[In Arbeit] Call me (MiSawa) (BL)

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KazuEijun

Ungläubiger
Call me

„Einen fettfreien Latte Macchiato und einen Mozzarella Tomaten Bagel.“, las er laut die Bestellung auf einem kleinen Zettel vor, die auf dem Pappdeckel klebte und den er sogleich herunter nahm und zerknüllte. Er blickte nach oben in ein ihm bekanntes Gesicht.
Er hatte das junge Mädchen schon mehrfach auf dem Campus gesehen, allerdings noch nie ein Wort mit ihr gewechselt.
„Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag und hoffe Sie beehren uns bald wieder.“ Ein breites Lächeln lag auf seinen Lippen, während er ihr das Gewünschte reichte. Er bemerkte den rötlichen Schimmer auf ihren Wangen, der sich immer mehr verdunkelte als leises Kichern an sein Ohr drang. Eine kleine Gruppe – vielleicht vier Mädchen – stand nahe der Tür und hielten sich die Hände vor den Mund.
„D-Danke.“, antwortete sie leise und lief schnell zu den Anderen, um sie eilig aus dem Laden zu schieben.
Er sah ihr dabei nur verwundert nach und fragte sich, ob er etwas falsch gemacht hatte. Aber vielleicht waren Mädchen einfach so. Immer am Kichern und herumalbern. Auch wenn er dies von seiner Kindheitsfreundin gar nicht kannte.

Das sanfte und leise Läuten der Tür ließ ihn aus seinen Gedanken fahren. Geschmeidig wie ein Tiger kam der Mensch auf ihn zu, der ihm seit Wochen den Schlaf raubte. Goldblondes Haar, meeresblaue Augen die ihn fixierten und nicht mehr los zu lassen schienen, ein unglaublich anziehendes Lächeln auf den vollen Lippen und ein Körper der eines Gottes gleich kam.
„Ah Sawamura-kun“ Er klang sehr erfreut als er die Bedienung sah, welche sich hinter der Theke befand.
Und Eijun stand wie angewurzelt an ein und demselben Fleck fest. Seine Beine wollten sich nicht rühren, während er mit seinen bernsteinfarbenen Augen den anderen anstarrte.
Sein Herz setzte kurz aus, nur um im nächsten Moment mit der doppelten, nein dreifachen Geschwindigkeit gegen seinen Brustkasten zu schlagen. Es schien ihm als wollte es den schützenden Panzer zerbrechen und flüchten.
„D-Das Übliche?“, hörte er sich selber krächzen. Seine Stimme versagte, während sich sein Mund selbstständig machte.
Seine Gedanken kreisten sich nur um eines.
Verschiedene Stimmen in seinem Kopf brüllten herum und verursachten ein absolutes Chaos und Kopfschmerzen.
„Du bist wirklich der Beste Sawamura-kun. Deswegen liebe ich dich auch.“ Erneut wurde ihm ein unwiderstehliches Lächeln geschenkt.
Eijun – dessen Gesicht aufgrund der Worte regelrecht glühte – drehte sich herum und griff mit zittriger Hand nach einem Kaffeebecher ,den er unter eine Maschine stellte.
Er brauchte keinen Zettel. Er wusste was sein Gast am liebsten trank.
Wobei sich Eijun fragte, ob er auch etwas anderes mochte. Eijun fragte sich immer wieder, was für Hobbys der andere hatte. Was hielt er von ihm? Hatte er eine Freundin oder einen Freund? War er hetero, bi oder vielleicht schwul? Warum kam er immer in seinen Schichten in den Coffee Shop?
So viele Fragen herrschten in seinem nutzlosen Hirn. Jedoch stellte er sie nie. Jedes Mal hatte er einen Klos in seinem Hals, sein Mund war trocken und sein Kopf, bis auf die schreienden Stimmen, total leer.
Nur seine Hände arbeiteten als wäre alles in Ordnung. Manchmal glaubte Sawamura dass sie gar nicht zu seinem Körper gehörten.
So griff er mechanisch nach einem weißen Deckel und drückte ihn auf den gefüllten Becher. Nur noch wenige Sekunden trennten ihn davor wieder einmal seine Chance nicht genutzt zu haben.
Er wandte sich zu diesem gottesgleichen Wesen und stellte das heiße Getränk auf den Tresen. Sogleich schlossen sich feingliedrige Finger um ihn.
„Bis zum nächsten Mal Sawamura-kun.“ Ein letztes Lächeln, dann drehte er sich weg und ging zur Tür, während Eijun ihm nachstarrte. Erst das Einsetzen der Klingel riss ihn aus seinen Gedanken und ins Hier und Jetzt zurück.
Frustriert ließ er seinen Kopf in den Nacken gleiten und schloss seine Augen.
Er hatte nicht nur nicht mit ihm reden können, er hatte sogar vergessen die Kasse zu bedienen. Er war wirklich ein absoluter Vollidiot.
„Ähm... Entschuldigung?“
Erneut wurde er aus seinem Selbstmitleid gerissen. Sawamura ließ seinen Kopf sinken und blickte auf die Kundin, die ihn fragend anschaute.
Er ohrfeigte sich innerlich für diesen Gefühlsausbruch und atmete einmal tief durch. Dann setzte er auch schon wieder sein Lächeln auf seine Lippen.
„Willkommen im Seido. Was möchten Sie bestellen?“

***

„Ich wäre am liebsten in Grund und Boden versunken.“ Eijun ließ sich auf dem einzigen Sessel nieder. Er war, wie eigentlich immer in den letzten Wochen, zu seinem besten Freund geflüchtet, der ihm gerade einen ein Glas Wasser brachte und sich auf das Sofa setzte. Er hatte sich angewöhnte Sawamura erst einmal aussprechen zu lassen.
„Mach dich nicht selber so fertig Eijun-kun.“ Haruichi, der den Größeren schon seit der Oberschule kannte, hatte ihn noch nie so deprimiert gesehen.Eigentlich war Sawamura ein sehr optimistischer und hitzköpfiger Mensch, der nie nachdachte sondern intuitiv handelte. Der einen starken Willen und Geist besaß und selbst in kritischen Momenten so etwas wie Besonnenheit besaß.
Es musste ihn wirklich erwischt haben mit der Liebe.
„Du musst mir helfen Haruichi.“ Sawamura sah zu seinem Freund und griff nach seinem Glas, da sein Hals schon wieder so trocken wurde.
„Eijun-kun, ich glaube nicht das ich da der Beste bin. Frag lieber Kuramochi-senpai oder Satoru-kun.“, schlug der Kleinere vor, erhielt aber nur ein sarkastisches Schnauben.
„Vom einen werde ich dann gefoltert und vom anderen ignoriert.“, brummte Sawamura und nahm einen Schluck Wasser.
„Das weißt du erst, wenn du es ausprobiert hast.“
Eijun wusste, dass es der junge Kominato nur gut meinte mit seiner Idee. Doch war er einfach nicht davon begeistert. Sein Senpai und Mitbewohner war eine Nummer für sich. Er liebte die Gelenkigkeit seiner Extremitäten und ließ ihn das auch jeden Tag spüren. Ihm würde er ganz sicher nichts anvertrauen, dass so privat und wichtig war.
Dem Einzigen dem er wirklich vertrauen konnte das war sein bester Freund, mit dem er sich seit dem ersten Tag der Oberschule so gut verstand, als würden sie sich schon ewig kennen. Haruichi war eine so ausgeglichene und ruhige Persönlichkeit. Nur er hatte ihn immer und immer wieder beruhigen können.

