Pegasus18
Prophet
Es tut mir leid, dass sich bei den anderen Storys noch nichts getan hat. Ich warte immer noch auf die zündende Idee, damit ich endlich weiter machen kann. Solange könnte ihre euch das hier mal durchlesen. Ich hoffe es gefällt euch…
Über alle Grenzen…
Der kleine Junge saß trübselig in einer Ecke des Raumes. Seine Mutter hatte ihm eben gesagt, dass sie einen neuen Mann hatte und sie ihn gerne bald heiraten würde. Er hatte geweint und gesagt, dass sie doch auch alleine glücklich wären. Daraufhin war seine Mutter ebenso weinend aus dem Zimmer gestürmt. Sie hatte gesagt, er würde es nicht verstehen. Dennoch verstand er es gut. Er kannte den neuen Mann seiner Mutter nicht besonders gut und er war ihm auch ein wenig unheimlich. Der Junge namens Simon hätte gerne seinen richtigen Vater wieder gehabt aber das war unmöglich. Sein Vater war im Krieg verschollen, so wie es ihm seine Mutter erklärt hatte und er würde wahrscheinlich nie wieder zurückkehren. Das war passiert als Simon gerade mal ein Jahr alt gewesen war. So hatte er seinen Vater nie bewusst gesehen oder kennen gelernt und nun sollte also ein neuer Mann an der Seite seiner Mutter sein. Simon konnte sich immer noch nicht mit dem Gedanken anfreunden, während dicke Tränen seine blassen Wangen hinunter liefen. Er würde nie und nimmer diesen neuen Mann seiner Mutter akzeptieren können. Seine Mutter verstand wenigstens, dass er anders war als andere Kinder im gleichen Alter. Auch wenn sie immer gesagt hatte, er müsse auch mal ein paar Freunde finden und er sich strickt geweigert hatte, hatte sie ihn schnell damit in Ruhe gelassen. Simon mochte die Gesellschaft Gleichaltriger nicht. Er konnte es sich nicht erklären aber seitdem er vor einem Jahr eingeschult worden war, konnte er sich in keine bestehende Gruppierung eingliedern. Er selbst erklärte es sich so, dass keiner ihn mochte, weil er so einen seltsamen Charakter hatte. Einmal war er ganz lieb und nett aber von Zeit zu Zeit brach auch etwas anderes aus ihm hervor. Dann war er aggressiv jedem gegenüber und man ließ ihn in solchen Phasen lieber in Ruhe, wenn man wusste was gut für einen war. Mit leerem Blick starrte Simon immer noch die Raufasertapete an der Wand gegenüber an, als seine Mutter in den Raum zurückkehrte, in Begleitung eben jenes Mannes, der bald sein Stiefvater werden würde. Die beiden nährten sich langsam der Ecke in der Simon hockte.
„Schatz…wir müssen mit dir reden.“ sagte seine Mutter dann mit einem Hauch von Furcht in der Stimme. Simon blickte mit geröteten Augen zu den beiden Erwachsenen hoch. Was würden sie von ihm wollen? Würden sie ihm jeden Moment verkünden, dass sie heiraten würden und für immer zusammen bleiben würden?
„Also…mein Junge…die Sache ist die. Wie du weißt haben ich und Sebastian uns sehr gern und wir würden gerne mehr Zeit zusammen und auch mit dir verbringen. Seitdem dein Vater vor fast sechs Jahren verschollen ist, bin ich alleine gewesen. Und nun…würde ich gerne wieder eine feste Bindung eingehen.“ erklärte Lily immer noch mit vor Furcht zitternder Stimme. Sie kannte Simons unerklärliche Wutausbrüche gut. Viele Ärzte hatten schon eine Therapie empfohlen aber Lily hatte sich geweigert ihren Sohn in die Obhut von Ärzten zu geben, wenn diese nicht einmal wussten was Simon fehlte. Simon spürte jetzt wieder wie Tränen in seine Augen schossen und seinen Blick trübten. Langsam senkte er wieder den Blick. Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit machte sich in ihm breit.
„Es scheint so…ihr habt es doch sowieso schon entschieden oder? Da habe ich doch nichts mehr zu melden.“ sagte Simon ohne sich große Mühe zu geben die Wut, die in seiner Stimme lag zu verbergen. Seine Mutter starrte ihn nur an, während Sebastian sich ein wenig hinter ihr hielt. Eine Distanz baute sich zwischen Sohn und Mutter auf, die mit jeder Sekunde fester wurde, wie Wasser das zu Eis gefror. Dann räusperte sich Sebastian. Simon wandte sein tränenverschmiertes Gesicht nun ihm zu.
„Es ist so Simon…dass wir bald zu viert sein werden.“ sagte er mit seiner dunklen Stimme. Simons Augen wurden groß. Er musste sich verhört haben. Das konnte nicht wahr sein. Bestürzt und hilfesuchend schaute er wieder seine Mutter an.
„Es ist wahr mein Schatz. Du bekommst eine kleine Schwester.“ sagte Lily leise und jetzt konnte Simon auch feststellen, dass sich seine Mutter wirklich verändert hatte. Ihr Bauch war größer geworden und auch ihre Brust schien gewachsen zu sein. Langsam stand das Kind vom kalten Boden auf. Sein kleiner Körper bebte vor unterdrücktem Zorn.
„Du hast…ein Baby mit ihm gemacht?“ fragte er dann, als er seinen Zeigefinger auf Sebastian richtete. Seine Mutter nickte peinlich berührt und Sebastian tat es ihr gleich. Nun konnte Simon seine Wut und die Tränen nicht länger zurückhalten. Er stampfte mit den Füßen auf den Boden, während die Tränen seine Sicht weiter vernebelten. Er fühlte sich verraten und übergangen. Seine Mutter hatte keine Sekunde an ihn gedacht und wie er sich dabei fühlte war ihr offenbar auch egal gewesen. Nun verspürte Simon den Drang einfach wegzulaufen, sich zu verstecken und diese beiden Menschen einfach nicht mehr zu sehen.
„Ich…ich sag es Papa.“ presste er dann zwischen seinen Zähnen hervor. Nun schien auch Lily wütend zu werden. Es passierte selten aber wenn es passiert, war es meist schrecklich.
„Simon! Dein Vater ist tot! Bitte versteh das endlich. Es ist vorbei…“ sagte sie laut, während sich ihre Hände über ihrem Bauch verkrampften. Simon starrte sie nur an. Dann schrie er auf und rannte an den beiden vorbei und hinaus aus dem Zimmer.
