[Biete] [Harry Potter] Salazars Rache

Albin

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So ... aufgrund böser Menschen in bösen IRC-Channeln, die mit bösen Absichten böse Dinge schreiben, habe ich in ein paar Ordnern meiner Festplatten gestöbert und bin dabei auf zwei Harry Potter-FFs gestoßen. Es sind beide Non-Hentai und die eine baut zwar auf der anderen auf, lässt sich aber wohl auch einzeln lesen.
Beim Lesen der zweiten FF habe ich gemerkt, dass die doch teilweise nicht schlecht gelungen ist (vor allem einer der Charaktere hat mich gleich dazu verleitet, den Plot in meinem Kopf ein ganzes Stück weiterzuspinnen), sodass ich mir vorgenommen hab, den ersten Teil mal hier rein zu stellen und bei genügend Interesse den zweiten hinterher zu hauen.

Ich weiß ... Harry Potter ist gehypter Mainstream-Müll, aber hier laufen ja viele zwischen 18 und 30 rum, die genau diesen Mainstream zu großen Teilen mitgemacht haben werden ;)
Entstanden ist diese FF übrigens ungefähr als der sechste Teil draußen war. Also schon ein bisschen her. Damals hatte mich eigentlich weniger die Geschichte um HP interessiert als eher die von Joanne K Rowling erschaffene Welt, weshalb diese FF auch nicht von HP handelt, sondern davor spielt, damit ich so viel Spielraum wie möglich im HP-Canon haben könnte :)
Ich habe nochmal drüber gesehen, aber sicherlich nicht alle Rechtschreibfehler gefunden. Man möge es mir nachsehen.

Zum Diskussionsthread: Hier lang!

Nach dem langen Geplänkel, ab geht die Post.

Salazars Rache

Prolog

Der Schlamm des Waldes klebte an den Umhängen der Gestalten, die im Mondschein die Siedlung betraten. Der Regen schien sie nicht zu berühren, die Feuchte kroch nur an ihren Beinen empor.
Die erste und größte der Gestalten führte die übrigen an den großen Höfen vorbei, wo die Dunkelheit von Hundegebell durchschnitten wurde und schritt geradewegs auf eine kleine Hütte zu. Über der großen Eichentür schwenkte ein Schild hin und her, tropfnass und durch Regen, Wind und Dunkelheit kaum zu erkennen.

Der Anführer der Truppe hob seine rechte Hand, in der ein kurzer, knorriger Stab ruhte und hielt ihn gegen die Tür, die nach innen aufschlug und gegen die Wand krachte. Das Klirren einer zerbrochenen Vase wehte durch den Sturm und verlor sich in der eiskalten Nacht.
Eine der kleineren Gestalten, die zweite von hinten, hob nun ebenfalls die Hand. Ein gerader, etwas längerer Holzstab wurde von ihr geführt und nun zeigte er direkt auf das Schild, das augenblicklich zu schwingen aufhörte. Als hätte eine unsichtbare Hand danach gegriffen und wollte das Schild den Menschen darunter zeigen, neigte es sich ihnen zu. Wenige Augenblicke später flammte ein kleines gelbes Licht an der Spitze des Stabes auf, den die kleine Gestalt führte und erleuchtete das Schild. Darauf waren jetzt Worte zu erkennen und ein vereinfachtes Bild: ein eingeritzter Galgen, "Der gehängte Mann".

Die Gestalt nickte dem Schild zu, senkte die Hand und sofort verblasste das Licht wieder.
Mittlerweile stand ein Mann in der Tür, der mit einem großen Küchenmesser bewaffnet gegen den Sturm und die ungebetenen Gäste anschrie. Der Anführer der Gruppe zückte eine Kette, die um seinen Hals hing und im Licht der Lampen aus der Stube blitzte deutlich etwas Goldenes auf.
Mit einem Klirren fiel das Messer zu Boden. Der Mann senkte den Kopf und ging einige Schritte zurück, woraufhin die Gruppe, angeführt von der Gestalt an ihrer Spitze in die warme Hütte ging, ungeachtet des verängstigten Mannes.

1 – Neue Schüler, neue Lehrer

William

Zu beiden Seiten des Jungen schienen die kalten Wände des Kellergewölbes näher zu rücken. Jeder Schritt führte in dunklere Umgebung, die Fackeln an den Wänden wurden immer schwächer und die Luft immer schwangerer von Ammoniak, Schwefel und Pech.
Eine dunkle Strähne war ihm vor die Augen gefallen und er strich sie aus dem Gesicht, wobei ihm auffiel, dass der Schweiß ihm auf der Stirn stand. Er zwang sich zur Beruhigung und seine Gedanken huschten hin und her zwischen der Angst, vor seinem Vater zu versagen und der Vorfreude auf seine Ausbildung. Bald würde der Weg zu diesen Kerkern und wieder hinauf zum Alltag für ihn geworden sein.

Endlich kam in der Dunkelheit vor ihm eine hölzerne Tür in Sicht. Auch das Flüstern zweier Stimmen drang an seine Ohren, so leise wie ein raschelndes Herbstblatt. Doch mit jedem Schritt wurde es leichter, sie zu verstehen.
“ ... du tun, Setesh?”
“Ja, Meister.”
Die Tür kam immer näher, es waren nur noch zwei kleine Schritte, dann würde der Junge die Räume betreten, die er bald sein Zuhause nennen würde.
“Dann geh und komm wieder, wenn du mehr weißt, wovon du mir berichten kannst.”
“Ja, Meister. Ich werde euch nicht enttäuschen.”
Er atmete tief durch und streckte die Hand nach dem Griff aus, der sich eiskalt an seine verschwitzte Handfläche schmiegte. Langsam und vorsichtig, als könnte dahinter ein Drache auf ihn lauern, drückte er die Tür nach innen.

Der Raum, den er betrat, war im Grunde ein in die Breite gezogener Gang. Es war genug Platz für zwanzig Personen, aber keine Stühle, Tische, Schränke oder Kessel standen hier. Das einzige, was dem Jungen auffiel, war die Tür an der gegenüber liegenden Wand und der Mann, der zwischen ihm und dem anderen Ausgang des Zimmers stand.
Die Haare des Mannes waren pechschwarz und zu einem langen Zopf gebunden, seine Augen waren grau und durchdrangen ihn eiskalt. Er kniff die Lippen wütend zusammen, während er den Eindringling musterte. Mit einem Blick auf eine der türlosen Wände setzte er sich in Bewegung.
“William Frederic von Crankwood-Chester?” Die Stimme war ebenso eisig wie sein Blick und William erkannte sie sofort als die des ersten Flüsternden.
“Ja, Sir”, hörte er es aus seinem Mund ungewohnt hoch quieken.
“Du bist also mein neuer Schüler? Soso.” Grimmig zogen sich die Mundwinkel des Mannes nach oben. “Wie alt bist du?”
“14, Sir.”
“Du hast Glück, dass ich deinen Eltern noch einen Gefallen schuldig bin, denn eigentlich nehme ich keine so alten Schüler ohne vorherige Ausbildung.”
“Sir?”, sagte er mit zitternder Stimme.
“Ja?”
“Ich hatte eine Ausbildung in der Kunst des Tränkebrauens, Flugunterricht, ich lernte eine Ansammlung Flüche, Gegenflüche und Zaubereien.”
“So, hast du das? Wer war dein Professor in diesen Künsten?”
“Sinister Canteas brachte mir die Alchemie und eine Reihe der Flüche und Gegenflüche bei, die Zaubereien entnahm ich der Hausbibliothek mit Unterstützung von Cartonius Frile und Flugstunden erhielt ich von Jonathan Drymoore, Sir”
“Und du denkst, dass dieser Sammelsurium stümperhafter Amateure dir etwas beibringen konnte, was man als Voraussetzung meines Unterrichts betrachten könnte? Verwechsel nicht dein bisheriges unterzivilisiertes Zusammenpantschen von Zutaten mit der von mir perfektionierten Kunst der Alchemie. Und Flüche und Zaubereien aus deiner Bibliothek können dich vielleicht vor Muggeln mit Mistgabeln und Sensen helfen, aber ich kann dir beibringen den Trollen, den Kobolden, den Vampiren und sogar den mächtigeren der Zauberer da draußen im Duell zu trotzen. In diesen Kerkern habe ich in den wenigen Jahren seit der Fertigstellung die dunkelsten und bestgehütetsten Zauberformeln zusammengetragen.”

Der Mann machte eine Pause und sog scharf die Luft ein.
“Willst du also mein Schüler werden oder weiter von Stümpern mit unreinem Blut lernen?”
William wollte gerade den Mund öffnen, als der Mann ihm abermals das Wort abschnitt.
“Bevor du antwortest will ich dir die Regeln erklären, die hier gelten, wo mein Wort in den nächsten Jahren dein Gesetz sein wird.”
Er hob die Hand, zur Faust geballt und ließ den Zeigefinger hervorschnellen.
“Die erste Regel ist, dass du meinem Wort folgst, es nicht in Frage stellst und sei es auch noch so unmoralisch oder gefährlich.”
Er wartete einige Sekunden, bevor er seinen Mittelfinger streckte.
“Die zweite Regel ist, dass du dich an die strikte Hierarchie in diesen Mauern hälst. An oberster Stelle stehe ich, dann kommen Gryffindor, Ravenclaw und Hufflepuff, dann mein erwählter Primus, dann die der anderen drei Gründer und dann kommt ihr normalen Schüler, nicht mehr als der Dreck unter den Fingernägeln eines Hauselfen.
Wieder wartete er einige Sekunden, bevor sich sein Ringfinger zu den beiden anderen gesellte.
“Die dritte Regel ist, dass du dem Plan in deinem Quartier genau folgen wirst. Du wirst dich weder beim Essen mit den anderen Schülern, noch bei den Unterrichtsstunden, noch zu einer von mir einberufenen Versammlung verspäten, außer du hast Gründe, die deine Verspätung entschuldigen. Doch freu dich nicht zu früh, denn ich werde entscheiden, ob deine Gründe triftig waren.”
Er ballte seine Hände wieder zur Faust und ließ sie sinken, bevor er auf halbem Weg innehielt und hinzufügte: “Bedenke: Dies waren meine Regeln, doch es gelten ebenso die von Hogwarts selbst. Die Schulgesetze gelten für dich wie für die Schüler von Hufflepuff oder Gryffindor.”
“Ja, Sir.”
“Du wirst also alles tun, was ich dir sage?”
“Ja, Sir.”
“Dann gib mir deinen linken Arm.”
William zögerte. Der eisige Ausdruck in den Augen seines zukünftigen Lehrers war durch einen wahnsinnigen ersetzt worden. Die Mundwinkel zu einem grausamen Lächeln verzogen.
“Na los! Gib mir deinen linken Arm!”, herrschte er ihn an. Die Worte hallten von den Wänden wieder und der kleine Raum schien zu erzittern.
Langsam und äußerst widerstrebend zog William den linken Ärmel seines Umhangs nach oben und entblößte seinen Arm, den er dem Mann entgegenstreckte. Der kalte Nagel eines Zeigefingers strich über seinen Unterarm und fuhr eine Schlangenlinie nach. Als er den Arm drehte, um nachzusehen, was passiert war, starrte er auf eine leuchtend grüne Schlange, in Form eines 'S', von einer leicht silbrigen Aura umrandet.
“Glückwunsch. Jetzt bist du offiziell mein Schüler. Schüler von Salazar Slytherin.”
Bei diesen Worten stellten sich Williams Nackenhaare auf.

Paige

“ ... nicht so, als wärst du für sie zu dumm, aber sie merkte, dass es gleich dein Ziel war, denen, die weniger begabt sind als du, zu helfen. Aber ich sehe es nicht so eng, wie Salazar und Godric. Du kannst gerne weiterhin bei Rowena einen Großteil deines Unterrichts absolvieren, doch dein Quartier wird künftig hier nahe der Küche sein. Wahrscheinlich war Rowena in Sorge, ihre anderen Schüler könnten deine Hilfsbereitschaft ausnutzen und ihre Arbeiten erledigen lassen, was, wenn ich richtig informiert bin, sogar schon der Fall war, nicht wahr, Paige?” Die etwas rundliche Dame, die in dem Ohrensessel fast versank, zwinkerte ihr schelmisch zu und versank sofort wieder in ihren Redefluss, doch Paige bekam kaum ein Wort mit.
Vor Zwei Jahren, mit elf, war sie an der Schule aufgenommen worden. Rowena hatte auf ihrer Stute einen Ausritt über nahe gelegene Ländereien unternommen und war auf die Felder von Paiges Vater gestoßen. Als sie dann sah, wie geschickt das Mädchen Samen über dem Feld schwebend verteilte und schließlich gleichzeitig herabregnen ließ, entschied sie sich, Paige zu dem Haus ihres Vaters zu begleiten und sich mit ihnen zu unterhalten.

“Paige, ich fragte, ob du das nicht genau so siehst.”
“Entschuldigen Sie, Madam Hufflepuff. Ich war gerade in Gedanken abgeschweift.”
“Ich sagte nur, dass du der lebende Beweis dafür bist, dass man sich für unreines Blut nicht unter den Scheffel stellen muss. Du hast Rowena beeindruckt und bist trotzdem auf dem Boden geblieben und hast so viel Loyalität, Vertrauen und Hilfsbereitschaft bewiesen, dass Rowena dich als eine ihrer besten Schülerinnen zu mir geschickt hat. Das will schon was heißen.”
“Ja, Madam Hufflepuff. Ich danke Ihnen.”
“Ja, gerne, mein Mädchen, gerne. Wo war ich noch gleich? Ach ja, jedenfalls sieht es so aus, wenn ich mir die Beurteilung von Rowena so ansehe, als seist du extrem begabt. Hör dir nur an, wie sie von dir schwärmt: 'Hat sich in der Kunst der Verzauberungen schnell eingearbeitet und beherrscht viele der Sprüche bereits nach wenigen Trainingseinheiten perfekt.' Das letzte Mal, als ich sie so schwärmen hab hören, muss das wohl von Godric gewesen sein. Die beiden passen ja so gut zusammen. Und hier lobt sie ihre Arbeiten im Bereich der Verwandlung von Tieren und Gegenständen...”
Paige versuchte nicht weiter zuzuhören und dennoch interessiert zu wirken, was ihr hoffentlich besser gelang, als ihr Gefühl ihr einzureden versuchte. Doch nach weiteren endlos erscheinenden Minuten erlöste sie endlich ein Glockenschlag.
“ ... besser als Jeremy jemals ... Beim Orakel von Helenna, schon so spät? Dann geh mal husch zum Abendessen in den großen Saal und danach lässt du dich von einem meiner Schüler in dein neues Quartier führen. Deinen Stundenplan gehen wir morgen durch. Bis dann.”
Die großen grünen Augen ruhten noch auf Paige, bis sie zur Zimmertür gelangt war.
“Guten Abend, Madam Hufflepuff”, sagte sie und verbeugte sich leicht, bevor sie sich umdrehte und die Türklinke ergriff.
“Ach, schließ die Tür hinter dir, ja?”
Mit einem Seufzer der Erleichterung schloss Paige die Tür und setzte sich in Bewegung. Der Korridor vor ihr war leer, aber ein Stück weiter hörte sie schon ihre schnatternden Mitschüler, die auch auf dem weg zum Abendessen waren.

