebung mit deinem Männersaft glücklich machst.“
Der Student runzelte die Stirne. „Welche 'weitergehenden körperlichen Effekte' meinen sie“, wollte er wissen. „Ich meine... das gibt doch keine Mutationen wie Impfstoff XXX, oder?“
„Natürlich nicht“, schnaubte Sakura zurück, „sei doch kein Idiot. Nein, ich rede von sekundären Effekten wie großem Wohlbefinden und erhöhter körperlicher Leistungsfähigkeit. Normalerweise wäre das kein Problem – du wirst sicherlich nichts dagegen haben, wenn sich die Frauen nach dem Sex mit dir so gut fühlen, als wenn sie Bäume ausreißen könnten. Aber bei den Olympischen Spielen kann so was durchaus problematisch werden... wenn es auffällt!“

„Sie meinen... Doping?“ Takashi schluckte wieder. „Meine Güte...“
Ein Stöhnen aus der Leitung verdeutlichte den Unmut der Person am anderen Ende. „Du hast also doch mit jemandem geschlafen... dachte ich mir's doch. Verdammt. Ich hätte Tsukune nie davon erzählen dürfen, daß dein Sperma leistungssteigernde Wirkung hat. Vielleicht können wir den Schaden noch begrenzen... wie viele von den Schwimmerinnen haben dich schon rangelassen?“
Der Student biß sich wütend auf die Lippe – was dachte Sakura von ihm? „Eine, Koufun-sensei“, sagte er, „und ich hatte nicht vor, daß es mehr werden.“
„Gut“, kam die Reaktion. „Dann halt dich an den guten Vorsatz. Ach ja... und wenn deine Freundin dir Französisch anbietet, lehnst du ab, klar?“
„Französisch... ach, sie meinen oral“, begriff Takashi. „Na ja... darf ich wenigstens fragen, warum ich das lassen soll?“

Sakuras Stimme klang nun wirklich ernst. „Hör mal“, sagte sie, „wenn deine Hormone über die Scheidenschleimhaut aufgenommen werden, hat das schon einen meßbaren Erfolg bei der betreffenden Frau. Sollte aber jemand deinen Saft schlucken und ihn damit über den Verdauungstrakt aufnehmen, dann sind die Anabolikaspritzen der Chinesinnen der reinste Traubenzucker dagegen. Und das ist noch nicht mal das Schlimmste!“
Der Student preßte die Lippen zusammen. „Was ist das Schlimmste?“

„Du schmeckst unwiderstehlich gut“, gab Sakura trocken zurück. „Wenn deine neue Freundin erst mal auf den Geschmack gekommen ist, wird sie nicht mehr aufhören wollen.“

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„Cho cho cho! Ii kanji! Cho cho cho cho ii kanji! Cho cho cho! Ii kanji! Cho cho cho cho II KANJI!“
Die fröhlichen Siegesrufe der japanischen Volleyball-Damen hallten durch den Duschraum, während sie sich gutgelaunt den Schweiß von den Körpern wuschen. Selbst Tomoe hatte für den Augenblick über den Jubel ihre besorgten Gedanken vergessen und warf sich mit ihren Kameradinnen vergnügt die Waschlappen an die Köpfe. Weißrußland war glatt geschlagen und die nächste Runde des Turniers erreicht – und von Zeit zu Zeit war Entspannung einfach nötig.

Die gute Laune der Volleyballerin war immer noch nicht verflogen, als sie sich einige Minuten später abtrocknete und anzog, was auch daran lag, daß ihre Teamkameradinnen ebenfalls fröhlich und aufgedreht miteinander plauderten. Die gute Stimmung lag auch daran, daß die Spielerinnen direkt nach ihrem Sieg die neuesten Nachrichten von Kyoko erhalten hatten – die junge Frau hatte sich nicht ernsthaft verletzt, nur eine leichte Zerrung, und wahrscheinlich war sie spätestens in zwei Spielen wieder mit dabei. Vielleicht sogar schon das nächste Mal. Im Moment wurde sie noch behandelt, aber das konnte nicht mehr allzu lange dauern.
„Habt ihr es eigentlich schon gehört?“ meldete sich Reika zu Wort, nach Tomoe die größte Sportlerin in der Mannschaft. „Unsere Beachvolleyballer haben vorhin die Mexikaner aus dem Wettbewerb gehauen. Die Jungs haben heut nachmittag ne kleine Feier vor. Was meint ihr, sollen wir bei denen ein bißchen mitfeiern? Verdient haben wir's uns allemal.“

„Hey! Klasse! Klingt prima!“ Zustimmung allenthalben. „Weißt du, wo sie feiern?“
Reika nickte. „Der Grillplatz, schräg hinter dieser Kirchenhalle im Olympischen Dorf“, erklärte sie. „Sie haben übrigens auch die Mexikaner eingeladen, als Zeichen ihres Sportsgeistes. Sind also sicher genügend nette Jungs da.“
Tomoe schmunzelte. „Dann geh uns schon mal anmelden“, sagte sie. „Ich schau noch schnell im Sanitätszimmer nach Kyoko – nicht, daß die unsere Feier sonst noch versäumt. Die würde glatt ein Jahr nicht mehr mit uns reden, so wie die auf Latinos steht.“
Lachend klopfte ihr Reika auf die Schulter. „Dann aber mal hurtig!“

Während ihre Mitspielerinnen in Richtung Ausgang liefen, machte sich Tomoe zum Sanitätszimmer auf, das wie die Umkleiden unterirdisch lag, ein gutes Stück in die entgegengesetzte Richtung. Von oben konnte sie noch den Lärm der andauernden Wettbewerbe hören – die weiteren Achtelfinalspiele – doch hier unten waren offensichtlich nur wenige Leute unterwegs. Selbst die sonst ständig herumwuselnden Sicherheitskräfte schienen gerade Mittagspause oder so etwas zu haben.
Ohne große Hast schlenderte die junge Frau auf die Tür mit dem roten Kreuz zu, die zum Sportlersanitätsraum des Hallenstadions führte, öffnete sie und trat ein...

...und blieb wie angewurzelt stehen, als sie das Massaker erkannte.

Was vorher ein Zimmer für ärztliche Notdienste war, ähnelte mehr einem Schlachthaus. Die weiß gekachelten Wände waren blutbespritzt; die ganze Einrichtung des Raumes lag in Trümmern überall verteilt – es sah aus, als wäre im Inneren eine Bombe voller frischer Fleischabfälle explodiert. Inmitten des ganzen Chaos war etwas, das wie ein großer Sack mit blutigen Kleiderfetzen aussah, und erst auf den zweiten Blick erkannte Tomoe entsetzt, daß das kein Sack war, sondern ein menschlicher Torso, dem man an der Vorderseite aufgerissen hatte. Einer der zum Torso gehörenden Arme hing noch an einem dünnen Muskelstrang an ihm, von den anderen Gliedmaßen oder dem Kopf war auf den ersten Blick nichts zu erkennen.
Fassungslos wankte die junge Frau in das Zimmer, mit zitternden Händen und geweiteten Augen. Was war hier passiert? Ein Terroranschlag oder so etwas? Aber wieso dann hier unten und nicht vor den Augen der Fernsehkameras, wo es viel dramatischer wäre? Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf, einer schrecklicher als der andere, und in ihrem Entsetzen hätte sie um ein Haar das kleine, kaum wahrnehmbare Geräusch überhört, das plötzlich hinter ihr erklang, als sie durch die Tür geschritten war. Es war das Geräusch eines Fußschritts auf dem blutverklebten Boden, direkt hinter ihr.

Tomoe sprang.

Selbst ohne das ausgiebige Volleyballtraining wäre die Sportlerin in Sachen körperliche Leistungsfähigkeit ohne weiteres zu beeindruckenden Leistungen in der Lage gewesen; ihre genetischen Anlagen alleine Kraft, Anmut und Geschmeidigkeit. Nachdem sie sich nun aber in ihrem gewählten Sport quasi täglich springend fortbewegte, hatte sie es in diesem Bereich zu einer besonderen Meisterschaft gebracht, und die benutzte sie nun, fast ohne Nachdenken, zu einem Manöver am Rande der menschlichen Fähigkeiten: Sie katapultierte sich mit einem einzigen Satz in Richtung der gegenüberliegenden Zimmerecke, wobei sie sich in der Luft mit einem halben Salto und einer halben Schraube einmal um sich selbst drehte, so daß sie mit dem Rücken zuerst ankam – und zwar nicht etwa am Boden des Raumes, sondern viel mehr knapp unterhalb der Decke, wo sie sich sofort einen festen Halt verschaffte, indem sie ihre Handflächen gegen die Wände preßte und sich mit den Fersen unten abstützte. Auf diese Weise brachte sie größtmögliche Distanz zwischen sich und den Urheber des Geräusches hinter ihr und sorgte zugleich dafür, daß sie ihn nun von schräg oben im Blickfeld hatte.
Wobei sie schon im selben Moment bereute, sich umgedreht zu haben.

Auf der anderen Seite des Raums, nun direkt neben der Tür stand eine vage menschenähnliche, recht hochgewachsene und geradezu obszön muskulöse Gestalt, die aussah, als hätte jemand versucht, einen Zombiefilm mit einer Bodybuilderzeitschrift zu kreuzen. Das Wesen war fast vollständig mit verklebtem Blut bedeckt, und da, wo sein Körper noch leidlich sauber war, konnte Tomoe eine kalkweiße Haut hindurchschimmern sehen. Offenbar trug es noch die Überreste normaler Kleidung, auch wenn davon angesichts des vielen Blutes nicht mehr viel zu erkennen war, und wie zur Parodie auf den ganzen Anschein von Tod und Zerstörung war unter seiner Hose eine ungeheure Erektion zu erkennen. In seiner rechten Hand hielt es ein abgerissenes menschliches Bein, wahrscheinlich das, welches zum Leichnam gehörte.
Tomoe erbleichte. Sie hatte mit einigem gerechnet – mit einem Unglücksfall, vielleicht sogar mit einem Anschlag – aber auf einen so ungeheuerlichen Anblick war sie nicht vorbereitet gewesen. Dieses Biest mußte hier unten wie ein Taifun gewütet haben, und nach den Unmengen von Blut im Raum zu urteilen hatte es wahrscheinlich nicht nur den einen offen sichtbaren Leichnam in der Mitte des Zimmers auf dem Gewissen. Unter den Trümmern mußten noch mehr Menschen liegen, wahrscheinlich die ganze Belegschaft des Sanitätsraums... und auch Kyoko...

Der erneute Schock der Erkenntnis traf die junge Frau womöglich noch härter als der erste Blick in den Raum, doch noch während sie im Begriff war, ihrem Verstand die Bedeutung dieser Erkenntnis beizubringen, schleuderte das Biest am anderen Ende des Raumes plötzlich das abgerissene Bein in seiner Hand auf sie. Augenblicklich ließ sie sich zu Boden fallen und landete gewandt in der Hocke, während über ihr das tote Fleisch an die Wand klatschte. Das ungeschlachte Wesen sah teilnahmslos zu, wie sein Wurfgeschoß das Ziel verfehlte, dann stapfte es mit erschreckend behenden Schritten los, um sein blutiges Handwerk fortzuführen.
Ein schneller Sprung zur Seite brachte Tomoe aus der unmittelbaren Reichweite der Bestie, und mit einem entschlossenen Griff packte sie ein verbogenes Metallrohr, das zuvor wahrscheinlich zu einem der Liegen im Sanitätsraum gehört haben mußte und riß es ganz aus seiner Verankerung. Jetzt war sie nicht mehr ganz so wehrlos. Ein Ausfallschritt zur Seite, als das Wesen wieder auf sie zu kam, und dann hieb sie mit aller Kraft zu und ließ das Rohr von oben herabfahren.

Der Schlag war gutgezielt und traf das Biest mit gewaltiger Wucht an der Stirne – doch der einzige Effekt des Treffers war, daß sich das Rohr verbog! Das Wesen schien die Attacke wohl registriert zu haben, aber wenn sie ihm Schmerzen oder auch nur Unbehagen zugefügt hatte, ließ es sich das nicht anmerken – es gab nicht einmal einen Laut von sich! Statt dessen packte es mit einem überraschend geschickten Griff das nun verbogene Ende von Tomoes Waffe und zerrte mit einem gewaltigen Ruck daran, und nur mit aller Kraft konnte sie verhindern, daß ihr das Rohr aus den Händen gerissen wurde. Offenbar war ihr dieses Monstrum an Körperkraft mindestens ebenbürtig.
Die junge Frau biß die Zähne zusammen. Das sah nicht gut aus – nicht nur, daß sie hier einem Gegner gegenüberstand, der in Sachen reiner Kraft wohl mit ihr mithalten konnte, das Wesen steckte Schläge weg, die selbst ihr noch schwere Verletzungen zugefügt hätten. In Sachen Beweglichkeit hatte sie die klaren Vorteile, und wenn sie sich anstrengte, würde sie es wahrscheinlich auch schaffen, wieder unbeschadet aus dem Raum herauszukommen... aber was würde das bringen? Sie konnte versuchen, Hilfe zu holen, aber wenn der Sicherheitsdienst gerade bei den Eingängen war, würde sie einige Minuten dafür brauchen, und wenn dieses Monstrum inzwischen den Weg nach oben in die Sporthalle fand...

In diesem Moment packte das Wesen die Rohrstange auch noch mit der zweiten Hand, und als sich Tomoe schon darauf vorbereitete, ein weiteres Mal entgegenhalten zu müssen, zerrte es plötzlich das Metall nach oben, und die junge Frau wurde von den Beinen gehoben und über das Biest geschleudert. Sie mochte an Körperkraft mit ihm mithalten können, an reiner Masse war es überlegen, und die nutzte es nun aus. Mit voller Wucht schwang es das Rohr über seinem Kopf, um es dann gegen eine Wand zu hämmern. Tomoe sah die Kacheln auf sich zukommen – und fing den Hieb ab, indem sie sich so drehte, daß sie mit den Füßen zuerst an der Wand ankam. Mit einem Ächzen ging sie in die Knie, aber sie hielt stand.
Das Monstrum wartete nicht ab, bis sein Opfer erneut die Initiative ergreifen konnte und schleuderte Rohr und junge Frau zu einem weiteren Hieb herum, und abermals drehte sich Tomoe wie eine Reckturnerin an der Metallstange, so daß sie wieder die Füße vorne hatte, als sie sich der Wand näherte. Sogleich riß das Biest seine Waffe zu einem dritten Schlag herum, diesmal in Richtung der Decke, und wieder wirbelte die Sportlerin hoch, machte eine Kerze und fing sich mit den Füßen oben an der Zimmerdecke ab. Und da merkte sie, daß sie jetzt, in diesem Augenblick, einen entscheidenden Vorteil hatte.

Ihr langer, schlanker Körper war im Moment zusammengekauert und aufs Äußerste gespannt. Sie hatte die Kraft ihrer Arme, ihrer Beine und ihres Rückens zur Verfügung, um sich von der Decke abzustoßen, und die Schwerkraft war auch noch auf ihrer Seite. Und was noch wichtiger war – das Monstrum hatte unter sich den Fußboden, und da konnte es schlecht hindurch.
Unter Aufbietung all ihrer Kraft preßte Tomoe die Füße gegen die Decke und streckte ihre Arme und ihren Rücken. Das Biest unter ihr hielt mit unbändiger Gewalt dagegen, doch hier war es in der deutlich schlechteren Position. Seine gewaltigen, muskelbepackten Arme wurden Zentimeter für Zentimeter nach unten gedrückt, und schließlich entglitt das Eisenrohr seinen Fingern...

...und mit einem häßlichen Krachen bohrte es sich in seinen Brustkorb, als Tomoe sich endlich vollkommen strecken konnte. Ein eigentümlich saugendes Geräusch kam aus der Wunde, die kaum blutete, und ohne einen Schrei oder auch nur einen sonst erkennbaren Laut sanken dem Wesen die Arme zur Seite, es blickte noch einmal auf das aus seiner Brust ragende Metall, und dann fiel es mit einem dumpfen Aufschlag zur Seite.
Tomoe sackte erschöpft neben der toten Bestie zusammen und atmete tief durch. Das war... anstrengend gewesen. Im ganzen Leben der jungen Frau war noch nie irgend etwas anstrengend gewesen, und viel stärker als die Erfahrung, soeben eine wahrscheinlich tödliche Situation überlebt zu haben, erschreckte sie die Erkenntnis, daß es tatsächlich Dinge gab, welche ihr alles abfordern konnten. Sie hätte das nicht erwartet – nach allem, was sie wußte, gab es nur noch drei Menschen auf der Erde, die das Potential hatten, mit ihr mitzuhalten – Takashi, Mai und Mais kleiner Bruder Taro. Wo immer dieses Monstrum hergekommen war, es gehörte ebenfalls in diese Liga.

Langsam wandte Tomoe ihren Aufmerksamkeit wieder dem toten Biest zu. Wo es wohl herkam? Wer hatte es hier hineingeschmuggelt? So ein kalkweißer Koloß erregte doch Aufsehen, selbst wenn er nicht blutbedeckt war...
In diesem Moment bemerkte die junge Frau das Zeichen der aktuellen Olympiade – der Tokyo-Tower, um den sich wie Wolken die olympischen Ringe scharten – auf der zerfetzten Kleidung der Bestie, und zu ihrem Entsetzen war auf dem Ärmel noch die japanische Flagge zu erkennen... nur die Athleten trugen ihre Nationalflagge auf dem Trikot. Entgeistert stand sie auf, trat einen Schritt zurück und lief einige Schritte um das tote Wesen herum, bis sie seinen Rücken sehen konnte und ihre Befürchtungen sich bewahrheiteten.

Der Schriftzug auf dem Rücken des Trikots besagte: „S. Koehara – Beach Volley – Japan 2“
 

Taleweaver

Scriptor
Kapitel 4

„Sie hören die Abendnachrichten. Tokyo. Bei einer Explosion unter der Olympiahalle in Tokyo sind am heutigen Tag wahrscheinlich vier Menschen ums Leben gekommen, darunter der bekannte Beachvolleyballer Shinichi Koehara. Das Unglück ereignete sich in einem Sanitätsraum, als wahrscheinlich durch fehlerhafte Bedienung ein Behälter mit Lachgas detonierte und dabei den Sportler sowie drei im Raum befindliche Ärzte und Sanitäter zerriß. Der Präsident des Internationalen Olympischen Kommittees hat den Angehörigen der Opfer und dem japanischen Volk sein Mitgefühl ausgesprochen. Die Spiele werden jedoch trotz des Unglücksfalles fortgesetzt.“

Mika schlang die Arme enger um Takashi und schluchzte leise, während sie ihr Gesicht an seiner Schulter vergrub. Der junge Mann streichelte ihr beruhigend über den Kopf. Die Nachricht vom Tod eines japanischen Sportlers hatte die Schwimmerin sehr mitgenommen.
„Er... er war noch vorgestern hier“, erzählte sie mit leiser, fast erstickter Stimme. „Großer, fröhlicher Kerl. Hatte viel Spaß bei uns, glaube ich. Warum erwischt es die netten Jungs bloß so früh?“
„Es bringt nichts, in den Zufall was reinzuinterpretieren“, gab Takashi leise zurück. „Er war einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Hast es doch eben gehört: eine geplatzte Gasflasche. Wer rechnet denn mit so was?“
Wieder stiegen der Schwimmerin die Tränen auf, und sie klammerte sich an den jungen Mann. „Es ist trotzdem unfair“, wisperte sie. „Er hat doch niemandem etwas getan.“
Takashi lächelte sie traurig an. „Solche Sachen passieren nun mal“, sagte er. „Du sagtest, er hatte Spaß bei euch... haben er und du...“
„Nein“, sagte sie leise und schüttelte den Kopf. „Aber Yuki war noch nachts mit ihm zusammen.“

„Dann glaube ich, sie kann jetzt ein wenig Trost gebrauchen“, entschied der Student, faßte Mika bei den Schultern und sah sie an. „Was meinst du – sollen wir bei ihr vorbeischauen?“
Die Schwimmerin nickte und wischte sich mit dem Finger die Tränen ab. „Natürlich... du hast recht, Takashi. Ihr geht's bestimmt noch schlechter als mir.“ Sie erhob sich leicht unsicher. „Ihr Zimmer ist direkt nebenan.“
Kurzentschlossen trat sie aus ihrem Raum, und Takashi folgte ihr. Nur eine Tür weiter auf der selben Seite klopfte sie an, und als sich nicht gleich etwas rührte, tat sie es nochmals. „Ob sie schläft?“ meinte Mika und probierte die Klinke. „Abgeschlossen...“
„Sucht ihr jemanden?“ meldete sich in diesem Moment Tsukune zu Wort, die gerade um die Ecke gekommen war.
„Wir wollten zu Yuki“, erklärte Takashi. „Ist sie gar nicht auf ihrem Zimmer?“

Tsukune schüttelte den Kopf. „Nein, ich wollte nicht, daß sie da Trübsal bläst“, sagte sie. „Habt ihr gesehen, in welchem Zustand sie vorhin war? Ich möchte wissen, was sie so deprimiert hat.“
Mikas Augen weiteten sich. „Haben sie noch gar keine Nachrichten gehört, Danryoku-sensei?“
„Nachrichten?“ Die Trainerin sah auf. „Moment... du meinst das mit dem Beachvolleyballer? Das hat sie so mitgenommen.“
„Wahrscheinlich“, nickte die Schwimmerin. „Ich glaube, Yuki hatte was mit ihm.“
Erschrocken schlug Tsukune eine Hand vor den Mund. „Und ich hab sie vorhin noch angepflaumt, sie soll sich nicht so hängen lassen.“ Sie blickte zu den beiden jungen Leuten. „Ich hab ihr gesagt, wenn sie frustriert ist, soll sie sich den Ärger vom Hals laufen und ihr zehn Kilometer Jogging auf dem Trainingsplatz verordnet. Hört mal, die Sache tut mir leid – könnt ihr ihr ausrichten, daß ich mich entschuldige?“
Takashi nickte. „Wir wollten sowieso gerade zu ihr und sie ein wenig trösten. Auf dem Trainingsplatz also?“
„Genau.“ Tsukune lächelte leicht beschämt. „Und sagt ihr von mir, ich werd es wieder gutmachen.“
„Geht klar.“

---

„Was bitte soll denn der Dreck? Wollen sie mich auf den Arm nehmen?“

Wütend hieb Tomoe auf den Schreibtisch des Olympiaoffiziellen und hätte fast vergessen, sich soweit zurückzuhalten, daß das Möbelstück dabei nicht beschädigt wurde. So machten aber das daraufstehende Telefon, das Namensschild und die Schreibunterlage des Beamten einen kleinen Satz, so daß er ältere Mann erschrocken zusammenfuhr.
„Etwas mehr Selbstbeherrschung, wenn ich bitten darf, Niowase-san“, sagte er, erhob sich langsam und rückte seine kleine Brille zurecht. „Es muß uns vor allem darum gehen, eine Panik zu vermeiden, dementsprechend können sie nicht erwarten, daß wir hier irgendwelche Schauergeschichten verbreiten.“
„Schauergeschichten?! Sie schleimi...“ Tomoe unterbrach sich selbst und warf nochmals einen Blick auf das Namensschild. „Okito-san, diese Geschichte von einer Gasexplosion können sie unmöglich aufrecht erhalten. Die Leute haben doch ein Recht, zu erfahren, was mit ihren Angehörigen passiert ist. Das war kein Unglück, das war ein Mord!“

Okito nickte. „Ja, es war ein Mord, Niowase-san“, stimmte er zu, „aber der Mörder war, wie sie ja selbst wissen, ein bekannter und überaus beliebter Sportler, der nun zu allem Überfluß auch noch selbst tot ist. Welche Schlagzeilen wollen sie denn morgen in der Asahi Shimbun lesen? 'Wahnsinniger Volleyballer tötet drei Sanitäter'?“
„Beachvolleyballer“, verbesserte Tomoe ihn finster.
„Dann eben Beachvolleyballer“, winkte der Offizielle ab. „Hören sie, sie haben doch mit eigenen Augen gesehen, in welchem Zustand sich Koehara-san befunden hat, als er durchgedreht ist. Der arme Junge muß mit anabolen Steroiden geradezu vollgepumpt gewesen sein. Soll ihn die Sportwelt denn so in Erinnerung behalten? Soll seine Familie für immer mit der Schande leben, so einen mißratenen Kerl in ihren Reihen gehabt zu haben? Eine Explosion ist eine glaubwürdige Erklärung für den Zustand der anderen Toten, und es erspart uns, den Leichnam von Koehara-san seiner Familie zu übergeben. Wenn wir einfach von schweren Verstümmelungen reden...“

Tomoe schüttelte den Kopf. „Das ist eine hundsverdammte Lüge“, donnerte sie, „und ich mache dabei nicht mit. Verdammt, dieser Kerl hätte mir beinahe den Schädel eingeschlagen – ich hatte Glück, daß er in seine eigene Waffe gestolpert ist, ehe er mir etwas tun konnte.“
„Aber er wird jetzt niemandem mehr etwas tun können, Niowase-san“, konterte der Beamte. „Die Gefahr ist vorbei, und wir haben keinen Grund mehr, deswegen noch die Pferde scheu zu machen.“
„Und wenn er nicht der letzte war?“
Okito verzog das Gesicht. „Vertrauen sie mir“, sagte er, „ich werde dafür sorgen, daß das der letzte Fall war. Ich nehme mir Koehara-sans medizinische Betreuer vor, und wenn ich mit denen fertig bin, dann können die ihren Abendtee unter einem Bonsai trinken. Einen jungen Sportler, der es gar nicht nötig hat, derart mit verbotenen Substanzen vollzupumpen, das ist jenseits dem, was ich noch übersehen kann. Wer auch immer dafür verantwortlich war, hat die längste Zeit als Arzt praktiziert. Diese Leute werden nicht davonkommen.“
Die junge Frau preßte die Lippen zusammen. „Haben sie mal an die Möglichkeit gedacht, daß das ganze nicht einfach nur ein Unfall mit anabolen Steroiden sein könnte? Was, wenn jemand Koehara-san das Zeug eingeflößt hat, das ihn so hat durchdrehen lassen?“

„Machen sie sich nicht lächerlich“, wiegelte der Offizielle sie ab. „Was sollte das denn sein, eine Art Anschlag? Warum haben wir dann noch kein Bekennerschreiben bekommen? Und wenn es darum ging, ihn aus dem Wettbewerb zu nehmen, wäre das doch viel einfacher gewesen. Wenn ihm jemand unbemerkt die Substanzen zugesteckt hätte, warum hat diese Person das dann nicht mit etwas getan, das subtiler wirkt? Oder mit irgend einem Virus, an dem gleich die ganze Mannschaft erkrankt? Sie sehen Gespenster, Niowase-san.“
„Aber...“
Nun war es an Okito, mit der Faust auf den Tisch zu hauen. „Es reicht jetzt!“ donnerte er. „Sie haben meine Versicherung, daß wir alles Notwendige tun, was getan werden muß, und damit ist es genug. Das Kommittee hat entschieden, diesen Vorfall mit Diskretion zu behandeln, und sie werden sich auch an diese Vereinbarung halten. Ist das klar?“

Tomoe blickte ihn finster an. „Glasklar.“
„Gut.“ Der Beamte ließ sich in seinen Sessel fallen. „Wir verstehen uns also. Aber sollte ich in den Nachrichten irgendetwas von ihren Theorien zu diesem Fall hier hören oder lesen, Niowase-san, glauben sie mir, dann ist ihre aktive Karriere schneller vorbei als sie 'Schmetterball' sagen können. Außer ihnen weiß niemand außerhalb des NOK von den Umständen; ich weiß also, woher die Informationen kommen, wenn etwas durchsickert.“
„Das ist mir bewußt.“
„Ein Wort zu einem Reporter...“
„...und meine Karriere ist vorbei.“ Tomoe stand auf. „Hab's kapiert. Kein Wort an die Medien. Kann ich jetzt gehen?“
Okito nickte. „Bitte.“
„Danke.“

Mit einer kochenden Wut im Bauch ging die junge Frau aus dem Büro des Offiziellen. Ein Maulkorb war also die Reaktion des Nationalen Olympischen Kommittees auf einen so entsetzlichen Vorfall. Fantastisch. Offensichtlich war die größte Gefahr nicht die für das Leben und die Gesundheit der Sportler, sondern die für das Ansehen des Sportverbands in der Öffentlichkeit. Charakterschweine, überall. Aber die würden schon sehen, was sie davon hatten.
Tomoe war kaum um eine Ecke gegangen, als sie auch schon ihr Handy aus der Tasche zog und eine Nummer anrief, die zwar dort einprogrammiert war, aber seit über einem Jahr nicht mehr gewählt worden war. Im Prinzip war es nicht das, was dieser Okito von ihr verlangt hatte – sie hatte durchaus vor, jetzt ganz brühwarm alles zu erzählen, was sie erlebt hatte. Es war nur niemand von der Presse, an den sie sich wandte.

„Hallo, Niowase hier. Bitte verbinden sie mich mit Professor Sakura Koufun...“

---

Der Trainingsplatz lag zentral im Olympischen Dorf und war fast so umfassend wie das Olympiastadion selbst ausgestattet, nur hatte er keine Zuschauerränge in dem Sinne. Sicher gab es Plätze, von denen aus man das Training beobachten konnte, aber die bestanden einfach nur in einigen flach angelegten Bankreihen, und natürlich gab es auch nicht die sonst üblichen Großbildschirme, auf denen die Wettkämpfe übertragen wurden. Dafür wurde das ganze Gelände malerisch von einem kleinen Park umrahmt, der ein wenig japanisches Lokalkolorit ausstrahlen sollte.
Mika und Takashi ließen ihre Blicke über den Platz schweifen. Die Leichtathleten, die erst in der zweiten Woche der Spiele ihre ganzen Konkurrenzen hatten, waren bereits schwer am Trainieren, und die Mannschaftssportler mischten sich unter sie, um sich ihrerseits von den laufenden Wettkämpfen zu entspannen. Die Nationen waren gut untereinander gemischt; Takashi erkannte ein paar Spieler der deutschen Fußballnationalmannschaft, die offenbar unter den äthiopischen Langstreckenläufern Fans hatten und ein paar Bälle für sie signierten.

„Wo steckt Yuki denn?“ meinte Mika beiläufig zu ihrem Freund.
„Auf Anhieb seh ich sie nicht“, gab Takashi zurück. „Ist vielleicht mit ihren Runden schon fertig. Oder sie joggt durch den Park.“
Die Schwimmerin nickte in Gedanken. „Könnte sein. Gehen wir sie suchen?“
Zustimmend nickte der junge Mann. „Tun wir das.“

Die beiden schlenderten über den Platz, um noch einmal ganz sicher zu gehen, dann verließen sie das Gelände über den Kiesweg, der in die Parkanlage führte. Zwischen malerisch angelegten Kirschbäumen hindurch führte der Pfad etwas aufwärts, bis er durch einen Torii-Bogen hindurch den eigentlichen Park erreichte, wo der Boden zu einem aus festgestampfter Erde wechselte. Fürs Jogging war das allemal besser geeignet als der Kies.
Obwohl es schon nach sechs Uhr abends war, war es immer noch sehr heiß, und außer den beiden schien kaum jemand unterwegs zu sein. Vielleicht waren die meisten Sportler schon beim Abendessen, doch es war wahrscheinlicher, daß sie sich einfach einen kühleren Platz gesucht hatten und sich in einer der Hallen aufhielten. Trotzdem drehten Mika und Takashi noch eine Runde durch den Park. Schaden konnte es ja nichts.
Auf der Höhe des kleinen Sees, der sich fast im Zentrum der kleinen Anlage befand, blieben sie stehen. Mika deutete auf einen Pavillon, der inmitten des Sees auf einer Sandbank stand. „Setzen wir uns einen Moment in den Schatten?“ bat sie. „Ich muß die Füße kurz ins Wasser hängen, sonst kippe ich noch um.“

„Typisch Schwimmerin“, grinste Takashi, „mal eine Stunde ohne Wasser und schon haut es sie aus den Socken.“
„Du hast gut reden“, konterte die junge Frau. „Du hast heute noch keine persönliche Bestzeit über die hundert Meter aufgestellt. Werd erst mal Leistungssportler, dann kannst du weiterfrotzeln.“
Der Student schmunzelte, erwiderte aber nichts und ging stattdessen, wie Mika es verlangt hatte, auf den Pavillon zu. Eine lange Reihe von Trittsteinen führte durch den See zum kleinen Gebäude, das achteckig war und ein kleines Pagodendach hatte, und schließlich trat er hinein, um wie angewurzelt stehenzubleiben. Mika, die ihm folgte, wäre fast ihn ihn hineingelaufen und wollte sich schon beschweren, als auch sie sah, was seine Aufmerksamkeit so fesselte.

Auf einer der zwei Sitzbänke in dem Pavillon hockte Yuki – und zwar auf dem Schoß von Kei Umebake, dem Torhüter der japanischen Handball-Nationalmannschaft. Sie war splitternackt und hatte ihre Schenkel um die Hüften des älteren Mannes fest geschlossen, und während sie ihn offenbar mit voller Konzentration mit wiegenden Bewegungen ritt, hatte der beide Hände um ihre kleinen, spitzen Brüste geschlossen und saugte leidenschaftlich an ihren Knospen.
„Yu... yuki!“ platzte Mika überrascht heraus, und die junge Frau wandte ihr den Kopf zu und lächelte sie erhitzt an. „Mika“, hauchte sie sanft und verlangsamte ihren Ritt ein wenig. „Hallo. Ich sehe, du hast dir auch jemanden mitgebracht. Komm und mach mit.“
„Uhm...“ Takashi errötete leicht. „Wir wollten nicht stören...“
Jetzt wandte auch Kei den beiden den Kopf zu. „Ihr stört nicht“, sagte er schmunzelnd. „Macht's euch einfach bequem. Oder wollt ihr nur zusehen?“
„Äh... naja...“

„Ach, warum nicht“, meinte Mika unvermittelt und sah zu Takashi auf. „Hast du Lust? Wenn nicht, ist es nicht schlimm, dann bleib ich einfach allein hier.“
Der junge Mann blickte sie fast schockiert an. „Du würdest wirklich... hier?!“
Schmunzelnd piekte ihm die Schwimmerin mit einem Finger in die Seite. „Warum denn nicht?“ gab sie verspielt zurück. „Macht doch Spaß, so mit anderen zusammen. Sag bloß, du hast so was noch nie ausprobiert.“
„Bisher noch nicht...“ Takashi hob die Schultern. „Aber was soll's, irgendwann ist es immer das erste Mal.“ Er strich Mika sanft über die Wange. „Mit dir macht man ganz schön was mit, weißt du das?“
„Klar doch“, grinste die junge Frau und zog ihn am Hemd hinter sich her in den Pavillon hinein. „Aber dafür macht's auch Spaß.“ Ohne weitere Umstände griff sie ihm in den Schritt. „Heh – wie ich's mir dachte. Schon wieder so gut wie hart.“

Takashi beendete ihre frechen Kommentare kurzerhand, indem er sie an sich heranzog und ihr einen stürmischen Kuß auf die Lippen drückte. Sofort begann Mika, leidenschaftlich mit ihm zu züngeln, und während sie ihm die Hose öffnete und seinen harten Schaft ans Tageslicht brachte, ließ er eine seiner Hände unter ihr Oberteil wandern und knetete zärtlich ihre weichen Brüste mit den großen, rosigen Spitzen. Eine gute Minute standen beide so engumschlungen da, ihre Lippen im Kuß vereint und sich gegenseitig mit den Händen liebkosend.
Dann löste Mika den Kuß sachte, und ohne weitere Worte ging sie in die Knie und schloß ihre Lippen um die Spitze von Takashis Männerstab. In den wenigen Tagen, seit denen die beiden sich kannten, hatte sie schnell bemerkt, daß er jemand war, dem sie viel Aufmerksamkeit widmen konnte, ohne daß er dabei übermäßig schnell gekommen wäre, und er hatte schnell gemerkt, daß es ihr großen Spaß bereitete, ihn so wild wie nur möglich mit dem Mund zu verwöhnen und auszutesten, wie weit sie gehen konnte. Inzwischen kam er sogar mit ihren Liebesbissen zurecht, und sie nutzte die Gelegenheit, um seine prachtvolle Lanze ganz zwischen ihren Lippen verschwinden zu lassen und an seinem Schaftansatz zu saugen.

Bei diesem Anblick beschleunigte Yuki unwillkürlich ihren Ritt. Sie und Kei hatten ihren Liebestanz ein wenig verlangsamt, während die beiden anderen im Vorspiel gewesen waren, aber die Show, die Mika nun abzog, machte sie nun doch richtig heiß. Auch der Torhüter war offenbar reichlich fasziniert, und obwohl seine Augen auf dem anderen Päärchen lagen, fanden seine Hände wieder die Brüste der jungen Frau, die sich auf ihm aufgespießt hatte.
Immer schneller bewegte sich Yukis Hüfte, immer deutlicher wurde das Keuchen von ihr und ihrem Liebespartner, und schon bald waren beide wieder vollkommen miteinander beschäftigt. Wild küßten und streichelten sie sich, ihr Atem fand den gleichen Rhythmus, und schließlich stöhnte Kei laut auf, und augenblicklich preßte die junge, schlanke Frau ihren Schoß fest gegen seinen. Drei, vier Mal zuckte sein Unterleib, während sie ihn heftig umarmte, und dann sackte er ein Stück zusammen und küßte sie wieder leidenschaftlich.

Inzwischen war Mika dazu übergegangen, Takashis harten Schaft kräftig zu massieren und dabei mit Zunge seine Eichel sanft zu kitzeln. Der junge Mann hätte ihr zu gerne den Gefallen zurückgegeben und ihr seine eigenen Talente gezeigt, aber das ließ sie einfach nicht zu. Statt dessen überschüttete sie ihn mit einer Serie von Küssen und zärtlichen Bissen, während sie seine Samenkissen zart drückte und immer wieder den Ansatz seiner Lanze wild rieb. „Wenn du so weitermachst“, keuchte er, „dann bin ich bald soweit. Darf ich dich denn heute gar nicht verwöhnen?“
„Später“, kicherte die junge Frau ihm zu. „Heut will ich was besonderes von dir. Bis dahin... entspann dich und genieß es.“ Mit diesen Worten verschlang sie seinen Schaft wieder, und abermals saugte sie kräftig an seinem Ansatz, während sie voll Zärtlichkeit seine Samenkissen massierte.

Obwohl Yuki und Kei offenbar eben gekommen waren, saß die junge Frau noch immer auf dem Schoß ihres Liebespartners, und inzwischen war sie auch wieder dabei, ihre Hüfte langsam zu bewegen. Diesmal allerdings war es kein rhythmisches Schwingen wie vorher, statt dessen rieb sie langsam und sehr innig ihre Lenden an denen des Torhüters. In kleinen Kreisen drückte sie ihr Becken an das von Kei, während sie ihn stetig umarmt hielt und zärtlich küßte, und offenbar genoß der Mann das ganze in vollen Zügen. Seine Hände kneteten Yukis kleinen, festen Po zärtlich, und er zog sie noch enger an sich heran.
Das war vorerst das letzte, was Takashi von den beiden anderen mitbekam, denn inzwischen war die Erregung in ihm so stark angestiegen, daß er außer Mikas saugenden, fordernden Lippen um seinen Schaft und ihrem zärtlichen Fingern kaum noch etwas bemerkte. Immer heftiger wurden ihre Liebkosungen, immer stärker der Druck in seinem Inneren, und schließlich konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Mit einem leisen Ächzen kam er, und sein Liebestau ergoß sich in Strömen in den gierigen Mund der Schwimmerin, die ihn genießerisch aufnahm. Nur ganz entfernt meldete sich sein schlechtes Gewissen, das sich noch an Sakuras Worte erinnerte, aber im Moment waren ihm die reichlich egal.

Leicht erschöpft trat der junge Mann einen Schritt zurück, und schmunzelnd erhob sich Mika vor ihm. „Na, ist der erste Druck weg?“ meinte sie schelmisch.
„Kann man wohl sagen“, gab Takashi mit leicht belegter Stimme zurück. „Du warst heute ja ganz schön durstig.“
„Das auch“, nickte die junge Frau und streichelte ihm leicht über die Brust, „aber darum ging es mir gar nicht. Komm, setz dich.“ Sie schob ihn sanft nach hinten auf die Bank zu.
Während er über die Bank stieg und dort breitbeinig Platz nahm, schlüpfte Mika aus ihren kurzen Sporthosen und zog ihr Höschen aus, so daß der zarte Flaum zwischen ihren Beinen zum Vorschein kam. Verspielt warf sie ihre Kleider in eine Ecke des Pavillons, dann trat sie auf Takashi zu und setzte sich vorsichtig auf seinen Schoß, ihr Gesicht ihm zugewandt. Langsam rutschte sie näher, so daß sie ihn immer weiter zwischen ihre Schenkel nehmen konnte.

„Was ich von dir will“, flüsterte sie ihm zu, „ist das hier“, und mit diesen Worten ergriff sie zärtlich sein inzwischen erschlafftes bestes Stück und drückte es sanft gegen ihre weichen Pforten, bis es zwischen ihren Liebeslippen in sie hinein glitt.

Liebevoll schloß Takashi sie in die Arme, und Mika schloß die Beine hinter seinem Rücken und begann, ihren Unterleib sanft gegen den des jungen Mannes zu schmiegen. Ihr weicher Flaum kitzelte seinen Unterbauch, ihre Wärme umfing ihn voller Zärtlichkeit, und langsam, ganz langsam konnte er spüren, wie seine Erregung zurückkehrte, und sein Männerstab schwoll im Inneren der Liebeshöhle ganz allmählich wieder an.
„Das ist es“, hauchte die junge Frau ihm voller Genuß ins Ohr. „Das ist es, was ich von dir wollte. Wachse in mir. Werde groß. Uuh... das ist so ein wundervolles Gefühl... werde stark. Hmm... das fühlt sich so gut an...“
„Du kleiner Kuschelhase“, flüsterte Takashi zurück. „Darum wolltest du mich so unbedingt schlaff haben.“ Er faßte sie sanft am Po und begann, sie zärtlich gegen sich zu ziehen. „Komm, nimm mich ganz tief rein. Mal schauen, ob ich dich ausfüllen kann.“
Mika verstärkte den Druck ihrer Schenkel und umarmte den jungen Mann um so heftiger, und mit jeder Sekunde, da sie sich an ihn preßte, schien er größer und stärker in ihrem Innersten zu werden. Es war ein absolutes Hochgefühl, und mit leisem Stöhnen rieb sie sich immer heftiger an seinem Schoß, genoß sie den zarten Druck in ihrem Inneren, und schließlich fühlte sie zu ihrem Entzücken, wie sich seine Eichel ganz tief in ihr gegen ihre Grottenwände drängte. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, als teilten sich die beiden in diesem Moment einen einzigen Körper und nicht deren zwei.

„Ich will dich“, hauchte die junge Frau, und als Takashi seine Umarmung leicht löste, begann sie ihn zu reiten. Seine Lanze in ihr saß so fest, so unbeschreiblich gut, daß schon die kleinste Bewegung tausend Feuerwerke in ihrem Bauch zündete, und sie hatte kaum angefangen, als sie auch schon auf dem besten Weg zu ihrem ersten Höhepunkt war. Nach nicht einmal einer Minute kam sie mit einem hellen Stöhnen, und noch ehe sie richtig davon unten war, hatte sich Takashi auch schon aufgesetzt und sie an der Hüfte ergriffen, um nun mit den gleichen wilden Stößen fortzufahren, mit denen Mika begonnen hatte.
Auch Kei und Yuki waren inzwischen wieder beide ganz da, und die sanfte „Massage“, mit der die junge Frau ihren Liebespartner verwöhnt hatte, schien ihre Wirkung auch nicht verfehlt zu haben. Beide waren aufgestanden, und während sich Yuki mit dem Rücken gegen die Wand des Pavillons lehnte, liebte sie der ältere Mann im Stehen von vorne, wobei er einen ihrer Schenkel ergriffen hatte und sachte nach oben zog. Mit kräftigen Stößen verwöhnte er ihre Liebeshöhle, und sie hielt sich an seinem Nacken fest und stöhnte voller Lust.

Nur Minuten später kam Mika mit einem leisen Schrei zum zweiten Mal, und diesmal ließ Takashi ihr einen Moment Zeit, wieder zu Atem zu kommen und hielt sie einfach nur sanft fest, während die Schauer über sie glitten. Die junge Frau keuchte tief durch, sah aus nur halboffenen Augen schmunzelnd zu ihm und strich ihm leicht über die Brust. „Noch kann ich“, japste sie. „Willst du noch ein bißchen in mir bleiben, oder soll ich dich leersaugen?“
„Bleib noch ein bißchen sitzen“, lächelte Takashi ihr zu. „Es ist grade so gemütlich. Wenn du kommst, fühlt es sich an wie ein Erdbeben – so was hab ich noch nie erlebt.“

„Vielleicht machen wir zum Abschluß noch was schönes zusammen“, meldete sich mit hitziger Stimme von der anderen Seite des Pavillons Yuki. „Auf Partnertausch habt ihr zwei keine Lust, oder?“
Mika wandte ihr den Kopf zu. „Vergiß es“, gab sie zurück, „den hier gebe ich nicht mehr her. Aber wenn du was schönes weißt, bei dem wir in den selben Paaren bleiben...“
Yuki schmunzelte. „Klar doch. Komm, Kei, laß mich einen Moment gehen, ja?“
„Okay...?“ Der Torhüter zog seinen harten Schaft aus der jungen Frau heraus. „Was hast du vor?“
„Komm mal rüber“, sagte Yuki und winkte Mika zu. „Wir spielen ein bißchen miteinander, während die beiden uns verwöhnen, was hältst du davon?“
Die junge Frau schmunzelte. „Klingt gut.“ Sie sah zu Takashi. „Nicht weglaufen, ja?“
„Ich werd mich beherrschen.“

Ganz vorsichtig erhob sich Mika von der Lanze des Studenten, die auf eine geradezu erschreckende Größe angeschwollen war – offenbar hatte er sie wirklich vollkommen ausgefüllt, als sie darum gebeten hatte – und schritt mit etwas weichen Knien auf ihre Kameradin aus dem Schwimmteam zu. Yuki zog ihr mit einem gekonnten Griff das Hemd über den Kopf, als sie vor ihr stand und begann, ihr sanft den Nacken zu streicheln, und dann bückte sie sich langsam hinab und streckte Kei ihr Hinterteil entgegen. „Los“, sagte sie, „komm wieder rein in die gute Stube.“
Der Torhüter schmunzelte, stand auf, trat hinter seine Liebespartnerin und schob ihr langsam wieder seinen Schaft durch die Liebeslippen. Während sie wohlig aufseufzte, blickte Mika über ihre Schulter zu Takashi. „Worauf wartest du? Ich will dich in mir.“
„Bin schon unterwegs“, lächelte der junge Mann, schritt zu ihr und schob ebenfalls seine Lanze in ihre Liebesgrotte. Mika stöhnte glücklich auf, und sofort fanden ihre Lippen die von Yuki, und die beiden jungen Frauen begannen einander heiß zu küssen, während sie die erneuten Stöße ihrer Freunde genossen.

