Vanidar
Novize
Diskussion
Am Stadtrand von Prismania City, in einem kleinen, gewöhnlichen Haus, stieß ein sechzehnjähriges Mädchen die Haustür auf und stolperte in den Flur. Sie trug einen kurzen dunklen Rock und eine blau-weiße Bluse. In den Händen hielt sie ein graues, unscheinbares Paket, das sie im Wohnzimmer einfach achtlos auf den Tisch fallen ließ. Es war endlich angekommen, darauf wartete sie schon seit einer gefühlten Ewigkeit. Der Name des Mädchens lautete, Teleya, und sie hatte langes, schwarzes Haar das seidig glänzte und anmutig über ihre Schultern floss. Die hellen, blauen Augen huschten suchend und aufgeweckt in dem Zimmer umher, sie konnte es kaum erwarten ihr Geschenk zu öffnen, aber noch brauchte sie dazu jemanden. In ihren Ohren steckten kleine Kopfhörer, über die sie Musik hörte, um sich auf ihr Geschenk einzustimmen. Eigentlich mochte sie solche Musik nicht, aber ihr Vater schenkte ihr immer irgendwelchen Pokemonkram, also musste sie sich vorher daran gewöhnen, dann gefielen ihr seine Geschenke gleich viel besser.
„I wanna be the very best!“ begann sie plötzlich schief und nicht besonders gut zu singen, während sie sich auf den Weg ins erste Obergeschoss machte um ihren nichtsnutzigen Bruder zu holen. Sie hatte zwar noch nie von etwas namens Melodie gehört, aber immerhin besaß sie eine schöne Stimme, das reichte ihr. Da sie den Text nicht wirklich kannte summte sie dabei immer wieder weite Strecken des Liedes nur vor sich hin und drehte sich auf ihrem Weg durch den Flur ein paar mal im Kreis und begann immer lauter zu summen. Sie liebte Musik, selbst wenn es nicht ihre Lieblingsmusik war. „I will battle every day, to claim my rightful place!“ Vielleicht konnte sie ihren Bruder mit Pokemonmusik mal wieder hervorlocken, er war immerhin ein Trainer, mehr oder weniger „I know its my destiny!“
Je länger sie den Song hörte, desto mehr gefiel er ihr und als sie vor der Tür zum Zimmer ihres Bruders stehen blieb rief sie noch laut und mit erstaunlich viel Begeisterung „Gotta catch 'em aaaaaalllllll!“ bevor sie die Ohrhörer rausnahm, sich kurz räusperte und versuchte nicht mehr ganz so aufgekratzt zu sein, was ihr schwer fiel. Vor drei Tagen erst war sie sechzehn geworden und die Geschenke hielten sich leider stark in Grenzen. Von ihrem Bruder hatte sie einen Haufen Münzen für die Spielhalle hier in Prismania City bekommen und ihre Mutter arbeitete so viel, dass sie sich erst in ein paar Monaten an den Geburtstag erinnern würde. Damit war das Päckchen ihres Vaters noch viel wertvoller und ihr Bruder sollte gefälligst dabei sein, immerhin ließ er sich so schon nie bei ihr blicken. Sie kümmerte sich um das ganze Haus seit ihre Eltern weg waren und er bedankte sich nicht einmal dafür, oder half ihr, oder war freundlich genug ihr Essen zu loben, selbst wenn es scheußlich war.
„Luciel?“ Teleya klopfte zaghaft an die Tür, sie wusste das er etwas schlecht gelaunt sein konnte wenn man ihn weckte, aber meistens war er am späten Nachmittag immerhin schon wach, meistens. „Luciel! Mach auf, es ist wichtig!“ Sie begann fester zu klopfen, aber es kam keinerlei Reaktion „Papa hat uns ein Paket geschickt und ich wollte es mit dir zusammen öffnen, bestimmt hat er dir wieder diese furchtbare Schokolade aus Johto geschickt die du so sehr magst, also komm endlich raus, bevor ich sie wegwerfe.“ Aber egal wie sehr sie es versuchte, die Tür blieb geschlossen. Öffnen konnte Teleya sie auch nicht einfach, da er abgeschlossen hatte.
„Also alles wie immer schätze ich...“ seufzte sie enttäuscht, es wäre schön gewesen mit ihm zusammen auszupacken und mal wieder etwas Zeit zusammen zu verbringen „Dieser Idiot, entweder er schläft den ganzen Tag oder rennt dem nächstbesten hübschen Rock hinterher den er finden kann, er ist so nutzlos.“ Teleya schüttelte kurz den Kopf und gab resigniert auf, es hatte keinen Sinn über Luciel zu jammern, er würde sich niemals ändern, leider. Es war einige Tage her dass sie ihn gesehen hatte, meistens war er erstaunlich gut darin ihr und jeglicher Arbeit aus dem Weg zu gehen, vermutlich war er bei irgendeiner Freundin oder sie hatte ihn nur für ein nutzlos rumliegendes Möbelstück gehalten und übersehen. Wäre vor drei Tagen nicht ihr Geburtstag gewesen, hätte sie ihn niemals wieder zu Gesicht bekommen, aber selbst da hatte er irgendwie abgelenkt gewirkt und war in Gedanken sehr weit weg gewesen. Sie hatte ihn mehr gemocht als er noch mit diesem einen Arenaleiter aus Fuchsania City trainiert hatte. Der Leiter der dortigen Arena war ein alter Freund ihrer Familie und als er sie vor zwei Jahren einmal besuchen kam, war es seiner Tochter gelungen Luciel tatsächlich zum Training zu überreden. Für ein hübsches Lächeln ließ er sich selbst zu Arbeit überreden, aber auch nur dafür.
Teleya verdrängte die Gedanken an ihren idiotischen Bruder und stürzte sich lieber voller Vorfreude auf ihr Geschenk sobald sie wieder im Erdgeschoss ankam. Nur selten bekamen sie Post von ihrem Vater, also begann sie sofort das Paket aufzureißen, vermutlich befand sich darin sowieso kaum etwas für Luciel, immerhin war es ihr Geburtstagsgeschenk. Ihre Eltern lebten beide nicht hier bei ihnen in Prismania City, sondern gingen ihrer Arbeit wo anders nach. Theoretisch hätten Teleya und ihr Bruder auch zu ihrer Mutter nach Safronia City ziehen können, immerhin war es nicht besonders weit weg, aber Luciel war zu faul gewesen seine gewohnte Umgebung aufzugeben. Er hatte sich geweigert Prismania zu verlassen und ihre Eltern gaben ihm immer nach, immerhin war er ja der hochtalentierte Wundertrainer, angeblich zumindest. Da er alleine elendig eingehen und vermutlich in kürzester Zeit sterben würde, hatte sie sich entschlossen bei ihm zu bleiben, außerdem mochte sie die Stadt und vor allem das riesige Einkaufszentrum, Safronia war ihr zu langweilig und ernst. Anfangs hatte sie noch darauf gehofft das ihr Leben mit Luciel schön werden könnte und sie endlich einmal mehr Zeit miteinander verbringen konnten, aber ihre Hoffnungen wurden sehr schnell zerschlagen, denn Luciel beschäftigte sich mit so ziemlich allem, nur nicht mit ihr, dafür kannte vermutlich jedes Mädchen der Stadt seinen Namen, wobei die meisten von ihnen ihn inzwischen verfluchten. Jedenfalls, arbeitete ihre Mutter bei der Silph Company und ihr Vater bei der Pokemon Liga, meistens half er dabei irgendwelche Turniere vorzubereiten oder Arenen zu inspizieren, eine Arbeit, die ihn durch die ganze Welt führte und nur selten Zeit ließ seine Familie zu sehen, aber das schien ihm nicht viel auszumachen. Ihr Vater war früher selbst Trainer gewesen und liebte nichts mehr als Pokemonkämpfe, notfalls reiste er dafür auch um die ganze Welt.
Ihr war es endlich gelungen das Päckchen aufzumachen und schnell machte sich Enttäuschung bei Teleya breit, als sie den Inhalt untersuchte. Am Rand lag eine große Tafel Schokolade für ihren Bruder und der Großteil des Pakets war einfach nur leer, abgesehen von zwei kleinen, weißen Schachteln, die sie nicht besonders beeindruckten. Zu aller erst aber musste sie ihre Rachegelüste befriedigen und öffnete die Schokolade, um sich ein Stück zu nehmen. Genüsslich schob sie sich ein Stückchen davon in den Mund und schwor sich kurz das ihr Bruder nichts davon jemals abkriegen würde, aber schon nach dem ersten Bissen verschwand ihr Enthusiasmus wieder genauso schnell wie er gekommen war. „Bäh..widerlich.“ murmelte sie angewidert und legte die Schokolade so schnell sie konnte auf den Tisch, sie hasste ihren Bruder, aber so sehr dann doch wieder nicht, das Zeug aus Johto fand sie zu schrecklich. Blieben also nur noch die zwei Schachteln. Lustlos griff sie sich die längliche von den Beiden. Um ehrlich zu sein hielt sich ihre Aufregung inzwischen wieder in Grenzen. Die Geschenke ihres Vaters hatten ihr noch nie gefallen, er versuchte zu sehr seine Kinder zu Trainern zu erziehen, obwohl keiner von ihnen große Lust dazu hatte, naja, gehabt hatte.
Seit Luciel vor einigen Jahren sein Pokemon erhalten hatte, spielte sie tatsächlich auch mit dem Gedanken ein Trainer zu werden, hauptsächlich um wenigstens einmal besser zu sein als er, viel besser, aber das dürfte nicht besonders schwer werden. Luciel vergeudete sein Talent und das seines Pokemon, indem er niemals trainierte, niemals gegen andere Trainer antrat und niemals auch nur in die Nähe einer Arena kam. Er hätte schon längst zu den Besten gehören können, aber stattdessen war sein Pokemon noch immer schwach, alleine und hatte sich nicht weiterentwickelt. „Also dann, mal sehen was er mir geschenkt hat, vermutlich ist es irgendeine ekelhafte, kitschige Figur von einem Pikachu oder ein ´Ich liebe Pokemon` T-Shirt, wie immer.“ Vorsichtig und auf alles gefasst, öffnete sie die Schachtel und sofort begannen ihre Augen zu leuchten. Es war ein Pokedex. Damit wurde ihr auch sofort klar was sich in der anderen Schachtel befand und ihr Herz klopfte inzwischen vor lauter Aufregung. Endlich, sie wartete schon viel zu lange auf ihr eigenes Pokemon, immerhin hatte ihr Bruder seines auch in ihrem Alter bekommen. Auf dem Pokedex lag ein per Computer geschriebener Brief, er war noch nie gut darin gewesen sich sonderlich viel Mühe mit aufwendigen Geburtstagskarten zu geben, aber das konnte sie ihm verzeihen, wenn sie dafür ein Pokemon bekam.
„Alles Gute zum Vierzehnten Geburtstag, meine Kleine! Im Moment befinde ich mich am Fuß des Silberberges, der liegt in Johto, und hier wird dieses Jahr ein großes Turnier stattfinden, um genauer zu sein, es wird das größte Turnier der letzten Jahre werden! Wie du sicher weißt findet alle sechs Jahre in Johto die sogenannte ´Silberkonferenz` statt, das wichtigste Ereignis und die größte Meisterschaft in unserer Region. Trainer aus der ganzen Welt werden anreisen um ihr Können unter Beweis zu stellen, dieses Turnier zu gewinnen, ist eine der größten Ehrungen die man sich als Trainer vorstellen kann und die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren.
Leider bedeutet es auch, dass ich euch in nächster Zeit nicht besuchen kann, aber vielleicht sehen wir uns ja während der Silberkonferenz. Ich setze große Hoffnungen in deinen Bruder, wenn er zum Turnier kommt, wird er dich sicherlich mitnehmen. Er ist jetzt schon seit drei Jahren Pokemon Trainer und hatte genug Zeit um für diesen großen Tag ein beeindruckendes und schlagkräftiges Team zusammenzustellen. Ich weiß das er manchmal etwas faul sein kann, aber es würde mich nicht wundern ihn auf dem Turnier zu sehen, vielleicht sogar unter den besten Drei der gesamten Welt, aber genug davon, kommen wir lieber zu deinem Geschenk, hoffentlich gefällt es dir. Ich habe ein Pokemon für dich ausgesucht, dass dir sicherlich gefallen wird. Es ist gut erzogen und freundlich, vielleicht nicht unbedingt das stärkste Pokemon der Welt, aber es wird für dich genügen. Am besten du lässt dir von deinem Bruder zeigen wie du mit dem Pokemon umzugehen hast, er wird dir alles beibringen, aber lenke ihn nicht zu sehr von seinem Training ab, immerhin hat er sich auf eine Meisterschaft vorzubereiten. Ich war mir nicht sicher ob du ebenfalls versuchen willst eine Laufbahn als Trainer einzuschlagen, falls du es nicht willst, dann gib das Pokemon am besten deinem Bruder, ich bin sicher er kann etwas damit anfangen.“
„Ja, er könnte es verhungern lassen und ignorieren. Außerdem bin ich sechzehn geworden und nicht vierzehn, aber trotzdem danke.“ murmelte Teleya vor sich hin, zerknüllte den Brief verärgert und warf ihn in irgendeine Ecke des Zimmers. Wie immer ging es nur um irgendwelche Turniere, Ligen und darum wie unglaublich viel Talent ihr Bruder doch hatte. Ihr Vater würde seine Meinung sicher schnell ändern wenn er sehen könnte wie wenig Luciel bisher erreicht hatte, er war nicht einmal aus Prismania rausgekommen! Nie im Leben würde ihr Vater ihn auf der Silberkonferenz sehen. Teleya versuchte die Gedanken daran zu vergessen, immerhin hatte er an sie gedacht und ihr ein Pokemon geschenkt. Mit einem fast schon gezwungenen Lächeln öffnete sie die zweite Schachtel und nahm sich den kleinen, einfachen Pokeball, um ihn eine Weile stolz zu bewundern. Der Gedanke an das was sich darin befand verdrängte endgültig ihre bedrückte Stimmung.
