TheDarkness
Exarch
So hier der erste Part meiner Geschichte Unknown Murder.
Hier gehts zum Diskussionstread: Unknown Murder Diskussionstread
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Mühsam erhob er sich aus seinem Sessel und sah auf die Uhr. Der Zeiger hatte sich nicht weiterbewegt. Er schien seit dem Anruf stillzustehen. Ein alter Freund hatte ihn kontaktiert. Sie brauchten seine Hilfe, seit 20 Jahren hatte er sich aus dem Job zurückgezogen. Damals hatte er einen Fehler gemacht, nachdem seine Welt auseinandergebrochen war. Seit dem war er nicht mehr der selbe. Er ließ alles gehen, brach jeden Kontakt ab. Sein Drei Tage Bart war grau geworden, die Augen müde und ausdruckslos. Die Brille verbarg sie nicht, so sehr er sich dies auch wünschte. Sein graues Haar zeugte von dem Alter in dem er sich befand, sein Körper war noch recht schlank und hatte die Fast Food Attacken gut überstanden. Aber das Alter hatte seine Spuren auch hier hinterlassen. Die Haut war welk geworden, Falten hatten sich an vielen Stellen gebildet. Das merkte vor allem an der Stirn. Seit dem Anruf war er aufgewühlt. Es gab Dinge die sich ähnelten, er wußte das es keine Zufälle gab. Alles funktionierte wie ein Uhrwerk, ein Zahnrädchen griff ins Andere bis das Uhrwerk funktionierte. Das war eines der Dinge weswegen er berühmt geworden war, weswegen er damals alles tun konnte. Er war ein Mythos und doch war er nur ein Mensch. Ein Zahnrädchen mußte manipuliert werden, dann kam eines zum Anderen. Er überlegte, wieder streifte sein Blick über die Uhr. Nein, der Zeiger bewegte sich nicht weiter.
Er ging noch einmal alles durch. Die Frau war 86 Jahre alt. Ihr Mann starb vor 20 Jahren, sie lebte von ihrer Witwenrente. Sie war sozial isoliert, keiner außer dem Schwester des ambulanten Pflegedienstes hatte Kontakt zu ihr gehabt. Aber nur diese eine Schwester, andere kamen ihr nicht in die Wohnung hinein. Über ihr Krankheitsbild wußte er nichts, die Schwester stand noch zu sehr unter Schock und die Dokumentation war verschwunden. So als hätte sie nie existiert, selbst die Akten der Frau existierten nicht mehr. Der ambulante Pflegedienst hatte sogar das Archiv durchstöbert, es war gerade so als würde die Frau nicht existieren. Nicht einmal die Rechnungen existierten und bei der Krankenkasse war sie nicht bekannt. Es war so als würde jemand ihr Leben auslöschen. Obwohl diese Sache unwahrscheinlich war. Niemand konnte einen Menschen verschwinden lassen, außer er hatte die Mittel dazu. Aber warum sollte man eine 86 Jahre alte Frau aus der Existenz tilgen? Das war das Rätsel und nicht das einzige. Seine Stirn legte sich in Falten, es war die Art wie es passiert war.
Die Schwester betrat das Haus gegen 11:30 Uhr. Um das Essen vorzubereiten, wie jeden Tag. Die alte Dame hatte ihren festen Ablauf der nicht unterbrochen werden durfte. Weswegen auch immer. Was dann passierte, beruht nur auf Mutmaßungen. Die Schwester, Agathe, durchsuchte das Haus nach der alten Dame. Auf Rufe bekam sie keine Antwort, instinktiv ging sie ins Obergeschoß um nachzusehen ob die Dame eventuell im Bett lag. Das mutmaßte die Polizei daraus, daß das Schlafzimmer ordentlich war. Anscheinend hatte die Schwester das Bett gemacht, die alte Dame war laut Aussage der PDL nicht mehr dazu in der Lage. Irgendwann mußte die Schwester in den Keller gegangen sein. Der Keller hatte nur einen einzigen Zugang, die Tür unter der Treppe. Von dort führten einige Stufen in den Keller, der aussehen mußte wie eine Höhle. Die alte Dame ging nicht mehr dort hinunter, auch das wußte man von der PDL.