Zu Takashis Erstaunen kam Mika nicht wie sonst üblich innerhalb weniger Minuten zu einem weiteren Höhepunkt, und das, obwohl er sich keineswegs zurückhielt. Vielmehr stieß er mit kräftigen Stößen immer wieder in sie hinein, und er konnte ihre Liebeshöhle um seinen Schaft zucken spüren, und ihre Laute der Lust zeigten ihm auch, wie sehr sie es genoß, von ihm von hinten genommen zu werden, während sie vorne mit ihrer Kameradin Zärtlichkeiten austauschte. Dennoch schien sie dieses Mal sehr viel ausdauernder als noch beim ersten Mal zu sein – die ersten beiden Male war sie schnell und heftig gekommen, doch nun schien das erste Feuer in ihr etwas beruhigt zu sein, und sie konnte nun voll und ganz genießen, was sein Körper ihr schenkte.
Gute zwanzig Minuten erfüllte das rhythmische Stöhnen und Keuchen den Pavillon, und schließlich stöhnte Kei laut auf; seine Stöße wurden kürzer und härter, und dann schließlich preßte er sich noch einmal mit Kraft gegen Yukis weichen Po, ehe er sich erschöpft zurückzog. Die junge Frau wandte sich lächelnd und erschöpft zu ihm um und setzte sich mit ihm auf die Bank, um sich zum Abschluß ihres Liebesakts noch ein wenig umarmen und streicheln zu können.

Schließlich war auch Takashi soweit, und er ließ seine Hände sanft über Mikas Rücken gleiten, während er seine Stöße verlangsamte. „Ich bin gleich soweit“, hauchte er, „möchtest du mich noch zu Ende saugen?“
„Nein“, keuchte Mika zu seiner Überraschung zurück. „Bitte... bleib in mir... bis zum Schluß...“
„Du meinst...“ Die Augen des jungen Mannes weiteten sich. „Willst du wirklich...“
„Ja...“
Es war ein atemloses, lustvolles „ja“, das keinen Widerspruch zuließ, und Takashi warf seine ganzen Vorbehalte beiseite und beschleunigte sein Liebesspiel wieder. So weit war er noch nie mit einer Frau gewesen, bisher war jede seiner Freundinnen lange vor seinem Höhepunkt so erschöpft gewesen, daß daran nicht zu denken gewesen war. Und jetzt Mika, die ihm alles abverlangte, die ihm ihre Lippen schenkte, und die sich ihm nun so anbot...
Takashis Dämme barsten, und mit einem glücklichen Aufstöhnen stieß er ein letztes Mal zu und ergoß sich in Mikas Liebeshöhle. Seine Explosion in ihrem Inneren brachte auch den dritten Höhepunkt in der jungen Frau hervor, und sie jauchzte ihre Erregung heraus, bäumte sich auf, um dann zufrieden und warm zurückzusinken, in die Arme ihres Liebespartners hinein.

Und wenn die beiden irgend etwas seltsam daran gefunden hatten, daß Yuki nur Stunden nach der Nachricht vom Tod ihres letzten Lovers schon wieder mit einem neuen Mann schlief, war der Gedanke jetzt ganz weit in den hintersten Ecken ihrer Köpfe verschwunden.

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„Verzeihung, meine Dame, aber das hier ist Sperrgebiet.“
„Soso, Sperrgebiet, hm? Ich gebe ihnen gleich Sperrgebiet. Lassen sie mich hier durch.“
„Ich sagte ihnen doch schon, nur mit gültigem Sicherheitsausweis.“
„Und was ist das hier?“
„Das ist kein Sicherheitsausweis für das Olympische Dorf.“

„Aber es ist ein Ausweis vom Amt für Seuchenschutz“, fuhr Professor Sakura Koufun den Wachmann an, und obwohl sie in ihrem Rollstuhl saß und der Mann sie weit überragte, wich er ein Stück vor ihr zurück. „Ich sage ihnen nochmal, das hier ist ein verdammter Notfall, und wenn sie mich jetzt nicht gleich reinlassen, dann stelle ich das ganze Olympische Dorf unter Quarantäne! Was meinen sie, was die Presse morgen schreibt, wenn die Sportler nicht zu den Wettkämpfen kommen?“
Der Wachmann riß die Augen auf. „Das können sie doch unmöglich tun!“
„Und ob ich das kann!“ Sakura griff in die Seitentasche ihres Rollstuhls und zog ein rosafarbenes Dokument hervor. „Haben sie schon mal eine Quarantäneverordnung gesehen? Alles, was es braucht, ist meine Unterschrift hier unten, und ich habe ein paar Einheiten der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte hier. Die lassen keinen rein und keinen raus, bis ein Amtsarzt jede einzelne Person da drinnen von oben bis unten untersucht hat. Kann sich bei ein paar tausend Sportlern nur um Wochen handeln. Und wehe, einer von denen kriegt in der Zeit auch nur einen Schnupfen!“

Der Wachmann schluckte. „Das... das kann ich nicht alleine entscheiden“, sagte er. „Hören sie... ich hole ihnen den Verbindungsmann vom NOK her. Aber ich kann sie nicht aus dem Sicherheitsbereich hier heraus lassen, ohne daß man mir das genehmigt hat, verstehen sie das?“
Sakura nickte kalt. „Das müßte Okito-san sein, nicht wahr? Dann schaffen sie mir diesen Kerl hierher. Aber beeilen sie sich. Jede Minute zählt, und wenn ich den Eindruck bekomme, sie lassen mich warten...“ Sie wedelte wieder mit dem rosafarbenen Dokument.
„Jawohl!“ sagte der Wachmann, drehte sich auf dem Absatz herum und lief in Richtung der Verwaltung, so schnell er konnte.

Sakura steckte den Anforderungsbogen für die Professoren-Essensmarken in der Mensa der Uni Tokyo wieder zurück in ihre Tasche, lächelte in sich hinein und wartete.
 

Taleweaver

Scriptor
Kapitel 5

„Weißt du, worüber ich mich freuen würde? Wenn du mich auch einmal anrufst, weil du keine Probleme hast.“

Tomoe schmunzelte. „Ausnahmsweise bin ich aber diesmal absolut unschuldig“, sagte sie und lehnte sich auf dem Stuhl bequem zurück. „Niemand, dem ich versehentlich was gebrochen habe, und das Problem mit meiner Menstruation hab ich auch nicht mehr. Mir ist nur etwas aufgefallen, über das ich mir Sorgen mache.“
Etwas verstimmt zog Sakura die Mundwinkel nach unten. „Am Telefon klang das aber noch wesentlich dringlicher“, gab sie zurück. „Als du was von einem 'Frankenstein-Mittel' erzählt hast, dachte ich, du hättest schon irgendwelche sichere Spuren. Aber solange du nur einen Verdacht hast...“
„Es ist mehr als ein Verdacht“, unterbrach die junge Frau sie. „Die Leiche von Koehara-san haben sie ja gesehen, und ich bin mir absolut sicher, daß noch andere Sportler betroffen sein könnten.“
„Weil du findest, daß einige von ihnen krank aussehen.“
Tomoe zögerte kurz, ehe sie nickte. „Ich weiß, das ist nicht sehr aussagekräftig, Koufun-sensei, aber... ich hab schon seit Beginn der Spiele so ein blödes Gefühl, als ob hier irgend etwas nicht stimmt. Bitte, sie müssen mir helfen.“

„Erst mal muß ich gar nichts“, gab die Wissenschaftlerin zurück. „Wenn ich jedesmal, wenn du ein 'blödes Gefühl' hattest, losgerast wäre, säße ich heute in einem Formel-Eins-Wagen und nicht im Rollstuhl. Ich bin nur gekommen, um festzustellen, ob hier wirklich etwas vorgeht, was für das Seuchenschutzamt von Interesse ist.“ Ihr Tonfall wurde etwas ruhiger. „Und natürlich bin ich dir für jeden Hinweis dankbar; ich hätte nur erwartet, daß du mehr Indizien als bloß das eine hast.
„Vorerst“, erinnerte sie die junge Frau. „Vorerst habe ich nur ein Indiz.“
Sakuras verschränkte die Finger. „Und dabei wird es bitteschön auch bleiben“, sagte sie. „Du bist schon einmal gerade so mit heiler Haut davongekommen; ich will nicht, daß du deine Gesundheit noch ein zweites Mal riskierst.
Entrüstet sprang Tomoe auf. „Soll daß heißen, ich soll untätig herumsitzen, während hier irgendwelche Verschwörungen ablaufen.
„Das soll heißen, du konzentrierst dich auf deine Spiele und auf dein Training und überläßt das Herumschnüffeln mir.“ Sakura ergriff sachte die Hand der jungen Sportlerin. „Schau, Tomoe, ich hab ebensowenig Interesse daran wie du, daß hier jemand die Gesundheit von jungen Sportlern für irgendwelche Experimente mit Dopingmitteln ruiniert. Es ist vielleicht nicht mein Fachgebiet, aber ich habe körper- und stoffwechselverändernde Substanzen lange untersucht, alleine schon wegen dir. Ich finde heraus, was hinter diesem 'Frankenstein-Mittel' steckt. Vertrau mir.“

Seufzend ließ sich Tomoe wieder auf den Stuhl sinken. „Meinetwegen“, sagte sie leise. „Halten sie mich wenigstens auf dem Laufenden, wenn sie etwas herausfinden?“
Die Wissenschaftlerin nickte. „Verlaß dich drauf“, versprach sie. „Wie ich schon sagte, ich hab kein Interesse an Geheimhaltung. Und wo wir grade dabei sind, du kannst auch Takashi ausrichten, daß ich mit ihm sprechen möchte. Geht ja nicht an, daß der so auf eigene Faust hier meine Bestrafung umgeht.“
„Takashi ist hier?!“ Die Augen der Sportlerin weiteten sich. „Aber... ich hatte ja keine Ahnung!“
„Was?!“ Sakura fuhr zusammen. „Aber das... er hat nicht versucht, mit dir irgendwelchen Kontakt aufzunehmen?“
Tomoe schüttelte den Kopf. „Meine Güte, nein. Warum... warum hat er mir denn nichts davon gesagt? Was macht er denn hier bei den Spielen?“
Seufzend sank die Wissenschaftlerin in ihrem Rollstuhl zusammen. „Offenbar tut er ausnahmsweise einmal genau das, worum ich ihn gebeten habe“, sagte sie. „Was bin ich nur für ein Schaf.“

---

„Na, alles klar mit dir?“
Mika zog sich aus dem Schwimmbecken und sah zu Takashi auf. Einen Moment schien sie unsicher zu sein, aber dann nickte sie. „Denke schon. Nett, daß du zum Training gekommen bist.“
Der Student lächelte. „War doch selbstverständlich.“
„Na ja... irgendwie komm ich mir schon ein bißchen... schuldig vor“, gab die Schwimmerin zurück. „Du hättest die Gelegenheit, dir alles von den Spielen anzusehen, was dir gefällt, aber du bist immer hier in meiner Nähe. Ehrlich, ich bin dir nicht sauer, wenn du ein bißchen was anderes als immer nur das Schwimmstadion sehen willst.“

„Aber ich wäre ihm sauer“, lachte Tsukune und trat zu den beiden. „Nein, Scherz beiseite, du bist schon wieder persönliche Bestzeit geschwommen, Mika. Überanstreng dich nur nicht – du bist erst heute nachmittag mit den zweihundert Metern dran. Wenn du da deinen Rekord brichst, reicht es mir vollkommen.“
Mika stand auf und warf einen Blick auf den Palmtop, den ihre Trainerin in der Hand hielt. „Tatsache, wieder eine Zehntelsekunde“, stellte sie fest. „Dabei hab ich mich gar nicht so angestrengt. Wenn ich richtig loslege, hole ich bestimmt noch eine halbe Sekunde mehr raus...“ Sie stutzte. „Und das hieße, ich komme an die Zeiten der Chinesinnen ran!“
Tsukune nickte. „Du hast eine Chance auf einen Medaillenplatz“, sagte sie. „Durch den Vorlauf kommst du mit der Zeit eben ganz sicher, und wenn du dich noch steigerst, wird es was mit dem Treppchen. Denkst du, du stehst das durch – die ganzen Reporter, wenn du Bronze holst?“
„Uff.“ Die junge Frau atmete schwer aus. „Ich hoffe es – ich meine, damit hätte ich vor den Spielen nie gerechnet. Da hab ich mir noch nie Gedanken drüber gemacht.“
„Dann mach das mal.“ Die Trainerin klopfte ihr auf die Schultern. „Ab in die Kabine mit dir. Mittagessen um halb eins.“

Während die Schwimmerin in Richtung Dusche trottete, wollte sich Tsukune schon umwenden, doch Takashi trat an sie heran. „Danryoku-san, könnten wir uns kurz unterhalten?“ bat er.
Mit einem Nicken legte Tsukune ihm eine Hand auf den Rücken. „Gehen wir doch schon mal vor“, sagte sie, „auf dem Weg können wir auch reden.“
„Danke.“ Er setzte sich in Bewegung. „Die Sache ist die... ich wollte mich zuerst noch einmal bei ihnen dafür bedanken, daß sie mir die Gelegenheit gegeben haben, die Olympischen Spiele so zu erleben, als Gast im Olympischen Dorf...“
„Gern geschehen“, lächelte die Trainerin.
„...nun ja, und ich finde ja auch, daß es mehr als nett war, daß ich zusammen mit der Schwimmmannschaft wohne“, fuhr er fort. „Sie werden es ja schon wissen... ich meine, wir haben nicht wirklich ein Geheimnis draus gemacht... Mika und ich...“
Tsukune nickte. „Ihr habt was miteinander“, sagte sie. „Ist nicht zu übersehen.“
Takashi suchte die nächsten Worte sorgfältig zusammen, ehe er sie aussprach. „Kann es sein“, fragte er, „daß sie mit so etwas gerechnet haben, als sie mich einluden?“

„Was willst du andeuten?“ gab die Trainerin in plötzlich deutlich schärferem Ton zurück. „Wenn du was zu sagen hast, dann tu es, aber red nicht drum herum. Das kann ich nämlich gar nicht leiden.“
„Ich...“ Der junge Mann atmete einmal durch. „Vor kurzem hat mich Professor Koufun angerufen“, sagte er. „Sie hat mir erklärt, daß mein Körper... daß ich eine besondere Wirkung auf Frauen habe. Daß ich dafür sorgen kann, daß sie... stärker werden.“
Tsukune nickte kurz. „Ja, das scheint bei euch allen in der dritten Generation wohl so zu sein“, sagte sie. „Bei Mai-chan hat sich das auch vor ein paar Wochen rausgestellt.“
Abermals atmete Takashi durch. „Haben sie mich deshalb mit zu den Schwimmerinnen geholt, weil sie gehofft haben, daß ich ihre Leistungen verbessere?“
„Hrm...“ Die Trainerin brummelte etwas unverständliches. „Hat Sakura das behauptet?“
„Nein – sie hat mir nur gesagt, welche Wirkung es hat, wenn ich mit Frauen schlafe und daß sie davon wissen, Danryoku-san. Die anderen Gedanken sind mir selbst gekommen.“

Tsukune seufzte leise und lächelte den Studenten an. „Ganz unwahr ist es nicht“, gab sie zu. „Glaub mir bitte, daß ich zuerst wirklich nur sehen wollte, daß du für den Abend irgendwo unterkommst. Aber im Dorf ist mir dann der Gedanke gekommen, wenn du meinen Mädels gefällst, könnte das ganz praktisch sein. Du mußt wissen, sie sind eine ziemlich wilde Bande; die meisten noch unter zwanzig, unverheiratet und den größten Teil ihrer Freizeit beim Training eingespannt. Da bleibt nicht viel Zeit für normale Beziehungen. Also lassen sie normalerweise keine Gelegenheit aus, ihre Bedürfnisse auf dem Gebiet zu befriedigen.“
Etwas verstimmt starrte Takashi vor sich hin. „Und daß ich jetzt Mika zu neuen Rekorden antreibe, war also ein netter Nebeneffekt, nehme ich an.“
„Eigentlich“, schmunzelte Tsukune, „dachte ich, die Mädels würden dich unter sich aufteilen.“
„Aufteilen?!“
Die Trainerin nickte. „Ich kenn das Problem von Mai – so gerne sie einen festen Freund hätte, ein einzelner Mann ist kaum genug für sie. Die anderen sind immer viel schneller fertig als sie; da hat sie natürlich nur wenig Spaß am Sex. Hat auch was mit ihrem veränderten Körper zu tun. Ich dachte, du könntest vielleicht das gleiche Problem haben...“
Der junge Mann verzog das Gesicht. „Und darum lege ich mir also einen Harem zu, in dem ich mich...“
„HIIIIILFEEE!“

Takashi und Tsukune fuhren herum, als der gellende Schrei an ihre Ohren drang. „Das kam aus den Kabinen“, stieß die Trainerin hervor. „Schnell!“
Die beiden stürmten zurück in die Kellergänge des Schwimmstadions, wohin sich einige Leute vom Sicherheitsdienst ebenfalls auf den Weg gemacht hatten. Als sie ankamen, stand die Türe zur Sammelumkleide der Damen bereits offen, und darinnen lag auf dem Boden Yuki, die sich in Krämpfen wand. Über ihr kniete Mika, die verzweifelt versuchte, ihre Mannschaftskameradin zu beruhigen.
„Was ist passiert?“ Tsukune schob einen der Wachleute resolut beiseite. „Mika, was ist los?“
„Sie ist plötzlich zusammengebrochen“, platzte die Schwimmerin heraus. „Einfach so – sie hält sich den Bauch, als hätte sie Schmerzen. Und sie ist so schrecklich blaß...“
Die Trainerin warf einen Blick auf die sich am Boden krümmende junge Frau. „Ich hole einen Arzt“, sagte sie. „Takashi, bleib bei den beiden. Alle anderen – sie halten die Presse von hier fern. Keiner kommt rein, den ich nicht begleite, verstanden?“
Die Sicherheitsleute nickten und zogen sich eilig zurück auf ihre Positionen. Tsukune sah noch einmal kurz besorgt zu Yuki, dann verschwand auch sie schnell.

„Meine Güte, Yuki...“ Takashi trat in den Raum und kniete nun auch neben der jungen Frau nieder. „Wie ist das passiert?“
„Ich weiß nicht.“ Mika sah ihn verzweifelt an. „Als ich reinkam, war sie schon hier und sah irgendwie krank aus, und sie hat gejammert, bei ihr würde sich irgendwie alles zusammenziehen. Und dann ist sie zusammengeklappt.“
Der junge Mann preßte die Lippen zusammen. „Das sieht fast so aus, als hätte sie einen epileptischen Anfall oder so was“, murmelte er. „Nicht daß ich dafür ein Experte oder so was bin...“
Mika strich ihrer Kameradin verzweifelt über die Stirne, zog die Finger aber fast sofort wieder weg. „Meine Güte... sie glüht förmlich. Als ob sie Fieber oder so was hätte.“
„Vielleicht eine Nervenentzündung?“ Takashi legte eine Hand auf die Wange der jungen Frau. „Nein... das muß was anderes sein. So ein Fieberschub kann doch unmöglich...“

In diesem Augenblick bäumte sich Yuki mit einem lauten Ächzen auf, und ihre Finger verkrallten sich in ihre Handflächen. Einen Moment lang verharrte sie in einer merkwürdig verkrümmten Position, dann plötzlich preßte sie ihre Arme gegen den Boden der Umkleide und drückte sich in einer Art Brücke nach oben. Ihr Körper begann zu erzittern, und während sie in dieser Position verharrte, schienen sich all ihre Muskeln zugleich zu verkrampfen. Aber das war nicht alles, was geschah.
Mika war die erste, der es auffiel, und sie wich erschrocken etwas zurück. „Wah... sag mal, spinn ich jetzt?“
„Hm?“ Takashi sah besorgt auf. „Was ist denn?“
„Ich glaube... ich glaube, sie wächst!“
„Was?!“
Fassungslos starrte der junge Mann auf den Körper der Schwimmerin vor ihm, und tatsächlich – Mika hatte recht! Unter dem Trainingsanzug der jungen Frau schien sich ihr Körper auszudehnen, immer massiver, immer deutlicher, und er füllte die Sportkleidung langsam vollständig aus. An den Schenkeln, die monströs anschwollen, rissen die Nähte zuerst, und fast kalkweiße Haut, unter der sich bläuliche Adern abzeichneten, kam zum Vorschein. Als nächstes brachen sich ihre Schultermuskeln einen Weg durch die dünne Nylonjacke, dann riß der Reißverschluß vorne auf, und zwei massive, jeweils wassermelonengroße Brüste drangen ans Licht. Yukis ganzer Körper blähte sich auf, als pumpe eine unsichtbare Kraft Unmengen von Silikon in jeden einzelnen ihrer Muskeln, und zugleich streckte sie sich immens und gewann mindestens dreißig, wenn nicht vierzig Zentimeter an Körpergröße hinzu.

Schließlich endete die Verwandlung, als die kaum noch wiederzuerkennende junge Frau keuchend zu Boden sank. Selbst ihr Gesicht war monströs angeschwollen; ihre Nackenmuskeln zogen sich wie Stahlseile ihren Hals entlang, und was vorher sanfte, ebenmäßige Wangenknochen gewesen waren, war nun in einer Grimasse der Anspannung verschwunden.
Und dann schlug sie ihre Augen auf, die blutunterlaufen und ohne einen Funken menschlichen Verstandes war und wandte den Kopf ruckartig Mika zu.
„Vorsicht!“ brüllte Takashi, als er die Gefahr erkannte, doch es war schon zu spät: Mit einem ansatzlosen Griff packte Yuki ihre Kameradin am Arm und riß sie mit einem Ruck zu sich. Die Schwimmerin schrie vor Schmerz auf, als sie hochgerissen wurde, flog förmlich durch die Luft, und mit einem zweiten Schwung der monströs veränderten jungen Frau wurde sie quer durch den Raum geschleudert und prallte mit dem Rücken zuerst gegen einen der Schließschränke. Ein leises Ächzen drang aus ihrem Mund, dann sackte sie zusammen und rührte sich nicht mehr.

„Mika!“ Entsetzt starrte der junge Mann zu seiner Freundin, dann zu der Bestie, zu der Yuki geworden war, und sein Blick wandte sich ihr gerade noch rechtzeitig zu, um zu sehen, wie nun einer der fleischigen Arme in seine Richtung zuckte. Augenblicklich warf er er sich zurück, und die gewaltige Hand sauste über ihn hinweg und ins Leere. Eine schnelle Rolle rückwärts brachte Takashi aus der Reichweite des Monstrums, dann sprang er auf die Beine.
Fast zeitgleich stand auch die Bestie auf, nicht minder kraftvoll als er, und erschreckend behende trabte sie auf ihn zu. Der junge Mann zögerte einen Moment – das Ding da vorne mochte wie ein Alptraum aussehen, und es hatte soeben fast beiläufig Mika durch die Gegend geworfen, aber letzten Endes war es immer noch Yuki, die da vor ihm stand. Was, wenn er beim Versuch, sich zu wehren, ihr ernsthaften Schaden zufügte?

Wie um seine Gedankengänge ins Lächerliche zu ziehen, hieb das Monstrum mit einem seiner immensen Arme nach Takashi, und als der junge Mann zur Seite auswich, setzte es sofort mit einem zweiten Schwinger nach. Takashi riß die Arme hoch und blockte den Schlag ab, doch die schiere Wucht des Treffers brach ihm fast den rechten Unterarm, und er taumelte erschrocken zurück. Das Biest holte zu einem weiteren Schlag aus, dem der junge Mann nur mit einem verzweifelten Satz zur Seite ausweichen konnte, und die Faust der Bestie bohrte sich krachend in einen der Schließschränke in der Kabine.
Hatte Takashi eben noch Zweifel gehabt, ob er Yuki nicht vielleicht ernsthaft verletzte, war seine Frage nun eher die, ob er überhaupt in der Lage war, dem Monstrum, was da vor ihm stand, ernsthaft etwas entgegenzusetzen. Auch er war im Vergleich zu einem Menschen äußerst stark. Auch er konnte, wenn es drauf ankam, mit bloßen Händen Möbel zertrümmern. Allerdings – eine Tür aus Stahlblech mit der Faust zu durchschlagen, das wäre ihm nicht in den Sinn gekommen. Selbst wenn er es geschafft hätte, Stahlblech hatte scharfe Kanten, und wahrscheinlich hätte er sich dabei böse Schnittwunden zugezogen. Ganz im Gegensatz zu dem Biest, das ihm nun gegenüberstand und dessen fahlweiße Haut offensichtlich aus Leder oder so etwas bestehen mußte.

Als es sich erneut ihm zuwandte und die Arme zu einem Schlag hob, sah Takashi seine Chance gekommen. Mit einem kurzen Satz sprang er auf die Bestie zu, duckte sich unter ihren Armen weg und schlug im selben Moment eine harte Gerade in ihren Bauch. Der Hieb schlug voll ein, und der junge Mann konnte hören, wie das Wesen keuchend die Luft ausstieß â€“ und dann krachte mit der Wucht eines umfallenden Baumes der Ellenbogen seines Gegners in seinen Rücken. Takashi stolperte zu Boden; ihm blieb die Luft weg, und er konnte sich gerade noch so zur Seite rollen, als einer der Füße des Biests nach ihm stampfte, wohl um ihn endgültig zu zerquetschen.
Das alles lief überhaupt nicht gut, dachte sich der junge Mann, als er sich wieder aufrappelte und nach Luft schnappte. Der Volltreffer in den Magen eben hätte jeden normalen Menschen zumindest zum Taumeln gebracht, wenn nicht sofort von den Beinen geholt, aber gegen dieses Biest war er offenbar nahezu wirkungslos gewesen. Umgekehrt schmerzten seine Schultern bestialisch. Was immer mit Yuki geschehen war, die Verwandlung hatte ihr Kräfte gegeben, die den seinen mindestens ebenbürtig waren. Seine Zweifel, diesen Kampf gewinnen zu können, wurden immer größer.

Yuki schien seine Unsicherheit förmlich zu spüren, und mit einem Satz sprang sie auf ihn los und warf sich auf ihn, und wieder waren es nur Zentimeter, um die sie ihn verfehlte, als er sich zur Seite warf. Ein hastiger Tritt von ihm, der in ihrer Seite landete, verpuffte wirkungslos, und abermals stürmte sie auf ihn los. Takashi holte weit aus, und noch während die Bestie auf ihn zurannte, sprang er ihr entgegen, den linken Arm zur Abwehr erhoben. Es war ein fast sinnloses Manöver – die gewaltige Hand des Monstrums krachte gegen seine Seite, und er konnte seine Rippen brechen spüren, doch zugleich zog er seine rechte Faust voll zum Schlag durch, und diesmal landete der Hieb mit voller Wucht im Gesicht der Bestie. Während er hustend zusammensank, taumelte das Biest unter dem Treffer – dieser Schlag hatte sogar bei ihm Wirkung gezeigt. Takashi zwang sich zu einem weiteren Ansturm und donnerte seine Fäuste in den Unterleib des Wesens, Schlag um Schlag, und schließlich wirbelte er herum und trat mit aller Wucht, die er aufbringen konnte, der Bestie zwischen die Beine.
Keine Reaktion. Statt dessen packte ihn das Wesen mit einer Hand an der Schulter, riß ihn vom Boden hoch und holte mit dem anderen Arm aus, um ihm den Schädel einzuschlagen.

Takashi war schon sicher, jetzt zu sterben, als nacheinander fünf Schüsse Kaliber acht Millimeter in der Seite der Bestie einschlugen, und der sechste Schuß aus der Dienstwaffe des Sicherheitsmanns traf Yuki in die Schläfe.

---

Kräftig drosch Tomoe den Ball wieder und wieder gegen die Wand der Trainingshalle, wo sie alleine zurückgeblieben war. Nach zwei Stunden gemeinsamen Übens waren ihre Kameradinnen vom Volleyballteam erschöpft duschen gegangen – nicht so die junge Frau, die eine ziemliche Wut im Bauch hatte und sich dringend abreagieren mußte. Warum war Professor Koufun nur so eine dämliche Ziege und hatte ihr vorher nichts davon gesagt, daß Takashi hier war, hier im Olympischen Dorf? Vielleicht hätte sie ihn ja gerne mal wieder gesehen; seitdem sie vor drei Monaten in die Vorbereitungen für die Spiele gegangen war, hatte sie ja quasi wie eine Gefangene von der restlichen Welt abgeschieden gelebt. Aber anscheinend war so was ja für die Wissenschaft einfach nicht wichtig genug.
Ein weiterer Schmetterschlag, und wieder quietschte der Ball über das Linoleum des Hallenbodens, ehe er an die Wand sprang und dann wieder zu ihr zurück. Man nahm sie einfach nicht ernst, dachte Tomoe, das war das Problem. Weder ihre Sorgen und Befürchtungen wurden angemessen beachtet, noch scherte sich jemand darum, daß sie sich einsam fühlte. Sicher, mit ihren Mitspielerinnen kam sie gut aus, und sie betrachtete sie als Freundinnen, aber als Starspielerin der Mannschaft merkte sie schon, daß man ihr eigentlich mit zu viel Respekt entgegentrat – sie war einfach um Klassen besser als die beste ihrer Kameradinnen, und mitunter bekam sie den Neid zu spüren, den man ihr entgegenbrachte. Jemand, der ihre Lage verstand, der sich als ganz normaler Mensch mit ihr unterhalten konnte, das wäre einfach gut gewesen...

„Niowase-san, sie sind ja noch hier?“ Vom Eingang drang eine etwas erstaunte Stimme zur jungen Frau, und als sie sich umsah, erkannte sie Kouchi Hirazawa, den Trainerassistenten der Männermannschaft.
„Hab noch an meiner Technik gearbeitet.“ Tomoe fing den Ball auf und wandte sich um. „Heute gab es doch keine offiziellen Termine mehr, oder?“
Der Trainer trat auf sie zu. „Das nicht“, sagte er, „aber haben sie denn nicht die Durchsagen gehört? Es gab Sicherheitsalarm im Olympischen Dorf! Alle Sportler sollen auf dem schnellsten Weg die nächsten Ebene-3-Sicherheitsbereiche aufsuchen und dort auf weitere Anweisungen warten. Sie haben Glück, daß ich noch hier war.“
Die junge Frau warf den Ball mit einer beiläufigen Bewegung in das bereitstehende Sammelnetz. „Sicherheitsalarm“, meinte sie, „ist denn schon bekannt, was passiert ist?“
„Noch nicht“, gab Hirazawa zurück, „vielleicht nur ein Klatschreporter ohne Fotoerlaubnis, aber es könnten auch irgendwelche Terroristen sein. Kommen sie, ich bringe sie in die Sammelunterkunft.“
„Danke“, murmelte Tomoe und folgte dem Trainer, auch wenn sie selbst den Weg gefunden hätte. Kurz nach der ersten Ankunft im Olympischen Dorf hatte man allen Sportlern die Bedeutung der Sicherheitsbereiche förmlich eingebleut, und sie hätte quasi im Schlaf den Weg von den Trainingsplätzen in die Ebene-Drei-Gebiete gefunden.

In Tomoes Fall war der nächste Sicherheitsbereich für sie eine kleine, für das Olympische Dorf überraschend häßliche Sammelunterkunft, die sich wie ein Bunker hinter der Trainingshalle erhob und auf Wunsch der amerikanischen Sportdelegierten quasi in letzter Minute errichtet worden war – damit es einen Ort gab, an dem die unzähligen Psychotrainer, Fitneßberater und Anwälte, mit denen sich inzwischen nahezu alle US-Mannschaften umgaben, während des Trainings in der Nähe sein konnten, ohne den eigentlichen Sportbetrieb zu stören. Das Gebäude hatte eine Sicherheitsschleuse am Eingang, und Tomoe wurde nach einer kurzen Kontrolle ihrer Ausweiskarte von dem Wachpersonal an der Türe eingelassen.
Als Hirazawa jedoch vortrat, schüttelte der Wachmann zur Rechten den Kopf. „Nur für Sportler und direkte Angehörige“, sagte er. „Sie gehören zum Mannschaftspersonal. Suchen sie bitte eine Ebene-Zwei-Unterkunft auf.“
„Bitte?!“ Tomoe stemmte die Fäuste in die Seite. „Das da ist Kouchi Hirazawa; ich kenne ihn persönlich. Was für Probleme gibt es denn mit ihm?“
„Mit ihm persönlich nicht“, erklärte die Wache, „aber nicht mal die Wachmannschaft darf einen Ebene-Drei-Bereich betreten. Wir haben sehr strenge Anweisungen, Niowase-san.“

„Was für ein Unfug“, brummelte die Sportlerin, aber Hirazawa winkte nur ab. „Lassen sie die Leute ihre Arbeit tun“, sagte er, „mir passiert schon nichts. Gehen sie, gehen sie.“ Schmunzelnd wandte er sich um und machte sich auf den Weg tiefer ins Olympische Dorf hinein.
Tomoe seufzte leise, schritt dann aber durch die Sicherheitsschleuse, eine kleine Treppe nach unten und zog innen ihre Ausweiskarte durch den dort angebrachten Leser, um auch die zweite Türe zu öffnen. Vor ihr breitete sich ein geräumiger, erstaunlich angenehm beleuchteter Raum aus, der ein wenig wie eine Mischung aus Hotelfoyer und Konferenzsaal wirkte. Große Sessel und Sofas waren um niedrige Tische gruppiert; an den Wänden waren zahlreiche Automaten aufgestellt, an denen man sich einfache Snacks und Getränke besorgen konnte. Ein Großbildschirm an der Stirnwand des Saals zeigte die aktuelle Übertragung der Olympischen Spiele, jedoch war er offenbar im Moment stumm geschaltet. Überhaupt schien Tomoe zur Zeit die einzige Person zu sein...

In diesem Moment erhob sich aus einem der mit dem Rücken zur Tür stehenden Sessel eine Person und wandte sich zu ihr um, und die junge Frau erkannte zu ihrer Überraschung Kim Tae Hyun, den Ringer aus Nordkorea, der sein Land bei der offiziellen Begrüßung vertreten hatte. Seiner Mimik nach zu urteilen war er mindestens ebenso überrascht wie sie, und er lächelte erfreut. „Niowase-san. Wie angenehm, sie hier zu treffen. Bitte, kommen sie doch herein.“
„Uh... danke.“ Tomoe zog die Türe hinter sich zu und trat näher. „Ich freue mich ebenfalls, sie zu sehen, Kim-san... ich wußte gar nicht, daß sie unsere Sprache so gut beherrschen.“
„Zuviel Lob“, schmunzelte der Ringer und verneigte sich leicht, als sie näher vor ihm stand. „Meine Ausbildung als Offizier war sehr umfassend. Ich hoffe ja, durch meinen Besuch in diesem Land einige Vorurteile gegen meine Heimat abbauen zu können.“
Die Sportlerin lächelte warm. „Das ist ihnen schon einmal gelungen“, gab sie zurück. „Sagen sie, Kim-san...“
Der junge Mann unterbrach sie vorsichtig, indem er die Hand hob. „Verzeihen sie bitte... wäre es ihnen möglich, mich bei meinem zweiten Namen 'Tae' zu nennen? In meiner Heimat verwenden wir die Familiennamen nur für amtliche Zwecke, daher...“

„Gerne doch, Tae-san“, nickte Tomoe, „aber dann bestehe ich darauf, daß sie mich auch bei meinem Vornamen nennen. Ich komme mir seltsam vor, wenn ich jemanden nicht mit seinem Familiennamen anrede, aber derjenige mich.“
„Mit Freude, Tomoe-san.“ Ebenfalls lächelnd verneigte sich der Ringer abermals. „Aber... ich hatte sie unterbrochen. Sie hatten eine Frage?“
Die Sportlerin stutzte kurz, dann fiel es ihr wieder ein. „Richtig... wissen sie, weswegen es hier Alarm gegeben hat?“
Tae hob die breiten Schultern. „Der Genosse Arzt erwähnte, es wäre wohl eine Art Übung“, erklärte er, „aber genau wußte er es wohl auch nicht. Ich habe bis eben Nachrichten gesehen, da wurde aber bisher noch nichts davon berichtet.“
„Dann wird's wohl auch nichts gewesen sein“, schmunzelte Tomoe und ließ sich auf eins der Sofas sinken. „Na, warten wir mal ab, was draus wird. Mindestens eine Stunde sitzen wir hier bestimmt fest; das haben sie in den Vorbesprechungen schon erwähnt. Wenigstens haben wir es bequem.“
„Da stimme ich ihnen zu, Tomoe-san“, gab der Ringer ebenfalls schmunzelnd zurück und nahm auf dem Sessel gegenüber der jungen Frau Platz. „Und noch dazu freue ich mich über ihre Gesellschaft – ich hatte sehr gehofft, noch etwas Zeit mit ihnen verbringen zu können.“

Die Sportlerin errötete leicht – nicht, weil sie sich unangenehm berührt gefühlt hätte, sondern vielmehr, weil ihr genau in diesem Moment genau das gleiche durch den Kopf gegangen war. Es war sehr eigentümlich – jedes Mal, wenn Tae ihren Vornamen sagte, lief es ihr angenehm warm den Rücken hinunter. Sie hatte ihn ja schon das erste Mal, als sie ihn getroffen hatte, sehr sympathisch gefunden, und dieser Eindruck verstärkte sich nun mit jedem Augenblick, in dem sie mit ihm zusammen war.
Der Ringer mußte ihr längeres Schweigen allerdings mißverstanden haben, denn er blickte sie plötzlich besorgt an und zog leicht den Kopf ein. „Verzeihung“, sagte er, „ich wollte ihnen nicht zu nahe treten...“
„Nein, das...“ Tomoe erhob sich eilig, trat zu Tae hinüber und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Tae-san, es ist mir nicht unangenehm. Im Gegenteil. Ich fühle mich geschmeichelt. Sie müssen eine Menge durchgemacht haben, um heute hier in Japan sein zu können, und daß sie sich da bei dem ganzen Trubel sogar noch an mich erinnern...“
„So wie sie sich an mich erinnern“, gab Tae zurück, blickte auf Tomoes Hand und sah dann zu ihr hoch. „Eigenartig... im Fernsehen wirken sie immer so kühl und unnahbar... dabei sind sie so warm...“

Während Tomoe so direkt vor ihm stand, geschah etwas merkwürdiges. Sie hatte den jungen Koreaner schon zuvor sympathisch und attraktiv gefunden. Nun aber, wo nur noch wenige Zentimeter die beiden trennten, wurde es ihr in seiner Gegenwart plötzlich zugleich kalt und heiß, und sie konnte deutlich in sich spüren, wie in ihrem Bauch die Schmetterlinge zu tanzen anfingen. Für sie war das an sich nichts Ungewöhnliches – sie hatte als Mitglied der dritten Generation recht intensive Bedürfnisse nach körperlicher Befriedigung, und während ihrer Pubertät war es durchaus auch einmal vorgekommen, daß sie einen Termin verpaßt hatte, weil sie sehr dringend noch ein wenig den Druck lösen mußte, der sich zwangsläufig mit der Zeit in ihr aufbaute. Aber so rasend schnell wie eben war das Verlangen in ihr seit bestimmt fünf Jahren nicht mehr aufgestiegen.
Tae schien die Veränderung in Tomoes Zustand zumindest zu bemerken, wenn auch nicht auf Anhieb einordnen zu können. In seinem Blick zeigte sich etwas Verwirrung, als ihre Hand auf seiner Schulter sich langsam schloß und aus der bloßen Berührung ein Festhalten wurde. „Gibt es etwas“, begann er, „bei dem ich ihnen...“

Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment stürzte sich Tomoe wie eine hungrige Löwin auf ihn, so daß er mitsamt dem Sessel nach hinten umkippte. Sein überraschter Schrei wurde sofort erstickt, als die junge Frau seine Lippen mit einem leidenschaftlichen Kuß verschloß, und als er dann auch noch spüren, wie sich ihre Hand in seine Trainingshose schob, wich seine Überraschung deutlich anderen Gefühlen.
Tomoe wußte in diesem Augenblick selbst nicht genau, was da eigentlich in sie gefahren war, daß sie sich so ganz wider ihre Natur auf einen Mann stürzte, den sie gerade erst kennengelernt hatte, aber das schiere Verlangen in ihr ließ ihr kaum eine andere Alternative. War es der Ärger der letzten Tage gewesen, die ganze Frustration, die sich jetzt ihren Weg gebahnt hatte und nach Entspannung verlangte? Die Japanerin wußte es nicht, aber nun war es ohnehin zu spät, sich darüber Gedanken zu machen.

Tae war inzwischen dazu übergegangen, die Küsse der jungen Frau auf ihm zu erwidern, und als Antwort auf den Griff in seine Hose schob er nun seine Hand unter Tomoes Oberteil und begann, ihre kleinen, straffen Brüste zärtlich zu kneten. Das Muskelspiel ihres durchtrainierten Körpers verriet ihm, daß er seine Sache offenbar gut machte; Tomoe wand sich genießerisch unter seinen Zärtlichkeiten, und schließlich löste sie sich für einen Moment von ihm, um ihr Trägerhemd abzustreifen. Der Koreaner tat es ihr gleich und schälte sich aus dem Spandextrikot, das seinen Oberkörper bedeckte. Eine Sekunde sahen beide einander so an, dann warf sich Tomoe wieder in Taes Arme und fiel über ihn her.
In diesem Zustand dauerte es nicht mehr lange, bis auch sowohl die Sportshorts der Japanerin als auch die Trainingshose des Koreaners beide in hohem Bogen durch die Luft segelten. Taes Männlichkeit, das konnte Tomoe erfreut feststellen, hatte vielleicht nicht unbedingt Gardemaße, aber dafür fühlte sie sich in ihrer Hand hart wie Stahl an und pulsierte förmlich vor Lust. An sich wäre es spätestens jetzt an der Zeit gewesen, sich um Verhütung zu kümmern, aber verständlicherweise hatten die beiden im Augenblick deutlich andere Dinge im Kopf, und die junge Frau machte sich auch sogleich an deren Ausführung.

Das Gefühl, als der harte Stab des Ringers in Tomoes Liebesgrotte eintauchte, war geradezu himmlisch, und mit einem Schrei des Entzückens ließ sie sich vornüber in seine Arme fallen. Sofort begann sie ihn zu reiten, und Tae tat sein Bestes, ihr mit rhythmischen Stößen seines Beckens dabei entgegenzukommen. Erstaunlicherweise schien er sich, trotz seiner Erregung, gut im Griff zu haben, denn obwohl sein Atem schnell und rhythmisch ging, zeigte er kaum Anzeichen der typischen Verkrampfung, die normalerweise Männer überkam, wenn Tomoe sie in ihrem Lieblingstempo bearbeitete. Tatsache, hier hatte sie einen Volltreffer gelandet.
Halb im Rausch ihrer Gefühle konnte die Japanerin spüren, wie sich Taes Hände zart unter ihren Bauch schoben, und um ihm die Zärtlichkeiten zu erleichtern, setzte sie sich langsam auf, so daß er wieder die zarten Rundungen ihrer Brüste umfassen und geschickt mit ihren Knospen spielen konnte. Voller Genuß schloß Tomoe die Augen und ließ sich im Reiten verwöhnen, und es machte ihr noch nicht einmal etwas aus, als der Ringer sie kurze Zeit später sanft an den Hüften erfaßte und langsam nach hinten drückte, um nun selbst die Führung zu übernehmen. Die junge Frau ließ es willig mit sich geschehen, spreizte ihre Schenkel noch ein wenig, um Tae über sich kommen zu lassen, und schließlich kniete er vor ihrem geöffneten Schoß und bearbeitete sie mit seinem Schwengel, daß ihr Liebestau nur so aus ihrer Grotte perlte.

So hatte sie sich noch nie jemandem hingegeben; der stahlharte Männerstab in ihr rieb sich herrlich an ihren empfindlichsten Stellen, und als sie sich nach erstaunlich kurzer Zeit ihrem ersten Höhepunkt näherte, wußte Tomoe, daß sie endlich, endlich jemanden gefunden hatte, der ihr genau das geben konnte, was sie brauchte. Um ihre Lust noch einen Moment länger auskosten zu können, biß sie sich sanft auf die Lippen; sie spannte ihre Bauchmuskeln etwas an, um die nahenden Wellen der Erfüllung noch etwas zurückzuhalten; zärtlich grub sie ihre Finger in Taes starke Schultern; schließlich warf sie den Kopf in den Nacken, und dann, dann endlich war ihr Höhepunkt da.
Und was für ein Höhepunkt! Tomoe stieß einen leisen, hellen Schrei aus, als sich ihre Erregung entlud, durch ihren Körper fuhr ein Ruck wie von einem Erdbeben, und unwillkürlich schloß sie die Schenkel um den Po des kräftigen jungen Mannes in ihr. Sie bäumte sich auf und zuckte mehrmals rhythmisch, und zugleich konnte sie spüren, wie in ihrem Innersten ihre Liebesmuskeln kräftig zugriffen und den harten Schwengel in ihrem Inneren drückten und massierten, als wollten sie ihn nicht mehr loslassen. Spätestens hier war es bisher bei jedem von Tomoes Liebhabern zu Ende gewesen: spätestens hier war jeder ebenfalls zum Höhepunkt gekommen und hatte sich in ihr verausgabt. Aber bei Tae? Keine Spur!

Ganz langsam verebbten die Wellen der Erregung in der jungen Frau wieder, und während sie vor ihren Augen langsam wieder den Raum und den Ringer sehen konnte (und nicht mehr die feurigen Blumen und Regenbögen, die sie eben noch umgeben hatten), spürte sie, daß er sich immer noch kraftvoll in ihr bewegte. Ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit erfüllte sie nach ihrem ersten Höhepunkt des Tages, dem sich langsam wieder ansteigende Erregung hinzugesellte, doch da war außerdem noch etwas anderes...
...Etwas in ihr war... anders als vorher.
Ungewöhnlich anders. Irritierend verändert.

„Wa... warte einen Moment“, keuchte Tomoe leise, und als Tae mit seinem Liebesspiel nicht aufhörte, legte sie ihm sachte die Hände auf die Brust und drückte ihn sanft, aber bestimmt etwas zurück. „Warte kurz“, wiederholte sie. „Ich will... kurz zu... Atem kommen.“
Der Koreaner stutzte erstaunt, nickte dann aber und verlangsamte sein Tempo, bis er nur noch in der jungen Frau ruhte. Tomoe stützte sich mit den Händen ab, ließ die Schenkel sinken und zog sich langsam zurück, bis Taes kräftiger Stab schließlich zwischen ihren Liebeslippen hervorglitt.
Im vorderen Drittel war das Liebesorgan in einem Winkel von fast neunzig Grad nach oben abgeknickt.