„Weist du wo mein Lieblingspullover ist?“ Leise war Haruichis Mitbewohner ins Wohnzimmer gekommen und lehnte sich nun halbnackt auf die Sofalehne. Sawamura hatte die Dusche gar nicht gehört.
„Ich glaube noch in der Wäsche.“ Der Jüngere wandte sich an den anderen, bevor er sich erhob. Ohne ein weiteres Wort war er aus dem Zimmer verschwunden und ließ Sawamura mit demjenigen alleine, mit dem er eine Art Hass-Freundschaft verband. Einerseits respektierten sie sich, andererseits konnten sie sich nicht sonderlich leiden.
„Tut mir leid Satoru-kun. Ich werde ihn morgen waschen.“ Der junge Kominato kam zurück und sah ihn entschuldigend an.
„Schon gut.“ Damit verschwand Furuya wieder und Sawamura hob seine Augenbrauen.
„Du kommst mir nicht wie sein Partner sondern wie seine Hausfrau vor.“ Eijun lehnte sich etwas nach vorne und betrachtete seinen Freund ganz genau, der sogleich eine sanfte Röte auf seinen Wangen hatte.
„D-Das ist nicht wahr Eijun-kun und das weist du.“
Er ließ sich wieder auf das Sofa nieder.
Eine Stille entstand die für beide ungewohnt war. Sonst quasselte Sawamura die ganze Zeit und hielt so die Unterhaltung immer am Laufen. Doch fühlte er sich momentan nicht in der Lage dazu.

„Könntest du mit ihm reden, wenn du ihn nicht sehen würdest?“ Irritiert, da Furuya ihn nicht ignorierte, sondern ansprach hob Eijun seinen Kopf. Er hatte gar nicht bemerkt dass er seine Beine angeschaut hatte.
Er blinzelte etwas und nickte zögerlich. „Wahrscheinlich schon.“, antwortete er.
Furuya ließ sich derweil neben Haruichi nieder und spielt dabei mit einem abgegriffenem Baseball. Sawamura hatte ihn oft damit aufgezogen, dass er den Ball mehr liebte als seinen Partner. Furuya hatte ihn nur ignoriert und weitergespielt.
„Dann schreib einfach deine Nummer auf den Kaffee.“
Er weitete seine bernsteinfarbenen Augen als er diese Idee hörte. Ausgerechnet von Furuya Satoru. Auch Haruichi war zuerst etwas verblüfft, schaute dann aber wieder zu Eijun und nickte.
„Er hat recht. Das ist wirklich eine hervorragende Möglichkeit, dass du mit ihm ins Gespräch kommen kannst.“
„Entweder das oder er wird mich auslachen und für den Rest meines Lebens hassen.“, unkte Sawamura nur.
„Wenn du es nicht probierst, wirst du es nicht erfahren.“

***

Schon seit einer Woche hatte er ein flaues Gefühl im Magen. Vielleicht lag das an dem launischen Wetter das die Stadt heimzusuchen schien. Es stürmte, dann war es wieder windstill. Es regnete und ihm nächsten Moment schien wieder die Sonne. Es war in einem Moment kalt und im nächsten wieder angenehm warm. Sich da richtig einzukleiden war schwierig.
Alleine heute hatte er sich einmal umziehen müssen. Am Morgen und dem Vormittag hatte so schönes Klima geherrscht, dass er in einer dünnen Hose und T-Shirt zur Uni ging. Doch als seine Vorlesung und Seminare beendet waren hatte es aus Eimern geschüttet.
So musste er sich zuhause nicht nur umziehen sondern auch abtrocknen.
Danach war er in einer dickeren blauen Jeans, einem blauen Pullover über seinem weiß-blaukarierten Hemd und einer weißen leicht gefütterten Weste vor die Haustür getreten. Ein Regenschirm hatte ihn vor dem schlimmen Wolkenbruch gerettet, so dass er dieses Mal trocken bei seiner Arbeit ankam, wo er sich sogleich seine Uniform anzog.
Vielleicht lag das flaue Gefühl aber auch an der Tatsache dass er seit genau einer Woche nicht mehr die Person gesehen hatte, die ihn immer noch verrückt werden ließ.
Hatte er sich einen anderen Coffee Shop gesucht? Hatte er keine Zeit, um bei ihm seine übliche Bestellung zu tätigen? Hatte er nun eine Beziehung die ihn beschlagnahmte und einnahm?
Fragen über Fragen drängten sich ihm auf und ließen das Gefühl in ihm wachsen.

