[Hentai] Der Schwarze Stern - Eine neue Ära

Naruz

Gläubiger

Hallo allerseits, es ist mal wieder an der Zeit ein neues Projekt zu starten! Vorneweg sei gesagt das es mit dem anderen, größeren Projekt (Herren der Finsternis) auch noch weitergeht und es keinesfalls eingestellt oder auf Eis gelegt wurde. Diese neue Geschichte wird von Kirito Stark, Vanidar und mir geschrieben.

Es wird eine Harry Potter Geschichte, die ca 15 Jahre nach der Schlacht in Hogwarts spielt (also ca 4 Jahre vor dem Epilog des 7. Buches). Es wird sich jedoch nicht ganz genau an die Lore des HP-Universums gehalten, eine der größten Änderungen wird sein, das es eine neue Art der Magie und eine neue Schule gibt. Der Grund/ Hauptschuldige dafür bin ich selber, da ich die Magie in den HP immer ein wenig langweilig fand. Außerdem erfinden wir ein wenig mehr zu den Zauberern und Hexen die vor tausenden Jahren gelebt hatten, und zu denen nie wirklich etwas gesagt wurde in den Büchern, sowie zu den Vampiren, über die es ebenfalls nicht gerade viele Informationen gibt. Wer also eine Geschichte will die sich 100% an die HP-Lore hält sollte sich also keine große Hoffnungen machen.

Handlungsort der Geschichte wird trotzdem Hogwarts sein, auch wenn dieses Schuljahr ein wenig anders ist als die anderen, was unter anderem daran liegt das zum ersten Mal in der Geschichte von Hogwarts ein Austauschschüler die Schule besucht, ein junger Magier aus der angesprochenen, neuen Akademie für die neue Magie. Die Hauptcharaktere gehen alle in die 5. oder 6. Klasse und sind entweder in Gryffindor oder Slytherin. Am Ende sei noch gesagt das es zwar, wie üblich für uns, durchaus Hentai geben wird, der Hauptfokus jedoch auf der Geschichte an sich liegen wir und nicht auf dem Sexteil der Geschichte.

Ich wünsche viel Spaß beim lesen, Kommentare und Feedback ist natürlich wie immer willkommen

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Kirito Stark

Ungläubiger

Nachdem Mary ihren Geldbeutel mit goldenen, silbernen, und bronzenen, glänzenden Münzen aus ihrem Verlies bei Gringotts, welches viele, viele Meilen unter der Zaubererbank in der Tiefe der Erde lag, aufgefüllt hatte, schlenderte sie über den dicht bevölkerten, gepflasterten Steinweg der Winkelgasse auf einen Eissalon zu. Èvaristes Eissalon drängte sich zwischen der Magischen Menagerie und der einzigen Apotheke in der Winkelgasse, wo sie später, nachdem sie sich einen Erdbeerbecher schmecken gelassen hatte, noch einige Zutaten für Zaubertränke einkaufen musste. Vor Èvaristes Eissalon, an einem kleinen Tisch, ließ sich Mary nieder und genoss sogleich den strahlenden Schein der Sonne, welche zwischen den Dächern der Winkelgasse auf sie hinab loderte, während sie interessiert dem Treiben der Hexen und Zauberer verfolgte, die sich auf dem Steinweg drängten und von Geschäft zu Geschäft huschten. Der Eissalon war an diesem Tag, einem sehr warmen Tag im August, gut besucht, daher dauerte es einige Augenblicke, bis ein kleiner Zauberer mit einem spitzen Bart und glänzendem, schwarzen Haar, der um die Hüfte eine weiße Schürze trug, unter der sich ein kleiner Bauch andeutete, lächelnd an Marys Tisch trat.
»Was darf es sein, Madame?«, fragte Èvariste mit hochgezogenen Augenbrauen, während er einen kleinen Notizblock zückte.
»Einen Erdbeerbecher mit viel Sahne, bitte«, erwiderte sie, worauf Èvariste kurz nickte und sich eilend zwischen den Tischen wieder zum Eissalon bewegte.
Nachdem er verschwunden war, betrachtete Mary amüsiert eine kleine Menschenmenge vor Flourish und Blotts, die sich vor dem Eingang drängelte. Wie froh sie war, dass sie bereits alle Besorgungen, die neue Bücher für ihre Fächer betrafen, hinter sich hatte und sich nun nicht zwischen der Menge von Menschen bei diesem Wetter drängen musste. Es war warm, für Marys Geschmack zu warm, obwohl es bereits fast September war. Da die meisten Hexen und Zauberer nicht auf ihre langen Gewänder verzichteten, ging von ihnen nun ein muffeliger Geruch aus, sodass Mary ihre Gesellschaft nicht unbedingt bevorzugte. Um sich dieser Wärme, die einer wahren Hitze glich, nicht auszusetzen, trug Mary an diesem Tag, so wie in den meisten Ferientagen, ein dünnes, hellblaues Kleid, in dem sich die Wärme wunderbar aushalten ließ. Sie sah nicht viele Hexen und Zauberer in der Winkelgasse, die Muggelkleidung trugen. Auch zog Mary wegen ihrer Kleidung einige Blicke auf sich, doch das war ihr relativ gleichgültig. Sie mochte die Kleidung der Muggel. Und da ihre Tante auch ein Muggel war, wusste sie, welche Kleidung angemessen war. Doch einmal, noch bevor sie häufiger Muggelkleidung trug, beging sie den Fehler, als ihre Tante ihrem Muggeljob nachging, am helllichten Tag in einem langen Nachthemd vor die Tür zutreten – die Blicke der Muggel konnte sie sich selbst heute noch ganz genau in Erinnerung rufen.
Endlich, als sie sich kurz von dem Treiben der Winkelgasse abgewandt hatte, sah sie Èvariste mit ihrem Erdbeerbecher, einen großen Eishaufen, überzogen mit Sahne und Erdbeeren in einem silbernen, großen Kelch, auf ihren Tisch zueilen. Als sie diesen Becher dann auch schon schnell verputzt hatte, bestellte sie sich sofort einen neuen Becher und zog danach ein kleines Buch aus ihrer Tasche hervor, eine Handtasche, die sie von ihrer Tante zum Geburtstag geschenkt hatte, dazu ein leeres Blatt Pergament und eine verzauberte Feder, wofür sie keine Tinte benötigte und die stets in lesbarer Schönschrift schrieb. Eine Feder, die Mary bei ihrer Schrift dringend brauchte. Sie strich das Blatt Pergament glatt und schlug das kleine Buch, Die trolligsten Trolle, auf Seite neunundachtzig auf, während ihre Zunge mit dem Löffel spielte, den sie noch im Mund hatte.
Obwohl sie den Aufsatz über Trolle noch heute fertig schreiben musste, ließ sie sich doch gerne von den herum eilenden und sichtlich entspannten Besucher der Winkelgasse ablenken und suchte, ohne, dass sie es wirklich beabsichtigte, in der Menge nach ihrem Onkel und Cousin, die, wie so oft, ohne sie ihren Besorgungen nachgingen.
Sie hatte die Federspitze schon auf das Blatt gesetzt, als sie sich entschied, den Aufsatz erst nach einem weiteren Erdbeerbecher anzufangen, daher schob sie nun das Blatt zwischen das Buch, als Lesezeichen, schlug dieses zu und legte ihre Feder darauf ab. Sie lehnte sich nach hinten, streckte sich ein wenig, und schloss die Augen, während der Sonnenstrahl ihr das Gesicht kitzelte und er es angenehm erwärmte.
Fast hätte sie es nicht gemerkt, als sich jemand ihr gegenüber auf den freien Stuhl fallen ließ. Sie schlug die Augen.
»Störe ich dich beim Mittagsschläfchen?«, fragte der Neuankömmling sichtlich amüsiert.
»Ich habe nicht geschlafen«, erwiderte sie, funkelte ihn böse an und schaute sich nach ihrem Onkel um.
»Nein, natürlich nicht.«
Mary betrachtete den Haufen von Büchern auf dem Tisch und richtete sich in ihrem Stuhl auf.
»Sind das alles deine?«, fragte Mary überflüssigerweise.
Nathaniel nickte nur und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Er hatte, wie Mary, dunkelbraunes Haar, welches ihm fast zur Schulter reichte, dazu ein leicht blasses, schmales Gesicht und die grauen Augen seines Vaters, Marys Onkel. Wie sie trug er Kleidung der Muggel, die er jedoch unter einem schwarzen Umhang aus Hogwarts verbarg.
»Gibt es noch irgendwelche Kurse, von denen du mir noch nichts erzählt hast?«, schnaubte sie kichernd und wandte den Blick ab, um nach Èvariste und ihrem neuen Erdbeerbecher zuschauen.
»Nein, nein«, sagte er, schüttelte grinsend den Kopf und hob abwehrend die Hände, »Es sind nur ein paar Geschichtsbücher und ein Buch für Zauberflüche, die man in Hogwarts so wohl niemals behandeln wird.«
Er war wohl der einzige Schüler in Hogwarts, der in Geschichte der Zauberei einen UTZ erreichen wollte.
»Was denn für Flüche?«, wollte Mary wissen und richtete ihr Augenmerk nun wieder auf den Bücherstapel.
»Verdiene dir wenigstens einen ZAG, dann kannst du dir das Buch vielleicht einmal ausleihen«, antwortete er und seine Mundwinkel zuckten, »Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du keinen der Zauber richtig beherrschen könntest.«
Da waren sie wieder, die ZAGs. Mary hätte es doch stark gewundert, wenn ihr Cousin das Thema nicht auf die ZAGs gelenkt hätte. Als wäre es nicht auch so schon schlimm genug, dass am Ende ihres Schuljahres die wichtigen Prüfungen in Hogwarts anstanden. Erst vor wenigen Tagen, nachdem sie aus Italien zurückgekehrt waren, erreichte Nathaniel das Prüfungsergebnis und ließ Mary damit wieder an ihre Prüfungen denken, die sie während der Ferien so gut hatte verdrängen können. Acht Ohnegleichen und ein Erwartungen übertroffen in Verwandlung, nachdem es ihm nicht ganz gelungen war, einen Tisch in einen Löwen zu verwandeln. Statt vier normalen Beinen hatte der Löwe drei normale Beine und ein Tischbein. Ihr Cousin schimpfte auch noch Monate danach über seinen fehlgeschlagenen Zauber. Nachdem Nathaniel nun, neben dem Vertrauensschüleramt, auch noch zum Kapitän der Gryffindor-Quidditchmannschaft ernannt wurde, hatte ihm das Erwartungen übertroffen auf den Prüfungsergebnissen trotzdem einen ordentlichen Dämpfer gegeben, wie Mary amüsiert bemerkt hatte. War es nicht schon schlimm genug, dass er ihr als Vertrauensschüler Anweisungen in der Schule geben konnte, nun konnte er sie auch im Quidditch-Team herum scheuchen...
Da sie nicht einmal an ein Ohnegleichen in ihren ZAGs denken konnte, ließ sie seine Bemerkung kommentarlos über sich ergehen, schenkte ihm ein falsches Lächeln und versuchte nun das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
»Und was ist das alles, Natty?«, fragte sie zuckersüß und deutete auf eine prall gefüllte Tüte auf dem Stuhl neben ihm.
Er verzog seinen Mund, sichtlich geärgert über den Spitznamen. »Das geht dich gar nichts an, Marigold«, erwiderte Nathaniel mit ernster Stimme und betonte ihren Namen, worauf Mary ihm nur die Zunge raus streckte. Solange niemand zuhörte, um dem sie sich scherte, konnte er sie ruhig bei ihrem richtigen Namen nennen, dem Namen ihrer Mutter.

»Hast du nun endlich deinen Aufsatz fertig?«, fragte Nathaniel, nachdem Mary nichts erwidert hatte.
»Trolle sind so langweilig«, gähnte sie nur gespielt mit offenen Augen und hielt sich eine Hand vor dem Mund.
»Es ist egal, ob dich das jeweilige Thema langweilt, du musst trotzdem deiner Aufgabe nachkommen«, sagte er scharf. »Wie viel hast du denn? Wenn du willst, schaue ich mal drüber und schreibe selbst einen Teil, auch wenn du es eigentlich selber schreiben müsstest. Und das ohne Hilfe.«
Mary bemühte sich nicht einmal, schuldbewusst drein zuschauen. »Ich wollte gerade anfangen, doch dann musstest du mich ja ablenken!«
»Du wolltest gerade ein Nickerchen machen«, gab er trocken zurück und rollte mit den Augen.
Mary zuckte nur mit den Achseln, während sich Èvariste, auf einem Tablett den Erdbeerbecher stehend, ihrem Tisch näherte.
»Einen Erdbeerbecher für die wunderschöne Madame«, sagte der Besitzer dieses Eissalons, das es nun schon seit fünfzehn Jahren gab, und setze den Becher vor Mary ab, ehe er sich lächelnd Nathaniel zuwandte. »Für Sie auch etwas?«
Natty winkte nur ab, worauf Èvariste ihm kurz den Kopf zuneigte und sich entfernte, und unaufgefordert das Buch mitsamt Pergament und ihrer Feder nahm. Er strich das Blatt glatt und begann, ohne das Buch aufzuschlagen, an dem Aufsatz zu schreiben. »Du willst ja gar nicht wissen, was Natricio mit Schülern macht, die ihrer Ferienarbeit nicht nachgehen«, erklärte er ruhig, während er gebeugt über dem Pergament saß und die Feder über das Blatt huschte.
»Du bist ein Schatz, Natty«, bedankte sich Mary mit einem strahlenden Lächeln, welches ihre weißen Zähne entblößte, ehe sie den Löffel erneut in den Erdbeerbecher tauchte und ihn wenige Augenblicke später vergnüglich abschleckte.

Nachdem Mary ihren zweiten Becher verputzt hatte, war Nathaniel bereits fertig und streckte ihr grinsend den Aufsatz entgegen. Dank der Feder würde niemand bemerken, dass der gesamte Aufsatz, ja kein einziges Wort, nicht von ihr stammte.
»Dankeschön«, sagte sie munter und warf einen einzigen Blick auf das Blatt Pergament, ehe sie es zufrieden in ihre Tasche gleiten ließ.
»Ich habe ihn extra so verfasst, dass Professor Natricio nicht einmal ahnen wird, dass er nicht von einer miesen Schülerin wie dir stammt.«, sagte er grinsend.
Mary musterte ihn mit zusammengekniffenen Augenbrauen, ehe sie dann doch dankbar nickte und ihr kleines Büchlein und ihre geliebte Feder in ihre Tasche steckte. Sie wusste, daran gab es keinerlei Zweifel, dass er so etwas nur für sie machen würde, über seine heißgeliebten Schulregeln hinwegsehen oder für sie einen Lehrer betrügen würde, die für ihn wie Heilige waren.
»Aber das war das letzte Mal, Mary«, schob er noch hinterher und tadelte sie mit seinem üblichen 'sonst-lernst-du-nie-etwas'-Blick.
»Ja, ja«, erwiderte sie leichtfertig.
»Wollen wir nun zurück zum Tropfenden Kessel? Richhard wartet dort schon sicher auf uns.« Er nannte seinen Vater vor Mary immer Richhard.
»Ich brauche erst noch ein paar neue Zutaten für Zaubertränke und einen neuen Kessel, denn mein jetziger hat ein Loch im Boden.«
Er verdrehte, wie so oft vor Mary, die Augen und nickte schließlich. »Gut, dann besorge ich mir direkt noch etwas Wermut und ein Zweihorn-Horn.«
Also bezahlte Mary ihre beiden Erdbeerbecher, genau eine glänzende Galleone und sieben Sickel, und gingen gemeinsam durch die belebte Gasse zur kleinen Apotheke, die direkt neben Èvaristes Eissalon lag. Vor der Apotheke, ein altes Haus, kleiner als die meisten Geschäfte der Winkelgasse, standen verrostete Kessel – manche davon waren so groß, dass Mary darin bequem ein Bad nehmen konnte.
Sie reichte ihrem Cousin eine gefalteten Stück Pergament, worauf sich die ganzen Zutaten befanden, die Mary für dieses Schuljahr dringen brauchte, und wartete vor der Apotheke ab, während Nathaniel das Geschäft betrat.
Während sie so vor der Apotheke wartete, beobachtete sie die vorbeiziehenden Hexen und Zauberer, darunter einige Mitschüler aus Hogwarts, und spähte immer wieder durch das Fenster der Apotheke, nur um dann festzustellen, dass Nathaniel noch immer mit der Hexe, welche die Apotheke führte, hitzig diskutierte.
»Verdammte Sabberhexe«, murmelte Nathaniel, als er endlich mit zwei Tüten aus der Apotheke trat, »Sie wollte mir doch tatsächlich 10 Galleonen für das Zweihorn-Horn abknöpfen.« Er schüttelte übertrieben den Kopf und reichte Mary eine der Tüten, eine besonders kleine, die sie dankend annahm und direkt in ihre Handtasche quetschte.
»Du kennst doch die unverschämt hohen Preise dort«, sagte Mary und machte sich nun langsam durch die Winkelgasse auf den Weg zum Tropfenden Kessel.
Nathaniel ging dabei an ihrer Seite. »Trotzdem«, sagte er mit genervter Stimme, »Nur weil ich ein Schüler bin, heißt es doch noch lange nicht, dass sie mich einfach so übers' Ohr hauen kann.« Auch wenn sie es wirklich nicht nötig hatten, sich um das Geld zu sorgen, so tat Nathaniel es doch trotz alledem. Sein liebstes Thema war dabei die Apotheke, die, weil sie die einzige in der Winkelgasse war, ihre Preise beliebig und dreist nach oben schrauben konnte. Die liebsten Opfer sind dabei Schüler, die zumeist keine Ahnung davon hatten, dass man sie regelrecht ausnahm. Daher betrat Mary niemals die Apotheke, sondern schickte ihren Onkel oder Natty rein, die den Preis meist herunter handeln konnten und Mary so kein kleines Vermögen verlor.