Mein eigenes Pokemon. Jetzt kann ich auch ein Trainer werden und Luciel zeigen das ich besser bin als er.“ flüsterte sie zu sich selbst, auch wenn sie nicht wirklich daran glaubte, sie hatte sich nie viel mit Pokemon beschäftigt, aber möglicherweise war genau das ihr größter Vorteil „Wenn selbst ich ihn besiege, wird das vielleicht endlich seinen Ehrgeiz wecken und er wird aufhören sein Leben so zu vergeuden. Es wird ihn sicherlich fertig machen gegen einen völlig unerfahrenen Trainer unterzugehen.“ Auch wenn sie das nur so vor sich hin gesagt hatte, ließ die Idee Teleya nicht mehr los. Nachdenklich starrte sie den Pokeball an und plötzlich stahl sich ein erwartungsvolles Lächeln auf ihre Lippen. Sie würde ihren Bruder aus seiner Lethargie reißen und zwar jetzt sofort. Er musste sehen, dass er so nicht weitermachen konnte und endlich anfangen sollte irgendetwas aus seinem Leben zu machen. Ohne überhaupt nachzusehen welches Pokemon man ihr geschenkt hatte oder kurz nachzudenken, griff sie sich das Pokedex und stürmte zur Tür heraus. Luciel würde ihr nicht entkommen!
…
Sie musste nicht lange nach ihrem älteren Bruder suchen, denn sie kannte jedes seiner Verstecke gut genug und er befand sich in seinem Lieblingsversteck, die Spielhalle von Prismania City. Er saß dort auf einem Hocker an einem Automaten und schob gelangweilt eine Münze nach der anderen in die Maschine. Müde hob er die Hand vor den Mund und gähnte, anscheinend war er mal wieder die ganze Nacht auf gewesen, alleine sein erschöpfter, lustloser, Anblick machte sie wütend, aber selbst in diesem Zustand konnte sie noch immer verstehen warum jedes Mädchen in der Stadt hinter ihm her war. Luciel war drei Jahre älter als sie, hatte kurzes, schwarzes Haar und die gleichen blauen Augen wie bei Teleya. Wenn sie seine Gesichtszüge beschreiben müsste, fiel ihr immer nur ein einziges Wort ein: Perfekt. Aber egal wie gut er aussah, es würde ihn nicht vor ihrem Zorn schützen, trotz ihrer eben noch leidenschaftlichen Stimmung wurde sie jetzt ruhiger und näherte sich ihm vorsichtig, um ihn nicht zu verschrecken.
„Ich wusste dass ich dich hier finde, Luciel.“ sagte sie sobald sie neben ihrem Bruder stand, der sie nicht weiter beachtete und weiter auf den Automaten starrte, also versuchte sie es etwas lauter „Ich sagte: Ich wusste das ich dich hier finde, Luciel!“
„Teleya...“ murmelte er und drehte jetzt endlich den Kopf in ihre Richtung, sofort verlangte sein Fluchtreflex von ihm aufzuspringen und abzuhauen, bevor sie ihn doch noch irgendwie zu Hausarbeiten zwang „Ähm, tut mir wirklich leid dass ich heute nicht beim aufräumen geholfen habe und gestern auch nicht und auch nicht die ganzen Tage, Wochen und Monate davor, aber ich musste trainieren, sehr sehr viel trainieren.“
„Du meinst du musstest hier rumsitzen und absolut nichts machen außer deine Zeit zu verschwenden?“ Gerne hätte sie ihm vorgeworfen sein ganzes Geld zu verspielen, aber Luciel gewann fast immer und hatte an diesen Automaten schon ein kleines Vermögen gewonnen. Wie viel Geld er wirklich besaß wusste sie nicht, denn er gab sehr sehr viel für teure Geschenke und genauso teure Abendessen für seine Freundinnen aus.
„Hey, ausnahmsweise bin ich mal nicht freiwillig hier, sondern weil ich keine andere Wahl mehr habe.“ versuchte ihr Bruder sich zu rechtfertigen und sah sich kurz suchend um, irgendetwas schien ihn ziemlich nervös zu machen „Das hier ist der einzige sichere Ort in der ganzen Stadt, selbst Zuhause könnten sie mir jederzeit auflauern.“
„Sie? Oh, lass mich raten.“ Teleya tat so, als würde sie angestrengt nachdenken „Zwei deiner Freundinnen haben endlich herausgefunden dass du nun ja...Freundinnen hast, und sind darüber nicht glücklich.“
„Vollkommen falsch. Es sind drei Freundinnen und jetzt haben sie sich gegen mich zusammengeschlossen zu einer unheiligen Allianz der Vernichtung und des Todes.“
„Drei Stück? Drei? Wirklich?“ fragte sie ungläubig und ihr Bruder nickte nur, ohne jegliche Schuldgefühle. Er hatte vermutlich deutlich mehr als drei Freundinnen, aber normalerweise gelang es ihm das ganze einigermaßen unter Kontrolle zu halten. Für jemanden der so faul war konnte er ziemlich viel Zeit aufbringen um diese Mädchen voneinander fernzuhalten. „Du bist so gut wie tot wenn sie dich finden.“
„Danke, das weiß ich selbst und genau deswegen bin ich hier.“
„Ach? Das hier ist aber kein besonders gutes Versteck, ich habe dich sofort gefunden, immerhin hängst du ständig hier rum.“
„Ja, genau, du hast mich sofort gefunden, weil du nicht meine Freundin bist.“ erwiderte Luciel lächelnd und alleine bei der Vorstellung verzog Teleya schon angewidert das Gesicht, ohne sich Mühe zu geben ihre Abscheu zu verbergen „Du weißt das ich gerne hier bin, aber wenn ich ein Mädchen kennenlerne erwähne ich immer irgendwann das ich Glücksspiel verachte, das ich es aus tiefster Seele hasse und niemals so einen Ort aufsuchen würde. Also werden sie hier als letztes suchen.“
„Das ist...hinterhältig.“ und verdammt genial, fügte sie in Gedanken, und etwas neidisch, hinzu.
„Ich würde eher sagen es ist notwendig, ansonsten würde es hier drin Tote geben.“ erwiderte Luciel gelassen und deutete auf einen Hocker neben sich „Willst du eigentlich auch spielen? Ich habe dir zu deinem Geburtstag genug Münzen geschenkt um eine halbe Ewigkeit zu spielen, also warum setzt du dich nicht? Wenn du gerade keine dabei hast kann ich dir Münzen leihen und du gibst sie mir zurück wenn wir wieder Zuhause sind.“
„Ähm ja, richtig, die Münzen...ich habe sie verloren, alle. Diese Automaten haben sie gefressen und nie wieder rausgegeben.“
„Was? Du hast alles verspielt? Alles!? Und das in nur drei Tagen? Weißt du eigentlich wie viel diese Münzen wert waren? Davon hättest du einmal um die ganze Welt reisen können.“
„N-naja, ich glaube eine habe ich noch irgendwo rumliegen.“ zum ersten mal vollkommen aus der Fassung gebracht starrte Luciel sie ungläubig an und konnte sich nicht einmal vorstellen wie wenig Glück man haben musste wenn man sogar bei diesen Automaten unterging „Sieh mich nicht so an! Das war nicht meine Schuld. Diese Dinger sind so gemacht das man unmöglich gewinnen kann! Ich hatte keine Chance und...“ Plötzlich wurde sie von dem Geplärre des Automaten unterbrochen. Die Maschine vor der ihr Bruder saß begann Unmengen an Münzen auszuspucken, strahlte dabei so hell das es sie fast blendete und zu allem Überfluss leuchtete auch noch irgendwo in leuchtenden Buchstaben ´Jackpot` auf.
„Was wolltest du gerade sagen?“ fragte Luciel mit einem leisen Lachen nach, als die schrillen Geräusche endlich verstummten und das Licht wieder verblasste.
„Ich hasse dich, das ist unfair.“ zischte Teleya und betrachtete die Münzen, sicherlich hatte er irgendwie die Automaten manipuliert damit sie immer verlor, anders konnte sie es sich nicht erklären.
„Wie auch immer, warum erzählst du mir nicht endlich warum du hier bist?“ Wirklich zu interessieren schien ihn die Antwort auf die Frage allerdings nicht, denn er sammelte nebenbei noch immer seinen Gewinn ein.
„Hier, deswegen habe ich dich gesucht.“ sofort hatte Teleya ihre missmutige Laune vergessen und hielt ihm strahlend das Pokedex und den Pokeball vors Gesicht, damit er ihre Geschenke bewundern konnte. Sein eigenes Pokedex verstaubte irgendwo unter seinem Bett, weil er es so gut wie nie benutzt hatte. „Das hat Vater mir geschickt. Jetzt bin ich auch ein Trainer, genau wie du!“
„Das freut mich für dich, du hast sicher schon lange darauf gewartet. Ich denke du wirst eine gute Trainerin sein.“ meinte Luciel aufrichtig und lächelte sie freundlich an. Er freute sich wirklich für sie, aber vor allem, freute er sich für sich selbst. Jetzt konnte seine kleine Schwester ja zu dem Pokemon Trainer und Champion werden den ihr Vater so gerne haben wollte und er selbst konnte endlich aufhören so zu tun, als wäre er gerne ein Trainer. Allerdings fand er ihre überschwängliche Freude ein wenig seltsam, normalerweise machte sie sich nicht viel aus Pokemon, zumindest meistens. Seit er Trainer war, hatte sie ebenfalls angefangen sich plötzlich mehr mit Pokemon zu beschäftigen, sie liebte es ihm nachzueifern, was er manchmal als etwas lästig empfand, aber meistens verzieh er es ihr sobald sie ihn stolz anstrahlte.
„Ja, das habe ich und jetzt, da wir beide Pokemon Trainer sind, fordere ich dich zu einem Kampf heraus!“
„W-was?“ vor lauter Überraschung wäre Luciel beinahe von seinem Hocker gefallen und musste sich zusammenreißen um nicht sofort zu verschwinden, hauptsächlich blieb er weil eine Flucht noch anstrengender wurde als es ihr auszureden „Lass die schlechten Witze, Teleya. Du hast dein Pokemon seit fünf Minuten. Geh raus und such dir irgendwelche wilden Pokemon die sich langweilen und kämpfe mit ihnen, aber ich ähm, habe keine Zeit.“
„Oh nein, so leicht kommst du mir nicht davon.“ ein erstaunlich bösartiges Grinsen stahl sich auf das Gesicht seiner Schwester, die ihn eben noch so stolz und glücklich angelächelt hatte „Wenn du dich weigerst gegen mich zu kämpfen, werde ich jedem Mädchen in der Stadt erzählen das du dich den ganzen Tag in der Spielhalle herumtreibst und es liebst hier zu sein, dann werden sie diesen Ort belagern und dich mit ihrer Wut zermalmen. Also, willst du dein kleines Paradies behalten, oder willst du das dieser Ort auf Ewig tabu für dich ist?“
Eine Weile später standen sie sich auf einer kleinen Wiese nahe der Spielhalle gegenüber, beide mit jeweils einem Pokeball in der Hand. Luciel konnte es nicht fassen das es ihr gelungen war ihn zu erpressen, aber lieber brachte er schnell diesen Kampf hinter sich als seine geliebte Spielhalle zu verlieren. Gelangweilt drückte er auf den Knopf an seinem Pokeball und ein kleiner, blauer Pinguin erschien vor ihm im Gras. Es war sein einziges Pokemon, Plinfa, aber er rief es nur selten für Kämpfe hervor, also war es erstaunlich faul geworden. Sein Plinfa drehte sich zu ihm um und sah ihn vorwurfsvoll an als es merkte das es kämpfen musste, aber daran ließ sich nichts ändern.
„Du machst das nicht richtig, Luciel!“ rief seine Schwester plötzlich, als sie mit ansehen musste wie er langweilig und im Halbschlaf sein Pokemon gerufen hatte, so ging das nicht, man musste mit viel mehr Enthusiasmus kämpfen, nur dann konnte man gewinnen, das wusste sie aus den Kämpfen die im Fernsehen liefen „Man muss den Ball mit voller Kraft werfen und dabei laut einen Kampfschrei ausstoßen um den Gegner zu verunsichern! Du musst mit mehr Leidenschaft dabei sein, ansonsten merkt dein Pokemon doch sofort das du keine Lust hast.“
„Nein danke. Außerdem gehen die Pokebälle ziemlich schnell kaputt wenn man sie dauernd auf den Boden schmeißt und ich habe keine Lust mir einen neuen zu kaufen.“
„Pass auf, ich zeige dir einfach wie man es richtig macht, dann kannst du es dir für deinen nächsten Kampf merken.“ Damit ignorierte sie alles was er gerade gesagt hatte und warf ihren Pokeball in einer weit ausholenden Bewegung über die Wiese und auf ihren Bruder zu, so dass er kurz glaubte sie wollte ihm den Ball gegen den Kopf schleudern „Los, du bist dran! Mach sie alle fertig!!!“ Kaum landete der Pokeball im Gras, als er auch schon kurz weiß aufblitzte und ihr Pokemon freigab. Sie selbst sah es jetzt auch zum ersten mal und starb bei dem Anblick fast vor Verzückung.
„Siehst du das Luciel?“ fragte Teleya aufgeregt und ihre Augen strahlten bei dem Anblick des Pokemon, ihr Vater hatte genau ihren Geschmack getroffen, ein besseres Pokemon hätte er ihr nicht schenken können „Vater hat mir ein Flamara geschenkt! Ist das nicht der Wahnsinn? Ich hätte nicht gedacht das er mir gleich am Anfang so ein starkes und gleichzeitig niedliches Pokemon überlässt.“
„Ich will dich ja nicht enttäuschen, aber das ist ganz sicher kein Flamara. Flamaras sind rot und haben gelbes Fell, aber das Pokemon ist braun, also...“ versuchte Luciel vorsichtig seine Schwester in die richtige Richtung zu lenken, ohne preiszugeben wie viel er über Pokemon wusste. Er hatte ohne Probleme erkannt was es war, dafür brauchte er kein Pokedex, aber sie sollte ihres lieber einsetzen und zwar oft, sehr oft.