Maximilian

Das Geschnatter der Schüler, die bereits mit dem Abendessen angefangen hatten, wehte Maximilian entgegen, als er zum großen Saal hastete. Kein anderer Schüler war mehr auf den Korridoren unterwegs und der Geruch von Braten, Kartoffeln und Gemüse waberte durch die Eingangshalle.
Er nahm die letzten paar Stufen der Haupttreppe mit einem großen Sprung und blieb schlitternd zwischen den Toren zum Schlossgelände und dem zum großen Saal zum Stehen. Gemächlicher ging er auf die Öffnung zu und war erleichtert zu sehen, dass keiner der Gründer oder Professoren bisher anwesend war. Schnell huschte er zu dem Tisch zu seiner Linken, wo seine Klassenkameraden vom Hause Gryffindor ihn bereits herwinkten.
Er ging, wie bei jeder Mahlzeit, zu dem hintersten Platz des Tisches mit den roten Tischtüchern, von wo aus er, als Primus von Gryffindor die übrigen Schützlinge des Löwen im Auge behalten sollte. er hatte sich gerade hingesetzt, als auch schon das Stimmgewirr um ihn herum erlosch.

Aus einer Holztür an der Wand des vorderen Endes des Tisches, an dem er saß, kam Salazar Slytherin stolziert. Er ließ den Blick über die Schülerschar streifen und durchbohrte jeden mit dem selben eiskalten Blick. Seine Miene veränderte sich auch nicht, als er kurz seinem Primus, an der gegenüber liegenden Wand zunickte.
Direkt hinter Slytherin kamen fast gleichzeitig die etwas pummelige Helga Hufflepuff und Rowena Ravenclaw in den Saal. Rowena ließ ebenso ihren Blick durch die Halle wandern, hatte aber im Gegensatz zu Slytherin ein Lächeln auf den Lippen und nickte alle paar Sekunden Hufflepuff zu, die in eine spannende Geschichte vertieft zu sein schien.
Als Letztes schritt ein Mann aus der Tür, der ebenso stolz wie Slytherin, doch nicht mit Geringschätzung, sondern mit Respekt die Masse überschaute und seinem Primus, Maximilian zunickte. Sein goldenes Haar war wie immer leicht zerstrubbelt und erinnerte so an die Mähne des Löwen, der auf dem Wappen Gryffindors prangerte.
Jeder von ihnen nahm nun, gegenüber von seinem Primus, an einem langen Tisch Platz. Zu beiden Seiten setzten sich nun noch zwei Lehrer hinzu, die die Fächer übernahmen, für die die Gründer keine Zeit oder an denen sie kein Interesse hatten. Als sich alle Lehrkräfte gesetzt hatten, hob einer nach dem anderen, von Maximilian aus von rechts, die Gläser und prostete ihnen zu: Professor Theresius Thorn, Professor Oswald Whistle, Salazar Slytherin, Helga Hufflepuff, Rowena Ravenclaw, Godric Gryffindor, Professor Juliette LesGuerres und Professor Simon Surgey.

Maximilian schob seinen Stuhl unter Knarren zur Seite und hörte rechts neben sich noch drei weitere Male das Geräusch, bevor er seinen Becher zur Hand nahm, ihn erhob und laut zu seinem Tisch sagte: "Auf Godric Gryffindor!"
Ein leises "... claw" konnte er noch hören, bevor der Saal von lautem Stuhlgerutsche erfüllt war und alle Mitglieder eines Hauses den Toast auf ihren Lehrer wiederholten. Zusammen mit den anderen setzte er sich wieder und schon dominierte im Saal wieder das Plappern der Schüler, die das Essen als Möglichkeit zum Austausch diverser Gerüchte und Anekdoten nutzten.
Ein letztes Mal sah Maximilian noch einmal zum Lehrertisch auf und sah, dass Gryffindor in ein Gespräch mit der Professorin aus Frankreich vertieft war und, nach der Geschwindigkeit des Redeschwalls der Professorin zu urteilen, unterhielten die beiden sich auf Französisch. Professor LesGeurres unterrichtete für Gryffindors und Ravenclaws Schützlinge das Duellieren, samt Etikette. Gryffindor und Ravenclaw brachten gleichzeitig ihren Schülern selbst ebenfalls das Duellieren bei, während Hufflepuff komplett darauf verzichtete und Slytherin kaum einen anderen Lehrer an seine heran ließ. Aus den Stunden wusste Maximilian, dass sie im Moment Französisch sprach, denn auf Englisch waren Konversationen mit ihr oft brockenhaft. Alles, was nicht direkt mit dem Vokabular aus dem Unterricht zu tun hatte, schien zu unwichtig, um es sich zu merken.

Durch einen Stupser von der Seite aus seinen Gedanken gerissen, sah er nach rechts, wo Theodore saß. Theodore war ein halbes Jahr jünger als Maximilian und einer der einzigen, der ihn nach der Ernennung zum Primus noch genauso behandelt wie zuvor. Die anderen wagten es oft nicht ihn etwas zu fragen, was ihm Mühe machen könnte oder nahmen Umwege in Kauf, um ihn nicht fragen zu müssen, ob er ein Stück zur Seite gehen könne. So wie es Gryffindor damals zu ihm gesagt hatte, als er ihm unter vier Augen von seiner neuen Stellung erzählte: "Du wirst danach wahrscheinlich besser behandelt als die Aushilfslehrer und einige werden vor dir fliehen, aus Angst vor dem Wahn, der mit der Macht so oft kommt."

Theodore zeigte unverhohlen auf die etwas jüngeren Schüler, die ihm gegenüber saßen. "So wie die auf die Schale starren, wollen die alle was vom Braten haben, aber da du lieber in Erinnerungen schwelgst, als dir das beste Stück raus zu nehmen, verhungern sie lieber vor vollen Schüsseln."
Maximilian drehte den Kopf zur Seite, wo die drei Jungen, die vielleicht drei Jahre jünger waren als Maximilian, mit Kartoffeln und Gemüse auf den Tellern, hungrig auf den Braten gafften.
"Das ist bescheuert. Entweder sie merken, dass ich meine Vormacht nicht ausnutze oder der Bratentopf geht voll zurück", erwiderte er so leise, dass nur Theodore ihn hören konnte. Er nahm sich einen großen Schöpfer Kartoffeln und Salat und begann vergnügt damit zu essen, während sein Freund sich ein lautes Lachen verkneifen musste. Stattdessen fing er an zu husten, hielt sich eine Hand vor den Mund, die andere auf Maximilians Schulter, beugte sich vor und meinte: "Aber nicht jeder hat so eine Angst vor dir, mein Lieber."
Er nahm seinen leeren Teller zur Hand und hievte sich vier Stück Braten auf, sodass nur noch zwei verkümmerte Scheiben in der Soße schwammen.
"So viel isst du doch niemals, Ted!"
"Aber das Gesicht von den Kleinen ist es alle mal wert."
Maximilian sah zur anderen Seite und diesmal musste er sich ein Lachen verkneifen, als die drei mit offenen Mündern Theodore beim Essen beobachteten.
"Man könnte ihnen auch erklären, dass auf Wunsch ein Hauself für jeden von ihnen ein Dutzend Töpfe voll Braten zubereitet", meinte er, als er sich wieder gefasst hatte.
"Nein", knurrte Theodore. "Das würde mir nur unnötigerweise den Spaß verderben."
 
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Kapitel 2 - ... und neues Glück ?

William

Das Abendessen lag William immer noch schwer im Magen, als er wieder Richtung Kellergewölbe herabstieg, langsam hinter den anderen Schülern Slytherins her trottend. Es waren nur vier andere Jungen und ein Mädchen während Gryffindor, Hufflepuff und Ravenclaw jeweils über zwanzig Schützlinge um sich geschart hatten. Er konnte sich gut an den Anblick erinnern, der sich ihm geboten hatte, als er die riesige Halle betreten hatte, in die ihn Gregory geführt hatte. Zwanzig Meter hohe Wände, eine wunderschön verzierte Decke und in der Mitte vier große Tische, jeweils mit Tischtüchern bedeckt, die den Farben der Gründer entsprachen. Gregory hatte ihm genau erklärt, was es mit den Farben und Tieren auf sich hatte, die sinnbildlich für die vier Magier standen.

Die sechs erreichten den Zwischenraum, in dem William am Vormittag seinen neuen Lehrmeister kennen gelernt hatte. Gregory, der kurz zuvor noch in ein Gespräch mit Oliver vertieft war, blieb abrupt stehen und dreht sich zu ihm um. Er hatte ein Funkeln in seinen Augen, wie er es auch schon hatte, als er William von den vier Gründern erzählte.
"Will, weißt du noch, was ich dir gesagt habe über die Wappentiere und ihren Einsatz hier auf Hogwarts?"
Er wusste es noch sehr genau. Jeder der vier Gründer hatte ein Tier auf seinem Wappen und eben jenes Tier kennzeichnete oftmals Abschnitte des Schlosses, zu denen man nur als Schüler des jeweiligen Gründers Zutritt hatte. Wahrscheinlich wollte der andere Junge darauf hinaus. William nickte langsam.
"Nun, dieser Raum, der zum Rest des Kerkers und somit zu unseren Quartieren, dem von Meister Slytherin und den Unterrichtsräumen führt, ist mit der Schlange Slytherins gekennzeichnet worden. Komm her!" Gregory zeigte mit der rechten Hand auf eine kleine Gravur auf einem der Steine neben der Tür, während er ihn mit der linken herwinkte. Als William bei ihm war, fuhr er mit einem Finger über die Schlange, die auf dem Stein im Kreis umherschlängelte. Er hob den linken Arm nach oben, sodass der Saum der Robe nach hinten rutschte und William sah, dass sich auch die Schlange auf Gregorys Unterarm, die ihn als Schüler Slytherins auswies im Kreis schlängelte.
"Diese Tür", meinte er verschwörerisch leise, "kann nur von jemandem geöffnet werden, der mit der Schlange gekennzeichnet wurde. Soweit ich weiß, hat kein anderer der Gründer eine solche Vorrichtung an seinen Abschnitten angebracht, doch Meister Slytherin hielt es für nötig, in Zeiten, in denen hier ungestraft Schlammblüter herumstrolchen."
Beide Schlangen formten wieder ein 'S' und blieben reglos, nachdem Gregory geendet hatte. Er griff nach der Tür und wollte gerade den anderen folgen, als William ihn fest hielt.
"Aber, als ich das erste Mal hier war, bin ich durch diese Tür gegangen und nichts ist passiert. Dabei habe ich das Zeichen der Schlange erst danach erhalten."
Zu seinem Erstaunen fing Gregory an zu kichern. Er fasste sich erst wieder, als er den fragenden Gesichtsausdruck Williams sah.
"Oh Will, das war bisher immer so. Meister Slytherin hat dir oder deinen Eltern sicher genau gesagt, wo er dich treffen wird, oder?"
"Ja, aber ...", fing er gerade an, doch Gregory unterbrach ihn.
"Und er sagte dir auch genau wann, oder?"
"Ja, aber wie ..." Wieder wurde William von ihm unterbrochen.
"Und direkt hinter der Tür stand er bereits und hat dich erwartet, oder?"
"Ja, aber wie verdammt nochmal konnte ich durch die Tür gehen?", fragte William und sah, dass Gregory immer noch breit am Grinsen war.
"Jeder kann durch diese Tür gehen, mein Lieber, aber nur ein Schützling von Meister Slytherin kann sie öffnen. Du denkst vielleicht, du hättest sie geöffnet, aber in Wahrheit war sie nur angelehnt, wahrscheinlich auf den kleinstmöglichen Schlitz beschränkt. Es war bei mir so, bei Oliver und bestimmt bei den anderen auch. Die Chance, dass Meister Slytherins Schutzzauber seinen Zweck nicht erfüllt oder ein unausgebildeter Zauberer von vierzehn Jahren ihn unbewusst umgehen könnte, ist so lächerlich." Sein Grinsen verbreiterte sich und kopfschüttelnd ging er durch die Tür zum nächsten Gang.

Der Gang, der von dem geschützten Zwischenraum weiter in die Kerker hineinführte, war ziemlich kurz und endete erneut in einem Raum, ungefähr genauso groß wie der, von dem er ausging. Die Wände waren ebenso kalt und spärlich beleuchtet wie das restliche Kellergewölbe, aber an jeder Wand hing ein großer grüner Wandteppich, mit einer stilisierten silbernen Schlange darauf. Neben den Wandteppichen waren Türen, wieder an jeder Wand eine.
William wusste, dass auf der Tür, die jetzt hinter ihm lag, das Wappen von Hogwarts eingraviert war, also die Tür, die zurück, aus dem Kellergewölbe und hin zum Schloss führte. Die gegenüberliegende Tür führte zu den einzelnen Quartieren und mehreren Räumen, die sich die Schüler teilten. Die Tür, die jetzt zu seiner Linken lag, war auf Hogwarts die einzige Tür, bei der William bislang ein Schloss gesehen hatte. Weder Gregory noch Oliver wussten, was dort war und Slytherin hatte klar gestellt, dass es einen Schüler nicht zu interessieren habe. Die letzte Tür schließlich, die der verbotenen Tür gegenüberliegende, hatte das Wappen Slytherins eingraviert: eine 'S'-förmige, silberne Schlange auf grünem Grund.
"Die führt zu einem riesigen Raum mit einer Unmenge von Türen", hatte ihm Gregory erklärt. "Viele davon sind mit Buchstaben und Zahlen markiert worden, andere nicht. Wenn du durch eine Tür gehst, von der du nicht weißt, wo sie hinführt, kann es sein, dass du niemals wieder herausfindest."
Ohne lange zu überlegen, ging William auf die gegenüberliegende Tür zu, griff nach dem Knauf und zog sie auf. Obwohl er schon einmal in dem gemeinsamen Aufenthaltsraum war, um zu seinem Quartier zu gelangen, war er erneut überrascht, was für ein Anblick sich ihm bot. Statt des kalten Kellerbodens, bestand der gesamte Grund aus grünen Teppichen, die, wie es ihm später gesagt wurden, von ehemaligen Schülern beschworen wurden. Die gesamten Schülerquartiere durften von den Schützlingen nach Belieben verzaubert und verhext werden und einzig und allein die Schlafquartiere wurden nach dem Weggang eines Schülers wieder in seinen Ursprungszustand verzaubert. Ein großer Marmorkamin schmückte die Seitenwand und davor waren verschiedene Sessel und Sofas beschworen worden, die allesamt nicht zu einander passten. Das einzige, was sie gemeinsam hatten, war die grüne Farbe.