Um sich abzulenken und da bald ein kleiner Test anstand, hatte er sich etwas Vorlesungs- und Seminarstoff mitgenommen. Durch den starken Regen hatte er sehr wenig Kunden zu bedienen, so dass er eigentlich in Ruhe lernen konnte.
Dennoch las er die erste Seite immer und immer wieder durch und verstand kein einziges Wort. Wie sollte er sich auch konzentrieren wenn er ständig an diesen blonden Schönling denken musste.
Und ausgerechnet dieser öffnete die Tür und trat mit seinem unwiderstehlichen Lächeln auf den Lippen ein. In der Hand hielt er einen nassen Regenschirm.
Das Herz Sawamuras schlug heftig in seiner Brust, während das ungute Gefühl in seinem Bauch immer stärker wurde.
Zumal er nicht alleine gekommen war. Ein junger Mann mit mittellangen zerzausten Haaren und einer schmalen Hornbrille trat neben ihn.
„Ah Sawamura-kun“ Er trat an den Tresen, stützte seine Ellenbogen drauf und ließ seinen Kopf in seine Hände sinken.
Er war ihm so nahe. Eijun müsste nur die Hand ausstrecken, doch wie immer war sein Körper eingefroren und sein Mund handelte selbstständig.
„Willkommen im Seido. Was möchten Sie bestellen?“
„Das Übliche.“ kam prompt die Antwort.
Sawamura nickte und blickte den anderen an, denn sie schienen befreundet zu sein. So zumindest kam es ihm vor.
„Das Übliche? Meinst du nicht, dass du ein bisschen zu cool klingst Mei?“ Anstatt seine Bestellung aufzugeben wandte er sich an den Anderen und erhielt im Gegenzug und freches Grinsen.
„Sawamura-kun weiß was ich trinke, oder?“
Eijun hatte bereits den Becher unter eine Kaffeemaschine bestellt und nickte.
„Einen Caramel Macchiato.“, antwortete er und sah den Freund von Narumiya an, der immer noch ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen hatte.
„Und was möchten Sie bestellen?“ Es fiel ihm leichter mit mit ihm zu reden, auch wenn er wusste, dass dieser mehr als nur interessante Kerl neben ihm stand.
„Ich hätte auch gerne das Übliche.“ das Lächeln wandelte sich zu einem erheiterten Grinsen. Er schaute Mei in die Augen und schüttelte seinen Kopf.
„Kein Wunder das du immer wieder hierher kommst.“
Narumiya lachte auf und verursachte eine Gänsehaut bei Eijun, der mit seinem Filzer bewaffnet einen der Deckel anstarrte.
Er hatte Angst die Idee Furuyas umzusetzen.
„Tja Kazuya, erstens ist hier der Macchiato wirklich erstklassig...“
„...und zweitens die Aussieht angenehm und attraktiv.“, beendete Meis Freund und erntete einen überraschten Blick Sawamuras, der sich fragte, was an dieser Einkaufsstraße denn so interessant war. Dabei spürte er den intensiven Blick der dunklen Augen, dass er sofort wegschaute und lieber zur Kasse trat.
„Zusammen oder getrennt?“
Während Kazuya getrennt sagte, entkam Mei das Wort zusammen. So schauten sie sich kurz an, feixten und wandten sich beide an Eijun.
„Zusammen“
Diesem wäre getrennt viel lieber gewesen, doch tippte er die beiden Getränke ein.
Wie immer reichte Narumiya ihm das Geld passend, so dass er es einräumen konnte.
Kazuya hatte derweil einen Blick auf die Unterlagen geworfen, die auf der Theke lagen. Sawamura hatte sie ganz vergessen und errötete sogleich, ehe er sie zusammen raffte und in einer kleinen Ablage unter der Theke verstaute.
„Ich sage Bescheid, wenn sie fertig sind.“ Narumiya nickte und erhob sich, um zum großen Fenster zu gehen und sich auf einem Barhocker nieder zu lassen. Kazuya folgte ihm.

Kurz darauf wurde die Tür aufgestoßen und eine junge Frau trat in den Coffee Shop. Mit eiligen Schritten ging sie auf Sawamura zu.
„Ei-chan ich brauche ganz dringend einen Caffé Latte und einen Serrano Bagel.“ Sie stellte ihren Schirm ab und griff in ihre große Tasche, um ihre Geldbörse zu suchen und etwas Geld auf den Tresen zu legen.
„Deswegen musst du nicht wie eine Verrückte hier reinstürmen Wakana.“ Er reichte ihr den Bagel und ließ einen Becher mit dem gewünschten Heißgetränk auffüllen.
„Zweimal Caramel Macchiato“ Er stellte beide Becher auf die Theke und tat das Geld in die Kasse.
„Ich will aber pünktlich zu meiner Vorlesung kommen.“, erwiderte sie nur und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
„Dadurch läuft es trotzdem nicht schneller.“ Er sah kurz seine Kindheitsfreundin an, dann zu Narumiya und dessen Begleitung, die sich ihre Becher nahmen.
„Bis zum nächsten Mal Sawamura-kun.“ Mei lächelte ihn an. Auch Kazuya warf ihm einen amüsierten Blick zu, die Lippen zu einem schiefen Grinsen erhoben.
„E-Einen angenehmen Tag und Beehren Sie uns bald wieder.“ Etwas ruhiger geworden schaute er beiden Männern nach. Noch in der Tür drehte sich Narumiya ein letztes Mal um.
„Du kannst mich ruhig duzen Sawamura-kun.“
Dann ließ er die Tür ins Schloss fallen und öffnete seinen Regenschirm, da die Markise nur wenig Schutz bot.

„Und?“ Narumiya nahm einen Schluck von seinem heißen Macchiato und genoss den Geschmack des Karamells, der sich ausbreitete.
Ich kann verstehen, warum du immer wieder hierher kommst.“, wiederholte Kazuya nur und wollte ebenfalls trinken, doch erregte etwas anderes seine Aufmerksamkeit.
Ein breites Grinsen legte sich auf seine Lippen, während der Regen unaufhörlich auf ihre Schirme trommelte.
„Huu? Ich scheine nicht nur bei den Mädels anzukommen.“ Ein zufriedener Ausdruck hatte sich in seine Stimme und auf sein Gesicht gelegt.
Narumiya schaut ihn dagegen nur irritiert an. So drehte Miyuki seinen Kaffeebecher so, dass die Schrift auch für Mei sichtbar wurde.
„Call me“, las dieser nur und erblickte eine Telefonnummer, welcher darunter stand.
„Ich muss zugeben er hat wirklich Geschmack!“, gluckste Kazuya nur und nahm einen Schluck zu sich. Er mochte keinen Kaffee, doch schmeckte es wirklich gut.
„Ich glaube es nicht.“ Mei schüttelte seinen Kopf und zog einen kleinen Flunsch.
„Ich bin seit Wochen in dem Coffee Shop und du nur einmal und bekommst seine Nummer.“ Kazuya lachte nur und streckte seinem besten Freund die Zunge heraus.
„Tja er ist meinem Charme erlegen. Außerdem schien es ihn nichts auszumachen, dass ich mit ihm geflirtet habe.“
„Na ja dann hat er seine Wahl getroffen. Immerhin hätte mir Sawamura-kun die ganzen letzten Male seine Nummer geben können, auch wenn er nicht wirklich mit mir geredet hat. Und ich habe auch mit ihm geflirtet.“
„Du bist doch wohl nicht eifersüchtig?“, fragte Miyuki und blieb an einer Kreuzung stehen.
„Ein wenig schon.“
Sowohl Narumiyas Blick, als auch Kazuyas sprachen tausend Bände und fochten ein stummes Duell aus.
‚Lass ihn mir!‘
‚Ich kann ihm Dinge zeigen, die er sich nur erträumen kann. Er wird mehr Spaß haben als du es ahnst Kazuya!‘
‚Du kannst jeden haben. Lass mir dieses interessante Wesen!‘

Die Ampel schaltete auf Grün und Narumiya stieß einen Seufzer aus.
„Na gut dieses eine Mal lass ich dir deinen Willen. Er ist eh nicht mein Typ.“
Kazuya lachte auf. „Wer ist denn überhaupt dein Typ?“
„Na du bist mein Typ!“

