[Biete] Tod und Teufel

Troll2009

..so beautiful disgusting
Diese Kurzgeschichte war eigentlich als Pro-Post gedacht, jedoch ist sie dann etwas ausgeartet. Mit knapp 1500 Wörtern dachte ich mir, ich kann sie auch so veröffentlichen.
Wie der Titel schon verrät, handelt es sich um eine Hommage an „Tod und Teufel“ von Saltatio Mortis.
Kommentare sind wie immer erwünscht - nur aus Fehlern kann man lernen. Am besten wenn sie hier reinkommen^^
http://board.world-of-hentai.to/f211/zu-tod-und-teufel-101793/#post1066189

Viel Spaß beim lesen.

Johan zitterte am ganzen Leib. Er war ja schon einiges gewohnt aber die beißende Kälte dieses frühen Winterabends war etwas Besonderes. Weder durch die Schicht dicker Wolldecken noch durch das warme Ziegenfell schien sie sich aufhalten zu lassen. Auch der dahinglimmende Rest des Kaminfeuers vermochte es nicht, die Haut des Spielmanns vom Gefühl der 1000 Nadelstiche zu befreien. Bibbernd saß er in seinem gepolsterten Stuhl und schaute aus dem mit Eisblumen verzierten Fenster. Durch die tanzenden Schneeflocken hindurch konnte er die in Weiß gehüllten Bäume der Biethe- dem nah gelegenen Wald erspähen. Auch wenn dem Spielmann der Gedanke an einen Fußmarsch hinaus in die Winterlandschaft eine weiteren Schauer den Rücken herunter jagte, wusste er, dass es wahrscheinlich die einzige Möglichkeit war, dem Kältetod in dieser Nacht zu umgehen. So zog er sich wiederwillig die dicken Fellstiefel an, warf sich in seinen Wintermantel, schulterte seine Axt und schritt zur Tür hinaus.

Ein verdammtes Wetter war das. Das musste der schlimmste Schneesturm seit Jahrzehnten sein und ausgerechnet jetzt musste Johan das Feuerholz ausgehen. Hätte er nur bei seinem letzten Auftritt sein Trinkgeld nicht komplett beim Kartenspiel verloren! Dann könnte er einfach zum Händler ein paar Straßen weiter einige Scheite kaufen anstatt sich nun durch die Wildnis zu kämpfen. In gebückter Haltung um dem Sturm zu trotzen und mit der Hand schützend vorm Gesicht kämpfte er sich Meter für Meter in Richtung Waldeingang. Das sich die Sonnen sich schon langsam dem Horizont näherte erschwerte Johans ohnehin schon schlechte Sicht noch zusätzlich. Schritt für Schritt, unermüdlich drückten sich seine Beine knirschend in die dicke Schneeschicht und hinterließen nur Ausbuchtungen, die sich sofort wieder füllten. Während er sich so immer mehr dem Wald näherte begann sein Verstand ihm immer wieder Streiche zu spielen. Er bildete sich ein Zwei separate Bäume deutlich vor dem eigentlichen Wald zu sehn. Bei näherer Betrachtung kam es ihm sogar vor als ob sie sich bewegen würden!