Die Mauer stand offen, als sie den Hinterhof des Tropfenden Kessels erreichten, und so betraten sie, nachdem sich Nathaniel nun endlich nicht mehr über die Preise in der Apotheke aufregte, den stickigen Wirtsraum des beliebtesten Pubs in Britannien – zumindest für die magische Bevölkerung.
An diesem Tag war nicht besonders viel los im Tropfenden Kessel; Mrs Abbott, die neue Inhaberin des Pubs, stand hinter dem Tresen und wechselte ein paar Worte mit einem dicken Zauberer, dessen Bart beinah den Fußboden erreichte, der wild mit den Händen gestikulierte.
Ihr Onkel, Richhard, saß an einem freien Tisch, von denen es gerade viele gab, und las den Tagespropheten. Als Mary und Nath den Pup betraten, blickte er auf. »Kinder!«, sagte er lächelnd, legte die Zeitung auf den Tisch und wies auf die freien Stühle. »Habt ihr alles?«
Die beiden Hogwartsschüler nickten.
»Hast du auch dein Festkleid, Mary?«, fragte er und musterte sie.
»Oh!«, machte sie nur. Das Festkleid hatte sie ganz vergessen. Es war das erste Mal, dass in dem Schulschreiben ein Festkleid erwähnt wurde. Mary vermutete, dass es wegen den ZAGs war. Vielleicht gibt es eine Feier nach den Prüfungen, von der man noch nie etwas erzählt hat?
Ihr Onkel seufzte nur, lächelte sie aber vergnügt an.
»Wollen wir nochmal schnell zurück?«, fragte Nathaniel.
»Hm«, sagte Mary und fuhr sich durch das Haar, »Nein, lieber nicht. Kannst du mir nicht einfach schnell eines besorgen?«
»Du willst dir nicht selbst einen aussuchen?«, fragte Nathaniel verwundert.
Mary schüttelte nur den Kopf und lächelte schüchtern, worauf ihr Cousin nur die Schultern zuckte und sich erhob. »Dann bis gleich.«, verabschiedete er sich und zwinkerte Mary kurz zu.
Ihr Onkel wiederholte nur sein Seufzen und schüttelte den Kopf. »Weißt du, wenn wir gemeinsam gegangen wären, dann wäre dir das nicht passiert. Nathaniel hat seine Festbekleidung schon«, erklärte er und lehnte sich zurück.
»Er braucht auch so etwas?«, fragte sie und ihr Blick fiel kurz auf die Titelseite des Tagespropheten. Das Antlitz eines jungen Mannes, bärtig und mit einem eindringlichen Blick, das lange Haar fiel ihm über die Schultern, starrte Mary ins Gesicht.
»Natürlich. Alle Schüler ab der fünften Klasse.« Das wusste sie nicht. Es wäre wohl besser gewesen, wenn sie den Brief der Schule bis zum Ende hin gelesen hätte. Sie beschlich das Gefühl, dass sie Nathaniel besser begleitet hätte sollen und dachte kurz darüber nach, ihm noch schnell zu folgen. Sie verwarf diesen Gedanken aber und bemühte sich zu einem Lächeln. »Ich dachte, dass man das Festkleid wegen den Prüfungen braucht...« Und nach den Prüfungen wäre sie ganz gewiss nicht in Feierlaune, also wäre es völlig egal, was sie trug.
»Wozu bräuchte man da ein Festkleid?«, fragte ihr Onkel mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Naja, vielleicht für eine Feier, wenn man endlich all die schrecklichen Prüfungen hinter sich hat«, erklärte sie und hob die Schultern, dabei machte sie ein ratloses Gesicht. Ihr Onkel schüttelte nur lachend den Kopf. »Nein, solche Feiern gibt es nicht, zumindest soweit ich weiß«, erklärte er mit einem belustigten Tonfall, »Ich weiß allerdings auch nicht, wieso ihr in diesem Jahr eine festliche Kleidung braucht.« Er machte eine nachdenkliche Miene.
»Ist ja auch egal«, entschied sie mit einer Gleichgültigkeit, worauf ihr Onkel nur kurz nickte.

»Hast du deine Sachen schon gepackt?«, fragte er nach einigen Augenblicken und nahm wieder die Zeitung in die Hand. Seit gestern bewohnten sie den Tropfenden Kessel und in der Zeit gelang es Mary noch nicht, ihre Koffer für das Jahr in Hogwarts zupacken. Doch morgen wäre bereits die Abreise. »Nein, noch nicht«, erwiderte sie kleinlaut. Richhard atmete einmal tief ein und aus und sah vom Tagespropheten auf, blickte sie über den Zeitungsrand streng an. »Dann ist jetzt die Zeit dafür«, sagte er und sein Tonfall ließ kein Widerwort zu. »Und dein Aufsatz?«
»Der ist fertig!«, strahlte sie und tippte auf ihre Tasche. Nachdem ihr Onkel dann bat, ihn einmal sehen zu dürfen, reichte sie ihm ihren Aufsatz. Er legte erneut die Zeitung beiseite und las ihn. Seine grauen Augen huschten dabei über das Blatt. Er besaß das übliche dunkelbraune Haar, welches in der Familie üblich war, doch sein Haar war bereits durch einige graue Strähnen durchzogen, außerdem trug er einen dunklen Zaubererumhang.
Der Wirtsraum wurde bereits durch rötlich goldene Sonnenstrahlen durchzogen, die schräg durch die Fenster unterhalb der hölzernen Decke in den Raum drangen, während sich der Himmel draußen allmählich verdunkelte. Einige Besucher der Winkelgasse, die durch den Tropfenden Kessel die Gasse verließen, durchquerten den Wirtsraum, beladen mit Einkäufen, dicke Tüten, schwere Taschen und einem erheblich erleichterten Geldbeutel, gefolgt von mürrisch dreinblickenden Schülern der Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei. Einige davon, aber nur die wenigsten, kannte Mary. Manchen winkte Mary kurz zu, bei anderen wandte sie schnell den Blick ab.
»Gute Arbeit, Mary«, sagte Richhard stolz und hob lächelnd den Blick, den Mary sofort erwiderte. »Ich wusste gar nicht, dass du dich so für Trolle interessierst. Ich bin wirklich beeindruckt.«
Mary winkte ab. »Ich mag Verteidigung gegen die dunklen Künste einfach«, erklärte sie mit gesenkten Blick, während sie ihren Aufsatz wieder grob in die Tasche zurücksteckte.
»Das Fach oder den Lehrer?«, fragte Richhard und durchbohrte seine Nichte förmlich mit seinem Blick.
»Was für eine dumme Frage«, antwortete sie zögerlich, während sich ihre Wangen rötlich färbten und dem Blick ihres Onkels auswich.
Richhard unterdrückte ein Lachen und nahm wieder die Zeitung auf. »Und jetzt pack' endlich deine Koffer, sonst fahren wir morgen ohne dich los«, sagte er tadelnd und verscheuchte sie mit einer Handbewegung, ehe er wieder in den Tagespropheten versank.

Mary blickte sich noch einmal um, ehe sie die hölzerne Treppe nach oben nahm. Ihr Cousin wusste ja, wo sich ihr Zimmer befand. Auf der obersten Stufe wäre sie um ein Haar mit ihrem Hauslehrer zusammengestoßen, der über die Ferien im Tropfenden Kessel wohnte. Erschrocken wich sie einen Schritt zurück, sodass sie beinah die Treppe nach unten gestürzt wäre, während sie eine Entschuldigung stammelte.
»Nichts passiert, Miss Bones«, sagte der Professor lächelnd und nahm die Treppe nach unten. Unten angelangt, hob er noch einmal den Blick und winkte Mary einmal zu. »Bis morgen!« Und damit war Professor Longbottom, einer der wenigen Lehrer, die Mary wirklich mochte, auch schon verschwunden.

Vor einer Tür mit der Messingnummer dreizehn suchte Mary in ihrer kleinen Handtasche nach dem silbernen Schlüssel. Nachdem sie ihn gefunden hatte, schloss sie ihre Tür auf und betrat das Zimmer.
Das Zimmer bestand aus einem gemütlichen Bett und ein paar Möbeln aus einem dunklen Holz, das im Feuer, welches fröhlich im Kamin vor sich hin prasselte, beleuchtet wurde. Vor ihrem Fenster hielt sie inne und blickte nach draußen. Der Himmel hatte sich nun ganz verdüstert, die Sonne war versunken, und dichte Regenwolken bedeckten den nun nächtlichen Himmel. Sterne waren in diesem Moment nicht zusehen. Mary zog die Vorhänge zu, ließ das dünne Kleidchen zu Boden gleiten, warf ihre Tasche unachtsam auf einen kleinen Schrank und warf sich dann in das kuschelige Bett. Als sie schon beinah eingeschlafen wäre, bemerkte sie, dass die Tür noch immer unverschlossen war, daher stemmte sie mühevoll vom Bett auf, trat an die Tür und verschloss sie zweimal. Danach legte sie sich wieder ins Bett, warf die Decke über sich und ließ sich in die weichen Kissen sinken, ehe sie in einen traumlosen Schlaf versank.

Ein dröhnendes Poltern riss sie aus ihrem tiefen Schlaf. Nathaniel klopfte an ihre Zimmertür. Gähnend drehte sich Mary auf die andere Seite, die Decke lag dabei auf dem Boden. »Mary?«, er klopfte erneut gegen die hölzerne Tür, »in zehn Minuten fahren wir zum King's Cross, also beeile dich.« Mary fluchte, während sich Nathaniel lachend verzog. Verdammt, schoss es ihr durch den Kopf. Eilig stürzte sie auf ihrem warmen Bett und ließ ihren Blick durch das Zimmer streifen, einige Sonnenstrahlen fanden einen Weg durch die dunklen Vorhänge in das Zimmer. Verdammt, schoss es ihr erneut durch den Kopf, als sie das Chaos sah. Bücher, ihr Teleskopen für Astronomie, Schulumhänge, Muggelkleidung und sonstige Dinge lagen um ihre Koffer verstreut auf dem hölzernen Fußboden. Sie wusste doch, dass sie am Abend noch etwas vergessen hatte. Mary eilte zu ihrem Kleid, das sie Tag zuvor getragen hatte, roch einmal daran und zog es sich über. Danach stellte sie sich vor einem Spiegel, der direkt neben der Tür hing, und betrachtete sich einen kurzen Moment darin. Wenn ich doch nur zaubern dürfe... Sie strich ihr langes, dunkelbraunes Haar nach hinten und band es zu einem einfachen Zopf, dann wusch sie sich mit klarem Wasser, das in einer kleinen Schüssel auf einem Tischchen stand, durch das Gesicht.
Sie erschrak und zuckte kurz zusammen, als es erneut an der Tür hämmerte. »Mary?«, drang es durch die Tür. Dieses Mal war es ihr Onkel. Sie schloss ihm eilend die Tür auf, worauf er in Zimmer gestürzt kam. »Meine Güte, Marigold«, schüttelte er sichtlich genervt den Kopf und sah sie mit einem strengen Blick an, sodass sie ihren Blick rasch abwandte und zu ihrem Koffer huschte. »Nein, lass das«, sagte er, als Mary zu packen beginnen wollte. »Tritt einen Schritt zurück«, befahl er ihr streng und zückte seinen Zauberstab. Nachdem Mary einen Schritt zurückgetreten war, schwang Richhard seinen Zauberstab: »Pack«, sagte er und richte dann seinen Zauberstab auf die am Boden liegenden Sachen von Mary, welche dann schön ordentlich und sortiert in den Koffer plumpsten. »Danke«, kam es leise von Mary.
Ihr Onkel nickte nur und richtete seinen Zauberstab auf den Koffer. »Komm«, sagte er, nun wieder entspannter, und verließ dich gefolgt von Mary und den schwebenden Koffer das Zimmer.

Gemeinsam gingen sie nach unten, in den Wirtsraum, wo Nathaniel mit gerunzelter Stirn den Tagespropheten las. Sein Koffer stand ordentlich gepackt neben ihm, darauf ein Käfig mit seiner Eule, Algis, die auch Mary für Briefe benutzen durfte. Doch sie gingen nicht auf die Tische zu, wo ihr Cousin saß, sondern bewegten sich zum Ausgang hin.
»Holst du deinen Cousin?«, fragte ihr Onkel und wies auf Nathaniel, der sie noch nicht bemerkt hatte.
»Natürlich«, sagte Mary grinsend. Kurz überlegte sie, nachdem Richhard mitsamt Koffer den Tropfenden Kessel verlassen hatte, ihrem Cousin nichts zu sagen. Doch seine Abwesenheit würde ihr Onkel leider bemerken...

Und so machten sie sich gemeinsam auf zum Bahnhof, dem gewaltigen King's Cross. Ihr Onkel, der eine erhöhte Stellung als Auror, ein Jäger von Schwarzen Magiern, im Ministerium genoss, konnte er einen verzauberten, schwarzen Wagen und einen gelangweilt aussehenden Fahrer auftreiben, der sie zum Bahnhof bringen sollte. Es war ein sehr kleiner Wagen, dennoch fanden ihre Koffer und der Käfig im Kofferraum bequem einen Platz. Derweil kreischte Algis, der sicher lieber zum Bahnhof fliegen würde. Mary setzte sich in das Auto auf die Hinterbank und rutschte etwas, als auch Nathaniel und ihr Onkel einstiegen.
Die Fahrt nach King's Cross verlief relativ schweigsam und Mary warf ihrem Cousin des öfteren böse Blicke zu. Da es sich hier bei um ein Auto des Zaubereiministeriums handelte und um kein gewöhnliches Muggelauto, glitt es durch Engpässe, übersprang einen Stau und machte, wo normale Autos mit ihren Muggeln hielten, keinen Halt. Unter diesen Umständen war die Fahrt nach King's Cross nicht besonders lange und nach einigen Minuten hielten sie auch schon vor dem großen Gebäude, wo sie eilig ausstiegen. Mary warf einen Blick auf den hohen Glockenturm des Bahnhofes. Es waren noch mehr als zehn Minuten, bis der Hogwarts-Express abfahren würde, also ließen sie sich beim Auspacken des Gepäcks relativ viel Zeit. Ihr Onkel wechselte noch einige Worte mit dem Fahrer, ehe er zum Abschied die Hand hob und der Wagen wieder losfuhr. Als Mary sich nach dem Wagen umdrehen wollte, war er bereits verschwunden.

Mary, Nathaniel und Richhard bummelten zur Absperrung zwischen den Gleisen neun und zehn; da es sicher seltsam aussehen würde, wenn die Koffer nun immer noch neben ihnen schweben würden, schob Nathaniel nun einen Gepäckwagen vor sich hin. Vor der Absperrung blickten sie sich noch einmal um in der Hoffnung, Miss Bones, Marys Tante, zu erblicken, doch diese Hoffnung war vergebens. Sie war eine Art Auror in der Muggelwelt, eine Polizisten, und hatte heute Dienst, daher konnte sie sich nicht vor dem Zug von ihnen verabschieden, das hatte sie bereits Zuhause erledigt.
Mary lehnte sich gegen die Wand, die zu ihrem Gleis führte, und im nächsten Augenblick kippte sie seitlich durch die Steinwand und landete schwankend auf dem Bahnsteig, von wo der Hogwarts-Express nun schon seit vielen, vielen Jahren die Schüler nach Hogwarts brachte; Gleis neundreiviertel.
Als sich Mary wieder gefangen hatte und sicher auf zwei Beinen stand, kam auch schon Nathaniel durch die Wand gebrochen, der noch immer den Wagen vor sich her schob. Er lächelte ihr zu, als auch sein Vater hinter ihm erschien.
Mary wandte sich von den beiden ab und sah so die scharlachrote Lok, den Hogwarts-Express, die rauchigen Dampf aus ihrem schwarzen Schornstein paffte und laut pfiff. Über den Bahnsteg glitt weißer Nebel, der von der Lok ausging, während dort ein dichtes Gedränge von Hexen und Zauberern, welche ihre Kinder zum Zug brachten. Durch den qualmigen Nebel suchte sie den Bahnsteig ab in der Hoffnung, ihren besten Freund im Nebel, der sich nun langsam verzog, zu erblicken. Doch keine Spur von ihm, also drängte sich Mary, Nathaniel und ihr Onkel an den vollen Abteilen vorbei, durch die Masse von Hexen und Zauberern. Vor einem Waggon, in dem Mary noch eine leeres Abtei erblickte, verabschiedete Mary sich von Richhard. Sie umarmte ihn und küsste ihm zum Abschied auf die Wange. »Pass auf dich auf und treib keinen Unfug, Mary«, sagte er mit einem tadelnden Unterton in seiner Stimme und erwiderte die Umarmung.
»Das werde ich«, lächelte sie ihm zu und löste sich von ihm.
»Und viel Glück bei den Prüfungen! Ich weiß doch, dass du sie packst.« Sein Tonfall klang aufmunternd.
Mary nickte ihm noch einmal zu, ehe sie eine Zugtür öffnete und einstieg. Schnell öffnete sie ein Fenster, lehnte sich hinaus und winkte ihrem Onkel zu, der sich nun von Nathaniel verabschiedete. Nachdem sich nun auch Nath von seinem Vater verabschiedet hatte, fuhr er zügig mit dem Gepäckwagen davon, um die Koffer und den Käfig im Zug unterzubringen. Ihr Onkel lächelte ihr noch einmal freundlich zu und hob die Hand, ehe er plötzlich verschwand.
Sie ließ ihren Blick noch einmal über die Hexen und Zauberer auf dem Bahnsteg schweifen, die alle ihren Kindern zuwinkten, als ein Dampfstrahl aus der Lok zischte und sie nun langsam und ruckartig anfuhr. Mary schloss das Fenster, blickte den Gang entlang, wo sich noch einige winkende Schüler tummelten, und schob die Schiebetür zu einem leeren Abteil auf und ließ sich auf einen der Sitze nieder. Nathaniel würde, wie er es auch schon im letzten Jahr tat, die ganze Fahrt über ihm Vertrauensschüler-Abteil aufhalten, der sich relativ weit vorne im Zug befand. Doch das störte Mary nicht weiter, solange ihr bester Freund sie finden würde. Sie war sich ziemlich sicher, dass er die Abteile in diesem Moment nach ihr absuchte. Sie blickte aus dem Fenster und bemerkte, dass der Zug den Bahnhof bereits verlassen und sehr schnell an Fahrt aufgenommen hatte. Einige Schüler drängten sich auf dem Gang an ihr Abteil vorbei, einige bekannte Gesichter sah sie und ein paar winkten ihr auch zu, doch keiner betrat, wie sie zufrieden feststellte, ihr Abteil. Sie lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und wartete.
 