***

Eijuns Herz schlug ihm bis zum Hals als er auf seinem Display einen Anruf einer unbekannten Nummer sah. Nervös biss er sich auf seine Unterlippe und atmete einmal tief durch, ehe er ihn annahm.
„Hallo?“, fragte er belegter Stimme. Die Angst immer noch ausgelacht zu werden verdoppelte sich.
„Ah Sawamura-kun ich dachte schon ich hätte mich verwählt.“ Eine ausgelassene und erheiternde Art traf auf ihn und nahm den ersten Anflug von Panik.
„Hier ist derjenige, dem du freundlicher Weise deine Nummer zukommen ließest. Wobei ich hoffe, dass du das nicht bei jedem gutaussehenden Kunden machst.“, scherzte er und ließ Eijun leicht erröten. Natürlich würde er das nicht bei jedem machen.
„Narumiya-kun?“, fragte er trotz allem nach. Er wusste gar nicht, dass sich eine Stimme so verändern konnte wenn sie durch ein Telefon hörte.
Sie klang etwas tiefer, aber dennoch angenehm und sympathisch.
„Ah falsch. Hier ist Miyuki Kazuya.“, antwortete die Stimme und ließ den anfänglichen Hoffnungsschimmer zerplatzen.
Kurz setzte Sawamuras Herz aus. „Es tut mir leid, aber ich kenne–“ Eijuns Augen weiteten sich, als er es endlich begriff.
„Ahhh du bist sein Freund!“, rief er aus, nachdem er sich selber unterbrochen hatte.
Eine kurze Zeit herrschte Stille, dann ertönte ein Seufzen.
„Ja und ich glaube ich habe den falschen Kaffeebecher erhalten.“
Eijun schloss enttäuscht seine Augen. Jetzt fühlte er sich noch gedemütigter, als wenn Narumiya ihn ausgelacht hätte.
„Es tut mir so leid.“, murmelte er leise in sein Smartphone.
„Ich hätte darauf achten sollen, wer welchen Becher bekommt, aber Wakana hat mich mit ihrer Bestellung so vereinnahmt. Ich Idiot.“, schimpfte er nur leise und ließ sich auf seiner Fensterbank nieder.
„Es tut mir wirklich leid Miyuki-kun.“ Damit wollte Eijun das Telefonat beenden. Immerhin schien der andere an ihm Interesse gehabt zu haben, sonst hätte er nicht seine Nummer gewählt.
„Lass uns doch ausgehen.“, schlug dieser vor und ließ Sawamura in seiner angefangenen Bewegung stoppen.
„Es tut mir leid, aber ich mag Narumiya.“ Er wollte ihm keine Hoffnungen machen. Seine ganzen Gedanken drehten sich nur um diesen blonden Gott.
„Und was magst du an ihm?“ Wie aus der Pistole geschossen hatte Miyuki diese Worte erwidert. So musste Eijun erst einmal überlegen, was er an ihm mochte und stellte fest, dass es bis auf Äußerlichkeiten gar nichts gab, was er wusste oder kannte.
„Es muss ja kein Date sein, sondern ein Informationsaustausch. Mei ist mein bester Freund und ich kenne ihn schon sehr lange. Und ich könnte dir helfen, indem ich bei ihm ein gutes Wort einlege.“
Eijun wusste nicht so recht. Er wollte Miyuki nicht ausnutzen und schon gar nicht, dass es wie ein Date aussehen würde. Jedoch war die Verlockung vielleicht doch noch an seinen Schwarm heran zu kommen zu groß für ihn.
So schob er all seine Bedenken beiseite. „E-Es ist kein Date!“
Ein angenehmes Lachen erklang aus dem Hörer. „Ich verspreche, dass es kein Date sein wird.“

***

„Du hast was?“ Haruichi schaute ihn geschockt an. Dabei war sein Ausruf so laut, dass sich sämtliche Kunden im Laden zu ihnen drehten.
„Noch lauter! Ich glaube Osaka hat es noch nicht gehört.“, murmelte Eijun und wusch die Tassen ab, die ihm auf die Theke gestellt worden waren. Eigentlich war er noch vor wenigen Augenblicken mit seinem besten Freund im Kino gewesen, doch dann hatte ihn sein Chef gefragt, ob er nicht einspringen könnte.
Eigentlich kein Problem, doch wollte er endlich mal wieder etwas mit Haruichi machen, immerhin war es Samstag, somit Wochenende. Es trennten sie schon zwei Universitäten und dann noch seine Arbeit, die er annehmen musste, um sich seine Miete und auch kleinere Dinge leisten zu können. Es war nicht so, dass seine Eltern reich waren. Er kam schließlich aus einem kleinen Dorf der Präfektur Nagano und war nur wegen der Oberschule hierhergekommen. Das ihn auch eine Uni aufnahm war mehr als nur ein Wunder gewesen.

„Ich beglückwünsche dich zwar für deinen Mut. Aber es ist wahnsinnig mit dem Freund deines Schwarmes auszugehen.“ Haruichi hatte seine Stimme gesenkt und nahm den Espresso mit einem Nicken an.
Er hatte Eijun davon überzeugen können, dass es in Ordnung war arbeiten zu gehen. Immerhin würde er einen Zuschlag erhalten und er wusste, dass ihm die Arbeit Spaß machte.
„Es war ja nicht so geplant und eigentlich hatte ich ihm auch absagen wollen.“ Eijun seufzte leise auf und wischte die Marmorplatte wieder sauber.
„Und dennoch hast du ein Date mit ihm!“, erwiderte der junge Kominato.
„Es ist kein Date!“, widersprach Eijun.
„Es ist ein Informationsaustausch. Er erzählt mir etwas über Narumiya-kun und legt dann ein gutes Wort bei ihm ein.“
Die Türglocke ließ ihn von Haruichi auf sehen. Er setzte sein Lächeln auf und griff nach seinem Filzer.
„Willkommen im Seido. Was möchten Sie bestellen?“
„Eine heiße Chocolate einen Espresso und einen Blaubeer Muffin.“, bestellte der ältere Herr und schaute auf seine sehr junge Begleitung, die Eijun mit großen Augen anstarrte.
Dieser schrieb alles auf einen kleinen Zettel und ließ die Getränke in die Becher, ehe er mit der Serviette einen Muffin nahm.
Er packte ihn ein und legte ihn auf den Tresen. Dann widmete er sich der Kasse und gab die Bestellung ein.
„Das macht dann 1.042,01 Yen bitte.“
Er lächelte die Kleine – sie schien im Kindergartenalter zu sein – an und nahm mit einem dankenden Nicken das Geld entgegen.
„Ah entschuldigen Sie bitte, aber kann man Kaffee nachbestellen?“ Die junge Studentin, welche ihm vor ein paar Tagen aufgefallen war – immerhin hatte sie die Schar kichernder Gänse vor sich hergeschoben – war mit einem rötlichen Schimmer auf den Wangen an ihn getreten.
„Selbstverständlich“, lächelte er sie an. „Was kann ich Ihnen bringen?“
„E-Einen Chocolate Mocha bitte.“ Dabei sahen ihre Augen auf seine Hände, die bereits zu einer Tasse griffen und unter eine der Maschinen gestellt hatten.
„Einen kleinen Moment. Ich bringe Ihnen dann die Tasse.“
Sie verschwand wieder zu ihren Freunden, die ihn wieder so kichernd anschauten.
Doch drehte er ihnen wieder den Rücken zu, um die zwei vollen Becher mit weißen Deckeln zu verschließen.
„So einmal einen Espresso und eine heiße Chocolate.“ Nickend wurden die Getränke entgegen genommen, genauso wie der Muffin, der in der kleinen Hand des Mädchens seinen Platz fand.
„Einen angenehmen Tag wünsche ich Ihnen und würde mich freuen, wenn Sie uns wieder beehren würden.“ Er verbeugte sich und sah den beiden nach, bis sie aus dem Laden waren. Dann griff er nach der fertigen Tasse und stellte sie auf einen kleinen Teller. Er legte noch zwei Biskuit dazu und verließ seinen trauten Bereich. Er stellte die Tasse vor der jungen Frau ab und schenkte ihr ein breites Lächeln.
Dann ging er wieder zurück und reinigte wie immer den Tresen, wenn er etwas Zeit hatte.

