[Diskussion] Eli

TheDarkness2

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Netflix entwickelt sich so langsam zu einem Unternehmen das in Hollywood ausgestoßenen Filmen ein zu Hause gibt. Die Filme die zuviel nachdenken erfordern, die Filme die zu anstrengend sind für ein Publikum das einfach nur konsumiert. Netflix gibt ihnen eine Chance und das ist gut so. Doch nicht alles was Netflix ins Programm holt kann auch überzeugen. Über Eli zu sprechen ist schwierig, da Spoiler zuviel verraten würden. Deswegen ritz ich die Story kurz an und geh dann ins Detail im Spoiler Tag.

Eli leidet unter einer seltenen Krankheit die ihn komplett von der Außenwelt isoliert. Sein Vater Paul gibt sein letztes Hemd um seinem Sohn die Behandlung bei Dr. Horn zu ermöglichen. Diese hat eine Klink mitten im nirgendwo und ist spezialisiert auf diese Erkrankung. Doch Eli stellt bald fest das Nichts ist wie es sein sollte, komische Dinge ereignen sich und Dr. Horn mitsamt ihren Helferinnen scheint nicht das zu sein was sie vorgibt zu sein. Und auch seine Eltern, allen voran sein Vater, benimmt sich zusehends komischer. Richtigen Zuspruch erhält Eli nur von Haley die außerhalb der Klinik rumspaziert und sich mit Eli an einer Fensterscheibe trifft. Als Eli durch die Behandlung nicht mehr unterscheiden kann was er nur träumt und was real ist, findet er schließlich die Wahrheit raus...

OK, das ist wirklich ein fieses kleines Stückchen Film und ein vorzügliches Kammerspiel. Eli ist von der Welt isoliert aufgrund seiner Erkrankung, seine Eltern wollen ihm helfen und der Landsitz von Dr. Horn scheint perfekt dafür geeignet zu sein. Aber nicht immer ist alles wie es scheint oder es tatsächlich ist. Der Film führt einen gekonnt an der Nase rum, streut gekonnt falsche Hinweise denen man folgt wie ein Verirrter im Wald den Brotkrumen. Denn der Zuschauer kann nur mutmaßen und ist damit ganz auf Elis Seite. Seine Panik, seine Verwirrung und seine Wut die sich immer mehr steigern kann man nachvollziehen. Er weiß nicht woran er ist, seine Eltern glauben ihm nicht und Dr. Horn liefert mit ihrer die Behandlung löst Halluzinationen aus auch die passende Erklärung.

Aus Elis Sicht ist Dr. Horn der Teufel und je mehr paranormale Aktivitäten es gibt, je mehr die Lage eskaliert und je mehr die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit verwischt desto mehr sieht es auch danach aus. Wir haben keine andere Perspektive, wir sind mit Eli festgeschweißt und erleben was er erlebt. Wir haben keinen Vorsprung, wir müssen mit ihm rätseln und aus seinen Erfahrungen die richtigen Schlüsse ziehen. Sind es wirklich Geister oder doch Halluzinationen? Und was passiert überhaupt während der Behandlungen? Das diese nicht für seine Erkrankung ist wird bereits mit der ersten OP klar. Irgendwas stimmt nicht und die Eltern liefern ihren Sohn freiwillig aus.

In all dem Wirr Warr scheint Haley die einzige Konstante zu sein auf die sich Eli und der Zuschauer verlassen kann. Sie lebt draußen, gibt Hinweise und hilft Eli indirekt den Weg zu finden. Doch vieles muss Eli sich selbst zusammenreimen und als er dann die Akten der anderen Patienten findet ist klar wohin die Reise geht: Sein Tod. Eli lehnt sich auf, gegen Dr. Horn und gegen seine Eltern. Am Ende landet er in einer Kammer und muss erkennen das er überhaupt nicht krank war und das seine Eltern ihm all die Jahre nur etwas vorgespielt haben. Die Verwirrung ist perfekt, es gibt keine Erklärung und das Dr. Horn die Böse ist scheint komplett aus dem Fenster geworfen zu werden. Ist sie nur ein Handlanger der Eltern? Warum war sie vorher Nonne? Warum haben die Eltern das getan?

Eli kann seine Mutter überwältigen und wird dann für Phase 3 der Behandlung mit aller Gewalt wieder auf den Tisch geschnallt, doch seine Mutter will ihn retten nachdem sie die Leichen der anderen Kinder im Keller gefunden hat. Doch Paul macht ihr mit grober Gewalt einen Strich durch die Rechnung und weißt Dr. Horn an die Sache endgültig zu beenden. Doch dann passiert etwas was nicht vorhersehbar war: Eli erwacht. Seine Kräfte manifestieren sich, er wirbelt Dr. Horn und ihre Helferinnen durch den Raum, dreht sie auf den Kopf das sie ein umgedrehtes Kreuz ergeben und steckt sie in Flammen mit der Macht seiner Gedanken. Als sein Vater ihm mit dem Dolch den Rest geben will drückt er kurzerhand dessen Gesicht zurück in den Kopf und tötet diesen damit.