„Unsinn, ich weiß ganz genau das es ein Flamara ist, außerdem, woher willst du das überhaupt wissen? Hatte eine deiner Freundinnen mal ein Flamara? Denn selber hast du sicher noch keines gesehen wenn du die Stadt nie verlässt.“ Teleya runzelte verwirrt die Stirn. Was war denn sein Problem? Warum konnte er sich nicht einfach mit ihr freuen? Aber dann wurde es ihr klar und sie setzte ein überlegenes Lächeln auf, so war das also, er war einfach nur eifersüchtig. „Ah, ich weiß was los ist. Du bist neidisch auf mein Flamara, weil du nur diesen kleinen blauen Vogel bekommen hast und nicht so ein tolles Flamara.“
„Ja, ganz bestimmt, daran wird es liegen. Warum befragst du nicht einfach dein Pokedex was für ein Pokemon du hast? Das wäre am einfachsten für uns alle und vor allem am schnellsten.“
„Pokedex? So etwas brauche ich nicht. Ich weiß ganz genau was für Attacken ein Flamara kann, das ist nicht so schwer und deine Ablenkungstaktik wird bei mir niemals funktionieren.“ erwiderte sie mit inbrünstiger Überzeugung. Er wollte sie nur durcheinander bringen damit sie darauf verzichtete die geballte Feuerkraft ihres Pokemon einzusetzen, aber dazu würde es nicht kommen. Sie kannte all seine Tricks und er konnte sich nicht vor einem Kampf drücken. „Flamara! Feuersturm!“ rief sie und zeigte dabei auf Plinfa, ihre leidenschaftliche Stimme beeindruckte ihren Bruder immerhin, der bis eben gar nicht gewusst hatte dass sie sich so sehr in etwas hineinsteigern konnte, aber mehr passierte nicht. ´Flamara` stolperte unsicher ein paar Schritte durchs Gras auf Teleya zu und blieb dann vor ihr sitzen. „Vielleicht bist du doch noch nicht stark genug dafür, versuchen wir etwas anderes. Flammenwurf los!“ Ihr Pokemon sah sie aus diesen braunen, niedlichen Augen einfach nur an und blinzelte hin und wieder, aber ansonsten rührte es sich nicht. „Ähm, wie wäre es mit Feuerwirbel?“ fragte sie vorsichtig und unsicher, aber auch diesmal passierte nichts „Wenigstens Glut?“ inzwischen hatte ihre Stimme einen bittenden, fast schon flehenden Unterton und sie ging unsicher einen Schritt auf ihr Pokemon zu. Irgendetwas schien nicht mit ´Flamara` zu stimmen. Vielleicht war es krank und sie sollte es in ein Pokemon Center bringen? Besorgt ging sie neben ihrem neuen Pokemon in die Hocke und rief kurz ihrem Bruder etwas zu, der die Vorstellung interessiert betrachtete. „Moment! Ich brauche eine Auszeit!“
„Es gibt keine Auszeit bei einem Pokemonkampf, man kämpft bis einer besiegt ist und macht nicht mittendrin einfach Pause. Komm schon, lass uns diesen Kampf endlich hinter uns bringen bevor mich noch jemand sieht und an diese Furien verrät.“ Trotz seiner Worte machte Luciel keine Anstalten ihr einfach zu sagen welches Pokemon sie hatte. Stattdessen betrachtete er wie sie ihrem ´Flamara` sanft durchs Fell strich und es besorgt von allen Seiten betrachtete. Sie wirkte dabei immerhin niedlicher, als wenn sie ihn anschrie und zwang aufzuräumen. So gesehen war ihre neue Karriere als Trainerin eine deutliche Verbesserung.
„Ja ja, immer mit der Ruhe. Mein Flamara ist kaputt, dafür werde ich ja wohl eine Auszeit kriegen, mach nicht so einen Stress, ich werde dich noch früh genug besiegen.“ zischte sie verärgert, allerdings war sie nicht sauer auf ihn, sondern auf sich selbst weil sie nicht wusste was sie falsch gemacht hatte. Alles was sie anpackte schien schiefzugehen, selbst ihr Pokemon machte sie gleich am ersten Tag kaputt. „Was genau ist bloß los mit dir? Warum willst du kein Feuer speien? Habe ich dir irgendetwas getan? Wenn ja tut es mir leid, aber bitte, bitte, lass mich jetzt nicht hängen, nicht bei einem so wichtigen Kampf. Wir müssen gegen ihn gewinnen, also bitte, wenigstens eine winzige Flamme, nur ein einziges mal.“
„Du kannst betteln so viel du willst, es wird dir nicht helfen.“ warf Luciel nach einer Weile ein, bevor sie das arme Pokemon wirklich noch ins Pokemon Center brachte, außerdem wurde es Zeit diesen Kampf zu beenden, falls man von einem Kampf reden konnte „Bitte, versuch es einfach mit dem Pokedex, ja?“
„Meinetwegen, aber das Pokedex wird uns auch nur sagen das es ein Flamara ist und auch wenn Vater mir anscheinend ein kaputtes Flamara geschenkt hat, ist und bleibt es trotzdem ein Flamara, klar?“ Ohne sich von seinen Worten aus der Ruhe bringen zu lassen, stand sie auf, zückte sie ihr Pokedex und öffnete es zum ersten mal. Sie wusste immerhin wie es in der Theorie funktionierte, aber in der Praxis dauerte es trotzdem einige Minuten bis es ihr gelang ihr Pokemon zu scannen. Sofort erklang eine blecherne Computerstimme und zerstörte Teleyas überlegene Miene, die augenblicklich in sich zusammenfiel. „Evoli - Das Evolution-Pokemon. Den jeweiligen Umständen entsprechend kann Evoli sich zu vielen verschiedenen Formen weiterentwickeln.“
„E-e-e-ein Evoli?“ flüsterte sie überrascht und kam sich dann auf einmal unendlich dumm vor. Sofort lief sie rot an und traute sich gar nicht ihren Bruder anzusehen, ihre Karriere als Trainerin fing nicht ganz so an wie erwartet. Verlegen starrte sie zu Boden und hoffte das er nicht merkte wie peinlich ihr das ganze war, aber gleichzeitig stachelte es sie nur noch mehr an gewinnen zu wollen.
„Gut, können wir endlich weitermachen, jetzt da das geklärt ist?“ Doch eine Antwort sollte Luciel niemals erhalten, stattdessen begann seine Schwester plötzlich ihn anzufunkeln und lauthals zu lachen, während sie eine überlegene Miene aufsetzte, oder es zumindest versuchte „Warum lachst du plötzlich?“
„Du bist darauf reingefallen! Mein Plan um dich zu verwirren und abzulenken hat funktioniert und jetzt, bist du unachtsam und nicht in der Lage dich zu verteidigen!“ Teleya streckte einem Arm aus und zeigte mit hochrotem Gesicht und einem zittrigen, unsicheren Lächeln auf das gelangweilte Plinfa, das sofort aufsprang und sich erschrocken umsah woher der Lärm kam. Es war keine Aufregung gewohnt und mochte es nicht angeschrien oder bei einem Nickerchen gestört zu werden. „Ja, ich meine genau dich, Plinfa. Du bist genau in meine Falle getappt und kannst mir nicht mehr entkommen! Evoli! Erledige ihn mit einem Bodyslam!“ Und tatsächlich erhob Evoli sich diesmal und ging kurz auf Plinfa zu, bevor es zögerlich stehen blieb, sich ein paar mal verwirrt im Kreis drehte und dann zurück zu seiner Trainerin lief, um sich mit einem zufriedenen Schnurren an ihr Bein zu kuscheln „Was ist denn jetzt schon wieder los mit dir?“
„Ich glaube dein Evoli ist noch nicht stark genug um diese Attacke einzusetzen, du musst es vorher noch trainieren, versuch es am besten Anfangs mit ein paar einfachen Standardangriffen.“ Luciel biss sich auf die Zunge, um sich am weiterreden zu hindern. Er wollte nicht das bekannt wurde wie viel er wusste, ansonsten würde sie noch öfter mit ihm trainieren wollen und ihn mit Fragen bombardieren.
„Oh...daran habe ich gar nicht gedacht.“ frei von Eile ging sie wieder neben ihrem Evoli in die Hocke und begann wieder damit es eingehend zu untersuchen „Mhm, mal überlegen, was genau kannst du?“ sanft umfasste sie eine der kleinen Pfoten und betrachtete sie ganz genau, aber ließ sie dann enttäuscht wieder sinken „Da sind ja gar keine Krallen, wieso sind da keine Krallen? Schade und ich hatte gehofft du kannst Schlitzer einsetzen.“ Evoli öffnete kurz den Mund und fuhr mit der Zunge über ihre ausgestreckte Hand, was sie kurz kichern ließ weil es so sehr kitzelte, aber als sie den ungeduldigen Blick ihres Bruders sah räusperte sie sich und versuchte sich zu konzentrieren, es musste doch irgendeine Attacke geben die ihr Evoli konnte „Deine Fangzähnchen sind wirklich niedlich, vielleicht sollten wir es mal mit Knirscher versuchen? Oder mit Biss, was hältst du davon?“ Evoli blinzelte kurz und ließ sich dann ins Gras sinken, wobei es die Augen schloss und alles um sich herum ignorierte „Anscheinend nicht besonders viel und du wirkst nicht so, als hättest du Lust auf Ruckzuckhieb.“ Nein, ihr schlafendes Evoli wirkte im Moment wirklich nicht als wäre es besonders schnell. Ihr Blick wanderte zu dem flauschigen, braunen Schweif. Es gab etwas, was sie einsetzen konnte, sie wusste nur nicht genau was die Attacke machte. „Naja, es ist einen Versuch wert, hoffe ich.“
„Bist du endlich fertig?“
„Ja, und diesmal, wirst du meine Angriffe nicht mehr so leicht abwehren können!“ entgegnete Teleya mit einem selbstsicheren Lächeln und erhob sich. Kaum hatte sie wieder ihre Kampfposition eingenommen, stand zum Glück auch ihr Evoli wieder auf und schien inzwischen ebenfalls Feuer und Flamme zu sein. Sie waren sicher ein hervorragendes Team und sie wusste schon genau wie sie gewinnen konnte.
„Welche Angriffe? Du hast bisher doch noch gar nichts gemacht.“
„E-egal! Darum geht es nicht!“ rief sie mit rot anlaufendem Gesicht und zeigte mal wieder auf Plinfa, aber diesmal wirkte sogar das Pokemon ihres Bruders etwas wacher, denn das vollkommen von sich überzeugte Lächeln von Teleya beunruhigte es. „Evoli! Rutenschlag!“ Sofort sprang Evoli los und raste erstaunlich schnell auf Plinfa zu, das viel zu überrascht war das man es angriff um auszuweichen oder den Angriff abzuwehren. Mit voller und geradezu brachialer Wucht fuhr der buschige Schweif des Pokemon sanft über das Gesicht des verwirrten Plinfa. Die braunen, weichen Haare kitzelten das Pinguinpokemon und ließen es kurz niesen, viel mehr passierte anfangs nicht und Teleya begann unruhig von einem Bein aufs andere zu treten. Noch einmal ließ sie Evoli Rutenschlag einsetzen und Plinfa drehte sich langsam zu Luciel um, der nur ahnungslos mit den Schultern zuckte. Er wusste nicht wirklich wie er auf die wirkungslosen, aber mit viel Leidenschaft geführten, Angriffe seiner kleinen Schwester reagieren sollte. Wenn er sie besiegte, würde sie vielleicht von ihm lernen wollen und verlangen das er sie ausbildete, aber darauf hatte er keine Lust. Verstohlen gab Luciel seinem Pokemon ein geheimes Zeichen mit seinen Fingern und das Plinfa nickte kurz zustimmend, es war wirklich die einzige Möglichkeit das ganze schnell zu beenden, sie mussten ihre geheime Technik einsetzen. Als der harmlose Schweif Plinfa wieder einmal traf, hob der kleine Pinguin seine Flossen in die Luft, stieß einen schrillen, spitzen Laut aus, schloss die Augen und kippte zur Seite um, wo er reglos im Gras liegen blieb und wirkte als wäre er tot.
„H-habe ich gewonnen?“ Teleya sah den scheintoten Pinguin verwirrt an und sah zu wie ihr Evoli das Plinfa misstrauisch umkreiste. Hatte sie es wirklich geschafft? „Was ist mit deinem Pokemon? Geht es ihm gut? Ich hoffe ich habe dem armen, kleinen Kerl nicht zu sehr weh getan.“
„Keine Sorge, dem geht’s gut, er ist nur ohnmächtig und ruht sich etwas aus, es ist alles in Ordnung.“ Luciel versuchte eine begeisterte und beeindruckte Miene aufzusetzen und so viel Überzeugung wie möglich in seine Worte zu legen „Gut gekämpft, wirklich toll gemacht, du wirst eine fantastische Trainerin.“
„Ich...ich habe tatsächlich gewonnen? Wirklich? Wirklich wirklich?“ unsicher sah sie ihn an und als ihr Bruder zustimmend nickte, lief sie zu ihrem Evoli und nahm es in die Arme, um es fest zu drücken. Dieses Pokemon war Gold wert! „Ich wusste es! Ich wusste das ich besser bin als du! Ich habe nie daran gezweifelt! Und du Evoli, hast dir etwas ganz besonders zu Essen verdient, damit du noch stärker wirst und Plinfa das nächste mal mit eine einzigen Schlag besiegst, ja?“
„Ja, du bist wirklich gut, viel Glück noch.“ Luciel wünschte vor allem dem armen Evoli viel Glück, es wusste noch nicht wie furchtbar seine Schwester kochte und konnte sich immerhin noch eine Weile auf das Essen freuen. Er selbst wollte sein Plinfa zurückrufen um abzuhauen, als sie ihn jäh unterbrach.