„Er ist nicht tot. Ich sehe ihn immer wenn ich schlafe. Er ist nicht tot…er wird wieder kommen und mich holen.“ sagte Simon unter Tränen, während er die Tür aufriss und in den kalten und dunklen Flur hinaustrat. Er wusste nicht wohin er sich wenden sollte. Sollte er die Wohnung verlassen oder einfach in sein Zimmer gehen? Schlussendlich entschied sich der Junge für das Zimmer. Er konnte Lily weinen hören und Sebastian, der versuchte sie zu trösten. Simon biss die Zähne zusammen. Er wollte nicht lauschen aber es war unvermeidlich. Die Stille trug ihm die Wörter mit Leichtigkeit zu.
„Die Ärzte haben dich vor seiner Störung gewarnt. Du hättest ihn wirklich in eine Klinik einweisen lassen sollen. Es wäre besser für dich und für das ungeborene Kind.“ sagte Sebastian mit so leiser Stimme, dass es Simon fast nicht hören konnte. Und doch hörte er es…Mehr wollte und brauchte er nicht zu wissen. Er meinte also, dass er gestört war? Dann sollte er es halt denken. Immer noch geschüttelt durch Trauer und Zorn ging Simon hinüber zu seiner Zimmertür. Er betrat das vollkommen dunkle Zimmer und schloss sich lautlos ein. Dann warf er sich, ohne sich auszuziehen, auf sein Bett und weinte weiter. Wie hatte sie ihm das nur antun können?! Er wollte keine Schwester und schon gar nicht eine, die von diesem fremden Mann stammte. Egal wie sie sein würde, Simon würde sie nie wie seine Schwester lieben können…
Und Simon erinnerte sich an diesen Tag wie an keinen zweiten in seinem Leben. Auch jetzt noch, fast 14 Jahren später, war die Wut in ihm immer noch so präsent, als wäre ihm erst gestern eröffnet worden, dass er eine Schwester bekommen würde. Seine langen blassen Finger schlossen sich fest zur Faust zusammen, als er daran dachte. Heute, an diesem Tag, mehrte sich seine Trauer wie an keinem anderem Tag im Jahr. Genau heute vor 14 Jahren hatte seine Mutter Cassandra geboren. Heute hatte sie Geburtstag und das ganze Haus war für dieses Fest geschmückt worden und es wurden Gäste erwartet. Simon wollte dabei nicht mitfeiern. Ihm war seine Schwester zu wider, genau so wie er es sich damals als kleiner Junge geschworen hatte. Er ließ den Blick durch sein abgedunkeltes Zimmer schweifen. Fast alles war noch so wie früher, auch wenn er mittlerweile ein größeres Bett bekommen hatte. Mit einer Freundin hatte er darauf noch keine Zeit verbracht, weil es ihm durch seine Art und Weise wie er mit Menschen umging noch nicht vergönnt war, eine zu haben. Seufzend lehnte er sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. An diesem Tag würde er sein Zimmer nicht mehr verlassen. Plötzlich klopfte es an der Tür. Simon konnte sich schon denken, wer dort stand. Sicher würde sie es wieder tun…
„Wer da?“ fragte Simon nur ohne groß von seinen Notizen aufzublicken.
„Ich bin es. Cassandra. Darf ich reinkommen?“ erklang die Stimme seiner Schwester durch die Türschlitze. Jedes ihrer Worte hämmerte in Simons Kopf wie ein Presslufthammer. Warum konnte sie ihn nicht heute wenigstens in Ruhe lassen.
„Was willst du?“ fragte er in ruppigem Ton, so wie er es immer tat, wenn er jemanden verscheuchen wollte. Bei seiner Schwester allerdings hatte das im Laufe der Jahre immer schlechter funktioniert. Sie ließ sich nicht von ihm einschüchtern und seine Art und Weise stieß sie viel weniger ab als es bei allen anderen Menschen der Fall war.
„Ich würde dich gerne zu meiner Party einladen.“ sagte sie mit ihrer hellsten Stimme.
„Du weißt doch, dass ich da nicht mitmachen will und warum. Hau ab!“ warf Simon ihr die Antwort durch die Tür entgegen aber sie blieb hartnäckig.
„Komm schon. Du warst nie bei einem meiner Geburtstage da. Aber heute ist mein 14. Das ist schon ein Ereignis. Bitte…meine Freundinnen wollen dich auch mal kennen lernen. Einige glauben schon fast, dass ich gar keinen älteren Bruder hätte.“ erklärte Cassandra mit kräftiger Stimme. Seufzend erhob Simon sich von seinem Stuhl. Wenn sie es unbedingt so haben wollte, sollte sie es auch kriegen. Er ging zur Tür und öffnete sie. Da stand seine kleine Schwester. Ihr Gesicht trug keine Spur von Lily. Ihr Vater Sebastian hatte sich durchgesetzt. Cassandras Haar war lang und schwarz und ihre tiefgrünen Augen erinnerten an einen mit Algen übersäten Meeresboden. Sie blickte ihn argwöhnisch an.
„Ich hab es doch schon mal erklärt. Mir ist deine Party gelinde gesagt einfach nur scheiß egal und das gilt auch für deine Freundinnen. Feiert doch wie und was ihr wollt…du weißt was los ist.“ sagte Simon dann nur und schlug die Tür wieder zu.
Seitdem Cassandra laufen konnte, hatte Simon kein Geheimnis daraus gemacht, dass er sie verabscheute. Er verpasste keine Gelegenheit Cassandra seine Abneigung ihr gegenüber so richtig schön dick aufs Brot zu schmieren, auch wenn seine Mutter und Sebastian ihn immer bestraft hatten, wenn er zu grob zu ihr gewesen war. Verzweifelt raufte Simon sich sein braunes Haar. Er und seine Schwester waren einfach zu unterschiedlich, als das sie jemals wie Bruder und Schwester zusammen leben konnten. Sie sahen sich in keinster Weise ähnlich. Während Simon eher der ruhige und zurückgezogene Typ war, so genoss es Cassandra im Mittelpunkt zu stehen und sie suchte immer den Kontakt zu anderen Menschen und das sowohl in der Schule, als auch in ihrer Freizeit, womit sie Simon noch mehr auf die Nerven fiel. Er war heute angespannt genug, weil ihm die Medikamente ausgegangen waren, die er nun seit fast fünf Jahren nahm um die Störung, die er angeblich hatte zu bekämpfen. Die Träume von seinem Vater und anderen Leuten hatten daraufhin etwas nachgelassen aber dennoch kamen sie fast jede Woche mindestens einmal. Simon konnte sich das nur damit erklären, dass er etwas Besonderes war. Deshalb kapselte er sich auch von allen anderen ab um nichts mit ihnen zu tun zu haben und das Studium, das er vor einem Jahr begonnen hatte, kam ihm da wie gerufen. Vor seiner Tür weinte jemand. Seine Schwester schien immer noch da zu sein. Ihre Tränen rührten nichts in ihm an, sodass er es ohne mit der Wimper zu zucken ignorieren konnte. Dennoch wurde seine Schwester immer lauter.
