[Diskussion] Friedhof der Kuscheltiere (2019)

TheDarkness2

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Friedhof der Kuscheltiere gehört zu einem der besten Werke von Stephen King. Die Auseinandersetzung mit Sterblichkeit, Tod und Konsequenzen ist unglaublich dicht geschrieben und vielschichtig. Es ist ein Mahnmal sich nicht mit der natürlichen Ordnung anzulegen sondern manche Dinge zu akzeptieren und damit zu leben. Es ist ein beeindruckendes und sehr düsteres Stück Literatur das definitiv gelesen werden sollte. Es ist ein dunkler Sog der dich einsaugt, der unter die Haut geht, der sich an deiner Seele festsetzt und Zweifel in dir weckt. Ein Meilenstein der wohl in der Form nicht mehr erreicht werden kann da King hier alle Elemente perfekt ausbalanciert und ineinander greifen lässt. Wie gesagt, es ist beeindruckend und wird einen nicht mehr los lassen.

1989 machte man sich dann erstmals an eine Verfilmung. Man reduzierte die übernatürlichen Elemente auf ein Minimum, baute dafür jedoch die Stärke des Buches aus und präsentierte Charaktere mit Höhen, Tiefen, Schwächen und Stärken. Sie trugen den ganzen Film auf ihren Schultern und taten das mit einer unglaublichen Leichtigkeit. Hinzu kam das der Film die Atmosphäre des Buches exzellent einfing, von Anfang an wird man gefangen genommen und mit jeder voranschreitenden Minute wurde man tiefer in die Dunkelheit gezogen und auch nicht daraus entlassen als der Film zu Ende war. Dieser Film gilt nicht umsonst als eine der Besten Stephen King Verfilmungen. Er hat alles was das Buch ausmacht, bildet jedoch auch eigene Akzente und scheut sich auch nicht die üblichen Pfade zu verlassen. Also warum ein Remake? Vielleicht weil der Versuch daraus ein Franchise zu machen mit dem 2. Teil baden ging und man sich mit einem Reset die Chancen dazu nicht nehmen lassen wollte? Oder war es weil Es mit seinem Quasi Remake Neuinterpretation alle Kassenrekorde schlug weil man es schaffte den Transformers Film des Horror Genres zu schaffen? Vielleicht von Allem ein bisschen, die Wahrheit ist wohl einfach gesagt man wollte Kohle machen und wenn ein Franchise dabei raus springt umso besser.

Louis und Rachel haben vom Stadtleben in Boston genug und ziehen mit ihren Kindern Ellie und Cage aufs Land nach Ludlow. Ellie findet bald einen Tierfriedhof und schließt Freundschaft mit Jud der schnell zur Familie gehört. Doch irgendwas stimmt nicht, etwas Uraltes lauert in den Wäldern um das Grundstück herum und als Church, der Kater der Familie, überfahren wird bringt Jud Louis hinter den Friedhof durch einen Sumpf auf eine uralte Begräbnisstätte. Tags darauf ist Church zurück, doch er ist nicht mehr der Kater der er einmal war und das Böse das in ihm steckt greift jetzt nach den Herzen der Familie. Louis hat bald genug und setzt Church aus, doch die Katze kommt zum Geburtstag von Ellie zurück und lockt diese auf die Straße. Auch Cage sieht Church, kann jedoch von Louis gerettet werden. Der LKW verliert die Kontrolle, der Anhänger jedoch löst sich und tötet Ellie. Die Familie ist von Trauer zersetzt und als Rachel mit Cage nach Boston geht um auf andere Gedanken zu kommen setzt sich Louis zu Jud. Jud entschuldigt sich ehe er einschläft und Louis begräbt Ellie auf der alten Begräbnisstätte. Ellie kehrt zurück und Victor, ein Schüler der vorher gestorben ist, holt Rachel zurück um das Unglück abzuwenden. Doch die Lage eskaliert und Ellie schlachtet Jud ab, danach ihre Mutter und diese tötet schließlich ihren Mann nachdem sie von Ellie wiederbelebt wurde. Auch Louis wird wiederbelebt und zusammen macht sich die Familie auf auch Cage zu ermorden und wiederzu beleben....