Dort hatte die Schwester dann die Leiche entdeckt. Oder was von ihr übrig war. Der Torso der Frau war in der Mitte vom Raum aufgebahrt worden, umgeben von Kerzen die in einem Kreis angeordnet worden waren. Überall war Blut, an den Wänden, am Boden und an den Regalen. Die rechte Arm war an das obere Regal gebunden, der linke Arm war drauf genagelt worden. So das sie ein Kreuz formten. Die Beine waren in Scheiben geschnitten worden und mit Hilfe von Seilen über den Kerzen plaziert worden. Das Fleisch war bereits angebrannt gewesen, das sich kein Geruch im Haus ausbreitete lag an der Kellertür. Diese war eigentlich so gesetzt worden das sie den Keller komplett abschottete. Luft kam nur durch das schmale Fenster hinein und das war geschlossen worden. Der Täter hatte sich viel Zeit gelassen. Er hat auch den Kopf bearbeitet. Und sich spätestens damit ein Denkmal gesetzt. Ein perfides, grausames Denkmal in den Analen der Kriminalgeschichte. Der Kopf lag etwas in den Schatten, als man ihn herausholte mußte selbst der Gerichtsmediziner brechen. Die Augen waren ausgehölt worden, besser gesagt mit einer der Kerzen heraus gebrannt worden. Zudem wurde der Kopf skalpiert, das Gehirn wurde mit Hilfe eines Löffels an der Wand verteilt. Der Mörder schrieb eine Botschaft mit der Gehirnmasse: âAlle Dinge die einst gewesen, werden nun wiederkehren.â Das Skalp wurde ebenfalls zerschnitten, in kleine Würfel. Diese wurden auf Zahnstocher gespießt und diese in den Schädel gesteckt. Er kannte diese Vorgehensweise von früher, nur war der Mörder damals nicht so brutal vorgegangen. Es war 20 Jahre her, viel zu lange. Aber manchmal nahmen Täter ihre früheren Verhaltensweisen wieder auf.
Doch diesmal war nur die Brutalität mit der dieser Täter vorging härter. Aber die Worte identifizierten ihn, oder war es ein Nachahmungstäter. Wie paßte das ganze in das Gesamtbild? Die Existenz der Frau wurde fast völlig ausgelöscht, sie existierte nicht in den Akten des ambulanten Pflegedienstes und der Krankenkasse. Zudem kam hinzu das sie isoliert gelebt hatte und dadurch eigentlich das perfekte Opfer abgab. Niemand würde sie vermissen, niemand würde Fragen stellen. Der ambulante Pflegedienst paßte eigentlich hervorragend ins Bild. Die Leiche sollte gefunden werden, der Täter wollte das man ihn bemerkt. Er wollte Aufmerksamkeit, die hatte er. Spätestens wenn die Presse alles aufrollte und hochspielte. Er überlegte, schüttelte den Kopf. Hatte das Alter auch seinen Kopf zerfressen? Er mußte nur die Zahnräder wie früher zusammensetzen, dabei nichts ausschließen. Darin lag seine Stärke, die Betonung lag auf dem Wort lag. Er ballte die Hand zur Faust. Vielleicht hatte der Täter ja Beziehungen zum Pflegedienst, das würde zumindest erklären wie die Akten verschwinden konnten. Aber Leute verschwanden nicht, Leute die sich erinnerten. Es sei denn, man räumte sie nachträglich aus dem Weg. Die Polizei mußte die Schwester und die PDL überwachen, aber was war wenn es eine falsche Spur war? Er würde sich lächerlich machen. Aber wenn er dort einen Kontaktmann hatte, wie paßte die Krankenkasse ins Bild? Dort war es nicht so einfach Akten, Daten und persönliche Informationen zu begraben. Selbst ein weiterer Kontaktmann hatte dazu nicht die Mittel.
Wieder glitt sein Blick auf die Uhr, sie bewegte sich. Langsam, zäh. Als würde sie ihn auslachen, als wollte sie sagen das die Zeit gegen ihn lief. Er ging noch einmal alles durch. Aufgrund der Tat konnte man sagen das der Täter sich Zeit gelassen hatte, das er lange geplant hatte. Er wollte das man die Leiche findet, damit man wußte er war zurück. Ob es sich um einen Nachahmungstäter handelte wollte er jetzt noch nicht ausschließen. Zudem mußte der Täter Kontakte zum Pflegedienst haben, denn dort existierte die Frau faktisch nicht. Auf die Krankenkasse konnte er sich keinen Reim machen. Das nagte an ihm, wie ein Hase an einem Stromkabel. Je mehr er darüber nachdachte, um so weiter schien die Lösung in die Ferne zu rücken. Wenn die Schwester wieder auf dem Damm war, würde man sie bewachen lassen müssen. Wenn der Täter seine Schritte plante, wo er sich ziemlich sicher war, dann würden bald noch mehr Leichen auftauchen. Und mit jeder würde der Täter mehr Aufmerksamkeit bekommen. Diesen Nachteil hatten die Medien an sich, sie machten aus einem Irren eine Ikone. Ein Idol, das man sich als Vorbild holen sollte. Er fand es schrecklich, vor 20 Jahren war noch so manches besser gewesen. Mittlerweile dominierten Computer und hochtechnische Verfahren einen Fall. Für die gute alte Schule hatte keiner mehr ein Auge, dabei war diese Methode doch die zuverlässigste. Computer konnten manipuliert werden, der eigene Verstand war nicht so leicht zu manipulieren. Nicht das es unmöglich war, aber doch wesentlich schwieriger als einen Computervirus einzuschleusen.