„Warte! Wo willst du denn so schnell hin?“
„Der Kampf ist beendet, wir sind fertig, du bist viel besser als ich und ich habe keine Chance jemals gegen dich zu gewinnen, also können wir auch aufhören, oder etwas nicht?“
„Ja, ja da hast du natürlich recht.“ meinte Teleya nachdenklich und ließ sich seine Worte durch den Kopf geben, er wollte wieder faul sein und nicht mehr trainieren, das konnte sie nicht zulassen, wenn er sogar gegen sie verlor, dann musste es wirklich schlimm um ihn stehen „Aber das ist doch auch toll! Das heißt wir beide sind fast auf dem gleichen Niveau, ich natürlich etwas weiter als du wie man gerade gesehen hat.“
„Natürlich.“
„Und das bedeutet, dass wir perfekt zusammen trainieren können.“
„Nein, ich bin sicher genau das bedeutet es nicht.“
„Doch, denn du kannst nur besser werden wenn du dich an jemandem misst der dir überlegen ist und ich kann noch viel lernen je öfter wir gegeneinander antreten.“ sie setzte eine Miene auf die keinerlei Widerspruch zuließ und die Luciel nur selten von ihr sah, aber die ihm immer Angst machte, weil sie Arbeit bedeutete „Ab jetzt werden wir jeden Tag gegeneinander kämpfen und gemeinsam trainieren und zwar solange, bis wir stark genug sind um die stärksten Trainer der Welt zu sein. Wir werden den ganzen Tag zusammen verbringen und das Woche für Woche für Woche für Woche für Woche, wir werden das beste Trainerduo in der Geschichte, niemand wird sich mit uns messen können.“ als sie den entgeisterten Ausdruck im Gesicht ihres Bruders sah, blinzelte sie ihn verwirrt an, hatte sie etwas schlimmes gesagt? „Was ist? Warum wirst du auf einmal so blass, Luciel? Hast du etwa Angst das du nicht mithalten kannst?“
„Nein, aber ich hatte eigentlich gehofft das ich jetzt wieder meine Ruhe haben kann...“ Luciel seufzte und gab es endgültig auf. Es würde ihm nicht gelingen sie schnell abzuwimmeln wenn er weiterhin den Unfähigen spielte. Vielleicht sollte er es einmal mit einer anderen Taktik versuchen und das genaue Gegenteil machen. „Gut, wie du willst. Lass und noch einmal gegeneinander kämpfen.“
„Ich wusste diese Niederlage hat deinen Kampfgeist und Ehrgeiz geweckt.“ Teleya ließ ihr Evoli wieder zu Boden und selbst Plinfa richtete sich auf den Befehl seines Trainers hin wieder auf und sah diesmal sogar halbwegs kampfbereit aus „Also dann, diesmal werde ich dich noch schneller besiegen und zwar mit einer noch viel mächtigeren Attacke. Evoli! Tackle!“
„Plinfa, ich weiß du hast keine Lust zu kämpfen, aber wir haben wohl keine andere Wahl mehr wenn wir wieder unsere Ruhe wollen.“ flüsterte Luciel seinem Pokemon zu, das nicht gerade begeistert zu sein schien, aber immerhin erkannte wie notwendig und gerecht ihr Kampf war. Sie stritten für das Gute und vor allem für ihre Ruhe. „Blubbstrahl!“ Ein schier endloser Strom aus Blasen schoss mit hoher Geschwindigkeit aus Plinfas Schnabel hervor. Kaum traf der Strahl das überraschte Evoli, wurde es auch schon davongeschleudert als wäre es...naja, als wäre es ein winziges, unerfahrenes und junges Evoli das von einen Blubbstrahl getroffen wurde. Teleya betrachtete aus entsetzt aufgerissenen Augen wie ihr Pokemon über die Wiese flog und direkt vor ihren Füßen reglos liegen blieb. Es schien nicht ernsthaft verletzt zu sein, zumindest hoffte sie das. Vorsichtig hob sie ihr Evoli hoch und streichelte es beruhigend, bevor sie ihren Pokeball hervorholte und es zurückrief.
„Keine Sorge, ich habe Plinfa angewiesen dein Evoli nicht zu verletzen. Es braucht nur etwas Ruhe und dann ist es schnell wieder auf den Beinen.“ meinte Luciel erstaunlich freundlich, aber seine Worte drangen kaum zu ihr durch, denn Teleya wurde klar das er nur mit ihr gespielt hatte. Sie war ihm also auch als Trainerin haushoch unterlegen und hatte sich mal wieder nur lächerlich gemacht. Sie wischte sich mit dem Ärmel ihrer Bluse über die Augen und hoffte das er es nicht bemerkte, immerhin musste sie nicht anfangen zu weinen, das hätte den Tag endgültig zum miesesten aller Zeiten gemacht. Vielleicht hatte ihr Vater recht gehabt in seinem Brief und sie sollte das Pokemon ihrem Bruder geben. Irgendwann würde er Prismania City und sie verlassen und ein großer Trainer werden, ganz im Gegensatz zu ihr. „Es tut mir leid, aber wie gesagt, such dir jemand anderes zum trainieren. Es gibt genug Trainer auf deinem Niveau hier in der Stadt. Ich bin sicher wenn du mit ihnen übst wirst du schnell besser.“ Damit rief er sein Plinfa zurück und wandte sich ab, um wieder in die Spielhalle zu verschwinden. Es tat ihm leid das sie sich wegen so etwas unwichtigem so fertig machte, aber er kannte sie und wusste genau, das sie sich schon morgen nicht mehr davon beeindrucken ließ. Sie wollte sowieso kein Trainer werden, sondern nur unbedingt Trainer sein, weil er auch einer war und sie immer gerne nach Ausreden suchte um Zeit mit ihm zu verbringen. Vielleicht sollte er ihr einfach etwas mehr Aufmerksamkeit schenken sobald er das Problem mit seinen drei Verfolgerinnen gelöst hatte, dann ging es ihr sicher schnell wieder besser.
„Warte!“ rief Teleya plötzlich hinter ihm bevor er weit kommen konnte. Überrascht drehte er sich um und sah noch wie sie direkt hinter ihm zum Stehen kam und ihn anfunkelte, anscheinend schien sie sich wieder gefangen zu haben. „Warte, ich bin noch nicht fertig mit dir.“
„Ich sagte doch bereits das es mir leid tut und ich...“
„Ich werde die Silberkonferenz gewinnen.“ warf sie ihm plötzlich und mit fester Stimme an den Kopf, was selbst Luciel endgültig aus der Fassung brachte.
„W-was? Was hast du gesagt? Das ist ein Scherz oder?“
„Ich sagte, dass ich Champion der Silberkonferenz werde. Ich werde an diesem Turnier teilnehmen und es gewinnen, damit wenigstens einer von uns sein Talent nicht vollkommen vergeudet. Ich werde der beste Pokemon Trainer aller Zeiten und dich besiegen, denn...“ Denn dann würdest du mich beachten? Zumindest dachte sie das im Moment, schluckte es aber sofort herunter und wusste nicht einmal woher dieser Gedanke plötzlich kam. „Denn es ist unmöglich das jemand gegen so einen Faulpelz wie dich verlieren kann! Ich lasse das nicht auf mir sitzen und werde mich dafür rächen!“
„Teleya, du hast keine Chance. Die Trainer die zu diesem Turnier gehen arbeiten seit Jahren dafür und trotzdem werden die meisten schon in der Vorrunde wieder nach Hause geschickt. Jeder von ihnen besitzt ein perfekt eingespieltes Team aus starken Pokemon, während du mit deinem Evoli nicht einmal einen einzigen Orden verdienen kannst.“ er lachte kurz, weil alleine der Gedanke daran das sie nach dieser Vorstellung zur Silberkonferenz gehen wollte schon so vollkommen absurd war und bemerkte sofort seinen Fehler, das Lachen stachelte Teleya nur noch mehr an „Schlag dir diese alberne Idee lieber wieder aus dem Kopf. Wenn du unbedingt willst, kann ich dir ein paar gute Orte zeigen an denen du für den Anfang gegen wilde Pokemon trainieren kannst, solange bis du stark genug für einen echten Kampf bist. Wenn du sofort anfängst, kannst du vielleicht zur nächsten Silberkonferenz in sechs Jahren gehen und dort...“
„Nein, ich werde nicht warten.“ unterbrach sie ihn energisch und ballte wütend die Hände zu Fäusten. Er hatte sie gerade ausgelacht. Er glaubte also nicht einmal das sie einen einzigen Orden erkämpfen konnte und hielt sie für eine Art Witzfigur? Jetzt hatte sie erst recht vor diesen absurden Plan in die Tat umzusetzen, alleine schon damit er erkannte das sie genauso viel Talent besaß wie er. „Sofort morgen brechen ich auf um mir neue Pokemon zu fangen und meinen ersten Orden zu verdienen und es gibt nichts was du dagegen tun kannst.“
„Na dann, viel Glück dabei.“
„W-warte!“ sie ging auf ihn zu als er sich umdrehen wollte und hielt ihn kurz am Arm fest, damit er sich ihr wider zuwendete und ihr weiter zuhörte „Ist das alles was du zu sagen hast? Mehr nicht? Ich dachte dass du...das du...naja, das du vielleicht...“
„Das ich was?“ Luciel versuchte so ahnungslos wie irgend möglich zu tun, aber er ahnte schon worauf das hinauslief, sie wollte während ihrer Reise einen Babysitter der auf sie aufpasste.
„Ich hatte gehofft du begleitest mich auf meiner Reise, damit ich nicht von den ersten wilden Pokemon die ich finde gefressen werde, oder man mich ausraubt, oder ich verhungere, immerhin habe ich kein Geld und ich weiß nicht mal bei welcher Arena ich anfangen soll oder wo ich lang muss und von Pokemon habe ich kaum Ahnung und...“
„Keine Sorge, du schaffst das schon alleine, immerhin bist du ja eine talentierte Trainerin. Die Straßen hier sind außerdem recht sicher, ich habe noch nie von jemandem gehört der ausgeraubt oder gefressen wurde und ich kaufe dir eine Karte von Kanto, dann verläufst du dich nicht. Wenn du willst kann ich dir auch genug Geld für die Reise geben, vielleicht findest du ja sogar noch andere Trainer die dich begleiten wollen und du hast immerhin noch dein Evoli, also kommst du schon zurecht.“
„A-aber ich...“ Aber ich brauche deine Hilfe, sprach sie in Gedanken aus, was sie sich nicht wirklich laut zu sagen traute. Sie hatte Angst alleine zu reisen, außerdem machte sie das alles teilweise auch für ihn. Diese Reise würde ihm sicher gut tun und vielleicht konnte sie ihn überreden ebenfalls an der Silberkonferenz teilzunehmen, aber vor allem, wollte sie sich nicht für so lange Zeit von ihm trennen, alleine der Gedanke daran jagte ihr Angst ein. Wie sollte sie ohne seinen Schutz weit kommen? Sie brauchte ihn, aber das konnte sie ihm nicht einfach so sagen, sie wollte, aber die Worte kamen ihr nicht über die Lippen, also stand Teleya nur mit geballten Fäusten und zusammengepresstem Mund da, den Blick stumpf zu Boden gerichtet, damit er die Unsicherheit, die sich in ihren Augen deutlich widerspiegelte, nicht erkennen konnte. Zwar verbrachte sie auch hier kaum Zeit mit ihm, aber es war etwas gänzlich anderes in der selben Stadt zu sein als ein ganzes Land zwischen sich zu haben.
„Schlaf am besten noch einmal darüber und denk über die Reise nach. Es wäre am besten für dich nicht zu gehen, aber wenn du es wirklich willst, werde ich dir morgen noch einige Sachen vorbeibringen, die du vielleicht gebrauchen kannst und dich verabschieden.“ Luciel war sich ziemlich sicher das ihre Reisepläne keine zehn Minuten überlebten, das war nur wieder irgendeine lächerliche Idee von ihr, die sie sowieso niemals umsetzen würde, aber falls doch würde die Vorstellung alleine zu reisen sie sicher sowieso davon abhalten. So oder so, er konnte wieder sein ruhiges Leben weiterführen. Eine Weile warte er noch darauf das seine Schwester etwas sagte, aber Teleya wirkte wie versteinert und man konnte förmlich hören wie es in ihrem Kopf arbeitete und ratterte, während sie nach einem Weg suchte ihn zu überzeugen. Gerade als Luciel sich umdrehte und gehen wollte, erwachte sie aus ihrer Starre und begann leise zu flüstern.
„Die Silberkonferenz ist das größte Turnier in diesem Teil der Welt. Es werden hunderte Trainer und sämtliche Arenaleiter erwartet und auch sehr viele...Trainerinnen und Arenaleiterinnen werden da sein.“ Kaum hatte sie diese leisen Worten ausgesprochen, als Luciel auch schon stehenblieb und plötzlich aufmerksam die Ohren spitzte. So weit wollte Teleya zwar eigentlich nicht gehen, aber immerhin hatte sie jetzt seine Aufmerksamkeit und er hörte ihr zu, auch wenn es ihr nicht gefiel ihn mit so etwas zu ködern, es war trotzdem ihre einzige Chance.
„Sagtest du gerade...Arenaleiterinnen?“ Ihr Bruder wandte sich wieder langsam zu ihr um und sah sie gespannt an. Er war in die Falle getappt. Wenn es eines gab womit man ihn immer überreden konnte, dann waren es hübsche Mädchen, allerdings mochte Teleya es nicht diese Geheimwaffe zu nutzen, es war schon schlimm genug das er hier in Prismania City jedes zweite Mädchen kannte.
„Ich weiß das du lieber ruhig und entspannt vor dich hin leben willst, aber hast du nie darüber nachgedacht das Prismania City langsam zu...langweilig und anstrengend für dich werden könnte?“
„Langweilig und anstrengend?“ Luciel sprach vor allem das letzte Wort fast schon angewidert aus, es war eines der schlimmsten Worte die es gab.
„Die hübschesten Mädchen der Stadt waren allesamt bereits mit dir aus und die Hälfte von ihnen hasst dich, während die andere Hälfte dich hassen wird sobald sie merken, dass du sie nur reingelegt hast. Im Moment ist dein Leben hier doch auch alles andere als ruhig und einfach, immerhin wirst du von drei rachsüchtigen Hexen verfolgt und mit wem wirst du in Zukunft noch ausgehen können? Es wird hier sicher immer Mädchen geben die dich mögen werden weil du...weil du...“ Teleya brach ab und legte eine kurze Pause ein. Es war erstaunlich wie schwer es ihr fiel so etwas zu ihm zu sagen, am besten sie redete einfach gar nicht mehr mit ihm, aber das ging nicht, also versuchte sie das ganze so auszudrücken das es nicht zu...nett klang, ansonsten glaubte er nur noch mehr das sie ihn bewunderte und es würde noch schwerer werden ihn jemals zu beeindrucken „Weil du nicht besonders hässlich bist.“
„Oh, ein Kompliment, das ist mal etwas ganz neues von dir. So viel Freundlichkeit bin ich gar nicht gewohnt.“
„Du weißt genau was ich meine und jetzt hör auf mich zu unterbrechen, es ist schon schwer genug das alles zu sagen.“ sie versuchte in ihre nächsten Worte so viel Verheißung zu legen wie sie konnte ohne das es ihr peinlich wurde, also nicht sehr viel, und hoffte das es ausreichte „Jedenfalls denkst du denn nie an die vielen wunderschönen Mädchen und Frauen außerhalb von Prismania City? Dort draußen liegt eine ganze Welt voller Schönheiten und diese Welt wirst du nur zu sehen bekommen, wenn du sie auch erforschst. Komm mit mir auf diese Reise, bitte.“ Luciel sah sie nur nachdenklich an und sagte kein Wort, was ihr immerhin etwas Mut machte. Er war noch nicht überzeugt, aber sie merkte wie seine Abwehr bröckelte. Die Worte über die Arenaleiterinnen und Schönheiten zeigten bereits Wirkung, jetzt musste sie ihm nur noch den Rest geben. „Ich möchte nur das du mich begleitest, das ist alles. Du musst nicht mit mir trainieren, keine Pokemonkämpfe bestreiten und mich auch nicht unterrichten. Ich werde für uns kochen, mich um unsere Sachen kümmern, unser Gepäck tragen, die Pokemon versorgen und mich um alles kümmern, du musst nur neben mir herlaufen und kannst nach hübschen Trainerinnen Ausschau halten, während ich trainiere und Pokemon fange.“ Teleya sah ihn mit einem herzzerreißenden Blick an, der dem von Evoli jederzeit Konkurrenz machen konnte und in ihren blauen Augen stand eindeutig geschrieben das sie bei einem Nein vor Trauer zerfließen und nie wieder mit ihm reden würde. Leise, mit gedämpfter Stimme fuhr sie fort, wobei endgültig der letzte Rest Wut spurlos verschwand. „Bitte, Onii-chan."
