[Biete] Experimentelle Schreibversuche [Sammlung]

Neverman

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Diese Texte entstanden alle innerhalb eines halben-dreiviertel Jahres.

Ich habe verschiedene Stile ausprobiert, mich mit unterschiedlichsten Thematiken auseinandergesetzt und viel herumexperimentiert.

Herausgekommen ist eine Sammlung kleiner, aber feiner (nach Meinung vieler Freunde) Texte, die allesamt meine Leidenschaft für das Schreiben ausdrücken sollen. Ich hoffe, es ist mir gelungen, eine mehr oder wenige umfangreiche Sammlung des Sprachgebrauchs abzuliefern.

Viel Spaß.^^

Zwischen Zensur und Kunstfreiheit
Nachladen und Schießen

Er als PC-Spieler weiß, worauf es ankommt.
Auf Präzision und eine ruhige Hand. Glück spielt dabei kaum eine Rolle. Wenn die Gegner auf ihn zukommen, weiß er genau, wo er hinschießen muss. Wahlweise natürlich der Kopf. Dann sind die Gegner sofort außer Gefecht gesetzt. Wenn sie aber Helme tragen sind die Füße die erste Wahl. Die sind zwar ein bisschen schwerer zu treffen und nicht für Anfänger geeignet, aber es erzielt eine großartige Wirkung. Der Gegner fliegt hin und man kann ihn in aller Ruhe auseinandernehmen. Als Strategie gegen mehrere Gegner empfiehlt er Granaten. Man muss aber aufpassen, dass man nicht zu früh wirft, da die Gegner sie sonst zu früh erkennen und weglaufen können. Im schlechtesten Fall entdecken die Soldaten dich sogar und du musst fliehen. Also immer erst eine geraume Weile warten, nachdem der Ring gezogen wurde und dann niedrig werfen, damit die Granate größtmögliche Wirkung erzielt. Als Schuss- und Wurfpositionen empfiehlt er generell höhere Positionen. Die kann man aber bei feindlichen Helikoptern vergessen, weswegen er sich am liebsten immer noch altmodisch in einem Busch auf die Lauer legt und von dort mit einer Sniper gezielt auf die Köpfe der Gegner schießt. Zwischen den verschiedenen Fronten macht er keinen Unterschied. Emotionen spielen keine Rolle, sagt er. Er ist schließlich ein Profi.

Schutz der Jugend

Sie wirft dem Label vor, gewaltverherrlichende Bilder zu zeigen. Das verneint es, hat aber keine schlagkräftigen Argumente, die es vorbringen könnte. Wie kann man Kinder nur solcher potenziellen Gefahr aussetzen, fragt Sie. Gewalt ist etwas Schlimmes, etwas durch und durch Verwerfliches. Bestimmte Spiele, Filme, Bücher oder Comics und Mangas fördern die Gewaltbereitschaft. Sie rohen ab, verwirren den kindlichen Geist, welcher nicht einschätzen kann, was auf den Bildern zu sehen ist. Sie sind an der Gewalt Schuld. An den Amokläufen, an der viel zu vielen Gewalt auf der ganzen Welt. Brutale Computerspiele sollten komplett verboten werden. Und Filme auch. Es ist krank, sich so etwas auszudenken und durch diese Fantasien auch noch zu verdienen, indem sie frei zugänglich gemacht werden. Die Jugend soll beschützt werden. Außerdem tun sie das nur aus Liebe. Wer möchte denn freiwillig Gewalt ausgesetzt werden, wer möchte schon freiwillig Gewalt ansehen? Dass Abhängige Spiel- und Filmsüchtige dagegen protestieren ist klar, findet Sie. Das ist, weil sie bereits krank sind. Aber warum sich auch Künstler aufregen ist ihr unbegreiflich. Es geht hier schließlich darum, dass die Kinder nie so etwas Schlimmes wie Krieg erleben müssen. Auch nicht virtuell. Unsere Gesellschaft soll schön und sauber bleiben. Die Zensur ist nichts anderes als eine Auslese um die Spreu vom Weizen zu trennen. Wir wollen schließlich alle beschützen.
In diesem Text äußere ich mich ironisch gegenüber beiden Seiten. Natürlich bin ich gegen die Zensur, was man vielleicht auch rauslesen kann, aber ich habe versucht, beide Seiten als etwas unnötiges darzustellen. Exzessiv Killerspiele zu spielen ist krankhaft, aber Spiele und Filme zu zensieren, ist eine Art der Kontrollsucht und in meinen Augen eine Freiheitseinschränkung, die verboten sein sollte.