Das Klingeln riß ihn aus seinen Gedanken, langsam schritt er zur Tür. Das hatte ja gedauert, sein alter Freund war auch nicht mehr der jüngste. Das übersah er vielleicht, andererseits war das der erste Kontakt seit langer Zeit gewesen. Er hatte jeden Kontakt vermieden. Zitternd packte seine Hand den Türgriff, mühsam drückte er ihn nach unten. Es kostete ihn viel Willenskraft. Er machte einige Schritte zurück, die Tür quietschte als sie sich langsam öffnete. Er hatte Recht behalten. Vor ihm stand sein alter Kollege. Er war deutlich gealtert, hatte jetzt eine Glatze. Das Gesicht wie eine Bulldogge, aber die gleichen gefährlichen Augen wie immer.
âSteven, schön dich zu sehen.â, sagte er als erstes.
âEs tut gut dich zu sehen Martin, nach all diesen Jahren.â, gab dieser zurück.
Mit einer einladenden Bewegung bat Martin seinen Freund hinein. Zielstrebig führte er ihn ins Wohnzimmer, dort setzten sie sich auf die Couch. Nach einer Weile brach Steven das Schweigen, das bereits einige Minuten anhielt.
âWas denkst du?â, fragte er offen hinaus.
âNun, es könnte ein Nachahmungstäter sein.â, erklärte Martin.
âKomm schon, du weißt das er es sein mußâ, bohrte Steven.
âEigentlich schon, doch auch er müßte mittlerweile älter sein.â, gab Martin zu.
Steven nickte, er wußte das Martin sehr skeptisch war. Seit den Ereignissen damals war nichts mehr so wie früher. Egal wie oft er darüber nachdachte, es hatte Martin grundlegend verändert.
âWorüber denkst du nach?â, fragte Martin.
âÜber dich.â, antwortete Steven ehrlich.
âMich?â, fragte Martin überrascht und erntete von Steven ein Nicken.
âIch mußte dir die Fakten geben, es war meine Pflicht. Du hängst da genauso drin wie ich. Wir haben einmal einen Fehler gemacht und ich bin nicht bereit nochmal einen zu machen.â, antwortete Steven.
âIch verstehe, du hoffst ich steige wieder ein.â, stellte Martin grinsend fest.
âDas hoffte ich, ja.â, gab Steven zu.
âHm, ich habe Rost angesetzt und meine Methoden sind nicht willkommen in unserer Gesellschaft. Ich bin ein Fossil, genau wie du. Ich kann euch nicht helfen.â, erklärte Martin.
âOh doch. Du bist eine Legende, dein Ruf ist unantastbar. Wenn es jemanden gibt, der immer eine Lösung hat bist es du.â, fuhr Steven dazwischen.
âNicht immer, nicht immer.â, sagte Martin bitter.
Steven hielt inne, er hatte den wunden Punkt bei Martin getroffen. Selbst nach all den Jahren hatte er es nicht verdaut, wieviel Zeit brauchte ein Mensch um über so etwas hinwegzukommen? Vielleicht viel zu lang, aber er brauchte Martin. Nur so konnten sie diesem Treiben ein Ende machen. Da war er sich sicher, so wie damals würde es nicht noch einmal laufen. Das würde er nicht zulassen.
âIch denke du solltest die PDL vom Pflegedienst überwachen lassen und dich dringendst darum kümmern das auch die Schwester Polizeischutz erhält.â, riet Martin.
âDu meinst er baut wieder ein Fundament?â, fragte Steven nach.
âBeim letzten Mal beginn er einen Mord. Die nachfolgenden bauten sich aus dem Umfeld des ersten Opfers auf, mehr oder weniger offensichtlich.â, sagte Martin ruhig.
âAber die alte Frau lebte seit Jahren isoliert.â, wand Steven ein.
âSchon richtig, aber bedenke vor allem eins. Es ist so als würde die alte Frau nicht mehr existieren. Weder bei der Pflegekasse noch bei dem Pflegedienst. Der Täter hat mit Sicherheit eine Kontaktperson im Pflegedienst. Wie das mit der Krankenkasse funktionierte, darüber zerbreche ich mir noch den Kopf.â, erklärte Martin.
