[Biete] Abschied nehmen

Raphael

Schmachtender Nostalgiker, schöne alte Zeit
Otaku Veteran
Moin Moin

Ein weiterer Versuch, mal sehen wie es ankommt.
Erstmal nur kapitel eins.

Disskusionen bitte hier rein.

http://board.world-of-hentai.to/f211/disskusion-ueber-abschied-nehmen-138456/#post1530425




Er wusste es. Er wusste es schon von Anfang an: seine Zeit war abgelaufen.
Er hatte in all den Jahren nie den Bezug zu Gott verloren, eher das Gegenteil war der Fall. Sein Verhältnis zum Schöpfer war inniger geworden. Er spürte es. Wie ein anderer Mensch die Fröhlichkeit oder den Schmerz spürte, so spürte er den Tod auf ihn zukommen. Und er wollte vorbereitet sein, er hatte nicht mehr viel Zeit, höchstens einen Tage noch. Er wollte sich so gerne noch von so vielen Leuten verabschieden, doch er wusste es war falsch. Während er sich duschte dachte er an seine Enkelin. Er erinnerte sich, wie sie beide noch vor kurzem zusammen saßen gelacht und sich über alles Mögliche unterhielten.

" Laura, vergib mir, Liebes. Ich hätte noch so gerne vieles mit dir unternommen, doch der Herr wartet nicht gerne. Du bist noch jung, vielleicht verstehst du es jetzt schon, aber selbst wenn nicht, wird eines Tages, so wahr Gott will, der Tag in deinem Leben kommen, indem du alles klarer siehst. Möge der Herr unserer Vergebung gnädig sein. Ich liebe dich mein Engel, pass auf dich auf. An deinem 18. Geburtstag, genau zur Sonnenwende, öffne bitte die Schatulle, die in dem Save deiner verstorbenen Großmutter liegt. Habe Geduld, meine Butterblume. In 2 Jahren verstehst du es besser."

Sie las den Brief immer und immer wieder zu dieser einen Stelle. Es brach ihr das Herz, nicht mal richtig verabschieden konnte sie sich. Sie wusste, sie musste aufhören. Ihr Gehirn befahl es ihr, aber ihr... Herz nahm ihr die Entscheidung ab, als ob es ihr sagen wollte: "Weine nur. Weine dich aus. Verschaffe dir die Erleichterung, um die deine Seele bittet." Und sie tat es. Sie weinte und schluchzte über die Welt und verfluchte jene, die ihr das Wichtigste ihn ihrem noch so jungen Jahren nahmen. Sie weinte sich in den Schlaf.
Als sie erwachte hing sie schlufernd zum Bad ihren Gedanken nach, sah sich im Spiegel an, ihren noch so kleinen Körper, der mit seinen einen Meter sechzig noch voll in der Entwicklung war. Ihre Augen, die einst so grün wie die Natur geglänzt hatten, waren völlig matt, als hätte man ihnen jegliche Kraft geraubt. Die Haare, die noch völlig zerwühlt waren, hingen ihr leb- und kraftlos an ihrem kleinen aber sanften Nacken herunter. Sie entschied sich, erst mal sich zu duschen, öffnete das Wasser auf kalt und fing an zu zittern, ohne auch nur zu bemerken, dass sie sich damit den Tod holte. Wenige Minuten später zog sie sich, immer noch zu Tode betrübt, an und ging hinunter, um sich trotz ihres mangelnden Appetits was zu essen zu machen.
Mittlerweile, war es draußen dunkel geworden und sie merkte erst jetzt, wie sehr sie fror.
Während sie so saß, den Heizkörper andrehte, ließ sie ihre Gedanken und Erinnerungen an die Beerdigung Revue passieren. Sie sah ihre Großtante - zu der sie seit Jahren keinen Kontakt gehabt hatte - vor dem Grab den Kopf schütteln, als wäre das hier alles nur ein Schlechter Scherz, hörte den Pastor etwas aus der Bibel zitieren, sich selbst am Grab hockend in Tränen aufgelöst, nicht
begreifen wollend, was sie sah. Sie wollte es nicht wahr haben. "Wenn ich mich bloß hätte verabschieden können", dachte sie bei sich.
Ihre Erinnerungen trugen sie noch weiter in die Vergangenheit, sie wusste nur noch, dass sie in der Deutschstunde saß und sie zum Direktor gerufen wurde. "Laura? Ich weiß nicht wie ich es dir sagen soll, Kind, setz dich erst mal bitte!" Der alte Herr stieß einen lauten Seufzer aus. Er fühlte sich wie ein begossener Pudel. "Gott bitte steh mir bei, das arme Mädchen," betete er immer und immer wieder in Gedanken.
Wie er es hasste, solche Nachrichten überbringen zu müssen. Er strich sich durch, für sein Alter, noch recht dichtes graues, Haar und sagte " Laura, es tut mir aufrichtig leid". „Dein Großvater, mein Kind, ist von uns gegangen. Möge er in Frieden ruhen. Mein herzliches Beileid.“