Vanidar

Novize


Mit einem mürrischen Gesicht, kämpfte Logan Greymoore sich durch die Gänge des Hogwarts Express, voll beladen mit seinem Gepäck und damit beschäftigt anderen Schülern auszuweichen. Der Zug befand sich bereits in voller Fahrt, aber er war noch immer auf der Suche, nach dem richtigen Platz, und das half seiner ohnehin schon miesen Laune nicht wirklich. Er konnte sich derzeit keinen Ort vorstellen, an dem er weniger gerne wäre, als in diesem verdammten Zug, der ihn wieder einmal irgendwo in die Wildnis brachte. Monatelang eingesperrt in einem kalten, zugigen Schloss, weit entfernt von jeglicher Zivilisation. Manchmal beneidete er die Schüler aus den Zaubererfamilien. Immerhin waren sie damit aufgewachsen nichts zu haben außer Magie und Bücher, aber für ihn reichte das nicht. Er selbst war ein Halbblut. Sein Vater stammte aus einer der ältesten Zaubererfamilien des Landes, während seine Mutter ein einfacher Muggel war. Inzwischen lebten die beiden getrennt voneinander, aber Logan wuchs trotz allem als gewöhnlicher Muggel auf. Erst als der Brief aus Hogwarts kam erzählten seine Eltern ihm alles über die Welt voller Magie und gähnender Langeweile.
Logan war relativ groß, fünfzehn Jahre alt und hatte kurze blonde Haare. Seine hellgrünen Augen suchten die Abteile ungeduldig nach jemandem ab, und sahen dabei viel zu viele nervige Gesichter. Viele Schüler grüßten ihn im vorbeigehen, auch wenn er keinen einzigen Gruß erwiderte. Er kannte kaum jemanden von diesen Leuten wirklich gut und sie kannten ihn hauptsächlich nur von seinen Quidditch Spielen. Er trug einfache Muggelkleidung. Jeans und ein dunkles T-Shirt. Am liebsten würde er auch in Hogwarts zu herumlaufen, die Schuluniform machte ihn immer wieder fertig, damit kam er sich erst recht vor, als würde er im Mittelalter leben. Sein Gesicht hellte sich erst auf, als er sein Ziel fand und vor einer Tür stehenblieb. Mühsam schob er die Tür zu dem Abteil auf, und ließ sein Gepäck fallen wo immer er gerade konnte. Es saß nur eine Person hier, Mary. Sie sah sofort auf und strahlte ihn fröhlich an, immerhin etwas, um seine Laune zu heben.
„Endlich! Wenigstens ein Gesicht das ich ertragen kann.“ begrüßte er seine Freundin erleichtert, während Mary ihn noch immer anstrahlte und darüber nachdachte ihm um den Hals zu fallen. Logan verstaute rasch seine Koffer halbwegs vernünftig, und ließ sich dann gegenüber Mary in den Sitz fallen.
„Schön dich endlich wiederzusehen.“ erwiderte sie seine Begrüßung und ihr Lächeln wurde noch breiter. Die ganzen Ferien über hatte sie sich auf diesen Moment gefreut „Hat ja ganz schön lange gedauert mich zu finden.“
„Oh ja, aber es hat sich gelohnt. Du hast keine Ahnung wie sehr ich mich freue dich zu sehen.“ behauptete Logan grinsend, und tatsächlich war Mary so ziemlich das einzige worauf er sich in Hogwarts noch freute. Sie gingen beide nach Gryffindor und hingen seit der ersten Klasse ständig zusammen, es schien unmöglich zu sein sie während der Schulzeit voneinander zu trennen. Nur in den Ferien sahen sie sich fast nie, da er seine Zeit in der Zivilisation genießen wollte. „Eigentlich kann ich ja jetzt wieder gehen. Das hier war so ziemlich der beste Augenblick des ganzen Schuljahres, der Rest wird grauenhaft und nervtötend. Warum überspringen wir die nächsten Monate nicht einfach und tun so, als wären wir schon wieder auf dem Rückweg nach London? Dann können wir uns den ganzen Ärger sparen.“
„Ach, hör auf jetzt schon deine schlechte Laune zu verbreiten. Ich bin sicher es wird toll und großartig, immerhin können wir endlich wieder gemeinsam Hogwarts unsicher machen!“
„Wenn du meinst.“ meinte Logan gleichgültig und zuckte kurz mit den Schultern. Es gab nicht viel worauf er sich dieses Jahr noch freuen konnte, nur noch mehr Prüfungen und noch mehr Leute, die ihn nicht im Geringsten interessierten. „Vergessen wir diese furchtbare Schule für einen Augenblick, ja? Erzähl mir lieber was du in den Ferien gemacht hast, vielleicht heitert wenigstens das mich auf und dann können wir so tun, als wären wir noch immer weit weit weg von Hogwarts.“ ermunterte Logan sie dazu einen vergeblichen Versuch zu starten, seine Laune zu verbessern und ihn von den grauenhaften Monaten des Jahres abzulenken.
„Wie du weißt waren wir alle gemeinsam in Italien. Natty hat die meiste zeit über nur gelesen und gelernt, wie immer. Er nimmt die Schule viel zu ernst, aber naja, dafür hat er auch ein Ohnegleichen in fast allen Prüfungen bekommen. Da ich mit ihm nicht viel anfangen konnte, war ich die meiste Zeit am Strand.“
„Ach ja, danke für die Postkarte, sie war toll.“ warf Logan lächelnd ein, als er an die magische Postkarte denken musste, die Mary ihm geschickt hatte. Darauf war sie zu sehen gewesen, wie sie am Strand herumtollte und ihren Cousin ärgerte.
„Oh gut, sie hat dir also gefallen.“ Marys Strahlen kehrte wieder zurück, auch wenn sie jetzt etwas verlegen wirkte. Sie hasste es ihn in den Ferien nie zu sehen, aber es schien unmöglich ihn von seinem Muggelkram wegzubekommen und gemeinsam zu verreisen. „Jedenfalls, waren wir auch noch einen Tag in Rom, um uns durch ein paar Museen der Muggel zu kämpfen. Es ist wirklich voll dort, und unfassbar laut. Warum müssen Muggel eigentlich die ganze Zeit durcheinander schreien? Dazu noch die Hitze...aber naja, es hat sich trotzdem gelohnt. Die Ferien dort waren toll. Das nächste Mal müssen wir gemeinsam nach Italien fahren, ja?“ sie wartete kurz, und erwartete eigentlich einen entgeisterten Blick von Logan, aber dieser nickte nur beiläufig. Vermutlich hatte er die Frage nicht einmal wirklich gehört, aber jetzt konnte sie sich vorstellen mit ihm in den Urlaub zu fahren. Wenn sie ihn genug nervte, würde er vielleicht doch noch mitkommen. „Egal. Sag mir lieber was du den Sommer über getan hast.“
„So das übliche halt.“ antwortete Logan kurz angebunden. Als sie sich damit nicht zufriedengab fuhr er seufzend fort und redete sich dabei aus Versehen etwas in Rage, da er an all die Dinge denken musste, die er für Hogwarts hinter sich ließ „Meinen Freunden vorgelogen wie toll ich das Internat in Schottland finde, sehr viel Zeit vor dem Computer verbracht und alle Animes und Mangas nachgeholt, die ich dank Hogwarts verpasst habe. Argghhh! Wenn diese verfluchte Schule wenigstens Strom hätte! Oder verdammtes Internet! Wie soll ich hier an die neusten Kapitel von Akame ga Kill kommen? Wie!? Ich muss wissen was als nächstes passiert und ob Mine wieder aufwacht, ansonsten drehe ich noch durch! Wenn ich bis zu den Weihnachtsferien warten muss, kann ich mich auch gleich umbringen! Hast du eigentlich eine Ahnung davon, was ich alles verpasse, während ich in Hogwarts festsitze? Die nächsten Monate, werden die pure Hölle!“
„Du bist unverbesserlich. Jeder andere Mensch in diesem Zug freut sich seit Wochen darauf wieder zurück nach Hogwarts zu kommen.“ Mary schüttelte resignierend den Kopf. Sie würde ihn niemals verstehen. Obwohl Logan und sie sich seit der ersten Klasse kannten und in Hogwarts als unzertrennlich galten, kam sie mit dem Muggel-Logan noch immer nicht wirklich klar. Sie entschied sich dazu alles zu übergehen was gesagt hatte und konzentrierte sich lieber auf das Jahr, das noch vor ihnen lag. „Hast du dich überhaupt irgendwie mit unserer richtigen Welt beschäftigt?“
„Nein, ich habe wie immer nichts mitbekommen, hauptsächlich weil es mir vollkommen egal war. Zumindest in den Ferien muss ich nicht auch noch ständig mit Magie bombardiert werden. Ist wenigstens irgendetwas interessantes passiert, oder ist die Magierwelt so langweilig und einschläfernd wie immer?“
„Wir kriegen einen neuen Lehrer für Zaubertränke.“ begann Mary aufgeregt zu erzählen, wobei sich ihre Miene verdüsterte je weiter sie kam „Professor Slughorn ist in einen Kampf auf Leben und Tod mit einem Tanklaster geraten. In seinem Alter hat er den LKW mit einem Riesen aus Voldemorts Armee verwechselt, der gekommen war, um ihn zu ermorden. Armer alter Kerl. Hätte das Schloss vielleicht nicht mehr verlassen sollen. Jedenfalls hat er letztendlich versucht seinen Gegner anzuzünden, was ihm nicht viel half. Zum Glück war es irgendwo draußen auf einer Landstraße, ansonsten hätte er noch jemanden verletzt, naja...jemand anderen als sich selbst und den Fahrer des Lasters.“
„Also ist er genauso langweilig gestorben wie er unterrichtet hat.“ brummte Logan gelangweilt, obwohl ihn die Nachricht überraschte. Slughorn verließ sonst nie das Schloss, dafür war er inzwischen viel zu bequem und faul geworden. Aber warum auch immer er sich dazu entschlossen hatte in die Luft zu fliegen, ein neuer Lehrer versprach immerhin etwas Abwechslung, auch wenn es sich nur um ein so unbedeutendes Fach wie Zaubertränke handelte.
„Mhm mal überlegen. Was war denn noch...ach ja, genau, das hätte ich fast vergessen!“ rief sie laut aus, nachdem sie eine Weile nachdenken musste. Jetzt wirkte sie erst recht aufgeregt und sah ihn eindringlich an, gespannt, wie er darauf reagierte „Jason Waylshire geht nicht mehr zur Schule, er ist ja letztes Jahr fertig geworden, und bisher haben sie keinen Ersatz. Du weißt was das für uns bedeutet?“ eine Weile wartete sie darauf das Logan ihr antwortete, aber er starrte nur ausdruckslos an ihr vorbei und schien sie gar nicht zu hören „Hallo? Bist du noch da? Logan!“
„Ja, ja. Slytherin hat keinen Sucher mehr.“ murmelte er leise als Antwort und spürte wie er immer müder wurde. Er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen, weil er jede kostbare Sekunde in Freiheit noch nutzen wollte, bevor er wieder in die Einöde von Hogwarts zurück musste.
„Richtig. Sie müssen erst einmal einen neuen finden und ihn dann trainieren. Bis der Neue sich ins Team einfindet, kann es ewig dauern und wir spielen zum Glück gleich als erste gegen sie.“
„Das heißt, dass die Quidditch Saison dieses Jahr noch langweiliger wird als sonst.“ schloss Logan, der sich von ihrer Begeisterung nicht anstecken ließ. Jason war ein guter Sucher gewesen, nicht besser als Logan, aber der beste den die anderen Mannschaften aufbieten konnten. Ohne ihn, sanken die Chancen auf eine Niederlage von Gryffindor nur noch mehr. „Slytherin war unser einziger halbwegs guter Gegner, ohne Jason sind sie keine Konkurrenz mehr, es sei denn sie zaubern in den nächsten Monaten einen Wunderspieler aus dem Ärmel.“
„Du meinst so einen wie dich.“ neckte sie ihn grinsend, aber gleichzeitig auch mit ehrlicher Bewunderung in der Stimme. Sie selbst spielte als Jägerin in der Mannschaft von Gryffindor. Bisher hatte Logan kein einziges Spiel verloren, seit er in der zweiten Klasse zum Sucher wurde. Damals fand er das ganze sogar noch aufregend, trainierte hart und gab sich Mühe, um für seine Mannschaft Inzwischen tauchte er niemals zum Training auf, sogar zu den Spielen verspätete er sich, und ein Mal hätten sie beinahe verloren, weil er mitten im Match einfach keine Lust mehr hatte weiterzumachen. Aber trotz allem, ließ man ihn noch immer im Team, denn auf eines konnte man sich verlassen: Logan fing immer den Schnatz, in jedem Spiel. Ganz egal wie gelangweilt und schläfrig er wirkte, die Sucher der anderen Teams konnten trotzdem nicht mit ihm mithalten. „Ich werde nie verstehen wie du dich so wenig für Quidditch interessieren kannst, und trotzdem gleichzeitig der beste Spieler der Schule sein kannst.“
„Es ist bloß irgendein Spiel. Außerdem, selbst wenn sie jemanden finden der besser ist als ich und uns besiegen...würde das irgendeinen Unterschied machen?“
„Jap, würde es. Immerhin mögen dich die anderen Gryffindor´s nur, solange du für uns jedes Jahr den Quidditch Pokal holst. Wenn du anfängst zu verlieren, könnten wir vielleicht auf dumme Gedanken kommen und dich hassen, schließlich verlieren wir jedes Jahr hunderte Punkte wegen dir, naja und teilweise auch wegen mir...aber hauptsächlich wegen dir. Dank dir hat Slytherin den Hauspokal jetzt schon vier Jahre in Folge gewonnen, wenn du so weiter machst, werden wir niemals eine Chance gegen sie haben.“
„Hey! Das ist nicht meine Schuld!“ begehrte Logan entrüstet auf. Es stimmte das er haufenweise Punkte verlor, aber das hatten andere vor ihm auch, nur gab es für ihn keine Gelegenheit das ganze wieder durch den legendären Heldenmut von Godric Gryffindor auszugleichen. Gewisse Personen, die früher hier zur Schule gingen, hatten dafür gesorgt, dass es nicht mehr viele Möglichkeiten gab seinen Mut zu beweisen. „Ich würde auch jederzeit einen Basilisken töten, das Schloss vor schwarzen Magiern verteidigen oder irgendetwas anderes tolles tun, damit die Direktorin mit Punkte zuschiebt. Ganz egal was davon, Hauptsache es ist weniger langweilig als zu lernen. Aber leider gibt es hier nichts mehr, womit man die Lehrer noch beeindrucken kann.“ Logan schüttelte deprimiert den Kopf, bevor er Mary sarkastisch angrinste und plötzlich anfing die Stimme der vollkommen fassungslosen Professor McGonagall nachzuäffen. Dabei begann er ruhig, aber im Laufe der Zeit immer schriller, entrüsteter und aufgebrachter wurde, bis er wirklich fast so klang wie die Direktorin damals. „Ihr habt also ganz alleine die Riesenspinnenplage beseitigt und dafür gesorgt, dass die Schüler keine Angst mehr haben müssen gefressen zu werden sobald sie das Schloss verlassen? Sehe ich das richtig, Mister Greymoore? Sie haben sich wirklich mitten in der Nacht in den Verbotenen Wald geschlichen!? 50 Punkte Abzug, für jede ausgewachsene Acromantula die sie erlegt haben, und Strafarbeiten für das restliche Schuljahr!“
„Sie war wirklich sauer, und du hast Glück, dass die Strafarbeiten endlich vorbei sind. Du musstest fast die ganze vierte Klasse das ganze Schloss putzen.“ erinnerte sich Mary lachend, als seine Parodie die Erinnerungen an seinen Kampf mit den Spinnen wieder hervorholte. Es war halt auch eine dämliche Idee gewesen sich mit einer ganzen Legion aus Riesenspinnen anzulegen, auch wenn es irgendwie funktioniert hatte und sie noch lebten. Am Ende nahm Logan die ganze Schuld auf sich, und Mary musste nicht auch noch Strafarbeiten leisten. „Außerdem gibt es jetzt eh nichts mehr, was du noch anstellen kannst. Mir fällt jedenfalls nicht mehr viel ein.“
„Ich weiß, deswegen hasse ich dieses Schloss so sehr. Es gibt nichts mehr zu entdecken, nichts mehr zu erleben, und wenn man doch endlich einmal etwas interessantes findet oder leistet, wird einem ständig vorgehalten, wie viel besser Harry Potter war.“ missmutig verschränkte er die Arme vor der Brust und seufzte genervt. Die wenigen Dinge, die es in Hogwarts noch zu entdecken gab, wurden ihm dann auch noch von den Lehrern mies gemacht, die alles sofort als klein und unwichtig darstellten, damit er sich über gar nichts mehr freuen konnte. Das ganze sah dann immer in etwa so aus, und trieb ihn mittlerweile nach vier Jahren langsam aber sicher in den Wahnsinn: Du hast noch nie ein Quidditch Spiel verloren, Logan...aber Harry Potter war der jüngste Sucher seit 100 Jahren und konnte fliegen wie ein Adler! Oh, du hast einen gestaltlichen Patronus hervorgebracht, aber naja, das kann ja schließlich jeder, solange keine echten Dementoren in der Nähe sind. Harry Potter ist es übrigens gelungen Hunderte zu verjagen! Was? Es ist dir wirklich gelungen gegen eine Horde Monsterspinnen zu gewinnen? Übrigens, Harry Potter hat mit einem winzigen Schwert einen Basilisken erlegt und unbewaffnet einen Zweikampf mit einem Drachen gewonnen!
„Vielleicht ist es ganz gut, dass du dieses Jahr nicht so viel anstellen kannst.“ kam es vorsichtig von ihr, die schon damit rechnete das Logan verzweifelt aus dem Zug sprang, nur um von hier zu entkommen.
„Worauf willst du hinaus, Mary?“ fragte er misstrauisch nach, obwohl er es sich schon denken konnte.
„Naja, die ZAG Prüfungen stehen an...du hast sie doch nicht vergessen, oder?“
„Doch, ehrlich gesagt schon.“ antwortete er leichthin und ohne lügen zu müssen. Damit war er wahrscheinlich der einzige Fünftklässler, den das ganze Theater um die ZAG´s kalt ließ und der sich in den Ferien kein einziges mal Gedanken darüber gemacht hatte in welche Kurse er wollte.
„Wie kannst du nur so gleichgültig sein? Diese Prüfungen entscheiden immerhin in welche UTZ Kurse wir dürfen, und damit auch, welche Berufe wir später ausüben können! Wie willst du zum Beispiel im Ministerium Arbeit finden, wenn du nur einen UTZ in Muggelkunde hast?“ fuhr sie ihn empört an, auch wenn sie gar nicht wusste, warum sie Logan´s Antwort überhaupt noch überraschte. Seine Noten waren nicht unbedingt schlecht, aber sie das er sich permanent weigerte seine Hausaufgaben zu machen oder ein Schulbuch anzufassen half nicht unbedingt. Das er sich daher auch nicht für die ZAG´s interessierte hätte sie von Anfang an wissen müssen. Sie dagegen, konnte sich die Ferien über kaum entspannen, auch wenn sie es natürlich versucht hatte. Für jeden der es in der Zaubererwelt zu etwas bringen wollte, gab es keine wichtigeren Prüfungen.
„Falls ich eine Arbeit suche, vielleicht, und falls ich vorhabe mich nach Hogwarts noch weiter mit anderen Zauberern zu beschäftigen.“ erwiderte Logan und meinte das vollkommen ernst. Mithilfe von Magie, konnte man sicherlich steinreich werden in der Muggeltwelt, und letztendlich ließ sich mit Muggelgeld deutlich mehr anfangen. Das Ministerium konnte ihm gestohlen bleiben, also brauchte er sich auch nicht um die Prüfungen sorgen.
Mary sah ihn noch eine Weile zornig an, bevor sie ein leises „Pff“ hören ließ, und darüber hinwegging dass Logan die Prüfungen so leichtfertig abtat. Nach einer Weile versuchte sie das Gespräch in eine etwas andere Richtung zu lenken, obwohl sie wusste, dass er die ersten Tage nach den Ferien immer unausstehlich war. Sobald er sich erst einmal wieder in Hogwarts eingelebt hatte, wurde alles besser. „Hast du in den Ferien etwas von deiner Schwester gehört?“
„Nein.“ antwortete er so knapp wie möglich und versank deprimiert in seinem Sitz. Das einzige Thema, das seine Laune noch zielsicherer töten konnte als Hogwarts...seine Zwillingsschwester. Sie ging ebenfalls nach Hogwarts, aber lebte inzwischen schon seit fast drei Jahren bei ihrem Vater und dessen Familie. Logan schüttelte den Kopf, um die Gedanken an sie so schnell wie möglich wieder zu vertreiben. Es war schon schlimm genug, dass er seine Schwester in der Schule sehen musste, obwohl sie immerhin nur ein Fach zusammen hatten. „Lass uns nicht über diese Verrückte reden, ja? Sobald wir ankommen muss ich sie schon oft genug ertragen.“
„Ich verstehe euch beide einfach nicht.“ murmelte Mary verwirrt und musterte ihn eindringlich. Die ersten zwei Jahre in Hogwarts waren toll gewesen, damals, als Logan noch Spaß an der Schule hatte und sie gemeinsam mit beiden Zwillingen umherzog. Aber diese Zeiten waren vorbei und jetzt ignorierte seine Schwester die beiden wo immer sie nur konnte, und wenn sie sich nicht ignorierten, dann gab es Streit, sehr viel Streit.
„Da gibt es nicht viel zu verstehen. Sie ist wahnsinnig, mehr nicht. Wenn ich versuche mit ihr zu reden, wird sie mich vermutlich sofort mit irgendeinem ihrer durchgeknallten Zauber in Stücke reißen. Unter ihrer Fassade als eifrige Schülerin, steckt das pure Böse.“ übertrieb er wie immer maßlos und Mary gab es vorerst auf mit ihm zu sprechen. Es machte keinen Sinn am ersten Tag mit ihm zu reden, oder in der ersten Woche, aber diese grauenhafte Stimmung hielt meistens nicht lange an.
Gelangweilt blickte er aus dem Fenster, während seine Freundin ungeduldig auf den Süßigkeitenwagen wartete. Mary wiederzusehen hatte ihn kurz abgelenkt, aber dann musste sie ausgerechnet seine Schwester erwähnen. Vielleicht hatte er übertrieben, als er sie mit einem Monster verglich, aber wirklich weit lag er damit nicht von der Wahrheit entfernt. Die Welt der Magie hatte sie verändert, so viel war sicher, und er konnte es kaum erwarten dieses Jahr hinter sich zu bringen. Am besten ohne ein einziges Wort mit ihr wechseln zu müssen. Während ihm langsam die Augen zufielen, betrachtete er die Landschaft und verfluchte innerlich den Zug, der ihn unaufhaltsam näher an die Hölle und ein weiteres, gähnend langweiliges, Jahr brachte.




