
Quelle: Welt-OnlineDas Datenleck im Playstation-Netzwerk wirft Sony im Kampf gegen seine Konkurrenten erneut zurück – und reiht sich ein in die Liste der Verfehlungen.
Eigentlich hatte sich Howard Stringer seinen Endspurt anders vorgestellt: Bevor der 69-Jährige sich von der Spitze des japanischen Elektronikriesen Sony zurückziehen wollte, sollte das Geschäft weitestgehend im Reinen sein: Sony sollte zumindest etwas von seinem früheren Glanz zurückbekommen, der den Konzern einst erstrahlen ließ. Doch nun droht mit dem Hackerangriff auf das Playstation-Netzwerk sein Werk überschattet zu werden. Möglicherweise sind 77 Millionen Playstation-Nutzer mit ihren Kreditkarten von einem Datenklau betroffen, der sich als einer der größten Datenlecks in der Geschichte des Internets herausstellen könnte.
Für einen kurzen Moment blitzte in dieser Woche Hoffnung für Sony auf. Nach langer Zeit des Stolperns und Zögerns hatte der Konzern am Dienstag Einblick in seinen Angriff auf Apple gegeben. Zwei Tablet-Computer sollen ab Herbst gegen das iPad von Apple ins Rennen geworfen werden. Nach vielen Jahren will Sony ein Gerät aus einem Guss präsentieren, bei dem Hardware, Software und Inhalte zusammenspielen. Stringer will damit zeigen: Seht her, wir können an einem Strang ziehen.
Dafür ist es tatsächlich höchste Zeit. Der Konzern befindet sich praktisch seit Stringers Amtsantritt Mitte 2005 im Notstand. Im Grunde begann dieser Zustand aber schon davor. Denn Stringer war für den japanische Traditionskonzern bereits die Notbremse. Nie zuvor hatte ein „Gajin“, ein Ausländer, das Unternehmen geführt. Schon dieser Einschnitt war ein Schock für Sony.
Seitdem versucht Stringer, ein gebürtiger Brite mit amerikanischem Pass, das Unternehmen umzustrukturieren. Er verschlankte und verzahnte, strich Tausende von Stellen weltweit, schloss Produktionsstätten und mühte sich an einer Unternehmenskultur ab, in der Manager allein wegen ihres Alters die Karriereleiter emporstiegen.
Dass solche Veränderungen überhaupt möglich waren, lag an der desolaten Situation, in der sich Sony plötzlich wiederfand. Im Grunde hatte das Unternehmen beste Ausgangsbedingungen für das Durchstarten ins digitale Zeitalter. Der Konzern hat mit seinem Walkman die Musik tragbar gemacht und über viele Jahre den Markt beherrscht, erst mit dem Walkman, von dem fast 400 Millionen verkauft wurden, später auch mit tragbaren CD-Playern. Sony besaß nicht nur die besten Ingenieure, sondern mit einem eigenen Musik-Label und Filmstudio auch Zugriff auf Inhalte. Die Innovationskraft des Konzerns war ausgeprägt und stark.
Zwei Jahre bevor Apple seinen ersten iPod vorstellte, präsentierte Sony auf der Computermesse Comdex in Las Vegas im 1999 zwei digitale Musikplayer: den Memory Stick Walkman und den Vaio Music Clip. Doch schon damit begann der Glanz der Japaner zu verblassen. Die Geräte wurden von unterschiedlichen Unternehmenssparten entwickelt, die intern als „Silo“ bezeichnet werden und miteinander kaum redeten. Sony Personal Audio Company kümmerte sich um den Memory Stick Walkman und die Vaio Company um den Music Clip.
Nicht nur dass Sony doppelt vermarkten musste, unglücklicherweise setzte der Konzern auch noch auf den hauseigenen Komprimierungsstandard ATRAC3, der nur auf den eigenen Geräten funktionierte und nur mit viel Umstand das Umwandeln in den MP3-Standard ermöglichte. Nutzer verzweifelten an der Sturrheit der Japaner. Schuld daran war ausgerechnet eine dritte Unternehmenssparte: Sony Music. Dort fürchtete man sich davor, Raubkopierern im Internet zu sehr in die Hände zu spielen.
Der Wunsch, die Macht in der analogen Welt zu konservieren, hatte sich wie eine schwere Decke über den Konzern gelegt, unter der man es sich gemütlich machen wollte. Diese Einstellung spiegelte sich später auch darin wider, dass Sony weitestgehend auf eigene Standards setzen wollte, mit denen die Konkurrenten außen vor gelassen werden sollten. Erst 2007 brachte Sony ein Gerät auf den Markt, das direkt mit MP3-Dateien umgehen konnte.