Tomoe stieß einen erschrockenen Schrei aus, als sie sah, was da unten mit ihrem Liebeshengst geschehen war, und angesichts ihres entsetzten Gesichtsausdrucks blickte nun auch Tae verständnislos in seinen eigenen Schoß, und seine Augen wurden vor Überraschung groß, als er nun selbst den Zustand seines besten Stücks bemerkte. Er stieß einige Worte in seiner Muttersprache hervor, die Tomoe nicht verstand, doch vor allem drängte sich der jungen Frau die Frage auf, wie um alles in der Welt der Ringer nicht schon vorher hatte merken können, was gerade eben passiert war. Es mußte während Tomoes Höhepunkt passiert sein – sie hatte die kräftigen inneren Muskeln ihrer Mutter geerbt, wenn sie sie auch viel besser kontrollieren konnte und noch nie jemanden ernsthaft verletzt hatte. Aber wieso nur war es ausgerechnet bei Tae...

In diesem Moment sah Tomoe, daß die Haut an der Unterseite des Schafts gerissen war und es darunter metallisch glänzte.
Tae hatte ein künstliches Glied. Eins aus Stahl, überzogen mit einer Silikonhaut, die aussah wie in natura.

Entsetzt blickte sie zum Ringer auf, und das Entsetzen steigerte sich noch, als sie sah, daß der junge Mann sie fast entschuldigend anlächelte. „Du hast es also rausgefunden“, sagte er mit Bedauern in der Stimme. „Ein Jammer. Und das auch noch viel zu früh. Ich fürchte, ich werde dich jetzt töten müssen.“

Und bei diesen Worten klappten seine Finger auseinander und Klingen von fast zehn Zentimetern Länge fuhren heraus und glitzerten gefährlich im Kunstlicht des Aufenthaltssaales.

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„Das“, sagte Takashi und hustete leise, „möchte ich nicht noch einmal durchmachen.“
Tsukune nickte ihm zustimmend zu und drückte seinen Kopf mitfühlend gegen ihren wogenden Busen, wobei sie leise seufzte. „Was für ein Alptraum“, murmelte sie. „Erst dieser entsetzliche Unfall bei den Beachvolleyballern, und jetzt das hier... was immer das auch war. Himmel, Yuki... wie erkläre ich das nur ihren Eltern... und den anderen Schwimmerinnen...“

In diesem Moment öffnete sich die Tür und ein kleinwüchsiger, europäisch aussehender Mann Ende Fünfzig in einem weißen Kittel trat in den Behandlungsraum. Sachte tupfte er sich den Schweiß von der Stirne, ehe er zu Takashi und Tsukune sah. „So, erledigt.“
Die Trainerin blickte auf. „Was heißt 'erledigt', Doktor Wilmers? Wie geht es Mika?“
„Sie hat unglaubliches Glück gehabt“, berichtete der Arzt. „Nur Prellungen, sonst nichts. Ein Glück, daß sie eine Leistungssportlerin ist; sie muß sich instinktiv noch richtig gedreht haben. Bei so einem Aufprall hätte es ihr das Rückgrat brechen können.“
„Und was ist mit mir?“ erkundigte sich Takashi. „Was haben meine Röntgenbilder ergeben?“

Dr. Wilmers lächelte schwach. „Eine angebrochene Rippe“, sagte er, „das ist alles. Sie sind ein zäher Knochen, junger Mann.“
„Das war er schon immer“, gab Tsukune schwach lächelnd zurück und ließ Takashi aus ihrer Umarmung frei. „Können sie schon etwas wegen Yuki...“
„Dazu bin ich definitiv nicht qualifiziert“, unterbrach sie der Arzt sofort. „Meine wissenschaftliche Neugierde in allen Ehren, aber ich habe noch nie so etwas wie diese... Mutationen gesehen. Nicht in diesen Ausmaßen und schon gar nicht in der Geschwindigkeit, wie mir Katasa-san sie beschrieben hat. Und die Sektion des Leichnams, die überlasse ich lieber einem ausgebildeten Pathologen.“

Takashi schluckte. „Habe ich sie also richtig verstanden“, sagte er, „sie haben absolut keine Ahnung, was mit Yuki passiert ist?“
Einen Moment zögerte Dr. Wilmers, ehe er die Frage beantwortete. „Absolut keine Ahnung trifft es nicht wirklich“, versuchte er zu erklären, „nur zu wenig Ahnung, um eine qualifizierte Meinung abzugeben. Das, was ich von dem Leichnam gesehen habe, läßt mich zumindest vermuten, daß sich ihr Körpergewicht in kürzester Zeit mindestens verdoppelt haben muß. Eine natürliche Erklärung für diesen Umstand scheidet absolut und in jeglicher Weise aus. Möglicherweise sehr hochentwickelte Gentechnologie – in Indien forscht man meines Wissens nach gerade an gezüchteten Hormonen, die den menschlichen Körper an Extremsituationen gewöhnen sollen und die sehr schnell wirksam werden. Aber wie jemand solche Stoffe hier hineinschmuggeln sollte – und vor allem warum! - das ist mir schleierhaft.“

„Ich verstehe“, murmelte Takashi. „Na gut – eigentlich verstehe ich nicht wirklich. Aber es muß jemand Yuki etwas gegeben haben, ist das soweit richtig?“
„Ich denke, ja.“
Mit einem Seufzer erhob sich Tsukune. „Wie dem auch sei“, sagte sie, „jetzt ist sie tot, und ich fürchte, das wird noch ganz schöne Konsequenzen haben. Vielleicht brechen sie sogar die Spiele deswegen ab...“
„Das glaube ich nun wieder nicht“, widersprach der Arzt. „Als ich noch ein Kind war, hatten wir die Olympischen Spiele einmal daheim in Deutschland, das war 1972. Und da gab es einen Terroranschlag – ein paar religiöse Fanatiker hatten es geschafft, die Mannschaft von Israel zu überfallen und Geiseln zu nehmen. Und obwohl die ganze Sache blutig endete und sogar die Geiseln dabei ums Leben kamen, hat man mit den Veranstaltungen weitergemacht. Ich erinnere mich noch daran – unser damaliger Kanzler sagte im Fernsehen 'Die Spiele müssen weitergehen'.“

Takashi erhob sich und sah Dr. Wilmers irritiert an. „Das war vor fast fünfzig Jahren!“ warf er ein. „Inzwischen hat sich doch vieles geändert.“
Der Arzt lächelte sarkastisch. „Aber nicht die Einstellung des IOC zum Geld“, sagte er. „Haben sie eine Ahnung, wie viele Milliarden Verlust es bedeuten würde, jetzt die Spiele abzubrechen? Da müßte schon eine immense Gefahr für die Öffentlichkeit bestehen. Einzelfälle gelten für diese Leute gar nichts, Katasa-san.“
Seufzend erhob sich nun auch Tsukune. „Dann wollen wir hoffen, daß es bei Einzelfällen bleibt“, sagte sie. „Wie geht es Mika?“

„Ich habe ihr ein leichtes Beruhigungsmittel gegeben“, erklärte Dr. Wilmers. „Rein körperlich sollte sie morgen wieder halbwegs auf den Beinen sein. Allerdings empfehle ich, ihr baldmöglichst psychologische Nachsorge zukommen zu lassen. Sie hat den Zwischenfall mit ihrer Freundin bei weitem nicht so gut verkraftet wie der junge Mann hier.“
„Ich schicke sie nach Hause, sobald der Sicherheitsalarm vorbei ist“, stimmte Tsukune ihm zu. „Nach so einem Schock tue ich ihr nicht auch noch den Leistungsdruck an, beim Schwimmen vorne mit dabei sein zu müssen.“
Takashi sah überrascht zu ihr. „Es gab Sicherheitsalarm?“
Die Trainerin nickte. „Natürlich. Was glaubst du, was alles in Bewegung gerät, wenn einer der Wachleute im Olympischen Dorf seine Waffe abfeuert? Egal, aus welchen Gründen das passiert, erst mal werden die Athleten alle in ein Ebene-Drei-Gebiet in Sicherheit gebracht. Normalerweise dürften wir beide gar nicht hier mit dabei sein.“
„Ach, darum war dieser Wachmann vorhin so pampig.“

Wieder nickte Tsukune heftig. „Dr. Wilmers hat als leitender Chirurg eine Sicherheitsfreigabe für alle Gebiete“, erklärte sie, „und Mika ist Mitglied im japanischen Team, aber weder ich noch du wären hier unten hineingekommen, hätten wir nicht Yuki auf der Trage mit dabei gehabt. Dr. Wilmers konnte ja schlecht sie und Mika alleine transportieren.“
„Was mich daran erinnert“, warf nun der Arzt ein, „daß ich den Zustand der jungen Dame noch melden muß. Sie werden mich rasch entschuldigen?“
„Sicher doch.“ Die Trainerin sah kurz zu Takashi und dann zurück zum Arzt. „Können wir beide dann gehen?“
Dr. Wilmers überlegte einen Moment. „Ich hätte gerne noch Katasa-san versorgt“, sagte er. „Eine angebrochene Rippe ist zwar an sich nichts Tragisches, aber zumindest ein paar grundlegende Sachen will ich noch erledigt haben. Es dauert nur ein paar Minuten.“
„Ist recht.“ Takashi schmunzelte. „Kann ich nach Mika sehen?“
„Sicher doch.“ Der Arzt wandte sich zum Gehen. „Aber nur ein paar Minuten. Sie braucht Ruhe.“

Der junge Mann öffnete die Tür zum Nebenraum, und da lag Mika auf einem der Betten und blinzelte ihn schläfrig an. „Ta... Takashi...?“
„Eben der.“ Takashi trat langsam an das Bett heran. „Wie geht's dir, Kuschelhase?“
Die Schwimmerin lächelte schwach. „Ging schon mal besser“, murmelte sie. „Yuki... was ist mit...“
„Später.“ Der junge Mann griff nach Mikas Hand und drückte sie zärtlich. „Du hast eine Menge durchgemacht. Ruh dich erst mal ein bißchen aus.“
Die junge Frau seufzte. „Hat der Arzt auch gesagt“, murmelte sie. „Und ich mach nie, was die Ärzte sagen.“
„Mach mal eine Ausnahme“, bat Takashi. „Tu's für mich, ja?“
„Na ja, meinetwegen.“ Wieder lächelte Mika schwach. „Krieg ich dafür auch einen Kuß?“

„Sicher doch.“ Takashi schmunzelte, beugte sich langsam über seine Freundin und berührte zart ihre Lippen mit den seinen. Mika erwiderte den Kuß sehr sanft und zärtlich, und sie strich dem jungen Mann mit der Hand vorsichtig über die Wange. Takashi bemerkte aus den Augenwinkeln, daß sie am Unterarm einen großflächigen, schwarzblauen Fleck hatte.
Nach einigen Sekunden löste er seine Lippen langsam wieder von seiner Freundin. „Wenn du mich brauchst...“, begann er.
„Ja“, sagte sie. „Ja.“
Takashi lächelte. „Ich verlaß dich nicht. Versprochen.“
„Danke.“

Langsam trat Takashi zurück und schlüpfte durch die Tür wieder aus dem Raum. Tsukune wartete noch auf ihn und sah auf, als er kam. „Wie geht's ihr?“
„Den Umständen entsprechend.“ Der junge Mann blickte zur Ausgangstüre. „Ist Dr. Wilmers noch draußen?“
„Ist sicher gleich wieder da.“ Die Trainerin lächelte. „Hast es eilig, oder?“
Takashi nickte. „Ich will ihn fragen, ob ich hier bleiben kann“, sagte er. „Ich war sowieso als Sanitäter hier eingeteilt.“
„Ah.“ Ein zustimmendes Nicken. „Tu das. Es hilft ihr bestimmt.“
„Sobald er wieder da ist, frag i...“

In diesem Moment hetzte Dr. Wilmers mit kalkweißem, entsetztem Gesicht in den Raum, knallte die Türe hinter sich zu und stellte sich keuchend mit dem Rücken dagegen.

Die Gesichter von Tsukune und Takashi mußten wahre Fragezeichen gewesen sein, denn obwohl sie beide kein Wort gesagt hatten, blickte der Arzt sie zitternd an. „Monster“, sagte er mit erstickter Stimme. „Wie die andere Schwimmerin. Draußen im Gang.“

Das unmenschliche Brüllen, das von draußen in den Raum klang, ließ keinen Zweifel daran, was er meinte.
 

Taleweaver

Scriptor
Teaser: Kapitel 6

Fast gelangweilt trat Kim Tae Hyun auf die junge Frau zu, während seine Fingerklingen leise gegeneinander schabten. „Du brauchst keine Antworten mehr“, sagte er, und abermals stieß er seine rechte Hand in Richtung von Tomoes Körper. Diesmal sprang die junge Frau sofort zurück, doch der Ringer setzte augenblicklich nach, stieß nun auch mit seiner Linken zu, folgte den kraftvollen Sprüngen seines Opfers, und schließlich wirbelte er durch die Luft und fuhr mit beiden klingenbewehrten Händen zugleich herab, um Tomoe den wohlgeformten Oberkörper aufzureißen.
Mehr gibt es bei Fertigstellung von Kapitel 6.
 

Taleweaver

Scriptor
Kapitel 6

Tomoe sprang mit einem Satz auf und wich erschrocken vor den blitzenden Metallklingen an den Händen des koreanischen Ringers zurück. Sie bemerkte zu ihrem Unbehagen, daß sie noch reichlich unsicher auf den Beinen stand – so kurz nach dem Liebesspiel war sie es nicht gewöhnt, sich plötzlich hastig bewegen zu müssen. Kim Tae Hyun ließ seine Augen nochmals (ein letztes Mal?) über ihren schlanken, perfekt proportionierten Körper gleiten. „Ich mache es schnell und schmerzlos“, versprach er dann. „Jemand wie du hat keinen langsamen Tod verdient.“
„Was... was sind das für Messer in deinen Händen?“ fragte die junge Frau, während sie sich zusammenkauerte, um einen etwas niedrigeren Körperschwerpunkt zu haben. „Warum hast du ein... Dings aus Metall da unten?“

„Unwichtig“, gab der Ringer zurück, und mit einem schnellen Satz sprang er auf Tomoe zu und stieß im selben Moment seinen rechten Arm in Richtung ihres Halses vor. Mit einer raschen Körperdrehung wandte sich die Volleyballerin zur Seite, so daß die scharfen Klingen sie verfehlten, und ein kraftvoller Sprung nach hinten brachte sie außer Reichweite des zweiten Schwungs, mit dem Tae nach ihr schlug.
Der Koreaner schmunzelte. „Ganz schön gelenkig“, sagte er anerkennend. „Aber das wird deinen Tod nur verzögern; und wenn ich dich nicht gleich beim ersten Mal richtig treffe, dann wird es richtig weh tun. Mach es uns beiden doch nicht schwerer als nötig.“
Tomoe schüttelte den Kopf. „Zuerst will ich ein paar Antworten“, gab sie zurück, inzwischen vollauf konzentriert, „und dann werden wir sehen, wer von uns beiden es schwer hat. Wer bist du wirklich, und was willst du mit diesen... Dingern da bei den Olympischen Spielen?“

Fast gelangweilt trat Kim Tae Hyun auf die junge Frau zu, während seine Fingerklingen leise gegeneinander schabten. „Du brauchst keine Antworten mehr“, sagte er, und abermals stieß er seine rechte Hand in Richtung von Tomoes Körper. Diesmal sprang die junge Frau sofort zurück, doch der Ringer setzte augenblicklich nach, stieß nun auch mit seiner Linken zu, folgte den kraftvollen Sprüngen seines Opfers, und schließlich wirbelte er durch die Luft und fuhr mit beiden klingenbewehrten Händen zugleich herab, um Tomoe den wohlgeformten Oberkörper aufzureißen.
Mit einem einzigen, kraftvollen Satz stieß sich die Volleyballerin vom Boden ab, vollführte eine Flugrolle rückwärts, aus der Reichweite der blitzenden Klingen hinaus, sprang ein weiteres Mal, diesmal nahezu vier Meter senkrecht in die Höhe, so daß sie knapp unterhalb der Decke des Raumes in eine Ecke gelangte, und dort preßte sie sofort Hände und Fersen gegen die Wände, um sich so in all ihrer paradiesischen Nacktheit festzuhalten.

Der Koreaner starrte verblüfft zu ihr hinauf.
„Du hast keine Ahnung, mit wem du es zu tun hast“, sagte Tomoe, und dann sprang sie ihren Gegner von oben herab an.

Immer noch verdutzt von der plötzlichen Akrobatikeinlage hatte Kim Tae Hyun keine Chance. Mit einem Salto wirbelte die Volleyballerin auf ihn zu und zog in der Drehung ihre Beine fest an den Körper, um gleich danach, als sie nahe genug war, mit aller Wucht zuzutreten. Ihr Tritt erwischte den Ringer direkt an der Brust, und der schiere Aufprall schleuderte ihn vier Meter weit durch den Raum, wo er gegen eine Wand prallte und zu Boden sackte.
Und sofort wieder auf die Beine sprang.
„Du auch nicht“, sagte er und ging nun zum ersten Mal in eine echte Kampfstellung.

„Was um alles in der Welt...“ keuchte Tomoe, als sie bemerkte, daß ihre Füße schmerzten, als habe sie direkt gegen einen Betonklotz getreten. „Der Treffer eben hätte dich umhauen müssen! Wieso stehst du Kerl noch?“
Tae blickte finster zurück. „Es scheint so, als sei ich nicht der Einzige hier im Raum, der ein paar Geheimnisse hat. Woher kommst du, vom japanischen Geheimdienst? Haben eure Spione Wind von meiner Mission bekommen?“
„Keine Antworten geben, aber selbst welche erwarten, hm?“ Tomoe schürzte verächtlich die Lippen. „Nichts da. Entweder wir reden jetzt beide wie zivilisierte Leute miteinander und schlagen uns erst hinterher die Köpfe ein, oder wir bleiben beide dumm. Mir wäre reden lieber.“
„Nicht akzeptabel“, gab der Ringer zurück. „Ich muß die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß dieser Raum hier abgehört und jedes meiner Worte mitgeschnitten wird.“ Seine Miene war eisig kalt geworden. „Und glaub mir, wenn ich dich erst kampfunfähig machen muß, ehe du zu reden anfängst, wird das sehr schmerzhaft für dich.“
Die junge Frau ballte die Fäuste. „Und ich dachte vorhin noch, du wärst ganz nett“, fauchte sie.
„So kann man sich irren.“

Mit diesen Worten setzte sich Kim Tae Hyun in Bewegung und spurtete auf die Japanerin zu, seine klingenbewehrten Hände vor seiner Brust gekreuzt. Tomoe spannte ihren Körper an, duckte sich leicht, und als er dann in Reichweite war und zu einem Hieb ausholte, ließ sie sich geschickt zu Boden fallen, so daß die Messer über sie hinwegpfiffen. Zugleich trat sie mit ihren langen Beinen nach vorne aus, um ihren Gegner so von den Beinen zu holen, doch der Ringer sprang elegant über sie hinweg und hieb nunmehr mit den Klingen in seinen Fingern nach unten, und nur eine hastige Rolle seitwärts brachte Tomoe aus der Reichweite der Schneiden, die nun Risse in den Teppichboden zogen.

Sofort war sie wieder auf den Beinen und stieß sich mit aller Kraft zu einem federnden Sprung ab, der sie genau auf Kim Tae Hyun zu führte. Als ihre Faust vorschnellte, gelang es dem Koreaner gerade noch, sich zur Seite zu wenden, und er riß das Knie hoch, um es Tomoe im Vorbeiflug in den Magen zu rammen. Die junge Frau allerdings rollte sich gewandt darüber ab, und es gelang ihr, bei der Landung mit einem gedrehten Tritt das noch fest stehende Bein des Ringers zu erwischen, und diesmal verlor er das Gleichgewicht und fiel nach hinten um.
Tomoe wollte augenblicklich nachsetzen und sich auf ihn stürzen, doch Kim Tae Hyun hatte bereits seine Arme ausgestreckt und zielte mit seinen Messerfingern in die Richtung der Volleyballerin. Ein Sprung von ihr und sie hätte sich selbst aufgespießt. Allerdings war der Ringer im Moment noch in der klar schlechteren Position; er lag am Boden, und zum Aufstehen, selbst mit einem Sprung, hätte er wohl die Hände gebraucht. Die junge Frau mußte eigentlich nur warten, bis er seine Deckung fallen ließ, um dann ihren Angriff fortzusetzen...

In diesem Moment gab es ein hell klingendes Geräusch, und die acht Messerschneiden, die in Kim Tae Hyuns Fingern verborgen gewesen waren, flogen auf Tomoes Oberkörper zu.
Wenn die Japanerin auch mit vielem gerechnet hatte, damit jedenfalls nicht, und obgleich sie sich fast unmittelbar zur Seite warf, gelang es ihr nicht mehr, allen Geschossen auszuweichen. Zwei der Klingen bohrten sich in ihren rechten Oberarm, eine dritte streifte knapp unterhalb ihrer Rippen ihre Seite, und sie stieß einen Schmerzensschrei aus, als sie stolpernd aus ihrer Rolle auf die Beine kam. Mit einem hastigen Griff riß sie die Messer aus ihrem Arm heraus, der sofort heftig zu bluten begann.

„Du bist im Kampf nicht ausgebildet“, sagte Kim Tae Hyun, der inzwischen wieder auf die Beine gesprungen war und dessen Hände wieder ganz normal aussahen. „Niemand, der etwas davon versteht, entfernt einen Gegenstand aus einer Wunde, die er nicht sofort danach behandeln kann.“
„Besser als sie steckenzulassen und nicht weiterkämpfen zu können“, gab Tomoe zurück und ließ die blutigen Klingen zu Boden fallen.
Der Koreaner lächelte schwach. „Dieser Kampf ist ohnehin vorbei“, sagte er. „Du bist verletzt. Und wenn du deinen Arm nicht bald versorgen läßt, wirst du verbluten. Gib auf und sag mir, wie du von meiner Mission wissen kannst, dann verspreche ich dir, dein Tod wird keine weiteren Schmerzen bedeuten.“

„Vergiß es“, zischte Tomoe böse, und ohne weiteres Zögern sprang sie wieder auf ihren Gegner zu. Sie mochte verwundet sein, ja, aber jetzt, wo er diese Messerklingen nicht mehr hatte, sah sie recht gute Chancen für sich. Daß er den Treffer vorhin so einfach weggesteckt hatte, konnte Zufall gewesen sein; vielleicht hatte sie ihn auch nur nicht richtig erwischt...
Ihr erneuter Ansturm schien jedenfalls für den Koreaner keine große Überraschung mehr zu sein, denn es gelang ihn recht einfach, ihre ersten wilden Schläge und Tritte mit seinen Armen abzublocken. Zugleich konterte er immer wieder mit kurzen, harten Fauststößen, die vor allem auf die Verletzungen an Tomoes rechter Körperseite zielten. Ganz offensichtlich ging es ihm nicht darum, die junge Frau so schnell wie möglich zu überwinden, er wollte den Kampf für sie wohl eher so unangenehm wie möglich gestalten.

'Er spielt nur mit mir', erkannte Tomoe nach den ersten Schlagserien rasch, und der Gedanke machte sie wütend. Kim Tae Hyun war ganz offensichtlich in mindestens einer Kampfsportart hervorragend ausgebildet und durchaus in der Lage, mit den Angriffen der Japanerin zurechtzukommen, und das, obwohl sie sie mit weitaus mehr Kraft und Schnelligkeit führte, als man von einem normalen Menschen hätte erwarten können. Am meisten irritierte sie jedoch, daß er ihre Treffer so unproblematisch wegsteckte. Selbst wenn er einen ihrer Angriffe abblockte, traf dieser immerhin noch seinen Arm, und bei der schieren Wucht von Tomoes übermenschlichen Kräften hätte er davon doch zumindest Schmerzen haben müssen, wenn nicht sogar einen Bruch erleiden...
Die unausgesprochene Frage im Kopf der Volleyballerin beantwortete sich auf überraschende Weise selbst, als Kim Tae Hyun einen ihrer gedrehten Fußtritte mit seinem Ellenbogen abwehrte und die Haut an dieser Stelle einriß. Darunter zeigte sich das selbe metallische Glänzen, das Tomoe auch schon zwischen seinen Beinen gesehen hatte.

Sofort sprang sie mit zwei Sätzen weit von ihm weg und preßte ihre freie Hand auf die tiefen Wunden in ihrem Oberarm. „Künstliche Gliedmaßen“, stieß sie hervor. „Darum bist du so zäh!“
Der Koreaner verzog das Gesicht mißbilligend. „Jetzt hast du es ja doch herausgefunden und ausgesprochen“, sagte er. „Du erschwerst meine Mission wirklich mit besonderer Freude, oder?“
Tomoe ging auf den Satz nicht weiter ein. „Was alles an dir ist denn noch aus Metall?“
„Meine Arme und Beine sind komplett künstlich, der Rest meines Skeletts wurde mit Titan beschichtet“, war die Antwort. „Meine Muskeln wurden größtenteils gegen Synthetikfasern ausgetauscht. Ein Meisterwerk sozialistischer Maschinenbaukunst, nicht wahr?“
„Nein, Futter für die Schrottpresse“, gab die Japanerin zurück, und mit diesen Worten sprang sie in einem hohen Salto wieder auf ihn zu. Jetzt hatte sie natürlich eine Erklärung, warum sie sich trotz ihrer immensen Kräfte mit ihm so schwer tat. Jemand, dessen Skelett quasi metallisch war, hatte nur noch wenige Schwachstellen, die man angreifen konnte, und nachdem die Geschlechtsteile bei Kim Tae Hyun ja außerdem noch ausschieden, blieb nur noch sein Bauch übrig. Und den deckte er mit seine Erfahrung ja zudem noch ab... also blieb nur...

Tomoe setzte aus dem Sprung heraus zu einem Hieb mit beiden geballten Fäusten von oben auf den Kopf des Koreaners an – vielleicht konnte sie den wahren „Eisenschädel“ damit nicht brechen, aber eine ordentliche Gehirnerschütterung hätte den Kampf auf jeden Fall auch zu ihren Gunsten beendet. Wie sie erwartet hatte, hob Tae beide Arme, um den ankommenden Treffer aufzufangen – und da hatte sie ihn!
Anstelle ihren Schlag durchzuziehen, packte Tomoe seinen Arm mit beiden Händen wie eine Reckstange und schwang sich in einem zweiten Salto elegant über ihn hinweg, so daß sie mit einer anschließenden halben Schraube hinter ihm zu stehen kam. Überrascht von dem plötzlichen Manöver wollte der Ringer noch herumfahren, doch da hatte ihm die Japanerin bereits den linken Arm von hinten um den Hals gelegt, mit ihrer rechten Hand erfaßt, und jetzt drückte sie mit aller Kraft zu.
„Du hast vielleicht einen Körper aus Titan“, zischte sie ihm ins Ohr, „aber atmen mußt auch du noch.“

Kim Tae Hyuns Augen traten förmlich aus seinem Kopf hervor, als ihm die Luft wegblieb. Er versuchte, nach hinten auszutreten, aber von Tomoe umklammert fand er sein Gleichgewicht nicht. Mit den Händen packte er ins Haar der jungen Frau und riß heftig daran, doch sie biß die Zähne zusammen und hielt ihn weiter eisern fest, sogar als der Ringer ihr zwei große Strähnen ausriß. Schließlich ergriff er ihren linken Arm, der um seinen Hals lag und zerrte heftig daran, doch so stark konnte er nicht sein, daß es ihm gelang, die Umklammerung zu lösen. Noch nie in Tomoes Leben war es einmal vorgekommen, daß es ihr an Körperkraft gemangelt hatte, und auch hier würde das nicht so sein...

...doch langsam, ganz langsam, aber beständig, löste sich der Griff; ihr Arm zitterte, als sie ihre Anstrengungen verdoppelte, doch es reichte nicht, um das Unvermeidliche zu verhindern. Er würde ihrem Griff entkommen; der mechanische Arm war stärker als sie...

Dann rutschte Kim Tae Hyun nach unten aus Tomoes Griff heraus, donnerte seinen metallisch blanken Ellenbogen in ihren Bauch, und als sie keuchend die Luft ausstieß, wirbelte er herum und versetzte ihr mit der Handkante einen Schlag gegen die Schläfe.
Tomoe brach zusammen, und alles wurde schwarz.

---

Tsukune war die erste, die wieder ihre Fassung gewann. „Von wo, Doktor Wilmers? VON WO?“
Zitternd deutete der Arzt nach rechts. „Vo... von da unten“, stotterte er. „Richtung Ausgang. E... es sind zwei. Mindestens!“
„Zwei!“ Takashi wurde blaß. „Um Himmels Willen – wir müssen hier raus! Gibt es noch andere Ausgänge aus dem Trakt hier?“
„Die gibt es“, nickte Tsukune mit erschreckend ruhiger Miene, „aber wir werden sie nicht nehmen. Zumindest nicht sofort.“

„Sind sie verrückt geworden?“ keuchte der Arzt in Panik. „Wir müssen hier raus, sofort raus! Wir haben doch keine Chance gegen diese Biester; wir werden alle sterben, wenn wir...“
Ohne weitere Worte versetzte die Trainerin ihm eine schallende Ohrfeige, daß der ältere Mann erschrocken einen Schritt zur Seite stolperte und sie verständnislos anstarrte.
„Meine Mädels sind auch hier unten“, sagte Tsukune mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen, „und ohne die gehe ich nirgendwo hin.“
„Dann sollten wir uns nicht länger aufhalten“, drängte Takashi. „Sie kennen den Weg, Danryoku-san?“
„Ja.“
„Dann gehen sie vor, und ich nehme Mika mit.“
Die Trainerin nickte. „Ist in Ordnung.“

Takashi eilte ohne weitere Worte wieder durch die Tür in den Nebenraum, wo seine Freundin lag. Sie hatte die Augen schon geschlossen, als er eintrat, hob aber noch einmal müde den Kopf, als sie sein Kommen bemerkte. „Mh... Takashi?“
„Wir müssen hier weg“, drängte der junge Mann und trat an das Bett. „Das, was mit Yuki passiert ist, passiert scheinbar noch anderen.“
„Was?!“ Mika riß entsetzt die Augen auf. „Aber warum...“
„Ich weiß es nicht“, gab Takashi zurück, „und jetzt ist auch für Erklärungen keine Zeit. Kannst du laufen?“

Die Schwimmerin setzte sich etwas zitterig auf, stellte die Füße auf den Boden und versuchte aufzustehen. Es gelang ihr nur schwach. „Ich weiß nicht, Takashi, mir ist etwas schwummerig...“
„Dann machen wir es so“, gab der junge Mann zurück und warf sich Mika kurzerhand über die Schultern, wobei sie kurz überrascht aufquietschte. „Es ist nicht besonders bequem, aber so geht es am schnellsten.“
„Uhm... na gut.“ Mika klammerte sich von hinten an Takashi fest. „Ich... du schaffst das schon, ja?“
„Klar.“

Mit der Schwimmerin auf dem Rücken trat Takashi wieder aus dem Zimmer heraus, wo die Ausgangstüre bereits offen stand. Zu seiner Überraschung war außer Tsukune niemand mehr im Zimmer. „Doktor Wilmers... wo...“
„Ist schon mal vorgegangen“, gab die Trainerin mit etwas frostiger Stimme zurück. „Auch wenn ich nicht glaube, daß er irgendwelche Umwege macht. Mika, geht's dir gut?“
„Ja, Danryoku-sensei“, klang die Stimme der jungen Frau von Takashis Rücken.
„Gut. Dann auf!“

Tsukune stieß die Tür auf und hastete nach draußen, und Takashi folgte ihr sofort, nicht ohne sich einmal rasch nach rechts umzusehen. Im Moment war im langen Gang draußen nichts von den Monstrositäten zu bemerken, doch einige der Türen standen offen (eine lag sogar aus den Angeln gerissen im Gang), und aus der Richtung waren deutlich Geräusche zu hören, als verarbeite jemand gezielt Teile der Einrichtung zu Kleinholz.
Eilig folgte der junge Mann der Trainerin nach links, wo noch alles intakt schien. Der Beschilderung nach zu urteilen lagen in dieser Richtung Sammelunterkünfte; das Schild, welches den nächsten Fluchtweg kennzeichnete, zeigte aber in die andere Richtung. Nun gut, Tsukune wußte sicherlich, was sie tat.

An den nächsten zwei Kreuzungen ging es einmal links und einmal rechts, und dann führte der Gang auch schon auf eine große Flügeltür zu. Tsukune stieß die Türe auf, und ein vielstimmiges Geschrei erhob sich sogleich.“
„Sensei! Sensei! Was ist los? Was ist denn passiert? Was ist los? Warum der Alarm?“
„Immer mit der Ruhe“, versuchte die Trainerin den aufgebrachten Mädchen im Raum etwas von ihrer Aufregung zu nehmen, und als das offenbar keinen Effekt hatte, holte sie tief Luft. „RUHE HALTEN, IHR HÜHNERHAUFEN!“ brüllte sie über das Durcheinandergerede hinweg, und augenblicklich herrschte Stille.
„Danke“, fuhr Tsukune trocken fort. „Hört mal, es gab im Olympischen Dorf einen Unfall. Die offiziellen Stellen sind informiert, aber wir müssen jetzt die Unterkünfte hier evakuieren. Wenn wir alle ruhig und gesittet nach...“

„Mika-chan!“ unterbrach sie eine der Schwimmerinnen. „Warum wird denn Mika-chan getragen?“
„Mika wurde bei dem Unfall leicht verletzt“, erklärte Tsukune, „aber es geht ihr recht gut. Sie ist nur noch ein wenig schwach. Also, ihr stellt euch jetzt alle in zwei Reihen auf, ja? Habt ihr schon durchgezählt?“
Shinobu, eine der älteren Schwimmerinnen, nickte. Wenn Mika da ist, sind wir vollzählig, bis auf Yuki. Eine Wache sagte, sie wäre in Behandlung wegen...“
„Ist schon gut“, unterbrach die Trainerin sie, „ich weiß, was mit Yuki ist. Also, wir gehen jetzt alle ruhig und geschlossen zum Ausgang sieben. Das ist den Gang da runter, dann rechts und...“

„OH MEIN GOTT!“ brüllte plötzlich Mika auf Takashis Rücken los, „SIE KOMMEN!“
Zugleich fuhren Takashi und Tsukune herum, und tatsächlich, da war eins der riesenhaften, bleichen Monstren, dessen Form auch Yuki angenommen hatte. Es schien zuvor männlich gewesen zu sein, zumindest ließ das sein Körperbau vermuten, und es sah sich gerade suchend in der anderen Richtung um. Mikas Schrei allerdings war ihm nicht entgangen, und soeben blickte es über seine Schulter.
„Planänderung!“ donnerte Tsukune in die aufkommende Panik hinein. „Takashi, du führst die Mädchen da entlang.“ Sie zeigte auf die gegenüberliegende Flügeltüre des großen Aufenthaltsraums. „Folge der Ausschilderung in die Verwaltung.“
Takashi hastete in den Aufenthaltsraum und stieß mit dem Fuß die Türen hinter sich zu. „Und da gibt es einen Ausgang?“ fragte er.
„Nein“, sagte die Trainerin, „aber die zentrale Notfallkontrolle. Sorg dafür, daß alle Brandschutztüren geschlossen werden. Ich bezweifle, daß diese Biester da durchkommen.“
„Und sie?“
Tsukune verriegelte die Türe von innen. „Ich bleibe hier und halte euch den Rücken frei.“

Sofort erhob sich ein vielstimmiges Geschrei unter den Schwimmerinnen, aus dem vereinzelt Worte wie „Nicht“, „Wahnsinn“ und „Oh mein Gott“ herauszuhören waren, doch die Trainerin schüttelte nur den Kopf. „Ich trage für euch die Verantwortung“, rief sie über den Aufruhr hinweg, „also werdet ihr meinen Anweisungen folgen. Bleibt zusammen, tut, was Takashi sagt, und wir werden uns alle wiedersehen.“
„Das schaffen sie nie, Danryoku-san“, sagte auch Takashi finster. „Sie hatten es noch nie mit diesen Bestien zu tun; sie wissen nicht, wie stark...“
„Ich hatte es schon mit ganz anderen Sachen zu tun“, unterbrach Tsukune ihn, „und ich weiß, worauf ich mich einlasse. Hat dir deine Mutter nie von unserer gemeinsamen Zeit erzählt?“
„Doch, schon, aber das war...“

In diesem Moment ließ ein lautes Donnern die Türe erzittern, durch die Takashi eben gekommen war, und die Schwimmerinnen im Raum schrieen wieder auf. „Keine Zeit mehr für lange Reden“, beendete Tsukune die Diskussion. „Weg mit euch; macht schon!“
Mit einem finsteren Blick sah Takashi noch einmal zu der Trainerin, doch dann blickte er zu den Sportlerinnen im Raum. „Ihr habt sie gehört“, sagte er, „los jetzt!“ Zugleich durchschritt er eilig den Aufenthaltsraum, öffnete mit etwas Mühe die Flügeltüre am anderen Ende und hielt sie offen. „Alle durchgehen, schnell!“ forderte er, und erst als die letzte der jungen Frauen hindurchgelaufen war, folgte er selbst, nicht ohne Tsukune einen letzten Blick zugeworfen zu haben. Sie nickte ihm noch einmal aufmunternd zu, dann schloß er die Türe hinter sich.

Und Tsukune bereitete sich auf etwas vor, das sie seit fast zwei Jahrzehnten nicht mehr getan hatte.

---

Das erste, was Tomoe spürte, als sie die Augen wieder aufschlug, waren dröhnende Kopfschmerzen. Doch zu ihrer eigenen Verwunderung war sie darüber eher erleichtert – wer Kopfschmerzen hatte, mußte zumindest noch über einen Kopf verfügen. Kim Tae Hyun hatte sie dementsprechend noch nicht getötet. Ihr rechter Oberarm schmerzte pochend, wenn sie auch glaubte spüren zu können, daß jemand die Wunde verbunden hatte. Von der Verletzung an ihrer Seite bemerkte sie nichts mehr.
Allerdings sah Tomoe nur Schwärze um sich herum, und das war nicht so gut. Es fühlte sich so an, als habe man ihr einen Sack oder eine Kapuze über den Kopf gestülpt und diesen am Hals zugezogen. Ihre Hände waren hinter ihrem Rücken, und sie waren so unbeweglich, als habe man sie an den Gelenken zusammengebunden. Sie lag offensichtlich auf ihrer Seite auf einem steinernen Boden. Mehr von ihrer Umgebung war nicht zu bemerken.

Einige Minuten lang lag sie einfach nur so da, um den Kopf wieder halbwegs frei zu bekommen, und in dieser ganzen Zeit hatte sie außer dem leisen Rauschen einer Klimaanlage keine Geräusche vernehmen können. Offenbar war sie alleine. Nun gut – dann konnte sie es wagen, sich zu befreien. Mit einem kurzen Schwung setzte sie sich auf und erhob sich dann mit dem natürlichen Geschick und Balancegefühl, das ihr gegeben war.
„Ah, schon wieder wach“, ertönte in diesem Moment die Stimme Kim Tae Hyuns nur wenige Meter von ihr entfernt, und Tomoe schimpfte innerlich über sich, nicht doch noch ein wenig länger gewartet zu haben, um auf Nummer Sicher zu gehen. Nun gut, dann eben auf die harte Tour. Mit einem raschen Ruck zerriß die junge Frau, was auch immer ihre Handgelenke fesselte und hob die Hände, um sich die Kapuze vom Kopf zu zerren, als sie etwas Metallisches daran spürte...

„Das würde ich lieber lassen“, erklang wieder die Stimme des Ringers fast gelangweilt. „Um deinen Hals befindet sich eine Schnur aus Semtex samt Auslöser. Wenn du daran herummanipulierst, könnte sie hochgehen und dir deinen hübschen Kopf abreißen. Also, warum beantwortest du nicht erst mal ein paar Fragen, ehe du dich zu deinen Vorfahren gesellst?“
„Ich habe zwar keine Ahnung, was Semtex ist“, gab Tomoe bissig zurück, „aber wenn du so scharf drauf bist, mich umzubringen, was sollte mich dann davon abhalten, dir den Gefallen zu tun?“
Langsam kamen Schritte von nackten Füßen auf sie zu. „Du bist nicht darauf konditioniert, Selbstmord zu begehen“, sagte Tae fast sanft, „und zum Kampf ausgebildet bist du auch nicht. Ebenso hast du keine Ahnung, daß Semtex ein Plastiksprengstoff ist, und zumindest das hätte man dir bei der Ausbildung im Geheimdienst beigebracht. Alles in allem scheinst du eine ganz gewöhnliche Zivilistin zu sein. Aber trotzdem hast du gerade eben Plastikhandschellen mit einer Dehnlast von fünfhundert Kilogramm so einfach zerrissen, als wäre es ein Bindfaden gewesen. Was bist du?“

Tomoe ließ die Hände sinken. „Wenn ich es dir sage“, gab sie zurück, „was wirst du dann tun?“
„Ich werde dich nicht töten“, kam die Antwort. „Und ich werde dir auch weitere Unannehmlichkeiten ersparen. Freilassen kann ich dich vorerst nicht. So wie ich das sehe, wird der Liebe Führer selbst über dein Schicksal entscheiden müssen?“
„Der Liebe Führer?“ Der einzige Zusammenhang, in dem die junge Frau diesen Begriff handelte, war der Regierungschef von Nordkorea. „Dieser Tattergreis?!“
Die Bezeichnung mißfiel Kim Tae Hyun offenbar, zumindest wenn man sein unwilliges Brummen so interpretierte. „Du bist zu wertvoll, um dich in den Händen des Feindes zu belassen“, gab er zurück. „Mit in die Heimat zurücknehmen werde ich dich auf jeden Fall.“
„Herzlichen Dank auch.“ Tomoes Sarkasmus war unüberhörbar. „Dann laß ich mir hier lieber den Kopf wegsprengen, ehe ich mich nach Nordkorea entführen lasse. Ich dachte, eurem Land ginge es um ein Ende der alten Feindschaft?“

„Politik, Tomoe-san“, sagte der Ringer fast bedauernd. „Wir beide sind nur die Ausführenden; die Entscheidungen trifft man woanders.“
Die Japanerin lachte humorlos auf. „Ausführende! Du hast also immer noch diese seltsamen Vorstellungen über meine Rolle, hm?“
Kim Tae Hyun schien den Geräuschen nach wieder etwas von ihr wegzutreten. „Wenn ich mich dabei irre“, gab er zurück, „dann kläre mich doch auf.“
„Ich bin nichts weiter als eine Laune der Natur“, sagte Tomoe. „Ich bin außergewöhnlich stark, ja, aber ansonsten habe ich absolut nichts Besonderes an mir. Das Einzige, was ich trainiert habe, ist Volleyball, und ich habe keine Lust, zu irgendwas Besonderem hochgelobt zu werden. Und schon gar nicht bin ich eine Agentin oder sonst was für irgendwen.“

„Du wirst mir verzeihen, wenn ich dir das nicht glaube“, erwiderte der Koreaner, und Tomoe konnte ein leises metallisches Klirren hören. „Für eine bloße Laune der Natur bist du, vergib mir die Schmeichelei, einfach zu perfekt. Wer ist dafür verantwortlich?“
Die Japanerin hatte absolut keine Lust, die Erlebnisse ihrer Eltern hier mit diesem Kerl auszudiskutieren. „Niemand“, sagte sie. „Ich war noch nicht mal ein geplantes Kind. Als meine Eltern mich bekamen, waren sie beide noch Oberschüler. Aber sie haben einander wirklich geliebt, und so haben sie mich behalten, und als ich dann zur Welt kam...“
In diesem Moment fuhr ein brennender Schmerz über Tomoes Oberbauch, und als sie erschrocken zusammenfuhr und mit den Händen nach der Stelle tastete, konnte sie Feuchtigkeit spüren – Blut! „Was zum...“

„Ich möchte Antworten“, drang die Stimme des Ringers wieder zu ihr, „und wenn ich die nicht bekomme, werde ich ungehalten. Das hier war nur ein Kratzer. Aber das nächste Mal, wenn du mir so herablassend antwortest, schneide ich dir eine deiner perfekten Brustwarzen ab. Hast du das verstanden?“
Tomoe schluckte. „Ja.“
„Gut. Dann wiederhole ich meine Frage nochmals, diesmal etwas deutlicher. Wer hat deine besonderen Körperkräfte entwickelt, und zu welchem Zweck sollen sie dienen?“
„Ich... ich weiß es selbst nicht genau“, sagte die junge Frau. „Meine Eltern haben mir zwar davon erzählt, aber nicht in aller Ausführlichkeit. Ich weiß aber“, beeilte sie sich hinzuzufügen, „immerhin die grundlegenden Dinge.“
„Dann erzähl.“

Mit einem tiefen Durchatmen begann Tomoe zu berichten. Von dem Projekt zur Schaffung von Supersoldaten, das vor vielen Jahrzehnten geplant worden war. Von den Wissenschaftlern, die verbotenerweise Menschenversuche durchgeführt hatten. Vom Entsetzen ihrer Mutter, die Wahrheit über das Projekt erfahren zu haben und von ihrem Wunsch, einfach nur als ganz normaler Mensch aufzuwachsen.
Sie verschwieg einiges. Sie sagte nichts über mythologische Wesen, die an ihrer Entstehung beteiligt gewesen waren. Nichts über den Kampf zwischen Geistern und Dämonen, und nichts über die Rache eines Gestaltwandlers, der den Tod seiner Mutter an der Menschheit hatte rächen wollen. Sie erwähnte nicht die anderen, die auch mit dem Impfstoff XXX in Kontakt gekommen waren, und vor allem sagte sie kein Wort von Takashi und Mai.
„Interessant“, sagte Kim Tae Hyun, als sie mit ihren Ausführungen am Ende war. „Hochinteressant. Japan hat also die Gentechnologie weiterentwickelt. Gut zu wissen, daß meine Heimat in der Entwicklung kybernetischer Systeme immer noch führend ist. Und noch besser zu wissen, daß unsere Wissenschaft der euren überlegen ist.“

Tomoe öffnete schon den Mund zu einer bissigen Antwort, schloß ihn dann aber sogleich wieder. Er hatte unrecht, was die Beschreibung ihrer Kräfte als „wissenschaftliche Errungenschaft“ betraf, allerdings war nicht abzustreiten, daß er stärker und zäher war als sie. Im direkten Kraftvergleich der beiden hatte er gewonnen – vielleicht war sie ihm an Schnelligkeit und Gewandtheit immer noch überlegen, aber in Sachen roher Kraft und Technik konnte sie sich nicht mit ihm messen. „So, jetzt wo du das weißt“, sagte sie schließlich, „was hast du nun vor?“
„Zunächst einmal bringe ich dich hier hinaus“, sagte er; ein leises metallisches Schaben war zu hören, und dann konnte Tomoe spüren, wie sie überraschend sanft am Handgelenk ergriffen wurde. „Nimm deinen Arm auf den Rücken“, kam Taes Anweisung, „und laß dich von mir führen. Ich werde dir nicht mehr wehtun.“
Die Japanerin zögerte einen Moment, tat dann aber, wie ihr geheißen. Mit dem Sack auf dem Kopf konnte sie schlecht hoffen, gegen ihn kämpfen zu können. Sie traute sich zwar zu, seine grobe Richtung abschätzen und ihn vielleicht sogar mit einem überraschenden Schlag treffen zu können, aber ein einzelner, kaum gezielter Treffer hätte wahrscheinlich nicht ausgereicht, um ihn außer Gefecht zu setzen.