Nicht weit entfernt, in einem anderen Abteil, saß ein fünfzehnjähriges Mädchen mit langen, blonden Haaren, die ihr glatt und seidig über den Rücken bis zur Hüfte fielen. Sie trug bereits ihren schwarz-grünen Umhang und verzichtete auf Muggelbekleidung, obwohl sie gerade erst losgefahren waren. Interessiert studierte sie ein kleines dunkelblaues Buch und blendete ansonsten alles um sich herum aus. Ihr feingliedriges, sanftes Gesicht blieb dabei unbewegt und ausdruckslos, während die grünen Augen in beängstigend schnellem Tempo den Text überflogen. Im Moment wirkte sie so, als könnte sie kein Wässerchen trügen, ein Eindruck, den sie gerne und oft erweckte. Dabei strahlte jede noch so kleine Bewegung die sie machte, Stolz und Würde aus, selbst wenn es sich nur um etwas so unbedeutendes, wie das monotone Umblättern ihres Buches handelte. An ihrer Brust prangte ein glänzendes, silbernes Abzeichen mit einem großen V, welches sie jedem stolz präsentierte, seit es mit einer Eule angekommen war.
Morrigan Greymoore´s Ernennung zum Vertrauensschüler, erreichte sie irgendwann in den Ferienwochen, und überraschte so ziemlich niemanden mehr. In ganz Hogwarts gab es keinen Schüler, der so gute Noten hatte, und sich strikter an die Regeln hielt, oder mehr Punkte für sein Haus gewann. Eigentlich sah sie sich selbst schon seit zwei Jahren als Vertrauensschülerin, und hatte sogar schon damit angefangen Leute für Regelverstöße zu rügen. Sie musste einfach anfangen zu lächeln, als sie an ihr erstes Treffen mit den anderen Vertrauensschülern hier im Zug dachte. Für keinen von ihnen interessierte sie sich besonders, aber immerhin, konnte sie ein paar leichtgläubige und ziemlich verzweifelte Jungen dazu bringen ihr Gepäck zu übernehmen. Alleine hätte sie es damit nicht mehr besonders weit geschafft, irgendwie wurde es von Jahr zu Jahr deutlich mehr und schwerer. Vor allem, da sie sich in den Ferien aus Langeweile eine niedliche, kleine Katze zugelegt hatte. Zu irgendetwas musste ihre ständig wachsende Schar aus Verehrern ja schließlich gut sein. Das war eine der Schattenseiten an Hogwarts und so ziemlich das einzige, was sie an der Schule verabscheute. Es verging keine Woche, in der sie nicht mit Liebesbriefen überschüttet wurde oder jemand meinte ihr seine wahren Gefühle gestehen zu müssen.
Leise vor sich hin summend, arbeitete sie sich langsam auf das Ende ihres Buches zu, als ihre Konzentration leider zerstört wurde. Das Böse hatte sie gefunden. Die Tür zu ihrem Abteil öffnete sich lautstark und sie glaubte kurz, dass der ganze Wagon bedrohlich erzitterte. Zwei Mädchen aus der 6. Klasse von Slytherin betraten ungefragt ihr Abteil, womit die ruhige Phase der Fahrt endgültig endete.
Eine von ihnen setzte sich umständlich auf den Sitz gegenüber von Morrigan und funkelte sie aus dunklen, fast schwarzen Augen prüfend an. Sie war zwar ein Jahr älter als Morrigan, aber gleichzeitig mindestens einen Kopf kleiner und von zierlicher, fast schon zerbrechlicher Statur. Aria Commoron, ein Mädchen, das den Gemeinschaftsraum ihres Hauses uneingeschränkt beherrschte. Ihre langen Haare waren so hell, dass sie eher weiß als blond aussahen und zusammen mit der ungewöhnlich blassen, marmorartigen Haut, verliehen sie ihr etwas unnatürliches. Dazu kam, dass sie noch nicht ihre Schuluniform trug. Stattdessen steckte sie in einem weißen, aufwendig mit Rüschen verzierten, Kleid, welches eindeutig nicht mehr aus diesem Jahrhundert stammte. Auf den ersten Blick wirkte sie wie eine niedliche, kleine Puppe, aber der erste Eindruck täuschte. Jeder der sie unterschätzte, bereute es bitter, denn sie konnte jederzeit von einer Puppe, zu einem wahren Dämon werden, und dann sollte man lieber das Weite suchen.
An ihren Fingern funkelten mehrere silberne Ringe, verziert mit kleinen, blutroten Rubinen. Die feingeschliffenen Kanten der Edelsteine wirkten nicht nur messerscharf, sondern waren es auch, und durchschnitten Haut genauso spielend leicht wie jeden Stoff. Sie konnte sehr aufbrausend sein, und war leicht erzürnt, daher besaß sie mehr als genug Feinde unter den anderen Schülern, vor allem unter den Mädchen, aber nur die mutigsten, oder dümmsten, wagten es ihre Abneigung auch offen zu zeigen. Wann immer sie jemanden nicht ausstehen konnte, begann sie ihn mit einer Auswahl an Tränken fertig zu machen, von denen einer gemeiner und fieser war als der andere.
Morrigan drückte sich vorsichtshalber fester in ihren Sessel, um mehr Abstand zwischen sich und Aria zu bringen. Soweit sie wusste, konnte selbst jetzt irgendein Gift an den Kanten ihrer Ringe haften, und nur darauf warten jemanden in den Wahnsinn zu treiben. Aria´s Geschick für das Brauen von Zaubertränken, galt in Hogwarts jetzt schon als legendär, und sie machte sich oft einen Spaß daraus ihre neuen Tränke an unschuldigen Opfern auszuprobieren. Dabei waren ihre Tränke so genial, dass sie niemals nachweisbare Spuren hinterließen. Selbst Professor Slughorn musste vor diesem Mädchen oft genug kapitulieren und konnte ihr niemals etwas nachweisen.
Das zweite Mädchen dagegen, wirkte nicht nur vollkommen harmlos, sondern war es zum Glück auch. Patricia Paxington hatte lange, braune Haare, die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren, welcher ihr achtlos über den Rücken fiel, dazu helle blaue Augen, welche meistens abwesend und vernebelt wirkten. Dazu trug sie einen kurzen Rock mit kariertem Muster und eine dünne, weiße Bluse. Die obersten Knöpfe ihrer Bluse waren geöffnet, womit sie jedem einen guten Ausblick auf ihre üppigen Brüste bot. Patricia kümmerte sich nicht groß darum, sie lief immer so umher, wenn auch eher unabsichtlich. Sie war einfach so vergesslich, dass sie beim Anziehen oft die Hälfte vergaß und solange sie niemand auf die offenen Knöpfe hinwies, konnte sie den ganzen Tag so herumlaufen ohne es jemals zu bemerken.
Niemand verstand, wieso die fröhliche, offenherzige Patricia ständig an einem kleinen, gemeinen Wesen wie Aria hing, aber irgendetwas hielt die beiden zusammen. Andererseits war Aria zumindest unter den Slytherin durchaus beliebt, auch wenn sie mit gefährlichen Tränken und mörderischen Schimpfworten um sich warf...vielleicht hatten die meisten aber auch einfach nur viel zu viel Angst vor ihr, um etwas anderes zu behaupten. Jedenfalls zogen Aria und Patricia sogar noch öfter die Blicke der Jungen auf sich, als Morrigan es jemals gekonnt hätte und dafür war sie auch dankbar. In der Nähe ihrer beiden Freundinnen, konnte sie eins werden mit dem Hintergrund und musste sich nicht mehr irgendwelcher Annäherungsversuche erwehren.
„Warum liest du eigentlich schon wieder?“ maulte Aria sie ohne jegliche Begrüßung an, und schien sichtlich genervt zu sein. Ihre Stimme hatte etwas quengeliges, verlangendes, wie bei einem verzogenen, kleinen Mädchen. Alles in allem, wirkte sie derzeit nicht unbedingt wie jemand, mit dem man besonders gerne befreundet sein wollte, aber wenn sie gerade etwas besser gelaunt war und einen guten Tag hatte, kam man einigermaßen mit ihr aus. Morrigan wusste aus eigener Erfahrung, dass die Sechstklässlerin auch zuckersüß und niedlich sein konnte, zumindest wenn sie es wirklich wollte. „Kannst du deine bescheuerten Bücher nicht einmal in den Ferien weglegen? Ich weiß nicht ob du es bemerkt hast, aber wir sind noch nicht in der Schule, und du hast noch keinen Grund zu lernen.“ Im Moment aber, nervte sie einfach nur, schoss es Morrigan kurz durch den Kopf, vor allem, als das ältere Mädchen sich neugierig nach vorne beugte und einfach ohne zu fragen nach dem Buch griff, um es anzuheben und den Titel zu sehen. „Die Herrin vom See.“ las Aria desinteressiert vor, bevor sie angewidert und so schnell sie konnte von dem Buch abließ. Sie kannte es. Ein altes Märchenbuch, das in der Zaubererwelt recht verbreitet war. Im Gegensatz zu den wertlosen Büchern der Muggel, wurde dieses Buch angeblich von Merlin selbst geschrieben und auch in der Bibliothek von Hogwarts gab es eine Kopie davon, aber die Version in Morrigan´s Händen, sah deutlich älter und abgegriffener aus. „Etwas langweiligeres konntest du nicht finden, oder?“
„Das ist nur ein kleines Hobby von mir, und ich kann lesen was immer ich will.“ erwiderte sie mit fester Stimme, und drückte das Buch vorsichtshalber fester an sich. Rasch versuchte sie von ihrer neuen, ungewöhnlichen Lektüre abzulenken und suchte nach einem Thema, das Aria möglichst unangenehm war, wozu sie nicht lange überlegen musste. „A-aber das ist nicht weiter wichtig. Erzählt mir lieber endlich etwas über euren Sommer. Wie waren eure Ferien? Ist irgendetwas interessantes passiert?“
„Ach, da gibt es nicht viel zu erzählen.“ murmelte Aria und ihre Miene verfinsterte sich augenblicklich, während das Mädchen in ihrem Sitz zu schrumpfen schien. In solchen Momenten gelang es ihr sogar mitleiderregend auszusehen, aber das half ihr nichts gegen die unerbittliche Morrigan.
„Plötzlich so verschlossen? Normalerweise kannst du es doch kaum erwarten stundenlang von dir zu reden. Also spann uns nicht weiter auf die Folter und leg los. Wie geht es zum Beispiel Jason? Ich habe gehört das er jetzt für seinen Vater im Ministerium arbeitet.“ bohrte sie ohne Rücksicht auf Verluste nach. Patricia´s warnende Blicke ignorierte Morrigan einfach. Sie war vermutlich die einzige Person in Hogwarts, der Aria es erlaubte sich ab und zu eine kleine Frechheit herauszunehmen, solange sie es nicht übertrieb. Jeder andere hätte ich jetzt eines von Aria´s berühmten Giften zu spüren bekommen.
„Das weißt du ganz genau, du furchtbare Hexe!“ rief Aria aufgebracht und richtete sich in ihrem Sitz zu ihrer vollen Größte auf, wodurch sie inzwischen nur noch wie eine zu groß geratene Puppe wirkte. „Ich habe ihn abgeschossen und davongejagt. Dieser Idiot hatte mich nicht verdient, also hör auf ihn zu erwähnen, verstanden?“
„Du hast ihn abgeschossen?“ hakte die Fünftklässlerin mit einem breiten Grinsen nach, und freute sich darüber Aria so schnell aus dem Konzept gebracht zu haben.
„Was gibt es da zu grinsen, Morrigan?“
„Nichts. Es ist nur...“ jetzt wurde Morrigan etwas vorsichtiger. Aria hatte einen gefährlichen Ausdruck im Gesicht, der für gewöhnlich nichts gutes bedeutete, aber die Verlockung das andere Mädchen noch etwas zu reizen war einfach zu groß. „Bist du sicher, dass es so war? Ich glaube nämlich es ist etwas anders abgelaufen.“ behauptete sie frech und legte einen Zeigefinger an ihre Lippen, wobei sie so tat als müsste angestrengt nachdenken. Langsam, und jederzeit bereit die Flucht zu ergreifen, fuhr sie fort. „Sobald Jason aus Hogwarts raus war, hat er dir einen Brief geschickt und Schluss gemacht, weil er nicht mehr befürchten musste von dir vergiftet zu werden, richtig? Er hat die Chance auf Freiheit gesehen, seine Leine durchgebissen und ist so schnell wie möglich davongerannt ohne sich noch einmal umzudrehen.“
„Keine Ahnung wovon du redest.“ murmelte Aria eingeschnappt hob hochnäsig den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie war die letzten zwei Jahre mit dem Sucher der Slytherinmannschaft zusammen gewesen, wobei es keine richtige Beziehung war...es ließ sich eher mit Sklaverei vergleichen. Der Verlust von Jason, und damit ihres liebsten Spielzeugs, schien sie nicht so kalt zu lassen wie sie behauptete, denn als Morrigan sie weiterhin nur angrinste, explodierte Aria endlich. Sie sprang von ihrem Sitz auf und begann Morrigan wütend anzuschreien. „Und hör endlich auf so dumm zu grinsen! Jason ist mir egal, verstanden!? Er war sowieso nichts weiter als ein dämliches, nutzloses Spielzeug! Ein Versager, der im Ministerium untergehen und es niemals zu etwas bringen wird. Ich hasse ihn, und habe ihn schon immer gehasst.“ Sobald das kleine Mädchen sich wieder beruhigte hatte, ließ sie sich wieder auf ihren Platz sinken. Aria konnte sich genauso schnell beruhigen, wie sie explodierte. Der launenhafteste Mensch, den Morrigan jemals getroffen hatte. Sobald Morrigan freundlich genug war mit ihrem Grinsen aufzuhören, fuhr Aria sehr viel freundlicher und normaler fort. „Wie waren eigentlich deine Ferien, Morrigan? Hoffe du bist diesem Versager Logan aus dem Weg gegangen.“
„Natürlich, so weit wie möglich. Ich habe sogar das Land verlassen, allerdings nicht nur wegen meines idiotischen Bruders.“ antwortete sie mit einem leisen Lachen. Doch als sie weiterreden wollte, fuhr Aria ihr energisch dazwischen.
„Nichts gegen dich, Morrigan, aber ich habe deinen Bruder schon immer gehasst. Dieser Abschaum ist zu nichts zu gebrauchen, letztendlich verursacht er immer nur Ärger. Außerdem interessiert er sich viel zu sehr für langweiliges Muggelzeug. Hast du einmal diese ganzen seltsamen Sachen gesehen die er liest? Dieses japanische Zeug mit den seltsam gezeichneten Mädchen. Das ist doch vollkommen krank! Muggel sind bescheuert.“ Aria schüttelte verständnislos den Kopf, wobei Morrigan sie freundlicherweise nicht darauf hinwies, dass Aria fast genauso aussah wie die Mädchen aus den Mangas ihres Bruders und dort auch gut reinpassen würde „Oh tut mir leid. Ich wollte dich nicht unterbrechen, mach ruhig weiter. Deinen Bruder kann ich auch stumm hassen und verachten.“
„Danke, sehr freundlich.“ sagte Morrigan trocken und funkelte ihre Freundin an. Das Gerede über ihren Zwillingsbruder war ihr egal, aber sie hasste es wenn man sie nicht ausreden ließ. „Mein Vater und ich haben die ganzen Ferien in Frankreich verbracht, bei Freunden meiner Großeltern und der Familie. Er hat die Zeit genutzt, um mich den einflussreichsten Magierfamilien des Landes vorzustellen und mich mit ihnen vertraut zu machen.“ sie zuckte unbewusst mit den Schultern. Viel mehr gab es nicht dazu zu sagen, es waren keine wirklich spannenden Ferien gewesen. „Die meisten Zauberer auf dem Festland sind nicht so besonders, ehrlich gesagt, unterscheiden sie sich kaum von uns, außer, dass sie sich teilweise etwas freier in der Muggel-Welt bewegen und mehr darüber wissen als die meisten Zauberer bei uns.“
„Kommt deine neue Mutter nicht auch aus Frankreich?“ fragte Aria stirnrunzelnd nach, und traf damit einen Nerv bei der anderen Slytherin.
„Stiefmutter.“ berichtigte Morrigan rasch und ihre Finger verkrallten sich in den Seiten des Buches. Kein gutes Thema. Sie hasste die neue Frau ihres Vaters nicht, aber es war trotzdem nichts, worüber sie gerne redete. Letztendlich kam es für sie nicht überraschend, als er letztes Jahr erneut heiratete, diesmal immerhin eine Frau aus einer reinblütigen Familie und keinen Muggel. „Und ja, bei ihren Eltern haben wir die meiste Zeit verbracht. Sie besitzen ein weitläufiges Landgut in der Nähe von Toulouse.“ verträumt legte sie eine kurze Pause ein, um daran zu denken wie beeindruckt sie von dem ganzen Anwesen und Land war. Im Gegensatz zum immer gleich grauen England, hätte sie dort den Rest ihres Lebens verbringen können. Zwischen Wald und Garonne. „Die Gegend war wunderschön. Schade nur, dass ich nicht viel Zeit hatte mich dort umzusehen. Mein Vater hat mich dauernd zu irgendwelchen langweiligen Treffen mit irgendwelchen französischen Magiern geschleppt. Es war alles viel zu anstrengend, um es wirklich noch als Ferien zu bezeichnen, aber naja, ich habe es ja irgendwie überlebt.“ damit beendete sie ihre kurze Schilderung und wandte sich an das, bisher auffällig ruhige, Mädchen mit den braunen Haaren. Anstatt sich an der Unterhaltung zu beteiligen, saß sie stumm neben Aria und kritzelte fortlaufend in einem kleinen Notizblock herum, wobei sie, erstaunlich fortschrittlich, einen Kugelschreiber benutzte. „Was ist eigentlich mit dir los, Patricia? Du bist schon die ganze Zeit so still, das bin ich gar nicht von dir gewohnt. Normalerweise plapperst du doch ununterbrochen sinnloses Zeug vor dich hin. Außerdem...seit wann kannst du schreiben?“
„Ha, ha. Sehr witzig.“ murmelte Patricia beiläufig und ohne von ihrem Notizblock aufzublicken, im Gegenteil, sie begann nur noch eifriger zu schreiben „Ich war den Sommer über bei meinem Onkel. Er arbeitet für den Tagespropheten und ich durfte dort etwas aushelfen.“ Endlich ließ sie sich dazu herab von ihren Notizen aufzublicken und sie anzusehen. Dabei grinste sie verwegen und in ihren Augen lag ein Funkeln, dass sie nur dann hatte, wenn sie wieder mal etwas unendlich dämliches plante. Morrigan hoffte nur, dass es nichts war wobei die tollpatschige Patricia sich selbst verletzen konnte. „Dieses Schuljahr, wird mein Jahr, darauf kannst du dich verlassen, Morrigan. Ich werde die beste, genialste und einfach großartigste Schulzeitung aufbauen, die Hogwarts jemals hatte!“ eröffnete sie den beiden stolz ihre neue Idee, und erntete dafür nur ein müdes Lächeln.
„Dürfte nicht allzu schwer sein, immerhin ist es auch die erste.“ foppte Morrigan sie etwas „Aber das klingt nach viel Arbeit. Willst du dich wirklich ganz alleine darauf einlassen? Du weißt das ich dir nicht dabei helfe, also lass es lieber.“
„Ach, das schaffe ich schon. Sobald wir da sind, werde ich anfangen mir meine eigene Armee aus Schreiberlingen zu rekrutieren! Alle werden sich darum reißen für den Hogproph zu schreiben! Ihr werdet es sehen, ich kann mich vor Freiwilligen nicht retten und bald habe ich die beste Zeitung von ganz Hogwarts...ach was, der ganzen Welt!“ rief sie aufgeregt. Morrigan musste einfach blinzeln, als die grenzenlose Zuversicht und Naivität von Patricia sie blendete. Die meisten Schüler hatten bereits mehr als genug mit dem Unterricht, den Prüfungen, oder ihren verschiedenen Klubs zu tun. Aber sie brachte es einfach nicht übers Herz die Träume ihrer Freundin zu zerstören. Patricia würde noch früh genug merken, dass es nur mal wieder eine ihrer ergebnislosen Schnapsideen war.
„Wenn du wirklich glaubst, dass du genug findest worüber du schreiben kannst. Ich bezweifle das es viele Leute interessiert, immerhin haben wir nicht ohne Grund keine Zeitung in Hogwarts. Es passiert einfach nichts.“
„Wir reden hier von Hogwarts. Irgendwo finden sich schon genug spannende Geschichten über die ich schreiben kann. Du wirst es schon noch sehen, in spätestens einem Monat kennt die ganze Schule meine neue Zeitung.“ behauptete Patricia zuversichtlich, und ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Sie hatte sich sogar extra dafür eine Kamera gekauft und war bereit sie auch einzusetzen, jederzeit, und überall.
„Falls es ein interessantes Jahr wird, vielleicht.“ murmelte Aria gelangweilt und starrte missmutig an die Decke. Der Verlust ihres Freundes oder eher...Sklaven, beschäftigte sie anscheinend noch immer und trübte weiterhin ihre Laune „Aber wenn du Pech hast, passiert genauso wenig wie im letzten Jahr und du kannst nur darüber schreiben wie du gelangweilt herumsitzt.“
„Es wird ein interessantes Jahr.“ bestätigte Morrigan wie aus der Pistole geschossen und ohne wirklich darüber nachzudenken was sie sagte. Sofort bereute sie es.
„Ach? Wird es das?“ wollte Aria sofort wissen und richtete ihren Blick auf sie, wobei sie versuchte Morrigan alleine durch intensives Anstarren dazu zu bringe all ihre Geheimnisse preiszugeben.
„Oh, ähm...i-ich habe nur laut gedacht, das ist alles. A-außerdem stehen dieses Jahr meine ZAG´s an, also wird es auf jeden Fall interessant für mich.“ versuchte Morrigan ihre Bemerkung nervös zu überspielen, doch Aria ließ nicht lockern. Wenn sie sich einmal festgebissen hatte, dann nervte sie solange, bis man ihr die Wahrheit erzählte.
„Du weißt mehr als wir, stimmts? Irgendetwas verheimlichst du uns.“
„Meint ihr das ernst?“ fragte Morrigan, wobei sie sich Mühe gab ihre Nervosität zu verbergen. Die beiden durften nicht wissen was sie wusste, jedenfalls noch nicht. Also musste sie Aria irgendwie abwimmeln. „Als wäre ich in der Lage ein Geheimnis vor euch zu haben. Sobald ihr die Daumenschrauben ansetzt, würde ich sofort einknicken, also wozu überhaupt noch versuchen etwas vor euch zu verbergen? Das wäre einfach nur sinnlos, zumindest das habe ich über euch gelernt.“
„Mhm stimmt, du bist immer ehrlich zu uns.“ mischte Patricia sich nachdenklich ein.
„Leider.“ seufzte Aria und gab es auf. Sie war im Moment zu deprimiert, und wenn sie wirklich etwas wissen wollte, dann würde sie einfach etwas Veritaserum in Morrigans Essen schmuggeln. Als sie bemerkte wie Morrigan sie wegen ihres ´Leider` unsicher ansah, fuhr sie belustigt fort. „Was? Ich vermisse die Zeiten in denen wir dich noch dazu zwingen mussten alles mit uns zu teilen, und du ein kleiner chaotischer Rebell warst. Damals, als du noch so wundervoll jung und unschuldig gewesen bist...die guten alten Zeiten.“
„Da wir gerade bei jung und unschuldig sind.“ meldete Patricia sich wieder zu Wort und sah Aria neugierig an „Hast du dir schon überlegt, wo du ein neues Spielzeug herbekommst? Eigentlich solltest du ja freie Auswahl unter den Jungen haben. Solange sie deine Gifte fürchten werden sie alles tun was du sagst, außerdem gibt es genug, die sich darum reißen Jason freiwillig zu ersetzen.“
Langsam zeichnete sich ein gefährliches Grinsen auf Aria´s Gesicht ab. „Gut das du fragst. Ich habe bereits einige Kandidaten im Visier, mich aber noch nicht endgültig entschieden. Am besten wir fangen bei...“
Weiter hörte Morrigan nicht mehr zu, sondern schaltete endgültig ab, um die beiden wieder zu ignorieren, generell die beste Möglichkeit mit ihnen umzugehen. In den letzten Jahren war sie erstaunlich gut darin geworden das bedeutungslose Gerede der Beiden auszublenden. Damals, in der dritten Klasse, hatten Patricia und vor allem Aria, sich ungefragt zu ihren Freundinnen erklärt. Vermutlich auf Druck ihrer Familien hin, die sich alle schon seit Jahrhunderten kannten. Morrigan mochte die anderen Mädchen, aber im Moment stand ihr nicht der Sinn nach überflüssigem Getratsche, dafür war das, was sie las, viel zu wichtig.
Morrigan fixierte eine Stelle am oberen Seitenrand an und konzentrierte sich darauf. Die ganzen Ferien über, hatte sie das Buch eingehend studiert und nach dem ersten Hinweis gesucht, wobei sie mittlerweile nicht mehr mit besonders viel Logik vorging, sondern eher auf ihr Gefühl vertraute. Was sie suchte, befand sich irgendwo auf diesen Seiten, und nur sie konnte es finden, also war sie zuversichtlich gewesen. Sobald ihr klar wurde, dass der Text des Buches vollkommen unbedeutend für ihre Suche war, kam sie besser voran. Es ging nicht um den Inhalt des Buches, sondern einzig und alleine um das, was ihr Gefühl ihr sagte, und ihr Gefühl sagte ihr, dass sie auf dieser Seite richtig war.
Sacht strich sie mit ihrem Zeigefinger über das Papier, bis sie ein sanftes Kribbeln auf ihrer Haut spürte. Plötzlich tauchte auf der verblichenen Seite ein schwarzer Stern mit sieben, langen Zacken auf. Er war etwa so groß wie ihre Handfläche und genau das, wonach sie gesucht hatte. Obwohl er wie aufgemalt wirkte, schien er nicht aus irgendeiner Farbe zu bestehen, sondern bestand aus durchsichtigem, dunklem Kristall. Morrigan verlor sich eine Weile im Anblick des Sterns, einen hatte sie gefunden, und auch wenn es nicht besonders schwer gewesen war, fühlte sie trotzdem, wie erlösende Erleichterung sie einhüllte. So viel zum leichten Teil ihrer Aufgabe.
Kurz sah sie nervös auf und starrte ihre Freundinnen an, bevor sie sich wieder dem Stern zuwandte. Die anderen beiden bemerkten nichts davon. Selbst wenn die Mädchen sich kurz von ihrem unbedeutenden Gerede lösen könnten, wären sie trotzdem nicht dazu in der Lage Morrigan´s kleines Geheimnis zu sehen. Nur jemand aus ihrer Familie konnte die schwarzen Sterne finden. Morrigan betrachtete ihre Beute interessiert. Der Stern bestand wirklich nicht aus gewöhnlicher Tinte, sondern fühlte sich unter ihren Berührungen an wie ein echter Kristall. Vermutlich war er das sogar, und nur mithilfe von Magie in die Seite eingebettet. Wie groß er letztendlich wirklich war, konnte sie erst herausfinden, wenn sie alleine war. Eine Weile strich sie einfach nur weiter über die glatte Oberfläche. Das war ein Anfang. Wären ihre Freunde nicht hier, würde sie sofort den Kristall aus dem Buch herauslösen und genauer untersuchen, aber das musste warten, leider.
Mit einem siegessicheren Funkeln in den Augen, klappte sie das Buch zu und legte es auf den leeren Sitz neben sich. Ein zufriedenes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, während sie zum Fenster hinaussah und die Landschaft beobachtete. Sie hatte gerade erst angefangen, und kam bereits besser voran als erwartet. Wenn alles nach Plan verlief, konnte sie bis Weihnachten fertig sein, und sich dann den Rest der Zeit auf die ZAG Prüfungen konzentrieren. Aber als erstes, musste sie die restlichen sechs Kristalle finden.
Irgendwo in Hogwarts, wartete das Vermächtnis ihrer Familie auf sie, ein Geheimnis, das dort seit den Anfängen der Schule verborgen lag. Dieses Jahr, würde auf jeden Fall interessanter als die letzten, so viel wusste sie bereits. Sie konnte es in ihrem Blut spüren. Wenn sie einen Stern fand, konnte sie auch die restlichen aufspüren, nur musste sie jetzt nicht einfach nur ein kleines Buch durchsuchen, sondern das ganze Schloss. Aufgeregt dachte sie an das, was sie dieses Jahr noch erwartete, und daran, dass sie ein Geheimnis von Hogwarts lüften würde, welches ohne Probleme mit Slytherins Kammer des Schreckens mithalten konnte. Alles in ihr schrie danach endlich zurück nach Hogwarts zu kommen, damit sich ihr Schicksal erfüllen konnte. Nichts würde sie davon abhalten ihre Mission für die Ehre ihrer Familie und das Erbe ihrer Ahnen zu erfüllen.
 