„Und du bist dir wirklich sicher?“ Haruichi hatte sein Getränk zur Hälfte getrunken und griff ihr Gespräch wieder auf. Er schaute seinen besten Freund genau an, der leicht mit seinen Schultern zuckte.
„Es ist eine Chance und ich versuche das Beste daraus zu machen. Immerhin kann ich dann mit Narumiya ausgehen.“ Er wusste dass es sich verkehrt und verwirrend anhörte, doch er schluckte alle Bedenken herunter und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. In nicht einmal zwei Stunden würde er sich mit Miyuki-kun treffen.
Sie hatten sich ein Restaurant ausgesucht, das neu aufgemacht hatte und vor allem in der Nähe von Eijuns Wohnung lag. Somit war sein Weg nicht sonderlich weit.
„Ich hoffe wirklich, du weißt was du tust.“, seufzte Haruichi und trank den letzten Rest aus. Er griff in seine Hosentasche, wurde aber mit einem Kopfschütteln aufgehalten.
„Der geht aufs Haus. Immerhin muss ich mich erkenntlich zeigen, wenn du schon laufend mein Gejammer erträgst.“ Sie grinsten sich beide an.
„Ich rufe dich später an okay?“ Haruichi nickte und winkte Eijun ein letzte Mal zu, ehe er sich anschickte den Laden zu verlassen. Er hoffte wirklich, dass Sawamura wusste was er tat.
Doch dieser schien einen kleinen Hoffnungsschimmer zu sehen und das schien ihm gut zu tun. Er wusste wie es sich anfühlte unglücklich verliebt zu sein.
Jedoch hatte er das Glück gefunden und dieses wartete nun in ihrer Wohnung auf ihn.

Eijun dagegen spürte wie sein Herz mit jeder Minute immer schneller schlug. Auch wenn er es nicht wollte, so war er aufgeregt. Er versuchte sich die Fragen zurecht zu legen. Er wollte so viel über Narumiya wissen und hatte nun endlich die Chance Antworten zu erhalten. Eijun hoffte nur, dass seine Begleitung es ihm nicht allzu übel nahm. Aber immerhin hatte es Kazuya selber vorgeschlagen, dass er ihm was erzählen würde.
Er warf einen erneuten Blick auf seine Uhr und stellte fest, dass die Zeit einfach nicht voran schritt.
So füllte er in aller Ruhe die Kammern mit Kaffee und Kakao Pulver nach, reinigte die Gitter und Auffangbehälter und griff nach der Liste, um aufzuschreiben was er am meisten verkauft hatte.
Das Seido probierte immer wieder neue Sachen aus, an Getränken oder an Kuchen und Sandwiches, um seinen Kunden noch mehr bieten zu können.
Darum wurden auch Listen eingeführt, damit man am Ende des Monats sehen konnte, welche Neuerungen sich lohnten und welche nicht. Diese wurden wieder abgeschafft.
Sawamura kannte sie alle, da er – bis auf die Wochenenden – immer arbeitete. Selbst wenn Prüfungen anstanden traf man ihn im Seido an, das für ihn wie ein zweites Zuhause geworden war. Hier fühlte er sich einfach wohl und geborgen.
„Sawamura-kun du kannst für heute Schluss machen.“ Sein Chef trat an ihn heran und band sich seine schwarze Schürze fest, die seine Uniform vor Flecken schützen sollte. Jeder hatte eine im Schrank hängen, doch trug Eijun sie – bis auf ein einziges Mal – nie. Sein weißes Hemd und seine schwarze Weste waren immer sauber, eventuell leicht durchgeschwitzt, aber ansonsten achtete er schon sehr auf seine Uniform.
„Vielen Dank.“ Eijun verbeugte sich und ließ das Klemmbrett wieder unter der Theke verschwinden.
„Ich muss dir danken, dass du eingesprungen bist.“ Doch Sawamura schüttelte nur mit seinem Kopf, um zu zeigen, dass es ihn nicht sonderlich gestört hatte.
Er begab sich zu dem privaten Räumen der Angestellten und griff nach seinem Schlüsselbund, damit er seinen Spind aufschließen und sich umziehen konnte. Schnell war seine Uniform ordentlich zusammen gelegt und verstaut. Zuhause machte er sich nicht sonderlich viel Mühe, immerhin sah es da keiner, doch hier wäre es wirklich sehr unvorteilhaft wenn die Sachen Knitter oder Falten hätten.
Er zog sich seine Jeans, sein blau-weiß gestreiftes Hemd und seine schwarze Strickjacke über. Als letztes holte er seine Tasche und legte sich den Lederriemen auf seine rechte Schulter.
Er verschloss als letztes seinen Spind und steckte die Schlüssel ein. Daraufhin verließ er den Raum und trat wieder in den Verkaufsraum. Eine kleine Menschentraube hatte sich gebildet, so dass er seinem Chef nur noch kurz zuwinkte und dann in die kühle Luft trat.