Gerade, als sie sich von ihm gelenkt in Bewegung setzen wollte, ging plötzlich der Feueralarm los.

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„Geschafft! Das wird sie aufhalten!“

Mit einem zufriedenen Lächeln drehte sich Takashi zu den Schwimmerinnen des japanischen Olympiateams um, nachdem er den letzten Schalter an dem Kontrollpult umgelegt hatte. Die Sirenen des Feueralarms hallten schon einige Zeit lang weitaus hörbar durch den Trakt, und nun begann sich auch am Eingang des kleinen Kontrollraums eine schwere, eiserne Brandschutztür von der Seite in den Durchgang zu schieben. Zugleich flammten überall im Zimmer elektrisch beleuchtete Pfeile auf, die nach draußen deuteten – offenbar der schnellste Fluchtweg.
„Und wie kommen wir hier wieder hinaus?“ meldete sich zaghaft eine der jüngeren Mädchen in der Gruppe. „Wenn alle Türen zugehen, dann sitzen wir hier doch fest!“
„Von hier drinnen kann man die Brandschutztüren wieder öffnen“, beruhigte Takashi sie, „und die Feuerwehr hat auch besondere Steckschlüssel, mit denen sie die Hydraulik überbrücken kann. Ich bezweifle aber, daß diese Monster, die da draußen herumstromern, davon eine Ahnung haben. Keine Panik; wir sind hier drinnen vollkommen sicher.“

Erschöpft setzte er sich auf einen der Bürostühle, die hier im Raum standen. Normalerweise hätte es ihn nicht angestrengt, das Gewicht eines einzelnen Menschen mit sich zu tragen, und schon gar nicht das einer Frau, die ihm einiges bedeutete, aber seine angebrochene Rippe machte ihm schwerer zu schaffen, als er sich das selbst eingestehen wollte. Besorgt blickte er zu Mika, die ein Stück entfernt auf dem Boden saß, doch ihr schien es zumindest nicht schlechter zu gehen als zuvor, und wenn sie noch unter dem Einfluß des Beruhigungsmittels stand, dann ließ sie es sich nicht anmerken.
„Wie es wohl Danryoku-sensei geht?“ ließ sich eine der Schwimmerinnen vernehmen, von der Takashi wußte, daß sie Shinobu hieß. „Daß sie so einfach zurückgeblieben ist...“
„Danryoku-san weiß, was sie tut“, schnitt ihr Takashi kurzerhand das Wort ab. „Und jetzt will ich davon nichts mehr hören. Sie würde doch auch nicht wollen, daß hier das große Heulen und Zähneklappern losgeht. Also, reißt euch zusammen und seid tapfer.“

Betretenes Schweigen machte sich unter den jungen Frauen breit – offenbar war 'tapfer sein' nicht das, wonach sie sich im Moment fühlten. Als die Sirenen des Feueralarms nach einigen Minuten verstummten, blieb zumindest ein leises Schniefen und Schluchzen von ihnen zu hören. Takashi hätte sich am liebsten direkt zu Mika gesetzt und ihr ein wenig Trost und Gesellschaft geleistet, aber vor all den anderen empfand er das als reichlich unklug. Immerhin war es seine Aufgabe, sich hier um alle zu kümmern, da konnte er nicht egoistisch sein und nur an seine Freundin denken.
Die inzwischen aufgekommene Stille lag unangenehm im Raum, und der Student hielt es für angebracht, seinen Schützlingen wenigstens etwas Beschäftigung zu geben. „War eine von euch schon mal hier unten?“ fragte er in die Runde. „Nein? Ich frage mich nämlich, ob es hier unten vielleicht etwas zu essen und zu trinken gibt. Wir könnten uns ja mal umsehen.“

„Und wo?“ ließ sich Shinobu vernehmen. „Hier hat's doch nur lauter elektronisches Zeug.“
„Irgendwas werden die Leute, die hier unten arbeiten, auch essen müssen“, erwiderte Mika überraschend. „Die Idee ist gar nicht so doof. Los, schauen wir mal die Schränke durch.“
Während sich die jungen Frauen erhoben und den Raum zu durchforsten begangen, blieb Takashi sitzen. Ihm war nämlich gerade eben der Gedanke gekommen, daß es hier unten verdächtig leer war. Wo waren denn die Leute, die sonst hier arbeiteten? Gerade bei einem Sicherheitsalarm sollten die doch auf ihren Posten sitzen. Irgendwie seltsam...
„Ich hab was gefunden!“ meldete sich in diesem Moment eine der Schwimmerinnen aus Mikas Staffel. „Hier, eine Schachtel mit was Englischem drauf. Da ist bestimmt Dosennahrung drin, so wie das klappert!“

„Zeig mal.“ Takashi warf einen Blick auf den Karton und schmunzelte. „Manchmal staune ich wirklich darüber, wie wenig ihr heutzutage auf der Schule lernt, Akari. Das da sind Elektroschockstäbe. Die tragen doch alle Wachleute hier im Olympischen Dorf.“ Er stutzte. „Auch wenn es mich wundert, daß sie noch niemand ausgepackt hat...“
„Hier ist was“, rief nun Shinobu von der anderen Seite des Raums, wo sie einen metallenen Wandschrank geöffnet hatte. „Da ist ein großer Wasserspender, und darüber liegen lauter Becher mit Fertignudeln. Selbsterhitzend!“
„Na geht doch“, freute sich der Student. „Wer hat alles Appetit?“

In diesem Moment hörte er das dumpfe metallische Pochen.

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„Sirenen? Wieso Sirenen?“ Tomoe konnte spüren, wie sich Kim Tae Hyun hinter ihr nervös hin- und herdrehte. „Das ist doch der Feueralarm, oder?“ Sein Griff wurde plötzlich überraschend hart, und er stieß einige Worte auf Koreanisch hervor, ehe er wieder die junge Frau ansprach. „Los, lauf!“
Mit diesen Worten drückte er Tomoe hart vor sich her, und stolpernd kam sie in einen Laufschritt. „SCHNELLER!“ drängte der Ringer sie, und sie verfiel in einen unrhythmischen Trott. Mit den Händen hinter dem Rücken und jemanden, der sie daran festhielt, war es nahezu unmöglich, in diesem Tempo voranzukommen, und man konnte leicht stolpern...
Stolpern!

Tomoe fingierte im Laufen einen plötzlichen Schmerzensschrei, und zugleich ließ sie sich ohne Zögern vornüber fallen. Augenblicklich konnte sie spüren, wie der Koreaner ihren Arm losließ, um sie an den Schultern zu fassen und sie so zu halten versuchte, und diese Gelegenheit, in der sie exakt wußte, wo er sich befand, nutzte sie.
Mit aller Kraft stieß die junge Frau ihren Ellenbogen nach hinten, dorthin, wo sie Kim Tae Hyuns Magen vermutete.
Sie hatte sich nicht getäuscht.

Der Ringer stieß keuchend die Luft aus, und seine Hände verloren den Griff um die Schultern der Japanerin. Tomoe rollte sich mit ihrer natürlichen Eleganz über dem Boden ab und packte mit den Händen den Boden des Sacks, der über ihren Kopf gestülpt worden war. Ein schneller, harter Griff, und der dicke schwarze Stoff riß auseinander, während er unten, wo er um ihren Hals zusammengebunden worden war, vollkommen unbeschädigt blieb. Endlich Licht!
Tomoe brauchte nur einen Wimpernschlag lang, um sich in ihrer neuen Umgebung zu orientieren. Sie befand sich in einem langen, gefliesten Gang, offenbar immer noch unterirdisch gelegen und von kalten Neonröhren beleuchtet. Es mußte noch innerhalb des Olympischen Dorfes sein, auch wenn sie sich nicht sicher war, wo genau – allerdings waren in diesem Moment überall im Gang die Brandschutztüren dabei, sich langsam zu schließen!

Die junge Frau zögerte keine Sekunde und rannte los. Hinter sich konnte sie einen wütenden Schrei hören, als Kim Tae Hyun wieder auf die Beine kam – der Ellenbogen in seine Bauchgegend hatte ihm zwar für einen Moment die Luft geraubt, aber jetzt war er wohl wieder zu sich gekommen. Tomoe wagte es nicht, sich umzuschauen; statt dessen jagte sie weiter, so schnell sie nur irgendwie konnte. Die Verletzung an ihrer Seite, die sie vorher nicht gespürt hatte, schmerzte nun doch wieder sehr deutlich, doch mit zusammengebissenen Zähnen war es zu ertragen, mußte es zu ertragen sein.
Der Weg in Richtung des Ausganges war deutlich mit blinkenden Pfeilen gekennzeichnet, und Tomoe hatte ursprünglich vorgehabt, ihn auch zu nehmen, doch schon bei der zweiten Abzweigung mußte sie erkennen, daß die Türen dorthin bereits vollkommen verschlossen waren. Nur in der umgekehrten Richtung schien die Schließautomatik noch nicht aktiviert worden zu sein. Die junge Frau fuhr herum und hetzte auf den offenen Durchgang zu, sprang an der nächsten Kreuzung instinktiv auf, als sie einen Schatten von der Seite nahen sah, trat mit ihrem Fuß auf die Schulter des Ringers, der ihr nachgerannt war, sprang von ihm abermals ab und rannte nach einer eleganten Flugrolle ohne ein Stolpern weiter. Kim Tae Hyun stieß abermals einige koreanische Worte aus, offenbar eine Art Fluch, ehe auch er die Richtung änderte und seine Verfolgung fortsetzte.

Wer auch immer die Schließung der Brandschutztüren verursacht hatte, er schien kein Interesse daran zu haben, daß jemand noch hier unten herauskam. Tomoe hatte gerade die erste Tür in dem neuen Gang passiert, als auch hier die Schließmechanismen zu arbeiten begannen. Die nächsten zwei Durchgänge passierte sie noch problemlos, beim dritten mußte sie sich schon nahe der Wand bewegen, beim vierten schlupfte sie noch mit einem schnellen Schritt durch, und beim fünften mußte sie langsam machen und sich durch den immer schmaler werdenden Spalt pressen.
Und da sah sie sich um, und zu ihrem Entsetzen hatte es Kim Tae Hyun auch noch durch die vorherige Türe geschafft und hetzte auf sie zu.
Mit aller Kraft stieß sich Tomoe durch den Spalt, doch ehe sie ganz hindurch war, hatte der Ringer sie erreicht, und seine Arm schoß auf sie zu, um sie zurückzuzerren. Um Haaresbreite gelang es ihr, sich aus seiner Reichweite zurückfallen zu lassen, und sie sah noch seine wütend funkelnden Augen, als er ihr nachstarrte. Erst im letzten Moment zog er seinen Arm zurück, so daß die Brandschutztüre ins Schloß fallen konnte.

Erschöpft lehnte sich Tomoe mit dem Rücken gegen die Wand und atmete erst einmal tief durch. Das war knapper gewesen, als ihr lieb war. Ihre Seite schmerzte inzwischen höllisch, und dem Gefühl nach hatte sie auch wieder zu bluten begonnen. Bei ihrer Flucht eben hatte sie buchstäblich alles gegeben, und nun war sie erschöpft, verschwitzt, und zu allem Überfluß begann sie in ihrer Nacktheit auch noch zu frieren. Kim Tae Hyun hatte sich zwar die Zeit genommen, seine eigenen Sachen wieder anzuziehen, so freundlich, auch an Tomoes Kleider zu denken, war er aber nun auch wieder nicht gewesen.
Die junge Frau blieb einige Minuten sitzen und dachte über ihre Lage nach. Wie es aussah, saß sie hier unten erst einmal fest. Es war Feueralarm ausgelöst worden, also würde in absehbarer Zeit wahrscheinlich die Feuerwehr hier auftauchen. Die Brandschutztüren würden geöffnet werden, wohl von außen nach innen, um ein mögliches Feuer bekämpfen zu können, und dann würde Rettung kommen. Das hieß allerdings auch, daß mögliche Retter zuerst Kim Tae Hyun finden würden und dann sie... und wenn der Ringer Zeit hatte, sich um diese Leute zu kümmern...

In diesem Moment verstummten die Sirenen des Feueralarms. Was hatte das nun wieder zu bedeuten? War die Feuerwehr schon eingetroffen? Begann man etwa schon mit ihrer Rettung? Tomoe sprang auf. Nein – so schnell konnte das noch nicht geschehen, und selbst wenn tatsächlich die Retter bereits jetzt unterwegs waren, die Gänge waren sehr weitläufig gewesen. Einige Minuten hatte sie sicherlich noch, ehe sich die Brandschutztüren öffneten. Sie mußte etwas tun, um vorher hier heraus zu kommen. Vielleicht gab es einen anderen Weg.
Die junge Frau begann sich umzusehen.

---

„Uwaaah! Sie kommen! Sie kommen!!!“

Erschreckend schnell breitete sich unter den Schwimmerinnen im Notfallkontrollraum eine leichte Panikstimmung aus, und Takashi tat sein Bestes, um dem entgegenzuwirken. „Seid still!“ rief er in das aufkommende Stimmengewirr. „Selbst wenn das diese Monster sind, sie kommen nicht hier hinein. Die Türen werden sie aufhalten.“
„Aber sie schlagen sie doch gerade ein!“ hauchte Shinobu heiser. „Die brechen durch!“
„Unfug.“ Der junge Mann sah sich suchend um. „Dieses Geräusch kommt nicht vom Eingang. Das hallt hier irgendwie von den Wänden.“ Er senkte seine Stimme. „Bleibt alle ganz ruhig und geht da hinten in eine Ecke. Ich versuche, ob ich es ausfindig machen kann.“

Mit diesen Worten trat Takashi in die Mitte des Raumes und konzentrierte sich. Das eigentümliche Geräusch, das er und die Mädchen gehört hatten, war recht arhythmisch. Es klang ein wenig, als schlage jemand mit einem Gummihammer von Zeit zu Zeit auf eine Platte aus Stahlblech. Unzweifelhaft kam es von der linken Wand, dort, wo die ganzen elektronischen Kontrollen untergebracht waren. Seit dem ersten Auftreten schien es aber seine Position ein wenig verändert zu haben. War es noch vorhin nahe der Brandschutztüre zu hören gewesen, schien es nun in der Mitte der Wand zu sitzen. Eigentümlich. Bewegte es sich denn? Ja, unzweifelhaft.
Takashi ließ den Blick etwas weiter über die linke Wand schweifen. Was war da, das solche Geräusche machen konnte? Maschinen gab es genug, doch ihm fiel keine Gerätschaft ein, die solche unrhythmischen metallischen Klänge von sich gab. Was gab es denn überhaupt hinter der Wand? Kabel, Elektrik, Wasserrohre und das Zentralheizungssystem...

In diesem Moment fiel sein Blick auf die geriffelte Kohlefaserplatte am hinteren Ende der linken Wand, und er verstand zu seinem Entsetzen.
Die Zentralheizung! Jemand – oder etwas – war in den Schächten der Zentralheizung!
Und ehe er eine Warnung rufen kann, flog die Kohlefaserplatte unter der Wucht eines unmenschlich starken Trittes in den Raum hinein.
 

Taleweaver

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Kapitel 7

Kapitel 7

"Verdammtes, häßliches MISTDING! Warum reagierst du auf keinen der Indikatoren?"

Professor Sakura Koufun war am Ende ihres Lateins, und das war nun schon eine ganze Zeit nicht mehr passiert. Als sie vor einigen Stunden zum ersten Mal den Leichnam von Shinichi Koehara (oder besser dessen, was aus ihm geworden war) gesehen hatte, war sie sich noch sehr sicher gewesen, das Mysterium um den plötzlichen enormen Wuchs rasch lösen zu können. Auf den ersten Blick hatte alles auf einen besonders ekelhaften Cocktail anaboler Steroide hingedeutet, doch die Tests waren zu ihrer Überraschung erfolglos geblieben. Dafür hatte sie einen so unerhört hohen Hormonspiegel entdeckt, daß ihr spontan ihre eigene Doktorarbeit über die hormonellen Auswirkungen genetischer Manipulationen an adulten Stammzellen in den Sinn gekommen war, und darüber hatte sie sich richtig gefreut, denn zu einem Forschungsobjekt, das ihr eigenes Fachgebiet so direkt betraf, kam sie nur selten.
Aber offensichtlich hatte sie sich zu früh gefreut, denn ihre zweite Testreihe, die sie eben beendet hatte, war erstaunlicherweise ergebnislos verlaufen. Gewöhnlich konnte man mutagene Stoffe relativ leicht mit Indikatorchemikalien feststellen, die auf bestimmte Proteinketten reagierten, doch keine der ihr zur Verfügung stehenden Substanzen hatte irgend eine Reaktion zusammen mit einer Blutprobe des toten Mannes gezeigt. Und selbst eine Probe seines Rückenmarks, die sicherste Quelle für Genmaterial, war frei von den gesuchten Stoffen gewesen.

Enttäuscht und wütend trat Sakura von den Teströhrchen weg und zog Handschuhe und Mundschutz aus. Zeitverschwendung. Alles, was sie feststellen konnte, was das Offensichtliche: der Verstorbene hatte eine bizarr große Körpermasse, seine Muskeln waren vollkommen verhärtet und verkrampft, und auch der Tod hatte die unnatürliche Erektion zwischen seinen Beinen nicht beenden können. Der irrsinnig hohe Hormonspiegel in seinem Blut hatte seinen aggressiven Anfall verursacht; wie er jedoch in diesen Zustand geraten war, das entzog sich ihrem Verständnis. Das einzige, was ihr noch übrig blieb, war eine Sektion des Leichnams, und da würde ein ausgebildeter Pathologe sicher zu besseren Ergebnissen kommen.
Die Wissenschaftlerin ließ sich mißmutig auf den Stuhl des provisorischen Labors fallen, das sie sich hier eingerichtet hatte und stützte das Kinn in die Hände. "Denk nach, Sakura, denk nach", murmelte sie zu sich selbst, doch es kam ihr keine Inspiration. Was konnte einen Menschen körperlich in so kurzer Zeit so aufblähen? Eine Mutation, die nicht mehr als einige Minuten brauchen konnte und derart drastische Effekte hatte, war ihr seit Tsukunes Busen nicht mehr untergekommen. Und der gleiche Effekt bei der "Generation XXX" konnte es unmöglich sein; sie hatte vier Jahre ihres Lebens damit verbracht, einen Nachweis für das Geistergen in menschlicher DNS zu finden, und auch dieser Test war negativ gewesen. Müde hob sich ihr Blick noch einmal zu den Teströhrchen, wo sich keine der Flüssigkeiten auch nur annäherend vom Blauen ins Rote verfärbt hatte...

...und dann zuckte ihr Kopf hoch, als sie sah, daß in Probe Numero drei das Blau der Indikatorflüssigkeit fast vollkommen verschwunden war und mehr und mehr einfachem Wasser ähnelte.
Was um alles in der Welt...

Mit einem Satz war Sakura auf den Beinen, trat näher zu ihrer Versuchsaufstellung und starrte das mittlere der fünf Röhrchen an. Das war der Proteinpolymerase-Test. Er diente als Nachweis für das Medikament GestaBay, einem Mittel zur Förderung der weiblichen Fruchtbarkeit, das vor drei Jahren verboten worden war, als man entdeckte, daß es auf lange Sicht zum Zerfall der menschlichen DNS führte. Zusammen mit bestimmten Proteinen verklumpte es, und eben diese Proteine - im Naturzustand bläulich - hatte das Röhrchen Numero drei enthalten. Jetzt waren sie fast vollkommen verschwunden - aber warum?!
Eilends zog die Wissenschaftlerin aus der Pappbox ein Paar neuer Gummihandschuhe hervor, streifte sie über, legte einen neuen Mundschutz an und entnahm dann dem Röhrchen mit einer Pipette einige Tropfen der Indikatorlösung. Sehr langsam öffnete sie mit ihrer freien Hand einen kleinen Koffer, der auf dem Nebentisch stand, holte ein kleines Glasplättchen heraus und ließ den Inhalt der Pipette darauf rinnen. Ein zweites Glasplättchen deckte schließlich alles ab, und mit dem so präparierten Objektträger schritt Sakura zum Schreibtisch und legte ihn vorsichtig ab. Sie ging in die Knie, öffnete die untere Schublade des Tisches und zog einen weiteren schwarzen Koffer hervor, den sie auf den Tisch stellte und dort öffnete. Aus dem Inneren zog sie ein großes Binokularmikroskop hervor, stellte es auf den Tisch, schloß es über ein Kabel an den Strom an, dann legte sie den Objektträger ein, schaltete die Beleuchtung an und blickte durch die Okulare. Nur kurz mußte sie an den Rädern für die Scharfeinstellung drehen, dann sah sie klar.

Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn was sich ihr bei zweihundertfacher Vergrößerung offenbarte, erklärte nicht nur die unerwartete Veränderung der Indikatorflüssigkeit, sondern noch eine ganze Menge mehr.

---

Mit einem vereinten panischen Aufschrei stoben die Schwimmerinnen der japanischen Nationalmannschaft auseinander, und sogar Takashi wich erschrocken einige Schritte zurück und ergriff den Bürostuhl, der neben ihm am Schreibtisch stand, um ihn in Richtung des Beines zu schleudern, das soeben die Abdeckung des Heizungsschachtes gekommen war. Er hatte ihn bereits über den Kopf erhoben und ausgeholt, als ihm plötzlich klar wurde, daß die Beine der Monstren, die hier unten ihr Unwesen trieben, nicht so schlank und elegant waren wie das hier, und der Moment des Zögerns reichte aus, daß er die Person erkennen konnte, zu der eben dieses Bein gehörte.

"Niowase-kun?!"
"Katasa-kun!?"

Einen Moment starrten sich der Student und die Volleyballerin gegenseitig verblüfft an, dann wurde Tomoe bewußt, daß sie splitterfasernackt war und im Raum neben Takashi eine ganze Horde junger Frauen stand. Augenblicklich wurde sie puterrot und kauerte sich zusammen, damit ihre Blöße notdürftig bedeckt wurde. Erst da merkte auch der junge Mann, worauf sein Blick gerade lag, und er drehte sich eilig um und stellte den Bürostuhl ab.
"Schöner Empfang", ließ sich Tomoe leise vernehmen.
"Äh..." Takashi sah sich hilfesuchend unter den Schwimmerinnen um. "Wenn ich vorstellen darf... Tomoe Niowase, von der Volleyba..."

"Ich glaube, wir kennen sie alle, Takashi-chan", gab Mika zurück und trat langsam näher, wobei sie ihre Trainingsjacke auszog, unter der sie noch ein T-Shirt trug. "Kann eine von euch für Niowase-san auf ihre Hose verzichten?"
Shinobu schritt langsam näher. "Ähm... ich hab noch meinen Badeanzug drunter an. Das müßte gehen."
"Gut." Mika blickte an Takashi vorbei zu Tomoe. "Ich fürchte, die Sachen werden nicht besonders gut passen, Niowase-san. Keiner von uns ist so groß wie Sie."
Die Volleyballerin lächelte schwach. "Nennt mich doch Tomoe. Wir sind alle im selben Sportverband, meine Güte."
"Und ich bin Mika, Tomoe-san", lächelte die Schwimmerin und reichte ihr die Jacke, während Shinobu sich beeilte, ihre lange Trainingshose abzustreifen. "Entschuldigen Sie die Aufregung. Wir sind alle noch ein bißchen durcheinander, wegen diesen ekligen Monstern hier unten."

"Hier unten hat es Monster?" Tomoes Augen wurden groß. "Was für Monster?"
"Menschen, die zu irgendwelchen blassen Riesen werden und alles kurz und klein schlagen."
Das Gesicht der Volleyballerin wurde ernst, während sie in die Jacke schlupfte und den Reißverschluß zuzog. "Es gibt also noch mehr solche Fälle", murmelte sie.
Takashi fuhr überrascht herum. "Was meinst du mit 'me..." Er unterbrach sich sofort, als er sah, daß Tomoe noch immer unterhalb der Gürtellinie nackt war und blickte sofort wieder weg. "Was meinst du mit 'mehr solche Fälle'?"
"Ich bin erst gestern schon mal einem begegnet", berichtete die junge Frau, während sie in die Trainingshosen stieg. "Ihr habt doch bestimmt von dem Unfall mit Shinichi Koehara gehört? Das war kein Unfall. Koehara-san ist auch zu einem Riesen geworden. Kannst wieder kucken, Katasa-kun."

Takashi drehte sich um und sah zu Tomoe. Beinahe hätte er allerdings seinen Blick gleich wieder abgewendet, denn obwohl sie nun bekleidet war, tat der zu kleine Trainingsanzug nicht viel dagegen, daß sie ziemlich sexy aussah. Die Hose saß bei ihrem schmalen Körperbau recht locker und wirkte, als würde sie ihr jeden Moment von den Hüften rutschen, während ihr die zu kleine Jacke gerade mal bis zum Bauchnabel reichte. Beim Blick auf eben diesen Bauchnabel fiel Takashi nun aber etwas auf.
"Ab... Was hast du da unten am Bauch, Niowase-kun? Bist du etwa verletzt?"
"Schön, daß dir das auffällt", frotzelte Tomoe, "nachdem du schon den Verband um meinen Arm nicht bemerkt hast. Und ja, ich bin verletzt, aber das ist nur ein Kratzer. Ihr habt nicht zufällig Verbandszeug hier unten?"
"Doch, haben wir!" Akari sprang eilig zu einem Hängeschrank mit einem grünen Kreuz und öffnete ihn. "Da drinnen ist alles!"

Erfreut nickte Takashi ihr zu. "Ausgezeichnet - bring es mir her." Er wandte sich zu Tomoe. "Es macht dir doch nichts, wenn ich das rasch versorge?"
"Nicht im Geringsten." Sie lächelte schwach. "Hier an der Seite hab ich auch etwas - ich glaube, es ist etwas tiefer. Sticht ziemlich, wenn ich mich bewege."
"Ich seh's mir sofort an." Der Student riß die Umverpackungen der Verbände auf, die Akari ihm brachte. "Was ist das eigentlich für ein komischer schwarzer Kragen, den du um den Hals trägst?"
Tomoe grinste peinlich berührt. "Ich fürchte, da hat mir jemand eine Bombe umgehängt."
"EINE BOMBE?!"

Sofort herrschte wieder Aufruhr unter den Schwimmerinnen, die eilends dabei waren, sich so weit wie möglich von der Gefahrenquelle zu entfernen. Takashi schluckte etwas, blieb aber stehen. "Äh... und du weißt nicht zufällig, wie sie zu entschärfen ist?"
"Keine Ahnung." Tomoe seufzte. "Ich kann nur feststellen, daß sie bisher noch nicht explodiert ist. Angeblich ist in dem Kragen selbst eíne Schnur aus Plastiksprengstoff, und irgendwo da vorne muß der Zünder sein."
Der junge Mann schluckte. "Darf ich sehen?"
"Versuch's mal."

Vorsichtig tastete er nach Tomoes Hals und entdeckte schnell eine Art metallenen Anhänger unter dem Stoff. Als er ihn hervorzog, biß sich die junge Frau nervös auf die Lippe. "Paß bloß auf - das Ding soll hochgehen, wenn jemand versucht, die Schnur um meinen Hals zu lösen.
"Ich bin schon vorsichtig." Langsam begutachtete Takashi das metallene Objekt. "Ein Zünder, sagst du? Irgendwas elektronisches?"
"Muß es wohl sein."
Der Student grinste. "Dann kann ich dich beruhigen. Das hier vorne ist ein ziemlich häßlicher metallener Pucca-Schlüsselanhänger, und diese Kordel, an der er hängt, ist nichts anderes als Nylon. Keine Drähte, keine Lichter, nichts mit irgend welchem Strom."
"Dann hat dieser Mistkerl mich belogen", maulte Tomoe und riß mit einem entschiedenen Griff den Sack endgültig von ihrem Kopf. "Und ich mach mich hier zum Affen..."

"Sei doch froh", lachte Takashi und begann, die Umgebung der Wunde an Tomoes Seite mit Desinfektionslösung abzutupfen. "Hm, das sieht etwas ernster aus. Ich fürchte, da werde ich klammern müssen. Wie ist das denn passiert?"
Während Takashi sich um die Verletzungen kümmerte, berichtete die Volleyballerin in Kurzform von ihrer unerfreulichen Begegnung mit Kim Tae Hyun und dessen künstlichen Gliedmaßen. Die peinlicheren Teile seiner Anatomie sparte sie aus, ebenso wie die Situation, in der sie überhaupt erst bemerkt hatte, daß mit ihm etwas nicht stimmte. Sowohl der Student als auch die Schwimmerinnen machten bei der Beschreibung große Augen.

"So wie ich das sehe", bemerkte Takashi, während er den letzten Verband um Tomoes Bauch mit einem Streifen Leukoplast befestigte, "ist hier eine verdammte Verschwörung am Laufen. Dieser Nordkoreaner hat dir das alles angetan? Dann ist er mit Sicherheit auch für diese Monster-Krankheit verantwortlich. Bestimmt hat er einen Virus hier eingeschleppt, der die Menschen mutieren läßt. Das würde zu diesem Wahnsinnsregime passen, aus dem er kommt."
Ein leiser Schreckensschrei ertönte aus der Gruppe der Schwimmerinnen, und als die anderen sich fragend umsahen, war Akari bleich geworden. "Vi... Virus!" hauchte sie. "Was, wenn wir uns alle schon angesteckt haben? Vielleicht bei Yuki..."
"Keine Sorge", gab Tomoe zurück. "Wenn es ein Virus ist, dann wird Koufun-sensei rechtzeitig ein Gegenmittel finden."
Der junge Mann sah erstaunt auf. "Professor Koufun ist hier?"
Tomoe nickte. "Ich hab sie nach dem ersten Zwischenfall mit Koehara-san angerufen. Der Verbindungsmann vom japanischen NOK, ein Okito-san, hat sich stur gestellt und wollte gar nichts unternehmen. Von dem stammt auch die Lüge mit der Explosion."

"Die Spiele müssen weitergehen, war ja klar", seufzte Takashi und ließ das Leukoplast sinken. "So, fertig. Du bist so gut wie neu. Nur vom Kämpfen in nächster Zeit möchte ich dir abraten."
"Ich hab es auch nicht mehr vor", erwiderte Tomoe, "und schon gar nicht gegen diese Halbmaschine. Ich bin vielleicht noch einen Hauch schneller als er, aber sowohl an reiner Kraft als auch an Ausdauer als auch in Sachen Technik ist er mir weit überlegen. Vielleicht, wenn wir beide zusammen..."
Takashi schüttelte den Kopf. "Ich hab mir im Kampf gegen eins der Monster eine Rippe angeknackst. Glaube nicht, daß ich genügend Luft für so einen dicken Brocken hätte."
Langsam trat Mika zu den beiden. "Sie sind doch eben aus diesem Wandschacht da gekommen, Tomoe-san", sagte sie. "Könnten wir dadurch nicht hier raus kommen? Wir sind drinnen zwar sicher - Takashi-chan hat die Brandschutztüren alle geschlossen - aber so langsam..."

"Was, du warst das?" Tomoe lachte auf. "Dann muß ich mich sogar noch bedanken, daß du meine Flucht möglich gemacht hast. Um Ihre Frage zu beantworten, Mika-san: Ich bin mir sicher, daß wir durch diese Schächte irgendwie auch aus dem Trakt herauskommen müssen können, aber ich bezweifle, daß Sie und die anderen da alle hindurchkrabbeln könnten. Es geht da teilweise drei bis vier Meter senkrecht nach oben und nach unten, und ohne Ausbildung im Freiklettern wird das kaum gehen. Ich hab das ja auch nur geschafft, weil ich was davon verstehe." Das war nicht ganz ehrlich gewesen, aber die beste Erklärung im Moment.
"Ich halte es auch für das Beste, wenn wir auf Rettung warten", nickte Takashi. "Es kann nicht mehr lange dauern, bis jemand nachsehen geht, was der Feueralarm hier unten sollte. Ich habe mich sogar schon gewundert, wieso hier noch niemand angerufen hat, aber dann ist mir aufgefallen, daß es in diesem Raum gar kein Telefon gibt, nur eine leere ISDN-Dose da vorne."

Tomoes Gesichtsausdruck verfinsterte sich plötzlich. "Richtig, da war ja noch was", stieß sie hervor. "Katasa-kun, wir können nicht so einfach auf Rettung warten. Wer auch immer da kommt, er wird zuallererst Kim Tae Hyun finden - und der ist imstande und bringt ihn um! Und dann kommt er vielleicht auch hier rein..."
"Au mist!" Takashi blickte nachdenklich zu Boden. "Und er ist nicht das einzige Problem - hier unten tapsen ja auch noch mindestens zwei von diesen Monstern rum! Wir müssen irgendwie die Leute draußen auf uns aufmerksam machen... nein, wir brauchen eine Möglichkeit, mit ihnen Kontakt aufzunehmen und sie zu warnen. Eventuell finden wir ja ein Handy, das hier unten noch..."

In diesem Moment hallte ein gequältes Stöhnen durch den Raum, und als alle erschrocken herumfuhren, sahen sie, wie Akari am Boden zusammensackte und sich wie in einem Magenkrampf krümmte.

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"Ich-habs-ge-fun-den! Ich-habs-ge-fun-den!"

Sakura war oft guter Laune, aber nur selten war die so ausgeprägt, daß sie spontan vor sich hinsang. Im Moment herrschte bei ihr aber diese Stimmung vor, und der Grund war, daß sie endlich verstanden hatte, was hier mit Koehara geschehen war. Nicht, daß das auch schon eine Lösung des Problems bedeutet hätte, aber es brachte sie schon einmal einen Riesenschritt voran. Zeit, die guten Nachrichten weiterzugeben.
Die Wissenschaftlerin drückte den Rufknopf für den Fahrstuhl, wartete, bis er auf ihrer Etage war, fuhr dann ihren Rollstuhl hinein und wählte das Erdgeschoß als Ziel aus. Die Verwaltung war mit Sicherheit der beste Ort, um herauszufinden, wo Tomoe gerade steckte; die hatte es verdient, als erste von der Entdeckung zu erfahren. Immerhin war sie es gewesen, die dadurch in Gefahr geraten war; bestimmt würde es ihre Laune bessern.

Die Türen des Aufzugs öffneten sich vor Sakura wieder, und draußen vor dem Fenster fuhr mit lautem Sirenengeheul ein Feuerwehrfahrzeug vorbei.

"Feuer?!" Sakura drückte den kleinen Joystick an ihrer Armlehne nach vorne und rollte in die Eingangshalle des Verwaltungstraktes. "Entschuldigen sie", rief sie in Richtung des Empfangsschalters, "was ist denn da vorne los?"
"Es gab Feueralarm in einer der Ebene-Drei-Sammelunterkünfte", war die Auskunft. "Aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen; es ist alles unter Kontrolle."
"Ebene Drei?" Die Wissenschaftlerin stutzte. "Das sind doch die Unterkünfte für den Fall, daß ein Sicherheitsalarm ausgelöst wird. Da ist doch gar niemand drinnen."
Der Mann am Schalter sah sie an, als wäre sie leicht beschränkt. "Wir hatten doch gerade erst einen Sicherheitsalarm. Haben Sie nicht die Durchsagen gehört?"

Sakura schüttelte den Kopf. "Nein, und dabei war ich doch nur..." Sie stutzte. Sie hatte irgendwelche Durchsagen gehört, aber da war sie gerade mit Feuer und Flamme dabei gewesen, einem Leichnam Gewebeproben zu entnehmen. "Ist doch jetzt auch egal. Worum ging es denn bei dem Alarm?"
"Ich sagte doch, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen." Der Mann am Schalter wurde langsam ungeduldig. "Kann ich sonst noch etwas für sie tun?"
"Danke, ich glaube nicht", murmelte die Wissenschaftlerin und lenkte ihren Rollstuhl in Richtung des Ausgangs. Irgend etwas bei diesem Feuerwehreinsatz da draußen verursachte ihr ein unangenehmes Gefühl in der Magengegend, und sie konnte einfach nicht herausbekommen, was es war. "Schönen Tag noch."
"Schönen Tag auch."

Zielstrebig steuerte Sakura ihren fahrbaren Untersatz über den großen Hof. Der Mannschaftswagen der Feuerwehr hatte nur etwa fünfhundert Meter entfernt angehalten, und die Besatzung war offenbar gerade dabei, von ihrem Gefährt abzusitzen und auf ein furchtbar häßliches, geducktes Gebäude zuzulaufen, das einem altmodischen Luftschutzbunker nicht unähnlich war. Rauch oder gar Flammen sah sie keine, aber das mußte nichts bedeuten. Vielleicht war eine Gasleitung geplatzt und es bestand Feuergefahr, oder es war unten jemand eingeklemmt; es gab viele Gründe für ein Ausrücken der Feuerwehr.
Trotzdem war Sakura einfach zu neugierig, um nicht nachzusehen, was hier los war. Sie schob den Joystick ihres Rollstuhls ganz nach vorne und drückte dann die Turbo-Taste an der Seite, und das Gefährt beschleunigte immerhin auf Tempo 30 und rollte damit recht flott auf den knallroten Einsatzwagen zu. Für den halben Kilometer brauchte sie gerade einmal eine Minute, doch dann mußte sie doch recht abrupt bremsen, weil einer der uniformierten Männer von der Feuerwehr ihr in den Weg trat. Die Reifen ihres Rollstuhls quietschten, und sie kam etwa einen halben Meter vor ihm zum Stehen.
"So eilig?" Der Feuerwehrmann lächelte sie an. "Keine Sorge, wir kümmern uns um alles."

"Schon eine Ahnung, was hier los ist?" wollte Sakura wissen.
"Nichts genaues", war die Antwort. "Es gab Feueralarm dort im Gebäude, der in der dortigen Notfallzentrale ausgelöst wurde. Aber auf unseren Rückruf hin hat sich niemand gemeldet. Die Zentrale ist anscheinend gerade nicht besetzt, und darum schauen wir mal nach, was da unten los ist."
Die Wissenschaftlerin runzelte die Stirne. "Nicht besetzt? Ich dachte, es hätte einen Sicherheitsalarm gegeben."
Zustimmend nickte der Feuerwehrmann. "Hat es auch", bestätigte er, "vielleicht eine halbe Stunde davor. Eben darum sehen wir mal nach. Allerdings gibt es keine Anzeichen für ein Feuer, soweit ich das von hier aus feststellen kann. Für das Olympische Dorf gibt es ein Koordinationszentrum, in dem man alle technischen Anlagen und Heizungssysteme überprüfen kann, und hier unten ist alles im grünen Bereich. Wäre da ein Feuer, würden die Abgaswerte verrückt spielen. Darum haben wir auch den Löschzug vorerst nur in Bereitschaft und noch nicht vor Ort."

"Verstehe", nickte Sakura. "Und sie gehen jetzt da rein und überprüfen alles?"
"Richtig."
"Dann kann ich doch sicher mitkommen, wenn es nicht gefährlich ist, oder?"
Der Feuerwehrmann hob eine Augenbraue. "Sie?"
Wieder nickte die Wissenschaftlerin. "Ich. Oder haben sie was gegen Frauen?"
"Natürlich nicht", entrüstete sich der Mann und schob seinen Helm einen Stück zurück, "aber wenn ich sage, da unten hat es kein Feuer, heißt das noch nicht, daß es überhaupt keine Gefahren gibt. Und, mit Verlaub, ich würde es nicht verantworten, eine Rollstuhlfahrerin in Gefahr zu bringen."
"Ach, kommen sie!" Sakura wischte den Einwand mit einer Hand weg. "Was für Gefahren könnte es denn da schon geben?"

In diesem Moment ertönte ein lauter Schrei, und dann flog aus der Tür des Sicherheitsgebäudes einer der Feuerwehrleute in hohem Bogen heraus, wirbelte mindestens fünfundzwanzig Meter weit durch die Luft und schlug krachend auf dem Asphalt auf.

"Ich ziehe die Frage zurück!" japste Sakura und legte eilends den Rückwärtsgang an ihrem Rollstuhl ein.
Die Monster kamen heraus.

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"Es... es tut weh... mein Bauch... ich... hnn..."
Takashi erbleichte. "Akari!" japste er. "Es hat sie erwischt - so hat es auch bei Yuki angefangen. Wenn sie sich bei ihr angesteckt hat, kann das auch auf uns..."
"Nein", keuchte die Schwimmerin durch zusammengebissene Zähne. "Es war... Tae-san. Ich war... mit Tae-san... zusammen... und... AAAGH!"
"ALLE WEG DA!" brüllte Tomoe und scheuchte die anderen mit entsetzten Gesichtern dastehenden jungen Frauen von der zusammengekauerten Gestalt fort. "Ich erledige das."
Takashi warf ihr einen unsicheren Blick zu. "Was hast du vor?"
Die Augen der Volleyballerin waren eiskalt. "Noch hat sie sich nicht verwandelt. Noch kann ich leicht mit ihr fertigwerden."

"Bist du verrückt?!" Der junge Mann sprang auf Tomoe zu und breitete die Arme vor ihr aus. "Du kannst sie doch nicht umbringen!"
"Weißt du eine Alternative?" fuhr Tomoe ihn an. "Wenn sie sich ganz verwandelt hat, wird sie genau das mit uns hier versuchen!"
Takashi schüttelte den Kopf. "Dann hau sie meinetwegen bewußtlos oder so was", verlangte er. "Aber ich habe hier die Verantwortung, und solange ich die habe, wird niemand getötet!"
Ein weiterer Schmerzensschrei von Akari hinter ihm ließ ihn zusammenfahren, und Tomoe versuchte, ihn wütend aus dem Weg zu schieben. "Wenn du mich nicht gleich durchläßt, wird das eine ziemlich theoretische Überlegung, ist dir das klar? Weder du noch ich sind im Moment zu einem richtigen Kampf in der Lage!"
"Dann..." Takashi blickte über seine Schulter, wo Akari sich soeben in wilden Krämpfen aufbäumte und ihr Körper anzuschwellen begann. "Warte - ich versuche es. Vielleicht wird sie bewußtlos, wenn ich ihr die Schlagader abdrücke. Ist zwar riskant, aber immerhin eine Chance."
"Ich..." Tomoe biß sich auf die Unterlippe. "Na gut, mach das." Sie ließ den Studenten los, und der stürzte sofort zu dem am Boden liegenden Mädchen und umfaßte von hinten ihren Hals.

Takashi hätte nicht gedacht, einmal sein Medizinstudium auf diese Weise anwenden zu müssen, aber jetzt kam ihm sein Wissen um den menschlichen Blutkreislauf sehr zugegen. Trotz Akaris schnell anschwellender Halsmuskulatur gelang es ihm, ihre Schlag- und ihre Drosselader rasch zu finden, und vorsichtig drückte er sie mit den Fingern ab. Soweit er wußte, schnitt das einem Menschen die Blutzufuhr zu seinem Gehirn ab, und die Folge war eine relativ schnelle Bewußtlosigkeit - allerdings war es sehr leicht möglich, jemandem auf diese Art und Weise auch einen bleibenden Gehirnschaden zu verpassen. Es galt also, hier sehr, sehr vorsichtig vorzugehen.
Andererseits war Vorsicht bei den Wesen, die durch diese Mutation entstanden, nicht wirklich angebracht, wie der Student schnell feststellen mußte, als sich Akari ruckartig aufrichtete und ihn dabei um ein Haar abgeworfen hätte. Nur ein entschiedener Griff mit dem Arm um ihre Kehle ließ Takashi sich festhalten, und er wurde von den Füßen gehoben, als der Körper der Schwimmerin sich auf über zwei Meter Größe streckte.

Bislang war sein Plan nicht sehr erfolgreich verlaufen, und darum verstärkte der Student nun deutlich seinen Druck auf die Schlagadern des fast vollständig verwandelten Monsters. Jetzt, da er wirklich mit viel Kraft zudrückte, zeigte das Wesen Wirkung. Sein Stand schien unsicherer zu werden, seine Beine tapsten ungelenk über den Boden, und mit seinen immensen Armen versuchte es, auf seinen Rücken zu greifen und das, was auch immer dort saß, abzuschütteln. Die Intelligenz schien ihm inzwischen so weit abhanden gekommen zu sein, daß es nicht direkt versuchte, den Griff um seinen Hals zu lösen.
Aber gerade, als Takashi sich über den erfolgreichen Plan zu freuen beginnen wollte, setzte das Monster plötzlich mit mehreren gewaltigen Schritten zurück und war offenbar drauf und dran, sich mit dem Rücken gegen die nächste Wand zu schmettern und das störende Etwas darauf zu zerquetschen.

Der Student mochte nicht Tomoes sportliches Training haben, aber seine Reflexe und Körperbeherrschung waren immer noch deutlich ausgeprägter als bei einem gewöhnlichen Menschen. In dem Moment, in dem er die Gefahr bemerkte, löste er seinen Klammergriff um den Hals, zog sich statt dessen mit einem Klimmzug an den Schultern nach oben, und schließlich, nur Augenblicke, ehe das Wesen seinen Rücken gegen die Wand rammte, stieß er sich mit den Händen ab, setzte seine Füße auf die Schultern des Monsters und sprang nach vorne ab. Er landete etwas unsanft, aber unverletzt, in der Mitte des Raumes, während sein Gegner krachend in einem Wandschrank einschlug.
"Toller Plan", schimpfte Tomoe, und ohne weiteres Zögern sprang sie das Akari-Monster von vorne an, landete mit beiden Füßen einen Treffer auf seinem immensen Brustkorb und brachte es damit, nachdem es ohnehin schon etwas taumelte, endgültig zu Fall. Sie versetzte ihm zwei gewaltige Schwinger, die seinen Kopf hin und her schleuderten, doch diesmal mit erschreckend wenig Effekt, und als als Reaktion darauf ein wütender Gegenschlag kam, konnte sie ihn gerade noch so mit dem Arm abblocken - und biß die Zähne zusammen, als ihre Verwundung dort wieder heftig zu schmerzen begann. Kurzerhand packte sie die Handgelenke des Wesens mit einem entschiedenen Griff und preßte sie zu Boden.