"Will, komm mal her." Es war erneut Gregory, der ihn zu sich rief. Er saß auf dem Sofa neben der einzigen Schülerin, Oliver und einem anderen Schüler, den William nicht kannte. Der Junge war neben Oliver sicher der Älteste der Slytherinschüler. Er wirkte kaum jünger als Oliver, der siebzehn war und neben Gregory, der für seine sechzehn Jahre noch ein richtiger Kindskopf war, ziemlich erwachsen wirkte. William setzte sich in den freien Sessel, der dem Sofa gegenüberstand und bereute es fast sofort wieder, denn im nächsten Moment begannen das Mädchen und der ältere Junge ihn aufs Genauste zu mustern.
"Also, Will, mich kennst du ja bereits. Oliver auch, aber die beiden dürften dir neu sein." Er zeigte mit dem Finger auf das Mädchen, die sich gerade ihre blonden Strähnen hinter das rechte Ohr strich und ihre grünen Augen abschätzend an William heruntergleiten ließ.
"Das ist Elizabeth. Ein Ass im Duellieren und bisher unter den Schülern ungeschlagen. Wenn du mal Probleme mit einem von den Löwen hast, wend dich einfach an Elizabeth." Sie zog einen Mundwinkel zu etwas nach oben, das sie wohl für ein überlegenes Grinsen hielt, während Gregory auf den Schüler zeigte.
"Das ist Charles, Ansprechpartner für alle Arten von Problemen. Er ist mit fast achtzehn Jahren der Älteste hier und auch Primus von Meister Slytherin." William nickte ihm zu und dachte darüber nach, wie er beim Abendessen die ehrfürchtigen Blicke der Huffelpuffs gesehen hatte, die meist nur für Sekunden wagten, ihren Primus anzusehen, während Gregory das so beiläufig erwähnte.
"Du kannst mich ruhig Charly nennen. Tun hier sowieso alle." Er grinste breit und hielt noch ein paar Sekunden Blickkontakt zu William, bevor er seinen Zauberstab herausholte und damit begann die Flammen im Kamin grün zu färben.

Paige

Als das letzte Kissen mit einem sanften Plumps auf dem Boden landete, streckte sich Paige auf ihrem neuen Bett aus. Ihr Zimmer in den Hufflepuffquartieren bedurfte dringend einer Generalüberholung, aber jetzt, da sie zumindest das Laken von der Schicht Kissen befreit hatte, die in allen Pink-, Rosa-, Blau- und Gelbtönen jetzt einen ansehnlichen Haufen auf dem Fußboden bildeten, war sie zu müde, um sich darum zu kümmern.
Als sie nach dem Abendessen den Saal verlassen hatte, wäre sie beinahe wieder in Richtung Ravenclawturm gegangen. Ihre neuen Mitschüler hatten sie gerade in dem Moment gerufen, als sie hinter den Schützlingen Ravenclaws die Treppe hinauf ging. Im Nachhinein wusste sie nicht, ob es besser gewesen wäre, so zu tun, als hätte sie es nicht gehört und einfach weiter zu laufen.
Die anderen im Hause Hufflepuff waren auf jeden Fall nett, hilfsbereit und keinesfalls dumm, aber der Ehrgeiz und der Wettbewerb, der sie früher dazu veranlasst hatte, abends nochmals den Stoff des Unterrichttages durchzugehen, ging hier komplett verloren.
Lange Zeit kreisten ihre Gedanken noch um den erzwungenen Wechsel, bevor sie, immer noch in ihren Roben, in den Schlaf sank.

Maximilian

Das erste, was Maximilian spürte, war ein hartes Etwas, das ihn in die Seite traf. Er blinzelte verwirrt mit den Lidern und rieb sich den Schlaf mit den Handknöcheln aus den Augen. Eine schwarze, schattenhafte Gestalt stand vor einem Viereck aus Licht und holte aus, um ihn erneut in die Seite zu schlagen.
"Schon gut, ich bin wahahahach", gähnte Maximilian.
"Gut so, ich dachte schon, ich müsste Wasser heraufbeschwören." Schelmisch lächelnd drehte er seinen Zauberstab zwischen den Fingern.
"Warum bist du eigentlich schon auf den Beinen?", fragte Maximilian und schwang sich auf die Beine, um mit einem Gähnen im Gesicht zum Fenster zu schlurfen.
"Naja", meinte Theodore, "Ich wollte mit dir reden."
"Ja? Geht das nicht nach dem Frühstück? Oder besser nach dem Mitagessen!"
"Hör mal, kennst du noch Alicia? Die schwarzhaarige Schülerin von Ravenclaw mit dem süßen Lächeln?"
"Du meinst die, auf die du schon seit ungefähr einem Jahr ein Auge geworfen und bisher nur einmal angesprochen hast?"
"Wenigstens habe ich mich überwunden sie anzusprechen."
"Du bist auf dem Gang in sie rein gerannt und hast dich beim Entschuldigen nach dem Wetter erkundigt."
"Alles reine Strategie!"
Maximilian schnaubte verächtlich und öffnete das Fenster. Die Luft war zwar schon angenehm warm, aber dennoch lag der Geruch von Tau darin.
"Jedenfalls", begann Theodore hinter ihm. "Jedenfalls meinte sie, sie wolle mal mit mir einen Ausflug übers Schlossgelände machen, wenn wir beide mal frei hätten."
"Schön für dich, Ted. Wirklich toll. Aber hättest du mir das nicht erst beim Frühstück erzählen können?"
"Soweit schon, aber bei dem nächsten Punkt wirst du laut werden und das wollte ich dir und deinem Ruf nicht antun." Er musterte ihn scharf und auch Maximilian blickte seinem Freund in die Augen. Er versuchte abzuschätzen, was jetzt kommen würde, aber er hatte keine Ahnung, worauf der andere Junge hinaus wollte.
"Nun?", fragte er, als Theodore ihn immer noch beobachtete, wie um seine Reaktion hervorzusehen.
"Ich musste ihr versprechen, dass du mit ihrer Freundin ausgehst. Du weißt schon, die Blonde, die auch bei Ravenclaw ist und anscheinend ist die grade in einer blöden Situation. Alicia meinte, die hätte schon immer auf dich gestanden und nun braucht sie Ablenkung. Irgendwas mit Hufflepuff oder so."
"Mh." Maximilian blickte wieder aus dem Fenster hinaus.
"Ich kenne dieses 'Mh'." Seine Stimme schwappte fast über vor Euphorie.
"Ja?"
"Oh ja. Das soll heißen, 'Ich finde es schade, dass du es nicht alleine schaffen kannst, aber weil wir gute Freunde sind, opfere ich mich für dich.' "
"Mh." Gerade flog eine Eule nahe am Fenster vorbei und ließ sich vom Wind zur Eulerei tragen. 'Das wird noch ein langer Tag', dachte Maximilian und drehte sich um, um seine Robe anzuziehen.

William

Als William seine Hand ausstreckte, um die Tür zu öffnen, wären ihm fast seine Utensilien herunter gefallen. Er griff nach der Feder, die gefährlich wackelte und verlagerte ihr Gewicht mehr zu seinem Körper, bevor er erneut die verschwitzte Hand nach der Klinke ausstreckte. Der Raum, in den er gleich eintreten würde, sollte ihn zu einer Vielzahl von Türen führen, wobei hinter einer Slytherin auf den Beginn des Unterrichts wartete. Es war die erste Stunde, die er bei seinem neuen Lehrmeister hatte und nicht nur schienen ihm gerade jetzt alle Zauberformeln zu entfallen, auch die einfachsten Rezepte für Tränke waren in seinem Kopf durcheinander geraten.
Aber wahrscheinlich war die Stunde nicht einmal der Grund dafür, dass er so aufgeregt war. Beim Frühstück saß er mit dem Gesicht zu den anderen drei Tischen und an dem Tisch direkt vor ihm, dem gelb geschmückten Hufflepufftisch, war ihm jemand ins Auge gefallen, den er einfach nicht vergessen konnte. Zuerst hatte er nur von hinten ihre langen blonden Haare gesehen, die wie ein Samtschleier auf ihrer Robe ruhten, aber später hatte sie sich umgedreht und er hatte direkt in ihre grünen Augen geblickt, nur für einen kurzen Moment, aber lange genug um in dem Grün ihrer Augen zu versinken wie in einer wilden Wiese. Losreißen konnte er sich erst, als ihn Oliver darauf aufmerksam machte, dass sein Toast auf dem Boden gelandet sei.

Er ging durch den Türrahmen und ihm wären zum zweiten Mal fast die Sachen aus den Händen gefallen. Der Raum bestand aus einer ebenen weißen Fläche und sonst nichts. Keine Wände, keine Decke und keine Krümmung im Boden, nur die unendliche Weite und Weiße.
Als er einen weiteren Schritt in den Raum hinein ging, schlug hinter ihm die Türe zu. Als er sich umdrehte bemerkte er, dass sie in einem giftigen Grün bemalt war. Vor ihm tauchten aus dem Nichts eine riesige Zahl von Türen auf. Die meisten waren normale Holztüren, doch es waren auch welche aus Stein dabei und einige der Holztüren waren farbig markiert, wie die aus der William kam. Andere Türen waren mit Buchstaben und Zahlen versehen und wieder andere glichen sich wie ein Ei dem anderen.
Zwischen ein paar Türen konnte William die Umhänge seiner Mitschüler erkennen und er schlängelte sich durch den Türenwald auf sie zu.
" ... vielleicht heute weiter", beendete Charly seinen Satz, als er William bemerkte und ihm zunickte.
"Hallo Will", murmelte Gregory und gab ihm einen freundschaftlichen Klapps auf die Schulter.
Sie standen alle vor einer Holztür, auf die mit silberner Farbe A-34 geschrieben worden war. William griff mit der Hand nach dem Rahmen, der offensichtlich nur vom Boden gehalten wurde und versuchte daran zu ziehen und zu drücken, doch die Tür bewegte sich keinen Zentimeter. Zufrieden lehnte er sich gegen den Rahmen und spürte wie sein Herz ihm höher schlug. Seine Gedanken waren wieder abgeschweift zu der blonden Schönheit, die am Hufflepufftisch gesessen hatte und zu ihren grünen Augen, den unglaublich grünen Augen.

Als er sich so gegen das Holz lehnte und die Stimmen um ihn rum nicht mehr wahrnahm, kam es ihm so vor, als würde jemand mit ihm sprechen. Leise, flüsternd, kaum wahrnehmbar, aber doch so deutlich, als würden die Lippen des Sprechenden sich an seine Ohrmuschel drücken.
" ... nicht, was ich wollte, Setesh. Wenn damit Schluss sein soll, brauche ich etwas in der Hand gegen ihn."
"Ja, Meister. Ich werde euch nicht mehr enttäuschen."
Die Stimmen entfernten sich und obwohl er immer noch das Zischeln von fernem Geflüster hörte, konnte er kein Wort mehr verstehen.
"Wer", meinte er laut genug, um die Aufmerksamkeit der anderen auf sich zu ziehen, die ihn fragend anschauten. "Wer ist Setesh?"
Charly tauschte einen schnellen Seitenblick mit Gregory, der die Schultern abwehrend die Schultern zuckte und dazu stumm die Lippen bewegte. Die anderen sahen entweder zu Charles oder zu William, die sich gegenseitig still in die Augen sahen, bis Charles schließlich die Stille brach.
"Wo hast du den Namen gehört?"
Irgendetwas in Charlys Stimme klang seltsam. Die Herzlichkeit war entwichen und sie klang wie ein zu selten geöltes Türscharnier, seltsam verzogen. Er räusperte sich und zog eine Augenbraue hoch.
"Es klang so als hätte Meister Slytherin mit jemandem gesprochen, der Setesh heißt. Ihr hättet es gehört, wenn ihr ruhig gewesen wärt."
Oliver schnaubte, sagte aber nach einem Blick von Charly nichts mehr. Der sah William noch einmal tief in die Augen, bevor er sich abwandte.
"Es ist keine allzu große Sache, aber wir besprechen sie nach dem Abendessen im Aufenthaltsbereich." Als ihn William immer noch fragend anschaute, fügte er hinzu: "Der Unterricht beginnt gleich."

Kapitel 3 - Neuer Unterricht hoch drei

Paige

Als Alicia und Paige vor dem Studierzimmer Ravenclaws ankamen, warteten bereits die anderen Schüler dort, von denen sie einige streng musterten. Aber in Paiges Kopf war kein Platz sich darüber Gedanken zu machen, denn sie hatte beim Frühstück etwas gesehen, dass ihr Kopfzerbrechen bereitete: Salazar Slytherin hatte einen neuen Schützling.
Während Gryffindor, Ravenclaw und Hufflepuff meist zwanzig bis dreißig Schüler unter ihre Fittiche nahmen, hatte Slytherin, und so bestätigten es die älteren Schüler, die es wiederum von bereits abgegangenen Schülern bestätigt wussten, immer nur fünf Schützlinge, fünf Reinblüter. Den nächsten nahm er erst dann auf, wenn ein anderer ihn verließ.
"Was hälst du von dem neuen Slytherinschüler?", fragte sie Alicia, so beiläufig wie möglich.
"Nun, er ist Reinblüter, arrogant, hinterhältig und gemein."
"Du kennst ihn?"
"Nein, aber er ist Slytherins neuster Schoßhund", erwiderte Alicia und grinste breit.

Die Tür zum Zimmer Ravenclaws schwang langsam auf und einer nach dem anderen ging hinein. Paige wollte gerade zu ihrem Platz gehen, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte.
"Komm mit vor die Tür, Paige." Es war Rowena Ravenclaw, die sie mit strengem Blick anschaute und in Richtung Tür bugsierte. Paige ging die wenigen Schritte zur Tür hinüber und traf Alicia, die direkt hinter ihr war und jetzt so tat, als wäre sie, überrascht von dem Richtungswechsel Paiges, mit ihr zusammengestoßen.
"Entschuldigung", murmelte sie laut genug, damit Ravenclaw es hörte und fügte leise zu Paige hinzu: "Vor dem Mittagessen, dritter Stock, Westflügel."
Paige nickte und trat auf den Korridor hinaus. Die Tür fiel leise ins Schloss und sofort begannen im Innern die Schüler miteinander zu reden.
"Paige, ab jetzt wirst du nicht mehr meinen, sondern ausschließlich Helga Hufflepuffs Unterricht besuchen."
"Mylady. Dürfte ich fragen ..."
"Die Gründe, die mir vorliegen, sind für dich nicht von Interesse. Du kannst auch im gelben Haus genug dazulernen."
"Ja, Madam Ravenclaw."
"Dann geh zu deinem neuen Klassenzimmer und gib Helga dies hier." Sie zog aus ihrem weiten Ärmel ein zusammengerolltes und versiegeltes Stück Pergament.
"Nimm diese Tür." Sie zeigte auf die gegenüberliegende Wand, die sich vor Paiges Augen in eine Tür verwandelte. Dann drehte Ravenclaw sich um und ging durch die geschlossene Tür in ihren Klassenraum, wo die Stimmen der Schüler augenblicklich verstummten.