Der Herbst stand in vollster Blüte. Sanft wehte der Wind und wirbelte durch seine kastanienbraunen Haare. Auch wenn er diese Jahreszeit nicht mochte, da sie so unbeständig und überraschend war, mochte er das Gefühl des Windes und den Geruch der Luft. Es entspannte ihn.
So schlug er den Weg zu seiner Wohnung ein, die nicht weit entfernt lag
Eijun wohnte in einer recht teuren Gegend, hatte es aber auch nicht sehr weit bis zur beliebten Einkaufsstraße Tokios und konnte, wenn er denn wollte, das Nachtleben in vollen Zügen genießen. Aus diesem Grund hatte er mit seinem ehemaligen Senpai eine Wohngemeinschaft gegründet. Somit halbierten sich die Kosten, genauso wie der Putzaufwand
Dafür hatte er unter den Eigenheiten seines Mitbewohners zu leiden, der es sich nicht nehmen ließ immer wieder seine Gelenke zu dehnen und merkwürdige Figuren zu erschaffen. Auch brachte er plötzlich ohne Vorwarnung Freunde mit und zockte in einer extremen Lautstärke durch die Nacht. Aber war er selber mal eine halbe Stunde nach Mitternacht zu laut, weil er sich etwas aus der Küche holte, wurde er zusammen gestaucht und seine Gelenke verdreht.

Sawamura stoppte in seiner Bewegung und schaute auf den Brunnen, der im Sommer mit Kindern gefüllt war, während drum herum Erwachsene standen und sich unterhielten oder Jugendliche, die sich einen Spaß machten sich gegenseitig nass zu spritzen. Doch jetzt waren die Fontänen abgestellt und er war leer. Leer, bis auf eine Person, die friedlich in einem Buch las und auf dem Rand saß.
Die Beine lässig übereinander geschlagen hatte Miyuki seine linke Hand in seiner blauen Jeans vergraben. Seine dunkle Jacke war geöffnet, so dass er ein weißes Shirt sah, dass sich an seinen Oberkörper anschmiegte.
Eijun warf einen Blick auf seine Uhr, nur um festzustellen, dass er selber eine halbe Stunde zu früh war. Wie lange wartete dann bitte schön seine heutige Abendgesellschaft?
Er schritt auf ihn zu und ließ sich neben den anderen plumpsen.
Kazuya sah auf und grinste ihn an. Mit einem leisen Geräusch schloss er seine Lektüre.
„Ich hätte nicht gedacht, dass du wirklich kommst.“ Er schien sehr gute Laune zu haben, während er das Buch in seiner Tasche verschwinden ließ.
„Bist du deswegen so früh gekommen?“, fragte Sawamura nur und verschränkte seine Arme vor der Brust. Den Gedanken nicht zu kommen hatte er überhaupt nicht gehabt.
„Vielleicht.“ Miyuki erhob sich und wartete ab das der Kleinere es ebenfalls tat. Erst dann ging er los und auf ein kleines Restaurant zu.
„Ich hoffe du magst Italienisch.“ Er öffnete die Tür und bat mit einer Verbeugung den anderen hinein, der nur seine rechte Augenbraue hob und eintrat. Augenblicklich kam ihm nicht nur eine angenehme Wärme sondern auch ein wunderbarer Geruch entgegen, der seinem Magen ein sehnsuchtsvolles Knurren entließ. Eijun hatte noch gar nichts essen können, da er viel zu aufgeregt war.
Kazuya kicherte nur und ging zur Rezeption.
„Guten Abend. Ich habe einen Tisch auf den Namen Miyuki reserviert.“ Eijun sah sich derweil etwas um und war wirklich erstaunt wie gut sie den wenigen Platz nutzten.
„Sawamura“ Vergnügt wurde ihm sein Name ins Ohr gehaucht. Er zuckte zusammen und drehte seinen Kopf zu Kazuya, der ihn nicht nur angrinste sondern auch sehr nahe war.
Sein Gesicht wurde heiß und er ging zwei Schritte nach hinten um wieder mehr Abstand zwischen ihnen zu bekommen.
„Ich wollte dir nur sagen, dass wir schon an unseren Tisch können.“ Das Grinsen wurde breiter und Sawamura bekam das Gefühl, dass er jetzt noch fliehen konnte. Einfach alles absagen, sich entschuldigen und nach Hause rennen.
Vielleicht hatte Haruichi Recht gehabt und es war eine blöde Idee herzukommen.
Doch war er auch ein Mann. Und er stand zu seinem Wort. Außerdem war es kein Date!
„O-Okay.“ Eijun folgte dem Kellner zu einem kleinen Tisch, der für sie beide reichte und ließ sich nieder. Sie befanden sich in einer ruhigen Ecke, hatten trotz allem noch einen schönen Blick nach draußen wo langsam die Dämmerung einsetze.
„Tut mir leid, wenn ich dich erschreckt habe, aber die Verlockung war einfach zu groß.“, gluckste Miyuki erheitert und setzte sich Eijun gegenüber.
„Freut mich wenn ich für Belustigung gesorgte habe.“, erwiderte dieser nur und nahm die Karte entgegen, welche ihm gereicht wurde. Er schlug sie auf und zuckt aufgrund der Preise zusammen.
Er hatte gewusst, dass ausländische Restaurants immer etwas teurer waren, doch dies sprengte seine Vorstellungskraft. Wie hatte er sich nur für diesen Ort überreden lassen können?
„Ist schon in Ordnung. Ich lade dich ein.“ Miyuki hatte in seinem Gesicht deutlich lesen können was für Zweifel ihn gerade überkamen.
„Du weißt schon, dass –“, begann Eijun, wurde allerdings gleich darauf unterbrochen.
„Ich weiß. Es ist auch kein Date. Wir sind nur zwei Freunde, die den Abend miteinander verbringen und zusammen essen.“
‚Von wegen Freunde. Ich kenne dich ja nicht einmal.‘
Aus lauter Trotz, da ihn die Art des anderen etwas reizte, wollte er sich ein besonders teures Gericht raus suchen. Doch verwarf er die Idee kurz darauf wieder. Ersten wusste er nicht, ob es ihm auch schmeckte und zweitens war er einfach nicht so fies. Immerhin ging es hier um Geld und er war von seinen Eltern viel zu gut erzogen worden.
„Soll ich dir etwas empfehlen?“ Kazuya hatte sich scheinbar schon entschieden.
„Hm.. vielleicht besser“, murmelte Eijun und schloss die Karte.
Er legte sie akkurat, was gar nicht seine Art war, an den Tischrand und schob noch ein bisschen dran herum, während Stille an ihrem Tisch herrschte. Sie wurde nur von leisen Geschirr- und Besteckgeräuschen unterbrochen.