âHm. Du hast eine Kleinigkeit vergessen.â, sagte Steven nach einer Weile.
âUnd was?â, fragte Martin neugierig.
âEs gab keine Tatwaffe. Der Hammer mit dem die Nägel in die Arme geschlagen wurden, oder das Messer, die Axt oder was auch immer mit der die Leiche bearbeitet wurde, existiert nicht.â, sagte Steven ruhig.
âAh ja. Schon einmal daran gedacht das der Täter sie mitgenommen haben könnte?â, fragte Martin als wäre er schockiert über das Unwissen seines Gegenüber.
âNein, du verstehst nicht. Ich habe den Befund der Gerichtsmedizin bekommen. Es gibt keine Tatwaffe, zumindest waren an der Leiche keine Spuren von Gewalteinwirkung zu erkennen. Auch wenn es so aussah.â, fuhr Steven fort.
Martin zog die Augenbraun hoch. Keine Tatwaffe? War sich Steven in der Sache sicher. Damals war ihr Kandidat immer perfekter geworden, er nutzte noch spezielle Designer Messer. Aber keine Tatwaffe? Laut Beschreibung mußte es ein wahres Massaker gewesen sein. Überall Blut und das passiert nun einmal bei Gewalteinwirkung. Aber keine Spuren einer Tatwaffe am Opfer erkennbar? Hatte der Täter ihr die Arme, Beine und den Kopf einfach mit bloßen Händen abgerissen? Martin gefiel die Sache immer weniger.
âDu hast dich nicht verhört.â, sagte Steven der sah wie Martin nachdachte.
âWie bitte soll sowas gehen? Hat er nur seine Hände benutzt? Weißt du was er dazu für eine Kraft haben müßte?â, hakte Martin nach.
âJa. Aber im Moment ist das unsere einzige Erklärung.â, gab Steven zu.
âHm. Ich weiß nicht, leitest du den Polizeischutz für die beiden Personen ein? Sie wissen noch von der alten Dame, genau wie die Kontaktperson. Sie sind die potentiellen nächsten Opfer.â, murmelte Martin.
âKein Problem. Ich hoffe dein Riecher stimmt.â, seufzte Steven der schon die Berge von Bürokram auf sich zukommen sah wenn er diese Aktion durchbringen wollte.
âDu mußt nicht, aber wenn er wie damals vorgeht wären das die nächsten logischen Schritte.â, meinte Martin trocken der den Unterton in Stevens Stimme genau gehört hatte.
âSchon gut, schon gut. Sie bekommen ihren Polizeischutz, aber bist du dabei?â, fragte Steven offen heraus.
âGib mir Zeit nachzudenken, schick mir eine Kopie der Akten des Falls. Dann überleg ich es mir.â, versprach Martin.
âNa gut, das könnte mich meinen Kopf kosten. Aber wenn es dich an Bord holt wird man mir wohl nur einen Teil davon abschlagen.â, witzelte Steven.
âSchlechter Witz Steven.â, meinte Martin ernst.
âHast ja Recht, ich geh dann wohl besser.â, sagte Steven.
Die beiden verabschiedeten sich an der Tür, dann lies Martin die Tür zurück ins Schloß fallen. Jetzt war er davon überzeugt das es kein Nachahmungstäter war, es war das Original. Grausamer als zuvor und wesentlich routinierter, raffinierter und bösartiger als je zuvor. Martin stütze sich mit dem Rücken an der Tür, dann sank er auf den Boden. Er seufzte. Warum konnte die Vergangenheit nicht ruhen? Wieso kam sie immer wieder zurück? Wieso? Eine Träne suchte sich den Weg aus seinem Auge und lief seine Wange hinunter. Das würde eine harte Nacht werden, vielleicht war ja noch etwas von dem Wodka daâ¦
Einige Orte weiter lag Werner in seinem Haus auf der Couch, die Augen hatte er geschlossen. Das Handy lag auf dem Tisch, er hatte immer Bereitschaft als PDL. Der Fall mit einer seiner Kundinnen hatte ihn zutiefst erschüttert. Doch das merkwürdige war, das sie faktisch nicht existierte. Bei dem Grübeln wieso das so war, war er auf der Couch eingeschlafen.