„Ich habe dir nie was getan oder? Ich kann es einfach nicht verstehen, dass du mich und die anderen Menschen so sehr verabscheust.“ sagte Cassandra nun mit leiserer Stimme, als sie sich offenbar abwandte und in ihr Zimmer gegenüber zurückkehrte…
Während Simon Musik hörte, geriet die Party draußen allmählich in Fahrt. Er hätte lieber das Haus verlassen sollen. Lily und Sebastian waren heute nicht da und sie hatten Cassandra erlaubt heute zu feiern und Freunde einzuladen. Über ein paar nützliche Kontakte hatte seine Schwester wohl auch Alkohol besorgen könnten, was ihm allerdings egal war. Wenn sie sich unbedingt betrinken wollten, wäre er der Letzte gewesen, der irgendetwas dazu gesagt hätte. Bald aber musste er sein Zimmer verlassen, denn der Hunger hatte ihn in die Küche getrieben. Dort war er auf ein paar von Cassandras Kleinmädchenfreundinnen gestoßen, die ihn kichernd unter die Lupe genommen hatten. Wie es aber seine Art war, hatte er sie schnell hinaus in den Garten verscheucht, wo die wirkliche Party war. Dort am Pool feierten sie alle. Bei seinem immer gleich eingerichteten Zimmer vergas Simon manchmal sogar, dass sie schon zweimal umgezogen waren. Jetzt bewohnten sie ein großes Haus in einer ruhigen Lage. Kurz glaubte Simon seine Schwester am Pool tanzen zu sehen. Viele ältere Jungs waren unter ihren Gästen, was ihr eigentlich verboten worden war. Simon zuckte leicht mit den Schultern und biss ein Stück des Brotes ab, das er sich gerade gemacht hatte.
//Mein Gott…wie primitiv…// dachte er bei sich, während er zu seinem Zimmer zurückkehrte, doch die Mädchen von eben kamen ihm wieder dazwischen.
„Deine Schwester heult sich wegen dir immer wieder die Augen aus. Beweis endlich mal dass du ein Mann bist du Grobian.“ fauchte eines der Mädchen ihn böse an. Allerdings verpuffte die drohende Wirkung ihrer Worte irgendwie, angesichts ihrer Körpergröße. Sie war mindestens einandhalb Köpfe kleiner als Simon, der hochgewachsen war.
„Entweder ihr geht mir aus dem Weg oder aber ich werf’ euch raus. Es liegt an euch. Ich zähle bis 10. Also…1…2…10.“ sagte er lässig, während er die beiden Mädchen packte und sie zur Tür schleifte. Er sah vielleicht schwach aus aber er war alles andere als das.
„Hey…hey das ist unfair. Lass uns los du Idiot!“ sagte eines der Mädchen, während sie nach Simon trat und kratzte. Mit dem Ellbogen seines rechten Arms drückte Simon die Klinke herunter und beförderte die Mädchen nach draußen. In Hochstimmung schloss er die Tür vor den Nasen der beiden wieder. Als er sich umdrehte sah er sich dann seiner Schwester Aug in Aug gegenüber. Simon nahm einen starken Geruch von Wodka wahr.
„Du holst sie sofort wieder rein und entschuldigst dich.“ sagte sie forsch. Simon ignorierte sie und marschierte an ihr vorbei. Ihm war das alles gleichgültig.
„Es ist doch deine Party oder? Hol sie doch selber rein. Sie standen im Weg…“ sagte er, während er sein Zimmer schon wieder fest im Visier hatte. Cassandra packte ihn an der Schulter und hielt ihn zurück. Ihre Finger waren verkrampft und kalt.
„Du hast mein bisheriges Leben schon versaut. Versau es jetzt nicht noch weiter.“ sagte seine Schwester und jetzt glitzerten wieder Tränen in ihren grünen Augen.
„Du hast meines schon versaut noch bevor du geboren warst. Wir sind quitt denke ich.“ gab Simon nur trocken zurück, als er sich aus dem Griff seiner Schwester befreite und sich wieder in seinem Zimmer einschloss…
Was in den Stunden danach passierte, konnte Simon nicht sagen, denn er war die ganze Zeit in seinem Zimmer, während die Party weiter tobte. Es hörte sich so an, als würden die Gäste das halbe Haus einreißen und den Pool gleich mit dazu. Der Lärm der Feiernden verstummte erst um 3 Uhr nachts, kurz nachdem Simon seine Aufzeichnungen über eine neuartige Chemikalie, über die er referieren sollte, weglegte. Im Haus war es totenstill und das gefiel Simon wirklich und er befand, dass es ungefährlich war jetzt raus zu gehen. Er öffnete seine Tür und trat in den Flur. Um ihn her herrschte ein heilloses Durcheinander aus Getränkeflaschen, leeren Chipstüten und sogar einigen Kleidungsstücken, die offenbar weiblichen Personen gehörten. Vorsichtig stieg er über das Chaos hinweg und freute sich diebisch darauf zu sehen, wie seine Schwester das alles aufräumen musste.
„Scheint ja eine heftige Party gewesen zu sein.“ sagte er in die Stimme des Raumes hinein. Als Antwort darauf kam ein undeutlicher Grunzlaut aus einer Ecke des Zimmers. Dort Cassandra mit leicht abwesendem Blick. Sie hatte eine leere Flasche in der Hand und war sich offenbar nicht bewusst, dass er da war. Leise ging er an ihr vorbei. Seine Mutter und Sebastian würden das alles andere als gutheißen und wahrscheinlich würde er wieder alles abgekommen. So war es schon immer gewesen, wenn Cassandra Mist gebaut hatte. Er hatte immer ihre Strafe ausbaden müssen und sie war unbeschadet davon gekommen.
„Simon?“ fragte sie dann leise und er hielt inne. Sie war also noch nicht zu betrunken ihn zu erkennen. Das war wirklich bedauerlich.