„Seit wann arbeitest du im Seido?“ Kazuya, dem die Ruhe anscheinend nicht gefiel unterbrach sie und ließ ihn von der Karte aufschauen. Leicht legte er seinen Kopf schief, während er sich auf die rechte Unterlippe biss. Er dachte nach.
„Hm... ich glaube seit bald anderthalb Jahren.“
„Wow“ Kazuya stützte seinen rechten Arm auf den Tisch und legte sein Kinn auf seine Handfläche. „Für mich wäre das ja gar nichts.“, fügte er hinzu. „Was?“
„Na das bedienen von Menschen und die Freundlichkeit, ob gespielt oder nicht.“ Eijun dagegen zuckte nur leicht mit seinen Schultern und hatte ein kleines Lächeln auf seinen Lippen.
„Das ist gerade das was ich mag. Ich kann immer neue Leute treffen. Es kommen auch viele Stammkunden, mit denen man sich unterhalten kann und die auch glücklich sind über etwas Nettigkeit. Natürlich hat man auch Idioten, aber wenn man anfängt sich über die aufzuregen, dann vergisst man den ganzen Spaß den man haben kann. Und das ist es auch nicht wert. Ich mag meine Arbeit wirklich sehr.“
„Das hört man.“ Ein liebenswürdiges Lächeln zierte Kazuyas Lippen. Kein amüsiertes, erheitertes oder freches Grinsen. Es war ein ehrliches, nettes Lächeln das er Eijun schenkte und dieser konnte einfach nicht anderes tun als es zu erwidern.
„Und du? Was machst du?“ Eijun wollte das Gespräch aufrecht erhalten und nicht wieder in eine peinliche Stille geraten.
„Ich bin als Sekretär in der Firma meines Vaters tätig. Ich schreibe Briefe, tätige Buchungen und sorge dafür dass immer genügend Materialstoffe da sind. Nebenbei studiere ich.“ Er musste kichern als er sah, wie sein Gegenüber das Gesicht verzog.
„Bah wie langweilig.“, antwortete Sawamura nur und schüttelte seinen Kopf. Wenn er sich vorstellen müsste dies den ganzen Nachmittag zu machen, würde er durchdrehen.
„Nicht jeder ist dafür gemacht.“, meinte Miyuki und betrachtete weiterhin seine Gesellschaft, bis er von einem Kellner unterbrochen wurde.
Eijun hörte gar nicht erst hin. So wie verabredet bestellte Miyuki für ihn sicherlich mit, so dass er ihn Ruhe dessen Profil studieren konnte.
Makellose und leicht gebräunte Haut, eine gerade Nase, auf der die Brille saß die ihm wirklich stand und einen langen dünnen Hals. Er konnte eine leichte Wölbung sehen, die vom Kehlkopf verursacht wurde. Das mittellange braune Haar wirkte zerzaust.
Der junge Mann vor ihm war attraktiv, dass musste er sich eingestehen.
Und selbst das Grinsen auf den vollen Lippen war ihm nicht unangenehm.

„Wenn du mich weiterhin so anstarrst, dann küsse ich dich!“ Mit dieser feixend ausgesprochenen Warnung, riss er Eijun aus seinen Gedanken. Er blinzelte und spürte eine leichte Röte auf seinen Wangen Er murmelte eine Entschuldigung und erntete nur ein vergnügtes Kichern.
Danach herrschte kurz Schweigen, bis zwei Wassergläser vor ihnen standen und sie einen Schluck nahmen.
Danach brach Eijun eine erneute Unterhaltung vom Zaun, indem er nach Hobbys fragte und erfuhr, dass der andere ab und an mit Freunden Baseball spielte. Erstaunt erzählte er, dass er in seiner Mittelschul- und auch Oberschulzeit in einem Baseballteam gewesen war, sie aber nur wenige Spielen gewonnen hatten.
„Wir schon, aber wir sind nie weit gekommen.“ Kazuya lachte leise auf und trank sein Glas aus.
„Welche Position hast du gespielt?“, fragte Sawamura und beugte sich etwas vor.
„Ich hatte seit ich in der Grundschule war die Position des Catchers inne. Die habe ich jetzt auch noch, wenn ich mit meinen Freunden spiele.“
„Nicht dein Ernst.“, entfuhr es Eijun. Seine Augen begannen zu glänzend, während sich seine Lippen zu einem glücklichen Lächeln verzogen.
„Ich war Pitcher!“
Die Überraschung in Kazuyas Gesicht ließ ihn lachen, in das auch Kazuya einstimmte.
„Wir wären bestimmt eine gute Battery.“, mutmaßte Miyuki und schaute auf, als ihr Essen gebracht wurde.

Die brachen die Unterhaltung trotzdem nicht ab. Sie redeten über Missgeschicke oder Spiele, die einen besonderen Moment hatten. Eijun erzählte auch von seiner inneren Blockade, die er einst nach einem Spiel hatte.
Sie redeten den ganzen Abend und bemerkten nicht, wie es draußen immer dunkler und im Raum immer weniger Menschen wurden. Erst als einer der Kellner ihnen sagte, dass sie bald schließen wollten, realisierten sie wie schnell die Zeit vergangen war. So bezahlte Miyuki und beide verließen das Restaurant.
Er warf einen Blick auf sein Smartphone und stellte fest, dass es bereits nach Mitternacht war. Wie hatte er die Zeit nur vergessen können?
„Ich sollte Mei wirklich dankbar sein.“ Miyuki schulterte seine Tasche und trat neben Eijun, der sein Handy in seiner Hosentasche verstaute. Erstaunt sah er auf und fragte nach dem warum.
„Wenn er mich nicht überredet hätte, das Starbucks zu teuer sei und der Kaffee bei euch viel besser schmecken würde, dann hätte ich nicht so einen fabelhaften Abend gehabt.“
Diese Worte waren ernst gemeint, das fühlte er genauso wie ein leichtes Kribbeln in seinem Bauch.
„Sag nicht solche peinlichen Worte Miyuki-kun. Das klingt abgedroschen und kitschig.“ Dennoch lächelte er den anderen an. Er wollte nicht zugeben, dass es ihn freute.
„Kazuya“ Irritiert schaute Sawamura ihn an. „Nenn mich Kazuya.“, widerholte er.
Er wusste, dass er seine Begleitung überraschte und er bot nicht jedem an ihn beim Vornamen zu nennen.
„Eijun.“ Er war so verblüfft, dass er nicht nachdachte.
„Eijun“, sprach Miyuki und lächelte ausgelassen. „Der Name steht dir.“
Erneut breitete sich ein leichtes Kribbeln aus, als er seinen Namen mit dieser Stimme hörte. Der leicht raue Unterton war angenehm.
Sawamura murmelte einen leisen Dank und setzte sich in Bewegung, während Kazuya ihm folgte und zu ihm aufschloss.
Die entspannte Atmosphäre, die sie den ganzen Abend begleitet hatte wich einem peinlichen Schweigen, das erst Miyuki unterbrach, nachdem er seinen Kopf etwas in den Nacken gelegt hatte.
„Ich bin immer wieder fasziniert davon wie wunderschön der Himmel sein kann.“
Eijun folgte der Aussicht und erblickte Abermillionen von Sternen, die am Himmel standen und ihn erleuchteten.
Kurz blieb er stehen, um sich dieses Bild einzuprägen, als er eine intensive Berührung an seinem linken Handrücken wahrnahm. Kazuya hatte sie mit seinem leicht gestreift und doch kam es ihm so vor als hätte er sie fest dagegen gedrückt.
Sawamura senkte seinen Kopf und holte Miyuki ein, während sein Herz immer schneller schlug. Es nahm zwar nicht solche Ausmaße wie bei Narumiya an, dennoch merke er es.
Er fühlte wie es leichter wurde, als hätte es Federn bekommen und spürte eine wohltuende Wärme.