Unsicher schaute Johan zurück. Wie erwartet sah er seine eigenen Spuren im Schnee – seltsamerweise versteckte sich die Stadt hinter einem grau-weißen Schleier vor seinem suchenden Blickt. Verdammt, jetzt konnte er sich nicht mal mehr genau einschätzen wie weiter er noch zu gehen hatte. Aber zum umkehren war es ja eh zu spät. Im Laufe des restlichen Marsches ließ der Schneefall langsam nach. Nur noch vereinzelte Flocken tanzten vor den Augen des Wanderers auf und ab. Weiterlaufende formten sich in Johans Kopf langsam Gedanken über ein neues Lied – so eine Inspiration kommt nicht alle Tage. Wenn es nur nicht so bitter kalt und düster wäre, könnte er seine Umgebung sogar genießen. So eine komplette Abstinenz von Geräuschen und Ablenkungen hatte er noch nie erlebt. Und auch die zwei Bäume schienen im Vergleich mit dem Wald viel zu schnell auf ihn zuzukommen. Nach weiteren Minuten des Laufens gab es zum ersten Mal seitdem er das Haus verlassen hatte Grund zur Freude. Seine Sinne waren zwar getrübt, aber noch nicht von ihm gegangen. Die Bäume formten sich mit jedem Schritt mehr zu schwarzen Pferden samt aufrecht sitzenden Reitern. Beide trugen Mönchskutten, einer eine pechschwarze, der andere eine scharlachrote. Vielleicht konnte er die Gläubigen ja überzeugen ihm bei seiner Holzsuche zu helfen und dann zu sich ins Haus einzuladen. Langweilige Abende alleine hasste Johan fast genauso sehr wie die beißenden Temperaturen. Als er vor den Reitern ankam sprach er in so freundlichen Tönen wie möglich:
„Heho Fremde, was macht ihr hier draußen bei so schlechtem Wetter?“

Keiner der beiden reagierte. Bewegungslos zeigten die Öffnungen ihrer Kapuzen in Johans Richtung. Durch das Gegenlicht der untergehenden Sonne konnte er aber ihre Gesichter nicht erkennen. Noch einmal fragte er:
„Grüße! Was verirrt ihr euch in so eine unwirtlichen Gegend?“
Die Antwort überkam ihn und breitete sich mit einem dumpfen Schmerz überall in seinem Körper aus. Seine Beine begannen zu zittern und er tat schwer, nicht auf die Knie zu gehen.
„Johan, deine letzen Minuten sind heran gebrochen! Sage mir, hast du deine Zeit weise genutzt?“
Die markerschütternde Stimme kam eindeutig vom Reiter in Schwarz. Noch nie hatte ihn ein einfacher Satz so sehr erschüttert. Johan wollte antworten, doch außer qualmenden Wolken vermochte er nichts aus seinem Mund hervorzubringen. Ihm überkam die pure Angst.

Endlich zeigte der rote Reiter, der bisher ebenfalls wie eine Statue auf seinem Gaul saß menschliche Regung.
Mit einem Satz schwang er sich von seinem dürren, aber dennoch stolzen Hengst ab und landete im Schnee. Dabei knickten weder seine Beine ein noch machte er eine hörbares Atemgeräusch. Unheimlich auf Johan fixiert griffen seine behandschuhten Hände zielsicher in seine Satteltasche und zogen ein offensichtlich stark verwittertes, zusammengerolltes Pergament heraus, das mit einem brauen Lederband verschnürt war. Ohne auch nur einen Moment den Blick von seinem Gegenüber zu lassen, rollte er es aus und ließ seine hallende Stimme erklingen.

„Dein Leben als Spielmann findet hier sein Ende. Bange aber nicht, dein zukünftiges Schicksal ist so gut wie geschrieben. Deine lasterhafte Existenz als Spielmann hat dich durch alle sieben Todsünden geführt und nun ist es Zeit den Preis zu bezahlen. Doch nach alter Sitte ist es den Angehörigen deiner frevelhaften Zunft gestattet um das Heil ihrer Seelen zu wetten. So fasse deine Würfel und tritt zu einem Spiel gegen den Teufel höchst persönlich an. Der Einsatz ist deine Seele. Wenn du gewinnst sollst du in die Pforten des Himmelreiches eintreten. Bei deiner Niederlage ziehst du unverzüglich ins Reich der Hölle ein. Die Regeln brauchst du nicht zu kennen, das Spiel beruht auf purem Zufall. So mach dich bereit. Eine Wahl hast du nicht!“

