Das HI-Virus wird mit den Körperflüssigkeiten Blut, Sperma, Vaginalsekret, Liquor und Muttermilch übertragen. Potentielle Eintrittspforten sind frische, noch blutende Wunden in Schleimhäuten (Bindehaut, Mund-, Nasen-, Vaginal- und Analschleimhaut) bzw. nicht ausreichend verhornte, leicht verletzliche Stellen der Außenhaut (Eichel, Innenseite der Vorhaut). Die häufigsten Infektionswege sind der Vaginal- oder Analverkehr ohne Verwendung von Kondomen, der aufnehmende Oralverkehr (Schleimhautkontakt mit Sperma bzw. Menstruationsblut; bei unverletzter Mundschleimhaut stellt der Kontakt mit Präejakulat oder Vaginalsekret ein vernachlässigbares Infektionsrisiko dar, ebenso der passive Oralverkehr) und die Benutzung kontaminierter Spritzen bei intravenösem Drogenkonsum. Homosexuelle Männer gelten als Risikogruppe, da häufige Partnerwechsel und Analverkehr in der Szene weit verbreitet sind. Wie hoch das Risiko beim Geschlechtsverkehr ist, hängt vor allem von der Viruslast in der Samenflüssigkeit, im Scheidensekret und im Blut ab. Diese ist unmittelbar nach der Infektion, bevor sich Antikörper gebildet haben, besonders hoch, nimmt dann aber zunächst ab und steigt in späten Stadien der Erkrankung wieder an.
Bluttransfusionen bergen ebenfalls das Risiko einer HIV-Infektion, Routineüberwachung der Blutspender â wie sie in Deutschland seit 1985 durchgeführt wird â reduziert dieses jedoch stark. Aufgrund des durchschnittlich etwa 25 Tage andauernden Zeitfensters, während dem eine Neuinfektion noch nicht durch einen Test nachgewiesen werden kann, verbleibt jedoch eine Restgefahr.
Das Risiko einer Infektion eines Kindes durch eine HIV-infizierte Mutter während der Schwangerschaft oder während der Geburt wird auf 10 bis 30 % geschätzt. Bei bekannter HIV-Infektion der Mutter kann das Risiko einer Übertragung auf das Kind durch die Gabe antiretroviraler Medikamente und die Geburt durch Kaiserschnitt auf ca. 2 % vermindert werden.
Vor allem in der Anfangszeit der Epidemie infizierten sich viele intravenös-Drogenabhängige durch die gemeinsame Nutzung von Injektionsnadeln. Auch Ärzte und pflegerisches Personal haben ein gewisses Risiko der Ansteckung bei Nadelstichverletzungen im OP oder nach Punktionen an infizierten Patienten.
Die HIV-Konzentration in Tränen, Schweiß und Speichel reicht für eine Ansteckung nach heutigem Erkenntnisstand nicht aus. Zudem erscheint aufgrund der Aids-Epidemiologie eine Infektion über Insekten oder Tröpfcheninfektion als unwahrscheinlich.
Mittels postexpositioneller Prophylaxe (PEP) kann nach einem Vorfall einer möglichen Infektion entgegengewirkt werden. Die 28 Tage andauernde, medikamentöse PEP bietet nur dann vollständigen Schutz, wenn die Behandlung innerhalb von zwei Stunden nach Exposition begonnen wird und kann bis zu 24 nach intravenöser und bis zu 72 Stunden nach Exposition über die Schleimhäute noch immer wirksam sein.
Die Infektionswahrscheinlichkeit liegt nach derzeitigen Erkenntnissen bei den meisten Übertragungswegen zwischen 1:100 und 1:1000. Wichtigste Ausnahme ist die Übertragung von der unbehandelten Mutter auf das Kind während der natürlichen Geburt mit einer Infektionswahrscheinlichkeit von ca. 40 % und durch eine verseuchte Bluttransfusion, bei der das Infektionsrisiko 95 % beträgt. Die Wahrscheinlichkeit einer vertikalen Transmission während und nach der Geburt lässt sich durch antiretrovirale Therapie der Mutter ab dem 3. Trimester, Kaiserschnitt und Verzicht aufs Stillen auf unter 2 % senken.