In all den Jahren in denen er als Direktor tätig war, also seit gut 40 Jahren, hatte er es immer wieder versucht es schonend wie möglich den Kindern beizubringen. Es war nie einfach gewesen und erst recht nicht heute. Er kannte Laura seit der ersten Klasse, ach wie oft hatte er dieses junge Ding um seine fröhliche Art bewundert, ihrer aufgeschlossen Art und Weise, die sie bei all den Leuten beliebt machte, sie war ihm direkt ans Herz gewachsen, fast schon hatte er an ihr einen Narren gefressen. Er behandelte zwar alle seine Schüler nett und zuvorkommend, aber sie war anders, er sah sie wie eine Tochter die er nie hatte. Umso schwerer fiel es ihm ihr beizubringen, dass ihr Großvater verstorben war. Er seufzte, stützte seinen Kopf mit seinen Händen und dachte nach.
Sie trug es erst mit Fassung, war wie auf den Kopf geschlagen, nur um, als sie es wirklich realisierte, mitten im Flur zusammen zu brechen. Es tat ihm innerlich in der Seele weh, sie indem Zustand sehen zu müssen, fast schon musste er sich zusammen reißen, um nicht auch noch in Tränen auszubrechen, was ihm erhebliche Mühe bereitete.
 
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Raphael

Schmachtender Nostalgiker, schöne alte Zeit
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Fast ein Jahr ist es her, aber ich lebe noch xD.

Hier Kapitel 2









Nachdem sich wieder einigermaßen im Griff hatte, zog sie sich an, machte sich die Haare, zog sich eine Jacke über und verließ das Haus.
Draußen regnete es in Strömen, so dauerte es nicht lange, bis sie aussah wie ein begossener Pudel.
Sie wanderte ziellos in der Umgebung umher und wusste nicht so richtig wohin mit sich selbst.
Sie musste nachdenken und entschloss sich daher, das Grab ihres verstorbenen Großvaters zu besuchen.

"Sophie, magst du Laura nicht zu uns einladen? Das Arme mädchen hat doch gerade ihren Großvater verloren. Vielleicht kommt sie auf andere Gedanken? Was meinst du Henry?"
"Du hast wie immer ein tolles Herz Marianne... Aber ich halte das für keine gute Idee."
" Papa hat Recht, Mama. Sie will jetzt lieber alleine sein. Ich hab ihr bereits meine Hilfe angeboten. Wenn sie uns braucht wird sie sich schon melden, ich weiss es", sagte Sophie und tätchelte ihrer Mutter lächelnd den Arm. *

Schlaflos wälzte er sich von einer Seite auf die andere. Immer wieder kehrten seine Gedanken um das junge Mädchen, denn alleine konnte sie auf dauer nicht leben das wusste er. Er beschloss, Margret, seine Frau, morgen zu fragen.
Vielleicht könnte man das Mädchen adoptieren. Er machte sich immer noch Vorwürfe, ob er ihr, das Ganze nicht doch etwas schonender hätte beibringen können, schließlich war sie mit sechzehn noch ein halbes Kind.
Arme Laura, mit diesem Gedanken, schlief er schließlich ein.
 
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