Er hörte auch nicht wie sich die Haustür langsam öffnete und eine Gestalt Zuflucht in den Schatten suchte. So leise wie sie geöffnet worden war, schloß sich die Haustür auch wieder. Die Gestalt huschte durch die Schatten, blieb stetig unsichtbar. Als Werner die Augen öffnete, war es längst zu spät. Seine Schreie hallten durch das Haus, irgendwann verstummten auch sieâ¦
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Mühsam erhob er sich aus seinem Sessel und sah auf die Uhr. Der Zeiger hatte sich nicht weiterbewegt. Er schien seit dem Anruf stillzustehen. Ein alter Freund hatte ihn kontaktiert. Sie brauchten seine Hilfe, seit 20 Jahren hatte er sich aus dem Job zurückgezogen. Damals hatte er einen Fehler gemacht, nachdem seine Welt auseinandergebrochen war. Seit dem war er nicht mehr der selbe. Er ließ alles gehen, brach jeden Kontakt ab. Sein Drei Tage Bart war grau geworden, die Augen müde und ausdruckslos. Die Brille verbarg sie nicht, so sehr er sich dies auch wünschte. Sein graues Haar zeugte von dem Alter in dem er sich befand, sein Körper war noch recht schlank und hatte die Fast Food Attacken gut überstanden. Aber das Alter hatte seine Spuren auch hier hinterlassen. Die Haut war welk geworden, Falten hatten sich an vielen Stellen gebildet. Das merkte vor allem an der Stirn. Seit dem Anruf war er aufgewühlt. Es gab Dinge die sich ähnelten, er wußte das es keine Zufälle gab. Alles funktionierte wie ein Uhrwerk, ein Zahnrädchen griff ins Andere bis das Uhrwerk funktionierte. Das war eines der Dinge weswegen er berühmt geworden war, weswegen er damals alles tun konnte. Er war ein Mythos und doch war er nur ein Mensch. Ein Zahnrädchen mußte manipuliert werden, dann kam eines zum Anderen. Er überlegte, wieder streifte sein Blick über die Uhr. Nein, der Zeiger bewegte sich nicht weiter.
Er ging noch einmal alles durch. Die Frau war 86 Jahre alt. Ihr Mann starb vor 20 Jahren, sie lebte von ihrer Witwenrente. Sie war sozial isoliert, keiner außer dem Schwester des ambulanten Pflegedienstes hatte Kontakt zu ihr gehabt. Aber nur diese eine Schwester, andere kamen ihr nicht in die Wohnung hinein. Über ihr Krankheitsbild wußte er nichts, die Schwester stand noch zu sehr unter Schock und die Dokumentation war verschwunden. So als hätte sie nie existiert, selbst die Akten der Frau existierten nicht mehr. Der ambulante Pflegedienst hatte sogar das Archiv durchstöbert, es war gerade so als würde die Frau nicht existieren. Nicht einmal die Rechnungen existierten und bei der Krankenkasse war sie nicht bekannt. Es war so als würde jemand ihr Leben auslöschen. Obwohl diese Sache unwahrscheinlich war. Niemand konnte einen Menschen verschwinden lassen, außer er hatte die Mittel dazu. Aber warum sollte man eine 86 Jahre alte Frau aus der Existenz tilgen? Das war das Rätsel und nicht das einzige. Seine Stirn legte sich in Falten, es war die Art wie es passiert war.
Die Schwester betrat das Haus gegen 11:30 Uhr. Um das Essen vorzubereiten, wie jeden Tag. Die alte Dame hatte ihren festen Ablauf der nicht unterbrochen werden durfte. Weswegen auch immer. Was dann passierte, beruht nur auf Mutmaßungen. Die Schwester, Agathe, durchsuchte das Haus nach der alten Dame. Auf Rufe bekam sie keine Antwort, instinktiv ging sie ins Obergeschoß um nachzusehen ob die Dame eventuell im Bett lag. Das mutmaßte die Polizei daraus, daß das Schlafzimmer ordentlich war. Anscheinend hatte die Schwester das Bett gemacht, die alte Dame war laut Aussage der PDL nicht mehr dazu in der Lage. Irgendwann mußte die Schwester in den Keller gegangen sein. Der Keller hatte nur einen einzigen Zugang, die Tür unter der Treppe. Von dort führten einige Stufen in den Keller, der aussehen mußte wie eine Höhle. Die alte Dame ging nicht mehr dort hinunter, auch das wußte man von der PDL.