Kazuya hielt an einer Kreuzung und Sawamura spürte einen Anflug von Unzufriedenheit. Er wollte den Abend noch nicht beenden. Er wollte weiter mit Kazuya reden. Am liebsten die ganze Nacht durch.
„Ich muss hier lang.“ Er zeigte nach rechts. Es war nicht mehr weit bis zu sich. Vielleicht noch zwei oder drei Minuten.
„Dann bringe ich dich.“ Der Größere antwortete wie aus der Pistole geschossen.
„Das musst du aber nicht.“, entgegnete Eijun, sah aber das Kopfschütteln.
„Müssen tue ich es nicht, aber ich möchte es.“ Er wusste, dass er es ihm nicht mehr ausreden konnte, also gingen sie weiter und schwiegen. Denn momentan war die Stille alles andere als unangenehm. Sie kommunizierten einfach mit ihren Handrücken, die immer wieder sanft aneinander stießen.
„Hier wohnst du?“ Kazuya betrachtete den Neubau, während Eijun seines Schlüssel aus der Tasche suchte.
„Mit meinem Mitbewohner, der bestimmt wieder irgendwelche Freunde eingeladen hat und die ganze Nacht durchspielt.“, bejahte er und schaute sein Gegenüber an, als er endlich seinen Bund fand.
Eine Schwermut überkam ihm. Es war Zeit Abschied zu nehmen.
„Der Abend... er war wirklich schön... Kazuya.“ Er erhielt nur ein Lächeln und ein Nicken.
„Gute Nacht Eijun.“ Miyuki beugte sich vor und legte, nur für einen sehr kurzen Moment, seine Lippen auf Sawamuras. Ehe dieser verstand was gerade passierte, löste er sich und drehte sich herum, um den Weg zurück zu gehen.
Eijun dagegen stand wie angewurzelt da und berührte seinen Mund. mit seinen Fingerspitzen. Seine Stimmen schrien ihn an, dass er Kazuya hinterher laufen und ihn aufhalten sollte, doch seine Beine bewegen sich keinen Millimeter.

Auch setzte bei ihm – wenn auch wirklich sehr spät – die Erkenntnis ein, dass er den ganzen Abend nicht einmal an Narumiya gedacht hatte. Dabei hatte dieses Treffen nur stattgefunden, weil er darauf gehofft hatte ein Date mit ihm haben zu können. Stattdessen hatte er die Zeit mit Kazuya genossen und den blonden jungen Mann total vergessen.
Verwirrt und durcheinander schloss er die Haustür auf und betrat das Treppenhaus. Er wollte nur noch in sein Bett und schlafen. Vielleicht würde es seinem Gefühlschaos besser tun, als darüber nachzudenken.

***

Das sanfte Klingeln der Türglocke ließ Eijun auf sehen. Narumiya kam auf ihn zu, grinste ihn an und er lächelte zurück.
„Wie immer?“, fragte er und war über sich selber etwas erstaunt. Sein Herz schlug normal weiter, die Stimmen in seinem Kopf waren erloschen und sein Körper kribbelte nicht mehr.
„Du kennst mich einfach zu gut. Deswegen liebe ich dich auch so.“, entgegnete Narumiya, während Eijun nur lachte. Früher war er bei diesen Worten errötet, doch jetzt nahm er sie nur als Floskeln wahr.
„Ich hätte aber gerne zwei.“, fügte er noch hinzu und ließ Sawamura stutzen.
„Zwei?“, fragte er nach, stellte allerdings zwei Becher unter die Maschinen.
„Ich nehme Kazuyas Becher mit.“, erklärte er und schaute nach draußen, wo sein bester Freund an der Außenmauer lehnte.
„Sag mal hat bei eurem Date am Samstag was angestellt?“ Narumiya war neugierig geworden, als sich Miyuki geweigert hatte in den Laden zu gehen.
Eijun dagegen spürte wie sein Herz deutlich schneller schlug, seitdem er Kazuyas Namen vernommen hatte.
„Wieso? Hat er was gesagt?“, fragte er nach und spürte einen Klos in seinem Hals aufsteigen.
„Gesagt nicht. Aber er ist unausstehlich. Eigentlich ist er nicht der Typ für Launenhaftigkeit. Aber mal ist er schlecht drauf und dann im nächsten Moment wirkt er wie ein geprügelter Hund.“
„Zwei Caramel Macchiato kommen sofort.“


Einerseits würde er Eijun wirklich gerne wiedersehen wollen, andererseits konnte er es nicht ertragen, wie dieser Mei wieder anschauen würde. Er wusste, dass er sein Versprechen nicht eingehalten hatte.
Es hatte kein Date, sondern ein Informationsessen werden sollen. Dennoch war es für ihn doch wie ersteres gewesen. Kazuya wusste, dass die Chemie zwischen ihnen stimmte und sicherlich hatte das Eijun auch gespürt. Oder er hatte es ignoriert und hoffte noch immer darauf, dass er ein Date mit Narumiya erhalten würde. Vielleicht sollte er mit Mei reden und ihm sagen, dass das alles nur eine Verwechslung war. Das nicht für Kazuya die Handynummer bestimmt war.
Das Schicksal oder ein dummer dummer Zufall hatte zu dieser merkwürdigen Dreiecksbeziehung geführt und ein Haufen Chaos dabei angerichtet.

„Hier“ Narumiya war nach einer gefühlten Ewigkeit neben ihm aufgetaucht und hielt ihm einen Becher hin, den er sogleich ergriff.
„Hat aber ganz schön gedauert.“
Narumiya grinste nur. „Ich habe noch ein bisschen mit Sawamura-kun geplaudert.“
Kazuya schnaufte nur kurz.
„Dabei hat er mir mindestens zehn Mal gesagt, dass dieser Kaffee für dich ist und ich dir nur diesen Becher geben sollte.“ Dabei zeigte er auf das Miyukis reche Hand. „Keine Ahnung wieso.“
Kazuya, der durch diese Aussage neugierig geworden war, untersuchte den Behälter seines Getränkes und lachte auf. Mei schaute ihn nur verdutzt an.
„Ich weiß warum.“, gluckste Kazuya und wischte sich kleine Lachtränen aus den Augenwinkeln.
In etwas krakeliger Schrift standen zwei Worte dort, die ihn Lächeln ließen.
‚Call me‘
 
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Mezelmoerder3D

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