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Überfällig: Endlich mehr Jugendschutz-Chaos
Heimlich, still und leise ist es passiert: Am heutigen Tage verabschiedete die Konferenz der Ministerpräsidenten eine Neufassung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages. Das kurz JMStV genannte Werk bestimmt, dass ab Januar 2011 auch Online-Angebote mit einer Alterskennzeichnung versehen werden müssen. Da im Internet aber selbst der Staat einsehen musste, dass eine Prüfung durch Gutachtergremien & Co. zu viel verlangt sein könnte, hat man sich hier zum System der Selbstkennzeichnung durchgerungen. Ein ähnlicher Ansatz ist im Bereich der Computerspiele schon seit Jahren mit den europäischen PEGI -Alterskennzeichen im Einsatz. Sektkorken knallen und lustige Trinklieder schallen aus den Hallen der Publisherverbände, sollte man meinen. Doch Deutschland ist immer noch Deutschland und so einfach läuft das hier nicht. Denn die Oberaufsicht über die Alterskennzeichen im Netz hat nicht die USK – auch nicht für den Teilbereich der Computerspiele. Diese Rolle hat nach dem Stand der Dinge die bayrische Komission für Jugendmedienschutz (KJM) inne.
Für die Hersteller von Computerspielen ist das aus zwei Gründen keine frohe Botschaft. Zum einen gilt die KJM als besonders scharfer Wachhund unter den Jugendschützern. Die Behörde unter dem Vorsitzenden Prof. Wolf Dieter Ring war es, die vor kurzem beispielsweise die MMA-Kämpfe der UFC mit einem rechtlichen Kunstgriff aus dem deutschen Fernsehen verbannte – auch nach 23 Uhr. Ring ist auch Juryvorsitzender beim Deutschen Computerspielepreis, der in diesem Jahr Schlagzeilen machte, weil er sich außer Stande sah, selbst ein Spiel wie „Uncharted 2“ auszuzeichnen (USK-Freigabe ab 16 Jahren). Die KJM dürfte den Herstellern also im Vergleich zur USK mit ihren in letzter Zeit erstaunlich liberalen Entscheidungen („God of War 3“, „Dead Space“ – allesamt durch 18er-Freigabe vor dem Index gerettet) eher unheimlich sein.
Schwerer wiegt aber noch, dass durch die Selbsteinschätzung nun die schöne Rechtssicherheit aufgehoben wird, die eine USK-Kennzeichnung mit sich bringt. Es steht zu befürchten, dass die Anbieter von Onlinespielen in die graue Vorzeit zurückfallen in der Hersteller ihre Spiele über Gebühr selbst zensierten, um nur einer Indizierung durch die BPjS zu entgehen. Denn wer sein Angebot falsch (selbst-)kennzeichnet, dem drohen theoretisch nicht ganz unerhebliche Strafzahlungen. Dabei haben die Verantwortlichen Institutionen – neben der KJM auch die Organisation Jugendschutz.net – allerdings bereits zu verstehen gegeben, dass man nicht gleich bei einem kleinen Irrtum des Anbieters gleich die Keule auspacken werde. Nur glasklare oder wiederholte Verfehlungen bei der Selbstklassifizierung würden mehr als Ermahnungen zur Folge haben.
Die USK als Selbstkontrolle der Spielehersteller versucht nun den die Herrschaft im Internet zumindest noch durch die Hintertür ein wenig anzusichern. Kaum war der JMStV durch die Ministerpräsidenten abgesegnet, preschte sie heute mit einem „Pilotprojekt zur Selbstklassifizierung von Computerspielen“ nach vorn. Sie will den Anbietern in Zukunft einen Dienst anbieten, der sie bei der Einstufung ihrer Inhalte nach USK-Kriterien unterstützt. Keine 30 Minuten später schickte auch der Bundesverband Interaktive Unterhaltung (BIU) eine eigene Mitteilung über den Presseverteiler, in dem sich der Vorsitzende Olaf Wolters mit warmen Worten für das USK-Projekt aussprach und Kritik an der Neuregelung äußerte, die den Jugendschutz zu „verwässern“ drohe. Das System in dem „unterschiedliche Institutionen nach unterschiedlichen Verfahren unterschiedliche Kennzeichen vergeben“ verstehe laut Wolters „keiner mehr“. Zumindest was den normalen Spieler angeht, dürfte er damit Recht haben.
Auch organisatorisch erscheint die Regelung absurd. Theoretisch könnte so ein und dasselbe Spiel zukünftig in seiner Browser-Version und in einer Handelsfassung unterschiedliche Einstufungen erhalten. Immerhin steht fest, dass die USK die Freigabe für alle Titel vergibt, die zuerst auf einem Datenträger erscheinen. Unklar ist auch noch, ob ein weiterer Passus des JMStV in der heute verabschiedeten, finalen Fassung enthalten ist. Dieser regelt den Zugang zu Inhalten über einer bestimmten Altersgrenze nach dem System des Rundfunks – über Uhrzeiten. Bliebe der Passus erhalten, könnte es sein, dass wir künftig bestimmte Artikel nur noch zwischen acht Uhr abends und vier Uhr morgens anbieten dürfen. Da hat jemand das Internet verstanden.