Maximilian

Professor Whistle schloss die Tür hinter dem letzten Nachzügler und schlug mit seinem Zauberstab gegen die Tafel, um wirklich vollkommene Stille zu haben. Er runzelte die hohe Stirn und verzog die Lippen von einer Seite zur anderen, sodass sein Schnurrbart hin und her wackelte.
"Wo war ich noch?", murmelte er zu sich selbst und blickte auf seinen Zauberstab, dann auf die Schüler vor ihm.
"Achja. Willkommen Schüler. Wir werden uns heute mit einem weiteren Wesen beschäftigen, das euch eines Tages zerfleischen oder retten könnte. Ich rede von einer Art von Chimären. Sie da vorne, was sind Chimären?" Er zeigte mit dem Zauberstab auf eine Schülerin, die wie von der Tarantel gestochen hochschoss und sich dabei selber so erschrak, dass sie erstmal nach Luft japste, bevor sie antwortete.
"Chimären sind magische Mischwesen wie beispielsweise der Hippogreif, Sir."
"Gut, gut. Aber wir werden uns nicht den Hippogreif vornehmen, denn den hatten wir bereits, oder?"
"Ja, Professor", antwortete das Mädchen, das immer noch aufrecht stand.
Professor Whistle drehte sich zur Tafel und schwang den Zauberstab. Ein pferdeähnliches Wesen mit ledrigen Flügeln ohne Fleisch und Muskeln erschien.
"Nein, nein, nein, nein", murmelte er und schwang erneut seinen Stab. Diesmal erschien ein Wesen mit dem Oberkörper eines Menschen auf den Beinen und dem Leib eines Pferdes.
"Mhh .. Nein."
"Sir", sagte das Mädchen kleinlaut.
"Ja, Miss ... ähm ... Ja?"
"Dürfte ich mich vielleicht wieder setzen, Sir?"
"Natürlich, natürlich." Er deutete mit dem Zauberstab auf das Mädchen und im nächsten Moment stand sie schon viel lockerer da, streckte noch einmal den Rücken durch und setzte sich dann wieder auf ihren Platz.
Der Professor hatte sich schon wieder zur Tafel umgedreht und schwang erneut seinen Stab. Zuerst erschien der Kopf eines Bullen mit spitzen Hörnern und dem Wahnsinn in den Augen, dann erschien der Hals, wo das Fell des Bullen in etwas Ledriges überzugehen schien. Statt jetzt den Torso erscheinen zu lassen, ließ Professor Whistle neben dem Bullenkopf einen weiteren Kopf erscheinen, den eines Tigers. Beide Köpfe schienen ihren eigenen, seltsam langen Hals zu haben, die dann in einem gemeinsamen ledrigen, dicken Hals endeten. Der ledrige Körper war riesig und schien einem Rhinozeros zu gehören.
"Ja ... ja, ich glaube, jetzt haben wir es." Er blickte die Schüler an. "Kann mir jemand sagen, wie wir diese Chimära nennen? Keiner? Na gut. Dann erzähl ich euch mal, was ihr alles über Presakas wissen solltet."

William

Kaum öffnete sich die Tür, verstummten alle fünf Mitschüler von William und er wäre um ein Haar hingefallen, bei dem Versuch sich wieder gerade hinzustellen, bevor Slytherin gesehen hatte, dass er sich gegen den Rahmen gelehnt hatte. Die Augen des Lehrmeisters huschten über die Gesichter seiner Schützlinge, dann kurz über die Leere hinter ihnen. Er zog die Tür weit auf.
"Rein." In seiner Stimme schwang etwas wie Sorge mit. Sie war nicht so kalt wie sie bei Williams Ankunft war. Er ging hinter den anderen her in den Raum hinein und sah sich um, während er Gregory folgte.
Der Raum hatte die Form eines großen Kreuzes; Es war fast, als hätte man beim Bau eines Ganges nicht bemerkt, dass der Gang einen anderen in der Mitte treffen würde. In der Mitte des Raumes, von wo aus man in alle Arme blicken konnte, blieben die anderen fünf stehen und William stellte sich, etwas nach hinten versetzt, neben Gregory.
Aus dem Arm hinter ihm war er gekommen, dort war nur eine Tür und an den Seitenwänden Schränke und Regale voll Büchern, Reagenzien und Utensilien. Der Arm vor ihm war aufgebaut wie eine Studierstube eines Lehrers mit wenigen Schülern. Zwei Tischreihen mit Stühlen und davor ein großer Pult mit einem Stuhl, dahinter eine große freie Wandtafel zum magischen Projizieren. Ein schneller Blick nach links verriet ihm, dass dort weitere Schränke und Regale standen, wieder beladen mit Reagenzien, Büchern und Utensilien, aber davor befand sich noch eine Anzahl größerer Kessel. Er schaute in den Arm rechts von ihm und war fast schon enttäuscht, dort nichts als einen weiteren Ausgang und eine große schmucklose Truhe vorzufinden.

"Wir werden uns heute wieder den Künsten der Alchemie zuwenden. Wo haben wir auf diesem Gebiet aufgehört, Elizabeth?", rief Slytherin energisch, während er mit schnellen Schritten von der Tür, durch die sie gekommen waren auf den gegenüberliegenden Arm zulief.
"Wir haben einen Stärkungstrank gebraut, Meister Slytherin."
"Und haben wir dazu das Lehrbuch befragt, Oliver?" Er war mittlerweile am Ende des Armes vor ihnen angekommen und ging hinter dem Pult in die Knie, so dass seine letzten Worte, vom Holz fast verschluckt, leiser waren.
"Nein, Meister Slytherin."
"Und warum haben wir das nicht getan, Gregory?" William hörte, wie Schubladen aufgezogen und Dinge zur Seite geschoben wurden.
"Weil Ihr uns sagtet, dass der Autor ein herumtölpelnder Nichtsnutz sei, Meister Slytherin."
"Will ihn jemand verbessern?"
Charles trat zwei Schritte nach vorne und, ohne hinter dem Schreibpult hervorzuschauen, rief Slytherin: "Versuch dein Glück, Junge!"
"Weil der Autor ein herumtölpelnder Nichtsnutz IST, Meister Slytherin."
"Schon besser." Seine Stimme wurde wieder lauter, als er aufstand und mit einem dicken Stapel Pergament hinter sich schwebend auf den Weg zu ihnen machte.
"John, wie war die prozentuale Steigerung der Stärke bei dem Trank, wenn man ihn wie im Lehrbuch beschrieben zubereitete?" Als er die Tische, die vor dem Pult standen, passierte, teilte sich der Stapel Pergamente in sechs kleine Häufchen, welche in regelmäßigen Abständen auf den Tischen landeten.
"Die Steigerung des Trankes aus dem Lehrbuch betrug 32%, Meister Slytherin", meinte der Junge, der auf der anderen Seite Gregorys stand.
"Falsch, John. Ich weiß manchmal nicht, warum ich dich hier behalte. Wahrscheinlich würde nicht einmal Hufflepuff dich nehmen, von Ravenclaw ganz zu schweigen."
"Ja, Meister Slytherin"
"William", Slytherin blieb vor seinen Schülern stehen und fixierte ihn mit einem angedeuteten Lächeln auf den Lippen. "Du hast mir gesagt, du wärst in der Zaubertrankbrauerei unterrichtet worden."
"Ja", sagte William. Hastig fügte er noch hinzu: "Meister Slytherin."
"Hat man dir das Wissen mit einem Lehrbuch vermittelt?"
"Ja, Meister Slytherin."
"Wie heißt es?"
" 'Alchymie - Für Fortgeschrittene' "
Slytherin zeigte mit dem Zauberstab über seinen Kopf hinweg und fing im nächsten Moment ein Buch auf, das auf ihn zugeflogen war. Er schlug es anscheinend wahllos auf, las einige Zeilen und lächelte leicht.
"Dann sag mir, was man einem unfertigen Taskan-Elixir hinzufügt, nachdem es sich zum zweiten Mal purpur gefärbt hat!"
"Fein gewürfelte Lepsisknollen und nach einer Minute Umrühren gegen den Uhrzeigersinn einem Tropfen Nessilessenz, Meister." William ging es in Gedanken noch einmal durch. Es sollte stimmen, aber er wurde von Sekunde zu Sekunde, da Slytherin das Buch anschaute unsicherer und er wusste auch nicht, ob er das Lächeln als gutes oder schlechtes Zeichen deuten sollte. Bisher hatte ihm Alchemie immer am meisten Freude gemacht.
"Das ist korrekt." William atmete erleichtert aus.
Der Lehrmeister schlug das Buch zu und es flog wieder über ihre Köpfe hinweg davon. Er ging wieder zum Pult und setzte sich auf seinen Stuhl.

"Setzen", rief er ihnen zu und mit einem Mal setzten sich die anderen in Bewegung, um sich auf die, ihnen zugewiesenen, Plätze zu setzen. William ging absichtlich etwas langsamer, um zu sehen, welcher Platz am Ende noch frei sein würde. John wollte sich gerade auf den letzten freien Platz in der ersten Reihe setzen, als Slytherin aufblickte.
"Ahh ... Ich hätte beinahe vergessen. John, zweite Reihe und William auf den Platz da vorne."
"Ja, Meister Slytherin", sagten beide wie aus einem Mund und während John seinen Platz räumte, beschleunigte William seinen Schritt etwas. Kurz bevor William sich hingesetzt hatte, begann Slytherin erneut zu sprechen.
"Das, was ihr hier vor euch seht, ist eine Art Lehrbuch. Allerdings wurde es diesmal von jemandem geschrieben, der mehr Verständnis für die Verhaltensweisen von Tinkturen und Essenzen besitzt als einer dieser muggelliebenden Bauerntölpel. Ihr werdet sehen, dass die vor euch liegenden Werke nicht nur die Alchemie, sondern auch die Kunst des Duellierens, die, wie sie von Schwachen genannt werden, dunklen Künste und andere diverse Themen, diese jedoch meist nur am Rand, behandeln. Doch was ihr vor euch habt ist der Stoff von dem Unterricht für die nächsten zehn Wochen."
William schaute auf den Stapel vor sich. Er war zwar dick, aber wenn man jeden Tag zwei Blätter abarbeitete, würde das Ganze für höchstens drei Wochen reichen. Und er konnte sich nicht vorstellen, dass Slytherin nur zwei Blätter pro Tag durchgehen würde. Als er den Blick von seinem Stapel löste, fuhr Slytherin fort.
"Allerdings werden wir den Unterricht 'interessanter' gestalten. Wie ihr wisst, habt ihr einen Tag in der Woche für eure Beschäftigungen und an einem Tag der Woche werden wir uns an diese Unterrichtspläne setzen. An den anderen fünf werdet ihr zwar auch von mir unterrichtet, aber wir werden mit diesen Werken arbeiten." Er zog mit dem Zauberstab von einer Seite zur anderen und sechs riesige Stapel flogen auf die Tische zu. Als der Stapel auf Williams Tisch landete, drohte er fast unter dem Gewicht einzustürzen.
"Das Interessante an dem Unterricht mit diesen Werken, die nicht meine geheimen Flüche und Zauber, nicht meine geheimsten Tinkturen und Essenzen und nicht meine geheimen Formeln beinhalten, wird sein, dass ihr nicht alleine unterrichtet werdet."

Paige

"So ist es gut, Sebastian, versuch es noch höher. Sehr gut."
Paige war erleichtert, als Hufflepuff einen Tisch weiter ging. Sie waren in Zweiergruppen an jeweils einem Tisch und sollten den Schwebezauber Wingardium Leviosa üben, den Paige bereits vor ihrem Unterricht auf Hogwarts ohne Mühe beherrschte. Ravenclaw hatte sogar einmal gezeigt, dass ein guter Zauberer ihn auch mit Anstrengung ohne Zauberstab benutzen konnte.
Zum Glück hatte sie Paige noch die Pergamentrolle mitgegeben, denn darauf waren einige Sprüche aufgelistet, die mehr Paiges Niveau entsprachen. Zu jedem Spruch war eine kurze Anleitung und ein oder zwei Tricks hingekritzelt worden.
Hufflepuff hatte ein kleineres Stück Pergament, das der Spruchrolle beilag, entnommen und Paige die Sprüche üben lassen. Den ersten der Sprüche beherrschte sie bereits, wenn die Gegenstände nicht allzu groß waren. Dabei belegte sie zwei identische oder ähnliche Gegenstände - Auf der Rolle stand ausdrücklich, dass es bei Menschen verboten sei - mit einem Verkettungszauber. Wenn man nun einen der Gegenstände auf Muggelweise oder durch Magie veränderte, veränderte sich der andere auf gleiche Weise.
Sie löste erneut den teilweise misslungenen Zauber, indem sie die Gegenstände nahe zusammen schob und murmelte: "Dissoctio."
Jetzt musste sie sie wieder verbinden. Sie legte all ihre Konzentration und Willenskraft in die beiden kleinen Holzwürfel und sagte laut und deutlich: "Illigartio." Die Würfel leuchteten kurz auf und blieben dann ohne erkennbaren Unterschied liegen. Paige nahm einen der beiden Würfel in die Hand und begutachtete ihn, als müssten die Worte 'verbunden mit dem anderen Würfel' irgendwo eingeritzt sein. Vorsichtig legte sie ihn auf einen Stapel Pergament weit links neben dem anderen.
Dann zielte sie auf den Würfel, den sie seit dem Verkettungszauber nicht berührt hatte und dachte an 'Incendo!' Ungesagtes Zaubern war umso leichter, je leichter der Zauber selbst war. Zufrieden sah sie, wie der Würfel, auf den sie gezielt hatte, an manchen Stellen dunkler wurde.
Sie blickte hinüber zu dem anderen und stellte fest, dass er an den selben Punkten zuerst dunkelbraun und schließlich schwarz wurde. Es hatte funktioniert, er verbrannte ohne selbst zu brennen. Nur weil sein Gegenstück brannte, verkohlte der Würfel. Sie streckte die Hand aus und wollte den nicht brennenden Würfel hochheben, doch augenblicklich durchzuckte ein scharfer Schmerz ihre Hand und sie ließ ihn wieder los. Er fiel auf den Boden und verkohlte langsam zu einem kleinen Stück Kohle und Asche.
"Also ist er auch heiß", murmelte sie und besah sich ihre Hand. Kleine Brandblasen hatten sich gebildet, aber der Schmerz wurde von dem Siegesgefühl unterdrückt, dass der Erfolg in ihr ausgelöst hatte. Sie hatte den ersten Zauber auf der Liste abgehakt.

In Gedanken malte sie sich aus, wie sie die nächsten Wochen jeden Tag einen neuen Zauber bewältigen würde. Es waren sicherlich sehr starke und schwierige Zauber. Und aufgrund ihrer Stärke konnte man sie nur verantwortungsbewussten Schülern anvertrauen. Allein der Gedanke daran, was passieren würde, wenn jemand den Verkettungszauber auf Menschen richtete, war fatal. Sie verbrannten nicht nur zusammen, sie waren auch beide heiß. Vielleicht würde man sich die Gedanken teilen, die Wünsche, Träume, Gefühle.
Die Glocke unterbrach ihre Gedankengänge und sie hörte Hufflepuff aus einer Ecke des Zimmers eilen.
"Sehr schön, sehr schön. Ich sehe, ihr habt alle gute Fortschritte gemacht und ich denke, wir werden beim nächsten Mal den Schwebezaubern auch dem letzten bis zur Perfektion beibringen können, wenn ihr alle schön weiterübt." Paige verdrehte die Augen. Es war klar, dass den Hufflepuffschülern eine schlechte Ausbildung nachgesagt werden musste. Ravenclaw hatte den Zauber an einem Vormittag durchgekaut und im selben Moment mit dem nächsten angefangen, aber Hufflepuff schien sich für jede Kleinigkeit eine Zeit zu nehmen, die ihre Schüler nicht hatten. Irgendwann würde die Pflicht rufen und ein Schüler müsste die Schule verlassen, der nur halb ausgebildet ist.
Sie schüttelte innerlich den Kopf und passte noch früh genug auf, um das Wort 'Mittagessen' mitzubekommen. Sie räumte ihren Pult und machte sich auf den Weg.
Der Westflügel im dritten Stock lag direkt über ihr. Die letzten Stufen nahm sie im Laufschritt und hastete um die Ecke. Mit Schwung prallte sie gegen etwas Weiches und stolperte zurück. Sie lag auf dem Boden und japste.
"Ent- Entschul- schuldigung." Als sie den Kopf hob, sah sie direkt in das Gesicht von einem der älteren Gryffindorschüler. Er streckte die Hand aus, half ihr auf die Beine und ging dann gemäßigten Schrittes und kopfschüttelnd die Treppe hinunter.
Paige sah sich um. An der Wand, neben der einzigen offenen Tür auf dem Korridor, patrouillierte ein Löwe und schnurrte vereinzelt den Schülern zu, die an ihm vorbei liefen. Neben der Tür standen auch drei Personen, die sie kannte. Eine davon war Alicia, daneben Ted aus dem Gryffindorhaus, auf den Alicia ein Auge geworfen hatte und dann stand da noch, mit den beiden in ein Gespräch vertieft, der Primus von Gryffindor. Er hatte ebenso wie Gryffindor selbst goldenes Haar und Paiges Herz schien kurz auszusetzen, als Alicia sie bemerkte und heranwinkte. Sie dachte, Maximilian würde weitergehen und hatte sich nur kurz mit den beiden unterhalten, aber er lächelte Paige nur strahlend zu und wartete mit Ted und Alicia auf sie.
Als sie näher kam, rutschte ihr Herz Zentimeter für Zentimeter weiter nach unten, bis sie das Schlagen deutlich in ihrem Bauch spürte, wie es pochte und pochte. Das trockene Gefühl in ihrer Kehle versuchte sie zu verdrängen, aber als sie den Mund öffnete, um den anderen Hallo zu sagen, merkte sie, dass offenbar alles von den Lippen bis zu den Lungen hinunter staubtrocken war.
"Hey Paige", sagte Alicia und ging einen Schritt auf sie zu, blieb aber abrupt wieder stehen. Hinter ihr war Gryffindor aus dem Türrahmen getreten.
"Maximilian. Komm herein. Ihr anderen geht augenblicklich zum Mittagessen." In seiner Stimme lag die Gewissheit, dass keiner ihm widersprechen würde und auch, wenn Paige versucht war, es zu tun, verbeugte sie sich nur leicht, wie die anderen es auch taten und ging mit Alicia und Ted Richtung großen Saal.
"Hast du gesehen?", fragte Ted, als sie um die Ecke gegangen waren.
"Was war denn?", erwiderte Paige.
"Godric Gryffindor war nicht der einzige im Raum, der mit Maximilian sprechen wollte." Sein Gesichtsausdruck verriet Paige, dass es nicht gerade eine gute Nachricht war.