Gebrauchsanweisung

Nehmen sie den Datenträger in ihre bevorzugte Schreibhand. Halten sie ihn so, dass der Daumen an der Unterseite der breiten Fläche liegt, und ihr Zeigefinger, wahlweise auch ihr Mittelfinger, oder beide Gliedmaßen, auf der gegenüberliegenden oberen Fläche ruhen.
Die Oberseite erkennen sie an dem Logo der Produktionsfirma und die Unterseite an den Produktinformationen, welche sichtbar angeklebt wurden. Sollten sie den Zeigefinger, den Mittelfinger, oder sogar beide Finger auf den Produktionsinformationen liegen haben, so wiederholen sie bitte den ersten Schritt und achten Sie darauf, dass sie den Stick richtig herum aufnehmen. Ist oben genannte Vorraussetzung gegeben, heben sie nun die andere Hand, und führen Sie sie an die vordere Kante des USB-Sticks. Dort steckt die Verschlusskappe. Sie unterscheidet sich sowohl farblich, als auch vom Profil her vom restlichen Datenträger. Können sie diesen Unterschied nicht vor ihren beiden oben ruhenden Fingern sehen und fühlen können, so haben sie den Stick falsch aufgenommen. In diesem Fall wiederholen sie die ersten Schritte und achten sie darauf, dass ihre Finger in die Richtung der Verschlusskappe zeigen und auf dem Logo ruhen. Haben sie den Verschluss vor den Fingern ihrer Schreibhand stecken, nehmen sie mit der anderen Hand dieselbe Grundhaltung ein, die auch schon ihre Schreibhand einnimmt. Führen sie die griffbereiten Finger nun an die Verschlusskappe und verharren einen Moment. Gehen sie sicher, dass die Finger ihrer Schreibhand richtig positioniert sind, dass das Logo oben, und die Produktionsinformationen unten sind, dass die Finger ihrer anderen Hand genau so geformt sind, wie die ihrer Schreibhand und dass ihre Hände genau gegenüber liegen. Ziehen sie nun, einen gleichmäßigen Druck ausübend, die Verschlusskappe mit der Hand, mit der sie die Verschlusskappe halten, von dem Stick, in die Richtung, in die der Stick mit dem nun erscheinenden metallenen Stecker weist. Wiederholen sie den Vorgang so oft, bis Sie ihn sicher beherrschen. Bewahren sie die Verschlusskappe bitte an einem sicheren Ort auf. Im Falle eines fahrlässigen Verlustes, als auch eines provozierten, erstattet die Firma „Medion“ keinen Schadensersatz. Nachdem sie die Verschlusskappe an einem sicheren Ort aufbewahrt haben, zu dem nur Sie Zugriff haben, und den nur Sie kennen, nehmen sie wieder mit ihrer Schreibhand am Stick die Grundhaltung ein und führen ihn in die entsprechende Öffnung ihres PC’s oder Laptop’s. Um Informationen über das Einführen eines USB-Sticks zu erhalten, kontaktieren sie bitte den Systemhersteller und erkundigen Sie sich, ob der Stick für ihr System zulässig ist, ob etwaige Risiken bestehen, ob man bestimmte Vorkehrungen treffen und Regeln einhalten muss. Für weitere Informationen benutzen Sie bitte unsere Kunden-Service-Hotline unter

03978/244564 (20 Cent/Sekunde)

oder besuchen sie uns unter www.medionhelp.com.

Um detailliertere Ausführungen zu erhalten, bestellen sie bitte unseren kostenpflichtigen Ratgeber, der ebenfalls auf der oben genannten Website erhältlich ist.

Warnung: Gebrauchen sie diesen Stick niemals direkt oder indirekt vor einem Kind. Tragen sie ihn am besten an einem seperatem Anhänger, den sie ebenfalls kostenpflichtig auf unserer Website erwerben können. „Medion“ erstattet keinen Schadensersatz im Falle eines Verlustes, dem verschlucken von Kleinteilen, dem unsachgemäßem Benutzen und der mutwilligen Zerstörung. „Medion“ übernimmt keinerlei Verantwortung für Produktionsfehler, die Schaden an Körper und Seele des Rezipienten hinterlassen können.

