[Biete] Schachspiel

TheDarkness2

Otaku Elite
Otaku Veteran
Lange war es her, doch jetzt war er zurück. Er saß wieder auf dem Stuhl, vor sich das Schachbrett. Alle Figuren waren aufgestellt, fein säuberlich und akkurat auf ihren Posten. Mit einer Handbewegung legte er eine Zigarette zwischen seine Lippen, eine weitere Handbewegung und er hatte mit der Hilfe eines Feuerzeugs die Zigarette angezündet. Er atmete den Rauch in seine Lungen, schloss die Augen und pustete dann den Qualm wieder aus. Er wartete, auf das letzte Spiel in seinem Leben. Entweder war es, wie schon zuvor, nur eine Fristverlängerung oder es war wirklich sein letztes Spiel. Er überlegte ob er schon den ersten Zug tun sollte, schließlich hatte er die weißen Figuren. Im Kopf ging er die Regeln durch, bedachte auch wer sein Gegner war den er schlagen musste. Bis jetzt endete jedes Spiel gegen Diesen in einer Patt Situation. Keiner konnte mehr seinen König bewegen, ohne dabei ins Schach zu geraten. Ein Schachmatt war somit unmöglich geworden und so hatte er sich eine Fristverlängerung verdient. Dabei war er beileibe kein Ebenwürdiger Gegner, eher jemand der mit kalter kalkulierter Logik vorging die einem einfachen System folgte: Vernichte deinen Gegner. Schach sagt man ist das Spiel der Könige, doch er sieht sich in diesem Spiel eher als Zerstörer. Räuberschach, diesen Begriff brachte ihm sein Vater bei. Im Grunde jagte man dabei mit seinen Figuren eine Figur des Jägers bis diese in die Enge getrieben ist und somit geschlagen werden kann. Verluste in den eigenen Reihen nahm man dafür gerne in Kauf. Das war seine Spielweise, doch er konnte auch taktisch spielen. Aber am Ende änderte er seine Strategie wieder, wenn er taktisch spielte legte er sich darauf fest zuerst die Verteidigung auszuheben und den Gegner dann langsam ausbluten zu lassen. Im Grunde war die Aushebung der Verteidigung und die daraus resultierende Schwächung der gegnerischen Reihen seine Taktik. Von da an konnte er wieder Räuberschach spielen und seinem Gegner zusetzen. Die Strategie führte selten zum Erfolg, aber sie pflanzt Angst in das Herz des Gegners und es resultiert eine Verunsicherung bei dem Gegenüber. Weil er erst spät merkt welche Figur von ihm gejagt wird, denn hier liegt seine Stärke. Er baut ein Netz auf, das der Gegner nur schwer durchschauen kann. Erst wenn sich dessen Figur darin verirrt, schlägt die Falle zu. Wenn er es sich recht überlegte, dann spielte er taktisch. Schließlich geht es in diesem Spiel ja darum, taktisch zu handeln und den Gegner mit einer Strategie zu schlagen.

Während er seinen Gedanken nachhing, hatte er die Zigarette fast völlig aufgeraucht. Mit einem Schnippen ließ er sie mitten in den Raum fliegen, sein Blick wanderte auf den roten Punkt der sich in der Dunkelheit zeigte. Bis dieser immer schwächer wurde und schließlich ganz verschwand. Er sah sich um, dieser Raum war ihm noch nie geheuer gewesen. Die schwarzen Fließen zogen sich bis zur Decke, wo sich mehrere Spiegel befanden. Es befanden sich genau zwei Fenster in dem Raum, direkt parallel zueinander so das ihr Licht gerade das Schachbrett beleuchteten und die 2 Personen die darauf spielten. Dieser Raum schien nur für diesen Zweck zu existieren. So bitter und hart das auch klang, aber dieser Raum war in diesem Gebilde aus Schmerz und Pein wahrscheinlich der einzige Ruhepol da hier kein Geräusch zu vernehmen war. Es war, als wäre dieser Raum von sämtlichen Geräuschen abgeschirmt um die nötige Ruhe für die beiden Spieler zu gewährleisten. Es war unheimlich, er schloss die Augen und sog die Kälte durch die Poren in sich hinein. Sein alter Freund ließ sich Zeit, sehr viel Zeit. Er hatte es nicht eilig, die Zeit arbeitete für ihn. So war es schon immer gewesen, doch wie viel Zeit blieb ihm noch? Er wusste es nicht, je mehr er sich durch quälte desto mehr kam ihm die Erkenntnis dass das Ende ein neuer Anfang ist. Hier hatte er schon einige Spiele gespielt und war jedes Mal mit einem blauen Auge davongekommen. Ob er diesmal auch so viel Glück haben würde? Er bezweifelte es irgendwie. Aus den Schatten schälte sich eine Gestalt, zuerst Konturlos nahm sie langsam Form an und ein Mann in Kutte und Kapuze stand vor ihm. Er versuchte ihm ins Gesicht zu sehen, doch die schwärze darin schien das Gesicht zu verschlingen. Er bekam eine Gänsehaut, obwohl er sich daran schon längst gewöhnt haben müsste. Im Grunde war es immer der gleiche Auftritt.