Maximilian

Als sich die Tür hinter ihm schloss, drehte sich Maximilian fast der Magen um. Solange die Fluchtmöglichkeit noch da war, hatte er kein Problem gehabt mit Slytherin in einem Raum zu sein, aber jetzt kam er sich vor, als sei er der Schlange zum Fraß vorgeworfen worden.
"Maximilian. Du wirst als mein Primus mir in einer Entscheidung helfen." Hatte Gryffindor das wirklich gesagt? Für den Schüler schienen die Lehrer oftmals unerreichbar, aber jetzt stand sein Lehrer, einer der Gründer von Hogwarts, der Leiter seines Hauses vor ihm und wollte seinen Rat.
"Mach dir nichts vor, Junge. Jeder der Gründer wird seinen Primus wählen lassen." In Maximilian breitete sich ein eiskaltes Gefühl aus; Unbehagen, ein Hauch von Angst.
"Slytherin", zischte Gryffindor und wandte sich energisch dem anderen Gründer zu. "Keine Legilimentik bei meinen Schülern."
"Ich musst nicht einmal Legilimentik anwenden. Der Junge ist wie ein offenes Buch zu lesen. Er ist fast schon ein seelischer Heuler."
Gryffindor ballte seine Hände zu Fäusten und entspannte sie wieder. Er drehte sich zu Maximilian um und versuchte zu lächeln, was allerdings nur halb gelang und eher so aussah, als würde er die Zähne fletschen.
"Jedenfalls hat unser Slytherin hier", er wies mit dem Finger zur Seite ohne seinen Primus aus den Augen zu verlieren. "Er meinte nach mehreren Jahren der Überlegung schließlich, dass es doch ratsam wäre, wenn einige Schüler mehr von seinem ach so großartigen Wissen lernen könnten. Jeweils der Primus der anderen Gründer und zwei weitere Schüler, die der Primus erwählt."
"Nimm Schüler, die wenigstens einen Hauch Ahnung von Tränken und Duellieren haben. Ich werde nicht bei Null beginnen und meine Schüler langweilen, nur weil ein paar Idioten nicht den Unterschied zwischen hinzugeben und unterrühren kennen."
"Nimm einfach die Schüler, für die du dich entscheidest. Slytherin wird sie ausbilden", meinte Gryffindor mit erhobener Stimme. "Und nun geh in den Saal. Das Mittagessen wird bald beginnen."
 

Albin

VIP
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Kapitel 4 - Freunde?

William

Es war das erste Mal, dass William den großen Saal so leer sah. Slytherin hatte den Unterricht kurz vor dem Glockenschlag beendet, was für verwirrte Blicke unter seinen Schützlingen gesorgt hatte.
Gregory, Charles, Oliver, Elizabeth und John waren ihm alle mit fadenscheinigen Ausreden ausgewichen, so dass er jetzt alleine an dem grün geschmückten Tisch saß. Kein anderer Schüler oder Lehrer war im Saal und auch das Essen stand noch nicht auf den Tischen. Bisher hatte er sich nie gefragt, wo es herkam, da es bereit stand, wenn er kam, aber in diesem Moment dachte er darüber nach. Vielleicht beschworen es die Lehrer oder einer der Gründer.
Doch er hatte keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen, denn im nächsten Augenblick öffnete sich die Tür zur Eingangshalle und fünf Schüler traten ein, die mit ernsten Gesichtern auf seinen Tisch zu liefen.
"Hey, Will", murmelte Gregory und setzte sich neben ihn. Er ließ auffallend viel Platz zwischen sich und William.
"Lasst uns reden, bevor die anderen Schüler oder gar die Lehrer kommen", meinte Charles noch bevor er sich hingesetzt hatte. Etwas weiter hinter ihm kam Elizabeth mit einem Gesichtsausdruck, als wäre jemand gestorben. Als sie jedoch William und seinen forschenden Blick in ihre Richtung entdeckte, zwang sie sich zu einem Lächeln.
"Du wolltest wissen, wer Setesh ist", flüsterte Charles.
William nickte und wartete, dass der Primus fortfuhr, welcher sich erst mit einem Blick in alle Richtungen versicherte, dass niemand ihnen zuhörte.
"Setesh ist die Schlange unseres Meisters. Sie ist Spion, Diener, Helfer, alles, was Meister Slytherin braucht."
"Du meinst, er ist ein Parselmund?" William hatte schon von einer gewissen Zuneigung Slytherins gegenüber Schlangen gehört, aber das waren alles nur Gerüchte, die aufgrund des Wappentieres kursierten. Er fragte sich, ob es nicht vielleicht genau umgekehrt war.
"Das ist nicht das Problem", bemerkte Oliver und lenkte Williams Aufmerksamkeit von Charles weg. "Das Problem ist, dass du auch ein Parselmund bist, wenn du das Gespräch belauschen konntest."
"Du musst wissen", fiel Gregory ihm ins Wort, "dass Meister Slytherin Setesh die wichtigsten Aufträge erteilt. Sicher würde ihm das Gefühl missfallen, ein Schüler könnte diese Pläne mithören."
"Er würde dich wegschicken", sagte Charles verschwörerisch leise. "Ihm gefällt es, wenn wir uns anstrengen und ihm nacheifern, aber Meister Slytherin war dank seiner Fähigkeiten immer etwas Besonderes und diese Position wird er sich nicht von einem Schüler streitig machen."
"Das heißt ...", fing William an, wurde aber von Oliver unterbrochen.
"Das heißt, dass wir dir raten, es zu verheimlichen. Hör weg, wenn Meister Slytherin mit Setesh redet."
"Aber er wird es wissen. Wie sollte ich Meister Slytherin anlügen können?"
"Du kannst ihn nicht anlügen, aber du kannst ihm etwas verschweigen." Charles beugte sich weit nach vorne. "Er wird Lügen erkennen, aber wenn er nicht von selbst auf die Idee kommt, du beherrschst Parsel und du es ihm nicht sagst, dann wird er es niemals herausfinden."
"Ich verstehe." Er ließ es sich noch einmal durch den Kopf gehen. William wollte schon immer etwas Besonderes sein, aber die Ausbildung durch einen so begnadeten Zauberer wie Salazar Slytherin war mehr wert als mit Schlangen zu sprechen. Er müsste nur für einige Jahre so tun, als gebe es diese Fertigkeit gar nicht und dann, wenn er seinen Abschluss hätte, könnte er immer noch mit den Tieren kommunizieren, ohne Konsequenzen zu fürchten. Es klang mehr als vernünftig.
"Was sagst du?"
"Ich werde es vor ihm verheimlichen", sagte er langsam mit Blick auf die große Tür, die zur Eingangshalle führte. Von dort näherte sich langsam Fußgetrappel und er wollte dieses Thema vom Tisch haben, bevor die Schüler der anderen Gründer hier auftauchten.

Paige

"Und was glaubst du will er von ihm?", fragte Alicia den Jungen neben ihr, als sie auf die Tür zum großen Saal zu schritt.
"Ich kann nur das sagen, was ich bereits zweimal gesagt habe: Ich weiß nicht, was Slyhterin und Meister Gryffindor von Max wollen." Er klang fast schon genervt, auch wenn er immer noch dasselbe Lächeln auf den Lippen hatte, das er gezeigt hatte, als Paige zu ihnen hinzu gestoßen war.
"Ich geh mal zum Tisch von Gryffindor."
"Und ich muss zum Ravenclawtisch." Alicia sah ihre Freundin noch einmal an und nahm sie in den Arm. "Keine Sorge. Wahrscheinlich geht es nur um irgendwas Unwichtiges."
"Bis nachher", murmelte Paige geistesabwesend und schlenderte zum spärlich besetzten Hufflepufftisch.
Kaum hatte sie sich hingesetzt, ertönten aus der Nähe ungefähr zwanzig Plopp-Geräusch, als die Hauselfen mit schwebenden Schüsseln, Töpfen und Schalen, Krügen und Kesseln aus dem Nichts auftauchten und auf den Tischen verteilten. Eine Schülerin aus dem Hause Hufflepuff fragte eine der komischen Kreaturen nach Butterbier oder etwas Selbstgebranntem. Mit einem Plopp war das Geschöpf verschwunden, um Sekunden später mit weiterem Lärm wieder aufzutauchen. Zehn oder gar ein Dutzend große Krüge voll Butterbier vor sich schwebend wackelte der Hauself auf die Schülerin zu, ließ die Krüge überall auf dem Hufflepufftisch landen und fiel auf die Knie.
"Große Meisterin der Magie, bitte habt Mitleid mit Stubbs. Der Meister von Stubbs, der große Lehrmeister und Gründer von Hogwarts Godric Gryffindor hat uns Hauselfen verboten die Schüler mit den starken Gebräuen zu versorgen. Lasst Gnade walten, Herrscherin der Magie."
Paige sah missmutig zu, wie die kleine Kreatur mit herabhängenden Ohren auf den Knien vor der Schülerin rumrutschte und sie um Vergebung anflehte. Wenn sie überlegte, dass die Hälfte der anwesenden Hufflepuffschüler nicht einmal selbst den Schwebezauber beherrschte, aber nur aufgrund ihres angeborenen Rechtes einen Hauselfen herumscheuchen konnte, der in der Lage war, ohne Probleme zehn Krüge Butterbier koordiniert landen zu lassen, wurde ihr schlecht.
Heimlich zog sie unter dem Tisch ihren Zauberstab und konzentrierte sich auf den Butterbierkrug vor der Schülerin. Langsam schwebte er empor, kippte leicht und im nächsten Augenblick, war sie, unter lautem Lachen ihrer Mitschüler von oben bis unten mit Butterbier zugeschüttet.
Stubbs hob seinen Kopf und Paige dachte kurz ein Zwinkern zu erahnen, bevor er sich tief verbeugte und mit einem lauten Plopp wieder verschwunden war.

Am Slytherintisch waren nur zwei Hauselfen dabei, das Essen der sechs Schüler auf dem Tisch zu verteilen. Während die Hauselfen der anderen drei Gründer sich die Arbeit an den drei Haustischen aufteilten und mal hier mal dort aushalfen, waren die beiden Hauselfen in Slytherins Diensten stets nur um das Wohl der Slytherinschüler besorgt. Der größere der beiden sah mit einem grimmigen Grinsen im Gesicht zu den anderen Tischen und verschwand, bevor er kurz darauf mit sechs großen Krügen wieder auftauchte.
Egal, was die anderen haben, dachte Paige, Slytherins Schüler müssen es immer mindestens genauso gut haben. Kopfschüttelnd griff sie nach dem Krug in ihrer Nähe und goss ihren Becher mit Butterbier voll. Eine wohltuende Wärme breitete sich in ihr aus, als sie den Becher an die Lippen setzte und den ersten Schluck daraus trank.

Maximilian

Auf dem Weg zum großen Saal dachte Maximilian darüber nach, wem er anbieten sollte, mit bei Slytherin Unterricht zu nehmen. Theodore wäre seine erste Wahl gewesen, aber er war in Duellen kaum zu unterbieten. Doch vielleicht wollte Gryffindor, dass er seinen Freund fragt. Schließlich war Gryffindor klug genug, um zu wissen, dass ein Schüler in so einer Situation zuerst an seine Freunde denken würde.
Wen er allerdings noch fragen sollte, war ihm bisher ein Rätsel. Juliette war eine begnadete Duellantin und in Zaubertränke nicht schlecht, aber sie schien nicht gerade erpicht auf eine Begegnung mit Slytherin. Jedes Mal, wenn er bei den Mahlzeiten den Raum betrat, zuckte sie zusammen, als hätte er ihr Herz mit einem Eiszapfen durchbohrt.
Jonathan war in beiden Disziplinen überdurchschnittlich gut, aber dennoch war er weder in der einen noch in der anderen ein Genie.
Richard stände auch zur Auswahl. Das einzige Problem bei Richard war, dass er weder in Zaubertränke noch im Duellieren auch nur annähernd gut war. Seine einzige Stärke lag in der Fähigkeit das zu verbergen. Mit den richtigen Kommentaren an den richtigen Stellen und seiner undurchschaubaren Mimik war er schon mancher Strafarbeit der Lehrer entwichen. Die Frage war nur, ob er damit auch bei Salazar Slytherin Erfolg hätte.
Unter Gryffindors Schützlingen gingen Gerüchte herum, er könnte Gedanken lesen und, auch wenn Maximilian einer der ersten war, der die Gerüchte zu unterbinden versuchte, um den Neuen den Mut nicht zu nehmen, war er sich nicht sicher, ob es vielleicht doch stimmte.

Als Maximilian die große Halle betrat, stand bereits das Essen auf den Tischen und auch die meisten Schüler hatten sich schon auf ihre Plätze gesetzt. Er steuerte instinktiv das Ende des Gryffindortisches an und ließ sich erschöpft auf den Stuhl sinken.
"Und? Was war jetzt los?" Die Stimme von Theodore schien die Entscheidung nur noch schwerer zu machen, aber zum Glück konnte er sich noch einige Sekunden Zeit zum Überlegen lassen, denn kaum war sein Freund verstummt, schwang die Türe auf und Salazar Slytherin stolzierte in den Raum.