„Ja…ich bin es. Du hast glaub ich übertrieben.“ sagte er kalt, als er sich schon wieder abwenden wollte um die Toilette aufzusuchen. Seine Schwester lachte leise bei diesen Worten. Langsam drehte er sich wieder zu ihr um. Cassandra klang irgendwie überhaupt nicht mehr nach sich selbst. Vielleicht war es der Alkohol aber vielleicht auch etwas anderes, dass sie im Moment wie eine andere Person in seinen Augen erscheinen ließ.
„Jetzt wo alle weg sind…könntest du ja noch ein wenig mit mir feiern.“ sagte Cassandra dann, als sie sich langsam erhob. Ihr langes Haar verdeckte ihr Gesicht. Simon schluckte unmerklich, weil er spürte wie ein kalter Schauer seinen Rücken hinunter kroch.
„Ich…ich will nicht…“ sagte Simon dann etwas zögernd aber seine Schwester kam schon auf ihn zu und drückte ihm die Flasche in die Hand.
„Nimm einfach…es ist schon okay…“ sagte sie, wobei ihre Augen in verschiedene Richtungen starrten. So sah sie leicht überdreht aus. Simon nahm die Flasche hoch und trank einen Schluck. Es war Wodka, der in seiner Kehle brannte aber ihn auch irgendwie beruhigte. Er war soweit entspannt, dass seine Schwester ihn auf das Sofa buchsieren konnte. Dies war der einzige Platz im Zimmer der nicht wegen des Mülls unzugänglich geworden war. Seufzend ließ er sich neben Cassandra nieder, die seltsamerweise nicht mehr von seiner Seite wich. Das war ihm mehr als unangenehm und mehr als einmal forderte er sie auf, dies zu unterlassen, was sie aber nicht tat…
Den nächsten Stunden verbrachten die Geschwister damit die Flasche Wodka zu leeren und sich anzuschweigen. Die Stimmung war äußerst seltsam. Lily und Sebastian hatten sich erst für den nächsten Abend wieder angekündigt, sodass für Cassandra noch genug Zeit sein würde um aufzuräumen. Simon nahm den letzten Zug aus der Flasche. Er fühlte sich nun warm und war um einiges besser gelaunt, als vor der Flasche.
„Weißt du Simon…ich hatte gehofft mich irgendwann mit dir zu versöhnen.“ durchbrach Cassandra dann endlich das Schweigen.
„Ach ja?“ fragte Simon ohne sie aber richtig gehört zu haben. Er war nicht so trinkfest, sodass der Wodka ziemlich gut bei ihm angeschlagen hatte.
„Ja…denn weißt du…ich habe dich wirklich gern und hätte gerne gewollt dass wir uns verstehen und…naja…eben wie Bruder und Schwester sind.“ entgegnete Cassandra und jetzt hörte ihr Simon wieder richtig zu.
„Wir stammen nicht von denselben Menschen ab Cassandra. Für mich wird es nie so seien…mein Vater lebt noch aber Mutter behauptet er sei tot. Sie hat deinen Vater genommen, obwohl ihr eigentlicher Mann noch lebt. Das ist unverzeihlich.“ sagte Simon und wieder drangen die bitteren Erinnerungen von vor 14 Jahren in sein Gedächtnis. Einen kurzen Augenblick sagte Cassandra nichts. Dann schien ihr etwas eingefallen zu sein.
„Dann sieh mich doch nicht als deine Schwester…sondern als Mensch und Mädchen.“ sagte sie plötzlich. Simon drehte sich ungläubig zu ihr. Hatte sie das eben wirklich gesagt?
„Wie meinst du das?“ fragte er leicht verwirrt. Sie schien verlegen.
„Du weißt schon…sieh mich als Mädchen und nicht als deine Schwester. Würdest du mich denn immer noch hassen, wenn wir uns so begegnet wären und nicht auf eine gewisse Art und Weise miteinander verwandt wären?“ fragte sie nun sehr schnell, als müsste sie sich zwingen weiterzusprechen aus Furcht der Mut könnte ihr entgleiten.
„Möglicherweise nicht…“ sagte Simon nun voll und ganz verwirrt. Was wollte sie nun wirklich von ihm? Irgendwie kam sie ihm jetzt viel näher vor, als vor ein paar Sekunden. Sie war näher zu ihm gerutscht und blickte ihn mit ihren tiefgrünen Augen fest an.
„Dann vergiss es heute Nacht einfach mal. Ich bin nicht mehr deine Schwester, sondern einfach ein Mädchen dass dich attraktiv findet.“ flüsterte Cassandra, deren Mund nun dicht bei seinem rechten Ohr war. Wieder glitt dieses seltsame Schaudern über Simons Haut. Jetzt drehte sie wirklich vollkommen durch…
Die Sonne ging langsam auf. Das Licht, das durch das Fenster schien, beschien das Gesicht von Cassandra. Ihr Make-up war verschmiert und ihre Haare standen ziemlich durcheinander von ihrem Kopf ab. Sie saß dicht neben Simon, dem es immer unwohler in seiner Haut wurde. Cassandra schloss nun langsam die Augen.
„Du weißt, dass sich das nicht einfach aus der Welt schaffen lässt.“ sagte Simon, bemüht wieder seine alte Stimmlage zu treffen aber es gelang ihm nicht wirklich.
„Warum nicht? Es ist keiner hier der uns sehen könnte. Außerdem hab ich nicht meinen fruchtbaren Tag.“ entgegnete Cassandra mit einem ziemlich breiten Grinsen auf dem blassen Gesicht. Simon wich langsam zurück.
„Wenn du hier versucht mich zu verführen funktioniert das nicht. Ich werde nicht mit meiner Schwester…“ sagte Simon aber seine Schwester unterbrach ihn.
„Nach deinen Worten bin ich immer nur deine Halbschwester gewesen. Oder findest du mich nicht als Mädchen attraktiv?“ fragte Cassandra nun interessiert. Simon überlegte. Er war immer so in den Hass auf seine Schwester vertieft, dass er überhaupt nicht gemerkt hatte zu was für einem Mädchen sich Cassandra entwickelt hatte. Sicher, sie war attraktiv geworden aber das reichte noch lange nicht aus um ihn vergessen zu lassen wer sie war.
„Selbst wenn…es ist uns nicht erlaubt.“ sagte Simon und Cassandra ließ enttäuscht den Kopf hängen. Trotz dieser Geste wirkte sie überhaupt nicht traurig über seine Worte.
„Ich dachte du wärst wenigstens ehrlich…“ sagte Cassandra leise, während sie ihre Hand langsam über Simons Schultern wandern ließ. Wieder schauderte er.
„Ich bin ehrlich.“ erwiderte Simon leise, während er ihre Hand keine Sekunde aus den Augen ließ. Wenn sie hier irgendwas anfangen wollte, würde er sie enttäuschen müssen...