„Komme ich zu spät?“, fragte der Mann in der Kutte mit kalter emotionsloser Stimme.
„Du kommst wie immer, wann du es willst und für richtig hältst. Du kannst nie zu spät sein alter Freund.“, antwortete er gelassen.
„Ich sehe du hast deine Lektion gelernt. Das ist eine gute Basis für dieses Spiel.“, antwortete die Gestalt in der Kutte wieder mit ihrer kalten Stimme, doch diesmal schien so etwas wie Neugier darin zu liegen.
„Nimm doch Platz, das Spiel ist bereit.“, lud er den Mann mit einer Handbewegung ein sich zu setzen. Dieser kam der Aufforderung nach.
„Immer noch die weißen Figuren mein Freund, glaubst du wirklich dass die dunklen Figuren so gut zu mir passen?“ fragte der Mann ihn.
„Ich weiß das du schwarz bevorzugst Ahriman.“, sagte er.
„Natürlich Moris, genau wie du weißt was auf dem Spiel steht.“, antwortete Ahriman in einem neutralen Tonfall.
„Wie könnte ich das Vergessen?“, fragte Moris gelangweilt.
„Deine Langweile langweilt mich, lass uns endlich anfangen mach deinen Zug.“, forderte Ahriman befehlerisch.
„Na gut, ich eröffne das Spiel. Bauer D2 auf D4.“, sagte Moris ernst. Kaum hatte er die Worte ausgesprochen bewegte sich die Figur wie von Zauberhand selbstständig über das Schachbrett. Es faszinierte ihn jedes Mal von neuem, aber im selben Moment wurde ihm bewusst dass er hier um Alles oder Nichts spielte und auf sein Herz legte sich ein Stein und über seine Seele legte sich ein dunkler Schleier.
„Die Standart Eröffnung, du wählst also immer noch die alten Züge. Ich dachte das hätte ich dir schon bei den letzten Spielen ausgetrieben. Entweder bist du zu arrogant oder zu blind um deine Fehler zu akzeptieren und einzugestehen. Pferd B8 auf D6.“, lachte Ahriman. Und da wusste Moris das Arhiman diesmal keine Gefangenen machen würde, er las es aus seinem Tonfall heraus. Sein Verstand schaltete sich ein, riet ihm jeden nächsten Zug zu überlegen wenn er überleben wollte. Moris atmete tief ein, er überlegte seine Optionen. Entweder zog er seine Verteidigungsstellung so wie gewohnt auf. In der vagen Hoffnung das Ahriman diese lange genug stehen lassen würde so dass er ins Spiel kam, oder er änderte seine Taktik und ging von Anfang an auf Angriff. Die Entscheidung lag bei ihm, aber er wusste das Ahriman ein sehr aggressiver und fordernder Gegner war. Wieder zündete er sich eine Zigarette an, lies dabei Ahriman jedoch nicht aus den Augen. Dann fiel sein Blick wieder auf das Schachbrett, während er den Rauch in seine Lungen zog schloss er erneut die Augen. Alles oder Nichts.