William

Den Großteil des Abendessens versuchte William einen seiner Mitschüler in ein oberflächliches Gespräch zu verwickeln, aber jedes Mal wichen ihm die anderen mit knappen Antworten und schnellen Themenwechseln aus. Der Unterricht bei Slytherin, der dem Mittagessen gefolgt war, war zwar kräfteraubend, aber auch sehr lehrreich gewesen. Er hatte sich dazu entschieden den gesamten Tag nur die Kunst der Alchemie zu lehren, was William zu gute kam. Vor dem Duellieren hatte er noch großen Respekt, aber er malte sich seine Chancen besser aus, wenn er erst Slytherin vollständig von seinem Geschick als Zaubertrankbrauer beweisen konnte.
Elizabeth, die ihm gegenüber saß, goss sich gerade aus ihrem Krug Butterbier nach, als Charles sein Besteck auf den Teller fallen ließ und seinen Stuhl nach hinten rückte.
"Ich werde in die Kerker gehen. Es war zwar nett gemeint von den Hauselfen, uns Butterbier zu besorgen, aber mich macht das immer schläfrig." Er stand auf und ging, dicht gefolgt von John und Oliver auf die Tür zur Eingangshalle zu.
"Ich mache mich auch auf den Weg. Kommst du mit, Will?", fragte Gregory und erhob sich.
"Ja, ich ..." Gerade als William aufstehen wollte, traf ihn etwas Hartes am Schienbein und er sackte wieder zusammen. "Nein, ich ... ich bleib noch und esse etwas Nachtisch."
"Ich auch. Bis nachher, Greg", warf Elizabeth ein und schaute Gregory hinterher, bis er durch die Tür verschwunden war.
"Was sollte das denn?"
"Ich wollte, dass du bleibst. Isst du wirklich noch Nachtisch oder bist du fertig?" Sie stemmte die Hände auf den Tisch, bereit aufzustehen, mit einem lächelnden Gesichtsausdruck in seine Richtung.
"Nein, das war eine Ausrede, die ich mir einfallen lassen musste, weil du nach mir getreten hast." Wütend rieb er sich das Schienbein. "Du hättest nicht so fest treten müssen."
"Tut mir Leid, aber ich wollte, dass die anderen gehen", murmelte sie und schenkte ihm erneut ihr breites Lächeln. "Lass uns eine Runde durch das Schlossgelände drehen, bevor wir in die Kerker verschwinden."
Irgendetwas an der Situation gefiel ihm nicht, aber da er sich nicht sicher war, was es war und er gegen einen kleinen Verdauungsspaziergang nichts einzuwenden hatte, zuckte er nur mit den Schultern.

Hinaus zu gehen war leichter, als er es sich vorgestellt hatte. Kein Schüler und auch kein Lehrer beachtete die beiden, als sie sich durch die Eingangshalle zum Eichenportal stahlen. Das Tor quietschte leicht, als William es aufzog und hinter ihnen beiden wieder anlehnte. Irgendwie missfiel ihm der Gedanke sich komplett auszuschließen.
"Weißt du, du bist ziemlich gut im Unterricht, dafür, dass du schon so alt bist und keine Schulbildung von Meister Slytherin erhalten hast." Er spürte, dass seine Ohren und Wangen sich unnatürlich heiß in der kalten Abendluft anfühlten. "Warst du nachts schon mal am See?", fragte sie, so leise, dass er den Abstand zwischen ihnen etwas verringern musste, um sie vollständig zu verstehen.
"Ich bin erst seit gestern Nachmittag hier und gestern Nacht war ich im Aufenthaltsraum und da war ich dann also nicht am See." Warum zum Teufel redete er so viel? Ein einfaches 'Nein, ich bin erst seit gestern hier.' hätte doch gereicht.
Als sie hinter der Mauer des Schlosses hervortraten, kam eine Art glitzernde Ebene in Sicht. Abertausende von Sternen funkelten im Wasser des Sees und strahlten ihnen entgegen. William hob den Kopf, um zu sich die realen Sterne anzusehen, die sich im See spiegelten, aber eine dicke Wolkendecke verdeckte die Sicht auf den Sternenhimmel.
"Er ist verzaubert. Ravenclaw hat den See verzaubert", flüsterte Elizabeth neben ihm seufzte theatralisch. "Ist es nicht wunderschön?"
"Ja, aber sind wir hier, damit du mir das zeigen kannst?"
"Nein. Ich wollte mit dir alleine sein, weil ich dir etwas Wichtiges sagen muss."
Er sah sie an, aber Elizabeth hatte den Kopf weiterhin dem See zugewandt, sodass er nur ihr Profil erkennen konnte. Mit einem Mal, ließ sie sich zurückfallen und streckte sich auf dem Grün der Wiese aus.
"Komm her. Dann sag ich dir, warum wir hier sind", sagte sie und zwinkerte ihm zu.
William ging langsam in die Hocke und setzte sich im Schneidersitz auf das feuchte Gras.
"Es geht um das, was die anderen dir heute Nachmittag gesagt haben. Du weißt schon; Beim Mittagessen."
Es ging also um die Tatsache, dass er ein Parselmund ist.
"Weißt du, es fällt mir schwer das zu sagen, aber ich denke, du solltest Slytherin davon in Kenntnis setzen, was du kannst."
"Warum?"
"Er wird es so oder so herausfinden. Irgendwann weiß er es und wenn er merkt, dass du es wusstest und es ihm nicht gesagt hast, kannst du mehr verlieren, als deine Ausbildung bei ihm."
"Nein, warum sagst du mir das?"
"Ich denke, dass dir jemand die Wahrheit sagen sollte. Ich denke", sie drehte das Gesicht zu ihm um und sah ihm tief in die Augen. "Ich denke, jemand sollte da sein, auf den du dich verlassen kannst."
"Warum haben mir die anderen gesagt, ich soll es nicht erzählen?"
"Weil Slytherin jemanden wie dich sucht! Er sucht seit Jahren einen Schüler, der so begabt im Umgang mit Elixieren ist, wie du es bist und die Tatsache, dass kaum einer außer ihm die Sprache der Schlangen beherrscht, hatte ihn zwar zu etwas Besonderem gemacht, aber auch zu einem Außenseiter, zu einem Einzelgänger. Er sucht jemanden, der ihm ähnelt, jemanden wie dich."
"Woher willst du das alles wissen?"
"Das ist unwichtig", ihr Blick schweifte wieder zum See. "Weißt du, die anderen haben dir eben das verschwiegen, weil sie dann nutzlos werden. Meister Slytherin sucht jemanden wie dich und wenn er ihn hat, dann werden alle anderen Schüler nur noch die zweite Geige spielen."
"Aber warum sagst du es mir dann? Macht es dir nichts aus, wenn er dich nicht mehr beachten würde und mich höher stellt?"
"Ich denke kaum, dass er mich komplett ignorieren könnte, denn keiner von euch, auch nicht du, kommt an meine Duellierkünste ran."

Maximilian

"Und wann ..."
"Wenn du jetzt wieder fragst", unterbrach Maximilian seinen Freund, "wann Slytherin beginnen wird, uns auszubilden, dann ..."
"Entschuldige, Primus." Neben dem Ohrensessel auf dem Maximilian saß, stand Juliette. Ihre braunen Locken verdeckten ihre Wangen und Teile ihres Gesichts.
"Max", sagte Maximilian und ließ den Zauberstab sinken, den er, zur Untermalung der Drohung gegenüber Theodore herausgeholt hatte. "Nenn mich Max."
"Okay." Ein Lächeln huschte über ihre Lippen, erstarb aber sofort wieder. "Ich werde nicht am Unterricht Slytherins teilnehmen können."
"Aber du kannst doch nicht ...", begann Theodore vom Sofa aus, verstummte allerdings, als Maximilian die Hand hob.
"Setz dich, Juliette. Und sag mir warum du nicht von ihm lernen willst."
Ihr Blick wanderte von Maximilian zum Sofa, wo Theodore saß. Er rückte einige Zentimeter weiter, um ihr Platz zu machen und mit einem schnellen Nicken bedankte sie sich, setzte sich auf das Polster und seufzte resigniert.
"Es ist seine Art. Seine Art, wie er spricht oder einen ansieht. Es ist als würde er einem in die Seele schauen und das, was er vorfindet von tiefstem Herzen verachten." Sie senkte den Blick und spielte mit den Fingern am Saum ihrer Robe herum.
"Er will uns nur einschüchtern. Weißt du noch, was Meister Gryffindor sagte?"
Theodore rutschte weiter nach vorne, um jedes Wort zu verstehen und auch zwei jüngere Schüler hatten ihr Gespräch eingestellt und waren näher gerückt.
"Er hat gesagt", fing Maximilian an und schloss die Augenlider, "dass die Schüler Gryffindors auf ihren Primus hören sollen. Und ich als sein Primus sage jetzt, dass die, die nichts mit dem Gespräch zu tun haben diesen Raum verlassen."
Er zählte innerlich bis fünf. Er hörte Fußgetrappel und wie Türen geschlossen wurden. Als er seine Augen wieder öffnete, sah er gerade noch, wie der Saum eines Umhangs um die Ecke wehte.
"Soll ich auch gehen?", fragte Theodore.
"Mach dich nicht lächerlich, Ted. Dich geht es genauso an. Wir drei sollten uns auf einander verlassen und einander vertrauen können."
"Also", sagte Juliette und blickte vom Saum ihrer Robe zu Maximilian. "Was hat Meister Gryffindor gesagt?"
"Er sagte, dass Mut nichts damit zu tun hat, keine Schwächen und Ängste zu haben. Mut heißt sich eben diesen Ängsten zu stellen. Mut, sagte er, ist das wichtigste, was ein Zauberer oder eine Hexe in ihrer Ausbildung entwickeln kann. Wer mutig seinen Ängsten entgegentritt, nimmt ihr den größten Vorteil, den sie hat."
"Das heißt meine Angst macht mich schwach." Sie klang nicht mehr wie die Juliette, die Theodore in der letzten Duellierstunde vernichtend geschlagen hatte.
"Nein. Deine Angst macht dich weder stark noch schwach. Deine Entscheidung, vor dieser Angst wegzulaufen oder dich ihr zu stellen, entscheidet über deine Stärke." Er sah sie an. In ihre Gesichtszügen lag Furcht. Nicht die Furcht vor Slytherin selbst, eher die Furcht zu versagen. "Es ist deine Entscheidung, die dich mutig werden lässt und die dich stark werden lässt. Und diese Entscheidung liegt nur bei dir."
Er stand auf und streckte seine Glieder. Als er den Kopf nach hinten streckte, knackte es laut in seinem Nacken.
"Überleg dir, wie du dich entscheiden willst und sag es mir morgen. Setz dich beim Frühstück zu uns." Mit diesen Worten ging er auf die Tür zu, die den Aufenthaltsraum mit dem Korridor zu den Quartieren verband. Es waren zwei Dutzend Wendeltreppen, die alle in den gleichen Turm führten. Durch die Magie, die den Mauern innewohnte, überlagerten sich die Räume.
Seine Gedanken rasten um die Tatsache, wie machtvoll die Gründer sein mussten, um ein solches Gebäude zu errichten, wie machtvoll jeder einzelne der Gründer war.

Paige

Die Nachtluft war angenehm kühl und der Duft des nahe gelegenen Waldes erfüllte Paiges Zimmer. Mit den Ellbogen auf dem Fensterbrett, sah sie in die Dunkelheit hinaus.
Im Aufenthaltsraum hatte der Primus von Hufflepuff sie gerade eben angesprochen. Sie, der Primus und ein anderer Schüler würden bald bei Slytherin unterrichtet. Der Gedanke gefiel ihr nicht, aber es war vielleicht ihre Chance wieder mehr dazu zu lernen. Es war schwer sich vorzustellen, in den Kerkern sich mit dem undurchschaubaren Einzelgänger unter den Gründern zu duellieren, während die anderen Schützlinge Hufflepuffs versuchten aus einer Eisenkugel eine Holzkugel zu machen.
Eine Eule flog an ihrem Fenster vorbei und steuerte auf den Wald zu. Ihre dunklen Umrisse waren nach wenigen Sekunden nicht mehr von der allgemeinen Dunkelheit zu unterscheiden.
Paige ging zu ihrem Nachttisch und kramte den Zauberstab hervor. Sie hatte sich entschieden, mit offenem Fenster zu schlafen, aber wollte keinen Besuch von Fledermäusen oder Eulen erhalten.
"Fenetra Protega", murmelte sie und sah mit zufriedener Miene einen blauen Schild um das Fenster aufleuchten. Wenn sie es richtig gemacht hatte, würde trotzdem noch frische Luft und der Duft der Tannen herein wehen.
Als sie sich wieder umdrehte, um sich auf ihr Bett zu legen, fiel ihr Blick auf die Rolle mit den Zaubersprüchen. Sie griff danach und ließ ihre Finger über die ordentlich geschriebenen Zeilen gleiten.
'Verkettungszauber samt Gegenzauber', formten ihre Lippen lautlos. Es war inzwischen einer ihrer Lieblingszauber geworden und er gelang ihr immer öfter. Der nächste auf der Liste war als 'Kommunikationszauber' gekennzeichnet, doch sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie ihn alleine benutzen könnte, ohne jemanden, mit dem sie kommunizieren könnte.
"Auf Wasser anwenden - Parlatio", las sie leise vor und blickte erneut zum Nachttisch. Ein Glas Wasser stand dort noch, halb voll und abgestanden.
Ohne zu wissen, was passieren würde, richtete Paige den Zauberstab auf das Glas und murmelte: "Parlatio."
Aus dem Inneren des Wassers stieg eine Luftblase nach oben. Paige hielt den Atem an, als sie die Oberfläche erreichte, aber es passierte nichts. Mit den Gedanken an einen weiteren komplizierten Zauber, den sie erforschen und perfektionieren konnte, legte sie sich auf ihr Bett und merkte, wie die Müdigkeit sie überkam.