Am Stadtrand von Prismania City, in einem kleinen, gewöhnlichen Haus, stieß ein sechzehnjähriges Mädchen die Haustür auf und stolperte in den Flur. Sie trug einen kurzen dunklen Rock und eine blau-weiße Bluse. In den Händen hielt sie ein graues, unscheinbares Paket, das sie im Wohnzimmer einfach achtlos auf den Tisch fallen ließ. Es war endlich angekommen, darauf wartete sie schon seit einer gefühlten Ewigkeit. Der Name des Mädchens lautete, Teleya, und sie hatte langes, schwarzes Haar das seidig glänzte und anmutig über ihre Schultern floss. Die hellen, blauen Augen huschten suchend und aufgeweckt in dem Zimmer umher, sie konnte es kaum erwarten ihr Geschenk zu öffnen, aber noch brauchte sie dazu jemanden. In ihren Ohren steckten kleine Kopfhörer, über die sie Musik hörte, um sich auf ihr Geschenk einzustimmen. Eigentlich mochte sie solche Musik nicht, aber ihr Vater schenkte ihr immer irgendwelchen Pokemonkram, also musste sie sich vorher daran gewöhnen, dann gefielen ihr seine Geschenke gleich viel besser.
„I wanna be the very best!“ begann sie plötzlich schief und nicht besonders gut zu singen, während sie sich auf den Weg ins erste Obergeschoss machte um ihren nichtsnutzigen Bruder zu holen. Sie hatte zwar noch nie von etwas namens Melodie gehört, aber immerhin besaß sie eine schöne Stimme, das reichte ihr. Da sie den Text nicht wirklich kannte summte sie dabei immer wieder weite Strecken des Liedes nur vor sich hin und drehte sich auf ihrem Weg durch den Flur ein paar mal im Kreis und begann immer lauter zu summen. Sie liebte Musik, selbst wenn es nicht ihre Lieblingsmusik war. „I will battle every day, to claim my rightful place!“ Vielleicht konnte sie ihren Bruder mit Pokemonmusik mal wieder hervorlocken, er war immerhin ein Trainer, mehr oder weniger „I know its my destiny!“
Je länger sie den Song hörte, desto mehr gefiel er ihr und als sie vor der Tür zum Zimmer ihres Bruders stehen blieb rief sie noch laut und mit erstaunlich viel Begeisterung „Gotta catch 'em aaaaaalllllll!“ bevor sie die Ohrhörer rausnahm, sich kurz räusperte und versuchte nicht mehr ganz so aufgekratzt zu sein, was ihr schwer fiel. Vor drei Tagen erst war sie sechzehn geworden und die Geschenke hielten sich leider stark in Grenzen. Von ihrem Bruder hatte sie einen Haufen Münzen für die Spielhalle hier in Prismania City bekommen und ihre Mutter arbeitete so viel, dass sie sich erst in ein paar Monaten an den Geburtstag erinnern würde. Damit war das Päckchen ihres Vaters noch viel wertvoller und ihr Bruder sollte gefälligst dabei sein, immerhin ließ er sich so schon nie bei ihr blicken. Sie kümmerte sich um das ganze Haus seit ihre Eltern weg waren und er bedankte sich nicht einmal dafür, oder half ihr, oder war freundlich genug ihr Essen zu loben, selbst wenn es scheußlich war.
„Luciel?“ Teleya klopfte zaghaft an die Tür, sie wusste das er etwas schlecht gelaunt sein konnte wenn man ihn weckte, aber meistens war er am späten Nachmittag immerhin schon wach, meistens. „Luciel! Mach auf, es ist wichtig!“ Sie begann fester zu klopfen, aber es kam keinerlei Reaktion „Papa hat uns ein Paket geschickt und ich wollte es mit dir zusammen öffnen, bestimmt hat er dir wieder diese furchtbare Schokolade aus Johto geschickt die du so sehr magst, also komm endlich raus, bevor ich sie wegwerfe.“ Aber egal wie sehr sie es versuchte, die Tür blieb geschlossen. Öffnen konnte Teleya sie auch nicht einfach, da er abgeschlossen hatte.
„Also alles wie immer schätze ich...“ seufzte sie enttäuscht, es wäre schön gewesen mit ihm zusammen auszupacken und mal wieder etwas Zeit zusammen zu verbringen „Dieser Idiot, entweder er schläft den ganzen Tag oder rennt dem nächstbesten hübschen Rock hinterher den er finden kann, er ist so nutzlos.“ Teleya schüttelte kurz den Kopf und gab resigniert auf, es hatte keinen Sinn über Luciel zu jammern, er würde sich niemals ändern, leider. Es war einige Tage her dass sie ihn gesehen hatte, meistens war er erstaunlich gut darin ihr und jeglicher Arbeit aus dem Weg zu gehen, vermutlich war er bei irgendeiner Freundin oder sie hatte ihn nur für ein nutzlos rumliegendes Möbelstück gehalten und übersehen. Wäre vor drei Tagen nicht ihr Geburtstag gewesen, hätte sie ihn niemals wieder zu Gesicht bekommen, aber selbst da hatte er irgendwie abgelenkt gewirkt und war in Gedanken sehr weit weg gewesen. Sie hatte ihn mehr gemocht als er noch mit diesem einen Arenaleiter aus Fuchsania City trainiert hatte. Der Leiter der dortigen Arena war ein alter Freund ihrer Familie und als er sie vor zwei Jahren einmal besuchen kam, war es seiner Tochter gelungen Luciel tatsächlich zum Training zu überreden. Für ein hübsches Lächeln ließ er sich selbst zu Arbeit überreden, aber auch nur dafür.
Teleya verdrängte die Gedanken an ihren idiotischen Bruder und stürzte sich lieber voller Vorfreude auf ihr Geschenk sobald sie wieder im Erdgeschoss ankam. Nur selten bekamen sie Post von ihrem Vater, also begann sie sofort das Paket aufzureißen, vermutlich befand sich darin sowieso kaum etwas für Luciel, immerhin war es ihr Geburtstagsgeschenk. Ihre Eltern lebten beide nicht hier bei ihnen in Prismania City, sondern gingen ihrer Arbeit wo anders nach. Theoretisch hätten Teleya und ihr Bruder auch zu ihrer Mutter nach Safronia City ziehen können, immerhin war es nicht besonders weit weg, aber Luciel war zu faul gewesen seine gewohnte Umgebung aufzugeben. Er hatte sich geweigert Prismania zu verlassen und ihre Eltern gaben ihm immer nach, immerhin war er ja der hochtalentierte Wundertrainer, angeblich zumindest. Da er alleine elendig eingehen und vermutlich in kürzester Zeit sterben würde, hatte sie sich entschlossen bei ihm zu bleiben, außerdem mochte sie die Stadt und vor allem das riesige Einkaufszentrum, Safronia war ihr zu langweilig und ernst. Anfangs hatte sie noch darauf gehofft das ihr Leben mit Luciel schön werden könnte und sie endlich einmal mehr Zeit miteinander verbringen konnten, aber ihre Hoffnungen wurden sehr schnell zerschlagen, denn Luciel beschäftigte sich mit so ziemlich allem, nur nicht mit ihr, dafür kannte vermutlich jedes Mädchen der Stadt seinen Namen, wobei die meisten von ihnen ihn inzwischen verfluchten. Jedenfalls, arbeitete ihre Mutter bei der Silph Company und ihr Vater bei der Pokemon Liga, meistens half er dabei irgendwelche Turniere vorzubereiten oder Arenen zu inspizieren, eine Arbeit, die ihn durch die ganze Welt führte und nur selten Zeit ließ seine Familie zu sehen, aber das schien ihm nicht viel auszumachen. Ihr Vater war früher selbst Trainer gewesen und liebte nichts mehr als Pokemonkämpfe, notfalls reiste er dafür auch um die ganze Welt.
Ihr war es endlich gelungen das Päckchen aufzumachen und schnell machte sich Enttäuschung bei Teleya breit, als sie den Inhalt untersuchte. Am Rand lag eine große Tafel Schokolade für ihren Bruder und der Großteil des Pakets war einfach nur leer, abgesehen von zwei kleinen, weißen Schachteln, die sie nicht besonders beeindruckten. Zu aller erst aber musste sie ihre Rachegelüste befriedigen und öffnete die Schokolade, um sich ein Stück zu nehmen. Genüsslich schob sie sich ein Stückchen davon in den Mund und schwor sich kurz das ihr Bruder nichts davon jemals abkriegen würde, aber schon nach dem ersten Bissen verschwand ihr Enthusiasmus wieder genauso schnell wie er gekommen war. „Bäh..widerlich.“ murmelte sie angewidert und legte die Schokolade so schnell sie konnte auf den Tisch, sie hasste ihren Bruder, aber so sehr dann doch wieder nicht, das Zeug aus Johto fand sie zu schrecklich. Blieben also nur noch die zwei Schachteln. Lustlos griff sie sich die längliche von den Beiden. Um ehrlich zu sein hielt sich ihre Aufregung inzwischen wieder in Grenzen. Die Geschenke ihres Vaters hatten ihr noch nie gefallen, er versuchte zu sehr seine Kinder zu Trainern zu erziehen, obwohl keiner von ihnen große Lust dazu hatte, naja, gehabt hatte.
Seit Luciel vor einigen Jahren sein Pokemon erhalten hatte, spielte sie tatsächlich auch mit dem Gedanken ein Trainer zu werden, hauptsächlich um wenigstens einmal besser zu sein als er, viel besser, aber das dürfte nicht besonders schwer werden. Luciel vergeudete sein Talent und das seines Pokemon, indem er niemals trainierte, niemals gegen andere Trainer antrat und niemals auch nur in die Nähe einer Arena kam. Er hätte schon längst zu den Besten gehören können, aber stattdessen war sein Pokemon noch immer schwach, alleine und hatte sich nicht weiterentwickelt. „Also dann, mal sehen was er mir geschenkt hat, vermutlich ist es irgendeine ekelhafte, kitschige Figur von einem Pikachu oder ein ´Ich liebe Pokemon` T-Shirt, wie immer.“ Vorsichtig und auf alles gefasst, öffnete sie die Schachtel und sofort begannen ihre Augen zu leuchten. Es war ein Pokedex. Damit wurde ihr auch sofort klar was sich in der anderen Schachtel befand und ihr Herz klopfte inzwischen vor lauter Aufregung. Endlich, sie wartete schon viel zu lange auf ihr eigenes Pokemon, immerhin hatte ihr Bruder seines auch in ihrem Alter bekommen. Auf dem Pokedex lag ein per Computer geschriebener Brief, er war noch nie gut darin gewesen sich sonderlich viel Mühe mit aufwendigen Geburtstagskarten zu geben, aber das konnte sie ihm verzeihen, wenn sie dafür ein Pokemon bekam.
„Alles Gute zum Vierzehnten Geburtstag, meine Kleine! Im Moment befinde ich mich am Fuß des Silberberges, der liegt in Johto, und hier wird dieses Jahr ein großes Turnier stattfinden, um genauer zu sein, es wird das größte Turnier der letzten Jahre werden! Wie du sicher weißt findet alle sechs Jahre in Johto die sogenannte ´Silberkonferenz` statt, das wichtigste Ereignis und die größte Meisterschaft in unserer Region. Trainer aus der ganzen Welt werden anreisen um ihr Können unter Beweis zu stellen, dieses Turnier zu gewinnen, ist eine der größten Ehrungen die man sich als Trainer vorstellen kann und die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren.
Leider bedeutet es auch, dass ich euch in nächster Zeit nicht besuchen kann, aber vielleicht sehen wir uns ja während der Silberkonferenz. Ich setze große Hoffnungen in deinen Bruder, wenn er zum Turnier kommt, wird er dich sicherlich mitnehmen. Er ist jetzt schon seit drei Jahren Pokemon Trainer und hatte genug Zeit um für diesen großen Tag ein beeindruckendes und schlagkräftiges Team zusammenzustellen. Ich weiß das er manchmal etwas faul sein kann, aber es würde mich nicht wundern ihn auf dem Turnier zu sehen, vielleicht sogar unter den besten Drei der gesamten Welt, aber genug davon, kommen wir lieber zu deinem Geschenk, hoffentlich gefällt es dir. Ich habe ein Pokemon für dich ausgesucht, dass dir sicherlich gefallen wird. Es ist gut erzogen und freundlich, vielleicht nicht unbedingt das stärkste Pokemon der Welt, aber es wird für dich genügen. Am besten du lässt dir von deinem Bruder zeigen wie du mit dem Pokemon umzugehen hast, er wird dir alles beibringen, aber lenke ihn nicht zu sehr von seinem Training ab, immerhin hat er sich auf eine Meisterschaft vorzubereiten. Ich war mir nicht sicher ob du ebenfalls versuchen willst eine Laufbahn als Trainer einzuschlagen, falls du es nicht willst, dann gib das Pokemon am besten deinem Bruder, ich bin sicher er kann etwas damit anfangen.“
„Ja, er könnte es verhungern lassen und ignorieren. Außerdem bin ich sechzehn geworden und nicht vierzehn, aber trotzdem danke.“ murmelte Teleya vor sich hin, zerknüllte den Brief verärgert und warf ihn in irgendeine Ecke des Zimmers. Wie immer ging es nur um irgendwelche Turniere, Ligen und darum wie unglaublich viel Talent ihr Bruder doch hatte. Ihr Vater würde seine Meinung sicher schnell ändern wenn er sehen könnte wie wenig Luciel bisher erreicht hatte, er war nicht einmal aus Prismania rausgekommen! Nie im Leben würde ihr Vater ihn auf der Silberkonferenz sehen. Teleya versuchte die Gedanken daran zu vergessen, immerhin hatte er an sie gedacht und ihr ein Pokemon geschenkt. Mit einem fast schon gezwungenen Lächeln öffnete sie die zweite Schachtel und nahm sich den kleinen, einfachen Pokeball, um ihn eine Weile stolz zu bewundern. Der Gedanke an das was sich darin befand verdrängte endgültig ihre bedrückte Stimmung.