Das Monster stieß ein wütendes Brüllen aus und begann sich heftig am Boden zu winden, um die junge Frau abzuschütteln, doch Tomoe hielt es eisern fest. "Jetzt, Takashi!" schrie sie. "Ich halte sie fest, mach schon!" Sie sah sich eilends um - aber wo steckte er denn? Er schien am Boden etwas zu suchen, nein, etwas auseinanderzureißen. Was tat er denn nun wieder, jetzt, wo es darauf ankam, zu handeln, ehe das Biest den Griff lösen konnte?
Bange Sekunden vergingen, und die Gegenwehr des Wesens wurde immer stärker. Inzwischen war es auf die Idee gekommen, sich mit den Beinen am Boden abzudrücken und so seinen ganzen Körper heftig nach oben zu stoßen. Tomoe wurde zweimal wie eine Stoffpuppe nach oben geschleudert; beim dritten Mal zog sie die Knie an und rammte sie im Landen dem Monster in den Bauch. Keuchend stieß es die Luft aus, und vor seiner nächsten Gegenwehr verging ein Augenblick, in dem es erst wieder zu Atem kommen mußte.

Und in diesem Moment spürte Tomoe, wie sich Takashis Arm um ihren Bauch schlang. "Laß los!" rief er, und ohne abzuwarten, ob sie es auch tat, zog er sie schwungvoll von Akaris mutiertem Körper weg und stieß dem aufgeblähten Leib etwas in die Seite.
Es war einer der Elektroschlagstöcke aus dem Karton.

Der Effekt war geradezu spektakulär. Mit einem Stöhnen bäumte das Biest sich auf und begann unrhythmisch zu zucken. Hundertfünfzigtausend Volt waren nicht zu verachten, selbst wenn man damit nur einen kurzen Knuff bekam, doch der Student beließ es nicht dabei. Er hielt die Waffe fest gegen die weißliche Haut des Wesens gedrückt, und fast zehn Sekunden lang jagte er den Strom durch den aufgeblähten Körper, bis die Hochleistungsbatterien im Schlagstock endlich erschöpft waren.
Der Kopf der Bestie sank zur Seite. Mit einem tiefen Seufzer erschlaffte sein Körper. Der Brustkorb hob und senkte sich rhythmisch; offenbar war es noch am Leben, doch bewußtlos war es, das war unbestreitbar.

Und in das aufkommende Gefühl der Erleichterung bei Takashi und Tomoe mischte sich völlige Verwirrung, als sie sahen, wie Akaris Körper langsam zusammenzuschrumpfen begann.

---

In die Schreie der sterbenden Menschen mischten sich gelegentlich Schüsse, als die Wachleute sich mit ihren Dienstwaffen zur Wehr zu setzen versuchten, doch die Wirkung der Pistolen Kaliber .38 war bei weitem nicht stark genug, um die heranstürmenden Kolosse zu stoppen. Selbst wenn die Wachen gewußt hätten, daß nur Treffer in den Kopf wirklich effektiv waren, sie hätten kaum die Zeit gehabt, so genau zu zielen. Viel zu schnell waren die unmenschlich wirkenden Bestien heran, und ebenso schnell zerschmetterten sie Köpfe und rissen Arme und Beine aus.
Sakura lugte hinter dem Einsatzfahrzeug der Feuerwehr hervor und beobachtete entsetzt das Massaker, das hier geschah. Wie viele der bleichen Monster unterwegs waren, wußte sie nicht, aber sie sah selbst vier, es mußte den Geräuschen nach zu urteilen noch ein paar mehr sein. Auf der einen Seite war es ein Glück, daß beim kürzlichen Sicherheitsalarm alle Sportler in Sicherheit gebracht worden waren, auf der anderen Seite aber war es anscheinend in mindestens einer der Sammelunterkünfte zu Fällen von Mutation gekommen, und sie wollte nun nicht in der Haut der armen Leute stecken, die da unten nun in der Falle saßen. Wie viele mochte man wohl hier untergebracht haben? Zwanzig? Hundert? Es war fast belanglos; nichts schien die Kolosse in ihrem Zerstörungswerk stoppen zu können.

Beziehungsweise fast nichts. Nach dem, was Sakura durch die Tests mit Koeharas Leichnam durchgeführt hatte, bestand durchaus die Möglichkeit, daß sie eine entscheidende Schwäche besaßen. Aber die konnte sie im Moment schlecht ausprobieren; ihr fehlten ebenso Mittel wie Gelegenheit. Und jemanden informieren, der etwas unternehmen konnte? Wen denn? Das hier hätte ihr doch sowieso niemand geglaubt, der es nicht mit eigenen Augen sah.
Während die Wissenschaftlerin so wartete, wurde der Lärm allmählich weniger. Es waren keine Schreie und Schüsse mehr zu hören, und nur noch das Grunzen und Stampfen der Monster drang aus dem Gebäude und von der anderen Seite des Feuerwehrfahrzeugs. Schließlich hielt es kurz inne, und dann war deutlich zu hören, wie die schweren Schritte mehrerer der Bestien sich entfernten. Sakura wagte einen raschen Blick um den Mannschaftswagen herum. Sieben der bleichen Kolosse stapften offenbar zielsicher in Richtung des Verwaltungsgebäudes, wo sie eben hergekommen war. Na großartig.

Einen Moment überlegte die Wissenschaftlerin, kurz beim Empfang anzurufen und die Leute dort vorzuwarnen, ließ es dann aber doch. Der Kerl da unten würde durch das Fenster schon selbst sehen, was da kam, und wenn er es nicht sah, selber schuld - der hatte sie vorhin angeschaut, als sei sie der letzte Idiot, um den war es nicht schade. Statt dessen wagte sie es, langsam in der Deckung durch das Feuerwehrauto auf das geduckte Bunkergebäude zuzurollen, wo die Monstren eben herausgekommen waren. Vielleicht hatte sie Glück und das waren alle gewesen. Und vielleicht gab es Überlebende...
Nach einem weiteren schnellen Blick steuerte sie ihren Rollstuhl eilig in Richtung des Eingangs. Die Sicherheitsschleuse stand vollends offen, wahrscheinlich um eine schnelle Evakuierung im Brandfall zu ermöglichen - hier allerdings hatte sich das als fatal erwiesen: Der ganze Eingangsbereich sah aus wie ein geschmackloses abstraktes Kunstwerk; zerschmetterte Leichname von Wachen und Feuerwehrleuten lagen verkrümmt auf dem Boden, und lange Blutspritzer bedeckten die Wände. Direkt hinter der zweiten Schleusentür war ironischerweise alles noch sauber und vollkommen unbeschädigt, als hätte sich jemand dazu entschlossen, das kalte gekachelte Innere der Anlage mit dem Massaker davor in Kontrast zu setzen.

Sakura fuhr tiefer in den Bereich hinein - und hielt frustriert an, als sich eine Treppe an den Gang anschloß. Na fantastisch - hatte denn hier mal wieder keiner der Architekten mitgedacht, als es darum ging, die Anlage behindertengerecht zu machen? Doch dann sah sie das Rollstuhlsymbol unter dem Schalter an der Wand, und auf einen leichten Druck hin hoben sich die Treppenstufen sanft an, bis sie eine Ebene bildeten. Die Wissenschaftlerin lenkte ihren Rollstuhl darauf, wartete einige Sekunden, und dann ging die Fahrt abwärts. Dahin war also das ganze Entwicklungsgeld geflossen...
Ein Stück weiter sah Sakura wieder Spuren der Verwüstung: Eine Tür am Ende des Ganges war aus den Angeln gerissen und hing schief an der Seite, und dahinter folgte offenbar ein größerer Aufenthaltsraum. Die Wissenschaftlerin mußte nur einen kurzen Blick hinein werfen, um zu sehen, daß hier niemand mehr war; statt dessen ging es durch eine kleinere, ebenfalls zertrümmerte Tür an der Seite tiefer ins Innere des Traktes.

Sakura rollte eher ziellos weiter durch die Gänge. Bis auf die Beschilderung sah hier unten alles irgendwie gleich aus, kalt und deprimerend. Kein Vergleich zu den großartigen Anlagen oben, die man für die Athleten aus der ganzen Welt errichtet hatte, hier unten war nichts darauf eingerichtet, sich dauerhaft hier aufzuhalten. Nur geflieste Gänge, Neonröhren und gelegentlich Türen, die aber allesamt entweder vollkommen zertrümmert waren oder aber in den Angeln hingen.
Die Wissenschaftlerin wollte schon wieder aufgeben, als sie am Ende eines der vielen Gänge, den sie durchquerte, eine Tür sah, die noch intakt schien. Es war ein großes doppelflügliges Portal, und es zeigte deutliche Spuren von "Bearbeitung" durch die Monstren. Die Farbe war abgeplatzt und es hatte unzählige Dellen. Das Türschloß in der Mitte schien aufgebrochen, die Flügel waren aber weiterhin verschlossen. Offensichtlich hatten sich die bleichen Kolosse auch hier versucht, waren aber nicht durchgebrochen. Ob jemand das alles von innen verrammelt hatte?

Interessiert rollte Sakura zur Tür und drückte probehalber dagegen. Die Flügel ließen sich einige Zentimeter weit eindrücken, schwangen aber sofort wieder zurück, als sie den Druck wegnahm. Ja, dahinter stand irgend etwas, das die Tür verschlossen hielt. "Hallo", rief die Wissenschaftlerin, "ist da noch jemand?"
"Ja!", kam sofort eine weibliche Stimme zurück. "Machen Sie, daß sie hier rauskommen, schnell! Hier unten ist etwas Entsetzliches passiert!"
"Ich weiß", gab Sakura zur Antwort. "Diese riesenhaften Monster, richtig? Die sind fort. Los, kommen Sie raus!"

Einen Moment lang herrschte Schweigen. Dann meldete sich die Stimme wieder. "Ich... äh... gehen Sie schon mal vor. Ich komme nach."
Die Wissenschaftlerin stutzte. "Wollen Sie denn gar nicht gerettet werden?"
"Na ja, eigentlich schon..."
"Hören Sie mal." Sakura bemühte sich, ihrer Stimme einen ernsten und seriösen Klang zu geben. "Ich schlage vor, Sie machen erst mal die Tür auf und wir reden drinnen weiter. Ich komme mir etwas seltsam vor, durch eine verbarrikadierte Tür hindurch mit jemandem zu sprechen."
Wieder eine der seltsamen Pausen. "Das ist keine so gute Idee", kam dann von drinnen die Antwort.
"Warum denn nicht, um Himmels Willen?"
"Hier drinnen sieht es ziemlich wüst aus."
Die Wissenschaftlerin verdrehte die Augen. "Hier draußen ist es auch nicht besser", gab sie zurück. "Keine Sorge, es gehört eine ganze Menge dazu, daß ich schockiert bin. Normalerweise sagen die Leute mir nach, daß ich sie schockiere."
Eine weitere kurze Pause. Dann: "Sakura-chan... bist du das?!"

Sakura stutzte verblüfft. "Was zum... Tsukune-chan?!"
"Ach du meine..." Von innen war ein leichtes Rumpeln zu hören. "Momentchen... So, jetzt komm rein."
Die Wissenschaftlerin schob die Flügeltüren auf - und erstarrte. Vom Raum vor ihr sah sie im ersten Moment nichts als zwei gewaltige, fleischfarbene Kugeln, jede mindestens zwei Meter im Durchmesser, an deren Enden sich je ein rosiger, kreisrunder Fleck mit einem hervorstehenden Zipfel befand. Die beiden Kugeln bewegten sich langsam von der Tür zurück, wobei sie über den Boden schleiften und dabei wie übergroße Gummibälle leicht auf und ab sprangen.
Selbst Sakura, die Tsukune kannte, brauchte einige Sekunden, um die Situation zu erfassen. "Ach du liebe Güte - deine Brüste sind ja riesig!" keuchte sie. "So groß kannst du werden?"
"Ging leider nicht anders", kam hinter dem unglaublich angeschwollenen Busen die Stimme der Trainerin hervor. "Ich mußte diese mutierten Monster doch irgendwie hier draußen halten. Und das ist nun mal der beste Weg."

Die Wissenschaftlerin grinste schelmisch. "Wenn ich auf so eine Idee gekommen wäre", sagte sie, "hättest du mir wieder eine Szene wegen meinen schmutzigen Gedanken gemacht. Na ja, Schwamm drüber - im Moment ist vorne alles ruhig. Wenn wir uns beeilen, kommen wir hier raus, ehe die Monster zurück sind."
"Meine Schwimmerinnen sind noch hier unten", gab Tsukune zurück, "weiter hinten in dieser Richtung."
"Hier unten?" Sakuras Miene wurde schlagartig ernst. "Dann fürchte ich, sie werden keine großen Chancen gehabt haben. Hier unten waren gleich sieben von den Monstern."
"Doch, die hatten sie", widersprach Tsukune. "Takashi war bei ihnen, und außerdem hab ich ihnen gesagt, sie sollen die Brandschutztüren hinter sich zumachen."

"Guter Gedanke", lobte sie Sakura, "dann könnten sie wirklich noch am Leben sein. Schauen wir gleich nach. Los, krieg deine Brüste wieder ein und wir sehen zusammen nach."
Tsukune schwieg einen Moment. "Geht leider nicht", gab sie dann leise zurück. "Sie sind so groß, daß ich meine Nippel nicht mehr erreiche."
Auch Sakura schwieg einen Moment verdutzt, dann platzte ein albernes Kichern aus ihr heraus. "Oh je", lachte sie, "hatte ich ja schon fast wieder vergessen. Du brauchst ja ein wenig Stimulation da vorne. Soll ich dir helfen?" Sie rollte näher heran und strich neckisch mit einem Finger über die linke der überdimensionalen Brustwarzen.
"Ieks!" Tsukune kiekste auf, und ihr gewaltiger Busen zuckte. "Na... na gut, aber ma... mach schnell!"
"Dein Wunsch ist mir Befehl", schmunzelte die Wissenschaftlerin, und ohne weiteres Zögern umfaßte sie mit der Hand die Spitze von Tsukunes riesig angeschwollener Knospe, nahm sie in den Mund und begann, schmatzend daran zu lutschen.

Mit leisem Stöhnen erschauderte Tsukune, und ihr ganzer Körper begann zu beben. Sakura und sie hatten als junge Mädchen eine Menge Geheimnisse geteilt, und sie waren sich körperlich einige Male nahe gewesen. Aber seit Jahren schon war Tsukune mit dem liebevollsten und zärtlichsten Mann verheiratet, den sie sich vorstellen konnte, und die Erinnerung an die Liebesspiele mit ihrer alten Freundin war fast schon verblaßt. Jetzt kam sie unter der zärtlichen Berührung eines warmen Mundes wieder zurück.
Schon sehr bald kam zu dem Gefühl der weichen Lippen auf ihrer Haut das angenehme Prickeln von Sakuras Kräften hinzu. Durch ihre Fingerspitzen ließ sie ihre eigene Erregung in die rosige Knospe von Tsukunes Brust fließen, und schnell begannen die wogenden Massen kleiner zu werden, wie sie das immer taten, wenn jemand die Spitzen liebkoste. Zu ihrer gewissen Erleichterung schrumpften beide Brüste fast gleichzeitig zusammen; die rechte folgte der linken nur ein ganz klein wenig später.

Während der ganzen Zärtlichkeiten näherte sich Sakura in ihrem Rollstuhl Tsukune mehr und mehr. Etwa auf halbem Wege begann sie, zwischen den beiden Brüsten abzuwechseln und mit ihrer Zunge zärtlich mal die eine, mal die andere Knospe zu umspielen. Eigentlich war die Situation viel zu ernst, als daß ihr das alles hätte Spaß machen dürfen, aber das hatte sie noch nie besonders gestört. Auch für sie war es sehr erregend, nach so langer Zeit ein wenig mit ihrer alten Freundin schmusen zu können, und die wenigen Minuten, die die beiden hier hatten, genoß sie ganz besonders.
Schließlich konnte sie spüren, wie Tsukunes immer noch großer und voller Busen in ihren Händen weich und geschmeidig wurde, ein sicheres Zeichen, daß sie wieder ihre ursprüngliche Form erlangt hatte. Mit einem Lächeln gab sie ihr noch einen leichten Kuß auf jede der Knospen, dann ließ sie sie gehen. "So, können wir jetzt nachschauen?"

"Sofort." Tsukune, ihr Gesicht immer noch mit roten Wangen, beugte sich hinab und hob ihre Bluse auf, die sie vorsorglich vor ihrem 'Wachstum' ausgezogen hatte. "Meine Mädels sind in der zentralen Notfallkontrolle, da hinten. Das ist ein neuer Sektor." Sie schlupfte in das Oberteil und knöpfte es hastig zu.
Sakura war inzwischen durch den Raum gerollt und hatte die Flügeltür am anderen Ende geöffnet. "Ich glaube", sagte sie, "so leicht kommen wir aber nicht zu ihnen. Die Brandschutztüren sind immer noch zu."
Die Trainerin sah sich um. "Die Monster sind weg, sagtest du? Dann können wir ja da anrufen und ihnen Bescheid sagen, daß sie rauskommen können."
"Die Monster waren zumindest eben noch weg", gab Sakura zurück, "aber wir müssen erst nachschauen, ob sie das noch sind." Sie stockte. "Aber ruf trotzdem gleich mal an. Es gibt da etwas, das sie wissen sollten."
"Ja? Und das wäre?"
"Ich glaube, ich weiß, wo die Monster herkommen... und ich habe eine Idee, wie man sie bekämpfen kann."
 

Taleweaver

Scriptor
Kapitel 8

Fassungslos starrten Tomoe, Takashi und die japanischen Nationalschwimmerinnen auf Akari, die langsam wieder ihre ursprüngliche Gestalt annahm. Ihre Muskeln sanken in sich zusammen, als hätte man die Luft aus ihnen herausgelassen, und ihr kantig wirkender Körperbau wurde wieder weich und weiblich. Die Blässe schwand zum größten Teil von ihrer Haut und nahm wieder eine normale, wenn auch noch leicht ungesunde Farbe an. Ihr Atem ging stoßweise, aber sie war ganz offensichtlich nicht bei Bewußtsein.
"Ich glaub ich spinne", murmelte Mika, und sie trat zusammen mit ihren Kameradinnen auf Akari zu. "Wieso wird sie denn wieder normal? Was habt ihr mit ihr gemacht?"
"An sich gar nicht", gab Takashi zurück. "Ich hab ihr nur eins mit dem Elektroschocker verpaßt. Und ich hab noch nie von einem Virus gehört, der durch Elektrizität abgetötet wird."

"Ist doch egal, wieso es klappt", sagte Tomoe trocken, "die Hauptsache ist doch, es funktioniert überhaupt. Wenn Strom gegen diese Riesen immer so gut wirkt, dann haben wir schon mal eine große Sorge weniger. Ist da hinten noch einer von diesen Elektrostöcken?"
Takashi grinste. "Noch neunzehn. Wir haben hier unten eine ganze Kiste voll davon."
"Na prima." Die junge Frau lächelte, dann hellte sich ihre Miene noch ein ganzes Stück auf. "Hey, vielleicht ist das sogar unsere Lösung für den Kampf gegen Kim Tae Hyun."
"Du meinst...?"
Tomoe nickte heftig. "Der Kerl ist doch sowieso zur Hälfte eine Maschine. So ein Stromstoß sollte ihm gehörig die Elektronik rösten."
Auch das Gesicht des Studenten hellte sich auf. "Klar - zu einer solchen Steuermechanik gehören auf jeden Fall auch Mikroprozessoren. Ohne die sollte..."

In diesem Moment hallte plötzlich laute Rockmusik durch den Raum, mehrere E-Gitarren mit Schlagzeugunterstützung, und als alle erschrocken herumfuhren, zog Shinobu ihr Handy aus der Tasche ihrer Trainingsjacke, klappte es auf, und die Musik verstummte. "Ja?"
Etwas fassungslos standen die anderen noch um sie herum - hier unten sollte sie gar keinen Empfang haben - doch die Verwirrung wich schnell Erleichterung, als Shinobu zu strahlen begann. "Danryoku-sensei!"
"Gib mir das!" platzte Takashi heraus und riß der Schwimmerin das Handy aus der Hand, um es sich selbst ans Ohr zu pressen. "Danryoku-san - ist bei Ihnen alles in Ordnung?"
"Bist du das, Takashi?" drang Tsukunes Stimme an sein Ohr. "Schön dich zu hören. Und ja, mir geht es gut. Wie ist es bei euch?"
Der Student schluckte. "Danryoku-san, ich habe eine äußerst wichtige Information für Sie. Sie müssen das unbedingt schnell weitergeben. Die Monster..."

"Gib mir das", hörte Takashi in diesem Moment eine andere Stimme leise aus dem Hörer, es gab ein kurzes Knacken, und danach erklang die andere Stimme lauter. "Takashi, hier ist Sakura Koufun. Kannst du mich verstehen?"
"Laut und deutlich", gab der Student zurück. "Hören Sie, Koufun-sensei, diese Monster..."
"Hör du erst mir zu", unterbrach Sakura ihn etwas ungehalten. "Ich habe herausgefunden, was die Mutationen hier im Olympischen Dorf verursacht. Im Blut der Opfer befinden sich Nanomaschinen - das sind winzig kleine Roboter, die die Fähigkeit haben, sich selbst zu reproduzieren. Diese Maschinen vermehren sich erst explosionsartig, indem sie die T-Helferzellen im menschlichen Blut fressen - das gibt schwache Krankheitssyndrome - und setzen sich dann direkt ins Rückenmark, wo sie im vegetativen Nervensystem eine totale Überlastung verursachen. Ein befallener Körper wird quasi vollkommen überdreht und besteht nur noch aus grundlegendsten Überlebensinstinkten. Zugleich setzen sich andere der Nanomaschinen ins Muskelgewebe und verstärken es; das ist als ob der Körper einen Hilfsmotor bekäme. Ich habe bisher zwar nur eine Theorie, was man gegen diese Nanomaschinen tun kann, aber..."

Takashi war mit seiner Geduld endgültig am Ende. "Elektrizität, Koufun-san", brüllte er in das Telefon. "Ein genügend starker Stromstoß macht sie kaputt."
Einen Moment herrschte verblüfftes Schweigen in der Leitung. "Na gut, das könnte auch klappen", meldete sich dann Sakuras Stimme wieder, "aber dazu wären wahrscheinlich verschiedene Experimente..."
"Es hat schon geklappt", unterbrach der Student sie abermals. "Eine der Schwimmerinnen, Akari, hat auch diese Monsterkrankheit erwischt, aber wir haben ihr einen Schock mit einem Elektroschlagstock verpaßt, und dabei wurde sie plötzlich wieder normal. Sie hat sich komplett zurückverwandelt. Strom wirkt."
"Ihr hattet direkt bei euch einen Fall?" Ihrer Stimme nach zu urteilen war Sakura entsetzt. "Um Himmels Willen - ist noch jemand verletzt?"
"Nichts ernsthaftes", antwortete Takashi. "Tomoe konnte Akari lange genug festhalten, daß ich den Schlagstock..."
"Tomoe ist bei dir?! Ach du Schande! Ihr habt doch hoffentlich noch nichts unüberlegtes getan?"

Der Student verdrehte die Augen - Professor Koufun ging offenbar gerne davon aus, daß andere Leute in bestimmten Situationen genau wie sie selbst handeln würden. "Das tut doch jetzt nichts zur Sache", sprach er ärgerlich ins Telefon. "Sie müssen den anderen schnell sagen, wie sie die mutierten Leute heilen können."
"Tsukune-san besteht leider darauf, daß wir euch zuerst hier unten rausholen", kam Sakuras Antwort. "Mach die Türen auf, dann kommen wir schnell zu euch."
"Geht nicht", sagte Takashi. "Zwischen Ihnen und uns steht die Person, die wahrscheinlich diese Nanomaschinen hier eingeschleppt hat - ein Koreaner namen Kim Tee Yung, oder so ähnlich. Der ist mordsgefährlich. Tomoe und ich müssen uns erst um ihn kümmern."
Sakura schien nicht überzeugt. "Aber ihr..."
"Sorgen Sie dafür, daß die Leute draußen von der Schwäche dieser Monster erfahren", wiederholte der Student nochmals. "Und machen sie schnell, ehe noch mehr Leute deswegen sterben müssen."
"Aber ihr da drunten..."
"Wir kommen schon zurecht!"

Wütend schaltete Takashi das Handy aus und drückte es Shinobu in die Hand. "Niowase-kun?"
"Ja?" Tomoe sah ihn erwartungsvoll an.
"Schnapp dir einen Schlagstock. Wir kümmern uns um den Koreaner."

---

"Ts - aufgelegt."
Schulterzuckend reichte Sakura das Handy an Tsukune zurück, die sie erwartungsvoll ansah. Erst, als die Wissenschaftlerin gar keine Anstalten machte, irgend etwas zu erklären, verlor ihre Freundin die Geduld. "Was ist nun mit ihnen da drüben?"
"Takashi meint, sie kämen zurecht", gab Sakura trocken zurück. "Und wir sollen den Leuten im Olympischen Dorf schon mal sagen, wie sie die Monster bekämpfen können?"
"Was?!" Tsukune riß die Augen auf. "Und wie?"
"Elektrizität." Die Wissenschaftlerin lächelte leicht. "Takashi hat eins der Monster mit einem Elektroschlagstock getroffen, und es hat sich in einen Menschen zurückverwandelt." Sie stutzte. "Auch wenn ich mich frage, woher er einen Elektroschlagstock hatte."
Tsukune verschränkte nachdenklich die Arme. "Alle Wachen hier im Olympischen Dorf tragen welche", sagte sie. "Vielleicht hat er einer Wache einen abgenommen."

Sakura nickte erfreut. "Das wird es sein. Und außerdem erleichtert das vieles. Dann müssen wir ja wirklich nur bekannt geben, daß die Schockstäbe gegen die Monster besser wirken als Schußwaffen. Los, beeilen wir uns."
"Und meine Mädels?" beharrte die Trainerin. "Ich will sie hier nicht zurücklassen."
"Da kümmert sich Takashi drum", beruhigte Sakura sie - kein Grund, jetzt noch Panik zu machen. "Außerdem brauch ich dich bei mir. Ich kenn mich im Olympischen Dorf nicht gut genug aus, um zu wissen, wie man schnell möglichst viele Leute informiert."
Einen Moment stand Tsukune noch unentschlossen da, dann nickte sie. "Na gut. Beeilen wir uns. Je eher wir das erledigt haben, um so eher kommen meine Mädels hier raus."
Sie marschierte zielstrebig in Richtung Ausgang, gefolgt von Sakura, die in ihrem Rollstuhl hinterherfuhr. Zur gewissen Erleichterung der Wissenschaftlerin schien sie einen anderen Ausgang zu kennen als den, durch den sie selbst gekommen war, denn sie ging recht zielstrebig durch die Gänge, und wenn die Mutationen hier durchgekommen waren, dann hatten sie dort zumindest keine größeren Schäden angerichtet. Nach gut zwei Minuten ging es über eine Hebeplattform von der selben Bauart wie der, die Sakura beim Hinweg hatte passieren müssen, dann waren sie auch schon an einer Sicherheitsschleuse angelangt. Tsukune zog ihre Karte durch den Leser, die erste Tür öffnete sich, beide passierten sie, die Schleusentür schloß sich wieder, und dann öffnete sich der Ausgang.

Die beiden Frauen sahen im selben Moment, daß sie zumindest hier zu spät kamen. Der große Raum, der sich anschloß, gehörte zur Sportlermensa des Olympischen Dorfes, und allem Anschein nach war es auch hier zu heftigen Kämpfen gekommen. Die Leichname von uniformierten Wachen lagen zerschmettert und mit abgerissenen Körperteilen überall im Saal verteilt; drei tote Monstrositäten, von Kugeln förmlich durchsiebt, hatten sich im Mobiliar verkeilt. Es herrschte eine gespenstische Stille, und nur ganz leise in weiter Entfernung klang das Geräusch von Schüssen herüber.
"Was für ein Massaker", fand Tsukune als erste ihre Sprache wieder und atmete tief durch. "Es muß an mehreren Orten gleichzeitig mit diesen Mutationen losgegangen sein. Weiß der Himmel, wie viele Monster jetzt unterwegs sind."
"Wenn wir uns beeilen", drängte Sakura, "können wir vielleicht noch Schlimmeres verhindern. Wie können wir schnell eine Nachricht im ganzen Olympischen Dorf verbreiten?"

Die Trainerin überlegte kurz. "Eigentlich wollte ich in die Verwaltung", sagte sie, "und dort die Lautsprecheranlage benutzen. Aber auf dem Gelände gibt's doch überall Fernseher, und das Medienzentrum ist direkt über uns hier im Gebäude. Ich glaube, von da aus kann man Fernsehübertragungen machen."
Sakura nickte. "Dann los!"
"Moment noch." Tsukune trat auf einen der Leichname zu. "Diese Elektroschlagstöcke sind doch gegen die Monster wirksam, sagtest du?" Sie bückte sich und nahm dem Toten einen der Schockstäbe ab. "Die Wachen hier haben ihre noch."
"Gute Idee." Die Wissenschafterin tat es ihr gleich. "Ich hoffe, wir werden die Zeit haben, sie einzusetzen."
Tsukune ging zum nächsten Aufzug und drückte den Rufknopf. "Ich hoffe, wir werden sie erst gar nicht brauchen", gab sie zurück. Dann ertönte eine Glocke, und der Lift war da.

Mit fast grimmigem Schweigen fuhren die beiden Frauen bis ins Obergeschoß, wo sich die Türen in einen Gang öffnete. Tsukune, die sich hier auskannte, übernahm wieder die Führung und steuerte auf das hintere Ende zu, wo das Medienzentrum lag. Ihre Sicherheitskarte öffnete die Tür, und gefolgt von Sakura in ihrem Rollstuhl trat sie ein.
Und blieb überrascht stehen.
"Okito-san?"

Hinten im Raum drehte sich, ebenfalls überrascht, der Verbindungsmann des japanischen Nationalen Olympischen Kommittees um. "Danryoku-san vom Schwimmteam, wenn ich mich recht erinnere? Das ist mal eine Überraschung. Hier ist geschlossen; was führt sie hierher? Und wer ist ihre Begleiterin?"
"Professor Sakura Koufun, Seuchenschutz", stellte sich die Wissenschaftlerin selbst vor. "Wir hatten heute früh einen Termin, zu dem sie nur einen Stellvertreter geschickt haben. Macht aber nichts; ich kam auch so zurecht."
"Okito-san", fuhr Tsukune fort und trat auf den Offiziellen zu, "wir haben einen Notfall hier im Olympischen Dorf."
Der ältere Mann schien verwundert. "Ein Notfall?"
Die Trainerin nickte ernst. "Jemand hat eine Substanz freigesetzt, die Menschen zu Monstern mutieren läßt", erklärte sie. "Es gibt schon viele Tote unter den Wachleuten."
"Menschen zu Monstern?" Okito zog eine Augenbraue hoch. "Haben Sie getrunken?"

"Hat sie nicht", beantwortete Sakura die Frage, "und außerdem wissen Sie bereits von dem Phänomen. Tomoe Niowase hat Sie informiert, aber Sie haben ihr verboten, darüber zu reden. Zum Glück hat sie mir trotzdem Bescheid gesagt."
Der Offizielle hob abwehrend die Hände. "Aber da ging es nur um einen Einzelfall", verteidigte er sich und wandte sich an Tsukune. "Und außerdem war von Medikamentenmißbrauch die Rede, nicht von 'Freisetzung einer Substanz'. Was ist denn überhaupt passiert - ein Terroranschlag?"
Tsukune ging kurzerhand an ihm vorbei und auf eins der Mischpulte zu. "Das ist doch jetzt alles nicht wichtig", sagte sie. "Wichtig ist, daß wir die Leute im Olympischen Dorf warnen."
"Moment!" Okito trat eilig auf sie zu. "Wenn Sie eine Massenpanik auslösen, dann kann das mehr Schaden anrichen als irgendeine 'Substanz'. Was haben Sie denn vor, den Leuten zu sagen?"
"Daß da draußen Gestalten herummarschieren, die aussehen wie durchgedrehte Bodybuilder", erklärte die Trainerin, "und daß die Wachleute sie nicht erschießen, sondern mit ihren Elektroschockern angreifen sollen. Stromschläge setzen sie außer Gefecht."

Dem Offiziellen fiel förmlich das Gesicht herunter. "Wie, Stromschläge setzen sie außer Gefecht?"
Tsukune nickte beiläufig, während sie das Mischpult in Betrieb nahm. "So ist es", sagte sie. "Und es verwandelt sie noch dazu in Menschen zurück. Wir müssen also niemanden töten, der sich in ein Monster verwandelt hat. Ich hoffe, die Wachmannschaft bekommt das auch geschlossen mit, wenn wir sie über die Fernseher..."
Weiter kam sie nicht, denn in diesem Moment stieß sie Okito zur Seite. "Gehen sie weg von dem Pult!" donnerte er.
"Was zum..." Tsukune stolperte, konnte sich aber gerade noch einmal auf den Beinen halten. "Hey, was soll das?"
"Sie machen alles kaputt", zischte der Verbindungsmann und zog unter seinem Jackett eine kurzläufige Pistole der Marke Walther hervor. "Los, da rüber!" Er gestikulierte in die hintere Ecke des Raumes.
Die Trainerin starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Waffe, und einen kurzen Moment zuckte ihre Hand in Richtung des Elektroschockers, den sie an ihrem Gürtel befestigt hatte, aber sie verwarf den Gedanken schnell wieder. Zu weit weg. Langsam ging sie, wie ihr geheißen, rückwärts. "Was wollen Sie?"

"Wissen Sie, wie lange wir das hier schon planen?" knurrte Okito wütend. "Drei Jahre. Drei verdammte Jahre! Wir mußten Beamte bestechen, Baupläne fälschen und den japanischen Geheimdienst überlisten. Und ich soll das alles von einer übereifrigen Frau verderben lassen?" Er hob die Pistole und zielte genau. "Das glauben Sie doch selbst ni..."
Diesmal wurde er in der Rede unterbrochen, und zwar vom Geräusch eines plötzlich aufheulenden Elektromotors in seinem Rücken. Er fuhr herum, und da sah er Sakura in ihrem Rollstuhl auf ihn zujagen. Zwar nur mit Tempo 30, aber was innerhalb geschlossener Ortschaften eine vollkommen akzeptable Geschwindigkeit darstellte, war innerhalb geschlossener Räume ein wahrer Affenzahn.
Noch ehe er die Waffe ausgerichtet hatte, krachte ihm die Wissenschaftlerin in die Beine. Okito wurde umgerissen und stürzte, wobei ihm die kleine Pistole aus der Hand fiel und über den Boden schlitterte. Mit einem wilden Tritt brachte er Sakuras Rollstuhl zum Kippen, dann sprang er vor, um seine Waffe in die Hände zu bekommen, ehe das Tsukune tat. Sein fast schon olympiareifer Satz war von Erfolg gekrönt - seine Finger schlossen sich um den Pistolengriff, und er fuhr herum...
...und das geladene Ende eines Elektroschlagstocks bohrte sich ihm in den Bauch.

Sofort begann der Offizielle unter dem Stromschock zu zucken, und die Walther fiel ihm abermals aus den Händen, als er seine Muskeln nicht mehr unter Kontrolle hatte. Gut drei Sekunden drückte Tsukune mit Schlagstock zu, dann zog sie ihn zurück, holte aus und benutzte ihn für seine zweite Funktion: als schlichten Knüppel. Ein kräftiger Hieb gegen Okitos Schläfe und der Mann fiel wie ein nasser Sack um und rührte sich nicht mehr.
"Bravo", kam es leise von der Seite, und als die Trainerin sich umsah, erblickte sie Sakura, die beim Sturz aus ihrem Rollstuhl gefallen war und nun am Boden lag. "Wenn du das noch ein paar Mal übst, wird aus dir eine richtig coole Actionheldin."
"Sakura-chan!" Tsukune erschrak und lief sofort zu ihrer Freundin. "Hast du dir was getan?"
Die Wissenschaftlerin grinste etwas gequält. "Keine Panik, querschnittsgelähmt war ich schon vorher", sagte sie. "Hilfst du mir zurück in mein Heldenmobil?"
"Klar doch." Tsukune stellte den Rollstuhl wieder aufrecht hin, dann hob sie Sakura vorsichtig hoch und setzte sie wieder hinein. "War übrigens auch eine klasse Aktion von dir eben. Danke."
"Hey, wofür sind Freunde denn sonst da?"

"Vielleicht, um einander beim Sterben Gesellschaft zu leisten", erklang in diesem Moment eine Stimme von der Eingangstür.

---

Mit einem kurzen Zischen entriegelte sich die Hydraulik der Brandschutztür, und sie glitt langsam auf. Zugleich spannten Takashi und Tomoe ihre Körper an, die Elektroschocker bereit, um sofort losschlagen zu können, wenn es nötig wurde.
Doch noch wurde es nicht nötig. Der Abschnitt, den die beiden jetzt betraten, war leer, genau wie die drei Teilabschnitte, die sie zuvor passiert hatten. Takashi entspannte sich wieder und hob sein Handy ans Ohr. "Noch nichts, Shinobu", sagte er. "Wir gehen jetzt zur nächsten Tür."
"Ist recht."
Tomoe preßte nervös die Lippen zusammen. "Wir müssen auf alles gefaßt sein", sagte sie. "Ich glaube nicht, daß mir Kim Tae Hyun schon alle Tricks gezeigt hat, die er draufhat. Es kann alles in der ersten Sekunde vorbei sein, in der wir auf ihn treffen."
Beruhigend legte Takashi ihr eine Hand auf die Schulter. "Wir sind zu zweit, und er ist nur einer", sagte er. "Und egal, wie stark und wie gut er ist, zusammen schaffen wir ihn."

"So sicher wäre ich mir da nicht", murmelte Tomoe, beließ es aber dabei. Obwohl sie ihre eigenen Wunden ständig daran erinnerten, wie gefährlich der Ringer als Gegner war, war es wahrscheinlich unklug, Takashi übermäßig zu verunsichern. Er hatte nur seine natürlichen Reflexe und Talente für den bevorstehenden Kampf, und wenn er sich selbst nicht vertraute, stand er sich vielleicht selbst im Weg. Und das hätte die - in den Augen der Volleyballerin - ohnehin geringen Chancen noch mehr verschlechtert.
Allmählich näherten sich die beiden der nächsten Brandschutztür. Takashi hob das Handy wieder ans Ohr. "Wir sind soweit", sagte er. "Macht die nächste Tür auf."
"Ist recht."
Ein weiteres Zischen; die nächste Brandschutztür öffnete sich, und die beiden Freunde machten sich kampfbereit. Auf den ersten Blick zeigte sich auch dieses Mal keine Gefahr, doch auf den zweiten...

Tomoes Arm schnellte vor, und sie deutete auf ein großes, eckiges Loch in der Wand. "Das hier ist es!" rief sie. "Hier bin ich in den Heizungsschacht eingestiegen. Er muß hinter der nächsten Tür sein!"
"Gut zu wissen." Takashi nahm das Handy wieder hoch. "Mach gleich die nächste Tür auf, Shinobu. Wir haben ihn!"
"I... ist recht."
Zischend glitt auch die nächste Brandschutztür auf; Tomoe und Takashi spurteten los, die Elektroschocker kampfbereit, und als sie schon durch die Lücke stürmen wollten, sobald sie groß genug war...
"L...leer?!"
Die beiden blieben verdutzt stehen, und erst nach einigen Sekunden sah Tomoe, warum Kim Tae Hyun nicht mehr hier war: In einer der Wände befand sich ein eckiges Loch, das demjenigen verdächtig ähnlich sah, durch das auch sie selbst entkommen war.

"Er ist in die Heizungsschächte", rief die Volleyballerin und deutete auf den offenen Zugang. "Die verbinden den gesamten Trakt. Inzwischen könnte er sonstwo sein!"

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'Sonstwo' befand sich in diesem Moment mehrere Meter oberhalb von Takashi und Tomoe, genauer gesagt im Türdurchgang des Medienzentrums des Olympischen Dorfes, wo Kim Tae Hyun mit finsterer Miene das Chaos musterte, das hier oben ausgebrochen war. Sakuras Rollstuhl hatte bei seiner rasanten Fahrt das Mobiliar gehörig umarrangiert. "Wie ich sehe, haben Sie beide den armen Okito überwältigt.", sagte er. "Ich nehme an, er hat ein bißchen zu viel geredet, richtig?"
Sakura war geistesgegenwärtig genug, um den Faden aufzunehmen. "Ganz genau", stimmte sie zu, "er hat uns alles über Ihre finsteren Pläne erzählt. Bestechung, Fälschung, ein Spiel mit dem Geheimdienst - da kommt ganz schön was zusammen. Sie müssen Kim Tee Yung sein, nicht wahr?"
"Der Name spricht sich 'Tae Hyun'", gab der Ringer mit zunehmend schlechter werdender Laune zurück, "ansonsten ist es aber korrekt. Was wissen Sie über unsere Pläne?"
"Alles", prahlte Sakura. "Vor allem aber - und das ist das Wichtigste - wissen wir schon, wie wir sie verhindern können. Und - wir haben die entscheidenden Stellen darüber informiert. Okito-san hat versucht, uns aufzuhalten. Sie sehen ja, was aus ihm geworden ist. Also, geben Sie besser auf."

Kim Tae Hyuns einzige Reaktion war, einen Schritt in den Raum zu treten. "Das werde ich nicht", sagte er. "Statt dessen werden Sie mir jetzt im Detail sagen, was Sie bereits unternommen haben, und dann entscheide ich, was ich mit ihnen tue."
"Große Worte für einen unbewaffneten Mann", sagte Tsukune, bückte sich und kam mit Okitos Pistole in der Hand wieder hoch. "Ich bin zwar nicht besonders gut damit, aber auf diese Entfernung werde ich bestimmt nicht daneben schießen. Ich glaube, derjenige, der hier redet, sind Sie."
"Dann schießen Sie doch", gab der Koreaner trocken zurück und begann, auf die beiden Frauen zuzulaufen. "Ich glaube nämlich nicht, daß Sie schon einmal einen Menschen getötet haben. Das ist nicht so leicht, wie man sich das vorstellt."
Tsukune hob die Pistole mit beiden Händen an und zielte. "Sie haben keine Ahnung", sagte sie erschreckend kalt, "was ich in meinem Leben schon durchgemacht habe. Auf mich wurde eingeschlagen, geschossen, man hat mich vergewaltigt, versucht zu erwürgen und in einem Teufelsritual zu opfern. Ich habe Menschen auf grausamere Art sterben sehen, als Sie sich das überhaupt vorstellen können. Und wenn ich daran denke, was Sie mit den armen Leuten angestellt haben, die zu Monstern mutiert sind - glauben Sie mir, dann brauche ich schon sehr gute Gründe, Sie nicht zu erschießen."
Der Koreaner hatte während der Rede kurz innegehalten, doch nun schritt er weiter auf sie zu. "Nur zu", wiederholte er. "Versuchen Sie es. Sie werden überrascht sein, wie schwer..."

Der Knall der kleinen Pistole unterbrach ihn bei seinen Worten, als Tsukune aus drei Metern Entfernung abdrückte, und Kim Tae Hyuns Kopf wurde von der Wucht der Kugel zurückgerissen, die ihn an der linken Stirnseite traf. Einen Moment stand er bewegungslos da, dann senkte er den Kopf langsam wieder, und zum Entsetzen der beiden Frauen blickte er sie nahezu unbeeindruckt an. Da, wo ihn das Geschoß getroffen hatte, war keineswegs ein Loch in seinem Kopf; nur die Haut war aufgerissen, ein klein wenig Blut sickerte hervor, und darunter schimmerte es silbern-metallisch.
"Ich sagte doch, ich bin nicht so leicht zu töten", sagte er mit erschreckend kalter Stimme und fuhr seine Fingerklingen aus.

"Habs verstanden!" Eilig ließ Tsukune die Pistole fallen und trat einige Schritte zurück. "Äh - war nicht so gemeint. Sie... sie ist mir einfach so losgegangen. Ich wollte gar nicht abdrücken, wissen Sie? Diese kleinen Dinger haben so einen sensiblen Abzug..."
"Seien Sie still und hören sie mir zu", schnitt ihr Kim Tae Hyun das Wort ab. "Ich vermute, Ihnen ist inzwischen klar, daß Sie es hier nicht mit irgendwem zu tun haben. Meine Zeit ist knapp, und im Moment möchte ich sie nicht mit unnötigen Dingen verschwenden. Wenn Sie jetzt unkooperativ sind, gehe ich davon aus, daß ich durch ein Verhör zu viel Zeit verliere und töte Sie beide. Wenn Sie mir Antworten geben, die mir weiterhelfen, werde ich Sie beide nicht töten. Haben Sie das verstanden?"
Sakura und Tsukune nickten hastig. "Was können wir Ihnen sagen?" fragte die Wissenschaftlerin.
"Wer weiß alles von dem Plan?"

"Niemand außer uns beiden", sagte Tsukune, wobei sie wohlweislich Tomoe und Takashi verschwieg. "Wir kamen nicht mehr dazu, unser Wissen weiterzugeben. Okito-san hat uns zu lange aufgehalten."
"Gut." Der Koreaner nickte. "Sie sagten, Sie wissen, wie man den Plan aufhalten kann. War das auch gelogen?"
Sakura schüttelte den Kopf. "Nein, das war die Wahrheit", sagte sie. "Ihre Nanomaschinen, die sie hier im Dorf verbreiten, haben eine entscheidende Schwäche - Elektrizität. Ein genügend starker Elektroschock zerstört sie, und die Mutationen gehen wieder zurück."
Kim Tae Hyun stieß einige koreanische Worte hervor, die wahrscheinlich einen Fluch darstellten. "Ich verstehe", sagte er dann. "Meine letzte Frage: Wie sind Sie hinter den Plan gekommen?"
"Eine der Sportlerinnen hier im Dorf hat nach dem ersten Fall von Mutation das Seuchenschutzamt informiert", erklärte Sakura. "Ich arbeite für den Seuchenschutz, und bei der Untersuchung der Leiche habe ich Ihre Nanomaschinen gefunden. Da war klar, daß es sich hier um eine große Sache handeln mußte. Den Rest haben wir beide mit ein bißchen Detektivarbeit schnell ermittelt."