Dort hatte die Schwester dann die Leiche entdeckt. Oder was von ihr übrig war. Der Torso der Frau war in der Mitte vom Raum aufgebahrt worden, umgeben von Kerzen die in einem Kreis angeordnet worden waren. Überall war Blut, an den Wänden, am Boden und an den Regalen. Die rechte Arm war an das obere Regal gebunden, der linke Arm war drauf genagelt worden. So das sie ein Kreuz formten. Die Beine waren in Scheiben geschnitten worden und mit Hilfe von Seilen über den Kerzen plaziert worden. Das Fleisch war bereits angebrannt gewesen, das sich kein Geruch im Haus ausbreitete lag an der Kellertür. Diese war eigentlich so gesetzt worden das sie den Keller komplett abschottete. Luft kam nur durch das schmale Fenster hinein und das war geschlossen worden. Der Täter hatte sich viel Zeit gelassen. Er hat auch den Kopf bearbeitet. Und sich spätestens damit ein Denkmal gesetzt. Ein perfides, grausames Denkmal in den Analen der Kriminalgeschichte. Der Kopf lag etwas in den Schatten, als man ihn herausholte mußte selbst der Gerichtsmediziner brechen. Die Augen waren ausgehölt worden, besser gesagt mit einer der Kerzen heraus gebrannt worden. Zudem wurde der Kopf skalpiert, das Gehirn wurde mit Hilfe eines Löffels an der Wand verteilt. Der Mörder schrieb eine Botschaft mit der Gehirnmasse: âAlle Dinge die einst gewesen, werden nun wiederkehren.â Das Skalp wurde ebenfalls zerschnitten, in kleine Würfel. Diese wurden auf Zahnstocher gespießt und diese in den Schädel gesteckt. Er kannte diese Vorgehensweise von früher, nur war der Mörder damals nicht so brutal vorgegangen. Es war 20 Jahre her, viel zu lange. Aber manchmal nahmen Täter ihre früheren Verhaltensweisen wieder auf.
Doch diesmal war nur die Brutalität mit der dieser Täter vorging härter. Aber die Worte identifizierten ihn, oder war es ein Nachahmungstäter. Wie paßte das ganze in das Gesamtbild? Die Existenz der Frau wurde fast völlig ausgelöscht, sie existierte nicht in den Akten des ambulanten Pflegedienstes und der Krankenkasse. Zudem kam hinzu das sie isoliert gelebt hatte und dadurch eigentlich das perfekte Opfer abgab. Niemand würde sie vermissen, niemand würde Fragen stellen. Der ambulante Pflegedienst paßte eigentlich hervorragend ins Bild. Die Leiche sollte gefunden werden, der Täter wollte das man ihn bemerkt. Er wollte Aufmerksamkeit, die hatte er. Spätestens wenn die Presse alles aufrollte und hochspielte. Er überlegte, schüttelte den Kopf. Hatte das Alter auch seinen Kopf zerfressen? Er mußte nur die Zahnräder wie früher zusammensetzen, dabei nichts ausschließen. Darin lag seine Stärke, die Betonung lag auf dem Wort lag. Er ballte die Hand zur Faust. Vielleicht hatte der Täter ja Beziehungen zum Pflegedienst, das würde zumindest erklären wie die Akten verschwinden konnten. Aber Leute verschwanden nicht, Leute die sich erinnerten. Es sei denn, man räumte sie nachträglich aus dem Weg. Die Polizei mußte die Schwester und die PDL überwachen, aber was war wenn es eine falsche Spur war? Er würde sich lächerlich machen. Aber wenn er dort einen Kontaktmann hatte, wie paßte die Krankenkasse ins Bild? Dort war es nicht so einfach Akten, Daten und persönliche Informationen zu begraben. Selbst ein weiterer Kontaktmann hatte dazu nicht die Mittel.
Wieder glitt sein Blick auf die Uhr, sie bewegte sich. Langsam, zäh. Als würde sie ihn auslachen, als wollte sie sagen das die Zeit gegen ihn lief. Er ging noch einmal alles durch. Aufgrund der Tat konnte man sagen das der Täter sich Zeit gelassen hatte, das er lange geplant hatte. Er wollte das man die Leiche findet, damit man wußte er war zurück. Ob es sich um einen Nachahmungstäter handelte wollte er jetzt noch nicht ausschließen. Zudem mußte der Täter Kontakte zum Pflegedienst haben, denn dort existierte die Frau faktisch nicht. Auf die Krankenkasse konnte er sich keinen Reim machen. Das nagte an ihm, wie ein Hase an einem Stromkabel. Je mehr er darüber nachdachte, um so weiter schien die Lösung in die Ferne zu rücken. Wenn die Schwester wieder auf dem Damm war, würde man sie bewachen lassen müssen. Wenn der Täter seine Schritte plante, wo er sich ziemlich sicher war, dann würden bald noch mehr Leichen auftauchen. Und mit jeder würde der Täter mehr Aufmerksamkeit bekommen. Diesen Nachteil hatten die Medien an sich, sie machten aus einem Irren eine Ikone. Ein Idol, das man sich als Vorbild holen sollte. Er fand es schrecklich, vor 20 Jahren war noch so manches besser gewesen. Mittlerweile dominierten Computer und hochtechnische Verfahren einen Fall. Für die gute alte Schule hatte keiner mehr ein Auge, dabei war diese Methode doch die zuverlässigste. Computer konnten manipuliert werden, der eigene Verstand war nicht so leicht zu manipulieren. Nicht das es unmöglich war, aber doch wesentlich schwieriger als einen Computervirus einzuschleusen.