Wir wünschen ihnen noch viel Spaß mit dem erworbenen Produkt!
In diesem Text nehme ich die unverständlichen Gebrauchsanweisungen auf die Schippe, in dem ich für einen alltäglichen Gegenstand, den heutzutage fast jeder nutzt, eine unmögliche Gebrauchsanweisung schrieb.

Dialog

Schreiber A: Sehr geehrter Herr Krampatsch,
Ich habe in dem Internet-Auktionshaus "Bay" vor einigen Tagen ihr überaus großzügiges Angebot der DVD-Kollektion "Kannibalismus: Leidenschaft die Leiden schafft" gesehen, dass leider schon vor mehreren Tagen eingestellt wurde, da sich kein Käufer finden lassen wollte. Ich biete ihnen nun folgendes an:
Ich bezahle den vollen Kaufpreis, den Sie bei ihrer Privatauktion angegeben haben und Sie zahlen das Porto. Indem wir das Ganze privat klären, sparen Sie den provisorischen Aufschlag, den das Auktionshaus verlangt und bringen ihre hervorragende Dokumentationsreihe trotzdem an den Mann.
Ich hoffe, schnell eine Antwort zu bekommen.
Hochachtungsvoll,
Markus Reig

Schreiber B: Ich freue mich, dass ich doch noch einen Abnehmer für meine DVD's finde. Der Tausch außerhalb von "Bay" ist in Ordnung. Überweise mir bitte die vereinbarte Summe auf untenstehendes Konto und ich werde dir nach Erhalt des Geldes das Paket zuschicken.
Jürgen Krampatsch

Schreiber A: Sehr geehrter Herr Jürgen Krampatsch,
Sofort nach Erhalt der E-Mail habe ich das Geld auf ihr Konto überwiesen. Ich hoffe, Sie erhalten es sehr schnell, damit Sie mir die sehnlichst erwartete Reihe schicken können. Ich bin mir sicher, alles verläuft problemlos.
Hochachtungsvoll,
Markus Reig

Schreiber B: Habe das Geld heute bekommen.
Werde innerhalb der nächsten zwei Tage das Paket zur Post bringen und ihnen schicken.
Jürgen

Schreiber A: Sehr geehrter Herr Krampatsch,
Ich warte jetzt schon eine Woche, aber das Paket ist immer noch nicht gekommen. Haben Sie es schon losgeschickt? Wenn nicht, bitte ich Sie, es schnell zu tun, es ist dringend.
Mit freundlichen Grüßen,
Markus Reig

Schreiber B: Habe das Paket bereits losgeschickt, aber ein bisschen später, als ich gesagt hatte.
Ich hatte wichtige Dinge zu erledigen, also... Sorry!
Sollte aber in ein bis zwei Tagen bei ihnen eintreffen.

Schreiber A: Sehr geehrter Herr Jürgen Krampatsch,
Heute ist das Paket eingetroffen, ich bin überglücklich! Meine Freude trübte ein bisschen die Tatsache, dass ich das Porto für Sie bezahlen sollte, aber was solls, darüber kann ich hinwegsehen. Es war wunderbar mit ihnen Geschäfte zu machen, guter Preis, schneller Versand, wunderbarer Service. Ich kann mich nicht beklagen.
Hochachtungsvoll,
Markus Reig

Schreiber B: Ebenfalls.
Jürgen

Schreiber A: Lieber Herr Krampatsch,
Ich habe die Box jetzt seit ein paar Tagen, musste aber feststellen, dass Sie nicht ganz
meinen Erwartungen entspricht. Der Inhalt ist toll, aber es geht um die Aufmachung. Ich vermute, Sie haben mir eine gebrauchte Box geschickt, obwohl in ihrer Beschreibung stand, dass sie neuwertig ist.
Mit freundlichen Grüßen,
Markus Reig

Schreiber B: Das mag bei "Bay" gestimmt haben, aber Sie haben bei mir privat gekauft und da war nie etwas von "neuartig" die Rede.
Jürgen Krampatsch

Schreiber A: Lieber Herr Krampatsch,
Ich glaube, sie missverstehen mich. Ich dachte, wir wären uns einig, dass die Box dasselbe Angebot vom Auktionshaus ist. Aber nicht nur, dass die Box, in der sich die DVD's befinden stark verbeult ist, außerdem sind die DVD's auch alle stark zerkratzt und ich kann Sie mir nicht mal am DVD-Player ansehen. Um ehrlich zu sein, bin ich empört. Ich bezahle eine horrende Summe, dazu sogar noch ihr Porto und bekomme ein minderwertiges Produkt.
Ich bitte um eine Erklärung,
Markus Reig