Die folgenden Häufigkeiten sind Angaben, die durch Partnerstudien und epidemiologische Studien ermittelt wurden. Das individuelle Risiko kann sehr viel höher sein. So erhöht eine gleichzeitig vorliegende andere Geschlechtserkrankung das Infektionsrisiko um das 5- bis 10-fache, eine hohe Viruslast des Überträgers sogar um das 10- bis 30-fache. Frischinfizierte weisen eine hohe Viruslast auf, da der Körper in diesem Stadium über keine spezifischen Antikörper verfügt. Geschlechtsverkehr während der Regelblutung der Frau ist mit einem erhöhten Infektionsrisiko für beide Partner verbunden, beschnittene Männer haben ein geringeres Infektionsrisiko. Insgesamt scheint das Infektionsrisiko nicht konstant über die Anzahl der Kontakte zu sein, so dass das Risiko einzelner Kontakte womöglich erheblich zu niedrig angegeben ist. Mit besseren Medikamenten sinkt möglicherweise das Übertragungsrisiko durch die sinkende Viruslast in Blut und Sekreten. Die unten aufgeführten Wahrscheinlichkeiten gelten für die jahrelange subklinische Latenzphase der Infektion, ca. 3 Monate nach der Infektion und vor dem Auftreten von Aids.
* Ungeschützter vaginaler Geschlechtsverkehr mit einem HIV-positiven Partner ist mit einem Risiko einer HIV-Infektion von ca. 0,05 - 0,15 % für die Frau, und von 0,03 - (bei einer Studie) 5,6 % für Männer verbunden.
* Das Infektionsrisiko für Oralverkehr beim Mann (Fellatio), bei dem Sperma in den Mund aufgenommen wird, ist geringer, eine Infektion ist jedoch nicht ausgeschlossen. Eine Infektion durch Vorflüssigkeit (âLusttropfenâ) ist sehr unwahrscheinlich. Bei Oralverkehr bei der Frau (Cunnilingus) wird das Risiko ebenfalls als geringer als beim vaginalen Geschlechtsverkehr angesehen. Auch das Risiko beim sogenannten Rimming wird als äußerst gering eingeschätzt.
* Bei Analverkehr treten häufig kleine Risse an der Schleimhaut auf. Dementsprechend liegt das Risiko beim Analverkehr nach einer Studie mit homosexuellen Männern bei 0,82 % für den passiven Teilnehmer und um 0,3 % für den aktiven Teilnehmer.
* Andere Sexualpraktiken, bei denen kein Kontakt zu Schleimhäuten, Blut, Sperma oder Vaginalsekret besteht, haben ein extrem geringes Infektionsrisiko.
* Das Infektionsrisiko durch Nadelstiche hängt sehr von der Situation ab. Das Infektionsrisiko wird durchschnittlich mit 0,3 % angegeben und steigt mit folgenden Faktoren: sehr tiefe Verletzungen (16-fach erhöht), sichtbare Blutspuren auf der Nadel oder Nadel war vorher in einer Vene oder Arterie des Überträgers (jeweils 5-fach erhöht), bei hoher Viruslast des Überträgers (6-fach erhöht). Das Risiko bei Hohlnadeln ist höher als bei geschlossenen Nadeln.
* Das Risiko, sich bei gemeinsamer Benutzung einer Kanüle, meist beim Spritzen von Heroin, zu infizieren, liegt um 0,7 % und sinkt mit dem zeitlichen Abstand zwischen den Injektionen, allerdings nur langsam, da in der Kanüle eingeschlossene Viren lange infektiös bleiben können, teilweise auch noch nach Tagen. Ein Auskochen der Nadeln ist zwar generell möglich, wenn es lange genug durchgeführt wird, allerdings sind handelsübliche Nadeln nicht dafür geeignet, weil die verwendeten Kunststoffe nicht entsprechend hitzefest sind. Eine chemische Desinfektion (Alkohol oder andere Desinfektionsmittel) ist nicht ausreichend, weil nicht gewährleistet ist, dass die Substanzen ganz in die Kanüle eindringen.
Teilweise besteht die Möglichkeit einer Postexpositionsprophylaxe. Diese besteht aus allgemeinen Maßnahmen (Waschen des Penis nach dem Verkehr, Ausdrücken der Stichwunden und Behandlung mit Desinfektionsmittel) und spezifischen Maßnahmen wie der Gabe von antiretroviralen Medikamenten. Nach einem Ansteckungsverdacht sollte immer sofort ein Arzt aufgesucht werden, der über mögliche Maßnahmen informiert und diese auch einleiten kann. Im Idealfall sollte mit der Postexpositionsprophylaxe bereits 2 Stunden nach der Risikosituation begonnen werden. Die Medikamentation entspricht im Wesentlichen der antiretroviralen Tritherapie eines HIV-positiven Patienten.
Eine Ansteckung mit Aids durch Händedruck, Hautkontakt, Umarmen, Streicheln, Zusammenarbeiten und -wohnen mit Menschen mit HIV/AIDS, Benutzen derselben Teller, Gläser und Bestecke, Benutzen von Toiletten, Bädern, Betreuen und Pflegen von Menschen mit HIV/AIDS ist vollkommender Schwachsinn und führt nur zur Vorurteilsbildung gegenüber HIV infizierten Menschen