Uff, wo fange ich an. Erstmal sind die Charaktere, ganz ES zum Vorbild, vollkommen platt. Louis ist Arzt, Rachel hat ein Trauma von ihrer Schwester, Cage ist das Kleinkind und Ellie ist die Neugierige. Jud ist der freundliche Nachbar und Victor war irgendwie als Geist vorhanden. Und da es Hollywood ist der dem Feminismus Rechnung zollen muss, ist es auch Ellie die diesmal das Ganze zu einer One Woman Show macht nachdem sie wiederbelebt wurde, doch dazu später mehr. Es ist eine Schande was man aus der großartigen Vorlage gemacht hat, man wollte ganz im Fahrwasser von Es schwimmen vernachlässigt dabei aber einen wichtigen Faktor. Die Figuren in Es waren platt, aber sie hatten einen Identifikationsfaktor der sie abgehoben und interessant gemacht hat, wenn auch nur zu einem sehr kleinen Grad der jedoch als Identifikation ausgereicht hat. Hier hat man einfach nur Schablonen die Handlung an Handlung reihen.

Die Atmosphäre ist schlichtweg nicht vorhanden. Ich habe selten einen Film gesehen der keinen Charme hat oder auch keinen haben will. Die Auseinandersetzung mit dem Tod, der Vergänglichkeit und den daraus resultierenden Konsequenzen wird auf wenige Zeilen Dialog runter gebrochen und dabei belassen. Damit rückt man den Schwerpunkt des Buches und des Originals komplett aus dem Fokus, dafür setzt man dann auf eine oberflächliche Familiengeschichte. Man folgt der Familie, hört ihnen zu, sieht wie sie sich einleben und wie sie mit ihrem Alltag umgehen. Darauf liegt der Fokus, was an sich hätte funktionieren können wenn man nicht die Figuren wie Schablonen aufgezogen hätte die einen vollkommen kalt lassen. Es wirkt einfach nur wie ein Fremdkörper und langweilt einen bereits nach wenigen Minuten.

Kommen wir jetzt zu den gravierenden Änderungen gegenüber dem Buch. Zum einen hätten wir da Victor der aufgrund der Diversität die Hautfarbe gewechselt hat und für nicht mehr gut ist als ein paar Mal aufzutauchen und gruselig auszusehen. Im Buch und im Original war er ein wichtiges Bindeglied und eine Art Schutzengel der versuchte Louis auf die rechte Bahn zu bringen, gleichzeitig aber auch gegen den Ort ankämpfte. Hier ist es einfach nur ein sinnloser Geist dessen einzige Funktion es ist Rachel zurück nach Ludlow zu holen. Dann Feminismus sei Dank ist es Ellie die diesmal unter die Räder kommt und nicht Cage, was bei mir zunächst für Stirnrunzeln sorgt da man sich somit noch viel weiter vom Buch entfernt und ich war skeptisch ob dieser Twist hinhauen würde. Dazu später mehr, nur soviel im Moment: Es war definitiv ein interessanter Ansatz. Und dann hätten wir da noch Zelda, die das Sinnbild für Rachels Sicht auf den Tod und dessen Auswirkung darstellt. Hier? Wird sie kurz erwähnt, kurz gezeigt und dann bis auf den Schluss vergessen. Im Original wurde sich Zeit geholt diesen Teil aufzubauen, ihm Gewicht zu geben und einen wichtigen Teil der Geschichte zu werden. Hier ist nichts davon übrig, bis auf ein Trauma für Rachel das nie ganz ausgearbeitet wird und in wenigen Sätzen beendet wird. Ich rieche hier ein Muster.

Der Horror Aspekt, oh weia wo fange ich an. Die gesamte Atmosphäre, ist wie gesagt, nicht vorhanden. Dadurch das man den Schwerpunkt auf oberflächliches uninteressantes Familienleben gelegt hat ist fehlt hier komplett der Sinn der Vorlage. Church ist nicht gerade gruselig, selbst nachdem er wiederbelebt wurde. Ein Kratzer hier, ein toter Vogel da. Dann der Kinder Kult, der keiner war aber für den Trailer so präsentiert wurde. Es ist lediglich eine Prozession der Kinder die als Tradition in Ludlow existiert wenn ein geliebtes Haustier stirbt. Die Szenen mit Zelda sind halt da, sie spielen keine große Rolle da sie nur kurz aufflackern aber keine Konsequenz haben. Der Tierfriedhof und das was dahinter liegt ist nicht bedrohlich, es ist eine nette Kulisse die nur ihren Zweck erfüllen muss und mit einer Nebelmaschine geflutet wurde. Auch hier verschenktes Potenzial. Die Scheiße ist erst am Kochen als Ellie zurückkommt und Jud mitbekommt was gerade gespielt wird.