Das Klingeln riß ihn aus seinen Gedanken, langsam schritt er zur Tür. Das hatte ja gedauert, sein alter Freund war auch nicht mehr der jüngste. Das übersah er vielleicht, andererseits war das der erste Kontakt seit langer Zeit gewesen. Er hatte jeden Kontakt vermieden. Zitternd packte seine Hand den Türgriff, mühsam drückte er ihn nach unten. Es kostete ihn viel Willenskraft. Er machte einige Schritte zurück, die Tür quietschte als sie sich langsam öffnete. Er hatte Recht behalten. Vor ihm stand sein alter Kollege. Er war deutlich gealtert, hatte jetzt eine Glatze. Das Gesicht wie eine Bulldogge, aber die gleichen gefährlichen Augen wie immer.
âSteven, schön dich zu sehen.â, sagte er als erstes.
âEs tut gut dich zu sehen Martin, nach all diesen Jahren.â, gab dieser zurück.
Mit einer einladenden Bewegung bat Martin seinen Freund hinein. Zielstrebig führte er ihn ins Wohnzimmer, dort setzten sie sich auf die Couch. Nach einer Weile brach Steven das Schweigen, das bereits einige Minuten anhielt.
âWas denkst du?â, fragte er offen hinaus.
âNun, es könnte ein Nachahmungstäter sein.â, erklärte Martin.
âKomm schon, du weißt das er es sein mußâ, bohrte Steven.
âEigentlich schon, doch auch er müßte mittlerweile älter sein.â, gab Martin zu.
Steven nickte, er wußte das Martin sehr skeptisch war. Seit den Ereignissen damals war nichts mehr so wie früher. Egal wie oft er darüber nachdachte, es hatte Martin grundlegend verändert.
âWorüber denkst du nach?â, fragte Martin.
âÜber dich.â, antwortete Steven ehrlich.
âMich?â, fragte Martin überrascht und erntete von Steven ein Nicken.
âIch mußte dir die Fakten geben, es war meine Pflicht. Du hängst da genauso drin wie ich. Wir haben einmal einen Fehler gemacht und ich bin nicht bereit nochmal einen zu machen.â, antwortete Steven.
âIch verstehe, du hoffst ich steige wieder ein.â, stellte Martin grinsend fest.
âDas hoffte ich, ja.â, gab Steven zu.
âHm, ich habe Rost angesetzt und meine Methoden sind nicht willkommen in unserer Gesellschaft. Ich bin ein Fossil, genau wie du. Ich kann euch nicht helfen.â, erklärte Martin.
âOh doch. Du bist eine Legende, dein Ruf ist unantastbar. Wenn es jemanden gibt, der immer eine Lösung hat bist es du.â, fuhr Steven dazwischen.
âNicht immer, nicht immer.â, sagte Martin bitter.
Steven hielt inne, er hatte den wunden Punkt bei Martin getroffen. Selbst nach all den Jahren hatte er es nicht verdaut, wieviel Zeit brauchte ein Mensch um über so etwas hinwegzukommen? Vielleicht viel zu lang, aber er brauchte Martin. Nur so konnten sie diesem Treiben ein Ende machen. Da war er sich sicher, so wie damals würde es nicht noch einmal laufen. Das würde er nicht zulassen.
âIch denke du solltest die PDL vom Pflegedienst überwachen lassen und dich dringendst darum kümmern das auch die Schwester Polizeischutz erhält.â, riet Martin.
âDu meinst er baut wieder ein Fundament?â, fragte Steven nach.
âBeim letzten Mal beginn er einen Mord. Die nachfolgenden bauten sich aus dem Umfeld des ersten Opfers auf, mehr oder weniger offensichtlich.â, sagte Martin ruhig.
âAber die alte Frau lebte seit Jahren isoliert.â, wand Steven ein.
âSchon richtig, aber bedenke vor allem eins. Es ist so als würde die alte Frau nicht mehr existieren. Weder bei der Pflegekasse noch bei dem Pflegedienst. Der Täter hat mit Sicherheit eine Kontaktperson im Pflegedienst. Wie das mit der Krankenkasse funktionierte, darüber zerbreche ich mir noch den Kopf.â, erklärte Martin.