Mit dem letzen Wiederhall der eiskalten Stimme warf der schwarze Reiter Johan drei Würfel vor die Füße. Mit vor panischer Angst zitternden Händen griff er nach den im Schnee liegenden Objekten. Sein Verstand war vollkommen überfordert. Hunderte Lieder hatte er über den Tod gesungen, aber so hatte er es sich nicht vorgestellt. Gedanken um Gedanken überschlugen sich wie er am besten vor dieser sadistischen Szenerie fliehen könnte, aber bevor jeder Plan zu Ende gedacht war, brachen die letzten Worte des Teufels wie ein Unwetter über ihn ein.
Dem Tod ging offensichtlich die Geduld aus. Er erhob seine Hand, wobei die schwarze Kutte über seine Hand rutschte und seine aschfahlen Knochen entblößte. Wie durch Zauberei erhob sich Johan gegen seinen Willen. Darauf warf der Teufel.

Das Ergebnis ist wahrlich seiner wahrlich würdig. Dreimal sechs! Der Verstand des Spielmanns setze bei diesem höllischen Anblick aus. Selbst tausend Leichen hätten keine so zerstörerische Wirkung auf seine Gedankenbahnen haben könne wie das verfluchte Würfelglück seines Kontrahenten. Sein Schicksal war damit besiegelt, die Hölle sein ewiges Heim. Frustriert warf er die Würfel – und erstarrte mitten in der Bewegung als ein feurig brenneder Hauch der Kälte seine Schulter berührte. Doch anstatt zu fühlen, wie seine Seele gewaltsam dem eigenen Leib entrissen würde, sah er wie seine drei Würfel noch in der Luft zu schwarzer Asche zerfielen.
Gleich einem heulenden Wintersturm erklang ein furchtbares Lachen. Zum ersten Mal wandte der Tod seinen Blick von Johan ab und fixierte den Teufel mit unerbittlicher Härte.

„Eine üble Trixerei mein Freund, doch du kennst die Regeln! Die Seele ist keine einfach Goldmünze um die man betrogen werden kann. Johan, da du zu Unrecht verloren hast, werde ich dir als Vergeltung noch einige Zeit auf dieser Welt lassen. Doch nutze sie weise, wir werden uns bald wiedersehen. Und Teufel lass dir gesagt sein: ich bin der, der den Tod bringt. Ich bin der Sensenmann, der ewige Schnitter. Und du wirst mich nicht betrügen, den letztendlich bedeutet LETZLICH AUCH TOD GRECHTIGKEIT!“

Als die Worte gesprochen waren, stiegen zwei Stichflammen aus dem gefrorener Boden unter den beiden Fürsten aus und hüllten siegänzlich ein . Auch wenn Johan mehr als weit genug von ihnen weg stand, so konnte er die schmerzenden Hitze spüren die von ihnen ausging aufs Deutlichste spüren. Ohne Zweifel, diese Feuer kamen direkt aus der Hölle. Sie verbrannte alles um sich herum, selbst Johans Geist. Seine Augen erblindeten und er spürte wie sein Inneres hellauf zu brennen begann, ja wie seine Seele selbst den Vorgeschmack auf das Fegefeuer erhielt. Und er schrie, er presste die Luft aus seinen Lungen wie er es noch nie zuvor vermochte. Dann war es ruhig. Nur ein vergleichsweise harmloses, dennoch unerträgliches Stechen in seiner Brust blieb. Fast kam es ihm wie eine Erholung vor, doch nach einer unmöglich zu bestimmenden Zeitspanne nahm der Schmerz Form an. Auch wenn er es noch nie zuvor gespürt hatte, so war der Spielmann doch klar davon überzeugt, ein Messer in der Brust stecken zu haben. Als er das begriff fassten seine Hände schlagartig zu einem Körpermittelpunkt und seine Augen schlugen sich auf. Doch da war nichts, weder ein Messer, noch eine Wunde, noch ein Wald. Er lag in seinem Heim schweißgebadet in seinem Bett.

 
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