Fortsetzung folgt...
Kommentare, e.t.c.: http://www.world-of-hentai.to/board/showthread.php?p=485071#post485071
Über alle Grenzen…
Der kleine Junge saß trübselig in einer Ecke des Raumes. Seine Mutter hatte ihm eben gesagt, dass sie einen neuen Mann hatte und sie ihn gerne bald heiraten würde. Er hatte geweint und gesagt, dass sie doch auch alleine glücklich wären. Daraufhin war seine Mutter ebenso weinend aus dem Zimmer gestürmt. Sie hatte gesagt, er würde es nicht verstehen. Dennoch verstand er es gut. Er kannte den neuen Mann seiner Mutter nicht besonders gut und er war ihm auch ein wenig unheimlich. Der Junge namens Simon hätte gerne seinen richtigen Vater wieder gehabt aber das war unmöglich. Sein Vater war im Krieg verschollen, so wie es ihm seine Mutter erklärt hatte und er würde wahrscheinlich nie wieder zurückkehren. Das war passiert als Simon gerade mal ein Jahr alt gewesen war. So hatte er seinen Vater nie bewusst gesehen oder kennen gelernt und nun sollte also ein neuer Mann an der Seite seiner Mutter sein. Simon konnte sich immer noch nicht mit dem Gedanken anfreunden, während dicke Tränen seine blassen Wangen hinunter liefen. Er würde nie und nimmer diesen neuen Mann seiner Mutter akzeptieren können. Seine Mutter verstand wenigstens, dass er anders war als andere Kinder im gleichen Alter. Auch wenn sie immer gesagt hatte, er müsse auch mal ein paar Freunde finden und er sich strickt geweigert hatte, hatte sie ihn schnell damit in Ruhe gelassen. Simon mochte die Gesellschaft Gleichaltriger nicht. Er konnte es sich nicht erklären aber seitdem er vor einem Jahr eingeschult worden war, konnte er sich in keine bestehende Gruppierung eingliedern. Er selbst erklärte es sich so, dass keiner ihn mochte, weil er so einen seltsamen Charakter hatte. Einmal war er ganz lieb und nett aber von Zeit zu Zeit brach auch etwas anderes aus ihm hervor. Dann war er aggressiv jedem gegenüber und man ließ ihn in solchen Phasen lieber in Ruhe, wenn man wusste was gut für einen war. Mit leerem Blick starrte Simon immer noch die Raufasertapete an der Wand gegenüber an, als seine Mutter in den Raum zurückkehrte, in Begleitung eben jenes Mannes, der bald sein Stiefvater werden würde. Die beiden nährten sich langsam der Ecke in der Simon hockte.
„Schatz…wir müssen mit dir reden.“ sagte seine Mutter dann mit einem Hauch von Furcht in der Stimme. Simon blickte mit geröteten Augen zu den beiden Erwachsenen hoch. Was würden sie von ihm wollen? Würden sie ihm jeden Moment verkünden, dass sie heiraten würden und für immer zusammen bleiben würden?
„Also…mein Junge…die Sache ist die. Wie du weißt haben ich und Sebastian uns sehr gern und wir würden gerne mehr Zeit zusammen und auch mit dir verbringen. Seitdem dein Vater vor fast sechs Jahren verschollen ist, bin ich alleine gewesen. Und nun…würde ich gerne wieder eine feste Bindung eingehen.“ erklärte Lily immer noch mit vor Furcht zitternder Stimme. Sie kannte Simons unerklärliche Wutausbrüche gut. Viele Ärzte hatten schon eine Therapie empfohlen aber Lily hatte sich geweigert ihren Sohn in die Obhut von Ärzten zu geben, wenn diese nicht einmal wussten was Simon fehlte. Simon spürte jetzt wieder wie Tränen in seine Augen schossen und seinen Blick trübten. Langsam senkte er wieder den Blick. Ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit machte sich in ihm breit.
„Es scheint so…ihr habt es doch sowieso schon entschieden oder? Da habe ich doch nichts mehr zu melden.“ sagte Simon ohne sich große Mühe zu geben die Wut, die in seiner Stimme lag zu verbergen. Seine Mutter starrte ihn nur an, während Sebastian sich ein wenig hinter ihr hielt. Eine Distanz baute sich zwischen Sohn und Mutter auf, die mit jeder Sekunde fester wurde, wie Wasser das zu Eis gefror. Dann räusperte sich Sebastian. Simon wandte sein tränenverschmiertes Gesicht nun ihm zu.
„Es ist so Simon…dass wir bald zu viert sein werden.“ sagte er mit seiner dunklen Stimme. Simons Augen wurden groß. Er musste sich verhört haben. Das konnte nicht wahr sein. Bestürzt und hilfesuchend schaute er wieder seine Mutter an.
„Es ist wahr mein Schatz. Du bekommst eine kleine Schwester.“ sagte Lily leise und jetzt konnte Simon auch feststellen, dass sich seine Mutter wirklich verändert hatte. Ihr Bauch war größer geworden und auch ihre Brust schien gewachsen zu sein. Langsam stand das Kind vom kalten Boden auf. Sein kleiner Körper bebte vor unterdrücktem Zorn.
„Du hast…ein Baby mit ihm gemacht?“ fragte er dann, als er seinen Zeigefinger auf Sebastian richtete. Seine Mutter nickte peinlich berührt und Sebastian tat es ihr gleich. Nun konnte Simon seine Wut und die Tränen nicht länger zurückhalten. Er stampfte mit den Füßen auf den Boden, während die Tränen seine Sicht weiter vernebelten. Er fühlte sich verraten und übergangen. Seine Mutter hatte keine Sekunde an ihn gedacht und wie er sich dabei fühlte war ihr offenbar auch egal gewesen. Nun verspürte Simon den Drang einfach wegzulaufen, sich zu verstecken und diese beiden Menschen einfach nicht mehr zu sehen.
„Ich…ich sag es Papa.“ presste er dann zwischen seinen Zähnen hervor. Nun schien auch Lily wütend zu werden. Es passierte selten aber wenn es passiert, war es meist schrecklich.
„Simon! Dein Vater ist tot! Bitte versteh das endlich. Es ist vorbei…“ sagte sie laut, während sich ihre Hände über ihrem Bauch verkrampften. Simon starrte sie nur an. Dann schrie er auf und rannte an den beiden vorbei und hinaus aus dem Zimmer.