Mein eigenes Pokemon. Jetzt kann ich auch ein Trainer werden und Luciel zeigen das ich besser bin als er.“ flüsterte sie zu sich selbst, auch wenn sie nicht wirklich daran glaubte, sie hatte sich nie viel mit Pokemon beschäftigt, aber möglicherweise war genau das ihr größter Vorteil „Wenn selbst ich ihn besiege, wird das vielleicht endlich seinen Ehrgeiz wecken und er wird aufhören sein Leben so zu vergeuden. Es wird ihn sicherlich fertig machen gegen einen völlig unerfahrenen Trainer unterzugehen.“ Auch wenn sie das nur so vor sich hin gesagt hatte, ließ die Idee Teleya nicht mehr los. Nachdenklich starrte sie den Pokeball an und plötzlich stahl sich ein erwartungsvolles Lächeln auf ihre Lippen. Sie würde ihren Bruder aus seiner Lethargie reißen und zwar jetzt sofort. Er musste sehen, dass er so nicht weitermachen konnte und endlich anfangen sollte irgendetwas aus seinem Leben zu machen. Ohne überhaupt nachzusehen welches Pokemon man ihr geschenkt hatte oder kurz nachzudenken, griff sie sich das Pokedex und stürmte zur Tür heraus. Luciel würde ihr nicht entkommen!
…
Sie musste nicht lange nach ihrem älteren Bruder suchen, denn sie kannte jedes seiner Verstecke gut genug und er befand sich in seinem Lieblingsversteck, die Spielhalle von Prismania City. Er saß dort auf einem Hocker an einem Automaten und schob gelangweilt eine Münze nach der anderen in die Maschine. Müde hob er die Hand vor den Mund und gähnte, anscheinend war er mal wieder die ganze Nacht auf gewesen, alleine sein erschöpfter, lustloser, Anblick machte sie wütend, aber selbst in diesem Zustand konnte sie noch immer verstehen warum jedes Mädchen in der Stadt hinter ihm her war. Luciel war drei Jahre älter als sie, hatte kurzes, schwarzes Haar und die gleichen blauen Augen wie bei Teleya. Wenn sie seine Gesichtszüge beschreiben müsste, fiel ihr immer nur ein einziges Wort ein: Perfekt. Aber egal wie gut er aussah, es würde ihn nicht vor ihrem Zorn schützen, trotz ihrer eben noch leidenschaftlichen Stimmung wurde sie jetzt ruhiger und näherte sich ihm vorsichtig, um ihn nicht zu verschrecken.
„Ich wusste dass ich dich hier finde, Luciel.“ sagte sie sobald sie neben ihrem Bruder stand, der sie nicht weiter beachtete und weiter auf den Automaten starrte, also versuchte sie es etwas lauter „Ich sagte: Ich wusste das ich dich hier finde, Luciel!“
„Teleya...“ murmelte er und drehte jetzt endlich den Kopf in ihre Richtung, sofort verlangte sein Fluchtreflex von ihm aufzuspringen und abzuhauen, bevor sie ihn doch noch irgendwie zu Hausarbeiten zwang „Ähm, tut mir wirklich leid dass ich heute nicht beim aufräumen geholfen habe und gestern auch nicht und auch nicht die ganzen Tage, Wochen und Monate davor, aber ich musste trainieren, sehr sehr viel trainieren.“
„Du meinst du musstest hier rumsitzen und absolut nichts machen außer deine Zeit zu verschwenden?“ Gerne hätte sie ihm vorgeworfen sein ganzes Geld zu verspielen, aber Luciel gewann fast immer und hatte an diesen Automaten schon ein kleines Vermögen gewonnen. Wie viel Geld er wirklich besaß wusste sie nicht, denn er gab sehr sehr viel für teure Geschenke und genauso teure Abendessen für seine Freundinnen aus.
„Hey, ausnahmsweise bin ich mal nicht freiwillig hier, sondern weil ich keine andere Wahl mehr habe.“ versuchte ihr Bruder sich zu rechtfertigen und sah sich kurz suchend um, irgendetwas schien ihn ziemlich nervös zu machen „Das hier ist der einzige sichere Ort in der ganzen Stadt, selbst Zuhause könnten sie mir jederzeit auflauern.“
„Sie? Oh, lass mich raten.“ Teleya tat so, als würde sie angestrengt nachdenken „Zwei deiner Freundinnen haben endlich herausgefunden dass du nun ja...Freundinnen hast, und sind darüber nicht glücklich.“
„Vollkommen falsch. Es sind drei Freundinnen und jetzt haben sie sich gegen mich zusammengeschlossen zu einer unheiligen Allianz der Vernichtung und des Todes.“
„Drei Stück? Drei? Wirklich?“ fragte sie ungläubig und ihr Bruder nickte nur, ohne jegliche Schuldgefühle. Er hatte vermutlich deutlich mehr als drei Freundinnen, aber normalerweise gelang es ihm das ganze einigermaßen unter Kontrolle zu halten. Für jemanden der so faul war konnte er ziemlich viel Zeit aufbringen um diese Mädchen voneinander fernzuhalten. „Du bist so gut wie tot wenn sie dich finden.“
„Danke, das weiß ich selbst und genau deswegen bin ich hier.“
„Ach? Das hier ist aber kein besonders gutes Versteck, ich habe dich sofort gefunden, immerhin hängst du ständig hier rum.“
„Ja, genau, du hast mich sofort gefunden, weil du nicht meine Freundin bist.“ erwiderte Luciel lächelnd und alleine bei der Vorstellung verzog Teleya schon angewidert das Gesicht, ohne sich Mühe zu geben ihre Abscheu zu verbergen „Du weißt das ich gerne hier bin, aber wenn ich ein Mädchen kennenlerne erwähne ich immer irgendwann das ich Glücksspiel verachte, das ich es aus tiefster Seele hasse und niemals so einen Ort aufsuchen würde. Also werden sie hier als letztes suchen.“
„Das ist...hinterhältig.“ und verdammt genial, fügte sie in Gedanken, und etwas neidisch, hinzu.
„Ich würde eher sagen es ist notwendig, ansonsten würde es hier drin Tote geben.“ erwiderte Luciel gelassen und deutete auf einen Hocker neben sich „Willst du eigentlich auch spielen? Ich habe dir zu deinem Geburtstag genug Münzen geschenkt um eine halbe Ewigkeit zu spielen, also warum setzt du dich nicht? Wenn du gerade keine dabei hast kann ich dir Münzen leihen und du gibst sie mir zurück wenn wir wieder Zuhause sind.“
„Ähm ja, richtig, die Münzen...ich habe sie verloren, alle. Diese Automaten haben sie gefressen und nie wieder rausgegeben.“
„Was? Du hast alles verspielt? Alles!? Und das in nur drei Tagen? Weißt du eigentlich wie viel diese Münzen wert waren? Davon hättest du einmal um die ganze Welt reisen können.“
„N-naja, ich glaube eine habe ich noch irgendwo rumliegen.“ zum ersten mal vollkommen aus der Fassung gebracht starrte Luciel sie ungläubig an und konnte sich nicht einmal vorstellen wie wenig Glück man haben musste wenn man sogar bei diesen Automaten unterging „Sieh mich nicht so an! Das war nicht meine Schuld. Diese Dinger sind so gemacht das man unmöglich gewinnen kann! Ich hatte keine Chance und...“ Plötzlich wurde sie von dem Geplärre des Automaten unterbrochen. Die Maschine vor der ihr Bruder saß begann Unmengen an Münzen auszuspucken, strahlte dabei so hell das es sie fast blendete und zu allem Überfluss leuchtete auch noch irgendwo in leuchtenden Buchstaben ´Jackpot` auf.
„Was wolltest du gerade sagen?“ fragte Luciel mit einem leisen Lachen nach, als die schrillen Geräusche endlich verstummten und das Licht wieder verblasste.
„Ich hasse dich, das ist unfair.“ zischte Teleya und betrachtete die Münzen, sicherlich hatte er irgendwie die Automaten manipuliert damit sie immer verlor, anders konnte sie es sich nicht erklären.
„Wie auch immer, warum erzählst du mir nicht endlich warum du hier bist?“ Wirklich zu interessieren schien ihn die Antwort auf die Frage allerdings nicht, denn er sammelte nebenbei noch immer seinen Gewinn ein.
„Hier, deswegen habe ich dich gesucht.“ sofort hatte Teleya ihre missmutige Laune vergessen und hielt ihm strahlend das Pokedex und den Pokeball vors Gesicht, damit er ihre Geschenke bewundern konnte. Sein eigenes Pokedex verstaubte irgendwo unter seinem Bett, weil er es so gut wie nie benutzt hatte. „Das hat Vater mir geschickt. Jetzt bin ich auch ein Trainer, genau wie du!“
„Das freut mich für dich, du hast sicher schon lange darauf gewartet. Ich denke du wirst eine gute Trainerin sein.“ meinte Luciel aufrichtig und lächelte sie freundlich an. Er freute sich wirklich für sie, aber vor allem, freute er sich für sich selbst. Jetzt konnte seine kleine Schwester ja zu dem Pokemon Trainer und Champion werden den ihr Vater so gerne haben wollte und er selbst konnte endlich aufhören so zu tun, als wäre er gerne ein Trainer. Allerdings fand er ihre überschwängliche Freude ein wenig seltsam, normalerweise machte sie sich nicht viel aus Pokemon, zumindest meistens. Seit er Trainer war, hatte sie ebenfalls angefangen sich plötzlich mehr mit Pokemon zu beschäftigen, sie liebte es ihm nachzueifern, was er manchmal als etwas lästig empfand, aber meistens verzieh er es ihr sobald sie ihn stolz anstrahlte.
„Ja, das habe ich und jetzt, da wir beide Pokemon Trainer sind, fordere ich dich zu einem Kampf heraus!“
„W-was?“ vor lauter Überraschung wäre Luciel beinahe von seinem Hocker gefallen und musste sich zusammenreißen um nicht sofort zu verschwinden, hauptsächlich blieb er weil eine Flucht noch anstrengender wurde als es ihr auszureden „Lass die schlechten Witze, Teleya. Du hast dein Pokemon seit fünf Minuten. Geh raus und such dir irgendwelche wilden Pokemon die sich langweilen und kämpfe mit ihnen, aber ich ähm, habe keine Zeit.“
„Oh nein, so leicht kommst du mir nicht davon.“ ein erstaunlich bösartiges Grinsen stahl sich auf das Gesicht seiner Schwester, die ihn eben noch so stolz und glücklich angelächelt hatte „Wenn du dich weigerst gegen mich zu kämpfen, werde ich jedem Mädchen in der Stadt erzählen das du dich den ganzen Tag in der Spielhalle herumtreibst und es liebst hier zu sein, dann werden sie diesen Ort belagern und dich mit ihrer Wut zermalmen. Also, willst du dein kleines Paradies behalten, oder willst du das dieser Ort auf Ewig tabu für dich ist?“
Eine Weile später standen sie sich auf einer kleinen Wiese nahe der Spielhalle gegenüber, beide mit jeweils einem Pokeball in der Hand. Luciel konnte es nicht fassen das es ihr gelungen war ihn zu erpressen, aber lieber brachte er schnell diesen Kampf hinter sich als seine geliebte Spielhalle zu verlieren. Gelangweilt drückte er auf den Knopf an seinem Pokeball und ein kleiner, blauer Pinguin erschien vor ihm im Gras. Es war sein einziges Pokemon, Plinfa, aber er rief es nur selten für Kämpfe hervor, also war es erstaunlich faul geworden. Sein Plinfa drehte sich zu ihm um und sah ihn vorwurfsvoll an als es merkte das es kämpfen musste, aber daran ließ sich nichts ändern.
„Nein danke. Außerdem gehen die Pokebälle ziemlich schnell kaputt wenn man sie dauernd auf den Boden schmeißt und ich habe keine Lust mir einen neuen zu kaufen.“
„Pass auf, ich zeige dir einfach wie man es richtig macht, dann kannst du es dir für deinen nächsten Kampf merken.“ Damit ignorierte sie alles was er gerade gesagt hatte und warf ihren Pokeball in einer weit ausholenden Bewegung über die Wiese und auf ihren Bruder zu, so dass er kurz glaubte sie wollte ihm den Ball gegen den Kopf schleudern „Los, du bist dran! Mach sie alle fertig!!!“ Kaum landete der Pokeball im Gras, als er auch schon kurz weiß aufblitzte und ihr Pokemon freigab. Sie selbst sah es jetzt auch zum ersten mal und starb bei dem Anblick fast vor Verzückung.
„Ich will dich ja nicht enttäuschen, aber das ist ganz sicher kein Flamara. Flamaras sind rot und haben gelbes Fell, aber das Pokemon ist braun, also...“ versuchte Luciel vorsichtig seine Schwester in die richtige Richtung zu lenken, ohne preiszugeben wie viel er über Pokemon wusste. Er hatte ohne Probleme erkannt was es war, dafür brauchte er kein Pokedex, aber sie sollte ihres lieber einsetzen und zwar oft, sehr oft.