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Naruz

Gläubiger


Während der Hogwarts-Express sich seinem Ziel näherte, hielt ein weiteres Gefährt direkt auf die berühmte Schule für Hexen und Zauberer zu. Es handelte sich um eine schwarze Kutsche an deren Seiten silberne Greifen gemalt waren und die von vier großen Pferden gezogen wurde, der Blick ins Innere der Kutsche wurde von dunkelroten Vorhängen verdeckt. Über der großen Tür der Kutsche war in silbernen Buchstaben Siegreich im Leben, Siegreich im Tode auf Deutsch zu lesen. Natürlich konnten die meisten Engländer oder Schotten damit nichts anfangen und selbst in Deutschland wussten nur wenige Menschen, was es mit den silbernen Greifen und diesem Spruch auf sich hatte. Er war das Motto der Greifswald-Akademie, einer Schule für Magie die vor gerade einmal zehn Jahren in Deutschland gegründet wurde, allerdings nicht ausschließlich von deutschen Hexen und Zauberern. Die Akademie war ein Gemeinschaftsprojekt zwischen den magischen Regierungen von Deutschland, Italien, Japan, Korea und Ägypten, Grundlage dieses Projekts war die Entdeckung einer neuen Form von Magie, welche seit nunmehr zehn Jahren an der Greifswald-Akademie gelehrt wurde. Im Rest der magischen Welt wusste man kaum etwas über diese neue Art der Magie, ebenso wenig wusste man etwas über die Akademie, oder die geheimnisvolle Hexe welche dort als Direktorin das Sagen hatte, alles was man wusste war das sie und alle die mehr wussten der Meinung waren, dass diese neue Magie der alten bei weitem überlegen war. Zehn Jahre lang schwieg die Greifswald-Akademie und schottete sich vom Rest der Welt ab, doch das war nun vorbei. Die Direktorin war der Meinung, das es an der Zeit war dem Rest der magischen Welt die Früchte ihrer Arbeit zu zeigen und Hogwarts war der perfekte Ort um damit anzufangen. Wenn man ehrlich war musste man allerdings zugeben, dass es auch gleichzeitig der einzige Ort war, denn die anderen Schulen, wie Durmstrang oder Beauxbatons standen der ganzen Sache eher skeptisch gegenüber und misstrauten der Greifswald-Akademie und ihrer dubiosen Leitung, die unabhängig von jeder Regierung agierte. Hogwarts hingegen war ein wenig offener, die Direktorin McGonagall und das Ministerium hatten einer Art 'kulturellem Austausch' zugestimmt, in dem beide Schulen mehr über die Magie der jeweils anderen lernen sollten, und haben sich dazu bereiterklärt eine kleine Delegation aus Greifswald im alten Schloss zu empfangen, auf unbestimmte Zeit.