Wieder nickte der Koreaner. "Gut", sagte er, "dann gehen wir jetzt. Sie dort" - er deutete mit einem Messerfinger auf Tsukune - "begleiten mich. Ich brauche vielleicht eine Geisel."
"Einverstanden." Die Trainerin trat vorsichtig auf ihn zu. "Wohin gehen wir?"
"Wir treffen uns mit meinem Einsatzteam", war die Antwort, "ich werde Sie führen. Was ihre Detektivfreundin angeht, die würde uns mit ihrem Rollstuhl wahrscheinlich nur aufhalten, darum..."
Und mit einer beinahe lässigen Bewegung seines Armes schlug er zu und schnitt Sakura mit den Klingen an seiner Hand die Kehle auf.
"NEIN!" schrie Tsukune entsetzt und stürzte zu ihrer Freundin, der in einem dicken Schwall Blut aus dem Hals quoll. Sakuras Augen waren entsetzt aufgerissen, und ihr Mund öffnete sich, wahrscheinlich ebenfalls zu einem Schrei, doch der einzige Laut, der daraus hervordrang, war ein häßliches Blubbern. Verzweifelt versuchte Tsukune, die Wunde mit den Händen zuzudrücken, aber ohne Erfolg; zu kräftig spritzte das Blut aus der Halsschlagader, als daß sie es hätte stoppen können. Sakuras Hände klammerten sich an den Schultern der Trainerin fest, als würde sie Halt suchen; einen Moment lang blickte sie ihr direkt in die Augen - dann fiel ihr Körper vornüber, in Tsukunes Arme.

Inzwischen hatte Kim Tae Hyun eins seiner Fingermesser gelöst und dem immer noch bewußtlosen Okito in die Hand gelegt. Nun stand er auf, fuhr die Klingen wieder ein und zog Tsukune mit einem entschiedenen Griff von ihrer sterbenden Freundin weg. "Sie leidet schon nicht mehr", sagte er. "In zwei Minuten ist alles vorbei."
"SIE SCHWEIN!" brüllte Tsukune und hämmerte mit ihren blutverschmierten Händen auf den Oberkörper des Koreaners ein, wobei sie rote Flecken auf seinem Trikot hinterließ. "Warum haben Sie das getan? Sie haben versprochen, uns nicht zu töten..."
"Ich habe versprochen, Sie beide nicht zu töten", gab der Ringer zurück. "Von nur einer von Ihnen war nie die Rede."
Tsukune starrte ihn fassungslos an, während ihr die Tränen in die Augen stiegen. "Sie saß im Rollstuhl", sagte sie mit erstickter Stimme. "Sie hätte Ihnen nie etwas tun können."
Kim Tae Hyun schob sie unbeeindruckt vor sich her in Richtung Ausgang. "Sie hätte alles verraten können, ehe der Plan beendet ist."

"Der Plan..." Tsukune verdrängte gewaltsam die Gedanken an Sakura und hörte auf, sich zu wehren. "Es ist also noch etwas zu tun. Noch sind Sie hier nicht ganz fertig. Noch kann man Sie aufhalten."
"Theoretisch." Der Koreaner lächelte kurz. "Aber eigentlich kenne ich die Amerikaner zu gut, als daß sie sich noch aufhalten ließen."
Die Trainerin stutzte. "Die Amerikaner? Aber die würden doch nie im Leben mit Nordkorea zusammenarbeiten!"
Wieder ein seltsames Lächeln. "Sie wären überrascht, wie gut die Zusammenarbeit funktioniert, wenn die Amerikaner nicht wissen, daß sie uns helfen", sagte Kim Tae Hyun. "Aber genug geplaudert; wir haben noch ein Treffen vor uns."

'Das Team', dachte Tsukune. Er hatte also nicht alleine gehandelt; das war seit Okitos Beteiligung klar. Blieb die Frage: wer sonst gehörte noch zu der Verschwörung?

---

"Okay, wir sind am Ausgang. Macht alles wieder zu!"
"Ist recht!"

Die letzte Brandschutztür schloß sich langsam wieder hinter Takashi und Tomoe. Jetzt war alles wieder abgeriegelt; die Schwimmerinnen waren hier unten vorerst sicher. Durch eine der Sicherheitsschleusen traten die beiden Freunde ans Tageslicht. Es herrschte eine fast gespenstische Stille im Olympischen Dorf. Offenbar herrschte immer noch Sicherheitsalarm, und alle Leute waren noch in den Ebene-Drei-Bereichen.
"Und was nun weiter?" wollte Takashi wissen. "Kim Tae Hyun finden wir hier oben nicht, und wenn wir Pech haben, hat er den selben Weg wie du genommen und taucht bei der Schwimmannschaft wieder auf."
"Hat er sicher nicht", gab Tomoe zurück, "sonst hätte ich ihn hinter mir gehört. Wenn man sich in den Schächten fortbewegt, gibt das einen ganz schönen Krach. Und bei seiner Ausbildung glaube ich auch nicht, daß er sehr lange dort unten festsaß. Wahrscheinlich hat er sich nach oben durchgeschlagen. Aber das ist gar nicht der Punkt."
Takashi sah sie fragend an. "Sondern?"

Die Volleyballerin sah sich suchend um. "Wir müssen eine Möglichkeit finden, nach draußen zu melden, was hier passiert ist", sagte sie. "Wir brauchen Hilfe von außerhalb. Wenn wir ein Telefon oder so was hätten..."
"Niowase-kun?" Takashi hielt grinsend das Handy hoch. "Wie ist es damit?"
"Aber das funktioniert doch gar nicht in den Gä..." Sie stockte. "Oh, ich Trottel! Wir sind ja da unten schon lange draußen! Gib her!" Sie riß ihm das Telefon aus der Hand. "Ich hoffe, die Leute vom Notruf glauben mir, wenn ich ihnen das sage. Eins-eins-null. So."
Sie hatte eben das Handy ans Ohr gehoben, als vom Dach des Bunkervorbaus ein Schatten herabsprang und sie mit ungeheurer Gewalt in den Rücken trat.

Tomoe stürzte vornüber, und nur ihre guten Reflexe sorgten dafür, daß sie sich halbwegs unbeschadet auf dem harten Asphalt abrollen konnte. Das Handy fiel ihr allerdings aus der Hand und zerbrach. Takashi machte einen Satz zur Seite, der ihn davor bewahrte, von einem brutalen Schlag der fremden Person voll getroffen zu werden, und der Hieb streifte ihn nur noch an der Seite. Trotzdem reichte das aus, um ihn kurz aus dem Gleichgewicht zu bringen. "Was zum..."
"Wir können das langsam oder schnell machen", sagte die Angreiferin leise, aber bestimmt. "Langsam würde mir mehr Spaß machen."
"Kim Cho Minh", stieß Tomoe hervor, kaum daß sie wieder auf den Beinen war. "Nordkorea, Volleyballmannschaft. Was für eine unangenehme Überraschung." Sie zog den Elektroschocker aus ihrer Jacke.
Takashi tat es ihr gleich. "Wer ist das, Niowase-kun?"
"Offenbar die zweite koreanische Ratte heute."

"Gut geraten", lobte Kim Cho Minh sie spöttisch. "Mein Genosse hat mir alles über Sie durchgegeben, Tomoe Niowase. Genetische Mutation mit verstärkter Körperkraft und Schnelligkeit. Endlich mal eine Herausforderung. Sie haben ihn ganz schön geärgert, wissen Sie das? Hätten Sie ihn nicht aufgehalten, wäre er noch rechtzeitig vor dem Feueralarm an unserem geplanten Treffpunkt angekommen. Wegen Ihnen mußten wir umdisponieren."
Tomoe knirschte mit den Zähnen. "Und das werden sie noch mal müssen, wenn ich mit Ihnen fertig bin, Kim-san", sagte sie. "Aus ihrem Treffen heute wird nichts mehr."
Die Koreanerin lächelte ihr charmantestes Lächeln. "Sie überschätzen Ihre Fähigkeiten bei weitem", sagte sie. "Sie sind verletzt und kaum in der Lage zu einem guten Kampf."
"Schon", meldete sich Takashi zu Wort, "aber wir sind zu zweit", und damit sprang er auf Kim Cho Minh zu und stieß den Elektroschocker in ihre Richtung.

Er hatte gar nicht erwartet, zu treffen, und das tat er auch nicht, denn die Koreanerin drehte sich elegant zur Seite und blockte seinen Arm mit ihrem eigenen ab, um ihn mit einem lässigen Stoß wieder von sich zu schleudern. 'Lässig' reichte allerdings selbst für einen verletzten Takashi bei weitem nicht aus. Der Hieb in seinen Bauch, der ihn hätte zu Boden sinken lassen sollen, verpuffte größtenteils; der Japaner packte den Arm seiner Gegnerin und schleuderte sie mit aller Kraft über sich. Für den Bruchteil einer Sekunde war Kim Cho Minh verblüfft, doch noch ehe sie auf der anderen Seite Takashis ankam, hatte sie sich gedreht und landete elegant mit den Füßen zuerst, wobei sie sofort zurücksprang und sich so aus dem Griff befreite.
"Da ist ja noch jemand mit genetisch verstärkten Kräften!" bemerkte sie, und das Lächeln schwand aus ihrem Gesicht. "Jetzt wird es in der Tat interessant."
"Worauf Sie sich verlassen können", brüllte Tomoe, und nun sprang sie auf die Koreanerin los. Kim Cho Minh blockte ihren Tritt gekonnt ab, wich zurück, schlug einen Konter, dem die Japanerin gerade noch auswich, dann war Takashi heran und fegte seine Gegnerin mit einem Tritt in die Kniekehlen von den Beinen. Kim Cho Minh rollte sich sofort herum, doch eine Spur zu langsam, denn dann war Tomoe wieder bei ihr und stieß ihr den Elektroschocker fest in die Seite.
Ohne ersichtlichen Effekt.

"Mist!" fluchte Tomoe und brachte sich mit einem eiligen Sprung in Sicherheit, als das Bein der Koreanerin in ihre Richtung hochzuckte. Takashi wollte nachsetzen, doch diesmal erwischte ihn Kim Cho Minhs rechte Faust voll im Bauch, und er flog fünf Meter weit zurück, ehe er sich fangen konnte. Der Treffer hatte ihn etwas Luft gekostet, aber im Wesentlichen war er noch gut beisammen. Er duckte sich zu einem weiteren Sprung...
...als plötzlich ein kurzes Blitzen an der rechten Hand der Koreanerin zu sehen war, und im nächsten Moment spürte Takashi einen Stich in seinem linken Bein. Erstaunt sah er an sich herunter, und da steckte ein kleiner, metallener Pfeil in seiner Wade. Nur einen Herzschlag später war Takashis Bein taub, und er strauchelte und fiel auf sein Knie.
"Takashi!" Tomoe sah entsetzt zu ihm. "Was ist?"

"Nur ein Betäubungsmittel", beantwortete Kim Cho Minh die Frage und hob ihre linke Hand in Richtung der Japanerin. Tomoe erkannte gerade noch die Gefahr, und mit einer ansatzlosen Flugrolle seitwärts aus dem Stand wich sie dem zweiten Betäubungspfeil aus, der auf sie gezielt war.
Die Koreanerin verzog verärgert das Gesicht. "Sie sind wirklich eine unangenehme Gegnerin", murrte sie in Tomoes Richtung. "Das war mein letzter Pfeil. Jetzt muß ich Ihnen ja doch erst alle Knochen brechen, um sie zu töten."
"Nicht wenn ich es verhindern kann", kam es von Takashi, und Kim Cho Minh sah verblüfft zu, wie er sich aufrappelte und, ein Bein nachziehend, auf sie zukam. "Sie sind ja noch bei Bewußtsein", sagte sie. "Erstaunlich. Bei Ihrem Metabolismus scheint das Betäubungsmittel nur lokal zu wirken. Na ja - es reicht aus, daß sie mit dem Bein nicht kämpfen können."
"Das werden wir sehen." Takashi hob den Elektroschocker. "Los, greifen Sie mich an!"

"Eins nach dem anderen", grinste Kim Cho Minh, und mit diesen Worten sprang sie auf Tomoe zu. Mit einem gewaltigen Salto warf sich die Japanerin zur Seite, und ihr gelang ein Tritt in die Flanke ihrer Gegnerin, die dadurch gut vier Meter fortgeschleudert wurde. Sofort nutzte Tomoe die Gelegenheit und rannte zu Takashi. "Wir müssen hier weg! Kannst du rennen?"
"Im Moment kann ich gerade mal stehen", fluchte Takashi und sah an ihr vorbei. "Himmel - sie ist schon wieder auf den Beinen!"
Tomoe sah über ihre Schulter und nickte. "Also gut. Dann halt dich fest."
"Äh?"
"Tu's einfach!" fuhr die Japanerin ihren Freund an und legte seine Arme um ihre Schultern. Takashi tat, wie ihm geheißen, und ohne weiteres Zögern nahm Tomoe ihn huckepack und rannte los.

Schon nach den ersten Schritten war ihr klar, daß sie keine Chance hatte, einfach nur mit ihrer Geschwindigkeit zu entkommen. Sie mochte die schnelleren Beine haben als die koreanischen Halbmaschinen, aber mit einem Menschen auf dem Rücken konnte sie beim Laufen die Arme nicht einsetzen, und damit fehlte ihr zum höchsten Tempo das Gleichgewicht. Trotzdem hatte sie einen Plan, und für den mußte sie nur fünfzig Meter weit durchhalten.
Tomoe steuerte direkt auf eine der nahen Volleyball-Trainingshallen zu. Auch hier war kein Mensch zu sehen, aber es war keine Hilfe, nach der sie gesucht hatte, sondern ein Fluchtweg. Nur wenige Sekunden genügten ihr, um bis in die Nähe des Gebäudes zu gelangen, dann hielt sie abrupt an. Sie ging in die Knie, faßte Takashis Arme fest mit ihren Händen, und dann spannte sie ihren Körper aufs Äußerste an - und sprang!

Wenn es etwas gab, auf das Tomoe wirklich stolz war, dann war es ihre Sprungkraft. Sie hatte es zwar noch nie mit siebzig Kilo auf dem Rücken versucht, aber bei ihrem bisher besten Versuch war sie aus dem Stand fast achtzehn Meter senkrecht nach oben gekommen. Das hier war nur beinahe senkrecht, und sie war schwer belastet, aber es reichte trotzdem aus, um die zwölf Meter auf das Flachdach der Trainingshalle zu überbrücken. Sie landete mit einem schweren Aufschlag oben, warf Takashi reichlich unsanft von ihrem Rücken und drehte sich sofort zu ihrer Verfolgerin unten um.
Kim Cho Minh war indessen unten stehengeblieben und blickte hinauf. "Was ist los", höhnte sie, "keine Lust mehr zum Kämpfen?"
"Was ist los", höhnte Tomoe zurück, "sind die Titanknochen zu schwer zum Hochspringen?"
"Gut erraten", lobte die Koreanerin sie. "Aber das Manöver war unsinnig. Von dort oben gibt es nur einen Weg zurück: wieder über das Dach herunter, und da warte ich auf Sie." Sie lächelte kurz. "Und nicht alleine. Gehen Sie nicht weg; ich rufe rasch meinen Teampartner."

"Autsch", meldete sich in diesem Moment Takashi von hinten, und Tomoe sah sich zu ihm um. "Geht es dir gut?" wollte sie wissen.
"Größtenteils", gab der junge Mann zurück. "Ich hab mir eben den Kopf angestoßen, als du mich von deinem Rücken geschmissen hast, und ich kann mein Bein immer noch nicht spüren. Dieses Weib hat leider recht - ich kann so nicht kämpfen. Du mußt sie alleine fertigmachen."
Tomoe krabbelte zu ihm und seufzte. "Ich wünschte, das könnte ich", sagte sie, "aber die Elektroschocker funktionieren nicht."
"Hab's gesehen", nickte Takashi. "Wahrscheinlich sind diese Cyborgs zu gut isoliert."
"Schöner Mist." Die Volleyballerin setzte sich und schlang ihre Arme um die Beine. "Und im Kampf eins zu eins gegen sie verliere ich. Sie ist genauso stark wie Kim Tae Hyun. Ihr fehlen zwar die Messer, aber das ist auch egal, solange ich ihr nicht mal eine Beule schlagen kann. Das ist so beschissen; es fehlt ja noch nicht mal viel! Ich bin einfach ein kleines bißchen zu schwach. "

Takashi überlegte. "Zu schwach... ich hätte ja nicht gedacht, daß das einem von uns beiden mal passieren..." Plötzlich stutzte er. "Warte mal - wenn Mika... oder? Vielleicht klappt das ja auch bei... Ich müßte Koufun-sensei fragen..."
Tomoe verstand kein Wort. "Worüber denkst du nach?" wollte sie wissen.
"Ich müßte wissen, wie schnell es wirkt..." murmelte Takashi.
"Hey, Erde an Katasa!" Die Volleyballerin stupste ihn an. "Red Klartext mit mir."
Der junge Mann sah auf. "Ich glaube", sagte er, "es gibt eine Möglichkeit, wie du stärker werden kannst."
Erstaunt blinzelte Tomoe. "Aha?"
"Ich hab keine Garantie, daß es schnell genug wirkt", sagte er, "aber an sich funktioniert hat es schon mal."
"Und wovon redest du?"
"Na ja..." Der junge Mann errötete leicht. "Du müßtest... mein Sperma trinken."

Das Gesicht der Volleyballerin nahm einen derart verblüfften und verständnislosen Ausdruck an, daß Takashi einen Moment fürchtete, ihr Verstand habe ausgesetzt. Glücklicherweise dauerte dieser Zustand nur einen Moment, dann war Tomoe wieder bei sich. "Ich müßte WAS?!"
"Ähm..." Die Röte in Takashis Gesicht wurde intensiver. "Also... Koufun-sensei hat gesagt, meine Hormone würden auf einem höheren Niveau funktionieren als die von normalen Menschen, und darum würden sie bei Frauen dazu führen, daß sie... ähm... körperlich leistungsfähiger werden."
"Klingt typisch nach Professor XXX", seufzte Tomoe. "Glaub mir, nach dem, was mir meine Mutter erzählt hat, geht Koufun-sensei dauernd so ein Unfug durch den Kopf."
Der Student hob abwehrend eine Hand. "Das ist aber kein Unfug", sagte er. "Ich... hab es schon mal ausprobiert."
"Du hast WAS?!"

"Es ist nicht so, wie es klingt", fügte Takashi fast panisch hinzu. "Eine der Schwimmerinnen - Mika - na ja, ich hatte vor ein paar Tagen was mit ihr, und hinterher erst hat mir Koufun-sensei die Sache mit den Hormonen erklärt, aber sie hat recht behalten, und Mikas Leistungen haben sich wirklich verbessert!"
"Aha." Tomoe verschränkte die Arme. "Aha."
Ein Moment peinlichen Schweigens entstand, in dem sich die beiden Freunde nur ansahen, Tomoe mit einem reichlich pikierten Gesichtsausdruck, Takashi mit peinlich geröteten Wangen. Schließlich aber brach die Volleyballerin wieder das Schweigen. "Und du glaubst, das klappt wirklich?"
Der Student nickte eilig. "Sonst hätte ich's nicht vorgeschlagen."
"Also dann..." Die junge Frau setzte sich auf. "Eins sage ich dir gleich, wenn das nicht klappt, brauchst du dir keine Sorgen mehr wegen den beiden Koreanern zu machen. Dann drehe ich dir eigenhändig den Hals um, kapiert?"
"Kapiert." Takashi setzte sich etwas mühsam auch auf. "Soll ich gleich..."
"Das mach ich schon selbst", gab Tomoe zurück, und jetzt endlich lächelte sie ein wenig. "Ist ja nicht so, daß ich mir so eine Situation noch nie vorgestellt habe. Ich dachte nur nicht, daß unser erstes Mal auf dem Dach einer Trainingshalle stattfindet."
Und mit diesen Worten griff sie Takashi sanft in die Hose und begann, mit einem zärtlichen Griff sein bestes Stück zu streicheln.

Es dauerte keine fünf Sekunden, bis sich der Männerstab des Studenten zu regen begann. Schon die letzten Gedanken hatten ihn erregt, wenn er das auch nicht gerne zugegeben hätte, und Tomoes weiche Hand in seinem Schritt war mehr als genug Stimulation für ihn. Sachte streckte er eine Hand nach dem Gesicht der jungen Frau aus und strich ihr übers Haar, und sie lächelte ihn an und kam ihm näher, um ihm einen zärtlichen Kuß auf den Mund zu hauchen. Einige Sekunden züngelten die beiden miteinander, während Takashi ihr den Nacken kraulte, dann löste sich Tomoe aus dem Kuß und senkte ihr Gesicht langsam in seinen Schoß, während sie seinen inzwischen doch recht angeschwollenen Schaft aus der Hose befreite. Verspielt berührte sie kurz die Spitze mit den Lippen, dann streckte sie ihre Zunge aus und begann, damit kleine Kreise um den Liebespfahl zu lecken.
Takashi war im siebten Himmel. Auch er hatte es sich irgendwie anders vorgestellt, mit Tomoe zusammenzusein - in seiner Fantasie waren Kerzenlicht, ein abgedunkeltes Zimmer und leise Musik vorgekommen - aber jetzt, wo er auf einfacher schwarzer Dachpappe saß, der Kopf der jungen Frau in seinem Schoß und seine Hände in ihrem Haar, fand er, daß das auch keinen schlechten Ersatz darstellte. In seinem ganzen Körper kribbelte es mit dem Wunsch, ihr die Kleider vom Leib zu reißen, sie an der Hüfte zu packen, auf den Rücken zu werfen und dann von Kopf bis Fuß mit dem Mund zu verwöhnen, aber das, so fürchtete er, würde bis zum zweiten Mal warten müssen. Im Moment war nur eins wichtig, und daran arbeitete sie bereits sehr intensiv.

Inzwischen war Tomoe dazu übergegangen, den voll aufgerichteten Schaft zwischen ihre Lippen zu nehmen und sanft an der Eichel zu saugen, während sie mit ihren Finger den Ansatz knetete. Sie hatte einen eigentümlichen Geschmack auf der Zunge - und eigentlich war ihr auch klar, woher der kam. Alle Männer, die sie bisher verwöhnt hatte, waren unten frisch gewaschen gewesen, und bei Takashi, der sich ja kaum auf diesen Moment hatte vorbereiten können, fiel das weg. Trotzdem verspürte sie nicht den geringsten Ekel, eher im Gegenteil - sie empfand den Geschmack als überraschend gut, vielleicht sogar fast lecker, halb süß und halb würzig. Noch dazu erregte sie der Gedanke nicht wenig, jetzt etwas zu machen, vor dem sie quasi jeder, der sich auch nur annäherend mit ihr auskannte, gewarnt hatte. Na ja - vom Oralsex konnte sie ja kaum schwanger werden.
Gewöhnlich hatte Takashi viel mehr Standkraft, als er brauchte, aber unter Tomoes saugenden Lippen bemerkte er zu seinem Erstaunen (und nicht geringen Entzücken), daß seine Erregung erstaunlich schnell anstieg. Es waren noch nicht einmal zehn Minuten gewesen, seitdem die junge Frau ihren Kopf in seinen Schoß gesenkt hatte, und er stand jetzt schon kurz vor dem Explodieren. Was war das nur - so anders als die anderen Male war das gar nicht; wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte Mika viel mehr Raffinesse beim Liebesspiel an den Tag gelegt, und doch kam ihm Tomoe um ein Vielfaches begehrenswerter und erregender vor. War es nur der Reiz des Verbotenen, der von ihr ausging, oder vielleicht der Gedanke, daß es sein Männersaft war, der ihr die Kraft zum Kampf geben sollte? Professor Koufun hätte ihm etwas über die besonderen Pheromone sagen können, die ihm und der Volleyballerin gemeinsam waren, aber da er selbst noch nicht genug davon wußte, blieb es ihm ein Rätsel.

Und schließlich, nach viel zu kurzer Zeit kam er, und während er leise ächzte, ergoß sich sein Samen in kräftigen Strahlen in Tomoes Mund, und er konnte deutlich spüren, wie sich ihre Lippen fester um seine Eichel schlossen und sie kräftig zu saugen begann. Fünfmal, sechsmal, siebenmal erschütterte ihn sein Höhepunkt, jedes Mal sprudelte mehr seines Männersaftes hervor, und schließlich stieß er einen erschöpften Seufzer aus, und es rann nur noch aus seiner Eichel, spritzte nicht mehr. Tomoe aber saugte zärtlich weiter, bis wirklich nichts mehr kam.
"Mmmmh", seufzte sie zufrieden, als sie ihren Mund wieder von ihm löste und mit strahlenden Augen zu ihm aufsah. "Meine Güte, schmeckst du gut. Was hast du bloß gegessen, Ananas im Honigmantel?"
"Ich glaube nicht, daß es daran liegt", antwortete Takashi mit leicht belegter Stimme. "Laut Koufun-sensei hat das auch was mit meinen Hormonen zu tun."
Tomoe grinste. "Leckere Hormone. Du solltest das Rezept verkaufen und dich von dem Ertrag zur Ruhe setzen."
Takashi mußte schmunzeln. "Lieber nicht." Er stutzte. "Aber apropos Hormone - spürst du schon was?"
"Hm, jetzt wo du es sagst... nein." Tomoe sah an sich herunter. "Ich fühle mich zwar ziemlich gut, und ich hab einen tollen Geschmack im Mund, aber außer dem ist ni..."

In diesem Moment brach sie ab, schnappte überrascht nach Luft, und dann sank sie mit einem lauten Stöhnen vorneüber und stützte sich auf die Hände. Takashi erschrak. "Tomoe!" platzte es aus ihm heraus, obwohl sie eigentlich noch lange nicht bei Vornamen waren, und er faßte sie besorgt an der Schulter, doch in diesem Moment stürzte sie auf die Seite, begann unkontrolliert zu zucken, und ihr trat Schaum vor den Mund.

Dann begann ihre Verwandlung.
 

Taleweaver

Scriptor
Kapitel 9

"Los, vorwärts - die Zeit drängt!"
Mit einem unwilligen Stoß schob Kim Tae Hyun Tsukune vor sich her, und die Trainerin bemühte sich nach Kräften, es nicht zu offensichtlich werden zu lassen, daß sie ihn absichtlich aufhielt. Einerseits hatte sie keine Lust, ihn bei seine Plänen so ganz ohne Gegenwehr zu unterstützen, andererseits mußte sich aber auch fürchten, wie Sakura zu enden, wenn sie es übertrieb. Es war ein gefährliches Spiel, was sie trieb, und ihre einzige Hoffnung war, daß die Zeit für sie arbeitete. Irgend einen Grund mußte dieser Mistkerl ja für seine Eile haben.
Der Koreaner lenkte sie aus dem Gebäudekomplex heraus, einmal um die Mensa herum und dann in Richtung der Feuertreppe. Mit einen kurzen Ruck riß er das Absperrgitter davor aus den Angeln (was Tsukunes Hoffnungen bezüglich ihrer Chancen gegen diesen Kerl nochmals deutlich schwinden ließ) und stieß sie dann hinauf, um ihr selbst auf dem Fuß zu folgen.
"Ganz nach oben", befahl er barsch. "Aufs Dach."
"Bin ja schon unterwegs."

Die Trainerin trappelte die Wendeltreppe nach oben, bis sie auf dem flachen Dach der Mensa angelangte, das von einer spitzen Lichtkuppel gekrönt wurde und kiesgedeckt war. Wieder stieß sie Kim Tae Hyun vorwärts, auf einen der Luftschächte zu, die oben aus dem Gebäude ragten. "Hinsetzen", wies er sie an. "Und bitte keine Fluchtversuche. Jemand könnte sonst von diesem Dach fallen."
Da sich Tsukune ziemlich sicher war, daß er damit nicht sich selbst meinte, tat sie wie ihr geheißen und beobachtete den Koreaner stattdessen bei seinen weiteren Vorbereitungen. Mit einem Fußtritt öffnete er das Gitter, das den Luftschacht verschloß, griff hinein und zog ein großes, flaches Gerät hervor, das wie eine überdimensionale Fernbedienung wirkte. Er klappte es auf, zog eine sehr dünne, metallene Röhre heraus und knickte diese an offenbar vorbereiteten Kugelgelenken in die Form eines kleinen Kleiderbügels, ehe er sie wieder an dem Gerät anbrachte. Dann drückte er einen Schalter daran, und ein leises Rauschen war zu hören.

"Ein Funkgerät", erkannte Tsukune, und Kim Tae Hyun blickte schmunzelnd zu ihr. "Ihre Mischung aus Verstehen und Ignoranz ist faszinierend", sagte er. "Das hier ist ein digitaler Satellitentransponder, mit dem ich quasi um die ganze Welt senden kann, und er codiert alle ausgehenden Botschaften mit einem variablen 1024-Bit-Schlüssel. Nicht mal Ihre fortschrittlichste Nachrichtentechnik kann das hier rechtzeitig knacken."
Er wandte sich wieder seinem Gerät zu und betätigte einige der zahlreichen, mit fremden Zeichen beschrifteten Tasten. Das Rauschen veränderte mehrmals seine Höhe, und beim letzten Tastendruck erstarb es ganz. Schließlich hob der Koreaner den Transponder zum Mund und sprach einige Sätze auf Koreanisch hinein. Er drückte eine weitere Taste, wartete kurz, und nach wenigen Sekunden kam eine Antwort, ebenfalls für Tsukune unverständlich.
Lächelnd drehte er sich schließlich wieder zur Trainerin um. "Jetzt warten wir", sagte er. "Keine Sorge, es wird nur noch ein paar Minuten dauern. Sobald wir uns sicher sein können, daß hier alles gut verläuft, treffen wir uns mit dem Rest meines Teams und werden abgeholt. Sie haben Glück gehabt - Sie werden mich in die Heimat begleiten."
"Das nennen Sie Glück?!" Tsukune verschränkte die Arme. "Seltsame Definition."
"Die Alternative wäre Ihr Tod gewesen", sagte der Koreaner. "Sie wissen leider von meinen kybernetischen Implantaten, und das Wissen darf nicht in falsche Hände geraten."

Die Trainerin dachte an Tomoe und schluckte. "Heißt das, Sie bringen alle um, die etwas von Ihnen ahnen könnten?"
Kim Tae Hyun nickte. "Darum verzögert sich das Treffen auch noch", bestätigte er. "Mein Team muß erst noch Spuren beseitigen."
"Netter Ausdruck für Mord", sagte Tsukune. "Haben Sie noch so ein paar Euphemismen?"
"Sie nennen das hier schon Mord", gab der Koreaner zurück. "Ich frage mich, wie sie das nennen werden, was Ihre amerikanischen Freunde hier tun werden."
Etwas irritiert verzog die Trainerin das Gesicht. "Das ist jetzt schon das zweite Mal, daß Sie die Amerikaner erwähnen", sagte sie. "Worauf wollen Sie hinaus?"

In diesem Moment jagte ein Kampfflugzeug in höchstens hundertfünfzig Metern Höhe über das Olympische Dorf, und der Krach blies Tsukune fast die Ohren weg. Als sie den ersten Schreck endlich überwunden hatte, sah sie Kim Tae Hyun lächeln. "Das da waren sie eben, die Amerikaner", sagte er. "Der übliche Luftaufklärer vor dem Einsatz. Ich schätze, es geht in weniger als einer Minute los."
"Was geht los?" Die Trainerin schüttelte den Kopf, um das enervierende Klingeln aus ihren Ohren zu bekommen. "Ich bin mir sicher, Sie finden es furchtbar komisch, mit Ihrem Wissen zu prahlen, aber so langsam wird es doch aufdringlich."
"Ich bitte um Vergebung", gab Kim Tae Hyun mit vor Sarkasmus triefender Stimme zurück. "Aber Sie sollten doch inzwischen wenigstens ahnen, weswegen Ihre Verbündeten aus Übersee hier anrücken, oder?"
Tsukune nickte. "Ich nehme an, jemand hat es geschafft, einen Notruf wegen Ihrer Monstermutationen abzusetzen", sagte sie. "Der nächste US-Stützpunkt liegt keine zehn Kilometer von hier entfernt; ich nehme an, die Amerikaner werden versuchen, die Sportler hier rauszuholen."

"Und genau da liegen Sie nur fast richtig", schmunzelte der Koreaner. "Was meinen Sie, wie sich der koreanische Geheimdienst gefreut hat, als er vor einigen Jahren die neue Richtlinie der US-Armee für Rettungsoperationen im Ausland in die Hände bekam."
"Ja und?" Tsukune verstand nicht, worauf das alles hinauslief. "Haben Sie vor, hier auf japanischem Boden einen Krieg gegen Amerika anzufangen."
Kim Tae Hyun schüttelte den Kopf. "Wir haben dafür gesorgt", sagte er, "daß die Amerikaner von einer gefährlichen Krankheit informiert wurden, die Menschen in Monster verwandelt, hochansteckend und tödlich ist. Sie werden nun die geeigneten Maßnahmen einleiten, um ihre Sportler hier im Olympischen Dorf vor dieser Krankheit zu schützen."
"Und das heißt?"
"Sie stoppen sie die Ausbreitung der Krankheit, indem sie alle umbringen, die keine Amerikaner sind."

Tsukunes Augen weiteten sich, und noch mehr, als sie in der Entfernung die Silhouetten der Hubschrauber sah, die sich schnell näherten. "Das... das kann doch nicht Ihr Ernst sein!" stieß sie hervor. "Japan ist einer der wichtigsten Bündnispartner der Vereinigten Staaten in Asien. Die werden doch hier kein Blutbad anrichten! Die ganze Welt würde sie dafür verachten, und erst recht bei den Olympischen Spielen!"
Fast mitleidig sah sie der Koreaner an. "Denken Sie wirklich", sagte er, "daß das Weiße Haus sich darum schert, was der Rest der Welt von Amerika denkt, solange man die Sporthelden heil in die Heimat bringen und sich dafür von der Inlandspresse feiern lassen kann? Die Clinton haben sie dafür aus dem Amt gejagt, daß sie sich geweigert hat, zur Befreiung von ein paar Hollywoodsternchen in die Schweiz einzumarschieren. Den Fehler wird Präsidentin Rice bestimmt nicht machen."

"Darum also diese Monsterkrankheit", begriff Tsukune entsetzt. "Aber... was hat Nordkorea davon? Der ganze Aufwand, nur um Amerika vor der Welt als verrückt bloßzustellen?"
"Sie denken nicht weit genug", gab Kim Tae Hyun zurück. "Die japanische Regierung wird es nicht dulden können, daß jemand auf ihrem eigenem Grund und Boden ein Massaker anrichtet. Und das heißt, die fünfundsiebzigjährige Ära amerikanischer Besatzung in Japan wird enden. Was Ihr Land ungeschützt für eine Invasion aus Nordkorea zurückläßt." Er lächelte wieder. "Und noch dazu ist Amerika außenpolitisch tot. Zwei Fliegen mit einer Klappe."

In diesem Moment erklang Tomoes Schrei.

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Takashi bemerkte nur am Rande seiner Wahrnehmung das über ihn hinwegrasende Kampfflugzeug. Mit wachsendem Entsetzen sah er zu Tomoe, die wie in einem epileptischen Anfall auf der Seite lag, während ihr ganzer Körper zitterte und zuckte. Ihre Augen waren weit aufgerissen und starrten ins Leere, und ihre Fingernägel gruben sich so fest in ihre Handflächen, daß darunter Blut zu fließen begann. Der Student versuchte, sie auf den Rücken zu drehen, und er bemerkte, wie ihre Augen sich auf ihn hefteten und ihn anstarrten, doch ansonsten zeigte sie keine Reaktion, und als er sie vorsichtig losließ, fiel sie wieder auf die Seite und fuhr mit ihren unkontrollierten Zuckungen fort.
Dann, wie auf ein unsichtbares Signal, erstarrte sie plötzlich, und einen bangen Moment lange dachte Takashi, sie habe plötzlich aufgehört zu leben. Doch der Moment verging, und mit einem plötzlichen Ruck drehte sich Tomoe hoch und kauerte sich auf Knie und Hände. Sie verharrte so einige Sekunden, dann erhob sie sich langsam, ganz langsam, und der Student konnte sehen, wie Tropfen ihres Blutes aus ihren Handflächen zu Boden fielen, doch als sie auftrafen, waren sie erstaunlicherweise nicht mehr flüssig, sondern rollten als kleine rote Kügelchen davon.

Schließlich stand die junge Frau wieder vollkommen aufrecht, und inzwischen waren ihre Augen geschlossen. Ihr Körper begann wieder leicht zu erzittern, doch dieses Mal war es kein spastisches Zucken, sondern wie die Vibration eines beginnenden Erdbebens. Langsam streckte sie ihre Hände aus, bis ihre Finger völlig gespreizt waren, dann sank ihr Kopf allmählich in den Nacken, sie atmete tief ein, und schließlich begann ihr Schrei.
Zuerst war es nur ein sanftes, tief aus Tomoes Bauch kommendes Singen, das sie von sich gab, doch ihre Stimme wurde schnell lauter und heller, und im selben Maße, wie ihre Stimme an Kraft gewann, schien auch ihr ganzer Körper das zu tun. Ihr ohnehin sportlich-athletischer Körper spannte sich an, ihre Muskeln traten ein Stück hervor, doch ohne dabei so obszön anzuschwellen, wie das bei den bleichen Monstern geschehen war. Unter der Trainingsjacke begannen sich ihre Brustknospen deutlich und hart abzuzeichnen, zugleich wurden ihre Hüften voller und weiblicher und füllten ihre Hose straffer aus. Um ihren freiliegenden Nabel zeichneten sich deutlicher und deutlicher feste, gut zu erkennende Bauchmuskeln ab, und der Verband darum platzte und offenbarte eine makellose Haut ohne die Spur einer Verwundung. Ihr ohnehin schon hochgewachsener Körper schien zusätzlich noch einmal ein oder zwei Zentimeter zu gewinnen.

Und dann, auf dem Höhepunkt ihres Schreies, als ihre Stimme so laut und schrill erklang, daß Takashi sich entsetzt die Ohren zuhielt, warf sie ihren Kopf einmal nach links, einmal nach rechts, und als sie ihn dann wieder nach hinten warf, ergoß sich ihr glänzendes schwarzes Haar, zuvor noch modisch kurz geschnitten, wie ein Wasserfall über ihren Rücken, bis es auf dem Boden auftraf, und ihr Körper erzitterte nochmals, und endlich erstarb ihr Schrei. Tomoe schlug die Lider auf, und mit Augen von einem klaren Himmelblau, wie sie sie nie gehabt hatte, sah sie zu Takashi. Und lächelte.
Der Student schluckte, nahm die Hände von den Ohren und erhob sich langsam und, wegen seinem tauben Bein, sehr unsicher. "Geht... geht es dir gut?" wollte er wissen.
"Es ging mir nie besser", sagte Tomoe, und ihre Stimme klang wie eine klare, helle Glocke. "Ich fühle mich, als könnte ich die Welt aus den Angeln heben."
"So siehst du auch aus", gab Takashi zurück und strich ihr vorsichtig über die Arme. "Meine Güte - dein Körper fühlt sich an, als seist du aus Marmor! Sehr warmer, samtiger Marmor natürlich, aber so fest..."

"Du solltest mich jetzt besser nicht streicheln", sagte die junge Frau leise und verführerisch. "Ich weiß nicht, wie lange ich mich sonst beherrschen kann, ehe ich über dich herfalle, und ich hab vorher noch was zu tun."
"Oh!" Takashi zog seine Hände eilig zurück. "Du hast recht - die Koreanerin. Ähm... dann viel Glück."
Tomoe lächelte warm. "Danke, Takashi. Und..."
"Und?"
"Geh nicht weg. Wenn ich wieder zurückkomme, will ich dich in Grund und Boden vögeln."
"Öh... geht in Ordnung."

Und mit diesen Worten sprang die junge Frau vom Dach.

---

"Was war DAS?!"
Auch Kim Tae Hyun hatte der eigenartige, erst tiefe und dann immer lauter und heller anschwellende Schrei offenbar etwas irritiert, denn er sah sich suchend in allen Himmelsrichtungen um und gab schließlich einige gemurmelte Worte auf Koreanisch von sich. "Stehen Sie auf", befahl er Tsukune. "Wir müssen doch noch einmal unsere Position verändern. Los, laufen sie!"
Mit einem Stoß versetzte er die Trainerin wieder in Bewegung, in Richtung der Treppe nach unten. "Sie wissen aber auch nicht, was sie wollen", beschwerte diese sich. "Mal rauf aufs Dach, mal runter vom Dach - wohin denn jetzt?"
"Wir beschleunigen das Treffen mit meinem Team", war die Antwort. "Ich glaube, ich weiß, wer da eben geschrieen hat."

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Fast geräuschlos landete Tomoe zwölf Meter tiefer auf dem Asphalt, und nahezu im selben Moment trat vom Eingang der Trainingshalle aus Kim Cho Minh auf sie zu. "Interessanter Gesang", sagte sie, "für jemanden, der gleich sterben wird." Sie hielt überrascht inne. "Was haben Sie mit Ihrem Haar angestellt?"
Die Japanerin lächelte und schüttelte ihren Kopf, daß ihre lange Mähne nur so flog. "Neidisch?" fragte sie. "Wissen Sie, ich dachte mir, wenn ich Ihnen schon in den Hintern trete, dann wenigstens mit Stil."
"Sie sind verrückt", stellte die Koreanerin fest. "Sie sind verletzt, geschwächt, und sie ziehen sich zurück, um sich die Haare machen zu lassen?!"
"Oh, ich bin nicht mehr verletzt", gab Tomoe zurück, und zum Beweis streifte sie auch noch den Verband von ihrem Arm ab. "Sehen Sie? Wir können uns also vollkommen auf unseren Kampf konzentrieren. Wo waren wir gleich stehengeblieben?" Sie überlegte kurz. "Ach ja, genau an der Stelle, wo ich Sie in Einzelteile zerlege."

Ohne ein weiteres Wort schritt sie auf Kim Cho Minh zu, und die Koreanerin quittierte es, indem sie sofort die Arme hochnahm und in Kampfstellung ging. Tomoe blieb stehen, betrachtete sie fast spöttisch und ging dann unbeirrt weiter, ohne auch nur Anstalten zu machen, sich irgendwie verteidigen zu wollen. Kaum, daß sie in Reichweite war, nutzte ihre Gegnerin auch schon die Nachlässigkeit und schlug ansatzlos ihre Faust in Richtung vom Bauch der Japanerin...
...um wie aus dem Nichts von ihr am Handgelenk gepackt, hochgerissen und mit einem heftigen Schwung fortgeschleudert zu werden. Sie prallte mit dem Rücken fünf Meter weiter oben gegen die Wand der Trainingshalle, was eine der Scheiben zum Splittern brachte und dann wie ein nasser Sack wieder herabstürzte. Erst ganz kurz vor dem Boden konnte sie sich fangen und brachte gerade noch so eine halbwegs saubere Landung auf den Beinen zustande.
"Aber..." In den Augen der Koreanerin stand das blanke Erstaunen. "Wie haben Sie das gemacht?"
"Sie sind zu langsam", sagte Tomoe wie beiläufig. "Wenn ich Ihre Angriffe so gut sehen kann, ist es kein Problem, Sie auszukontern. Probieren Sie es doch nochmal."

Kim Cho Minh erhob sich und schritt langsam auf die Japanerin zu. Sie hatte doch erst vor wenigen Minuten schon einmal mit ihr zu tun gehabt - wieso war sie in dieser kurzen Zeit so immens schneller geworden? Ihre Stärke war schwer einzuschätzen; der Wurf eben war sicherlich nicht ohne gewesen, aber das hätte sich auch selbst noch relativ leicht zustandegebracht. Aber dieser blitzartige Griff an ihr Handgelenk, der war ihr ein Rätsel.
Im zweiten Anlauf ging sie etwas zurückhaltender vor. Aus größtmöglicher Distanz ließ sie ihre Fäuste zu einigen kurzen Schlägen gegen Tomoe fliegen, zunächst etwas schwächer, als es ihr möglich war, und wie erwartet blockte die Japanerin die Treffer mit ihren Armen ab und schlug ab und zu zurück, doch diese Gegenangriffe waren für jemanden mit Kampfausbildung leicht vorherzusehen, und Kim Cho Minh konnte ihnen ohne Schwierigkeiten ausweichen. Dann, nach einigen Schlagserien hin und her, schaltete sie plötzlich um, und einer ihrer Hiebe war nicht mehr kurz und abtastend, sondern mit voller Wucht durchgezogen. Das hätte ausgereicht, um glatt durch einen normalen Menschen hindurchzuschlagen, und diesen Genmutationen sollte es mindestens ein paar Knochen brechen.

Tomoe fing den Schlag fast gelangweilt mit dem Unterarm ab und konterte mit einem krachenden Schwinger, der die Koreanerin unterhalb ihrer rechten Brust traf und sie gut zehn Meter weit zurückfliegen ließ. Diesmal gelang es ihr nicht, ihren Sturz in eine kontrollierte Landung zu verwandeln, und sie schlitterte das letzte Stück, ehe sie liegenblieb und zu ihrem Entsetzen sehen mußte, daß der Treffer in ihren Rippen einen deutlichen Abdruck hinterlassen hatte.
"Na, Beule im Blech?" lachte die Japanerin. "Ihr Maschinen seid ja doch nicht so zäh, wie ich dachte."
"Wie MACHEN Sie das?" Allmählich schlich sich Panik in Kim Cho Minhs Stimme. "Ihre Knochen können unmöglich hart genug sein, um mich zu beschädigen!"
Mit einem Achselzucken schritt Tomoe lässig ihrer Gegnerin hinterher. "Dafür bin ich leider keine Spezialistin", sagte sie, "aber wenn Sie wollen, probiere ich gerne nach und nach aus, ob es in Ihrem Körper einen Knochen gibt, den ich nicht kaputtbekomme." Sie lächelte. "Andererseits geht's mir eigentlich gerade viel zu gut, als daß ich Sie unbedingt zum Krüppel schlagen müßte. Wie wär's denn, wenn Sie einfach aufgeben und uns beiden den Ärger ersparen?"

"Inakzeptabel", gab die Koreanerin zurück und sprang auf die Beine. "Ich kann Sie mit ihrem Wissen nicht am Leben lassen, und Ihren Freund ebensowenig. Wenn Sie allerdings bereit wären, sich mir zu ergeben und mich nach Korea zu begleiten..."
Tomoe lachte hell auf. "Himmel, den Vorschlag hab ich schon abgelehnt, als es schon schlecht um mich stand. Warum sollte ich jetzt zustimmen?"
"Weil Sie dann überleben", sagte Kim Cho Minh. "Wenn ich Sie nicht töte, sterben Sie durch die Hand der US-Armee." Sie deutete schräg nach oben, ins Olympische Dorf hinein. "Sehen Sie, sie sind schon unterwegs."
"Häh?!" Tomoe blickte verwirrt in die Richtung, wohin die Koreanerin zeigte. Im Himmel konnte sie die Silhouetten von Hubschraubern erkennen - erschreckend viele Hubschrauber, wie sie feststellen mußte, und sie befanden sich offensichtlich im direkten Anflug. Verständnislos wandte sie den Kopf wieder zurück. "Was wol..."