Denn Paul war gar nicht sein Vater und die Krankheit die Eli hat ist keine. Was Dr. Horn an ihm durchgeführt hat war ein Exorzismus mit wissenschaftlichen Mitteln. Denn seine Mutter, Rose, hat zum Teufel gebetet um schwanger zu werden. Eli brennt die Klinik nieder und trifft sich draußen mit Haley die auch ein Kind Satans ist. Rose wird zum Fahrer der beiden Kinder und deren Dienerin.

Ok, der Film hat 3 große Wendungen. Erstmal verdächtigt man Dr. Horn, dann wird der Verdacht auf die Eltern gelenkt nur um im letzten Moment umzuschwenken und die Richtung vollkommen zu wechseln. Der Weg dahin ist clever gemacht und der Regisseur, Ciarán Foy versteht es vortrefflich Hinweise zu legen, zu verwirren und Fakten zu präsentieren die jedoch bei näher Betrachtung nicht standhalten. Es ist eine Frage / Antwort Spiel bei dem wir an Eli gekettet sind und uns der Schlüssel zur Tür fehlt hinter der die Wahrheit liegt.

Was jedoch nicht gelungen ist, ist der Horror Aspekt. Die paranormalen Aktivitäten beschränken sich auf das notwendige 1x1 und werden vom Regisseur auch runtergespielt und man liefert dem Zuschauer auch eine Erklärung warum Eli diese sieht. Und da man Elis Zustand sieht, wie ihn die Behandlung mitnimmt und auch was er denkt ist man sich nicht sicher was genau Schein und Sein ist. Doch diese doppelte Ebene nutzt der Regisseur zu ungeschickt aus. Er versteht es gekonnt einen Weg zu gehen und uns dauernd in die Irre zu führen und das sogar mit Bravour. Doch er nutzt das Potenzial nicht aus. Lasst mich erklären.

Der Zuschauer erlebt alles mit Eli zusammen. Es wird langsam aufgebaut, die Therapie verwirrt Eli und kostet ihn unglaublich viel Kraft. Halluzinationen setzen ein, doch sind nicht manche davon real? Hier hätte der Regisseur ansetzen können und den Zuschauer mit mehr Zweifeln infizieren sollen. Schnell wird dem Zuschauer klar das Etwas nicht simmt und egal wie sehr Hr. Foy trickst und falsche Fährten legt es gelingt ihm nicht den Kern zu treffen und wirklich Zweifel zu sähen. Man weiß das etwas nicht stimmt, das die Eltern involviert sind und Eli irgendwas hat das er nicht haben soll. Wie gesagt Foy meistert den Weg mit Bravour lässt aber viel Potenzial in meinen Augen liegen.

Das andere was den Film trägt ist Eli. Charlie Shotwell spielt die Rolle mit aller Überzeugung und man nimmt ihm jederzeit die Leiden ab die er abbekommt. Man fühlt seine Wut, seine Trauer und seinen Hass. Man ist auf seiner Seite selbst als die Wahrheit rauskommt. Man kann ihn verstehen und findet seine Reaktion mehr als berechtigt. Der Kleine hat echt eine gute Überzeugungskraft in seinem Spiel. Paul und Rose sind eher kurz da und eigentlich nur dazu damit Eli einen Bezugspunkt hat. Selten weichen wir ab und erleben die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beiden. Sie spielen ihre Rollen mehr als überzeugend und während der Vater sich zum Psycho entwickelt setzt bei der Mutter immer mehr der Mutterinstinkt ein. Dr. Horn selbst bleibt undurchsichtig und wird auch genauso gespielt: Ein Buch mit 1000 Siegeln das man nicht ergründen kann.

So bleibt ein fieses Kammerspiel mit nicht vorhersehbaren Twists und Wendungen die man erstmal schlucken muss. Der Horror Faktor generiert sich aus dem isolierten Anwesen und der Atmosphäre die in dem sterilen Haus erzeugt wird. Der Spuk drumherum ist höchstens solide. Und auch wenn Potenzial verschenkt wird, so nutzt der Film doch viele Möglichkeiten um den Zuschauer zu irritieren und in die falsche Richtung zu schicken. Und das sehr erfolgreich.

Ich sage schaut ihn euch an wenn ihr mal was anderes sehen wollt das nicht Schema F entspricht. Seit allerdings gewarnt das der Film nicht durch Brutalität glänzt sondern durch die Charaktere und die Fähigkeit des Regisseurs über den Tellerrand zu schauen.
 
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