In der Kutsche befand sich eben jene Delegation, auch wenn das ein sehr großzügiger Begriff warm denn im Inneren saßen lediglich drei Personen. Die erste Person war ein blasser, äußerlich junger Mann mit müden, grauen Augen und langen, schwarzen Haaren die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Er trug ein schlichtes Hemd aus schwarzem Stoff und trommelte nervös mit seinen Fingern auf der Fensterbank der Kutsche herum während er die Vorhänge anstarrte.
„Naruz? Ist alles in Ordnung mit dir?“ fragte die zweite Person in der Kutsche, welche dem Mann direkt gegenüber saß. Es war eine junge Frau, vielleicht zwanzig Jahre alt, mit kurzen, roten Haaren, braunen Augen und einem freundlichen, attraktiven Gesicht. Sie trug, trotz der herbstlichen Temperaturen, eine kurzärmelige, weiße Bluse die ihr nur bis zum Bauchnabel ging und einen kurzen, blauen Rock. Dazu trug sie schwarze Kniestrümpfe und flache Schuhe.
„Du brauchst dir um mich keine Sorgen zu machen, alles in bester Ordnung.“ murmelte der angesprochene Mann und warf einen Blick auf die dritte und letzte Person in der Kutsche, die direkt neben dem Mädchen saß. „Er wird das größere Problem sein.“
„Hm? Wovon redest du, Fledermaus?“ meinte die dritte Person, warf jedoch nicht einmal einen Blick auf Naruz, sondern starrte mit gelangweiltem Blick auf das Smartphone, welches er in seiner Hand hielt.
„Luciel... du solltest aufhören deinem Lehrer seltsame Spitznamen zu geben.“ meinte das Mädchen seufzend.
„Warum? Er passt zu ihm, hast du ein Problem damit Anya?“ fragte Luciel, erneut ohne aufzusehen. Er hatte kurze, rote Haare, wie das Mädchen neben ihm, seine Augen jedoch waren eisblau.
„Und wie üblich kriege ich keinen Spitznamen. Man könnte meinen, du liebst mich nicht.“ murmelte Anya und warf einen beleidigten Blick auf Luciel. Als sie ignoriert wurde ballte sie die Fäuste und drehte sich auf der Sitzbank so, dass er jetzt direkt vor ihr saß. „Hör gefälligst zu, wenn deine Schwester mit dir redet!“
„Mhm? Warst du nicht diejenige die gesagt hat, ich soll aufhören dich als meine Schwester zu sehen?“ fragte Luciel unbeeindruckt.
„Und hör auf damit, dich an meine Worte zu erinnern wenn es nützlich für dich ist!“
„Mach dir keine Sorgen, das war ein Scherz. Du wirst für immer meine Schwester sein, nichts auf der ganzen Welt wird jemals etwas daran ändern können.“
Die Worte verfehlten ihre Wirkung nicht, augenblicklich schlich sich ein deprimierter Ausdruck auf Anyas Gesicht und sie drehte sich so, dass sie die Wand der Kutsche anstarren konnte während sie langsam vor und zurück wippte.

Anya und Luciel nannten sich zwar Geschwister, allerdings hatten sie außer ihrer Haarfarbe nicht viel gemeinsam, selbst äußerlich nicht. Zwar waren sie beide durchaus attraktiv, aber auf vollkommen unterschiedliche Weise. Anya schien eine sanfte, freundliche Wärme auszustrahlen und zog damit sowohl Männer als auch Frauen an. Von Luciel ging jedoch eine unnahbare, beinahe schon greifbare, eiskalte Aura aus. Wo Anya lächelte und fröhlich winkte bekam man von Luciel ein kaltes Nicken und einen gleichgültigen Blick, war sie stets von Freunden und Verehrern umringt, so hatte er eine Menge Menschen die auf Abstand blieben und ihn aus der Ferne bewunderten, verehrten oder verfluchten. Anya war ein gemütliches, helles Lagerfeuer das einem während eines eisigen, tödlichen Schneesturms Wärme und Trost spendete, Luciel war eben jener Schneesturm. Zwar hatte Luciel sich in letzter Zeit gebessert, aber trotzdem waren die beiden Geschwister noch immer so unterschiedlich, wie man nur sein konnte. Der Grund dafür war das die beiden eigentlich nicht miteinander verwandt waren, sie begegneten sich vor dreizehn Jahren in einem Waisenhaus in Venedig. Luciel war damals vier Jahre jung gewesen und gerade neu ins 'Cambeli-Haus' gekommen, wie es aufgrund seiner Gründerin genannt wurde. Es hatte nicht lange gedauert, bis er sich mit dem älteren Mädchen anfreundete und schon bald waren sie unzertrennlich und sahen sich als Bruder und Schwester.
„Eins muss man dir lassen, du weißt wie man mit ihr fertig wird.“ murmelte Naruz anerkennend, ehe er seinen Blick wieder auf den Vorhang richtete.
„Danke, Fledermaus. Man muss nur sehr vorsichtig sein, damit sie dabei nicht kaputtgeht.“ sagte Luciel, noch immer ohne von seinem Smartphone aufzusehen. Er war der jüngste von den dreien und der einzige Schüler, seine Schwester hatte vor zwei Jahren ihren Abschluss an der Greifswald-Akademie gemacht und spielte mittlerweile als Jägerin für ein berühmtes, deutsches Quidditchteam, außerdem war sie Nationalspielerin für Italien. Der Vampir, denn dabei handelte es sich bei dem schwarzhaarigen Mann, hieß Naruz Dracul, kam ursprünglich aus Rumänien und arbeitete seit gut sechs Jahren in Greifswald, als Lehrer für Zaubertränke. Zwar konnte er als Vampir keine traditionelle Magie benutzen, aber wenn es ums Mischen von Tränken ging, oder die neue Form der Magie, gab es nicht viele Hexen oder Zauberer, die es mit ihm aufnehmen konnten.
„Für immer die Schwester... für immer die Schwester... für immer die Schwester...“ murmelte Anya leise vor sich hin, was Naruz tatsächlich dazu brachte erneut einen Blick auf ihren Bruder zu werfen.
„Bist du dir sicher, dass sie nicht schon kaputt ist?“
„Hm? Oh, keine Sorge. In ein paar Minuten ist sie wieder ganz die alte und hat das alles schon wieder vergessen. Aber ich muss ehrlich sagen, das ihr zwei mich ganz schön überrascht habt. Ich hätte nie gedacht, das ihr zusammen Ferien in England machen wollt... und mich dann auch noch mitnehmt, gibt es da etwas, das ihr mir nicht sagt?“ fragte Luciel, leicht misstrauisch und warf zum ersten mal einen Blick zu Naruz hinüber.
Dieser schenkte ihm ein kaltes Lächeln. „Aber Luciel, wir würden dir doch niemals etwas verheimlichen.“
„Ich traue euch beiden nicht, überhaupt nicht... zum Beispiel habt ihr mir noch immer nicht gesagt, warum eine Kutsche aus Greifswald für uns bereitstand, oder wo wir überhaupt hinfahren.“
„Wir fahren zu unserem... Hotel.“
„Hotel? Da kann man auch mit einem Bus, oder der U-Bahn hinfahren. Die Muggel haben nicht umsonst solch großartige, technologischen Wunder erschaffen, musst du wissen.“ sagte Luciel und wedelte mit seinem Smartphone in der Luft herum.

„Weißt du, ich frage mich schon die ganze Zeit was du da eigentlich liest.“ sagte Anya plötzlich und mischte sich somit wieder in das Gespräch ein, anscheinend schien es ihr schon wieder besser zu gehen.
„Ich? Nichts besonderes, nur einen neuen Manga den ich gefunden habe, Denpa Kyoushi. Der ist wirklich gut, wenn du willst dann...“ Luciel brach ab und seine Miene versteinerte sich urplötzlich.
„Ist alles in Ordnung, Luciel?“ fragte Anya, leicht besorgt.
„Nein! Nichts ist in Ordnung! Mein Handy... es funktioniert plötzlich nicht mehr!“ rief Luciel, mit leicht panischem Unterton in der Stimme.
„Das... ist alles?“
„Wie, 'das ist alles'? Natürlich ist es alles! Was könnte es schlimmeres geben, als so eine Katastrophe? Ich bin mir sicher, das es noch mindestens vierzig Prozent Batterie hatte! Wie kann es sein, dass es plötzlich ausgeht? Wir müssen die Kutsche anhalten!“
„Wie bitte? Warum das denn?“
„Damit ich mein Reservehandy aus dem Gepäck holen kann natürlich!“
„Ja... tut mir leid dir das zu sagen Luciel, aber das wird auch nicht funktionieren.“ sagte Naruz plötzlich und lachte leise vor sich hin.
„Fledermaus... du weißt etwas! Was geht hier vor sich?“ fragte Luciel, mit einem bedrohlichen Unterton in der Stimme. Er war normalerweise ein netter und freundlicher Mensch... aber das hier ging zu weit.
„Was? Ich habe es doch gesagt, wir nähern uns unserem Hotel... gut, das war eine kleine Lüge. Um ehrlich zu sein sind wir in der Nähe von Hogwarts, einer britischen Schule für Hexen und Zauberer.“
„Warum?“
„Nun gut, da du es eh rausfinden würdest... Luciel, ich habe dir etwas wichtiges zu sagen. Ich werde ab nächstem Jahr nicht mehr in Greifswald unterrichten, sondern hier, in Hogwarts.“ sagte Naruz seufzend. „Anya hat mir angeboten dabei zu sein, wenn ich meinen neuen Posten antrete.“
„Moooooment! Das erklärt noch immer nicht, was mit meinem Handy los ist!“
„Ah ja, stimmt. Technologie funktioniert nicht in der Nähe von Hogwarts.“
Ein breites Grinsen trat auf Luciels Gesicht und er blinzelte ein paar mal ungläubig, ehe er ein leises „Hä?“ hervorbrachte.
„Naruz hat recht, Hogwarts ist sehr alt und dermaßen von Magie durchdrungen, das moderne Technik nicht in seiner Umgebung funktioniert, sie dreht durch und wird nutzlos.“ erklärte Anya seufzend. „Wenn du im Unterricht aufpassen würdest, dann wüsstest du das auch.“
„Technologie... funktioniert... nicht...“ sagte Luciel und es zuckte in seinen Augen- und Mundwinkeln. Dann, ohne Vorwarnung, sprang er von seinem Sitz auf, allerdings schien Naruz bereits damit gerechnet zu haben.
„Anya! Lass ihn nicht entkommen!“
„Jawohl, Sir!“ rief diese begeistert und stürzte sich auf ihren Bruder, der in eben jenem Moment einen Schritt in Richtung Tür getan hatte. Sie krachte gegen Luciel und stieß ihn somit gegen die andere Sitzbank auf der Naruz sich befand, ehe der junge Schüler reagieren konnte hatte der Vampir auch schon seine Arme gepackt und hielt ihn fest.
„Lasst mich los! Ihr seid doch vollkommen verrückt geworden! Ich weiß nicht was ihr vorhabt, aber ich kann nicht dahin! Das ist unmöglich, der Ort ist das pure Böse! Kein Internet? Kein Strom? Vergesst es, ich will nicht dahin, nichtmal für einen Augenblick!“ rief Luciel und wand sich im Griff seiner Schwester und seines Lehrers.

„Bleib ganz ruhig Luciel.“ meinte Naruz beruhigend. „Du musst nicht lange bleiben, das verspreche ich dir. Nur ein paar Stunden, in Ordnung? Du würdest doch nicht wollen, das dein Lieblingslehrer einfach so verschwindet, ohne das du dich verabschieden konntest, oder?“
„Ich... muss wirklich nur ein paar Stunden bleiben?“
„Nur bis ich als Lehrer vorgestellt wurde, danach darfst du wieder gehen, versprochen.“
Luciel schien kurz darüber nachzudenken, dann seufzte er. „Also gut, von mir aus. Ich werde es schon ein paar Stunden... Anya? Warum siehst du mich so an?“
„Oh... weißt du es denn nicht, Luciel? Es ist die Eröffnungszeremonie in Hogwarts, da muss man angemessen gekleidet sein! Also solltest du so schnelle wie möglich aus diesen Straßenklamotten schlüpfen und deine Schuluniform anziehen!“ sagte Anya, voller Begeisterung und strahlte Luciel aus erwartungsvollen Augen an.
„Ich glaube nicht dass das nötig ist, wenn ich Naruz verabschiede... außerdem habe ich meine Schuluniform... wo im Namen des Teufels hast du die her?!“ fragte Luciel ungläubig, als er sah wie seine Schwester auf einmal wie aus dem nichts eine schwarze Hose und einen weißen Mantel in der Hand hatte, der an den Seiten und Schultern königsblau gefärbt war.
„Luciel, Luciel, Luciel... es ist die Pflicht einer Schwester zu wissen, wo ihr kleiner Bruder seine Schuluniform aufbewahrt! Also los, zieh dich aus und...“ weiter kam Anya nicht, ehe Naruz ihr Luciels Uniform aus der Hand riss und sie ihm zuwarf. Dann packte der Vampir Anya am Kragen, ging mit ihr auf die andere Sitzbank und hielt ihr eine Hand vor die Augen. „Naruz! Was fällt dir ein? Ich kann nichts sehen! Weißt du wie lange ich darauf gewartet habe?! Komm schon, nur ein klitzekleiner Blick!“
„Mach dir keine Sorgen Luciel, ich halte dir die Verrückte vom Leib, also ziehe dich ruhig um. Denn in einem Punkte hat sie zumindest recht, du solltest nicht so in Hogwarts auftauchen.“
Luciel schüttelte kurz den Kopf, zuckte dann jedoch mit den Schultern. „Also gut, von mir aus... und danke Fledermaus, deine Hilfe ist mehr als willkommen.“

Kurze Zeit später hatte Luciel sich umgezogen, woraufhin Naruz Anya freigab die einen enttäuschten Gesichtsausdruck aufsetzte.
„So nahe und doch so fern... ich kann es nicht glauben, dass du mir so etwas antun würdest Naruz!“
„Und ich kann es nicht glauben, was aus dir geworden ist. Als ich in Greifswald angefangen habe warst du so ein nettes, unschuldiges Mädchen und jetzt, na ja, man sieht es ja.“ meinte der Vampir seufzend.
„Da fällt mir ein, warum muss Anya sich nicht umziehen? Sie wird dich ja wohl auch verabschieden, oder?“ fragte Luciel, ehe Anya auf den Lehrer reagieren konnte.
„Luciel! Ich dachte schon du würdest gar nicht mehr fragen!“ rief Anya und strahlte auf einmal wieder übers ganze Gesicht. „Wenn es das ist was du willst, werde ich natürlich sofort... autsch“ Anya verstummte und rieb sich den Hinterkopf, nachdem Naruz ihr einen leichten Schlag mit der Handkante verpasst hatte.
„Sobald wir in Hogwarts sind werden wir beide vorgehen während Anya sich umzieht.“
„Das wäre Zeitverschwendung, ich kann mich auch gleich hier und jetzt umziehen, wenn du willst Luciel. Du musst nicht einmal die Augen zu machen, im Gegenteil, ich wäre dir sehr dankbar wenn du sie offen lassen würdest.“
„Verstehe, also zieht sie sich um sobald wir angekommen sind.“ meinte Luciel seufzend und ignorierte seine Schwester. „Warum hast du eigentlich den Posten hier angenommen? Ich dachte immer du magst die Insel nicht.“
„Direktorin Greifswald hat mich darum gebeten.“ antwortete der Vampir seufzend. „Sie hat darauf bestanden, dass ich es bin. Anscheinend hat sie eine Art Austausch mit Hogwarts geplant, in der beide Seiten mehr über die Magie der jeweils anderen lernen.“
„Hm? Warum dann ausgerechnet du? Ich dachte eigentlich immer, dass sie dich nicht mag.“
„Tut sie auch nicht, aber sie denkt dass ich der einzige bin, der dafür geeignet ist um auf... na ja, sie denkt jedenfalls das außer mir keiner der Lehrer mit der Aufgabe zurechtkommt.“
„Gut, kommen wir zu einer letzten, wichtigen Frage: warum sind wir vom Flughafen aus direkt nach Hogwarts aufgebrochen, anstatt vorher in unserem Hotel anzuhalten und das Gepäck abzugeben? Ich traue der ganzen Sache nicht, irgendetwas verschweigt ihr mir noch immer.“