„Er ist nicht tot. Ich sehe ihn immer wenn ich schlafe. Er ist nicht tot…er wird wieder kommen und mich holen.“ sagte Simon unter Tränen, während er die Tür aufriss und in den kalten und dunklen Flur hinaustrat. Er wusste nicht wohin er sich wenden sollte. Sollte er die Wohnung verlassen oder einfach in sein Zimmer gehen? Schlussendlich entschied sich der Junge für das Zimmer. Er konnte Lily weinen hören und Sebastian, der versuchte sie zu trösten. Simon biss die Zähne zusammen. Er wollte nicht lauschen aber es war unvermeidlich. Die Stille trug ihm die Wörter mit Leichtigkeit zu.
„Die Ärzte haben dich vor seiner Störung gewarnt. Du hättest ihn wirklich in eine Klinik einweisen lassen sollen. Es wäre besser für dich und für das ungeborene Kind.“ sagte Sebastian mit so leiser Stimme, dass es Simon fast nicht hören konnte. Und doch hörte er es…Mehr wollte und brauchte er nicht zu wissen. Er meinte also, dass er gestört war? Dann sollte er es halt denken. Immer noch geschüttelt durch Trauer und Zorn ging Simon hinüber zu seiner Zimmertür. Er betrat das vollkommen dunkle Zimmer und schloss sich lautlos ein. Dann warf er sich, ohne sich auszuziehen, auf sein Bett und weinte weiter. Wie hatte sie ihm das nur antun können?! Er wollte keine Schwester und schon gar nicht eine, die von diesem fremden Mann stammte. Egal wie sie sein würde, Simon würde sie nie wie seine Schwester lieben können…
Und Simon erinnerte sich an diesen Tag wie an keinen zweiten in seinem Leben. Auch jetzt noch, fast 14 Jahren später, war die Wut in ihm immer noch so präsent, als wäre ihm erst gestern eröffnet worden, dass er eine Schwester bekommen würde. Seine langen blassen Finger schlossen sich fest zur Faust zusammen, als er daran dachte. Heute, an diesem Tag, mehrte sich seine Trauer wie an keinem anderem Tag im Jahr. Genau heute vor 14 Jahren hatte seine Mutter Cassandra geboren. Heute hatte sie Geburtstag und das ganze Haus war für dieses Fest geschmückt worden und es wurden Gäste erwartet. Simon wollte dabei nicht mitfeiern. Ihm war seine Schwester zu wider, genau so wie er es sich damals als kleiner Junge geschworen hatte. Er ließ den Blick durch sein abgedunkeltes Zimmer schweifen. Fast alles war noch so wie früher, auch wenn er mittlerweile ein größeres Bett bekommen hatte. Mit einer Freundin hatte er darauf noch keine Zeit verbracht, weil es ihm durch seine Art und Weise wie er mit Menschen umging noch nicht vergönnt war, eine zu haben. Seufzend lehnte er sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. An diesem Tag würde er sein Zimmer nicht mehr verlassen. Plötzlich klopfte es an der Tür. Simon konnte sich schon denken, wer dort stand. Sicher würde sie es wieder tun…
„Wer da?“ fragte Simon nur ohne groß von seinen Notizen aufzublicken.
„Ich bin es. Cassandra. Darf ich reinkommen?“ erklang die Stimme seiner Schwester durch die Türschlitze. Jedes ihrer Worte hämmerte in Simons Kopf wie ein Presslufthammer. Warum konnte sie ihn nicht heute wenigstens in Ruhe lassen.
„Was willst du?“ fragte er in ruppigem Ton, so wie er es immer tat, wenn er jemanden verscheuchen wollte. Bei seiner Schwester allerdings hatte das im Laufe der Jahre immer schlechter funktioniert. Sie ließ sich nicht von ihm einschüchtern und seine Art und Weise stieß sie viel weniger ab als es bei allen anderen Menschen der Fall war.
„Ich würde dich gerne zu meiner Party einladen.“ sagte sie mit ihrer hellsten Stimme.
„Du weißt doch, dass ich da nicht mitmachen will und warum. Hau ab!“ warf Simon ihr die Antwort durch die Tür entgegen aber sie blieb hartnäckig.
„Komm schon. Du warst nie bei einem meiner Geburtstage da. Aber heute ist mein 14. Das ist schon ein Ereignis. Bitte…meine Freundinnen wollen dich auch mal kennen lernen. Einige glauben schon fast, dass ich gar keinen älteren Bruder hätte.“ erklärte Cassandra mit kräftiger Stimme. Seufzend erhob Simon sich von seinem Stuhl. Wenn sie es unbedingt so haben wollte, sollte sie es auch kriegen. Er ging zur Tür und öffnete sie. Da stand seine kleine Schwester. Ihr Gesicht trug keine Spur von Lily. Ihr Vater Sebastian hatte sich durchgesetzt. Cassandras Haar war lang und schwarz und ihre tiefgrünen Augen erinnerten an einen mit Algen übersäten Meeresboden. Sie blickte ihn argwöhnisch an.
„Ich hab es doch schon mal erklärt. Mir ist deine Party gelinde gesagt einfach nur scheiß egal und das gilt auch für deine Freundinnen. Feiert doch wie und was ihr wollt…du weißt was los ist.“ sagte Simon dann nur und schlug die Tür wieder zu.
Seitdem Cassandra laufen konnte, hatte Simon kein Geheimnis daraus gemacht, dass er sie verabscheute. Er verpasste keine Gelegenheit Cassandra seine Abneigung ihr gegenüber so richtig schön dick aufs Brot zu schmieren, auch wenn seine Mutter und Sebastian ihn immer bestraft hatten, wenn er zu grob zu ihr gewesen war. Verzweifelt raufte Simon sich sein braunes Haar. Er und seine Schwester waren einfach zu unterschiedlich, als das sie jemals wie Bruder und Schwester zusammen leben konnten. Sie sahen sich in keinster Weise ähnlich. Während Simon eher der ruhige und zurückgezogene Typ war, so genoss es Cassandra im Mittelpunkt zu stehen und sie suchte immer den Kontakt zu anderen Menschen und das sowohl in der Schule, als auch in ihrer Freizeit, womit sie Simon noch mehr auf die Nerven fiel. Er war heute angespannt genug, weil ihm die Medikamente ausgegangen waren, die er nun seit fast fünf Jahren nahm um die Störung, die er angeblich hatte zu bekämpfen. Die Träume von seinem Vater und anderen Leuten hatten daraufhin etwas nachgelassen aber dennoch kamen sie fast jede Woche mindestens einmal. Simon konnte sich das nur damit erklären, dass er etwas Besonderes war. Deshalb kapselte er sich auch von allen anderen ab um nichts mit ihnen zu tun zu haben und das Studium, das er vor einem Jahr begonnen hatte, kam ihm da wie gerufen. Vor seiner Tür weinte jemand. Seine Schwester schien immer noch da zu sein. Ihre Tränen rührten nichts in ihm an, sodass er es ohne mit der Wimper zu zucken ignorieren konnte. Dennoch wurde seine Schwester immer lauter.