Schreiber B: Lieber Herr Reig,
Was soll ich da rechtfertigen? Die DVD's sind einwandfrei, außerdem können Sie sie doch am PC gucken, oder? Übersehen Sie die kleinen Mängel, es kommt schließlich auf den Inhalt an und der ist toll, wie Sie schon gesagt haben.
Jürgen Krampatsch

Schreiber A: Herr Krampatsch,
Ich glaube, Sie verarschen mich! Sie haben kein Recht, mir so einen gebrauchten Müll anzudrehen! Ich verlange von ihnen, dass Sie mir sofort eine neue Box schicken! Sobald Sie das getan haben, bekommen Sie auch den alten Schrott wieder.

Schreiber B: Sehr geehrter Herr Markus Reig,
Sie haben sich bewusst gegen einen Einkauf über das Auktionshaus "Bay" entschieden. Das heißt im Klartext, Sie haben keinerlei Reklamations- oder Umtauschrecht. Finden Sie sich mit der Box ab. Ich bitte Sie, keinen weiteren Stress zu verursachen, da ich mir keinerlei Schuld bewusst bin.
Mit freundlichen Grüßen,
Jürgen Krampatsch

Schreiber A: Wie können Sie es wagen! Ich habe kein Rückgaberecht? Nur weil ich nicht über diese verkackte Internetseite gekauft habe und den Bonzen kein Geld in den Arsch geschoben habe? Natürlich habe Ich ein Rückgaberecht! Und ich möchte diese beschissene BOX nicht!!! Ich schicke Sie ihnen zurück und Sie schicken mir gefälligst eine Neue!!

Schreiber B: Sehr geehrter Herr Markus Reig,
Wenn ich Sie daran erinnern darf, haben SIE mir den Vorschlag gemacht den Kauf außerhalb der Internetpräsenz abzuschließen. Und laut Paragraph 31a Absatz 2, 3 und 4 des BGB haben wir einen Kaufvertrag nach meinen Bedingungen abgeschlossen, und die sehen keinen Umtausch vor.
Hochachtungsvoll,
Jürgen Krampatsch

Schreiber A: Du beschissenes Arschloch! Gehst du so im Internet immer auf Dummenfang! Ich werde jedem davon abraten, mit dir beschissenem Wichser Geschäfte zu machen! Kein Schwein wird mehr auf deine miesen Tricks reinfallen! Ich möchte mein Geld wieder, du Scheiß Abzocker! Ich verklag dich und mach dich fertig!!!

Schreiber B: Sehr geehrter Herr Markus Reig,
Ich habe die Angelegenheit meinem Rechtsanwalt übergeben. Ich freue mich, von ihnen zu hören.
Hochachtungsvoll,
Jürgen Krampatsch
Ich wollte einen Dialog schreiben, aber einen, den man nicht wirklich als persönlich bezeichnen kann. Es ist so, dass wir im Internet eine Art Maske tragen, die wir auch beim persönlichen Gespräch manchmal tragen, aber meist weglassen. Auf jeden Fall ließ ich beide Gesprächspartner während des Gesprächs die Tonalität ins jeweilige Gegenteil kehren, um einerseits die Scheinheiligkeit aufzudecken, die das Internet wahrt, von dem viele Internet-Surfer noch glauben, den Menschen hinter dem anderen Monitor zu kennen und zum anderen die Problematik, die Tauschbörsen mit sich bringen (obwohl das eher nebensächlich ist).

Vineta

Liebe Schwester Emily,

Als Sie uns die Aufgabe gaben, ein Plakat zu finden, dass den Zersetzungsprozess unserer Gesellschaft durch fremde Mächte zeigt, war ich ein bisschen ängstlich. Schließlich fühle ich mich von jedem Plakat mithilfe fremder Mächte bedroht und ohne ihre Hilfe hätte ich keine Chance, diese Paranoia zu besiegen. Mithilfe eines anonymen Helfers sammelte ich Plakate, um ein ganz besonders beeinflussendes Exemplar zu suchen. Und es ist uns geglückt. Wir haben DAS Plakat der gesellschaftlichen Zerwürfnis gefunden! Es heißt:

VINETA
Der Tag der Gaukler

Zuerst sollte erwähnt werden, was so schlimm an solcherlei Veranstaltungen ist:
Damals war man froh, wenn man im Urwald überhaupt jemanden traf und Gesellschaft hatte, heute muss es gerammelt voll sein, alles muss mehr sein. Die Überbevölkerung der Erde sorgt für volle Bierzelte und Zuschauertribünen. Verschwitzte Körper, mit Bier- und Bratwurstduft müssen sich aneinander reiben, bis die elektrostatische Ladung implodiert und der Verstand dem Gemisch aus Kotze und Sperma Platz macht. Feste wie obiges sind keine Treffs mehr, es sind Orgien, Exzesse, durch die der Mensch sich verleitet sieht, seine Synapsen mit einem Presslufthammer zu zerstören. Alkohol und Sex sind die einzigen Erwartungen, die der durchschnittliche Festgänger an so eine Veranstaltung stellt. Aber wie kommt es, dass wir so selbstzerstörerisch nähebedürftig sind?
Seit jeher scheint der Mensch den Drang zu verspüren, jeden Tag mit irgendetwas sinnlosem füllen zu müssen, um nicht gezwungen zu sein, mit Opas Schrotflinte das eigene einsame Jammertal auf Erden schlagartig zu beenden. Zuerst schnappte er sich alles aus der Vergangenheit, was mehr oder weniger beweisbar war, vepasste ihm einen Namen und feierte von nun an diesen Tag, ob es nun ein Trauer- oder Festtag war. Nachdem unwichtige Ereignisse, wie Muttertag oder Himmelfahrt dem Homo Sapiens immer noch nicht reichten, erfand er andere Scheinfeste, wie zum Beispiel das Erntedankfest, die jährlich mit viel Fressen und Saufen zelebriert werden konnten. So entstanden sogenannte „Feste“, „Feiern“ und „Festivals“. Man muss kein Katholik sein um die eindeutige Allegorie zu erkennen. Alle drei Wörter beginnen mit „F“, dem sechsten Buchstaben im Alphabet. Und die 666 ist, wie wir alle wissen das Zeichen des Teufels! In diesen Satanistentreffs sammelt Mephisto seine Schergen, um am letzten Tag gewappnet zu sein. Mephisto benutzt unser Gesellschaftsbedürfnis, um uns zu sich zu locken!
Auch Vineta ist eines dieser Rekrutierungsveranstaltungen.
Vineta, oder das Atlantis des Ostens, war eine Stadt, die, aufgrund der Arroganz und Hochnäsigkeit seiner Bewohner vom Meer verschluckt wurde. Sehr schnell wird klar: Der Teufel ist nicht sehr einfallsreich und scheinbar verwendet er die Legende in mehreren Ländern unserer Erde, um möglichst viele zu locken.
Die Optik des Plakates ist genauso bescheiden wie die Idee. Auf einem groben Pinselstrich, der eine Welle darstellen soll, liegt die untergehende Stadt. Die Ankündigung auf dem Plakat kann nur eines bedeuten. „Vineta“ als Anspielung auf einen Untergang und der Satz „Der Tag der Gaukler“ als direkter Hinweis, wer der Täter sein wird. Dieses ganze Fest soll ein Ritual werden, eine Riesenopfergabe, die dem Fürst der Finsternis zukommt.Die gelbe Färbung des Hintergrundes soll den potenziellen Gast betören, ihn verwirren. Das grelle Gelb dringt in seinen Kopf und verwirrt seinen Geist. Auch ich musste kämpfen, um nicht dem satanischen Sog dieses Machwerks zu erliegen. Ich schlage vor, vor Beginn des Festes den Vatikan und die Polizei zu benachrichtigen, um das zu verhindern!

Ich hoffe ich konnte mit diesem Brief ein bisschen im Kampf gegen die dunklen Mächte helfen!

Mit freundlichen Grüßen,
Bruder Manfred
Das ist ein Brief, der aus einem Bild heraus entstand. Eigentlich sollte es nur eine Bildbeschreibung werden, aber wieder entschied ich mich für ein ungewöhnliches Format und eine ungewöhnliche Aussage. Beschrieben wurde das Festivalplakat "Vineta - Der Tag der Gaukler", das jedes Jahr aufgehängt wird. Und ich schrieb nicht nur über das Bild, sondern in erster Linie spielte "ich" einen religiösen Fanatiker, der in alles und jedem Satans Jünger sieht. Quasi eine persönliche Abrechnung mit dem Bibel-TV-Programm und der schrecklichen Joyce Meyer, die schwachen Menschen das sagt, was sie eigentlich schon wissen.