„Was ist denn? So schnell verunsichert durch meine Worte?“, fragte Ahriman bissig.
„Nein, ich bin am Nachdenken.“, antwortete Moris nervös.
„Ich warte geduldig und bin gespannt. Ich hoffe auf ein langes und intensives Spiel.“, höhnte Ahriman. Moris wusste dass er es kurz halten wollte, schnell zu schlagen und nur Staub zurücklassen. Doch diesen Gefallen würde er Ahriman nicht tun. Nein, er wusste jetzt wie er vorgehen würde.
„Dame von D1 auf D4.“, sagte Moris ruhig. Er hatte seine innere Ruhe wieder. Die Figur bewegte sich wie von Geisterhand auf ihre neue Position.
„Hm, du bist angriffslustig. Das gefällt mir, sogar sehr.“, lachte Ahriman und Moris spürte wie sich der Stein von seinem Herz löste. Nur der dunkle Schleier auf seiner Seele blieb. Er war im Spiel angekommen, mit nur zwei Zügen und er hatte Ahriman überrascht. Normalerweise setzte er seine Dame nie am Anfang eines Spiels an, da sie sein größter Joker war. Jetzt hatte er die Katze aus dem Sack gelassen und mit der Dame den Angriff bekundet. Zumindest täuschte er es an, er hoffte das Ahriman auf diese Strategie hereinfallen würde. Er hoffte es wirklich, denn sonst sah er das Spiel als fast verloren an. Doch aufgeben würde er nicht, er würde Ahriman alles entgegensetzen was er hatte. Das schwor er sich, ehe sich Ahriman’s Stimme sich erhob und den nächsten Zug bekannt gab: „Bauer von D7 auf D5.“ Ahriman nahm die Herausforderung an und innerlich atmete Moris jetzt auf, Ahriman bereitete seine Türme vor. Jetzt hatte er das Spiel in der Hand, aber er wusste auch das Ahriman im Hinterkopf bereits einen weiteren Plan hatte. Moris lächelte, jetzt war es an der Zeit zuzuschlagen.
 

Kýestrika

Otakuholic
Otaku Veteran
Irgendwie kam mir die Geschichte bekannt vor... vielleicht hab ich sie auch schon gelesen gehabt und mir ist es wieder entfallen. Ja ja, ich werde alt...

Aber nun zu deiner Geschichte.

Der Inhalt ist wirklich äußerst interessant. Am Anfang dachte ich immer, Moris wäre shizophren und das Schachspiel wäre symbolistisch gemeint. Am Ende bin ich mir dem aber wirklich nicht mehr sicher. Auf jedenfall hast due inen sauberen Stil, mit dem du gekonnt Spannung aufbaust und den Leser zum weiterlesen animierst. Auch deine Ortographie und Zeichensetzung ist so weit okay.

Eigentlich kann find ich nichts zum Mäckeln. Also, hast du wirklich schön geschrieben. Bringst mcih mit der Geschichte ins Grübeln.

Gruß
Nakyo
 

Arvardan

Ungläubiger
Da ich selber ein Spieler bin/war, hatte alleine schon der Titel mich dazu bewogen diese Geschichte zu lesen. Ich wurde nicht enttäuscht. Du hast eine Interessante Stimmung geschaffen, versucht zu erklären was die Spieler, oder besser nur der eine, fühlt. Das du dabei die Umgebung als einen schwarzen Raum beschreibst, in dem nichts zu hören ist. Ich denke jeder Spieler, egal ob Schach; Go;..., hat es einmal erlebt: Man war so konzentriert, das man wirklich nur das Spielbrett und die Figuren sah.
Doch ich weiche etwas ab.:hot:

Dabei war er beileibe kein Ebenwürdiger Gegner,
Meinst du wirklich Ebenwürdiger Gegner? Heißt es nicht "Ebenbürdiger"?

Mir war beim Lesen noch etwas aufgefallen, aber da ich nicht nebenbei nach Fehlern suche und aufschreibe finde ich die Stelle nun nicht mehr.

Fazit:
Mir gefällt die Geschichte. Du baust die Stimmung von anfang an auf, erzählst dabei aus der Sicht des Spielers, dessen Leben(?) vom Spiel abhängt. Wie mein Vorposter bin ich der Meinung, das die Geschichte einen zum Überlegen anregt.


Arvardan
 

Neverman

VIP
VIP
Und auch Ebenbürdiger ist nicht richtig.^^
Es heißt "ebenbürtiger Gegner".
Aber mir gefällt die Geschichte auch, interessante Denkansätze.
 
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