In diesem Moment hatte Kim Cho Minh ihren wahnsinnigen Sprint zu ihr hin vollendet, und im Vorbeilaufen packte sie Tomoe an ihrem langen Haarschopf und zerrte sie mit sich. Die Japanerin wurde brutal von den Beinen gerissen und stieß einen Schmerzenslaut aus, und gleich darauf noch einen, als sie herumgewirbelt und mit der Hüfte zuerst gegen die Wand der Trainingshalle geknallt wurde. Mit aller Gewalt riß die Koreanerin wieder an den Haaren, und Tomoe schlug hart mit dem Kopf auf dem Asphalt auf. Noch zweimal schleuderte Kim Cho Minh sie herum und donnerte sie gegen den Boden, beim dritten Mal gelang es der Japanerin endlich, mit den Füßen zuerst zu landen, ihr Haar in die Hände zu bekommen und mit einem entschiedenen Ruck daran zu ziehen, so daß es nun die Koreanerin von den Beinen riß und sie unsanft vor Tomoe landete.
"Anscheinend", keuchte die Japanerin und wischte sich mit der freien Hand den Staub von der Stirn, "haben Sie wirklich Lust, heute noch auf dem Schrottplatz zu landen. Ich bin ja wirklich ein friedlicher Mensch, aber wenn Sie so weitermachen, vergesse ich noch meine Manieren."

"Dann sind wir schon zwei", ertönte plötzlich eine Tomoe leider wohlbekannte Stimme in ihrem Rücken, und sie hatte sich nicht getäuscht: es war Kim Tae Hyun. Er hielt Tsukune wie einen Schild vor sich, seinen Arm um ihren Hals gelegt, und seine Messerfinger saßen nahe an ihrer Haut.
"Danryoku-san!" Tomoe erschrak. "Oh mein Gott - sind Sie verletzt?"
"Das ist nicht ihr Blut", beantwortete der Koreaner die Frage. "Noch nicht. Aber das kann es noch werden..." Er stutzte. "Was hast du mit deinem Haar angestellt?"
"Ist doch egal", fauchte Tomoe. "Du läßt jetzt augenblicklich Danryoku-san los, oder es setzt was!"
Kim Tae Hyun setzte ein müdes Lächeln auf. "Du bist kaum zu Forderungen in der Lage", sagte er und deutete auf seine koreanische Mitstreiterin. "Es steht zwei gegen einen."

Kim Cho Minh schien sich der Einstellung allerdings nicht anschließen zu wollen, denn sie wedelte eilig mit ihren Händen und rief dem Ringer einige Worte auf Koreanisch zu. Der junge Mann stutzte, fragte nochmals in seiner Landessprache nach, und als die Antwort darauf abermals recht eindeutig schien, wurde sein Gesicht ernst. "Du machst einem wirklich ganz schöne Probleme", sagte er. "Und uns geht leider die Zeit aus. Ich mache Dir darum ein Angebot."
"Laß Danryoku-san los", gab Tomoe zurück, "oder ich verspreche dir, du wirst nicht mehr zu dem Angebot kommen!"
"In Ordnung." Der Koreaner nahm die Arme auseinander, so daß Tsukune frei dastand. "Also, darf ich jetzt reden?"
Tomoe nickte langsam. "Ich höre."

"Wir werden hier gleich abgeholt, meine Partnerin und ich", sagte er. "Du weißt, daß ich in der Lage bin, vielleicht nicht dich, aber auf jeden Fall diese Frau hier in einem Herzschlag zu töten. Ich schlage darum vor, du läßt Kim Cho Minh friedlich zu mir herübergehen. Inzwischen geht Deine Bekannte zu Dir. Ein Gefangenenaustausch, klingt das in Ordnung?"
"Glaub ihm nicht!" fuhr plötzlich Tsukune dazwischen. "Er hat Sakura-chan getötet! Er wird uns bestimmt nicht am Leben lassen!"
Tomoe wurde blaß. "Er hat... was?"
"Eine bedauerliche Notwendigkeit", sagte der Koreaner. "Und trotzdem möchte ich weitere Todesfälle gerne vermeiden. Also, wenn du..."
"DU HAST WAS?!" brüllte Tomoe, und ohne einen weiteren Gedanken sprang sie auf ihn los. In diesem Moment war es ihr vollkommen egal, daß zwischen ihr und ihm noch Tsukune stand, und daß er seine Messer in einem Sekundenbruchteil in den Rücken der Trainerin jagen konnte, und daß außerdem noch Kim Cho Minh da war. In diesem Moment wollte sie nur eins: den Kerl töten, der Koufun-sensei auf dem Gewissen hatte.

Glücklicherweise reagierte Kim Tae Hyun geistesgegenwärtiger als sie, und mit einem entschiedenen Ellbogenstoß beförderte er Tsukune zu Boden. Sicher hätte er sie töten können, doch das hätte die wie wahnsinnig angreifende Tomoe nicht gestoppt. Statt dessen riß er seinen rechten Arm hoch und feuerte seine Messerfinger auf sie ab, als sie noch etwa drei Meter von ihm entfernt war. Doch zu seinem Entsetzen schlug Tomoe die Klingen mit einem kurzen Wischen ihres Handrückens aus dem Weg, und dann war sie bei ihm, sprang ihm mit der vollen Wucht ihres Trittes auf die Brust, brach ihm den Brustkorb, packte seinen immer noch ausgestreckten rechten Arm, riß ihn ihm aus dem Körper, daß die Kabel und Verbindungen darin funkensprühend zum Vorschein kamen und er vor Schmerz aufschrie. Dann warf sie sich über ihn und versetzte ihm einen derart heftigen Tritt in den Rücken, daß er meterweit fortgeschleudert wurde. Er landete exakt auf Kim Cho Minh, die ihn nur mit Mühe auffangen konnte.
Tomoe drehte sich langsam zu Tsukune um, und in ihren Augen blitzte die reine Mordlust. Sie warf ihr nur einen kurzen Blick zu - noch nie hatte die Trainerin sie so außer sich gesehen - dann sah sie zu den beiden Koreanern. "Ich bring euch um", sagte sie leise. "Ich bring euch beide um."

"Nein!" war in diesem Moment ein entsetzter Ruf zu hören, und kurz darauf sprang Takashi vom Dach der Trainingshalle herunter und landete stolpernd neben seiner Freundin. "Nein - tu's nicht! Die beiden haben doch sowieso keine Chance gegen dich, und der eine ist schon so gut wie tot."
"Noch nicht tot genug", gab Tomoe zurück. "Schau - er steht ja sogar noch aus eigener Kraft. Und die andere hat nur eine Beule." Sie ballte die Fäuste. "Und Koufun-sensei ist tot..."
Takashi warf Tsukune einen nicht gerade freundlichen Blick zu, ehe er sich wieder an Tomoe wandte. "Aber sie würde nicht wollen, daß du für sie zur Mörderin wirst", sagte er und legte ihr vorsichtig eine Hand auf die Schulter. "Bitte. Komm zu dir."
"Er hat recht", stimmte Tsukune zu. "Die da hinten haben verloren. Wir wissen alles, was wir brauchen, um ihren Plan zu verhindern. Und du kannst sie leicht unter Kontrolle halten."
Tomoe atmete einmal tief durch und wollte zu den beiden Koreanern blicken, doch da legte ihr Takashi sanft eine Hand auf die Wange und drehte ihren Kopf wieder zurück, so daß sie ihm in die Augen sah. Einen Moment lang stand sie mit zusammengebissenen Zähnen da, vor Wut zitternd, dann plötzlich schluchzte sie laut auf und sank vornüber gegen den jungen Mann.

Vorsichtig legte Takashi ihr die Hände auf den Rücken und zog sie vorsichtig an sich heran. Es war ein eigenartiges Gefühl - ein so fester, kraftstrotzender Körper, doch er zitterte haltlos und wurde in vom heftigen Schluchzen durchgeschüttelt. Aus Tomoes Augen rannen die Tränen, als ihre Gefühle nicht in Form von Haß, sondern von unendlicher Trauer aus ihr hervortraten, und ihre Hände krampften sich so fest in die Schultern ihres Freundes, daß er unwillkürlich zusammenzuckte. Dennoch riß er sich zusammen - was Tomoe jetzt brauchte, war jemand, der ihr Trost und Geborgenheit geben konnte.
Lange Sekunden stand sie so da und weinte leise, während Takashi sie vorsichtig an sich drückte, dann war ihr erster Schmerz überwunden; sie schluckte einmal und sah dann langsam auf. "Danke", flüsterte sie und löste den Griff ihrer Hände. "Danke."
"Es ist gut", sagte der Student leise und nickte ihr zu. "Ich verstehe, wie du dich fühlst. Und wir werden um Koufun-sensei noch richtig trauern. Aber jetzt müssen wir noch eine kurze Zeit lang stark bleiben." Er sah sich zu den Koreanern um. "Damit diese bei..."
Dann verstummte er, weil er zu seiner Überraschung sah, daß auch Kim Cho Minh und Kim Tae Hyun einander umarmten. Und zwar sehr innig.

Erstaunt starrte er einen Moment schweigend zu ihnen, und dann merkte auch Tomoe, daß hier etwas nicht stimmte und blickte hinüber. Die unerwartete Zärtlichkeit zwischen den beiden verblüffte sie, zumal sie nicht verstand, warum das ausgerechnet in so einer Situation geschah. Wollte Kim Cho Minh ihrem verletzten Partner vielleicht Halt und Sicherheit geben? Aber das paßte so gar nicht zu dem, wie die beiden ihr gegenüber bisher aufgetreten waren. Das waren doch eiskalte Profis; warum sollten die plötzlich miteinander kuscheln?
Und dann sah sie zu ihrem Entsetzen, wie die beiden mechanischen Körper Verbindungen ineinander einklinkten und sich zu einem gemeinsamen Etwas zusammenschlossen.

Tomoe stand sprachlos da, und Takashi und Tsukune ging es nicht anders, während die beiden Koreaner sich innerhalb weniger Sekunden von zwei noch recht normal aussehenden Menschen in etwas völlig anderes verwandelten. Die Haut auf ihren künstlichen Gliedmaßen riß auseinander und ließ die darunterliegende Metallstruktur erkennen, und überall schlossen zich zwischen ihnen Kabel und Kontakte zusammen und kombinierten sich so zu etwas Neuem - einem eigentümlichen Gebilde, das auf vier Beinen stand und nach oben in einen robusten Turm auslief. Die Arme der beiden hatte sich bei der Transformation vollends miteinander verhakt und bildeten nun einen soliden Ring, aus dem ein kleines Rohr herausgeklappt war, und offenbar waren auch die beiden Oberkörper an der Brust teilweise miteinander verbunden. Während die Japaner noch starrten, drehten sich die Köpfe des neuen Wesens jeweils um hundertachtzig Grad, so daß sie nun in beide Richtung gleichzeitig blickten, und schließlich gab es ein zischendes Geräusch, und die Beine des Wesens verlängerten sich um einige Zentimeter und gaben mehrere zusätzliche Gelenke frei, so daß es nun wie eine Art kranke Spinne vorankrabbelte.

"Das ist ja EKLIG", schauderte Tsukune. "Wenn ich jemals Respekt vor Nordkorea hatte, dann ist der jetzt..."
"RUNTER", brüllte in diesem Moment unvermittelt Tomoe und sprang auch schon die Trainerin an, um sie zu packen und zur Seite zu reißen, denn sie hatte gesehen, wie das seltsame kleine Rohr, das aus dem Gebilde ragte, sich auf sie ausgerichtet hatte, und es war keine Sekunde zu früh: Mit lautem Knattern begann das Maschinengewehr, dessen Mündung es darstellte, zu feuern, und die Salve verfehlte alle drei nur knapp und stanzte Löcher in den Asphalt.
Auch Takashi hatte sich zur Seite geworfen, doch sein gelähmtes Bein verhinderte, daß er sehr weit kam, und die bizarre koreanische Kampfmaschine erkannte seine Schwäche sofort. Der Lauf des Gewehrs richtete sich erneut auf ihn aus und begann zu feuern, und der junge Mann hätte keine Chance zur Flucht gehabt, wäre die Waffe nicht vorher hängengeblieben: Durch das Fehlen von Kim Tae Hyuns Arm, den Tomoe ihm abgerissen hatte, war eine Lücke in dem Geschützring entstanden. Das Gewehr konnte sich nur in einem Dreiviertelkreis drehen; es hatte einen toten Winkel von neunzig Grad, und just in diese Richtung hatte sich der Student geworfen - nicht bewußt, doch trotzdem rettete es ihm jetzt das Leben

Die aus den beiden Koreanern zusammengesetzte Kampfmaschine bemerkte ihre Beschädigung sofort und stakste auf seinen Spinnenbeinen herum, um sich wieder in Schußposition zu bringen, doch da flog Tomoe förmlich heran. Sie hatte nach einem wilden Sprung Tsukune hinter einem der Pfeiler am Eingang der Trainingshalle abgesetzt, und jetzt war sie wieder da. Mit einem Sprungtritt zielte sie auf den Oberkörper des bizarren Metallwesens, und ihr nackter Fuß schlug hart ein. Der Treffer zeigte Wirkung; das koreanische Doppel wankte, fiel aber nicht, und statt dessen begann nun das Maschinengewehr, sie ins Visier zu nehmen.
Während sich Tomoe mit eiligen Sprüngen in Sicherheit zu bringen versuchte, war es Takashi inzwischen gelungen, sich halbwegs aufzurappeln und, halb hinkend und halb krabbelnd, ebenfalls hinter den Pfeiler zu gelangen, wo sich Tsukune befand. "Die spinnen, die Nordkoreaner", japste er. "Ich dachte, seit Impfstoff XXX hätten wir Japaner ein Monopol auf verrückte Wissenschaftler!"
"Uns die Mediziner, denen die Maschinenbauer", gab die Trainerin zurück und lugte um die Ecke, zog den Kopf aber eilig wieder zurück, als ein Querschläger gegen den Pfosten peitschte. "Wah, das war knapp! Ich hoffe, denen geht bald die Munition aus."

Davon schien allerdings keine Rede zu sein, denn das Geknatter des Maschinengewehrs donnerte immer wieder mit kurzen Abständen zu den beiden herüber. Auch Takashi riskierte einen Blick, und er konnte sehen, wie Tomoe Salti und Flicflacs schlagend den immer wieder neuen Salven auswich. Sie bewegte sich so schnell, daß er kaum mehr Details ausmachen konnte; allerdings schien selbst diese Beweglichkeit nicht auszureichen, um noch einmal der Kampfmaschine näherzukommen. Mit ihren zwei Köpfen hatte sie offenbar einen guten Überblick über den gesamten Platz, die es ihr ermöglichte, die Japanerin auf Distanz zu halten.
Auch Tomoe schien zu merken, daß sie so nicht weiterkam, und nach einem weiteren Haken ging sie kurz in die Knie und stieß sich dann mit aller Macht vom Boden ab und sprang mit einem einzigen Satz bestimmt vierzig oder fünfzig Meter weit in die Höhe und landete dann, in einiger Entfernung, auf einem der höheren Verwaltungsgebäude des Olympischen Dorfes, wo sie verschwand. Der Gewehrlauf der Kampfmaschine folgte ihrer Bewegung kurz, hielt dann aber inne. Einen Moment verharrte das ganze Ungetüm, dann aber bewegte es sich wieder. Direkt auf den Pfeiler zu, hinter dem Tsukune und Takashi kauerte.

Nun aber, da die Kampfmaschine vorübergehend das Schießen eingestellt hatte, war deutlich zu hören, daß sie nicht alleine für den Lärm im Dorf verantwortlich war. Das nun immer lauter anschwellende Geknattere kam unzweifelhaft aus der Luft, und tatsächlich tauchte keine fünf Sekunden später der Schatten eines großen Helikopters am Himmel auf, einem amerikanischen Militärhubschraubers der Marke Hughes.
Takashi riskierte bei dem neuen Geräusch einen Blick, und seine Miene entspannte sich etwas. "Die Amerikaner", seufzte er erleichtert. "Gerettet."
"Im Gegenteil", japste Tsukune und zerrte ihn eilig zurück. "Die sind nicht hier, um uns zu retten, sondern um die Monsterseuche einzudämmen. Wenn die uns sehen, knallen sie uns ab!"

"Was?!" Takashi starrte sie ungläubig an. "So verrückt können die doch nicht sein."
Tsukune seufzte. "Leider doch. Das ist der Plan der Koreaner gewesen, hier eine Seuche ausbrechen zu lassen, damit die Amerikaner dann alles zusammenschießen."
"Aber dann werden sie doch bei der Gelegenheit sicherlich irgendwelche vierbeinigen Kampfmaschinen auch beseitigen", protestierte der Student.
"Stimmt", gab Tsukune zu, "der Hubschrauber ist direkt hier, aber keiner schießt. Es sei denn..." Sie erschrak. "Das sind nicht die Amerikaner! Das sind die Nordkoreaner, die ihre Agenten abholen!"
Takashi zog die Augenbrauen hoch. "In einem amerikanischen Hubschrauber?"
"Wie sollen sie sonst hier rauskommen?" konterte die Trainerin. "Das ist die einzige Möglichkeit, bei so vielen Amerikanern."
"Da ist was dran..."

Abermals spähte Takashi um die Ecke, doch diesmal hätte er es fast bereut. Eine gezielte Salve aus dem Maschinengewehr der Kampfmaschine peitschte in seine Richtung, und nur um Haaresbreite heulten die Kugeln an seinem Kopf vorbei. "Sie scheinen recht zu haben", japste er, "der Hubschrauber schwebt einfach nur da oben, soweit ich das sehen kann. Außerdem kommt dieser koreanische Koloß auf uns zu."
"Okay, jetzt sind wir dran", murmelte Tsukune düster. "Du kannst noch nicht rennen, nehme ich an?"
"Nein", gab der Student zu, "aber ich kann versuchen, das Ding da von Ihnen abzulenken. Ein oder zwei Sprünge bekomme ich hin, und wenn diese Maschine sich dann auf mich konzentriert, können Sie..."
Die Trainerin schüttelte sofort den Kopf. "Nichts da", sagte sie. "Du wirst dich nicht für mich opfern. Nein, wir probieren was anderes. Wenn ich erregt bin, sind meine Brüste viel widerstandsfähiger - ich hab schon mal eine Pistolenkugel damit abgefangen. Vielleicht kann ich uns damit Deckung..."
"Zu spät!"

Der Student faßte die Trainerin am Arm und deutete auf die andere Seite, und als Tsukune sich umsah, stand da die Kampfmaschine, die den Pfeiler inzwischen umkreist hatte und soeben das Maschinengewehr auf die beiden ausrichtete.
In diesem Moment flog ein Baseball mit wahnsinniger Geschwindigkeit heran und knallte gegen den Oberkörper des mechanischen Wesens, nur knapp neben dem Kopf Kim Tae Hyuns.
Überrascht wandte die Kampfmaschine ihre volle Aufmerksamkeit in die Richtung, wo der Ball hergekommen war, und von dort näherte sich, mit wilden, riesigen Sprüngen, Tomoe aus dem Inneren des Olympischen Dorfes. Hinter sich zog sie ein großes Netz hinterher, in dem sich unzählige Bälle verschiedenster Art befanden - Volleybälle, Basketbälle, Fußbälle, Hardballs fürs Baseballspiel, kurz, alles was kugelförmig war und auf den Olympischen Spielen gebraucht wurde.
Takashis Augen weiteten sich. "Wo hat sie denn den ganzen Kram her?"
"Die Merchandisingabteilung!" begriff Tsukune. "Die hortet ein riesiges Lager an allen möglichem Kram, den Sportler signieren können. Dahin ist sie also verschwunden!"
"Nicht übel", staunte der Student, als Tomoe eine Bowlingkugel in Richtung der Kampfmaschine schleuderte und sie mit einem schweren Treffer gegen das Bein zum Wanken brachte. "Und ich dachte damals, es wäre eine blöde Idee, Kegeln zur olympischen Disziplin zu machen."

Tatsächlich gestaltete sich der Kampf zwischen Tomoe und dem Cyborgwesen nun sehr viel ausgeglichener. Die Volleyballerin tat ihr bestes, mit den Bällen auf die Köpfe der Maschine zu zielen, und allem Anschein nach war das den beiden Koreanern alles andere als angenehm. Zumindest waren sie nun ihrerseits mit recht hastigen Ausweichbewegungen beschäftigt - ihre Körper mochten kaum zu verletzen sein, aber bei der Wucht, mit der die Bälle von Tomoe geworden wurden, hätten sie mit Sicherheit für eine schwere Gehirnerschütterung ausgereicht.
In diesem Moment sah aber Tsukune etwas Entsetzliches, und sie hob die Hände zum Mund. "Paß auf den Hubschrauber auf!" brüllte sie der Volleyballerin zu, und in diesem Moment begann auch schon von oben der Bordschütze mit einem schweren Maschinengewehr auf Tomoe zu feuern. Die erste Salve verfehlte sie knapp und der zweiten konnte sie ausweichen, doch nun war sie gezwungen, ihren eigenen Angriff aufzugeben. Und die Kampfmaschine am Boden, nun endlich wieder in der Initative, richtete auch ihr Geschütz neu aus und nahm die junge Frau so ins Kreuzfeuer.

Takashi sah rot. Mit dem Hubschrauber in der Luft hatte Tomoe keine Chance, sich springend in Sicherheit zu bringen, und lange würde sie das nicht durchhalten können - er mußte ihr helfen. Mit zusammengebissenen Zähnen rappelte er sich auf und wollte schon auf den Platz stürmen, als er etwas nur wenige Zentimeter von ihm entfernt auf dem Boden liegen sah.
Es war der erste Baseball, den Tomoe nach der Kampfmaschine geworfen hatte. Er mußte im Kampfgetümmel zu ihm gerollt sein. Und an der Schule war Baseball der Hauptsport des Studenten gewesen.
Kurzentschlossen griff Takashi danach, holte aus, zielte und warf den härtesten, wildesten Fastball seines Lebens in Richtung des Hubschraubers. Der Ball durchschlug krachend die vordere Scheibe und landete exakt im Gesicht des Piloten. Dem Koreaner brach durch den Aufprall die Nase, er verlor das Bewußtsein und sank vornüber auf den Steuerknüppel.
Der Hubschrauber senkte die Nase. Erst langsam, dann aber erschreckend schnell verlor er an Höhe.
"Hau ab, Tomoe!" brüllte Takashi.
Die Volleyballerin sprang mit einem wilden Satz auf die Trainingshalle zu, krachte durch ein Fenster und rollte sich so klein zusammen wie möglich.
Die Kampfmaschine trappelte eilends aus dem Weg.
Takashi und Tsukune umarmten einander und kauerten sich hinter den Pfeiler.

Dann schlug der Helikopter am Boden auf, und er explodierte in einem gleißenden Feuerball.

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"Sir, we've lost one of the helos!"
Lieutenant Colonel Anderson, der die Operation 'Star-spangled Rescue' leitete, sah verärgert auf. "Lost? What do you mean lost - can't you find it, or what?"
"Negative, Sir." Der Corporal, der die Meldung machte, straffte sich. "It crashed inside the perimeter. No signs of enemy fire, though."
"Damn!" Anderson dachte kurz nach. "Alright - send an S&R detachment to the crash site. I want any survivors rescued, and if there are no survivors, I want the crew's dog tags retrieved.."
"Yes Sir!" Der Corporal salutierte und machte sich auf den Weg.

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"Lebst du noch, Takashi?"
"Ich glaube, ja. Leben Sie noch, Danryoku-san?"
"Ich glaube, ja."

Langsam ließ Takashi Tsukune los und stand stolpernd auf. Seine Trainingsjacke zerfiel in mehrere verbrannte Fetzen, als er sich erhob, und sein Rücken fühlte sich so an, als habe ihn jemand als Bügelbrett mißbraucht, aber zu seiner Überraschung war er nicht ernsthaft verletzt. Die Explosion des Helikopters hatte eine gewaltige Feuerwelle über den gesamten Platz rollen lassen, die ihm die Kleidung und Haare versengt hatte, und selbst jetzt noch konnte er schmerzhaft die Hitze spüren, die vom brennenden Wrack herüberwehte. Die Trainerin schien weniger abbekommen zu haben; er hatte sie ja auch mit seinem Körper geschützt.
Während er noch versuchte, vollends zu sich zu kommen, hörte er von hinten ein Geräusch, und als er sich umdrehte, stand da Tomoe unversehrt wie eine Göttin inmitten der Flammen und blickte besorgt in seine Richtung. "Ist bei euch alles in Ordnung?"
"Bestens." Der Student hustete. "Und du bist auch noch in Deckung gekommen?"
"Bin durch eine Fensterscheibe gesprungen", sagte Tomoe. "Zum Glück war sie schon kaputt - ich hab vorhin diese koreanische Zicke dagegengeschmissen. Wie geht's ihr und dem anderen Arsch eigentlich?"

Takashi sah mit zusammengekniffenen Augen in die Flammen. "Ich glaube, sie sind nicht erwischt wo..." Er unterbrach sich. "Halt, doch."
"Wo?" Tomoes Augen wanderten suchend über den Platz.
"Da hinten - aber schau lieber nicht hin", warnte der Student sie. "Der Heckrotor von dem Helikopter steckt in den beiden."
"Urgs." Die Volleyballerin blickte schnell wieder weg. "Ist Danryoku-sensei..."
Tsukune erhob sich mit wackeligen Knien und trat hinter dem Pfeiler hervor. "Immer noch in einem Stück", sagte sie. "Noch. Aber ich fürchte, das wird nicht mehr lange anhalten."
Tomoe sah sie verständnislos an. "Wieso - wir müssen doch nur warten, bis uns die US-Armee hier rausholt", sagte sie. "Ich nehme mal an, der Heli da hat mich für eins der Monster gehalten, so wie ich da rumgewieselt bin, aber die anderen..."

"Werden dich auch erschießen, wenn sie dich sehen", vollendete die Trainerin ihren Satz. "Die glauben, wir wären schon alle verseucht und würden uns noch in Monster verwandeln, und retten tun sie nur andere Amerikaner. Wir müssen hier irgendwie raus, ehe die da sind. Und das wird nicht mehr lange dauern - ich wette zehn zu eins, die schauen nach, wieso ihr Hubschrauber abgestürzt ist."
"Mist." Tomoe biß sich auf die Lippe. "Ich denke, ich könnte es hier rausschaffen, aber nur alleine. Eventuell schaffe ich es ja, mich irgendwie zu den Offizieren durchzuschlagen, die hier das Kommando haben. Wenn ich einen davon überzeugen kann, sich nicht nur um seine Landsleute zu kümmern..." Sie hielt plötzlich inne. "Oder... Moment, ich hab eine andere Idee. Wartet, ich bin in zwei Minuten wieder da!"
Und dann wandte sie sich um und jagte mit ungeheurer Geschwindigkeit davon.

"Hast du eine Idee, was sie vorhat?" fragte Tsukune Takashi.
"Keinen Schimmer", antwortete der Student. "Aber ich hoffe, es bringt was."

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"Go! Go! Go!"

Vier Soldaten der amerikanischen Marineinfanterie stürmten um die Ecke des großen Westparkhauses des Olympischen Dorfs, die Gewehre im Anschlag und gefolgt von einem langsam fahrenden gepanzerten Truppentransporter. Professionell deckten sie alle möglichen Angriffswinkel ab, spähten Scharfschützenpositionen aus und arbeiteten sich so zu der hohen Rauchsäule durch, die inzwischen wie ein Fahnenmast in den Himmel ragte.
Das erste Missionsbriefing war noch recht normal gewesen, aber der erste Kontakt mit dem Gegner hier im Olympischen Dorf hatte sogar die Marines heftig geschockt. Über zwei Meter große, muskelbepackte Riesen, die völlig unbeeindruckt eine Salve Kaliber 7.62 in den Bauch einsteckten, das sah man nicht jeden Tag; und dann bewegten sich diese Biester auch noch derart schnell, daß eine Unvorsichtigkeit den Tod bringen konnte. Nur, wenn man sie aus sicherer Entfernung mit mindestens einem halben Magazin vollpumpte, waren sie zu Fall zu bringen - alles in allem mehr als genug Gründe, hier etwas nervöser als sonst zu sein. Wie viele Gegner es waren, das wußte nämlich niemand.

"Sector secure!" bellte der Sergeant der Schwadron in sein Helmmikrofon, als er und seine Männer wieder einen Block hinter sich gelassen hatten, und der Truppentransporter rückte nach. Bei dem Fahrzeug handelte es sich eigentlich um eine mobile Intensivstation, ausgerüstet mit allem, was man zur Behandlung von Schwerverletzten brauchte, doch dafür war es vollkommen unbewaffnet und relativ schwerfällig. Der Sergeant mochte Missionen, bei denen seine Jungs als Geleitschutz für diese Dinger gebraucht wurde nicht besonders, aber Befehl war Befehl.
"We're in position", meldete sich sein Korporal über Funk bei ihm, und der Unteroffizier sah sich zum Transporter um, der auch fast nachgerückt war. "Wait for my go, then move", befahl er und versicherte sich noch einmal der Lage. Alle seine Leute standen bereit - gut.

Als das gepanzerte Fahrzeug auch in Stellung war, wirbelte der Sergeant wieder ums Eck und brüllte das nächste "Go go go!" ins Mikrofon. Es war nur noch ein Block bis zur Absturzstelle des Hubschraubers, und wenn der Feind sich dort hatte verschanzen können, würde es jetzt vielleicht heikel werden. Der nächste Sektor war sehr offen, und das bedeutete, daß seine Schwadron hier in erhöhter Gefahr durch feindliches Feuer war. Äußerste Vorsicht war angesagt.
Wie im Training unzählige Male geübt fächerte sich das Team sichelförmig auf und rückte langsam vor. In dieser Lage war jeder auf sich alleine gestellt. Jetzt kam es darauf an, den Gegner zu sehen, ehe er einen sah; jetzt würde jeder der Soldaten mit voller Aufmerksamkeit vorgehen. Keine Fehler mehr...

"Sarge, movement at one o'clock!" erklang im Helmkopfhörer des Sergeants die Stimme eines der beiden Gefreiten im Team. "Shall I bag 'em?"
"Negative!" Der Unteroffizier klappte sein Fernsichtvisier herunter und blickte in die Richtung, die sein Soldat ihm angezeigt hatte. "That's two - no, three bogies. Recon, check it out! Team, hold position."
"Affirmative!" bestätigte der Gefreite, riß sein Gewehr in den Anschlag und schritt langsam voran auf die Bewegung zu, die er gesehen hatte. Der Sergeant beobachtete sein Vorankommen durch das Visier und sah, wie in der Entfernung eine der Gestalten den Arm hochnahm und winkte. Leise konnte er hören, wie ein Ruf zu ihm und seinen Jungs herüberdrang... es klang wie "Heeeeelp!"
Kurze Zeit später kam die Rückmeldung seines Spähers. "Sir, Eagle, Eagle, Eagle!" erklang es in seinem Kopfhörer, und er lächelte. "Good job", brüllte er in das Mikrofon. "Radio, team up with recon and get those Eagles to the APC!"

Wie befohlen stürmte nun auch der zweite Gefreite vor, folgte dem anderen, und gemeinsam liefen die beiden auf die drei Gestalten zu, die aus der Richtung des abgestürzten Helikopters auf sie zukamen. Es waren unzweifelhaft drei amerikanische Sportler, ganz wie der Späher es gemeldet hatte - sie trugen die peppigen rot-weiß-blauen Trainingsanzüge des US-Olympiateams - und anscheinend war zumindest einer der drei leicht verletzt und humpelte, während ihn die beiden anderen stützten. Als die Soldaten bei ihnen waren, beschleunigten ihren Schritt leicht, und gemeinsam mit ihnen setzten sie den Weg zum Truppentransporter fort.
Als sie schließlich hinten eingestiegen und damit in Sicherheit waren, entspannte sich der Sergeant wieder. "Regroup!" befahl er, wartete, bis die beiden Gefreiten wieder in ihren Positionen waren, und dann setzte er die Mission fort. Zu seinem eigenen Glück bekam er nicht mit, was gerade in diesem Moment im Inneren des Truppentransporters vor sich ging.
 

Taleweaver

Scriptor
Kapitel 10

Mit einem leisen Seufzer rutschte der letzte der drei Militärärzte mit dem Rücken an der Wand herunter und verlor endgültig das Bewußtsein. Tomoe und Takashi hatten jeweils nur einen Sekundenbruchteil gebraucht, um die ersten beiden zu überwältigen und niederzuschlagen, der dritte war von Tsukune so lange mit dem Elektroschocker traktiert worden, bis sich die Volleyballerin auch um ihn hatte kümmern können. Jetzt lagen alle drei besinnungslos auf dem Boden des umgebauten Truppentransporters und würden um ihre Kopfschmerzen nicht zu beneiden sein, sobald sie aufwachten.
„Nicht schlecht“, staunte Tsukune. „Kein Wunder, daß ihr mal als Supersoldaten gezüchtet werden solltet, so wie ihr draufhauen könnt. Ich hoffe nur, der Fahrer von dem Transporter hat das nicht gehört.“
„Was?“ rief Takashi. „Sprechen Sie lauter, Danryoku-san, der Motor macht so einen Krach, daß man sein eigenes Wort kaum versteht!“
„Ich habe gesagt, ich hoffe... ach, war sowieso nicht so wichtig.“ Die Trainerin grinste. „Und wie geht's jetzt weiter?“

„Wir müssen die Amerikaner davon abhalten, das Massaker hier noch größer zu machen“, sagte Tomoe. „Und zwar bald. Ich hoffe, man bringt uns dorthin, von wo aus der ganze Einsatz geleitet wird.“
Tsukune überlegte, und ihr Gesicht wurde ernst. „Und wie willst du das anstellen?“ wollte sie wissen. „Es war eine tolle Idee von dir, die Trainingsanzüge für uns aus dem Merchandise-Lager zu klauen, aber spätestens wenn die unsere Namen überprüfen, merken die doch, daß wir keine Amerikaner sind.“
„Ich glaube nicht mal, daß die auf uns hören würden, wenn wir Amerikaner wären“, gab Takashi zu bedenken. „Zumindest nicht freiwillig. Wir müßten die Presse hierher bekommen; die Amis werden es nicht wagen, vor einer laufenden Kamera Leute zu erschießen.“
„Das dauert aber alles zu lange“, sagte Tomoe. „Bis wir einen Fernsehsender hier haben, sind schon wer weiß wie viele Leute tot. Nein, wir müssen das selbst in die Hand nehmen. Da muß es einen befehlshabenden Offizier geben; den bringen wir dazu, den Angriff abzublasen.“

Etwas skeptisch sah Tsukune zu ihr. „Und wie willst du das anstellen?“
Die Volleyballerin ließ ihre Fingerknöchel knacken. „Ich habe zwei schlagkräftige Argumente.“
„Und du meinst, der tut was wir sagen, weil du ihn verprügelst?“ Takashi schüttelte den Kopf. „Glaube kaum, daß das klappt. Besser, wir machen ihm klar, daß gar keine ernsthafte Gefahr besteht.“
„Der hört uns nie im Leben zu“, widersprach Tomoe heftig. „Denen muß mal jemand Verstand einprügeln; die sind doch alle total durchgeknallt! Bringen ihre Sportler nur zu Spielen, wenn man extra für sie Bunker baut, und die einzige Reaktion auf eine Gefahr, egal welche, besteht im Schußwaffengebrauch. Ich laß das denen nicht durchgehen, was bin ich denn...“
Tsukune legte der jüngeren Frau sachte eine Hand auf die Schulter. „Wenn jemand eine Tracht Prügel verdient“, sagte sie, „dann die Idioten, die Amerika regieren. Aber du gewinnst nichts, wenn du hier gewaltsam vorgehst. Es stimmt, wir müssen irgendwie schnell Gehör finden, aber nicht mit den Fäusten voraus. Wir brauchen einen Plan.“

In diesem Moment regte sich stöhnend einer der Ärzte am Boden des Fahrzeugs, und Tomoe sprang schon auf, als Takashi eine Hand hob. „Warte“, sagte er, „ich habe eine bessere Idee. Das hier sieht doch nach einem Krankenwagen aus; die haben doch bestimmt...“ Er öffnete eilig einige Schränke und überflog den Inhalt. „Ha, genau was ich suche!“
„Was hast du vor?“ wollte Tomoe wissen.
„Zwölf Milliliter von dem hier“, sagte er und schwenkte eine kleine Ampulle, „reichen aus, um einen erwachsenen Menschen vier bis sechs Stunden schlafen zu legen. Und da sind auch Spritzen und Nadeln. Ich studiere noch nicht lange Medizin, aber das war erst vor drei Wochen in Pharmazie dran.“
Die Volleyballerin sah ihn skeptisch an. „Und du bist sicher, davon passiert den Ärzten nichts?“
Der Student verzog das Gesicht. „Bestimmt weniger, als wenn du sie dauernd k.o. schlägst“, sagte er und zog die erste Spritze auf. „Moderne Narkotika haben keine Nebenwirkungen mehr, die mit denen eines fortgesetzten Schädel-Gehirn-Traumas zu vergleichen wäre.“

„ICH HABS!“ entfuhr es in diesem Moment Tsukune so laut, daß Takashi fast die Spritze aus der Hand gefallen wäre.
„Sie haben was?“
Tsukune zerrte den gerade wach werdenden Arzt auf die Beine. „Tomoe, hilf mir, ihm den Kittel auszuziehen“, sagte sie. „Takashi, du setzt ihm schon mal die Spritze.“
Der Student blickte sie nicht gerade sehr intelligent an. „Äh?“
„Wir verkleiden dich als Arzt“, sagte Tsukune, „und du erzählst dem leitenden Offizier, daß die Leute hier drinnen nicht krank sind. Dann bricht er diesen Wahnsinn bestimmt ab.“
„Mich als Arzt?!“ Takashis Augen weiteten sich. „Ich bin erst im fünften Trimester! Und ich sehe bei weitem nicht alt genug für einen voll studierten Mediziner aus!“
Tsukune lächelte grimmig, während sie den Arzt weiter hochhielt. „Wir Asiaten sehen doch für die Ausländer alle gleich aus“, sagte sie. „Als ich noch aktive Schwimmerin war, hat man mich nur deshalb nicht dauernd mit dem falschen Namen angesprochen, weil keine in meinem Team meine Oberweite hatte. Aber bei dir wird das bestimmt niemand merken. Außerdem – du siehst heute sowieso nicht besonders frisch und jugendlich aus.“
„Ich habe eine gebrochene Rippe!“ beschwerte sich Takashi.
„Um so besser.“

Mißmutig setzte der Student dem Arzt die Spritze, nachdem Tomoe ihm den Kittel ausgezogen hatte, und der ältere Mann – dem Namensschild auf seiner Dienstkleidung zufolge ein Lieutenant Connelly – sackte abermals in sich zusammen. Während ihn Tsukune behutsam wieder absetzte, reichte Tomoe den Kittel an Takashi weiter. „Die Größe müßte stimmen“, sagte sie. „Wenigstens ungefähr. Ich hoffe, du kannst besser Englisch als ich.“
„Schon“, nickte der Student und schlüpfte in das weiße, mantelartige Kleidungsstück, „aber leider habe ich bei Mr. Penningsworth britisches Englisch und kein amerikanisches gelernt. Den Akzent werde ich wohl simulieren müssen.“
„Ach, das paßt schon“, sagte Tsukune. „Laß dich anschauen – ja, perfekt! So, und jetzt legen wir noch unsere drei schlafenden Schönheiten auf die Bahren. Dann wirkt hier drinnen auch alles normal.“
Takashi verkniff sich einen weiteren Kommentar darüber, was Tsukune hier für Normalität hielt und setzte den verbliebenen zwei Ärzten noch je eine Spritze mit dem Betäubungsmittel. „Erledigt“, meinte er, „und nun können wir nur noch abwarten.“

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„Sir, no dog tags, Sir!“ Inzwischen war der Sergeant dazu übergegangen, seinen Bericht über Funk zu brüllen – wenn er normal sprach, glaubte sein Vorgesetzter anscheinend, er würde ihn nicht richtig hören. „Three dead bodies inside the helo and some goddamn machine-thing with human heads on top, but not a single fucking dog tag on the entire site.“
„Did they melt, or what?“ drang die Stimme von Lieutenant Colonel Anderson durch seinen Kopfhörer zu ihm. „I want our boys accounted for!“
Der Sergeant biß die Zähne zusammen – wie konnte jemand nur so begriffsstutzig sein. „Sir, with all due respect“, brüllte er in sein Helmmikrofon, „I don't think these bodies here are our boys, Sir! No ID on any of the men, and that helo has an M60 turret support gun. The Cavalry aren't using the M60 any longer; they got the SM09 four months ago.“
Einen Moment herrschte Funkstille. „Repeat that, Snoop One“, kam dann die Anweisung.
„SIR, THESE FUCKING DEAD AREN'T OUR BOYS, SIR!“ brüllte der Sergeant in sein Mikrofon, daß ihm die entstehende Rückkoppelung selbst in den Ohren dröhnte. „Someone fucked us up REAL GOOD and sent that FUCKING helo into our FUCKING lines pretending it was THE FUCK one of ours. With all due respect, Sir.“
Ein weiterer Moment Stille entstand.

„Copy that, Snoop One“, ertönte dann die Stimme Andersons aus dem Kopfhörer, und der Sergeant atmete erleichtert auf. Endlich hatte dieser Idiot am anderen Ende kapiert, daß hier irgend etwas gewaltig schief lief. Und wenn er sein Offizierspatent nicht beim Pokern gewonnen hatte, würde er dafür sorgen, daß es nicht noch weitere Überraschungen gab.

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Die Türen des umgebauten Truppentransporters schwangen auf, und Takashi schob sofort eine der Bahren nach hinten, auf die die drei Japaner den Arzt gelegt hatten. „Give me a hand“, rief er den draußen stehenden Soldaten zu, „I've got an emergency here.“
Es klappte – sofort trat einer der Soldaten heran und faßte vorne mit an, um den scheinbaren Verwundeten herauszuheben. Takashi stieg aus dem Fahrzeug, gefolgt von Tsukune und Tomoe, und drückte sein Ende der Bahre sofort einem zweiten Amerikaner in die Hände. „Take him to Medical. I'm with him in a minute.“
„Yes Sir!“ Der Soldat nickte kurz und machte sich sogleich auf den Weg. Inzwischen sah sich Takashi in seiner näheren Umgebung um. Offensichtlich hatte man ihn und die anderen in ein provisorisches Auffanglager gebracht und auch schon andere Sportler hierher evakuiert – in einiger Entfernung sah er eine kleine Gruppe junger Leute, die die markanten rot-weiß-blauen Trainingsanzüge der US-Olympiamannschaft trugen.
„Where is your commanding officer, Corporal?“ wandte sich der Student an einen anderen der Soldaten, dessen Rangabzeichen er erkennen konnte.

Der Corporal musterte ihn etwas irritiert. „Lieutenant Colonel Anderson is at Tac Ops“, sagte er.
„Excellent.“ Takashi nickte. „Take me to him immediately.“
„Sir?“ Wieder musterte ihn der Soldat etwas ungläubig. „My orders are to guard the Eagles' arrival. I don't think I can leave my post.“
Nun blickte ihn Takashi etwas irritiert an. „I need to see the Lieutenant Colonel at once“, sagte er nochmals nachdrücklich. „I have news of utmost importance.“
„Utmost?“ Der Gesichtsausdruck des Corporals war nun vollends verwirrt. „Whaddayamean?“ Dann plötzlich verfinsterte sich sein Blick. „Sir, I need to see some ID!“
„Uh – sure.“ Etwas verwundert über den plötzlichen Sinneswandel nahm er den kleinen Klemmausweis von dem Ärztekittel ab, auf dem der Name von Lieutenant Connelly stand und reichte ihn dem Soldaten. „May I ask why...“
Wortlos zog der Corporal das Namensschild aus der Hülle und klappte es auf. „TRN, Sir?“
„Er – what?“

„Sir, you're under arrest“, gab der Soldat sofort zurück, zog mit einer fließenden Bewegung die Pistole an seiner Hüfte und richtete sie auf Takeshi. „Get on your knees and raise your hands behind your neck.“
„WHAT?!“ Dem Studenten fiel die Kinnlade herunter. „But...“
„Get on your knees NOW!“ wiederholte der Corporal deutlich schärfer und hob die Waffe, daß sie auf Takashis Kopf gerichtet war.
Mit einem Schlucken ging Takashi wie befohlen auf die Knie und nahm die Arme hinter den Kopf. Was auch immer „TRN“ war, anscheinend war es nicht gut, wenn er es nicht wußte. Und offenbar war es auch nicht gut, in der Gegenwart von Soldaten kompliziertes Vokabular zu verwenden, der Reaktion auf das wort „utmost“ zu schließen. Der Plan war eindeutig in die Hose gegangen. Er konnte nur hoffen, daß man sich vollends auf ihn konzentrierte und wenigstens Tsukune und Tomoe nicht weiter behelligte....

In diesem Moment fauchte ein Windhauch über Takashis Kopf hinweg, und die Pistole in der Hand des Corporals flog weit durch die Luft. Tomoes zweiter Tritt traf den Soldaten selbst vor die Brust, hob ihn vom Boden hoch und ließ ihn meterweit nach hinten segeln. Augenblicklich rissen die umstehenden Soldaten ihre Waffen hoch, doch wie ein Wirbelwind fuhr die Japanerin herum, sauste durch ihre Reihen, und wo ihre Arme und Beine hinflogen, wurden die GIs zur Seite geschleudert und landeten am Boden und aufeinander.
In weniger als zehn Sekunden stand um den Truppentransporter herum kein Soldat mehr, der noch zur Gegenwehr in der Lage gewesen wäre. Tomoe landete mit einem letzten Salto wieder neben Takashi und riß ihn auf die Beine. „Jetzt ist mein Plan an der Reihe“, sagte sie. „Wir schlagen uns zum Kommandanten durch und prügeln ihm Vernunft ein. Wo ist er?“
„Woher soll ich das wissen?“ gab Takashi zurück. „So weit bin ich mit meinen Fragen noch nicht gekommen. Übrigens – wir kriegen neue Probleme.“

Er deutete in Richtung der amerikanischen Sportler, und als sich Tomoe umsah, liefen von dort tatsächlich einige weitere Soldaten auf sie zu. Ihre Attacke eben war nicht unbemerkt geblieben – aber egal, damit würde sie auch noch fertig werden. Aus dem Stand sprang sie mit einem Satz hoch in die Luft und von oben in die Gruppe der näherkommenden GIs hinein, die zwar noch ihre Gewehre hochrissen, aber nicht mehr zum Schuß kamen, ehe die Japanerin zwischen ihnen landete und sofort wieder loslegte. Zwei stieß sie einfach nur heftig von sich, daß sie nach links und rechts davonflogen, einem dritten rammte sie das Knie in den Bauch, daß er würgend zusammenbrach, und dann sprang sie nochmals auf, um die letzten vier mit Tritten von oben außer Gefecht zu setzen...