Bevor irgendjemand darauf antworten konnte hielt die Kutsche plötzlich an und die Tür öffnete sich.
„Professor Dracul, Mrs. Cambeli, Mr. Cambeli, wir haben unser Ziel erreicht.“ sagte der Kutscher und verneigte sich leicht.
„Vielen Dank, Luciel und ich werden bereits vorgehen, Anya wird sich noch umziehen und uns dann folgen.“ meinte Naruz während er aus der Kutsche stieg. Luciel zögerte einen winzigen Augenblick, seufzte dann jedoch und folgte ihm. In gewisser Weise hatte Naruz vorhin recht gehabt, denn der Vampir war tatsächlich der einzige Lehrer der Akademie, den Luciel leiden konnte. Es würde schon schwer genug für ihn werden wenn Naruz plötzlich weg war, also konnte er auch ein paar Stunden seiner Zeit erübrigen, um ihn zu verabschieden und ihm viel Glück in seiner neuen Schule zu wünschen... auch wenn Luciel sich noch immer fragte, warum man ihn nicht vorher etwas gesagt hatte. Es war bereits dunkel und als Luciel aus der Kutsche stieg fiel sein Blick direkt auf das große, alte Schloss vor dem das Gefährt angehalten hatte. Es schien wahrhaft riesig zu sein und erweckte einen ehrfürchtigen und imposanten Eindruck, ganz anders als die Greifswald-Akademie, welche sich nicht großartig von gewöhnlichen Schulen unterschied. Vor den Toren des Schlosses stand ein alter Mann mit grauen Haaren der eine, ebenfalls sehr alt aussehende, Katze in seinen Armen hielt.
„Ihr müsst die Gäste aus Deutschland sein auf die wir warten, nehme ich an?“ sagte der Mann und humpelte auf Naruz und Luciel zu.
„Geht ruhig vor, ich finde euch dann schon.“ meinte Anya und schloss die Tür zur Kutsche hinter den beiden, um sich umzuziehen.
„Die sind wir, ich bin Naruz Dracul und werde zukünftig als Lehrer für Zaubertränke hier arbeiten. Der junge Mann hier ist Luciel Cambeli, in der Kutsche ist seine ältere Schwester, Anya Cambeli. Die beiden begleiten mich heute Abend.“
„Freut mich Sie kennenzulernen, ich bin Filch, der Hausmeister von Hogwarts.“ sagte der Mann und warf Luciel einen musternden Blick zu. „Ist das der Junge, der...“
„Darüber werden wir später noch reden können.“ unterbrach Naruz den Hausmeister mit einem Lächeln und legte eine Hand auf Luciels Schulter. „Vorerst müssen Sie nur wissen, dass er mich begleitet, Mr. Filch.“
„Fledermaus! Was wollte der Katzenfetischist gerade sagen?“ fragte Luciel im Flüsterton, als der Hausmeister sich schnaubend abgewandt hatte und wieder in Richtung Hogwarts humpelte.
Naruz und Luciel setzten sich in Bewegung, jedoch mit einigem Abstand damit ihr Gespräch nicht gehört werden konnte.
„Nichts wichtiges, ich glaube er hat dich für einen Schüler gehalten der zu spät gekommen ist. Entweder das, oder deine Uniform hat ihn verwirrt, ich bin mir sicher die sieht man nicht allzu häufig hier im Norden.“
„Mhm... wenn du meinst.“ murmelte Luciel, womit das Gespräch auch vorerst beendet war.

Als sie das Schloss betraten sah Luciel direkt in der Eingangshalle vier große Stundengläser die in Einbuchtungen an der Wand standen, jedes mit einem anderen Wappen über sich und gefüllt mit Edelsteinen, jedoch jedes mit einer anderen Farbe, eines war grün, eines rot, eines blau und das letzte gelb. Gegenüber des Eingangs zum Schluss war auch direkt eine weitere, große Flügeltür zu sehen, Licht schien unter dem Schlitz hervor und Gemurmel war aus dem Raum zu hören.
„Was ist das? Die Eröffnungszeremonie?“ fragte Luciel, an niemand bestimmtes gewandt während sie sich der Tür näherten.
„So kann man es nennen. Das ist die Große Halle, die Schüler wurden gerade auf ihre Häuser verteilt und essen, sobald sie fertig sind, wird die Direktorin euch vorstellen.“ sagte Filch, ohne sich umzudrehen, drehte dann jedoch kurz vorm Eingang zur Großen Halle ab und führte Naruz und Luciel zu einer Art Seitengang, den diese überhaupt nicht bemerkt hatten. „Der Gang hier führt direkt zum Podium der Lehrer.“ erklärte der Hausmeister und trat ein.
„Was meint er mit Häusern, Fledermaus?“ fragte Luciel, während er sich gähnend streckte und zusammen mit Naruz dem Hausmeister folgte.
„Hogwarts teilt seine Schüler auf eines von vier Häusern auf, die alle nach den Gründern der Schule benannt sind. Soweit ich es verstanden habe konkurrieren diese untereinander darum wer das beste Haus ist... oder etwas in die Richtung.“
„Teamarbeit? Lächerlich.“ murmelte Luciel und schlagartig verfinsterte sich seine Miene.
„Du denkst genauso wie Direktorin Greifswald.“ meinte Naruz und lachte leise. „Nun gut, jeder Schüler der Akademie denkt natürlich so. Hogwarts ist vollkommen anders als Greifswald, musst du wissen. Hier geht es einfach nur darum junge Hexen und Zauberer auszubilden, wie eine normale Schule der Muggel es mit gewöhnlichen Kindern macht.“
„Tatsächlich? Und ich dachte schon alle Schulen sind so wie zuhause, ich verstehe langsam warum du zugestimmt hast hierher zu wechseln.“ sagte Luciel und steckte eine Hand in seine Hosentasche. Als er sie wieder hervor nahm hielt er drei kleine Kugeln in der Hand, eine war silbern, eine eisblau und eine blutrot, alle drei waren aus einem leichten Metall hergestellt und gaben eine unnatürliche Wärme von sich. „Tch, Anya denkt wirklich an alles. Ich hatte die eigentlich in meinem Schlafzimmer in Greifswald gelassen.“ sagte Luciel seufzend, während die Kugeln aus seiner Hand schwebten und anfingen um seinen Kopf zu schwirren.

„Natürlich, ich kann meinen kleinen Bruder doch nicht ohne seinen Fokus aus dem Haus lassen!“ erklang plötzlich eine Stimme hinter Luciel, kurz darauf gesellte Anya sich an seine Seite. Sie trug nun ebenfalls eine Schuluniform aus Greifswald, zusammen mit hochhackigen Schuhen. Um ihren Hals trug sie eine silberne Kette in Form eines Kreuzes, in dessen Mitte ein Rubin schimmerte. „Wie gefällt es dir?“ fragte Anya und wirbelte einmal um die eigene Achse, als sie merkte wie Luciel sie musterte.
„Du siehst überraschend gut darin aus.“
„Das 'überraschend' war unnötig.“ sagte Anya und ließ den Kopf hängen.
„Aber warum hast du überhaupt eine Schuluniform? Du hast doch schon deinen Abschluss gemacht.“
„Warum? Natürlich für den Fall, das du eines Tages einen Fetisch für Schuluniformen entwickelst! Dann kann ich...“
„Vergiss das ich gefragt habe.“ kanzelte Luciel seine Schwester ab und hielt urplötzlich an, um nicht in Naruz' Rücken zu laufen. Der Vampir war zusammen mit Filch vor einer geöffneten Tür stehengeblieben.
„Wartet hier einen Moment, ich werde der Direktorin sagen dass ihr da seid.“ meinte der Hausmeister und trat durch die Tür in das ein, was Luciel für die große Halle hielt. Nur eine knappe Minute später stand Filch wieder vor ihnen und nickte. „Gut, ihr dürft eintreten.“ sagte er, woraufhin Naruz sich wieder in Bewegung setzte.
„Los, wir auch.“ flüsterte Anya Luciel ins Ohr und stieß ihn leicht an. Gemeinsam betraten die Geschwister hinter Naruz die Große Halle, wobei Luciel merkte dass er aus irgendeinem Grund immer nervöser wurde. Er hatte irgendetwas übersehen, ein sehr wichtiges Detail... nur was?
Bevor er jedoch Zeit hatte weiter darüber nachzudenken, wurde seine Aufmerksamkeit auf eine alte Frau mit Brille gelenkt, deren Haare fast vollständig unter einem großen Hut verschwanden und die eine verdammt altmodische, schwarze Robe trug. Sie schlug mit einem Löffel gegen ihr Glas und sorgte somit dafür, dass das allgemeine Gemurmel, welches bis eben in der Halle geherrscht hatte, verstummte, wenn auch langsam. „Ruhe, bitte!“ sagte die Frau mit einem strengen Unterton in der Stimme.

Während die letzten Gespräche in der Halle noch verstummten, ließ Luciel seinen Blick durch die Gegend wandern. Er selber stand mit seiner Schwester und Naruz auf einem leicht erhöhten Podium, von wo aus man die gesamte Halle überblicken konnte und an dem mehrere, alte Männer und Frauen saßen, wahrscheinlich die Lehrer der Schule. Hier und da konnte Luciel auch einen etwas jüngeren Lehrer erkennen, aber die meisten waren recht alt. In der Halle selber standen vier riesige Tische, deren Sitzbänke bis auf den letzten Platz mit Schülern in allen Altersgruppen vollgestopft waren. Als er nach oben sah bemerkte Luciel, dass die Decke der Halle entweder aus Glas zu bestehen schien, oder aber mit irgendeinem Zauber belegt sein musste, welcher die Wetterbedingungen draußen wiedergab, denn anstelle einer steinernen Decke sah er einen dunklen, wolkenverhangenen Himmel. Inzwischen hatten sich die Blicke sämtlicher Schüler auf das Podium gerichtet, vor allem auf Luciel und Anya, die mit ihren Uniformen weit mehr herausstachen als Naruz, welcher ohnehin schon gut darin war keinerlei Aufmerksamkeit zu erregen und unauffällig in einer Ecke zu stehen. Natürlich könnte es auch an Luciels Fokus liegen, den drei Kugeln die noch immer um seinen Kopf schwebten.
„Wie ich bereits vor dem Essen gesagt habe, wird es dieses Jahr in Hogwarts zwei Besonderheiten geben.“ sagte die streng aussehende Frau, die Luciel für die Direktorin der Schule hielt, Minerva McGonagall, wenn er sich nicht irrte. „Zum einen begrüßen wir einen neuen Lehrer für Zaubertränke in unseren Reihen.“ fuhr sie fort, woraufhin Naruz einen Schritt nach vorn trat und somit die Aufmerksamkeit auf sich lenkte. „Professor Naruz Dracul, ein rumänischer Experte für Zaubertränke, der bislang an der Greifswald-Akademie von Deutschland unterrichtet hat. Wie Sie alle sicherlich wissen ist die Akademie noch sehr jung, hat aber trotzdem bereits einen gewissen Ruf talentierte Schüler hervorzubringen. Professor Dracul wird fortan hier in Hogwarts unterrichten und uns neue Formen von Zaubertränken zeigen, welche er selber in Rumänien entwickelt hat, oder deren Herstellung in Greifswald beigebracht wurde.“
Naruz selber sagte nichts, er winkte nur kurz den Schülern zu und verbeugte sich leicht, als diese für ihn klatschten. Luciel klatschte ebenfalls, runzelte jedoch mit der Stirn. Je mehr er darüber nachdachte, desto merkwürdiger wurde das ganze. Warum hatte Naruz ihm nicht schon früher gesagt, dass er Greifswald verlassen würde? Sie hätten sich schon viel früher voneinander verabschieden können. Und warum hatte seine Schwester ihm vorgelogen, sie würden Ferien in Großbritannien machen, wenn sie nur Naruz auf wiedersehen sagen wollte? Warum musste sie ihn anlügen und so nach Britannien locken? Hatte sie Angst, dass er nicht mitkommen würde wenn sie die Wahrheit sagte? Selbst wenn, was wäre so schlimm daran, wenn er für die paar Tage in Deutschland geblieben wäre?

Die Antwort auf diese Frage erhielt Luciel noch im selben Augenblick, in dem er sie sich gestellt hatte, und zwar von der Direktorin von Hogwarts.
„Jedoch werden wir nicht nur einen neuen Lehrer in Hogwarts begrüßen können.“ sagte sie, nachdem der Applaus für Naruz sich gelegt hatte. „Zum ersten mal in der Geschichte von Hogwarts werden wir einen Gastschüler begrüßen können! Als Teil eines Austausches und gegenseitigen Lernens mit Greifswald, haben unsere neuen Freunde in Deutschland uns einen ihrer Schüler geschickt, der die nächsten zwei Jahre zusammen mit Ihnen studieren wird. Er wird in der sechsten Klasse einsteigen und ich bitte jeden hier, ihn so zu behandeln, als wäre er schon seit seinem ersten Jahr hier.“
„Oh? Ein Gastschüler?“ fragte Luciel verdutzt an seine Schwester gewandt. „Jemand den ich kenne?“
„Hm... kann man so sagen.“ murmelte Anya und ging einen Schritt nach hinten und zwei nach links. Dadurch stand sie wie zufällig direkt zwischen Luciel und der Ausgangstür, dem in diesem Augenblick klar wurde, das er einen gewaltigen Fehler gemacht hatte. Er hatte seiner Schwester und Naruz vertraut und sich nichts weiter bei der ganzen Sache gedacht... und das rächte sich jetzt.
„Begrüßt bitte Luciel Cambeli!“ sagte McGonagall und erneut klatschten die Schüler, wenn auch mit weit mehr Getuschel und Gemurmel als bei Naruz.
Luciel bekam davon jedoch recht wenig mit, er blinzelte die Direktorin nur ungläubig an und deutete mit dem Finger auf sich. „Ähm... ich?“ fragte er, leicht verwirrt.
„Wenn Sie Luciel Cambeli sind, dann ja, Sie.“ meinte die Direktorin und nickte. „Anhand Ihrer Reaktion gehe ich davon aus, dass Sie nicht von Ihrer Direktorin darüber unterrichtet wurden?“ fragte sie und runzelte die Stirn.
„Kann man so sagen.“ murmelte Luciel und warf einen Blick zu Anya.
„Nun, ich fürchte es ist beschlossene Sache.“ sagte McGonagall, inzwischen war der Applaus abgeklungen und es wurde noch lauter Getuschelt. „Sowohl Ihre Direktorin, als auch Ihr Vormund haben uns die Erlaubnis gegeben, wir haben sogar Ihre Unterschrift auf den notwendigen Papieren.“ sagte McGonagall.
„Mein Vormund? Anya... was hast du getan?“ fragte Luciel und warf seiner Schwester einen strengen Blick zu.
Diese lächelte jedoch nur und zuckte mit den Schultern. „Tut mir leid Luciel, aber sowohl ich als auch Naruz hielten das für die beste Möglichkeit. Dir hat es in Greifswald eh nie gefallen, ich bin mir sicher dass es dir hier weit besser gehen wird.“