Der Komponist

Seine Finger berühren die Tastatur. Sanft gleitet er über
die einzelnen Tasten, seine Fingerkuppen berühren die leichten Einbuchtungen,
die sich an sie schmiegen, die schluchtenartigen Abstände zwischen den
Buchstaben, aus denen sanfte Wärme hervordringt, heben das Profil noch
deutlicher hervor. Er liebt dieses Gefühl, wie ein Blinder ein Alphabet
ertastet, so fühlt er die Drucktasten. Diese Haptik ist göttlich, sinniert er
vor sich hin. Er drückt. Dabei bewegt sich nur der Finger, dessen Taste nach
unten gepresst wird. Er fühlt, wie tief er steht, wie der Abstand zum Rest der
Tastatur ist und genießt es. Wie ein Pianist hebt er beide Hände in einer
eleganten Pose. Seine Finger senken sich und gleiten über die Tasten, wie ein
Handwerker über sein Werkzeug streicht, wie ein Maler seine Pinsel prüft. Und
dann geht es los. Er streicht über die Tastatur, man hört kaum das Klappern des
Gerätes, geschweige denn die Lautmusik, die sanft, einem frischen Wind auf
einer Blumenwiese gleich, erklingt. Einzelne Akzente, nur minimal mehr betont,
stechen heraus, wie ein Mohn aus einem Sommenblumenfeld. Und trotz der
Vielfalt, die doch wie ein Ganzes wirkt, findet er immer noch Platz für die
Vögel die zwitschern, für das Brummen der Bienen, die sich am Nektar der Blumen
laben. Der Künstler, sich der Wirkung seiner Kreation durchaus bewusst, setzt
die Finger nicht ab, sondern spielt weiter, wie in Ekstase. Die Augen
geschlossen, nur auf die vertrauten Töne der Tastatur hörend, wiegt er sich vor
und zurück, im Rhythmus des Getippes. Und dann! Punkt. Wie eine Sirene kommt er
daher, wie ein Blitz oder ein urplötzlicher abrupter Windstoß, der die Vögel
und Bienen vertreibt. Der Autor wagt eine kleine Pause, die Ruhe vor dem Sturm
sozusagen, aber er wagt es gar nicht, einen Seitenblick zu wagen, aus Angst die
Konzentration zu verlieren. Die Spannung wird gehalten und obwohl es ihm wie
Stunden vorkommen mag, sind es doch nur wenige Millisekunden. Wie ein Tier und
dessen Opfer wägt er ab, wann es soweit ist. Und dann bricht der Sturm los!
Wildes Gedonner, unbarmherzige Schläge und virtuoses unübersehbares Chaos. Der
Künstler rotiert wie ein Epileptiker, seine Hände wild zuckend und schlagend
auf dem Piano. Keine sanfte Malerei mehr, kein melodiöses Duett erhellt die
Einsamkeit. Jetzt ist es wildes Herumgespritze mit dunklen Farben, immer mehr
Schichten werden übermalt und wieder übermalt, ein Orchester aus dutzenden
Geigern und Trommlern erzeugt eine Sinfonie des Grauens. Der Komponist steigert
sich in ein extravagantes Mezzoforte, dass seine eigenen Fähigkeiten noch
übertrifft, aber er kann es nicht mehr stoppen. Mit einem pompösen Knall stürzt
das Finale über alle herein und verleiht der größten Pein einen Namen.

Aber gleichzeitig hat es etwas magisches, da unmittelbar
nach dem Gewitter eine Todesstille eintritt. Es ist alles gesagt, das Werk ist
vollendet. In seiner schönsten Form steht es da und ist festgehalten für die
Nachwelt. Der Künstler, zitternd und blass, steht wankend auf und geht weg.
Mein letzter Text (4 Monate her?^^°) war endlich wieder ein fantastischer Text, der einfach nur aufgrund eines Gedanken entstanden ist und in einem Rutsch auf dem Papier landete.
Keine Anspielungen, keine Karikaturen, ich habe einfach versucht, die Gefühlswelt eines Pianisten zu offenbaren.

Okay, das wars vorerst.^^
Ich hoffe, die Texte gefallen euch und schreibt doch bitte, wie sie euch gefielen.
 
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