Ellie kann den Film nicht retten, aber man macht sie den Film zu einer One Woman Show. Sie ist hinterhältig, bedrohlich und hochintelligent. Sie richtet Jud regelrecht hin mit dem Skalpell ihres Vaters, jedoch nicht ohne ihn vorher zu verhöhnen und zu demütigen. Hinter der süßen unschuldigen Fassade lauert das unfassbar Dunkele. Und die kleine spielt das Ganze als gäbe es kein Morgen mehr. Dann als ihre Mutter sie nicht akzeptiert und sie sich das Küchenmesser greift um ihre Mutter zu bestrafen wird es richtig unangenehm. Sie rammt ihrer Mutter das Küchenmesser zuerst in den Rücken, danach bricht sie ihrer Mutter grausam mit Worten nicht nur das Herz sondern auch alle Hoffnung bevor sie sie langsam mit dem Messer ermordet. Diese Szene ist unglaublich intensiv und zeigt das der Film unglaublich Potenzial hat. Und dieser Teil gewinnt. Ich hätte nie gedacht das man Cage ablösen könnte in seiner Funktion, doch das hier funktioniert. Cage war klein, süß und unschuldig. Als er Jud ermordet verliert er diese Charakterzüge nicht, sie fügen sich in sein Gesamtbild ein. Ellie auf der anderen Seite ist ein hochintelligentes Monster das genau weiß was es ist und was es tun wird. Dies ist mit Abstand der beste Teil des Films.

Und noch etwas muss ich positiv erwähnen, das der Ort selbst diesmal die Fäden zieht und es nicht angedeutet wird. Ja, die Legende mit dem Wendigo und der Indianer wird kurz erwähnt aber bleibt bei wenigen Dialog fetzen spielt aber keine Rolle im großen Ganzen. Doch was vorher angedeutet wurde wird hier ausgespielt, der Ort manipulierte den Drachen damit Cage auf die Straße läuft im Original. Hier ist es Church der Ellie auf die Straße lockt und mit Cage für Ablenkung sorgt damit Ellie ihren Platz einnehmen kann. Das hat mir gut gefallen, immerhin ein Lichtblick.

Das Finale ist dann jedoch sehr zwiespältig. Ellie ermordet Rachel, schafft sie über den Tierfriedhof auf die uralte Begräbnisstätte. Louis kommt zu spät und liefert sich einen kurzen Kampf mit Ellie, der jedoch unglaublich schwach daher kommt. Louis gegen Cage war sowohl im Buch als im Original ein unglaublich emotionaler Moment. Louis war innerlich zerrissen zwischen seiner Liebe zu seinem Sohn und dem was er tun musste. Davon ist hier nichts mehr übrig, Louis behandelt Ellie wie ein Stück Scheiße das er nicht kennt. Und das obwohl er kurz vorher noch sich gegen seine Frau stellte und Ellie als das zweite Kommen von Jesus vorstellte. Das passt nicht. Kein Konflikt, nichts. Und Rachel steht wieder auf und erledigt Louis bevor er mit dem Spaten Ellie den Rest geben kann. Rachel begräbt Louis und die gesamte infizierte Familie geht zu Cage um ihn ebenfalls umzuwandeln.

Keine Ahnung was ich von dem Ende halten soll, aber es geht deutlich Richtung Fortsetzung um ein Franchise zu schaffen. Denn wer will die 5 aufhalten? Louis, Rachel, Ellie, Cage und Church können nicht sterben, unglaublich viel einstecken und sind zudem intelligent. Schwierig wo man hinwill damit, falls es eine Fortsetzung geben wird was ich nicht hoffe.

Denn im Grunde ist der Film einfach nur schwach, er besitzt nichts was die Vorlage und das Original ausmachten und er ändert die gesamte Struktur von Beiden um etwas Eigenes zu kreieren das jedoch für den Mainstream geopfert wird. Schade, hier wäre soviel mehr drin gewesen. Spart euch lieber das Geld.
 
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