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Überfällig: Endlich mehr Jugendschutz-Chaos
Heimlich, still und leise ist es passiert: Am heutigen Tage verabschiedete die Konferenz der Ministerpräsidenten eine Neufassung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages. Das kurz JMStV genannte Werk bestimmt, dass ab Januar 2011 auch Online-Angebote mit einer Alterskennzeichnung versehen werden müssen. Da im Internet aber selbst der Staat einsehen musste, dass eine Prüfung durch Gutachtergremien & Co. zu viel verlangt sein könnte, hat man sich hier zum System der Selbstkennzeichnung durchgerungen. Ein ähnlicher Ansatz ist im Bereich der Computerspiele schon seit Jahren mit den europäischen PEGI -Alterskennzeichen im Einsatz. Sektkorken knallen und lustige Trinklieder schallen aus den Hallen der Publisherverbände, sollte man meinen. Doch Deutschland ist immer noch Deutschland und so einfach läuft das hier nicht. Denn die Oberaufsicht über die Alterskennzeichen im Netz hat nicht die USK – auch nicht für den Teilbereich der Computerspiele. Diese Rolle hat nach dem Stand der Dinge die bayrische Komission für Jugendmedienschutz (KJM) inne.
Für die Hersteller von Computerspielen ist das aus zwei Gründen keine frohe Botschaft. Zum einen gilt die KJM als besonders scharfer Wachhund unter den Jugendschützern. Die Behörde unter dem Vorsitzenden Prof. Wolf Dieter Ring war es, die vor kurzem beispielsweise die MMA-Kämpfe der UFC mit einem rechtlichen Kunstgriff aus dem deutschen Fernsehen verbannte – auch nach 23 Uhr. Ring ist auch Juryvorsitzender beim Deutschen Computerspielepreis, der in diesem Jahr Schlagzeilen machte, weil er sich außer Stande sah, selbst ein Spiel wie „Uncharted 2“ auszuzeichnen (USK-Freigabe ab 16 Jahren). Die KJM dürfte den Herstellern also im Vergleich zur USK mit ihren in letzter Zeit erstaunlich liberalen Entscheidungen („God of War 3“, „Dead Space“ – allesamt durch 18er-Freigabe vor dem Index gerettet) eher unheimlich sein.
Schwerer wiegt aber noch, dass durch die Selbsteinschätzung nun die schöne Rechtssicherheit aufgehoben wird, die eine USK-Kennzeichnung mit sich bringt. Es steht zu befürchten, dass die Anbieter von Onlinespielen in die graue Vorzeit zurückfallen in der Hersteller ihre Spiele über Gebühr selbst zensierten, um nur einer Indizierung durch die BPjS zu entgehen. Denn wer sein Angebot falsch (selbst-)kennzeichnet, dem drohen theoretisch nicht ganz unerhebliche Strafzahlungen. Dabei haben die Verantwortlichen Institutionen – neben der KJM auch die Organisation Jugendschutz.net – allerdings bereits zu verstehen gegeben, dass man nicht gleich bei einem kleinen Irrtum des Anbieters gleich die Keule auspacken werde. Nur glasklare oder wiederholte Verfehlungen bei der Selbstklassifizierung würden mehr als Ermahnungen zur Folge haben.
Die USK als Selbstkontrolle der Spielehersteller versucht nun den die Herrschaft im Internet zumindest noch durch die Hintertür ein wenig anzusichern. Kaum war der JMStV durch die Ministerpräsidenten abgesegnet, preschte sie heute mit einem „Pilotprojekt zur Selbstklassifizierung von Computerspielen“ nach vorn. Sie will den Anbietern in Zukunft einen Dienst anbieten, der sie bei der Einstufung ihrer Inhalte nach USK-Kriterien unterstützt. Keine 30 Minuten später schickte auch der Bundesverband Interaktive Unterhaltung (BIU) eine eigene Mitteilung über den Presseverteiler, in dem sich der Vorsitzende Olaf Wolters mit warmen Worten für das USK-Projekt aussprach und Kritik an der Neuregelung äußerte, die den Jugendschutz zu „verwässern“ drohe. Das System in dem „unterschiedliche Institutionen nach unterschiedlichen Verfahren unterschiedliche Kennzeichen vergeben“ verstehe laut Wolters „keiner mehr“. Zumindest was den normalen Spieler angeht, dürfte er damit Recht haben.
Auch organisatorisch erscheint die Regelung absurd. Theoretisch könnte so ein und dasselbe Spiel zukünftig in seiner Browser-Version und in einer Handelsfassung unterschiedliche Einstufungen erhalten. Immerhin steht fest, dass die USK die Freigabe für alle Titel vergibt, die zuerst auf einem Datenträger erscheinen. Unklar ist auch noch, ob ein weiterer Passus des JMStV in der heute verabschiedeten, finalen Fassung enthalten ist. Dieser regelt den Zugang zu Inhalten über einer bestimmten Altersgrenze nach dem System des Rundfunks – über Uhrzeiten. Bliebe der Passus erhalten, könnte es sein, dass wir künftig bestimmte Artikel nur noch zwischen acht Uhr abends und vier Uhr morgens anbieten dürfen. Da hat jemand das Internet verstanden.