„Ich habe dir nie was getan oder? Ich kann es einfach nicht verstehen, dass du mich und die anderen Menschen so sehr verabscheust.“ sagte Cassandra nun mit leiserer Stimme, als sie sich offenbar abwandte und in ihr Zimmer gegenüber zurückkehrte…
Während Simon Musik hörte, geriet die Party draußen allmählich in Fahrt. Er hätte lieber das Haus verlassen sollen. Lily und Sebastian waren heute nicht da und sie hatten Cassandra erlaubt heute zu feiern und Freunde einzuladen. Über ein paar nützliche Kontakte hatte seine Schwester wohl auch Alkohol besorgen könnten, was ihm allerdings egal war. Wenn sie sich unbedingt betrinken wollten, wäre er der Letzte gewesen, der irgendetwas dazu gesagt hätte. Bald aber musste er sein Zimmer verlassen, denn der Hunger hatte ihn in die Küche getrieben. Dort war er auf ein paar von Cassandras Kleinmädchenfreundinnen gestoßen, die ihn kichernd unter die Lupe genommen hatten. Wie es aber seine Art war, hatte er sie schnell hinaus in den Garten verscheucht, wo die wirkliche Party war. Dort am Pool feierten sie alle. Bei seinem immer gleich eingerichteten Zimmer vergas Simon manchmal sogar, dass sie schon zweimal umgezogen waren. Jetzt bewohnten sie ein großes Haus in einer ruhigen Lage. Kurz glaubte Simon seine Schwester am Pool tanzen zu sehen. Viele ältere Jungs waren unter ihren Gästen, was ihr eigentlich verboten worden war. Simon zuckte leicht mit den Schultern und biss ein Stück des Brotes ab, das er sich gerade gemacht hatte.
//Mein Gott…wie primitiv…// dachte er bei sich, während er zu seinem Zimmer zurückkehrte, doch die Mädchen von eben kamen ihm wieder dazwischen.
„Deine Schwester heult sich wegen dir immer wieder die Augen aus. Beweis endlich mal dass du ein Mann bist du Grobian.“ fauchte eines der Mädchen ihn böse an. Allerdings verpuffte die drohende Wirkung ihrer Worte irgendwie, angesichts ihrer Körpergröße. Sie war mindestens einandhalb Köpfe kleiner als Simon, der hochgewachsen war.
„Entweder ihr geht mir aus dem Weg oder aber ich werf’ euch raus. Es liegt an euch. Ich zähle bis 10. Also…1…2…10.“ sagte er lässig, während er die beiden Mädchen packte und sie zur Tür schleifte. Er sah vielleicht schwach aus aber er war alles andere als das.
„Hey…hey das ist unfair. Lass uns los du Idiot!“ sagte eines der Mädchen, während sie nach Simon trat und kratzte. Mit dem Ellbogen seines rechten Arms drückte Simon die Klinke herunter und beförderte die Mädchen nach draußen. In Hochstimmung schloss er die Tür vor den Nasen der beiden wieder. Als er sich umdrehte sah er sich dann seiner Schwester Aug in Aug gegenüber. Simon nahm einen starken Geruch von Wodka wahr.
„Du holst sie sofort wieder rein und entschuldigst dich.“ sagte sie forsch. Simon ignorierte sie und marschierte an ihr vorbei. Ihm war das alles gleichgültig.
„Es ist doch deine Party oder? Hol sie doch selber rein. Sie standen im Weg…“ sagte er, während er sein Zimmer schon wieder fest im Visier hatte. Cassandra packte ihn an der Schulter und hielt ihn zurück. Ihre Finger waren verkrampft und kalt.
„Du hast mein bisheriges Leben schon versaut. Versau es jetzt nicht noch weiter.“ sagte seine Schwester und jetzt glitzerten wieder Tränen in ihren grünen Augen.
„Du hast meines schon versaut noch bevor du geboren warst. Wir sind quitt denke ich.“ gab Simon nur trocken zurück, als er sich aus dem Griff seiner Schwester befreite und sich wieder in seinem Zimmer einschloss…
Was in den Stunden danach passierte, konnte Simon nicht sagen, denn er war die ganze Zeit in seinem Zimmer, während die Party weiter tobte. Es hörte sich so an, als würden die Gäste das halbe Haus einreißen und den Pool gleich mit dazu. Der Lärm der Feiernden verstummte erst um 3 Uhr nachts, kurz nachdem Simon seine Aufzeichnungen über eine neuartige Chemikalie, über die er referieren sollte, weglegte. Im Haus war es totenstill und das gefiel Simon wirklich und er befand, dass es ungefährlich war jetzt raus zu gehen. Er öffnete seine Tür und trat in den Flur. Um ihn her herrschte ein heilloses Durcheinander aus Getränkeflaschen, leeren Chipstüten und sogar einigen Kleidungsstücken, die offenbar weiblichen Personen gehörten. Vorsichtig stieg er über das Chaos hinweg und freute sich diebisch darauf zu sehen, wie seine Schwester das alles aufräumen musste.
„Scheint ja eine heftige Party gewesen zu sein.“ sagte er in die Stimme des Raumes hinein. Als Antwort darauf kam ein undeutlicher Grunzlaut aus einer Ecke des Zimmers. Dort Cassandra mit leicht abwesendem Blick. Sie hatte eine leere Flasche in der Hand und war sich offenbar nicht bewusst, dass er da war. Leise ging er an ihr vorbei. Seine Mutter und Sebastian würden das alles andere als gutheißen und wahrscheinlich würde er wieder alles abgekommen. So war es schon immer gewesen, wenn Cassandra Mist gebaut hatte. Er hatte immer ihre Strafe ausbaden müssen und sie war unbeschadet davon gekommen.
„Simon?“ fragte sie dann leise und er hielt inne. Sie war also noch nicht zu betrunken ihn zu erkennen. Das war wirklich bedauerlich.
„Ja…ich bin es. Du hast glaub ich übertrieben.“ sagte er kalt, als er sich schon wieder abwenden wollte um die Toilette aufzusuchen. Seine Schwester lachte leise bei diesen Worten. Langsam drehte er sich wieder zu ihr um. Cassandra klang irgendwie überhaupt nicht mehr nach sich selbst. Vielleicht war es der Alkohol aber vielleicht auch etwas anderes, dass sie im Moment wie eine andere Person in seinen Augen erscheinen ließ.