Und so drehte sich die Welt an Sony vorbei. Schnell beherrschte Apple mit seinem iPod den Markt der tragbaren Musikplayer. Als später auch der Musikshop iTunes eingeführt wurde, dominierte der frühere Computerhersteller auch noch den digitalen Musikverkauf. Sony sah wie gelähmt nur noch zu.
Stringer hatte schnell die Ursachen des Niedergangs erkannt und bereits bei seinem Amtsantritt festgestellt: „Die Wände der Silos im Konuzern sind immer noch sehr dick.“ Neben den üblichen Restrukturierungsmaßnahmen – Stellenstreichungen, weniger Produktionsstätten und Zulieferer – bekniete er die Sony-Mitarbeiter, doch mehr miteinander zu reden. Immer häufiger sahen sie an ihren Arbeitsstätten Transparente hängen, auf denen „One Company“ stand: Wir sind ein Unternehmen.
Die Tablets, die ab Herbst verkauft werden sollen, könnten nun die ersten dieser „ganzheitlichen“ Produkte werden. Seit Jahren schon drängt Stringer darauf, alle Geräte zu vernetzen und internetfähig zu machen. „Wir kommen nicht weiter, indem wir nur unvernetzte Hardware anbieten“, mahnte Stringer.
Doch mit den Tablets kommt Sony auf einen Markt, der bereits von Apple beherrscht wird. Dabei braucht Sony Erfolgsmeldungen: Das Gemeinschaftsunternehmen mit Samsung für LCD-Displays ist in Schwierigkeiten, weil die Preise fallen. Das TV-Geschäft läuft längst nicht so wie es soll, der PC-Marktanteil ist gering und auch das Handy-Gemeinschaftsunternehmen Sony-Ericsson kommt im Zweikampf Apple-Google immer mehr unter die Räder.
Als kleine Revolution stellte Sony-Ericsson erst in diesem Jahr das „Experia Play“ vor, ein Playstation-Handy, von dessen Planung die Wirtschaftszeitung „Nikkei“ bereits vor fast zwei Jahren berichtete. Beobachter wundern sich bereits seit langem über die Verzögerung. Ende des Jahres will Sony auch eine tragbare Playstation NGP (Next Generation Portable) präsentieren. Dann sollen auch erstmals andere Smartphonehersteller Spiele von Sony Computer Entertainment auf ihren Geräten alufen lassen können. Ohne Stringer hätte es diesen Strategiewandel wohl nicht gegeben.
Hauptsächlich wegen des Geschäftes mit den erfolgreichen Playstation-Spielkonsolen fällt noch etwas Glanz auf den Sony-Konzern. Dass nun ausgerechnet im Playstation-Netzwerk ein Hacker sein Unwesen getrieben haben soll, kommt daher äußerst ungelegen. Denn mehr und mehr sieht Sony die Playstation als Tür in die Wohnzimmer der Nutzer, um dort auch Musik und Filme zu verkaufen.
Nach weitestgehend erfolglosen Versuchen mit den Download-Diensten Sony Connect und Movielink hatte Sony erst im vergangenen Jahr sein Angebot Qriocity (sprich: „curiosity“ – auf Deutsch: Neugier) gestartet, über das Nutzer Musik und Filme laden können. Fast 80 Millionen Nutzer des Playstation-Netzwerkes und von Qriocity können seit einer Woche nicht mehr online gegen Freunde spielen, weil der Dienst aus Sicherheitsgründen abgestellt ist.
Für Sony ist das ein Rückschlag, der mindestens rufschädigend ist. Für Stringer ist das eine unerwartete Hürde zu seinem Rückzug. Offiziell will der 69-Jährige noch bis 2013 weitermachen. Seit seinem Amtsantritt ist der Aktienwert des Unternehmens um 40 Prozent gesunken. Nun häufen sich die Spekulationen über einen Ausstieg schon in diesem Jahr. Wahrscheinlicher Nachfolger ist der frisch ernannte Chef der Unterhaltungselektronik-Sparte, Kazuo Hirai. Stringer findet nur gute Worte über Hirai: Er sei „loyal und gut geschult darin, Produkte zusammenzuführen“. Eine Aufgabe, an der sich Stringer seit Jahren mit bislang beschränktem Erfolg abmüht.
In den Nachrichten:
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Erfahrungsbericht eines Users:
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Ja, es ist wirklich unfassbar, das sowas in der heutigen Zeit passieren kann, obwohl alles kontrolliert und abgesichert wird...
Hoffen wir mal das es nicht extrem geschäftsschädigend für Sony ist und die Hacker keinen "Unfug" mit den Daten anfangen

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