âHm. Du hast eine Kleinigkeit vergessen.â, sagte Steven nach einer Weile.
âUnd was?â, fragte Martin neugierig.
âEs gab keine Tatwaffe. Der Hammer mit dem die Nägel in die Arme geschlagen wurden, oder das Messer, die Axt oder was auch immer mit der die Leiche bearbeitet wurde, existiert nicht.â, sagte Steven ruhig.
âAh ja. Schon einmal daran gedacht das der Täter sie mitgenommen haben könnte?â, fragte Martin als wäre er schockiert über das Unwissen seines Gegenüber.
âNein, du verstehst nicht. Ich habe den Befund der Gerichtsmedizin bekommen. Es gibt keine Tatwaffe, zumindest waren an der Leiche keine Spuren von Gewalteinwirkung zu erkennen. Auch wenn es so aussah.â, fuhr Steven fort.
Martin zog die Augenbraun hoch. Keine Tatwaffe? War sich Steven in der Sache sicher. Damals war ihr Kandidat immer perfekter geworden, er nutzte noch spezielle Designer Messer. Aber keine Tatwaffe? Laut Beschreibung mußte es ein wahres Massaker gewesen sein. Überall Blut und das passiert nun einmal bei Gewalteinwirkung. Aber keine Spuren einer Tatwaffe am Opfer erkennbar? Hatte der Täter ihr die Arme, Beine und den Kopf einfach mit bloßen Händen abgerissen? Martin gefiel die Sache immer weniger.
âDu hast dich nicht verhört.â, sagte Steven der sah wie Martin nachdachte.
âWie bitte soll sowas gehen? Hat er nur seine Hände benutzt? Weißt du was er dazu für eine Kraft haben müßte?â, hakte Martin nach.
âJa. Aber im Moment ist das unsere einzige Erklärung.â, gab Steven zu.
âHm. Ich weiß nicht, leitest du den Polizeischutz für die beiden Personen ein? Sie wissen noch von der alten Dame, genau wie die Kontaktperson. Sie sind die potentiellen nächsten Opfer.â, murmelte Martin.
âKein Problem. Ich hoffe dein Riecher stimmt.â, seufzte Steven der schon die Berge von Bürokram auf sich zukommen sah wenn er diese Aktion durchbringen wollte.
âDu mußt nicht, aber wenn er wie damals vorgeht wären das die nächsten logischen Schritte.â, meinte Martin trocken der den Unterton in Stevens Stimme genau gehört hatte.
âSchon gut, schon gut. Sie bekommen ihren Polizeischutz, aber bist du dabei?â, fragte Steven offen heraus.
âGib mir Zeit nachzudenken, schick mir eine Kopie der Akten des Falls. Dann überleg ich es mir.â, versprach Martin.
âNa gut, das könnte mich meinen Kopf kosten. Aber wenn es dich an Bord holt wird man mir wohl nur einen Teil davon abschlagen.â, witzelte Steven.
âSchlechter Witz Steven.â, meinte Martin ernst.
âHast ja Recht, ich geh dann wohl besser.â, sagte Steven.
Die beiden verabschiedeten sich an der Tür, dann lies Martin die Tür zurück ins Schloß fallen. Jetzt war er davon überzeugt das es kein Nachahmungstäter war, es war das Original. Grausamer als zuvor und wesentlich routinierter, raffinierter und bösartiger als je zuvor. Martin stütze sich mit dem Rücken an der Tür, dann sank er auf den Boden. Er seufzte. Warum konnte die Vergangenheit nicht ruhen? Wieso kam sie immer wieder zurück? Wieso? Eine Träne suchte sich den Weg aus seinem Auge und lief seine Wange hinunter. Das würde eine harte Nacht werden, vielleicht war ja noch etwas von dem Wodka daâ¦
Einige Orte weiter lag Werner in seinem Haus auf der Couch, die Augen hatte er geschlossen. Das Handy lag auf dem Tisch, er hatte immer Bereitschaft als PDL. Der Fall mit einer seiner Kundinnen hatte ihn zutiefst erschüttert. Doch das merkwürdige war, das sie faktisch nicht existierte. Bei dem Grübeln wieso das so war, war er auf der Couch eingeschlafen.
Er hörte auch nicht wie sich die Haustür langsam öffnete und eine Gestalt Zuflucht in den Schatten suchte. So leise wie sie geöffnet worden war, schloß sich die Haustür auch wieder. Die Gestalt huschte durch die Schatten, blieb stetig unsichtbar. Als Werner die Augen öffnete, war es längst zu spät. Seine Schreie hallten durch das Haus, irgendwann verstummten auch sieâ¦