„Bist du wahnsinnig?“ fragte Luciel, vollkommen ungläubig. „Es gibt hier kein Internet! Kein Strom! Wie soll es mir hier besser gehen?! Tut mir leid, Frau Direktorin, Anya, Naruz. Aber das hier ist nichts für mich! Ich werde zurück nach Greifswald gehen!“
„Das bezweifle ich, Luciel.“ sagte Anya und lächelte noch immer. „Es hat schon seinen Grund, warum ich dabei bin. Du bist nicht dumm und wahrscheinlich schon alle Fluchtmöglichkeiten durchgegangen, nicht wahr?“ fragte Anya, während sie ihrem Bruder zuzwinkerte. „Deine Fluchtchancen sind inzwischen bei elf Prozent... sieben.“ verbesserte sie sich, als sie sah wie Naruz einen Schritt nach vorn trat und somit den Weg zu einer gegenüberliegenden Tür auf dem Lehrerpodium versperrte.
„Verzeihung, Mrs. Cambeli... aber wovon reden Sie hier eigentlich?“ fragte McGonagall.
„Das werde ich Ihnen erklären, sobald Luciel aufgegeben hat.“ sagte Anya beruhigend, ließ Luciel dabei jedoch nicht aus den Augen.
Dieser seufzte und ließ seine Fokuskugeln plötzlich in seinen Händen landen. „Schon gut, ich gebe auf Anya.“ sagte er und schenkte seiner Schwester ein strahlendes Lächeln, dem selbst auf der Akademie in Deutschland niemand wirklich widerstehen konnte. „Du bist einfach zu gut für mich, Schwesterherz.“ fügte er hinzu, woraufhin Anya anfing glücklich zu strahlen.
„Luciel! Du...“ begann sie und musste im selben Augenblick mit ansehen wie ihr Bruder seine Kugeln wieder in die Luft warf, einen Schritt nach vorn trat und vom Lehrerpodium nach unten in die Halle sprang. „... hast mich mal wieder reingelegt.“ beendete Anya mit niedergeschlagener Stimme ihren Satz, während Luciel begann so schnell er konnte in Richtung der großen Türen zu laufen. Er konnte spüren wie die Blicke sämtlicher Anwesenden an ihm zu kleben schienen, doch davon ließ er sich nicht beeindrucken. Sobald er die Halle verlassen hatte, war er in Sicherheit soviel stand fest! Jedoch sollte er nicht einmal bis zur Tür kommen. Als er die Halle bis zur Hälfte durchquert hatte, erklang hinter Luciel auf einmal eine Art sanftes Glockenläuten und ein Raunen ging durch die Halle, keine zwei Sekunden später schoss etwas über Luciel durch die Luft und landete direkt vor ihm. Es war Anya, aus deren Rücken zwei Flügel aus reinem, weißem Licht wuchsen.
„Das... das ist doch wohl ein Scherz, oder Anya?“ fragte Luciel und schluckte nervös. 'Die Schwingen der Seraphim' war ein Zauber den nur die besten Studenten in Greifswald überhaupt nutzen konnten, ihn innerhalb von wenigen Augenblicken ohne Formel anzuwenden überstieg selbst die Fähigkeiten der meisten Lehrer dort. Anscheinend hatte sich Anya ihren Titel als Kampfmagierin durchaus verdient. „Du hast nicht gerade wirklich einen 'A-Rang' Zauber benutzt, nur um mich an der Flucht zu hindern, oder?“
„Du wirst mir nie entkommen, Luciel.“ meinte Anya und lächelte. „Jetzt sei brav, gib auf und finde dich damit ab, dass du für eine Weile in Hogwarts bleiben wirst.“
„Niemals, eher...“ weiter kam Luciel nicht, denn seine Schwester schoss ohne Vorwarnung nach vorn und rammte ihre Faust in seine Magengrube, ehe sie ihn einem Hieb mit der Handkante gegen den Nacken gab.
Das letzte, was Luciel hörte bevor alles um ihn herum schwarz wurde war Anyas Stimme die sagte: „Tut mir leid, aber so ist es am besten für dich...“



Mit einem leisen Stöhnen öffnete Luciel die Augen und merkte, dass er auf einem kleinen Sofa lag, mit seinen Fokuskugeln direkt neben sich. Er richtete sich langsam auf und sah sich um, während er sich den Bauch rieb der noch immer ein wenig schmerzte nach Anyas Schlag. Anscheinend war er in einer Art Pokalzimmer, denn überall standen Vitrinen mit diversen Pokalen und Trophäen, etwas anderes schien es nicht zu geben. In der Nähe standen drei Stühle, auf zwei von ihnen saßen Anya und McGonagall, auf dem dritten ruhte ein schlichter, mitgenommener, brauner Hut.
„Luciel! Dir geht es gut!“ rief Anya plötzlich, die sich bis eben noch mit der Direktorin unterhalten hatte und stürzte sich auf ihren Bruder. „Ich hatte solche Angst, als du plötzlich zusammengebrochen bist!“ fügte sie hinzu, während sie ihm um den Hals fiel.
„Ach ja? Und wessen Schuld ist das wohl?!“ fragte Luciel aufgebracht und schob seine Schwester ein wenig von sich.
„Mr. Cambeli, Ihre Schwester hat mir eben alles über Sie erzählt... über Sie und Ihre Situation in Greifswald.“ sagte McGonagall und bei diesen Worten verfinsterte sich Luciels Miene.
„Anya... was hast du ihr gesagt?“
„Genug damit sie weiß, dass es am besten für dich ist wenn du hier in Hogwarts bleibst.“ sagte Anya und wandte schuldbewusst den Blick ab.
Luciels Blick wanderte zu McGonagall. „Und? Nach allem was Sie gehört haben, wollen Sie mich noch immer hier in Hogwarts haben?“ fragte er und lächelte schwach.
„Nach allem was ich gehört habe, war es ein Unfall. Sie betrifft keine Schuld.“
Luciel schnaubte, sagte jedoch nichts.
„Allerdings werden wir Sie natürlich nicht dazu zwingen, gegen Ihren Willen in Hogwarts zu bleiben.“ fügte die Direktorin hinzu. „Daher haben Mrs. Cambeli und ich uns etwas überlegt. Wie wäre es, wenn Sie einen Monat lang auf Probe hier in Hogwarts bleiben? Wenn Sie danach noch immer nicht bleiben wollen, können Sie sofort nach Greifswald zurückkehren. Solange würde Ihre Schwester auch hier bleiben... das war eine ihrer Bedingungen.“
Luciel seufzte, er hatte überhaupt keine Lust hier zu bleiben, aber wie es schien blieb ihm keine große Wahl. Selbst wenn er entkommen und nach Deutschland zurückkehren könnte, würde Anya ihm diese Flucht wahrscheinlich nie verzeihen. Außerdem... was hatte er schon noch in Deutschland? Nun gut, Internet und Strom, aber nicht viel mehr. „Also gut, ich gebe auf. Ich werde diese Probezeit mitmachen.“ sagte er schließlich und zuckte mit den Schultern. „Allerdings unter einer Bedingung.“
„Was für eine Bedingung?“
„Wie ich das sehe, wird hier in Hogwarts in der Großen Halle gemeinsam gegessen... ich will eine eigene Küche.“
„Sie... wollen selber kochen?“
„Genau, nichts für ungut, aber ich habe mein ganzes Leben lang selber gekocht und werde so schnell nicht damit aufhören, außerdem traue ich den ausländischen Küchen nicht.“ sagte Luciel und verschränkte die Arme. „Alles was ich brauche sind Zutaten, Geschirr, ein paar Töpfe und ein Herd, lässt sich das einrichten?“
McGonagall schien eine Weile lang nachzudenken, nickte dann jedoch. „Das dürfte kein Problem sein, auch wenn es... ungewohnt ist. Sie sind der erste Schüler, der eine solche Bitte hatte.“
„Gut, dann ist das ja geklärt.“ meinte Luciel und lächelte. „Was passiert jetzt?“

„Da Sie nun offiziell Teil von Hogwarts sind, müssen wir erst einmal sehen zu welchem Haus Sie gehören werden. Jeder Schüler gehört zu einem Haus hier in Hogwarts, Sie werden zusammen mit den anderen Schülern Ihres Hauses schlafen, mit ihnen essen und den Großteil Ihrer Freizeit mit ihnen verbringen. Die vier Häuser sind Gryffindor, Ravenclaw, Hufflepuff und Slytherin.“
„Verstehe, darf ich mir eines aussuchen?“
„Nein, das übernimmt der Hut für Sie.“ meinte McGonagall und deutete auf den lumpigen Hut, der auf dem Stuhl neben ihr lag.
„Aha, der... Hut wird mir sagen, in welches Haus ich gehöre.“ sagte Luciel mit tonloser Stimme und warf der Direktorin einen leicht besorgten Blick zu. Ob sie wohl ein wenig verrückt war?
„In der Tat, das werde ich.“
Luciel zuckte zusammen und konnte nicht ganz glauben, was er dort sah. Der Hut... bewegte sich! Er hatte plötzlich eine Art Mund und etwas, das an Augen erinnern konnte und er... sprach! „Das... Ding kann sprechen?“ fragte er erstaunt.
„Natürlich kann ich sprechen, ich bin der Sprechende Hut. Seit hunderten Jahren habe ich die neuen Schüler von Hogwarts auf ihre Häuser verteilt.“
„Interessant.“ murmelte Luciel, stand vom Sofa auf und kniete sich vor den Hut. „Ich wusste gar nicht, das man mit Magie so nutzlose Dinge wie einen sprechenden Hut erschaffen kann.“
„Nutzlose Dinge?“ fragte der Hut und klang leicht empört.
„Verzeiht meinem kleinen Bruder.“ warf Anya ein und legte eine Hand auf Luciels Schulter. „Er ist ein wenig verärgert wegen, ähm, na ja, mir.“
„Ich werde es ihm nachsehen, immerhin seid ihr nicht von hier. Aber ich warne dich, Junge, sage so etwas nicht noch einmal.“ ermahnte der Hut Luciel, der jedoch nur mit den Schultern zuckte.
„Von mir aus, tut mir leid... was soll ich jetzt machen?“
„Setzen Sie den Hut auf und warten dann, bis er ihnen sagt zu welchem Haus Sie gehören.“ sagte McGonagall.
„Das ist alles?“
„Das ist alles.“
„Na gut, wenn Sie meinen.“ mit diesen Worten packte Luciel den Hut und setzte ihn sich auf den Kopf.
„Mhm... verstehe... wirklich eine interessante Schule, diese Akademie. Du hast das Wesen deiner alten Schule wirklich ganz und gar verinnerlicht, Junge. Daher gibt es keinen Zweifel, du gehörst nach Slytherin.“ sagte der Hut, woraufhin Luciel ihn wieder absetzte.

„Das ging schneller als erwartet.“ meinte McGonagall überrascht. „Ich hätte nicht gedacht, das es so leicht wird jemanden zuzuordnen, der bereits jahrelang auf eine andere Schule gegangen ist. Aber gut, da das nun geklärt ist... Filch!“ rief die Direktorin, woraufhin der Hausmeister, der bislang unbemerkt in einer Ecke gestanden hatte, einen Schritt nach vorn trat.
„Ja, Direktorin?“
„Holen sie die neue Vertrauensschülerin aus Slytherin, sie soll Mr. Cambeli und seine Schwester zum Gemeinschaftsraum führen.“
„Jawohl, Direktorin.“ antwortete der Hausmeister und verließ das Zimmer.
„Moment! Haben Sie gerade gesagt, das meine Schwester ebenfalls nach Slytherin kommt?“
„Sie ist keine Schülerin hier und nur dafür da, um Sie zu beobachten, also ja. Sie kommt ebenfalls nach Slytherin.“
„Wie... schön.“ murmelte Luciel
„Findest du wirklich?“ fragte Anya begeistert und umarmte Luciel erneut. „Wir werden einen ganzen Monat zusammen verbringen, ich kann es kaum erwarten!“ fügte sie begeistert hinzu.
„Und ich kann es kaum glauben.“ antwortete Luciel und versuchte erneut seine Schwester von sich zu schieben.
McGonagall öffnete gerade den Mund um etwas zu sagen, als es an der Tür klopfte. „Herein.“ sagte die Direktorin, woraufhin die Tür aufschwang und ein junges Mädchen mit langen, blonden Haaren und grünen Augen eintrat. Sie trug die schlichte, schwarze Kleidung, welche Luciel für die Uniform von Hogwarts hielt und auf ihrer Brust war ein grünes Wappen gestickt, auf dem eine silberne Schlange zu sehen war.
„Sie haben mich gerufen, Direktorin?“ fragte das Mädchen und wirkte ein wenig überrascht.
„In der Tat, das habe ich Mrs. Greymoore. antwortete McGonagall und nickte. „Das hier ist Morrigan Greymoore, Fünftklässlerin und Vertrauensschülerin von Slytherin.“ fügte sie an Luciel gewandt hinzu, ehe sie sich wieder an das Mädchen wandte. „Und das sind Luciel Cambeli, unser Gastschüler und seine Schwester Anya Cambeli. Die beiden werden eine Weile mit uns in Hogwarts leben und zwar als Slytherin. Ich möchte Sie darum bitten die beiden in den Gemeinschaftssaal zu führen, nachdem mir eine wichtige Frage beantwortet wurde.“
„Frage?“ meinte Luciel und ignorierte das neue Mädchen vollkommen. Andererseits schien sie ihm ebenfalls keinerlei Beachtung zu schenken, weshalb sie sich nicht sonderlich daran störte.
„Genau genommen ein paar Fragen, und zwar über Greifswald, oder besser gesagt diese neue Art der Magie, von der Ihre Direktorin in ihrem Brief an mich geschrieben hat.“ sagte McGonagall und musterte Anya aufmerksam. „Um ehrlich zu sein habe ich zuerst nicht geglaubt, dass sich unsere Magie so sehr von der euren unterscheidet, aber was ich in der Halle gesehen habe hat mich eines besseren belehrt. Außerdem sehe ich keine Zauberstäbe, was also hat es mit eurer Form der Magie auf sich?“

Nach der Frage der Direktorin herrschte eine Weile lang schweigen, dann ließ Anya sich plötzlich auf dem Sofa nieder, schloss eines ihrer Augen und warf Luciel aus dem anderen einen auffordernden Blick zu. „Mein Bruder kann es besser erklären als ich.“ behauptete sie und schloss dann auch das andere Auge.
Luciel seufzte erneut, schüttelte dann jedoch mit dem Kopf, setzte sich und richtete seinen Blick auf McGonagall, während er seine Kugeln aufhob und sie wieder um seinen Kopf schwirren ließ. „Also gut, da Anya zu faul ist, werde ich es einmal versuchen.“ meinte er und sah wie Morrigan sich auf einem der freien Stühle niederließ. „Im Prinzip ist es ganz einfach, unsere Magie ist nicht... natürlich, im Gegensatz zu Ihrer und der Ihrer Schüler. Man kann sagen, dass unsere Magie künstlich ist. Vor beinahe zehn Jahren erschuf eine geniale Magierin in Japan etwas das bei uns als 'Kern' bezeichnet wird. Niemand weiß wie genau er funktioniert, aber er produziert Unmengen an Energie, die von uns in Magie umgewandelt werden kann, mithilfe solcher Geräte.“ sagte Luciel und deutete auf die Kugeln. „Jeder Magier in Greifswald hat einen Gegenstand, den wir 'Fokus' nennen, bei mir sind es diese drei Kugeln, bei Anya ihre Halskette. Der Fokus entzieht dem Kern Energie und hilft uns dabei sie in Magie umzuwandeln und somit zu zaubern. Die meisten Zauber benötigen sprachliche Befehle um sie zu benutzen... man könnte diese Sprüche als Makros bezeichnen. Es sind Befehle, die auf magische Art und Weise in den Fokus eingespeichert wurden. Wenn man dann den Befehl ausspricht, erinnert der Fokus sich an den Zauber der dazu gehört und wirkt ihn beinahe automatisch. Je mächtiger der Zauber ist, desto länger ist die Formel um ihn zu aktivieren. Allerdings kann man nicht jeden beliebigen Spruch nehmen, jeder Zauber hat einen fest vorgeschriebenen Befehl, alles andere würde den Kern und den Fokus überlasten.“
„Das klingt ein wenig nach... Muggeltechnologie.“ sagte McGonagall, leicht verwundert.
Luciel nickte. „Ich weiß, Technologie ist ein wichtiger Bestandteil unserer Magie. Je mächtiger ein Magier ist, desto weniger muss vom Befehl ausgesprochen werden, manche Magier können gar ohne Befehle mächtige Zauber wirken. Allerdings ist das eher den Lehrern und Königen der Akademie vorenthalten.“
„Könige? Ist das eine Bezeichnung für die Schulleitung?“
„Nein, für einige der Studenten. Sie müssen wissen, dass unsere Akademie ganz anders ist als Hogwarts, bei uns gibt es keine Häuser, sondern einen individuellen Wettkampf. Wir sind ungefähr dreihundert Schüler, die gegeneinander konkurrieren. Jeder Schüler hat einen Rang der zeigt wie gut er, oder sie, ist. Ränge werden alle drei Monate neu verteilt und werden anhand von Prüfungsergebnissen und Duellen gemessen. Die Ränge eins bis drei werden in Greifswald als 'Könige' bezeichnet, als die absolute Elite der Akademie.“ erklärte Luciel und warf einen kurzen Blick zu Anya. „Glauben Sie es oder nicht, aber meine Schwester war tatsächlich einmal die Nummer zwei der Akademie.“
„Ach Luciel, du schmeichelst mir.“ sagte Anya, peinlich berührt und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
„Ich selber bin seit meinem letzten Duell übrigens Rang hundertzwanzig.“ fügte Luciel hinzu. „War das alles was Sie wissen wollten, Direktorin?“
McGonagall zögerte kurz, nickte dann jedoch. „Ja, vielen Dank, Mr. Cambeli. Diese neue Magie klingt... interessant. Es ist definitiv etwas, das man unseren Schülern zumindest einmal zeigen sollte. Aber darüber können wir später noch reden, ich nehme an Sie sind müde nach der langen Anreise. Mrs. Greymoore, bringen sie Mr. Cambeli und seine Schwester bitte in den Gemeinschaftssaal. Alles andere, wie zum Beispiel Ihren Stundenplan, können wir dann beim Frühstück klären, Mr. Cambeli. Ich wünsche Ihnen nun eine gute Nacht.“ meinte die Direktorin und erhob sich von ihrem Stuhl, woraufhin auch Morrigan, Luciel und Anya aufstanden.
„Natürlich, Direktorin.“ meinte Luciel. „Gute Nacht.“
„Gute Nacht, Professor McGonagall... folgt mir.“ sagte die Vertrauensschülerin und wandte Luciel ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen den Rücken zu und verließ das Pokalzimmer. Dieser fragte sich kurz, ob er womöglich etwas falsches gesagt hatte, zuckte dann jedoch mit den Schultern und folgte dem Mädchen, zusammen mit Anya. Er hatte größere Probleme, als dieses fremde Mädchen das er womöglich beleidigt hatte... zum Beispiel die Tatsache das er tatsächlich gerade eben die Schule gewechselt hatte. Luciel seufzte leise und schüttelte den Kopf. Vielleicht wäre es wirklich am besten, erst einmal zu schlafen, sich zu beruhigen und zu sehen, was der nächste Tag so bringen würde...
 
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