„Unsinn, ich weiß ganz genau das es ein Flamara ist, außerdem, woher willst du das überhaupt wissen? Hatte eine deiner Freundinnen mal ein Flamara? Denn selber hast du sicher noch keines gesehen wenn du die Stadt nie verlässt.“ Teleya runzelte verwirrt die Stirn. Was war denn sein Problem? Warum konnte er sich nicht einfach mit ihr freuen? Aber dann wurde es ihr klar und sie setzte ein überlegenes Lächeln auf, so war das also, er war einfach nur eifersüchtig. „Ah, ich weiß was los ist. Du bist neidisch auf mein Flamara, weil du nur diesen kleinen blauen Vogel bekommen hast und nicht so ein tolles Flamara.“
„Ja, ganz bestimmt, daran wird es liegen. Warum befragst du nicht einfach dein Pokedex was für ein Pokemon du hast? Das wäre am einfachsten für uns alle und vor allem am schnellsten.“
„Pokedex? So etwas brauche ich nicht. Ich weiß ganz genau was für Attacken ein Flamara kann, das ist nicht so schwer und deine Ablenkungstaktik wird bei mir niemals funktionieren.“ erwiderte sie mit inbrünstiger Überzeugung. Er wollte sie nur durcheinander bringen damit sie darauf verzichtete die geballte Feuerkraft ihres Pokemon einzusetzen, aber dazu würde es nicht kommen. Sie kannte all seine Tricks und er konnte sich nicht vor einem Kampf drücken. „Flamara! Feuersturm!“ rief sie und zeigte dabei auf Plinfa, ihre leidenschaftliche Stimme beeindruckte ihren Bruder immerhin, der bis eben gar nicht gewusst hatte dass sie sich so sehr in etwas hineinsteigern konnte, aber mehr passierte nicht. ´Flamara` stolperte unsicher ein paar Schritte durchs Gras auf Teleya zu und blieb dann vor ihr sitzen. „Vielleicht bist du doch noch nicht stark genug dafür, versuchen wir etwas anderes. Flammenwurf los!“ Ihr Pokemon sah sie aus diesen braunen, niedlichen Augen einfach nur an und blinzelte hin und wieder, aber ansonsten rührte es sich nicht. „Ähm, wie wäre es mit Feuerwirbel?“ fragte sie vorsichtig und unsicher, aber auch diesmal passierte nichts „Wenigstens Glut?“ inzwischen hatte ihre Stimme einen bittenden, fast schon flehenden Unterton und sie ging unsicher einen Schritt auf ihr Pokemon zu. Irgendetwas schien nicht mit ´Flamara` zu stimmen. Vielleicht war es krank und sie sollte es in ein Pokemon Center bringen? Besorgt ging sie neben ihrem neuen Pokemon in die Hocke und rief kurz ihrem Bruder etwas zu, der die Vorstellung interessiert betrachtete. „Moment! Ich brauche eine Auszeit!“
„Es gibt keine Auszeit bei einem Pokemonkampf, man kämpft bis einer besiegt ist und macht nicht mittendrin einfach Pause. Komm schon, lass uns diesen Kampf endlich hinter uns bringen bevor mich noch jemand sieht und an diese Furien verrät.“ Trotz seiner Worte machte Luciel keine Anstalten ihr einfach zu sagen welches Pokemon sie hatte. Stattdessen betrachtete er wie sie ihrem ´Flamara` sanft durchs Fell strich und es besorgt von allen Seiten betrachtete. Sie wirkte dabei immerhin niedlicher, als wenn sie ihn anschrie und zwang aufzuräumen. So gesehen war ihre neue Karriere als Trainerin eine deutliche Verbesserung.
„Ja ja, immer mit der Ruhe. Mein Flamara ist kaputt, dafür werde ich ja wohl eine Auszeit kriegen, mach nicht so einen Stress, ich werde dich noch früh genug besiegen.“ zischte sie verärgert, allerdings war sie nicht sauer auf ihn, sondern auf sich selbst weil sie nicht wusste was sie falsch gemacht hatte. Alles was sie anpackte schien schiefzugehen, selbst ihr Pokemon machte sie gleich am ersten Tag kaputt. „Was genau ist bloß los mit dir? Warum willst du kein Feuer speien? Habe ich dir irgendetwas getan? Wenn ja tut es mir leid, aber bitte, bitte, lass mich jetzt nicht hängen, nicht bei einem so wichtigen Kampf. Wir müssen gegen ihn gewinnen, also bitte, wenigstens eine winzige Flamme, nur ein einziges mal.“
„Du kannst betteln so viel du willst, es wird dir nicht helfen.“ warf Luciel nach einer Weile ein, bevor sie das arme Pokemon wirklich noch ins Pokemon Center brachte, außerdem wurde es Zeit diesen Kampf zu beenden, falls man von einem Kampf reden konnte „Bitte, versuch es einfach mit dem Pokedex, ja?“
„Meinetwegen, aber das Pokedex wird uns auch nur sagen das es ein Flamara ist und auch wenn Vater mir anscheinend ein kaputtes Flamara geschenkt hat, ist und bleibt es trotzdem ein Flamara, klar?“ Ohne sich von seinen Worten aus der Ruhe bringen zu lassen, stand sie auf, zückte sie ihr Pokedex und öffnete es zum ersten mal. Sie wusste immerhin wie es in der Theorie funktionierte, aber in der Praxis dauerte es trotzdem einige Minuten bis es ihr gelang ihr Pokemon zu scannen. Sofort erklang eine blecherne Computerstimme und zerstörte Teleyas überlegene Miene, die augenblicklich in sich zusammenfiel. „Evoli - Das Evolution-Pokemon. Den jeweiligen Umständen entsprechend kann Evoli sich zu vielen verschiedenen Formen weiterentwickeln.“
„E-e-e-ein Evoli?“ flüsterte sie überrascht und kam sich dann auf einmal unendlich dumm vor. Sofort lief sie rot an und traute sich gar nicht ihren Bruder anzusehen, ihre Karriere als Trainerin fing nicht ganz so an wie erwartet. Verlegen starrte sie zu Boden und hoffte das er nicht merkte wie peinlich ihr das ganze war, aber gleichzeitig stachelte es sie nur noch mehr an gewinnen zu wollen.
„Gut, können wir endlich weitermachen, jetzt da das geklärt ist?“ Doch eine Antwort sollte Luciel niemals erhalten, stattdessen begann seine Schwester plötzlich ihn anzufunkeln und lauthals zu lachen, während sie eine überlegene Miene aufsetzte, oder es zumindest versuchte „Warum lachst du plötzlich?“
„Du bist darauf reingefallen! Mein Plan um dich zu verwirren und abzulenken hat funktioniert und jetzt, bist du unachtsam und nicht in der Lage dich zu verteidigen!“ Teleya streckte einem Arm aus und zeigte mit hochrotem Gesicht und einem zittrigen, unsicheren Lächeln auf das gelangweilte Plinfa, das sofort aufsprang und sich erschrocken umsah woher der Lärm kam. Es war keine Aufregung gewohnt und mochte es nicht angeschrien oder bei einem Nickerchen gestört zu werden. „Ja, ich meine genau dich, Plinfa. Du bist genau in meine Falle getappt und kannst mir nicht mehr entkommen! Evoli! Erledige ihn mit einem Bodyslam!“ Und tatsächlich erhob Evoli sich diesmal und ging kurz auf Plinfa zu, bevor es zögerlich stehen blieb, sich ein paar mal verwirrt im Kreis drehte und dann zurück zu seiner Trainerin lief, um sich mit einem zufriedenen Schnurren an ihr Bein zu kuscheln „Was ist denn jetzt schon wieder los mit dir?“
„Ich glaube dein Evoli ist noch nicht stark genug um diese Attacke einzusetzen, du musst es vorher noch trainieren, versuch es am besten Anfangs mit ein paar einfachen Standardangriffen.“ Luciel biss sich auf die Zunge, um sich am weiterreden zu hindern. Er wollte nicht das bekannt wurde wie viel er wusste, ansonsten würde sie noch öfter mit ihm trainieren wollen und ihn mit Fragen bombardieren.
„Oh...daran habe ich gar nicht gedacht.“ frei von Eile ging sie wieder neben ihrem Evoli in die Hocke und begann wieder damit es eingehend zu untersuchen „Mhm, mal überlegen, was genau kannst du?“ sanft umfasste sie eine der kleinen Pfoten und betrachtete sie ganz genau, aber ließ sie dann enttäuscht wieder sinken „Da sind ja gar keine Krallen, wieso sind da keine Krallen? Schade und ich hatte gehofft du kannst Schlitzer einsetzen.“ Evoli öffnete kurz den Mund und fuhr mit der Zunge über ihre ausgestreckte Hand, was sie kurz kichern ließ weil es so sehr kitzelte, aber als sie den ungeduldigen Blick ihres Bruders sah räusperte sie sich und versuchte sich zu konzentrieren, es musste doch irgendeine Attacke geben die ihr Evoli konnte „Deine Fangzähnchen sind wirklich niedlich, vielleicht sollten wir es mal mit Knirscher versuchen? Oder mit Biss, was hältst du davon?“ Evoli blinzelte kurz und ließ sich dann ins Gras sinken, wobei es die Augen schloss und alles um sich herum ignorierte „Anscheinend nicht besonders viel und du wirkst nicht so, als hättest du Lust auf Ruckzuckhieb.“ Nein, ihr schlafendes Evoli wirkte im Moment wirklich nicht als wäre es besonders schnell. Ihr Blick wanderte zu dem flauschigen, braunen Schweif. Es gab etwas, was sie einsetzen konnte, sie wusste nur nicht genau was die Attacke machte. „Naja, es ist einen Versuch wert, hoffe ich.“
„Bist du endlich fertig?“
„Ja, und diesmal, wirst du meine Angriffe nicht mehr so leicht abwehren können!“ entgegnete Teleya mit einem selbstsicheren Lächeln und erhob sich. Kaum hatte sie wieder ihre Kampfposition eingenommen, stand zum Glück auch ihr Evoli wieder auf und schien inzwischen ebenfalls Feuer und Flamme zu sein. Sie waren sicher ein hervorragendes Team und sie wusste schon genau wie sie gewinnen konnte.
„Welche Angriffe? Du hast bisher doch noch gar nichts gemacht.“
„E-egal! Darum geht es nicht!“ rief sie mit rot anlaufendem Gesicht und zeigte mal wieder auf Plinfa, aber diesmal wirkte sogar das Pokemon ihres Bruders etwas wacher, denn das vollkommen von sich überzeugte Lächeln von Teleya beunruhigte es. „Evoli! Rutenschlag!“ Sofort sprang Evoli los und raste erstaunlich schnell auf Plinfa zu, das viel zu überrascht war das man es angriff um auszuweichen oder den Angriff abzuwehren. Mit voller und geradezu brachialer Wucht fuhr der buschige Schweif des Pokemon sanft über das Gesicht des verwirrten Plinfa. Die braunen, weichen Haare kitzelten das Pinguinpokemon und ließen es kurz niesen, viel mehr passierte anfangs nicht und Teleya begann unruhig von einem Bein aufs andere zu treten. Noch einmal ließ sie Evoli Rutenschlag einsetzen und Plinfa drehte sich langsam zu Luciel um, der nur ahnungslos mit den Schultern zuckte. Er wusste nicht wirklich wie er auf die wirkungslosen, aber mit viel Leidenschaft geführten, Angriffe seiner kleinen Schwester reagieren sollte. Wenn er sie besiegte, würde sie vielleicht von ihm lernen wollen und verlangen das er sie ausbildete, aber darauf hatte er keine Lust. Verstohlen gab Luciel seinem Pokemon ein geheimes Zeichen mit seinen Fingern und das Plinfa nickte kurz zustimmend, es war wirklich die einzige Möglichkeit das ganze schnell zu beenden, sie mussten ihre geheime Technik einsetzen. Als der harmlose Schweif Plinfa wieder einmal traf, hob der kleine Pinguin seine Flossen in die Luft, stieß einen schrillen, spitzen Laut aus, schloss die Augen und kippte zur Seite um, wo er reglos im Gras liegen blieb und wirkte als wäre er tot.
„H-habe ich gewonnen?“ Teleya sah den scheintoten Pinguin verwirrt an und sah zu wie ihr Evoli das Plinfa misstrauisch umkreiste. Hatte sie es wirklich geschafft? „Was ist mit deinem Pokemon? Geht es ihm gut? Ich hoffe ich habe dem armen, kleinen Kerl nicht zu sehr weh getan.“
„Keine Sorge, dem geht’s gut, er ist nur ohnmächtig und ruht sich etwas aus, es ist alles in Ordnung.“ Luciel versuchte eine begeisterte und beeindruckte Miene aufzusetzen und so viel Überzeugung wie möglich in seine Worte zu legen „Gut gekämpft, wirklich toll gemacht, du wirst eine fantastische Trainerin.“
„Ich...ich habe tatsächlich gewonnen? Wirklich? Wirklich wirklich?“ unsicher sah sie ihn an und als ihr Bruder zustimmend nickte, lief sie zu ihrem Evoli und nahm es in die Arme, um es fest zu drücken. Dieses Pokemon war Gold wert! „Ich wusste es! Ich wusste das ich besser bin als du! Ich habe nie daran gezweifelt! Und du Evoli, hast dir etwas ganz besonders zu Essen verdient, damit du noch stärker wirst und Plinfa das nächste mal mit eine einzigen Schlag besiegst, ja?“
„Ja, du bist wirklich gut, viel Glück noch.“ Luciel wünschte vor allem dem armen Evoli viel Glück, es wusste noch nicht wie furchtbar seine Schwester kochte und konnte sich immerhin noch eine Weile auf das Essen freuen. Er selbst wollte sein Plinfa zurückrufen um abzuhauen, als sie ihn jäh unterbrach.
„Warte! Wo willst du denn so schnell hin?“
„Der Kampf ist beendet, wir sind fertig, du bist viel besser als ich und ich habe keine Chance jemals gegen dich zu gewinnen, also können wir auch aufhören, oder etwas nicht?“
„Ja, ja da hast du natürlich recht.“ meinte Teleya nachdenklich und ließ sich seine Worte durch den Kopf geben, er wollte wieder faul sein und nicht mehr trainieren, das konnte sie nicht zulassen, wenn er sogar gegen sie verlor, dann musste es wirklich schlimm um ihn stehen „Aber das ist doch auch toll! Das heißt wir beide sind fast auf dem gleichen Niveau, ich natürlich etwas weiter als du wie man gerade gesehen hat.“
„Natürlich.“
„Und das bedeutet, dass wir perfekt zusammen trainieren können.“
„Nein, ich bin sicher genau das bedeutet es nicht.“
„Doch, denn du kannst nur besser werden wenn du dich an jemandem misst der dir überlegen ist und ich kann noch viel lernen je öfter wir gegeneinander antreten.“ sie setzte eine Miene auf die keinerlei Widerspruch zuließ und die Luciel nur selten von ihr sah, aber die ihm immer Angst machte, weil sie Arbeit bedeutete „Ab jetzt werden wir jeden Tag gegeneinander kämpfen und gemeinsam trainieren und zwar solange, bis wir stark genug sind um die stärksten Trainer der Welt zu sein. Wir werden den ganzen Tag zusammen verbringen und das Woche für Woche für Woche für Woche für Woche, wir werden das beste Trainerduo in der Geschichte, niemand wird sich mit uns messen können.“ als sie den entgeisterten Ausdruck im Gesicht ihres Bruders sah, blinzelte sie ihn verwirrt an, hatte sie etwas schlimmes gesagt? „Was ist? Warum wirst du auf einmal so blass, Luciel? Hast du etwa Angst das du nicht mithalten kannst?“
„Nein, aber ich hatte eigentlich gehofft das ich jetzt wieder meine Ruhe haben kann...“ Luciel seufzte und gab es endgültig auf. Es würde ihm nicht gelingen sie schnell abzuwimmeln wenn er weiterhin den Unfähigen spielte. Vielleicht sollte er es einmal mit einer anderen Taktik versuchen und das genaue Gegenteil machen. „Gut, wie du willst. Lass und noch einmal gegeneinander kämpfen.“
„Ich wusste diese Niederlage hat deinen Kampfgeist und Ehrgeiz geweckt.“ Teleya ließ ihr Evoli wieder zu Boden und selbst Plinfa richtete sich auf den Befehl seines Trainers hin wieder auf und sah diesmal sogar halbwegs kampfbereit aus „Also dann, diesmal werde ich dich noch schneller besiegen und zwar mit einer noch viel mächtigeren Attacke. Evoli! Tackle!“
„Plinfa, ich weiß du hast keine Lust zu kämpfen, aber wir haben wohl keine andere Wahl mehr wenn wir wieder unsere Ruhe wollen.“ flüsterte Luciel seinem Pokemon zu, das nicht gerade begeistert zu sein schien, aber immerhin erkannte wie notwendig und gerecht ihr Kampf war. Sie stritten für das Gute und vor allem für ihre Ruhe. „Blubbstrahl!“ Ein schier endloser Strom aus Blasen schoss mit hoher Geschwindigkeit aus Plinfas Schnabel hervor. Kaum traf der Strahl das überraschte Evoli, wurde es auch schon davongeschleudert als wäre es...naja, als wäre es ein winziges, unerfahrenes und junges Evoli das von einen Blubbstrahl getroffen wurde. Teleya betrachtete aus entsetzt aufgerissenen Augen wie ihr Pokemon über die Wiese flog und direkt vor ihren Füßen reglos liegen blieb. Es schien nicht ernsthaft verletzt zu sein, zumindest hoffte sie das. Vorsichtig hob sie ihr Evoli hoch und streichelte es beruhigend, bevor sie ihren Pokeball hervorholte und es zurückrief.