„Jetzt wo alle weg sind…könntest du ja noch ein wenig mit mir feiern.“ sagte Cassandra dann, als sie sich langsam erhob. Ihr langes Haar verdeckte ihr Gesicht. Simon schluckte unmerklich, weil er spürte wie ein kalter Schauer seinen Rücken hinunter kroch.
„Ich…ich will nicht…“ sagte Simon dann etwas zögernd aber seine Schwester kam schon auf ihn zu und drückte ihm die Flasche in die Hand.
„Nimm einfach…es ist schon okay…“ sagte sie, wobei ihre Augen in verschiedene Richtungen starrten. So sah sie leicht überdreht aus. Simon nahm die Flasche hoch und trank einen Schluck. Es war Wodka, der in seiner Kehle brannte aber ihn auch irgendwie beruhigte. Er war soweit entspannt, dass seine Schwester ihn auf das Sofa buchsieren konnte. Dies war der einzige Platz im Zimmer der nicht wegen des Mülls unzugänglich geworden war. Seufzend ließ er sich neben Cassandra nieder, die seltsamerweise nicht mehr von seiner Seite wich. Das war ihm mehr als unangenehm und mehr als einmal forderte er sie auf, dies zu unterlassen, was sie aber nicht tat…
Den nächsten Stunden verbrachten die Geschwister damit die Flasche Wodka zu leeren und sich anzuschweigen. Die Stimmung war äußerst seltsam. Lily und Sebastian hatten sich erst für den nächsten Abend wieder angekündigt, sodass für Cassandra noch genug Zeit sein würde um aufzuräumen. Simon nahm den letzten Zug aus der Flasche. Er fühlte sich nun warm und war um einiges besser gelaunt, als vor der Flasche.
„Weißt du Simon…ich hatte gehofft mich irgendwann mit dir zu versöhnen.“ durchbrach Cassandra dann endlich das Schweigen.
„Ach ja?“ fragte Simon ohne sie aber richtig gehört zu haben. Er war nicht so trinkfest, sodass der Wodka ziemlich gut bei ihm angeschlagen hatte.
„Ja…denn weißt du…ich habe dich wirklich gern und hätte gerne gewollt dass wir uns verstehen und…naja…eben wie Bruder und Schwester sind.“ entgegnete Cassandra und jetzt hörte ihr Simon wieder richtig zu.
„Wir stammen nicht von denselben Menschen ab Cassandra. Für mich wird es nie so seien…mein Vater lebt noch aber Mutter behauptet er sei tot. Sie hat deinen Vater genommen, obwohl ihr eigentlicher Mann noch lebt. Das ist unverzeihlich.“ sagte Simon und wieder drangen die bitteren Erinnerungen von vor 14 Jahren in sein Gedächtnis. Einen kurzen Augenblick sagte Cassandra nichts. Dann schien ihr etwas eingefallen zu sein.
„Dann sieh mich doch nicht als deine Schwester…sondern als Mensch und Mädchen.“ sagte sie plötzlich. Simon drehte sich ungläubig zu ihr. Hatte sie das eben wirklich gesagt?
„Wie meinst du das?“ fragte er leicht verwirrt. Sie schien verlegen.
„Du weißt schon…sieh mich als Mädchen und nicht als deine Schwester. Würdest du mich denn immer noch hassen, wenn wir uns so begegnet wären und nicht auf eine gewisse Art und Weise miteinander verwandt wären?“ fragte sie nun sehr schnell, als müsste sie sich zwingen weiterzusprechen aus Furcht der Mut könnte ihr entgleiten.
„Möglicherweise nicht…“ sagte Simon nun voll und ganz verwirrt. Was wollte sie nun wirklich von ihm? Irgendwie kam sie ihm jetzt viel näher vor, als vor ein paar Sekunden. Sie war näher zu ihm gerutscht und blickte ihn mit ihren tiefgrünen Augen fest an.
„Dann vergiss es heute Nacht einfach mal. Ich bin nicht mehr deine Schwester, sondern einfach ein Mädchen dass dich attraktiv findet.“ flüsterte Cassandra, deren Mund nun dicht bei seinem rechten Ohr war. Wieder glitt dieses seltsame Schaudern über Simons Haut. Jetzt drehte sie wirklich vollkommen durch…
Die Sonne ging langsam auf. Das Licht, das durch das Fenster schien, beschien das Gesicht von Cassandra. Ihr Make-up war verschmiert und ihre Haare standen ziemlich durcheinander von ihrem Kopf ab. Sie saß dicht neben Simon, dem es immer unwohler in seiner Haut wurde. Cassandra schloss nun langsam die Augen.
„Du weißt, dass sich das nicht einfach aus der Welt schaffen lässt.“ sagte Simon, bemüht wieder seine alte Stimmlage zu treffen aber es gelang ihm nicht wirklich.
„Warum nicht? Es ist keiner hier der uns sehen könnte. Außerdem hab ich nicht meinen fruchtbaren Tag.“ entgegnete Cassandra mit einem ziemlich breiten Grinsen auf dem blassen Gesicht. Simon wich langsam zurück.
„Wenn du hier versucht mich zu verführen funktioniert das nicht. Ich werde nicht mit meiner Schwester…“ sagte Simon aber seine Schwester unterbrach ihn.
„Nach deinen Worten bin ich immer nur deine Halbschwester gewesen. Oder findest du mich nicht als Mädchen attraktiv?“ fragte Cassandra nun interessiert. Simon überlegte. Er war immer so in den Hass auf seine Schwester vertieft, dass er überhaupt nicht gemerkt hatte zu was für einem Mädchen sich Cassandra entwickelt hatte. Sicher, sie war attraktiv geworden aber das reichte noch lange nicht aus um ihn vergessen zu lassen wer sie war.
„Selbst wenn…es ist uns nicht erlaubt.“ sagte Simon und Cassandra ließ enttäuscht den Kopf hängen. Trotz dieser Geste wirkte sie überhaupt nicht traurig über seine Worte.
„Ich dachte du wärst wenigstens ehrlich…“ sagte Cassandra leise, während sie ihre Hand langsam über Simons Schultern wandern ließ. Wieder schauderte er.
„Ich bin ehrlich.“ erwiderte Simon leise, während er ihre Hand keine Sekunde aus den Augen ließ. Wenn sie hier irgendwas anfangen wollte, würde er sie enttäuschen müssen...
Fortsetzung folgt...
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