...doch dazu kam sie nicht, denn während sie nach oben aufstieg, packte sie kurzentschlossen einer der Soldaten an ihrem langen Haarschopf und hielt sie mit aller Gewalt fest, und obwohl es ihn selbst ein gutes Stück von den Beinen hob, brachte es Tomoe weit genug aus dem Gleichgewicht, daß sie wieder zurück zum Boden mußte. Wutentbrannt wollte sie sich sofort auf ihn stürzen, doch in dem Moment warfen sich noch zwei der anderen Soldaten auf ihr Haar und klammerten sich daran fest, so daß sie auch ihren zweiten Sprung schmerzerfüllt abbrechen mußte. Und ehe sie noch zu einem dritten kam, knallte ihr jemand von hinten etwas hartes metallisches ins Genick. Die Japanerin fiel selbstverständlich nicht – da brauchte es schon mehr, um sie zu überwältigen – aber ihr war sofort klar, daß es sich dabei nur um einen Gewehrlauf handeln konnte.
Einen kurzen Moment überdachte Tomoe noch ihre Situation, dann fiel sie auf die Knie. Egal was sie jetzt tat, es würde nicht ausreichen. Solange die drei anderen sie am Haar festhielten, war nicht daran zu denken, den Soldaten hinter ihr auszuschalten, und bei einem Angriff auf die anderen wäre sie unweigerlich von hinten erschossen worden. Es war aus, sie hatte verloren. Hoffentlich würden die Amerikaner sie wenigstens nur gefangennehmen, dann hatte sie noch eine Chance, die Wahrheit zu berichten...

„What are ya waitin' for?“ hörte sie in diesem Moment aus einiger Entfernung die Stimme des Corporals, dem sie die vorhin die Pistole aus der Hand getreten hatte. „Kill that bitch!“
„Right on!“ Der Gewehrlauf drückte sich ihr abermals fest in den Nacken, und Tomoe schloß die Augen.
Dann hörte sie ein Zischen in der Luft, einen dumpfen Aufschlag, der Gewehrlauf löste sich und hinter ihr plumpste ein schwerer Körper zu Boden. Tomoe wagte ein Blinzeln, und ein Baseball rollte langsam davon.
„Are you nuts?“ brüllte eine Stimme aus der entgegengesetzten Richtung. „That's Tommy Neowashy, from the volleyballing Japs! You're shootin' a damn celebrity!“
Die Japanerin wagte einen Blick zur Seite und sah eine kleine Gruppe der amerikanischen Sportler auf sie zukommen, angeführt von einem hochgewachsenen jungen blonden Mann, den sie auf Anfang zwanzig schätzte. Er schien reichlich aufgebracht zu sein, und die anderen hinter ihm machten auch nicht gerade einen sehr zufriedenen Eindruck. Einer mit besonders breiten Schultern hielt sogar einen Baseballschläger in der Hand und wirkte so, als würde er ihn gerne benutzen.

„Way to go, Nick!“ brüllte in diesem Moment von der anderen Seite Takashi herüber und lief eilig auf ihn zu, wobei er Tsukune kurzerhand am Handgelenk faßte und mit sich zog. „Great pitch! So you made it into the team, eh?“
„Takashi?“ Der blonde Amerikaner hielt erstaunt inne, dann lachte er auf. „Hell, yeah! Great to see you!“
Tomoe erhob sich langsam, wobei sie jede heftige Bewegung vermied, die die drei verunsicherten Soldaten vielleicht zu einer Überreaktion veranlaßt hätte. „Kann mir mal jemand erklären, was hier los ist?“ fragte sie in Takashis Richtung.
„Das da ist Nick Arnold vom amerikanischen Baseball-Olympiateam“, rief der Student ihr zu. „Ich war doch im Baseballteam der Uni Tokio, und er hat bei uns ebenfalls ein Auslandsstudium absolviert. Lausiges Japanisch, aber ein wirklich guter Pitcher.“

Der Amerikaner grinste Tomoe an. „Hi, Neowashy-kun“, sagte er. „Ich kennen von Fernsehen dich. Du gut mit Bälle, und auch gut mit Beine, ich sehe.“
„Danke für die Hilfe, Arnold-kun“, gab die Japanerin zurück. „Hör zu, wir haben da ein größeres Problem. Im Olympischen Dorf...“
„Stay back, Mr. Arnold“, rief in diesem Moment einer der drei Soldaten dem Baseballspieler zu. „She's probably infected!“
„She isn't!“ brüllte von der anderen Seite Takeshi. „There is no virus! It's all a plot to discredit the US!“
„Shoot them!“ kam von noch weiter hinten der Befehl des Corporals herüber. „Shoot all three of them! That's an order!“
„Then shoot me too!“ schrie Nick und sprang an Tomoes Seite.
„And me!“ schloß sich der breitschultrige Sportler mit dem Baseballschläger an.
„And me!“
„And me!“

„HOLD YOUR FIRE!“ kam in diesem Moment mit ungeheurer Lautstärke ein gebellter Befehl durch ein Megaphon, und aus dem Zentrum des kleinen Militärlagers vor dem Olympischen Dorf löste sich Lieutenant Colonel Anderson und trat auf die kleine Gruppe von Sportlern und Soldaten zu.
„What the fuck is going on here?“ verlangte der Offizier zu wissen. Sein Blick richtete sich auf Tomoe, und er stutzte. „Why are you holding that woman by her hair?!“
„She's infected“, keuchte der Corporal, der es inzwischen geschafft hatte, sich heranzuschleppen. „All three of the Japs are. Requesting permission to dispose of them, Sir.“
„Hell, you WON'T!“ Nick stellte sich wütend vor Tomoe. „She's in the Olympic Team!“

Takashi hob zaghaft eine Hand. „If I may explain this?“
Anderson richtete seinen Blick auf ihn. „Sie können das erklären?“ fragte er in nahezu akzentfreiem Japanisch.
„Ja, ich...“ Der Student hielt überrascht inne, nickte dann und setzte neu an. „Wir sind nicht mit dem Virus infiziert, das man Ihnen gemeldet hat, Oberstleutnant Anderson. Genauer gesagt, es gibt kein Virus.“
„Was?“ Der Offizier hob eine Augenbraue. „Unfug. Unsere eigenen Beobachtungen haben die Existenz von gefährlichen Mutationen hier auf dem Gelände bestätigt.“
Takashi nickte. „Völlig richtig, Oberstleutnant Anderson“, sagte er, „aber die sind nicht durch Einwirkung eines Virus oder anderer biologischer Stoffe entstanden. Hier sind Nanomaschinen am Werk, mikroskopisch kleine Roboter, die man in den Blutkreislauf einiger Leute eingeschleust hat. Elektrischer Strom mit hoher Spannung und niederer Amperezahl deaktiviert diese Maschinen allerdings wieder. Elektroschockwaffen können die Mutationen beenden; das haben wir schon selbst erprobt.“

Immer noch skeptisch betrachtete Anderson den Studenten. „Sie sind verdächtig gut informiert, junger Mann“, sagte er. „Wer sind Sie, daß Sie so viel wissen?“
Takashi stand vor einem Dilemma. Gab er zu, daß er nur ein Medizinstudent war, würde sein Wort nicht viel zählen. Aber sich als Spezialist für dieses Fachgebiet auszugeben, das war heikel – eine Lüge hatte er bereits versucht, und die zweite würde ihn wahrscheinlich vollends unglaubwürdig machen.

Schließlich entschied er sich für die Wahrheit – genauer gesagt für den Teil der Wahrheit, der für ihn sprach. „Mein Name ist Takashi Katasa von der Universität Tokio“, sagte er, „medizinische Fakultät. Ich bin auf Anweisung von Professor Sakura Koufun vom Lehrstuhl für transgenetische Biologie hier im Olympischen Dorf, und sie ist hier im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Seuchenschutz.“
„Sie können sich sicherlich in ihrer Funktion ausweisen?“ wollte Anderson wissen.
„Rufen Sie einfach in der Universität Tokio an und fragen sie nach dem Lehrstuhl von Professor Koufun“, schlug Takashi vor. „Die werden Ihnen bestätigen, daß ich dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingeschrieben bin, und Professor Koufun hat sicherlich eine Abwesenheitsnotiz hinterlassen.“ 'Und hoffentlich verschweigen sie, daß ich nur als studentischer wissenschaftlicher Mitarbeiter eingeschrieben bin', fügte er in Gedanken dazu, aber das behielt er für sich.
Der Offizier sah ihm einen Moment fest in die Augen, dann nickte er. „Sie werden mir dieses... Chaos hier noch eingehend erklären – aber später. Elektroschockwaffen sind wirksam gegen die Mutationen, sagten sie?“

„Richtig“, nickte Takashi eilig. „Die Wachleute tragen allesamt Elektroschlagstöcke, die reichen vollkommen...“
„Wir haben bessere Ausrüstung als das“, winkte Anderson ab. „Wie groß ist die Ansteckungsgefahr, die von diesen mikroskopischen Maschinen-Dingern ausgeht?“
Der Student überlegte kurz. „Sehr gering“, sagte er dann. „Man müßte schon direkt infiziertes Blut in den eigenen Körper bekommen, um sich anzustecken.“
„Gut.“ Anderson griff zu einem Funkgerät an seinem Gürtel, drehte am Frequenzwähler und nahm es dann vor den Mund. „Star-spangled Rescue from Seal Alpha. Abort, abort, abort. Report in.“
„Seal Alpha from Beacon One“, kam es aus dem Gerät. „Reporting in and requesting confirmation for abort.“
„Beacon One, confirming abort“, bestätigte Anderson den Befehl, und nun meldeten sich in kurzer Reihenfolge mehrere Stimmen, wahrscheinlich die Befehlshabenden der Einsatzteams im Olympischen Dorf, die sich den Befehl für den Abbruch ihrer Mission bestätigen ließen.“

Tomoe blickte fragend von Takashi zu Lieutenant Colonel Anderson. „Ist es vorbei?“ wollte sie wissen.
Der Student lächelte ihr zu. „Ja, jetzt ist es vorbei“, sagte er. „Der Lieutenant Colonel ruft soeben seine Soldaten zurück.“
„Gut.“ Die Volleyballerin sah zu den drei GIs, die immer noch nahe bei ihr standen. „Könnten dann diese Trottel hier endlich meine Haare loslassen?“

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TERRORANSCHLAG IM OLYMPISCHEN DORF FORDERT ÜBER SECHZIG MENSCHENLEBEN – POLITISCHER HINTERGRUND VERMUTET - „Asahi Shimbun“

MUTANTEN MORDEN MEDAILLENHOFFNUNGEN - „Mainichi Daily News“

61 TOTE NACH ANSCHLAG IM OLYMPISCHEN DORF – REAKTION VON US-SOLDATEN LÖST INTERNATIONALE BESTÜRZUNG AUS – „The Times“

TERROR IN TOKIO – SCHNELLES EINGREIFEN DER ARMEE VERHINDERT TOD VON AMERIKANISCHEN SPORTHELDEN - „Chicago Sun-Tribune“

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Die Sonne war schon über dem Olympiastadion von Tokio untergegangen, als die Abschlußzeremonie der Spiele begann, und bis auf den letzten Platz drängten sich die Menschen darin. Es waren keine friedlichen Spiele gewesen, wie man es sich gewünscht hatte, und auch nicht wirklich fröhliche, aber den Menschen würde noch lange in Erinnerung bleiben, was diesmal geschehen war. Man hatte die sportlichen Wettkämpfe nicht abgebrochen, den entsetzlichen Ereignissen im Olympischen Dorf zum Trotz, und bis zum letzten Tag war keine der Nationen abgereist.
Nun stand die letzte Feierlichkeit bevor, und hier endlich hatte man die gesamte Planung noch einmal geändert, um den Geschehnissen Rechnung zu tragen. Das fröhliche Abschlußzeremoniell war abgesagt und statt dessen eine große Abendandacht organisiert worden. Ehemalige Olympiasieger waren eingeladen worden, um für die Toten im Olympischen Dorf Gedenkreden zu halten, und nun warteten sie in einer langen Reihe darauf, vorzutreten und diejenigen zu ehren, die nicht mehr unter ihren Freunden weilten.

Doch die erste Rede des Tages hielt kein Olympiasieger, sondern eine Frau, die vor einigen Jahren nur eine Silbermedaille errungen hatte: Tsukune Danryoku stand als erste auf dem Podest vor dem Lautsprecher, und sie trug einen schlichten weißen Kimono als Zeichen ihrer Trauer. Mühsam hatte sie auf dem Weg zum Rednerpult ihre Tränen heruntergeschluckt, und nun fühlte sie sich mehr oder minder bereit. Besser würde es jedenfalls nicht mehr werden.
„Liebe Gäste aus der ganzen Welt“, begann sie langsam und etwas stockend, „die vergangenen Tage liegen nun hinter uns, und es sollten Tage der Freude und des friedlichen Wettkampfs der Nationen werden. Viele hatten die Hoffnung, hier Großes vollbringen zu können, und Großes wurde vollbracht. Wir haben neue Weltrekorde gesehen, Weltrekorde im Weitsprung, im Hammerwerfen der Frauen und natürlich im Marathonlauf – ein Rekord, der mich persönlich natürlich am meisten freuen sollte, wurde er doch von einem meiner Mitjapaner errungen.

„Aber über allen diesen Leistungen liegt der Schatten der Ereignisse, die sich im Olympischen Dorf zugetragen haben und die Trauer über die Menschen, die nie wieder zu ihren Familien zurückkehren werden. Und wer bei diesen Spielen eine Medaille errungen hat, der weiß genau, daß man sich wahrscheinlich weniger an ihn und seine Erfolge erinnern wird als an die Tragödie, die hier geschah.
„In den nächsten Stunden werden Sie vieles über die einundsechzig Menschen erfahren, die von diesen Olympischen Spielen nicht mehr zurückkehren werden. Die meisten von ihnen sind Japaner wie ich, und jeder einzelne von ihnen hinterläßt eine unwiederbringliche Lücke in seinem Land, seinem Freundeskreis und seiner Familie. Sie alle haben Großes geleistet, sei es als Sportler für ihre Nation oder als Feuerwehrmann im Dienst der Sicherheit von uns allen. Und ihnen allen wird heute abend die Ehre zuteil werden, die sie schon im Leben verdient hätten. Es liegt in der traurigen Natur einer Gedenkfeier wie dieser, daß sie zwangsläufig immer zu spät kommt.

„Zuvor jedoch, möchte ich an eine ganz besonderen Person erinnern, die ebenfalls in den vergangenen Tagen ihr Leben lassen mußte. Sie gehörte nicht zu den Leuten, die unter normalen Umständen von der Tragödie betroffen gewesen wären, aber ohne ihr mutiges Eingreifen im Olympischen Dorf wäre ich heute nicht hier. Und – ohne ihren sofortigen Entschluß, bei der ersten Nachricht über die entsetzlichen Ereignisse sofort anzureisen und tatkräftig an einer Heilung für den Kampfstoff zu arbeiten, der gutmütige, friedliche Menschen in wilde Bestien verwandelte, wäre die Wahrheit über diese scheinbare Seuche nie ans Tageslicht gekommen.
„Diese Person war Professor Sakura Koufun, meine alte Jugendfreundin. Sie wurde von den Menschen getötet, die den Schrecken über das Olympische Dorf brachten, jedoch nicht, ehe sie deren Pläne durchschauen konnte. Aus ihren Aufzeichnungen wurde ersichtlich, was genau geschehen war, und wenn Sie sich gefragt haben, warum sie beim Betreten und Verlassen jeder Sportstätte über eine magnetische Induktionsplatte treten mußten, dann kann ich Ihnen sagen, daß eben dies Professor Koufuns Idee zur Behandlung der künstlichen Seuche war. Wir alle hier verdanken ihrer Forschung, daß die Spiele auch nach der Tragödie weitergehen konnten, weil wir durch sie sicher waren, daß keine Gefahr mehr bestand.
„Sakura Koufun war keine Sportlerin. Sie war seit ihrer Jugend querschnittsgelähmt. Sportliche Auszeichnungen haben sie nie interessiert. Trotzdem sie war ein fröhlicher Mensch. Traurigkeit lag ihr nicht, und ich weiß, sie hätte nicht gerne die Menschen um sie trauern sehen, so wie es all diejenigen verdient haben, über die Sie heute abend noch viel erfahren werden. Aber sie hätte sich sehr gefreut, Sie heute abend für sie klatschen zu hören.

„Darf ich daher um einen großen Applaus für Professor Sakura Koufun bitten?“
Erst zögerlich, doch dann immer lauter erhob sich der Beifall in den Rängen des Olympiastadions, schwoll weiter und weiter an, und schließlich erfüllte er die ganze Arena mit tosendem Rauschen. Nur zwei Menschen klatschten nicht mit, und das waren Tomoe und Takashi, die in der VIP-Lounge saßen. Tomoe rannen die Tränen über die Wangen, und sie drückte fest Takashis Hand, was der Grund dafür war, daß beide nicht klatschten, und auch dem Studenten standen die Tränen in den Augen.
„Laß uns gehen“, wisperte Tomoe ihm ins Ohr und stand auf, und Takashi folgte ihr ohne Widerspruch. Auch er hielt es kaum mehr im Stadion aus; er hätte selbst nicht gedacht, daß die Ereignisse ihn so mitnehmen würden, doch schon direkt nach seiner glücklichen Heimkehr aus dem Olympischen Dorf war er in Lethargie versunken. Eine Mischung aus Trauer und Entsetzen hatte ihn ergriffen, kaum daß er in Sicherheit gewesen war, und Tomoe war es kaum besser ergangen. Sie hatte ihre weitere Teilnahme an den Spielen bei der ersten Gelegenheit abgesagt, und als Takashi sie wieder gesehen hatte, waren ihre Haare bis auf kurze Stoppeln abgeschnitten gewesen und sie in einen mausgrauen Trainingsanzug gekleidet, den sie selbst jetzt noch trug. Sie hatte kaum ein Wort gesprochen; die Aufforderung eben war schon sehr viel gewesen.

Takashi wäre gerne näher bei Mika gewesen, doch Tomoe brauchte seine Aufmerksamkeit jetzt mehr. Die Schwimmerin war weiter bei ihrem Team geblieben und war, nachdem ihre Blessuren erstaunlich schnell verheilt waren, sogar wieder bei den Wettbewerben angetreten und hatte die erste Schwimm-Goldmedaille für Japan in diesem Jahrtausend geholt. Mit der Einstellung „Jetzt erst recht“ hatte sie ihre Erlebnisse gut verarbeiten können, und außerdem stand sie nun gleich in zweifacher Hinsicht im Zentrum des Medieninteresses: zum einen mit ihren sportlichen Leistungen, zum anderen als Überlebende der Bedrohung im Olympischen Dorf. Sie kam alleine zurecht.
Tomoe und Takashi liefen in Richtung des Ausgangs. Bis auf die Ordner im Stadion waren die Gänge gespenstisch leer; alle Zuschauer saßen auf ihren Plätzen und lauschten ergriffen der Gedenkzeremonie für die Opfer der Tragödie. Um so besser; so sah niemand, wie die beiden hier vor der düsteren Stimmung flohen. Nicht auszudenken, wenn ein Reporter Tomoe hier entdeckt hätte – die Schlagzeilen wären für ihre sportliche Karriere katastrophal gewesen...
„Guten Abend, Niowase-san. Guten Abend, Katasa-san.“

Erschrocken fuhren die beiden jungen Leute herum, als aus einem Türeingang die hochgewachsene Gestalt eines Mannes in Uniform trat und eine Hand zum Gruß hob. Takashi brauchte einen kurzen Moment, doch dann hatte er ihn erkannt.
„Oberstleutnant Anderson?“
„Derselbe.“ Der Lieutenant Colonel nickte ihm und Tomoe zu. „Ich dachte mir, Sie hier antreffen zu können.“
Takashi sah ihn finster an. „Was wollen Sie?“
Beruhigend hob Anderson beide Hände. „Ich bin nicht hier, um Ihnen irgendwelche Forderungen zu stellen“, sagte er. „Ich wollte Ihnen beiden nur mein Beileid für ihren schweren Verlust ausdrücken.“
„Dann haben Sie das jetzt getan“, sagte Tomoe leise. „Also können wir weitergehen. Gute Nacht, Oberstleutnant-san.“

„Einen Augenblick noch“, unterbrach Anderson sie, als die beiden sich wieder zum Gehen wenden wollten. „Ich weiß, daß Sie meinem Land gegenüber mit Sicherheit durch die letzten Ereignisse einige Vorbehalte entwickelt haben. Unsere Reaktionen sind Ihnen wahrscheinlich überhastet und unnötig brutal vorgekommen. Ich war selbst nicht davon begeistert, aber meine Befehle waren leider eindeutig.“
Takashi winkte ab. „Sie haben nur Befehle ausgeführt, ich weiß schon“, sagte er müde. „Die übliche Ausrede aller Soldaten, wenn was total in die Hose gegangen ist.“
Mit schmalen Lippen schüttelte Anderson den Kopf. „Sie mißverstehen mich“, sagte er. „Ich sah mich selbst nie als Vertreter amerikanischer Interessen in Japan. Ich habe meine Rolle hier immer als die eines Beschützers von Japan verstanden. Ich wollte Schaden von Ihnen abwenden, nicht von den Vereinigten Staaten. Deswegen bin ich auch heute abend zu Ihnen gekommen.“
„Dafür ist es jetzt vielleicht ein bißchen spät“, sagte Takashi. „Der Schaden ist schon angerichtet.“
„Aber noch nicht vollkommen“, gab Anderson zurück. „Hier, das habe ich Ihnen mitgebracht.“

Der Offizier bückte sich, hob einen kleinen Attachékoffer auf, der am Türrahmen gelehnt hatte und reichte ihn dem Studenten. „Das hier ist wohl in Ihren Händen am besten aufgehoben“, sagte er.
Takashi nahm den Koffer mit verständnisloser Miene an sich. „Was ist das?“
„Das sind die gesammelten Aufzeichnungen von Professor Koufun über ihre Forschungen bezüglich des Impfstoffs XXX“, erklärte Anderson. „Ich denke, Sie werden mit diesen Ergebnissen am besten...“
„Was?!“ Der Student starrte ihn fassungslos an. „Wie... wie kommt das alles in ihre Hände?“
Anderson seufzte. „Darauf bin ich nicht wirklich stolz“, sagte er. „Ich habe mein Bestes getan, über die Ereignisse im Olympischen Dorf Stillschweigen zu bewahren, vor allem, was Sie beide und Danryoku-san angeht. Sie waren nicht unbedingt sehr unauffällig, wenn ich das mal so ausdrücken darf, und wirklich jeder hat gesehen, daß an Ihnen etwas Besonderes dran ist. Leider ist diese Infomation nach draußen gesickert, und unser Geheimdienst hat prompt deswegen Ermittlungen aufgenommen und in einer verdeckten Operation die Dokumente hier in seinen Besitz gebracht. Ich habe mehr als nur ein paar Hebel in Bewegung setzen müssen, um sie in meine Hände zu bekommen.“

„Wie konnten Sie nur?“ fauchte nun auch Tomoe. „Ich dachte, Japan wäre ein Verbündeter der USA – wie kommen Sie dazu, uns zu bespitzeln?“
„Es ließ sich kaum mehr vermeiden“, gab Anderson zurück, „nicht nach Ihrem Auftritt, und noch weniger, nachdem wir bei der Untersuchung eines Hubschrauberabsturzes im Olympischen Dorf feststellen mußten, daß bereits ein fremder Geheimdienst seine Finger mit im Spiel hatten. Wir mußten uns versichern, daß Professor Koufun keinen Verrat begangen hatte; darum die Beschlagnahmung ihrer Unterlagen. Und leider sind nun einige höhere Stellen über Impfstoff XXX informiert – und auch über Sie beide.“
Tomoe trat wütend einen Schritt auf den Offizier zu, und nur die Tatsache, daß Takashi sie an der Schulter festhielt, verhinderte in diesem Moment wahrscheinlich Schlimmeres. „Sie haben ja gar keine Ahnung, was das bedeutet“, fuhr sie Anderson wütend an. „Im Wissen zu leben, daß man niemals ein ganz normaler Mensch sein wird, das ist...“
„Glauben Sie mir, ich verstehe sie“, gab der Lieutenant Colonel zurück. „Viele normale Dinge sind Ihnen verwehrt, und dann laufen Ihnen auch noch diese nordkoreanischen Verrückten und ihre kybernetischen Implantate über den Weg. Unsere Spezialisten haben diesen Metallhybriden übrigens auseinandergenommen – die beiden Agenten hatten sich ihre Geschlechtsorgane durch Apparaturen ersetzen lassen, die ständig die Nanomaschinen herstellten, deren Auswirkungen Sie im Olympischen Dorf ja sahen. Wirklich wahnsinnige Konstruktionen – versetzen den Körper ständig in erhöhte sexuelle Erregung, und auf ein Funksignal lösen sie dann diese ekelhaften Veränderungen zu Monstern aus...“

Takashi winkte müde ab. „So genau will ich gar nicht wissen, was da los war“, sagte er. „Sie haben mir die Unterlagen von Professor Koufun gegeben. Darf ich also davon ausgehen, daß Sie nichts Wichtiges mehr mit uns zu besprechen haben?“
Anderson hob eine Hand. „Noch nicht ganz“, sagte er. „Zunächst einmal sollten Sie wissen, daß Sie von mir die einzige Fassung erhalten haben, die von diesen Dokumenten existiert. Es wurde bisher ein Satz Kopien angefertigt, und deren Vernichtung habe ich heute früh befohlen.“
„Bitte?“ Takashi glaubte, er habe nicht recht gehört. „Warum das denn?“
„Ich sagte doch, ich sah mich immer als ein Beschützer Japans, nicht als Vertreter amerikanischer Interessen in Ihrem Land.“ Anderson lächelte kurz. „Ich finde, es ist meine Pflicht, Sie vor den Konsequenzen zu schützen, die sich aus einer geheimdienstlichen Ermittlung gegen Sie beide ergeben würden.“
Tomoe und Takashi sahen sich beide verblüfft an, dann blickten sie wieder zurück zu Anderson. „Und das können Sie vor Ihren Vorgesetzten verantworten?“ wollte die junge Frau wissen.
Der Offizier seufzte. „Wahrscheinlich nicht“, sagte er. „Ich nehme an, das wird das Ende meiner Karriere ausmachen. Aber wenigstens kann ich mit Fug und Recht von mir sagen, meiner Aufgabe treu geblieben zu sein. Ach ja, und für Sie habe ich auch noch etwas, Niowase-san.“ Er griff in die Brusttasche seiner Uniform und zog eine Mini-DVD hervor. „Hier, für Sie.“

„Was ist das hier?“ fragte Tomoe und griff nach dem kleinen Datenträger.
„Das ist ein wissenschaftlicher Bericht, der vor zwei Jahren am MIT angefertigt wurde“, sagte Anderson. „Der Geheimdienst hat ihn im Zusammenhang mit Professor Koufuns Forschungen ausgegraben. Er wurde nie veröffentlicht – wahrscheinlich war es seinem Verfasser zu heikel, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Sein Inhalt ist nämlich ein bißchen... sagen wir, peinlich. Er enthält die Antwort auf eine Frage, an der Professor Koufun einige Jahre lang geforscht hat, die sie aber mit ihren begrenzten Mitteln nicht ausarbeiten wollte.“
Interessiert beäugte Takashi die Mini-DVD. „Um welche Frage geht es da genau?“
Anderson lächelte. „Ich habe mir viele Gedanken gemacht, Katasa-san“, sagte er, „und ich bin zum Ergebnis gekommen, daß diese Information in den Händen von Niowase-san am besten aufgehoben ist. Sie ist diejenige, die es am stärksten betrifft.“
„Na dann...“ Tomoe steckte den Datenträger in die Seitentasche ihres Trainingsanzugs. „Danke, Oberstleutnant-san. Ich hoffe, Sie hatten wegen uns nicht zu viele Umstände.“
„Keine, die ich mir nicht gerne gemacht hätte.“ Anderson wandte sich um und öffnete die Tür, aus der er gekommen war. „Einen angenehmen Abend noch. Und leben Sie wohl.“
„Leben Sie wohl, Oberstleutnant Anderson.“

Und dann war er gegangen, und Tomoe und Takashi blieben alleine zurück.

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Eine Woche später

Pünktlich um einundzwanzig Uhr klingelte es an der Tür von Takashis Apartment, und der Student sprang vom Sofa auf und öffnete.
„Guten Abend, Tomoe-kun.“
„Guten Abend, Takashi-kun.“ Die Sportlerin lächelte ihn etwas verlegen an. „Du hast hoffentlich nicht warten müssen?“
Takashi schüttelte den Kopf und gab das Lächeln zurück. „Nein, bist pünktlich auf die Minute, wie immer.“ Er trat einen Schritt zurück und sah Tomoe näher an. „Nanu, du hast dich ja richtig schick gemacht. Ist der Hosenanzug neu?“
Mit leichtem Schmunzeln sah Tomoe an sich selbst herab. So besonders schick fand sie sich selbst gar nicht, aber wenn man wochenlang immer nur den selben grauen Trainingsanzug getragen hatte, dann war ein marineblauer Blazer mit passenden Hosen und dazu eine weiße Bluse wirklich ein Fortschitt. „Ich war heute endlich mal wieder einkaufen“, sagte sie, während sie eintrat und die Tür hinter sich schloß. „Meine ganzen alten Sachen passen mir ja nicht mehr. Hätte ich geahnt, was du mit mir anstellst, wär ich dir vor zwei Wochen nicht an die Wäsche gegangen.“

„Was ich mit dir anstelle?“ Takashi mußte grinsen. „So nennst du das also. Na ja, mach's dir erst mal gemütlich. Was kann ich dir zu trinken anbieten?“
„Was anderes als das letzte Mal“, sagte Tomoe mit einem Augenzwinkern und setzte sich auf das Sofa. „Wobei wir übrigens schon beim Thema wären.“
Takashi ging in den Nebenraum, wo seine Küche war und öffnete den Kühlschrank. „Ah, du rückst schon damit heraus, warum du mich heute abend so eilig sehen wolltest?“ rief er hinüber. „Am Telefon hast du noch so ein Geheimnis drum herum gemacht.“
Tomoe schlug die Beine bequem übereinander. „Wollte nur sichergehen, daß niemand das Gespräch abhört“, gab sie zurück. „Seit dem Besuch von Oberstleutnant Anderson vor einer Woche bin ich ein bißchen vorsichtiger geworden.“
„Gut zu wissen.“ Takashi nahm einen angebrochenen australischen Weißwein aus dem Kühlschrank, machte ihn zu, zog den Korken aus der Flasche und füllte zwei Gläser auf, die er zurück in sein Wohnzimmer trug. „Bitte sehr“, sagte er, während er ein Glas an Tomoe reichte und sich dann mit dem anderen neben sie setzte.
„Danke.“ Die Sportlerin nahm einen Schluck, dann setzte sie ihren Wein auf dem kleinen Tisch ab, der vor dem Sofa stand. „Also, zum Thema.“
Takashi nippte ebenfalls an seinem Glas, ehe er es abstellte. „Ja, fang mal an.“

Tomoe atmete einmal tief durch. „Es geht um die DVD, die ich von Anderson bekommen habe“, begann sie schließlich. „Du weißt sicher noch, die mit den Ergebnissen zu Koufun-sans Arbeiten.“
„Klar weiß ich noch“, nickte Takashi. „Anderson war ja nicht sehr gesprächig, was den Inhalt anging.“
„Und mit Recht“, sagte Tomoe und lächelte. „Er meinte, es ginge vor allem mich etwas an, und er hatte recht. Der Bericht beschäftigt sich mit der Frage, was mit mir passiert, wenn du und ich miteinander Sex haben.“
Takashis Augen weiteten sich. „Koufun-sensei hat so ein Thema mit anderen Forschungskollegen geteilt?“
Abermals nickte die Sportlerin. „Wenn auch nicht wirklich freiwillig“, sagte sie. „Der Mann, von dem der Bericht stammt, ist ein junger Biologe namens Donovan, und anscheinend hatte er vor ein paar Jahren ein Verhältnis mit Koufun-san. Offenbar hat sie ihm mehr oder minder auf der Bettkante ein wenig von ihren Forschungen erzählt, um ihn anzumachen, und Donovan war neugierig genug, daraufhin ihre Aufzeichnungen zu durchstöbern und Kopien von deinem und meinem Fall zu machen. Darum hat er seine Ergebnisse auch nie veröffentlicht, aus Sorge, Koufun-san könnte dahinterkommen.“

„Oh je oh je.“ Takashi seufzte tief. „Koufun-sensei hat ein paar Mal angedeutet, daß sie immer noch ein aktives Sexualleben hat, aber ich hätte nicht gedacht, daß es sich so auswirken würde.“
„Ganz ehrlich – wir können eigentlich froh sein, daß sie so aktiv war“, grinste Tomoe. „Ansonsten wäre vielleicht nie rausgekommen, was ich heute weiß.“
Interessiert sah der Student auf. „Hat Donovan also Ergebnisse bekommen?“
Tomoe nickte. „Und wie. Er hat im Detail beschrieben, was genau passiert, wenn dein Erbgut in meinen Körper eindringt. Er bezeichnete es nur als Theorie, aber die Praxis hat erwiesen, daß er recht behalten hat.“
„Die Praxis?“ fragte Takashi. „Er hat also deine Mutation vorhergesagt?“
„Bingo“, bestätigte Tomoe. „Er sagte voraus, daß mein Körper spontan dein Erbgut aufnehmen und sich in eine höhere Form weiterentwickeln würde. Eine Form, die er als 'reine Perfektion des menschlichen Körpers' beschrieb – und vor allem eine, in der die fremden Anteile genetischen Codes in mir verschwunden und durch die menschlichen Anteile aus deiner DNS ersetzt worden sind.“

Takashi riß die Augen auf. „Aber das heißt ja, das XXX-Gen...“
Eifrig nickte ihm zu. „Es ist nicht mehr nachweisbar“, sagte sie. „Es hat nur als Auslöser für meine Mutation gedient. Mein Körper hat es inzwischen vollkommen ausgeschieden. Ich bin jetzt einfach nur noch ein ganz normaler Mensch. Na gut – ein körperlich in jeglicher Hinsicht überlegener Mensch mehr, aber ich habe keine Geistergene mehr.“
„Meine Güte – wenn wir das früher gewußt hätten...“
„Es geht aber noch weiter“, sagte Tomoe. „Donovan schreibt, der gleiche Effekt würde auch eintreffen, wenn mein genetisches Material in deinen Körper gelangt. Auch hier meint er, das ergäbe eine Mutation zu einem reinen Menschen. Allerdings haben wir diese Chance verpaßt – nur wenn ich noch Geistergene gehabt hätte, wäre das möglich gewesen. Einfach nur eine schöne 69er-Nummer, und wir beide wären jetzt so wie ich.“
Aufgeregt hob Takashi die Arme und beugte sich zu Tomoe. „Ach, vergiß das doch“, rief er, „weißt du, was das bedeutet, wenn du jetzt ein ganz normaler Mensch bist?“
Die Sportlerin nickte ihm lächelnd zu. „Und ob ich das weiß“, sagte sie, und ohne ein weiteres Wort warf sie sich auf Takashi und drückte ihm einen leidenschaftlichen Kuß auf den Mund.
„Mmmpf!“

Überrascht von dem plötzlichen Angriff reagierte der Student erst einmal gar nicht auf die stürmischen Zärtlichkeiten seiner Freundin, dann aber gelang es ihm, sie sachte an den Schultern zu fassen, und er schob sie vorsichtig wieder von sich weg. „Warte mal“, sagte er leise und blickte ihr in die Augen, „ich weiß, wir haben jetzt nicht mehr das Problem mit unseren Genen, aber... du kannst von mir immer noch schwanger werden. Ich weiß nicht, ob ich schon Kinder will und...“
„Ich auch nicht“, flüsterte Tomoe und strahlte, „aber ich kann doch jetzt ganz normal verhüten. Und vor einer Woche war ich deswegen bei meiner Frauenärztin. Also, hast du noch was dagegen oder können wir endlich anfangen?“
„Also dann...“ begann Takashi, doch den Satz brachte er nicht mehr zu Ende denn da hatte sich schon wieder Tomoe auf ihn geworfen, und diesmal ließ sie ihn nicht aus ihrer Umarmung entkommen. Sie hatte ihm beim letzten Mal schon angekündigt, ihn in Grund und Boden vögeln zu wollen, und allem Anschein nach machte sie daraus jetzt Ernst.

Allerdings war es nicht so, daß Takashi noch irgend etwas dagegen einzuwenden gehabt hätte, und so ließ er nur zu gerne auf Tomoes heiße Küsse ein. Mit anschwellender Leidenschaft schälte er sie aus ihren Kleidern, streichelte wild ihre samtige Haut und genoß das kräftige Muskelspiel darunter, während seine Freundin ihn förmlich zu verschlingen scheinen wollte. Ihre Lippen waren scheinbar überall, und wo sie nicht waren, strichen ihre Finger liebevoll über seinen Körper und liebkosten in voller Vorfreude auf das, was kommen würde.
Schließlich lagen ihre Kleider rings um das Sofa verstreut und die beiden eng umschlungen aufeinander, und Takashi ergriff die Initiative und ließ seine Hand sanft in Tomoes warmen Schoß gleiten. Die junge Frau stöhnte wohlig auf und räkelte sich ihm entgegen, während sie sanft an seinem Nacken knabberte und sein Haar durchwühlte. Sie genoß seine tastenden, suchenden Finger, und während sie ihn nahe an sich gezogen hielt, spürte sie, wie ihre Erregung feucht und heiß aus ihr herausfloß und seine Hände benetzte.

Schließlich konnte sie die Hitze kaum mehr aushalten, und mit einer entschiedenen Bewegung löste sie sich aus seinem Griff und wollte sich um seine Männlichkeit kümmern, doch die brauchte kaum mehr weitere Vorbereitung: Takashis Liebespfahl ragte steil nach oben und pulsierte vor lauter Lust, und der Anblick nahm Tomoe die letzten Zweifel daran, wie dieser Abend enden würde. Ohne weiteres Zögern setzte sie ihm die Hände auf die Brust, drückte ihn mit sanfter Gewalt auf das Sofa und bestieg seine pochende Lanze, und als ihre Liebeslippen ihn umfingen und ihre Weiblichkeit ihn aufnahm, war es um sie geschehen: Voller Lust begann sie ihn zu reiten, und das mit einem geradezu halsbrecherischen Tempo; so wild tobte es in ihr, daß sie sich nur so wohl fühlen konnte.
Takashi war im siebten Himmel. Nicht, daß es seine liebste Phantasie gewesen wäre, von einer heißblütigen Frau förmlich zugeritten zu werden, aber Tomoes Liebesspiel war so gut, so unglaublich gut, daß er kaum anders konnte, als sich vollkommen darin zu verlieren. In wilder Ekstase umfaßte er ihre kleinen, aber perfekt halbrunden Brüste, umspielte ihre Knospen und bemerkte verwundert und verzückt, wie hart sie geworden waren. Seine Hände glitten über ihren so unglaublich kraftvollen Körper, und warme Schauer durchfuhren sie, die er selbst noch spüren konnte, als sie durch ihre Liebeshöhle liefen und seinen Freudenspender umzuckten.

Minutenlang ritt sie ihn mit höchstem Tempo, und schließlich rollte ihr Höhepunkt heran, und mit einem fast animalischen Schrei bäumte sie sich abermals auf und zuckte so wild auf ihm, daß es Takashi fast schmerzhaft vorkam, doch es war ein süßer Schmerz, nicht zu vergleichen mit irgend einem anderen Gefühl, daß er jemals gehabt hatte. Nur kurz wurden Tomoes Bewegungen etwas langsamer, dann ritt sie mit unvermittelter Heftigkeit weiter, und ihre Weiblichkeit umfing Takashis Liebesstab so fest, daß er den Eindruck hatte, er würde jetzt vollends mit ihr verschmelzen.
Wieder vergingen Minuten voll heiserem Keuchen und geflüsterter Liebesschwüre, und dann konnte der junge Mann spüren, wie sich Tomoe ihrer zweiten Explosion näherte. Keine Sekunde zu früh, denn inzwischen war auch er bis zum Bersten erregt, und nur noch mühsam hielt er sich zurück, wartete auf den rechten Augenblick, biß sie auf die Lippe, und dann endlich, endlich barsten in ihm alle Dämme, und er schleuderte seine Erregung tief in Tomoe hinein. Sein heißer Saft platzte in ihre enge Grotte, und die schiere Gewalt seiner Explosion brachte die junge Frau auch über ihre letzte Schwelle, so daß sie mit einem glücklichen Juchzer erbebte und zuckend und zitternd auf ihm zusammensackte.

Aber Takashis Lanze zeigte keine Anzeichen von Ermüdung, obgleich er eben erst so heftig wie kaum je zuvor gekommen war. Tomoes Nähe, ihre Wärme und ihr angenehmer Duft brachten ihn fast um den Verstand, und er hielt es nur wenige Sekunden aus, so eng mit ihr zusammenzuliegen, ohne sich dabei zu bewegen. Kurzentschlossen erhob er sich, was einen überraschten Laut von Tomoe zur Folge hatte, doch er küßte sie nur zärtlich, ehe er mit den Händen ihren festen, weichen Po umfaßte und sich dann erhob. Die junge Frau legte mehr reflexartig ihre Hände um seinen Nacken, als Takashi sich erhob, und dann, immer noch mit seinem Liebesstab in ihrem Inneren, stand er auf, hielt sie einen Moment so ganz nahe bei sich, dann setzte er sie sanft wieder auf dem Sofa ab, so daß nun er selbst oben auf ihr zu liegen kam, und nach einem weiteren sanften Kuß auf ihre Lippen legte er seine Hände an ihre Hüften. Die ganze Zeit über war seine kraftvolle Männlichkeit nicht aus Tomoes Innersten gewichten; fast ihr ganzes Gewicht hatte auf ihm gelegen, und doch hatte er es völlig problemlos getragen.
Nun war es an ihm, die Initiative zu übernehmen, und Takashi begann augenblicklich, sie mit schnellen, aber sanften Stößen seiner Hüfte zu verwöhnen. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis wieder Leben in Tomoes warmen, scheinbar erschlafften Körper fuhr, und mit einem zufriedenen Stöhnen streckte sie die Arme nach ihm aus und knetete zärtlich seine Schultern, während er mit einer Hand ihren Bauch und ihre Brüste streichelte. Sein Liebesstab fuhr immer wieder schmatzend in ihre Grotte hinein, die durch seine erste Entladung noch feuchter und schlüpfriger als schon zuvor war – das Gefühl war einfach himmlisch.

Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, daß er so mit ihr vereint war. Die beiden streichelten und küßten sich immer wieder; ihre Körper waren wie füreinander geschaffen, das konnten sie deutlich spüren. Schließlich, als Tomoe immer heftiger zu atmen begann, rutschte sie etwas tiefer auf der Couch und schloß ihre Beine locker um Takashis Rücken, und nun rieb der junge Mann bei jedem seiner zärtlichen Stöße fest an der oberen Seite ihrer Liebeshöhle. Ihre ohnehin schon ungeheuer angestiegene Erregung wandelte sich zur vollkommenen Ekstase, ihr Körper erbebte, und sie richtete sie unter wildem Stöhnen auf und umschlag ihren Liebhaber nun auch noch mit ihrem Armen. Takashi erwiderte die Umarmung sogleich, seine Lippen fanden Tomoes, und dann wurden seine Stöße immer schneller, immer hektischer, bis ihre Herzen wie eins schlugen.
Und dann war ihr Höhepunkt da, als wären sie nicht zwei, sondern nur ein Körper, und Takashis heißer Samen sprudelte ein weiteres Mal in Tomoes Inneres, und diesmal in solcher Menge, daß er vorne wieder aus ihren Liebeslippen hervorquoll, oder vielleicht war es die Erregung der jungen Frau die ihr so viel Feuchtigkeit beschert hatte, daß sie sich nun zusammen mit Takashis Liebessäften entlud. Kein Laut war zu hören; die Lippen der beiden Liebenden waren eng aufeinandergeschmiegt, und was auch immer sie in diesem Moment an Empfindungen hatten, sie teilten es vollends miteinander.

Und dann war der Augenblick vorbei, und die beiden waren eins. Und als eins schliefen sie ein.

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„Morgen, Takashi-chan. Ich liebe dich.“
Müde schlug der junge Mann die Augen auf und blickte ins strahlende Gesicht Tomoes. Immer noch ein wenig benommen lächelte er, zog ihren Kopf sanft zu sich heran und gab ihr einen ganz leichten, zärtlichen Kuß. „Uhh, mein Nacken“, brummte er dann. „Ich sollte doch langsam wissen, daß die Couch nicht zum Schlafen taugt.“
„Ich hab versucht, dich ins Bett zu kriegen“, grinste Tomoe, „aber du hast so süß geschlafen, da wollte ich dich nicht wecken. Dafür warst du aber ein sehr nettes warmes Kopfkissen.“
Takashi sah an sich herunter. „Aha, darum hab ich also deinen Ohrabdruck auf meiner Brust.“ Schwungvoll setzte er sich auf. „Gibt's schon Frühstück?“
„Wenn du was machst, ja“, sagte Tomoe. „Oder hast du gedacht, ich mach dir in deiner eigenen Wohnung auch noch was zu essen?“
„Man kann es ja mal versuchen“, schmunzelte der Student. „Wo sind denn meine Shorts?“ Er sag sich suchend um.

Tomoe ließ ihren Blick ebenfalls durch den Raum schweifen. „Keine Ahnung“, sagte sie. „Ich hab meine Slip vorhin allerdings auch von der Stehlampe da neben abpflücken müssen. Ich glaube, wir waren gestern ziemlich wild.“
„Ja, das waren wir wohl.“ Takashi kratzte sich am Kopf. „Na egal – ich geh erst mal duschen. Im Bad hab ich noch frische Unterwäsche.“
„Du gehst duschen?“ Die junge Frau grinste. „Ich komm mit.“
Takashi lachte auf. „Was denn – sag bloß, du hast schon wieder Lust?“
Tomoe nickte. „Ich hab ein paar Jahre mit dir aufzuholen“, sagte sie. „Oder willst du etwa nicht?“
„Och, wenn du so fragst...“ Der Student lächelte. „Dann komm halt mit. Aber ich warne dich. So ganz wach bin ich noch nicht, und wenn du noch mal so was wie letzte Nacht erwartest, wirst du vielleicht enttäuscht.“
„Vielleicht“, gab Tomoe das Lächeln zurück. „Aber ich glaube, ich bin mit allem zufrieden, was du mir geben kannst.“

Und mit diesen Worten öffnete sie die Tür ins Badezimmer und zog Takashi hinter sich her.


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