Kapitel 5 - Schicksal, Zufall und dunkle Machenschaften

William

"Und? Wirst du es ihm sagen?" Ihr Blick huschte kurz zu ihm hinüber, fixierte danach aber sofort wieder den See.
"Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, ob ich dir oder den anderen trauen kann. Ich weiß nicht, ob mich Gregory, Oliver, Charles und John anlügen." Er spürte ihre warme, sanfte Hand auf seiner.
"Vertrau mir", flüsterte sie. Sie hatte das Gesicht wieder in seine Richtung gewandt und sah ihn unschuldig an.
"Lass uns ..." William zog seine Hand weg. "Lass uns wieder zurück gehen." Er stand auf und ging zwei Schritte in Richtung Schloss, wartete bis Elizabeth ihre Robe glatt gestrichen hatte und ging dann mit ihr gemeinsam zur Schlossmauer.
Kurz bevor er da war, hörte er hinter sich ein Flüstern. Er drehte sich um und blickte Elizabeth an. Sie hielt den Kopf gesenkt und wäre fast mit ihm zusammengestoßen. Verwirrt blickte sie auf.
"Was ist los?", fragte sie.
"Hast du ... Hast du gerade etwas gesagt?"
"Ich hab dich gefragt, was los ist."
"Nein, ich meine davor. Als du noch etwas hinter mir warst. Hast du da leise etwas gesagt?" Er sah ihr in die Augen und merkte, dass sie leicht irritiert wirkte, als hätte sie gerade gemerkt, dass er langsam durchdreht.
William blickte noch einmal zu der Ecke, wo er das Flüstern gehört hatte und hastete darauf zu.
"Warte auf mich!", rief Elizabeth. "Du meinst doch nicht, dass da ..." Mit einer flinken Handbewegung hatte sie ihren Zauberstab herausgeholt und einen Augenblick später erleuchtete das weiße Licht an der Spitze desselbigen die gesamte Umgebung. Das feuchte Gras, kleine Büsche, Kies und die Steine der Mauer. Keine Spur eines Zauberers oder einer Hexe, die ihnen nachspioniert haben könnte.
"Bist du dir sicher, dass du was gehört hast?"
"Ja, natürlich."
Eine Stimme aus einer kleinen Ansammlung von Büschen erregte Williams Aufmerksamkeit. Sie war so leise, dass sie nur als kaum wahrnehmbares Zischeln im Wind unterging.
"Hier drüben", rief er Elizabeth zu, die sofort zu ihm eilte. Eine Hand mit dem Zauberstab auf seiner Schulter, die andere an seiner Taille, klammerte sie sich an ihm fest.
"Und was ist, wenn es ein mächtiger Zauberer ist, der uns etwas Böses will?"
"Der Busch ist nicht mal einen Meter hoch. Welcher mächtige Zauberer würde durch einen Busch krabbeln um zwei unausgebildete Schüler anzugreifen?"
Er befreite sich von ihr und ging vorsichtig auf den Busch zu. Wieder hörte er das Flüstern, fast schon ein Röcheln. Mit beiden Händen versuchte er die Zweige auseinander zu zerren. Ein Dorn nach dem anderen bohrte sich durch seine Haut und hinterließ eine blutende Wunde.
"Was ist da jetzt los?"
"Das wirst du nicht glauben", sagte William, als er seine Hände aus dem Busch zog und sich zu Elizabeth umdrehte.
"Oh Gott. Wir müssen sofort zu Professor Whistle!"
"Was ist mit Meister Slytherin?"
"Den würden wir nicht schnell genug finden. Komm schon!" Mit einem letzten Blick auf das, was er in den Händen hielt, rannte sie voraus zum Eichenportal.

Maximilian

Als Maximilian sich am nächsten Tag auf den Weg zum großen Saal machte, um zu frühstücken, war ihm nur halbwegs bewusst, dass es der wöchentliche freie Tag war.
Nach der Eröffnungszeremonie blickte er sich um und war überrascht, den Saal so leer zu erleben. Am Tisch der Slytherinschützlinge saßen nur vier Schüler und eine beachtliche Menge der Ravenclawschüler fehlten.
Auch Slytherin und Ravenclaw selbst waren nicht anwesend. Theodore schien nichts davon aufgefallen zu sein. Er nahm sich gerade ein Brötchen und etwas Schmalz, bevor er, laut schmatzend, anfing zu sprechen.
"Isch find ja, gansch ehrlisch", er schluckte einen großen Bissen herunter, "dass du sie heute fragen solltest und wir dann heute Abend was zusammen unternehmen."
"Wen fragen?" Seine Gedanken waren noch immer bei Ravenclaw und Slytherin.
"Na Paige, die Freundin von Alicia."
"Und wo willst du hin? Ins leere Klassenzimmer im vierten Korridor?"
"Oh ja, klasse Idee", meinte Theodore verächtlich. "Oder warum gehen wir nicht gleich in die Kerker und pfeifen uns ein paar Flaschen bester Zaubertrankzutaten rein?"
Maximilian schüttelte lächelnd den Kopf. Die Hauselfen hatten heute ein heißes Getränk gebracht, das man erhält, indem man heißes Wasser über geröstete und gemahlene Bohnen eines Busches gießt. Der erste Schluck davon war bitter, aber machte ihn auch wieder munter.
"An dieses Zeug könnte ich mich gewöhnen", meinte er und deutete auf den Becher mit der schwarzen Brühe.
"Jedenfalls", warf Theodore ein, "dachte ich, wir könnten gemeinsam mit den beiden Mädels runter ins Dorf. Da gibt es ein gemütliches Gasthaus, wo sie den besten Selbstgebrannten in der Region verkaufen."
"Und die beiden kommen mit?" Maximilians Blick war zum Hufflepufftisch gewandert, wo Paige mit dem Rücken zu ihnen saß und an ihrem Omelett kaute.
"Du musst Paige fragen. Alicia geht dann auf jeden Fall mit und wenn Alicia geht, dann geh..."
"Ja, ist schon gut. Ich muss sie fragen. Schon kapiert." Er seufzte resigniert. "Ich hoffe nur, dass mir diesmal kein Salazar Slytherin dazwischen funkt."
"Am besten du machst es direkt nach dem Frühstück."
"Ja ... wahrscheinlich das Beste."

Paige

Paiges Eingeweide waren wie verknotet, als sie den letzten Bissen ihres Omeletts auf die Gabel häufte und zum Mund führte. Zuerst hatte sie noch belustigt gedacht, dass einfach eine Menge von Schülern zu spät zum Frühstück erscheinen würde, aber als schließlich die Lehrer und zwei der Gründer eintraten, die sich verhielten, als wäre nichts Ungewöhnliches im Gange, wurde ihr mulmig zumute.
Zwei Slytherins, der Neue und das hochnäsige Reinblut Elizabeth waren nicht anwesend. Alicia und alle anderen Ravenclawschüler, die länger als ein Jahr bei Ravenclaw unterrichtet wurden, waren auch nicht da. Irgendwas war im Busch, aber Paige konnte nicht sagen was.
Doch das, was sie am meisten verwirrte, war die Abwesenheit von Slytherin und Ravenclaw.
Verärgert ließ sie ihr Messer und ihre Gabel fallen und stand auf. Der Weg zwischen den Tischen war fast noch schlimmer, als es normalerweise war. Im Normalfall war es ihr unangenehm, zwischen den beobachtenden Fratzen hindurch zu gehen, aber diesmal waren es keine beobachtenden Fratzen, sondern offen starrende Schüler. Jede Bewegung schien von der Masse aufgenommen zu werden.
Am Rande ihres Gesichtsfeldes sah sie noch, wie sogar zwei Gestalten aufstanden und sich mit eiligem Schritt in Richtung Eingangshalle machten, als sie gerade durch die Tür trat. Die Eingangshalle war leer und das Eichenportal stand offen, durch das der Duft von frischem Sommerregen herein wehte.
"Paige!" Es war eine Jungenstimme, die ihr von irgendwoher bekannt vorkam. Überrascht drehte sie sich um.
"Paige, ich wollte mit dir ... ich wollte dich was fragen", sagte Maximilian etwas außer Atem. Ihr Herz tat einen entzückten Hüpfer, aber andere Probleme lenkten sie ab. Was war mit Alicia?
"Oh .. Hallo Max."
"Hör mal, heute ist doch unser freier Tag und ich wollte dich fragen, ob du schon was vorhast." Er schenkte ihr ein breites Lächeln. Bei dem Anblick begannen ihre Handflächen zu schwitzen und ihre Kehle trocknete vollkommen aus. Sie vergaß fast Alicia und die fehlenden Gründer. Maximilian, Primus von Gryffindor hatte sie um ein Treffen gebeten?
"Natürlich ... ich meine: Nein, ich ... ich habe noch ... noch nichts ...", stotterte sie. Sie zwang sich, sich am Riemen zu reißen. "Nein, ich habe noch nichts vor."
"Ich dachte wir könnten zusammen ins Gasthaus im Dorf unten gehen. Hogsmeade, glaub ich."
"Das ..., gerne! Sollen wir uns treffen und gemeinsam runterlaufen?" Sie merkte, wie sich trotz der offenen Portaltüren ihre Ohren erhitzten.
"Heute Abend nach dem Abendessen treffen wir uns hier. Ted und Alicia gehen auch mit, wenn du kein Problem damit hast", fügte er schnell hinzu und setzte wieder sein breites Grinsen auf.
"Nein, natürlich nicht." Und wieder dachte sie an Alicia. "Max?"
"Ja?" Er schaute etwas verwirrt drein. Er hatte gedacht, sie würde sich jetzt von ihm verabschieden und gehen.
"Ach, vergiss es, Max. Wir sehen uns heute Abend." Sie versuchte an ihm vorbei zu gehen.
"Warte mal." Eine Gänsehaut breitete sich auf ihrem Arm aus, als er danach griff und sie zu sich zog. "Was wolltest du gerade sagen? Es klang, als wäre es wichtig?"
"Was", fing sie an, unterbrach sich jedoch und schluckte schwer, "Was wollte Slytherin von dir, als du mit ihm und Gryffindor alleine warst?"
"Ach das ... Ich soll bald von Slytherin unterrichtet werden und sollte zwei Schüler aussuchen, die auch dazu geeignet waren."
"Glaubst du, das ist der Grund, warum Alicia heute beim Frühstück nicht da ist? Ravenclaw und Slytherin fehlen auch und unterhalten sich vielleicht mit ihr." Sie senkte den Blick, wollte einfach nicht in die Augen sehen, die ihr sagten, dass es das nicht war. Dass bestimmt irgendetwas Schlimmes passiert war.
"Das könnte sein", begann er leise, "aber ich glaube es nicht." Sie hob den Kopf und suchte seinen Blick, doch er hatte sein Gesicht dem plätschernden Regen zugewandt. Sie hatte nicht gedacht, dass er so ehrlich sein würde und nicht versuchen würde, sie mit Lügen zu trösten.
"Es fehlen einfach zu viele. Es fehlt die Hälfte aller Ravenclawschüler ..."
"Mehr als die Hälfte", warf Paige ein.
"... und es fehlen zwei Schüler Slytherins. Außerdem hätten sie das Gespräch nicht während einer Mahlzeit gehalten, denn es scheint nicht gerade Slytherins Art, diese Sache breit zu treten."
"Aber was ist es dann?"
"Ich weiß es nicht", sagte er und ließ ihren Arm los. "Aber ich würde es gerne wissen."
"Ich auch."

William

Weder den verregneten Sonnenaufgang noch die gedrückte Stimmung im großen Saal bekam William mit. Seit er mit Elizabeth wieder durch das eichene Portal getreten war, hatte er kaum ein Auge zugemacht. Als er auf seine Hände hinabsah, bemerkte er, dass noch immer das Blut von Setesh daran klebte, das Blut der Schlange, die er im Busch gefunden hatte.
Eine klaffende Wunde hatte der Schlange unerträgliche Schmerzen zugefügt, bis Professor Whistle sie behandelte. Aber sie gesund pflegen konnte er nur, wenn er wusste, was sie verletzt hat. William hatte es herausgefunden, aber er fragte sich, welchen Preis er dafür noch zahlen müsste.
Ein Stöhnen kam von dem Sofa neben ihm, wo Elizabeth sich wie eine Katze unter der Decke zusammengerollt hatte. Am liebsten hätte er sie geweckt und mit ihr über die Ereignisse gesprochen, aber er wusste, dass sie den Schlaf brauchte, so wie er ihn brauchte. Doch der Schlaf kam nicht.
Kurz nachdem Professor Whistle sich der Schlange angenommen hatte, war auch Slytherin erschienen, doch außer einem verwirrten Blick für William und einem wütenden für Elizabeth blieb keine Zeit. Sekunden danach kam Ravenclaw hereingestürmt und schickte die beiden in einen leeren Schlafsaal. Er schien zu keinem der Gründer explizit zu gehören, denn kein Wappentier und keine der vier Hogwartsfarben herrschte hier vor.
Er konnte sich kaum mehr an den Weg zu diesem Raum erinnern, außer dass der Eingang zwischen zwei Wasserspeiern lag und die Wendeltreppe ihn wie von selbst hierher beförderte. Als er sich in dem kleinen Zimmer umsah, stellte er fest, dass es eher eine Art Konferenzzimmer war. Vier große Ohrensessel standen an einem Kamin, in dem ein Feuer prasselte und knisterte. Ein Schrank an der Seitenwand hielt hinter einer Glastür verschiedenste Flaschen alkoholischer Getränke bereit. Auf dem Tisch daneben standen vier breite Gläser.
Ohne genau zu wissen, was er tat, stand er auf und ging auf den Schrank zu. Eine der Flaschen enthielt eine goldene Flüssigkeit und als er sie entkorkt hatte, brannten die Dämpfe in seiner Nase. Vorsichtig füllte er eines der Gläser zur Hälfte und stellte die Flasche wieder weg, bevor er den Inhalt des Glases mit einem Zug leerte.
Es schmeckte nicht nur abscheulich, sondern brannte auch noch in seiner Kehle. Hustend taumelte er zum Sofa zurück und ließ sich darauf fallen. Die Geschehnisse der Nacht entfernten sich von ihm. Sie kamen zu ihm zurück und zogen weiter, bis er schließlich von allen schlechten Gedanken befreit selig einschlief.

Paige

Die Zeit zwischen dem Frühstück und dem Mittagessen schien sich bis ins Unendliche zu dehnen. Da ihr nicht sehr nach Konversation zumute war, hatte sie sich direkt nach der Unterhaltung mit Maximilian in ihr Quartier zurückgezogen. Zweimal hatte jemand an ihre Tür geklopft, doch sie ignorierte es beide Male.
Selbst der Verkettungszauber konnte sie nicht ablenken. Ihre Gedanken schweiften ständig zu den Vorkommnissen ab, die durch Maximilians Worte nicht gerade an Bedeutung zu verlieren schienen.
Der Glockenschlag, der sie aus ihren Gedanken riss, kam schließlich ebenso überraschend wie die Tatsache, dass ihre Hufflepuffmitschüler im Aufenthaltsraum auf sie gewartet hatten. Alle Schützlinge von Hufflepuff standen dort und blickten zu ihr hinüber, als sie aus dem Zimmer trat.
Der Primus von Hufflepuff nickte ihr aufmunternd zu und machte sich dann, gefolgt von den anderen auf den Weg zum großen Saal. Sie sind vielleicht keine großen Zauberer, dachte Paige, aber wahrscheinlich bessere Freunde als ich dachte.
Es war das erste Mal, dass sie sich dem Haus Hufflepuff zugehörig fühlte, als sie sich der Masse anschloss und ebenfalls den Weg zum Saal antrat.

Maximilian

Als Maximilian den Saal betrat, hörte er den Glockenschlag von der Eingangshalle widerhallen. Zu seiner großen Überraschung waren bereits alle Schüler von Ravenclaw an ihrem Tisch versammelt und schwiegen betrübt. Die Hufflepuffs fehlten noch komplett und beim Slytherintisch sah es genauso aus wie beim Frühstück, auch wenn sich die Mienen der übrig gebliebenen deutlich verfinstert hatten.
Doch was er unter gar keinen Umständen erwartet hatte, war Ravenclaw und Slytherin im Saal anzutreffen. Die beiden saßen schweigend nebeneinander und starrten mit grimmigen Zügen aneinander vorbei.
Mit jeder Minute des zornigen Schweigens füllte sich der Saal, bis schließlich mit den letzten Gryffindors auch eine große Meute Hufflepuffs den Saal betrat. Aus den Augenwinkeln bemerkte Maximilian eine Bewegung und sah gerade noch, wie Ravenclaw aufstand und mit ihrem Zauberstab dreimal gegen den Tisch klopfte.
Sofort erschienen alle Speisen und Getränke auf den Tischen, ohne dass auch nur ein Hauself erschien.
"Irgendwie wird es hier von Mahlzeit zu Mahlzeit unheimlicher", murmelte Theodore und schluckte einen Bissen Lammfleisch hinunter.
"Ja, Max. Was glaubst du geht hier vor?" Juliette saß Theodore gegenüber und blickte von ihrem leeren Teller angewidert zu all dem Essen auf dem Tisch. Maximilian konnte gut verstehen, dass sie keinen Appetit hatte.
"Das wurde ich heute schon mal gefragt und wieder kann ich nur sagen, dass ich keine Ahnung habe."
Er sah sich noch einmal in dem Saal um, wo sonst immer reges Getratsche herrschte, war jetzt Totenstille. Zu gern hätte er mit den Ravenclaws ein Wort gewechselt, insbesondere mit Alicia.
"Was ist mit denen los? Sind die schon fertig mit Essen?", fragte Theodore und deutete Richtung Slytherintisch. Die vier Schüler waren aufgestanden und gingen auf die Eingangshalle zu.
"Sie haben das Essen mitgenommen", bemerkte Juliette. "Vielleicht bringen sie etwas zu den anderen beiden."
Die Tür schloss sich gerade wieder. Maximilian drehte sich um und lud sich eine Portion Salzkartoffeln und Gemüse auf.
"Iss, Juliette. Hungern bringt uns ebenso wenig weiter wie wildes Spekulieren."
Sie versuchte zu lächeln, was aber eher traurig aussah.
"Ich habe mich entschieden", meinte sie und sah zum Lehrertisch. "Ich werde mich meiner Angst stellen."
"Die Frage ist, ob Slytherin uns unterrichten wird. Ich weiß nicht, was passiert ist, aber er und seine Schüler wirken alles andere als erfreut."
 