„Keine Sorge, ich habe Plinfa angewiesen dein Evoli nicht zu verletzen. Es braucht nur etwas Ruhe und dann ist es schnell wieder auf den Beinen.“ meinte Luciel erstaunlich freundlich, aber seine Worte drangen kaum zu ihr durch, denn Teleya wurde klar das er nur mit ihr gespielt hatte. Sie war ihm also auch als Trainerin haushoch unterlegen und hatte sich mal wieder nur lächerlich gemacht. Sie wischte sich mit dem Ärmel ihrer Bluse über die Augen und hoffte das er es nicht bemerkte, immerhin musste sie nicht anfangen zu weinen, das hätte den Tag endgültig zum miesesten aller Zeiten gemacht. Vielleicht hatte ihr Vater recht gehabt in seinem Brief und sie sollte das Pokemon ihrem Bruder geben. Irgendwann würde er Prismania City und sie verlassen und ein großer Trainer werden, ganz im Gegensatz zu ihr. „Es tut mir leid, aber wie gesagt, such dir jemand anderes zum trainieren. Es gibt genug Trainer auf deinem Niveau hier in der Stadt. Ich bin sicher wenn du mit ihnen übst wirst du schnell besser.“ Damit rief er sein Plinfa zurück und wandte sich ab, um wieder in die Spielhalle zu verschwinden. Es tat ihm leid das sie sich wegen so etwas unwichtigem so fertig machte, aber er kannte sie und wusste genau, das sie sich schon morgen nicht mehr davon beeindrucken ließ. Sie wollte sowieso kein Trainer werden, sondern nur unbedingt Trainer sein, weil er auch einer war und sie immer gerne nach Ausreden suchte um Zeit mit ihm zu verbringen. Vielleicht sollte er ihr einfach etwas mehr Aufmerksamkeit schenken sobald er das Problem mit seinen drei Verfolgerinnen gelöst hatte, dann ging es ihr sicher schnell wieder besser.
„Warte!“ rief Teleya plötzlich hinter ihm bevor er weit kommen konnte. Überrascht drehte er sich um und sah noch wie sie direkt hinter ihm zum Stehen kam und ihn anfunkelte, anscheinend schien sie sich wieder gefangen zu haben. „Warte, ich bin noch nicht fertig mit dir.“
„Ich sagte doch bereits das es mir leid tut und ich...“
„Ich werde die Silberkonferenz gewinnen.“ warf sie ihm plötzlich und mit fester Stimme an den Kopf, was selbst Luciel endgültig aus der Fassung brachte.
„W-was? Was hast du gesagt? Das ist ein Scherz oder?“
„Ich sagte, dass ich Champion der Silberkonferenz werde. Ich werde an diesem Turnier teilnehmen und es gewinnen, damit wenigstens einer von uns sein Talent nicht vollkommen vergeudet. Ich werde der beste Pokemon Trainer aller Zeiten und dich besiegen, denn...“ Denn dann würdest du mich beachten? Zumindest dachte sie das im Moment, schluckte es aber sofort herunter und wusste nicht einmal woher dieser Gedanke plötzlich kam. „Denn es ist unmöglich das jemand gegen so einen Faulpelz wie dich verlieren kann! Ich lasse das nicht auf mir sitzen und werde mich dafür rächen!“
„Teleya, du hast keine Chance. Die Trainer die zu diesem Turnier gehen arbeiten seit Jahren dafür und trotzdem werden die meisten schon in der Vorrunde wieder nach Hause geschickt. Jeder von ihnen besitzt ein perfekt eingespieltes Team aus starken Pokemon, während du mit deinem Evoli nicht einmal einen einzigen Orden verdienen kannst.“ er lachte kurz, weil alleine der Gedanke daran das sie nach dieser Vorstellung zur Silberkonferenz gehen wollte schon so vollkommen absurd war und bemerkte sofort seinen Fehler, das Lachen stachelte Teleya nur noch mehr an „Schlag dir diese alberne Idee lieber wieder aus dem Kopf. Wenn du unbedingt willst, kann ich dir ein paar gute Orte zeigen an denen du für den Anfang gegen wilde Pokemon trainieren kannst, solange bis du stark genug für einen echten Kampf bist. Wenn du sofort anfängst, kannst du vielleicht zur nächsten Silberkonferenz in sechs Jahren gehen und dort...“
„Nein, ich werde nicht warten.“ unterbrach sie ihn energisch und ballte wütend die Hände zu Fäusten. Er hatte sie gerade ausgelacht. Er glaubte also nicht einmal das sie einen einzigen Orden erkämpfen konnte und hielt sie für eine Art Witzfigur? Jetzt hatte sie erst recht vor diesen absurden Plan in die Tat umzusetzen, alleine schon damit er erkannte das sie genauso viel Talent besaß wie er. „Sofort morgen brechen ich auf um mir neue Pokemon zu fangen und meinen ersten Orden zu verdienen und es gibt nichts was du dagegen tun kannst.“
„Na dann, viel Glück dabei.“
„W-warte!“ sie ging auf ihn zu als er sich umdrehen wollte und hielt ihn kurz am Arm fest, damit er sich ihr wider zuwendete und ihr weiter zuhörte „Ist das alles was du zu sagen hast? Mehr nicht? Ich dachte dass du...das du...naja, das du vielleicht...“
„Das ich was?“ Luciel versuchte so ahnungslos wie irgend möglich zu tun, aber er ahnte schon worauf das hinauslief, sie wollte während ihrer Reise einen Babysitter der auf sie aufpasste.
„Ich hatte gehofft du begleitest mich auf meiner Reise, damit ich nicht von den ersten wilden Pokemon die ich finde gefressen werde, oder man mich ausraubt, oder ich verhungere, immerhin habe ich kein Geld und ich weiß nicht mal bei welcher Arena ich anfangen soll oder wo ich lang muss und von Pokemon habe ich kaum Ahnung und...“
„Keine Sorge, du schaffst das schon alleine, immerhin bist du ja eine talentierte Trainerin. Die Straßen hier sind außerdem recht sicher, ich habe noch nie von jemandem gehört der ausgeraubt oder gefressen wurde und ich kaufe dir eine Karte von Kanto, dann verläufst du dich nicht. Wenn du willst kann ich dir auch genug Geld für die Reise geben, vielleicht findest du ja sogar noch andere Trainer die dich begleiten wollen und du hast immerhin noch dein Evoli, also kommst du schon zurecht.“
„A-aber ich...“ Aber ich brauche deine Hilfe, sprach sie in Gedanken aus, was sie sich nicht wirklich laut zu sagen traute. Sie hatte Angst alleine zu reisen, außerdem machte sie das alles teilweise auch für ihn. Diese Reise würde ihm sicher gut tun und vielleicht konnte sie ihn überreden ebenfalls an der Silberkonferenz teilzunehmen, aber vor allem, wollte sie sich nicht für so lange Zeit von ihm trennen, alleine der Gedanke daran jagte ihr Angst ein. Wie sollte sie ohne seinen Schutz weit kommen? Sie brauchte ihn, aber das konnte sie ihm nicht einfach so sagen, sie wollte, aber die Worte kamen ihr nicht über die Lippen, also stand Teleya nur mit geballten Fäusten und zusammengepresstem Mund da, den Blick stumpf zu Boden gerichtet, damit er die Unsicherheit, die sich in ihren Augen deutlich widerspiegelte, nicht erkennen konnte. Zwar verbrachte sie auch hier kaum Zeit mit ihm, aber es war etwas gänzlich anderes in der selben Stadt zu sein als ein ganzes Land zwischen sich zu haben.
„Schlaf am besten noch einmal darüber und denk über die Reise nach. Es wäre am besten für dich nicht zu gehen, aber wenn du es wirklich willst, werde ich dir morgen noch einige Sachen vorbeibringen, die du vielleicht gebrauchen kannst und dich verabschieden.“ Luciel war sich ziemlich sicher das ihre Reisepläne keine zehn Minuten überlebten, das war nur wieder irgendeine lächerliche Idee von ihr, die sie sowieso niemals umsetzen würde, aber falls doch würde die Vorstellung alleine zu reisen sie sicher sowieso davon abhalten. So oder so, er konnte wieder sein ruhiges Leben weiterführen. Eine Weile warte er noch darauf das seine Schwester etwas sagte, aber Teleya wirkte wie versteinert und man konnte förmlich hören wie es in ihrem Kopf arbeitete und ratterte, während sie nach einem Weg suchte ihn zu überzeugen. Gerade als Luciel sich umdrehte und gehen wollte, erwachte sie aus ihrer Starre und begann leise zu flüstern.
„Die Silberkonferenz ist das größte Turnier in diesem Teil der Welt. Es werden hunderte Trainer und sämtliche Arenaleiter erwartet und auch sehr viele...Trainerinnen und Arenaleiterinnen werden da sein.“ Kaum hatte sie diese leisen Worten ausgesprochen, als Luciel auch schon stehenblieb und plötzlich aufmerksam die Ohren spitzte. So weit wollte Teleya zwar eigentlich nicht gehen, aber immerhin hatte sie jetzt seine Aufmerksamkeit und er hörte ihr zu, auch wenn es ihr nicht gefiel ihn mit so etwas zu ködern, es war trotzdem ihre einzige Chance.
„Sagtest du gerade...Arenaleiterinnen?“ Ihr Bruder wandte sich wieder langsam zu ihr um und sah sie gespannt an. Er war in die Falle getappt. Wenn es eines gab womit man ihn immer überreden konnte, dann waren es hübsche Mädchen, allerdings mochte Teleya es nicht diese Geheimwaffe zu nutzen, es war schon schlimm genug das er hier in Prismania City jedes zweite Mädchen kannte.
„Ich weiß das du lieber ruhig und entspannt vor dich hin leben willst, aber hast du nie darüber nachgedacht das Prismania City langsam zu...langweilig und anstrengend für dich werden könnte?“
„Langweilig und anstrengend?“ Luciel sprach vor allem das letzte Wort fast schon angewidert aus, es war eines der schlimmsten Worte die es gab.
„Die hübschesten Mädchen der Stadt waren allesamt bereits mit dir aus und die Hälfte von ihnen hasst dich, während die andere Hälfte dich hassen wird sobald sie merken, dass du sie nur reingelegt hast. Im Moment ist dein Leben hier doch auch alles andere als ruhig und einfach, immerhin wirst du von drei rachsüchtigen Hexen verfolgt und mit wem wirst du in Zukunft noch ausgehen können? Es wird hier sicher immer Mädchen geben die dich mögen werden weil du...weil du...“ Teleya brach ab und legte eine kurze Pause ein. Es war erstaunlich wie schwer es ihr fiel so etwas zu ihm zu sagen, am besten sie redete einfach gar nicht mehr mit ihm, aber das ging nicht, also versuchte sie das ganze so auszudrücken das es nicht zu...nett klang, ansonsten glaubte er nur noch mehr das sie ihn bewunderte und es würde noch schwerer werden ihn jemals zu beeindrucken „Weil du nicht besonders hässlich bist.“
„Oh, ein Kompliment, das ist mal etwas ganz neues von dir. So viel Freundlichkeit bin ich gar nicht gewohnt.“
„Du weißt genau was ich meine und jetzt hör auf mich zu unterbrechen, es ist schon schwer genug das alles zu sagen.“ sie versuchte in ihre nächsten Worte so viel Verheißung zu legen wie sie konnte ohne das es ihr peinlich wurde, also nicht sehr viel, und hoffte das es ausreichte „Jedenfalls denkst du denn nie an die vielen wunderschönen Mädchen und Frauen außerhalb von Prismania City? Dort draußen liegt eine ganze Welt voller Schönheiten und diese Welt wirst du nur zu sehen bekommen, wenn du sie auch erforschst. Komm mit mir auf diese Reise, bitte.“ Luciel sah sie nur nachdenklich an und sagte kein Wort, was ihr immerhin etwas Mut machte. Er war noch nicht überzeugt, aber sie merkte wie seine Abwehr bröckelte. Die Worte über die Arenaleiterinnen und Schönheiten zeigten bereits Wirkung, jetzt musste sie ihm nur noch den Rest geben. „Ich möchte nur das du mich begleitest, das ist alles. Du musst nicht mit mir trainieren, keine Pokemonkämpfe bestreiten und mich auch nicht unterrichten. Ich werde für uns kochen, mich um unsere Sachen kümmern, unser Gepäck tragen, die Pokemon versorgen und mich um alles kümmern, du musst nur neben mir herlaufen und kannst nach hübschen Trainerinnen Ausschau halten, während ich trainiere und Pokemon fange.“ Teleya sah ihn mit einem herzzerreißenden Blick an, der dem von Evoli jederzeit Konkurrenz machen konnte und in ihren blauen Augen stand eindeutig geschrieben das sie bei einem Nein vor Trauer zerfließen und nie wieder mit ihm reden würde. Leise, mit gedämpfter Stimme fuhr sie fort, wobei endgültig der letzte Rest Wut spurlos verschwand. „Bitte, Onii-chan."
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