Albin

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Kapitel 6 - Exemplum statuere

William

Irgendetwas berührte sein Gesicht. Als William aufwachte und mit Mühe die schweren Lider öffnete, blickte er in das besorgte Gesicht Elizabeths. Sie hatte sich auf die Kante seines Sofas gesetzt und strich ihm die Haare zur Seite.
"Guten Morgen ... oder eher Guten Nachmittag", meinte sie mit sanfter Stimme und setzte ein gequält wirkendes Lächeln auf.
"Was ... wie ...?" Während er sich fragte, wo er ist, kam langsam die Erinnerung wieder. Sein Kopf pochte bei jeder Bewegung schmerzhaft und seine Augen schienen selbst vom leichten Flackern des Feuers überstrapaziert. Er richtete sich auf und entging so Elizabeths Hand.
"Das Mittagessen ist bereits vorbei, aber einer von Meister Slytherins Hauselfen hat uns Essen und Getränke her gebracht." Sie deutete auf den Tisch, wo neben den vier Gläsern auch ein Krug, Brote, Fleisch und Gemüse standen, doch William hatte keinen Hunger.
"Weißt du mehr? Was war mit Setesh?"
"Ich weiß genauso viel wie du. Setesh war fast tot, du hast sie gefunden und zu Professor Whistle gebracht." Sie sah auf ihre Hände hinunter. "Ich weiß, du wolltest es anfangs nicht, aber es war richtig, dass du es getan hast."
Verwirrt sah William sie an.
"Hättest du nicht mit Setesh gesprochen, hätten wir nie herausgefunden, was passiert ist und Whistle hätte sie nicht retten können." Darauf spielte sie also an.
"Jetzt muss ich zumindest nicht darüber nachdenken, ob ich es Meister Slytherin sagen soll." Sein Schädel schien zu explodieren. Die Schmerzen wanderten pochend von einer Seite zur anderen, von vorne nach hinten.
"Wir sollten ..." Doch weiter kam sie nicht, denn sie sah mit schmerzverzerrtem Gesicht auf ihren linken Unterarm. Auch William durchfuhr ein Schmerz an seinem Arm. Es war eine gelungene Ablenkung für seine Schmerzen im Kopf.
"Was zur Hölle ...?"
"Meister Slytherin ruft uns zusammen für ein Treffen. Wir sollten uns beeilen und in die Kerker kommen." Sie blickte auf ihren Arm hinab und zog den Ärmel zur Seite. Neben der Schlange waren in grün leuchtender Schrift Zahlen und Buchstaben erschienen: 'LZ 56b'.
"Das ist der Raum, in dem wir uns treffen", murmelte Elizabeth, als sie in seine fragende Miene sah. "Kannst du aufstehen?"

Paige

"Und Ravenclaw dachte einer von euch ...?" Paige sah ihre beste Freundin ungläubig an. Genau dort, wo sie vor wenigen Stunden mit Maximilian gesprochen hatte, stand sie jetzt mit Alicia. Die Ringe unter ihren Augen und ihr gehetzter Blick wirkten wie Gift auf das eigentlich so hübsche Gesicht.
"Ravenclaw dachte das nicht ... Es war dieser Slytherin." Ihre Lippen bebten und ihre Stimme schrumpfte zu einem heiseren Flüstern, als sie fortfuhr: "Ich dachte nur niemals, dass sie ihm mehr Vertrauen würde als uns. Ich dachte sie würde ihn jeden Augenblick anspringen, aber sie ließ ihn das tun, was er wollte." Sie rieb sich mit einer zitternden Hand über die Augen. "Es war, als hätte er sie erpresst, als hätte er einen alten Gefallen bei ihr eingeholt."
"Was hat er getan?"
"Er war sich so sicher, dass es einer von uns war, ein Ravenclaw, dass er uns mit Flüchen zum Reden bringen wollte."
"Und Ravenclaw hat nichts getan?" Paige merkte, wie ihre eigene Hand anfing zu zittern, als die Augen ihrer Freundin zu glänzen anfingen und eine Träne sich löste.
"Sie hat ihn gezügelt. Wäre sie nicht gewesen, hätte er uns einen nach dem anderen getötet, aber so war es nichts, was uns wirklich verletzte. Narben verheilen." Ihre Stimme begann zunehmend zu schwinden.
Paige tat einen Schritt auf Alicia zu und nahm sie in den Arm. Tröstend fuhr sie mit der Hand über ihren Rücken. Sie hörte das Schluchzen an ihrem Ohr, aber wusste genauso wie Alicia, dass es keine Worte mehr zu wechseln gab.

Maximilian

Nach dem Verschwinden der Slytherinschüler hatte sich der Saal langsam gelichtet. Die Schützlinge Ravenclaws waren verschwunden ohne einem anderen Schüler zu erklären, was vorgefallen war, sodass Maximilian, die Gryffindors und die Hufflepuffs immer noch ratlos waren.
Im Aufenthaltsraum wurde viel spekuliert und Theodore war mitten zwischen der Meute, begierig jede Theorie aufzufangen und selbst seine Ideen zu säen. Maximilian hatte nur den Kopf geschüttelt und war in sein Quartier gegangen, wo der inzwischen etwas nachgelassene Regen sanft gegen das Fenster tropfte.
Ein Schwenker mit dem Zauberstab und die Scheibe glitt zur Seite. Während die kalte Luft ihn umspielte, dachte Maximilian über alles nach. Irgendetwas war mit den Schülern von Ravenclaw passiert und Slytherin hatte etwas damit zu tun. Er brauchte keine wilden Spekulationen hören, um sich sicher zu sein, dass nichts Gutes geschehen war.
Im Halbdunkel des bewölkten Tages lief unten auf dem Gelände ein Mann mit eiligen Schritten auf den Wald zu. Eine Sekunde später verdeckte die einzelne Baumgruppe, die am See des Geländes stand die Sicht auf die Gestalt. Maximilian sah zu der Stelle, wo sie wieder auftauchen würde, aber kein Mensch kam dort zum Vorschein.
Eine Art großer Hund mit orangefarbenem Fell preschte auf den Wald zu und war nach wenigen Augenblicken im Dickicht verschwunden.

Er stand noch immer mit ungläubigem Blick auf den Wald am Fenster, als die Tür zu seinem Zimmer sich öffnete. An der Art wie die Tür ins Schloss fiel, wusste er, dass es Theodore war.
"Max?" Seine Stimme klang äußerst nervös.
"Ja?"
"Die anderen sagen, Gryffindor hat uns für einige Tage verlassen." Maximilian hörte das Scharren von Füßen auf dem Boden. "Die anderen ... Wir anderen", verbesserte er sich, "Wir brauchen jemanden zu dem wir aufschauen können, der uns beisteht und aufbaut." Es passte nicht zu Theodore sich so offen zu seinen Schwächen zu bekennen. "Wir brauchen dich als Gryffindors Stellvertreter bei uns. Zwei der Jüngeren weinen, weil sie gehört haben, dass jemand angegriffen worden sei. Sie fühlen sich nicht mehr sicher."
"Und ich kann das ändern?"
"Gryffindor vertraut dir und du bist wahrscheinlich der mächtigste im Umgang mit der Zauberei unter Gryffindors Fittichen."
Maximilian drehte sich zu seinem Freund um und machte mit dem Zauberstab einen Schlenker, um das Fenster zu schließen. "Na los", meinte er zu Theodore und ging an ihm vorbei zur Tür. Mit der Hand auf dem Knauf hielt er inne. "Ich werde nicht lügen und sagen, es wäre alles in Ordnung, aber wir müssen uns alle ablenken. Sprich das Thema nicht mehr an."
Er wartete nicht auf die Antwort seines Freundes, sondern öffnete die Tür und ging auf den Kamin im Aufenthaltsraum zu, wo fast alle Schüler Gryffindors versammelt waren.

William

Kaum hatte William, mit Elizabeth im Schlepptau, das Konferenzzimmer verlassen, kam er sich hilflos und verlassen vor. Der Korridor, auf dem sie sich befanden, erstreckte sich in beide Richtungen und drei Treppen führten zu verschiedenen Ebenen.
"Komm mit. Hier entlang!" Elizabeth griff nach seiner Hand und zog ihn hinter sich her. Vor einem Klassenzimmer blieb sie stehen und horchte an der Tür. Nach wenigen Augenblicken schien sie der Ansicht, das Zimmer sei leer und riss die Tür auf. Sie eilte zur gegenüber liegenden Wand und klopfte mit dem Zauberstab in einer bestimmten Kombination auf die Steine.
Mit knirschendem Lärm glitt die Wand zur Seite und gab einen dunklen, feuchtmodrigen Gang frei.

"Man muss sich nur ein wenig auskennen", meinte Elizabeth grinsend und stieg vorsichtig durch das Loch in der Wand. Langsam folgte William ihr. "Wir müssen aufpassen. Es ist ziemlich glitschig hier und der Boden ist auch nicht gerade eben."
"Gibt es viele solcher Geheimgänge?", fragte William und setzte mit größter Sorgfalt seinen Fuß auf einen hervorstehenden Stein.
"Ich schätze es gibt in Hogwarts mehr Geheimgänge als Türen. Die meisten sind schon lange nicht mehr geheim, aber von einigen wissen nicht einmal alle Gründer." Sie drehte sich um und musterte sein Gesicht, bevor sie sich weiter durch die Dunkelheit vortastete, die den Gang erfüllte seit sich die Wand wieder geschlossen hatte. "Erinnerst du dich an den Raum der Tausend Wege?"
"Welchen Raum der Tausend Wege?"
"Der, durch den man zu unseren Unterrichtsräumen kommt. Die weiße Leere mit den vielen Türen."
Er erinnerte sich daran. Es war einer der imposantesten magischen Räume, die er bisher betreten hatte.
"Nun, dieser Raum ist zwar nicht existent, aber jeder der Räume, der hinter den Türen liegt, befindet sich in diesem Schloss. Die meisten sind in die Mauern eingebaut, ohne eine Möglichkeit dort hineinzukommen, wenn man nicht die Wand wegsprengt oder durch den Raum der Tausend Wege geht."
Sie machte eine Pause und tastete an der Seitenwand. Nach wenigen Augenblicken setzte sie sich wieder in Bewegung.
"Eine große Menge der anderen Räume befindet sich unter Hogwarts. Die anderen Gründer hatten nicht angenommen, dass es leichtsinnig sei, Slytherin, der die Kerker und Kellergewölbe errichtete, auch die Kanalisationen erbauen zu lassen. Aber er verwandelte die Abwasserrohre in ein Höhlensystem. Es endet in einer Kammer. Diese Kammer ist der reale Zugang zu den Räumen, in denen alle Geheimnisse Slytherins verborgen sind. Der andere Zugang zu diesen Räumen ist der Raum der Tausend Wege. Allerdings wird dieser Raum zu bestehen aufhören, wenn Meister Slytherin stirbt, sodass nur ein wahrhaft mächtiger Zauberer jemals in den Besitz der Geheimnisse Slytherins kommen wird."
"Woher weißt du das alles?"
In der Dunkelheit vor ihm sah er eine Bewegung, die wie ein Schulterzucken aussah. "Hier im Schloss machen Geschichten schnell die Runde. Ich bin hier seit ich acht Jahre alt bin und Meister Slytherin hat mir so manche Geschichte bestätigt und andere als Lügen enttarnt."
"Er vertraut dir." Es war das erste Mal, dass William von einer zwischenmenschlichen Beziehung Slytherins gehört hatte.
"Er wird dir auch vertrauen. Mehr als er es jemals bei mir könnte."
Bevor er überlegen konnte, was er darauf erwidern sollte, blieb Elizabeth erneut stehen und tastete an der Seitenwand.
"Wir sind da."

Wieder knirschte Stein auf Stein und grelles Licht blendete William als er aus dem feuchten Gang in die Eingangshalle trat. Wenige Meter entfernt stand ein junges Mädchen, das von Hufflepuff lernte und starrte die beiden mit großen Augen an.
"Dreckige Blutsverräterin!", zischte Elizabeth und griff nach ihrem Zauberstab. Das Mädchen hatte ihren auch bereits herausgeholt und starrte wütend zu ihr hinüber.
"Komm schon, zeig was du kannst", meinte das Mädchen, richtete ihren Zauberstab auf Elizabeth und rief: "Expelliarmus!"
Der Zauberstab in der Hand der Slytherinschülerin hatte nicht einmal wirklich gezuckt und ein breites Lächeln machte sich auf dem Gesicht der Besitzerin breit.
"Serpensortia!", hallte Elizabeths Stimme durch den Raum und eine schwarze Schlange schoss aus der Spitze ihres Zauberstabes hervor.
Das Mädchen war blass geworden, alles Selbstbewusstsein aus ihr entwichen. Sie stolperte zwei Schritte zurück, aber die Schlange glitt weiter auf sie zu. Sie nahm einen weiteren Schritt zurück, verfing sich aber im Saum ihres Umhangs und fiel auf den Boden. Die Angst spiegelte sich in ihren Augen wider, als sie die Schlange weiter auf sich zu kommen sah.
"Halt", sagte William. Am Rande seiner Wahrnehmung merkte er, dass es nicht seine Stimme war. Sie klang anders, kalt, gebieterisch und irgendwie nicht menschlich. "Komm her und lass sie in Ruhe!"
Die Schlange war kurz vor dem Mädchen liegen geblieben und blickte nun zu William hinauf. "Komm her!", rief er nun. Er hörte seine seltsam verzogene Stimme von den Wänden widerhallen.
Die Schlange schlängelte auf ihn zu und rollte sich zu seinen Füßen zusammen. Sie bäumte sich kurz auf, neigte dann aber den Kopf nach unten.

Das Mädchen war nun endgültig steif vor Angst. Mit dem Ausdruck grenzenlosen Horrors in den Augen lag sie am Boden und starrte zu William.
"Du brauchst keine Angst zu haben", meinte er und hörte, dass es wieder seine eigene Stimme und die richtige Sprache war, in der er redete. "Geh in deinen Aufenthaltsraum."
Immer noch lag das Mädchen vollkommen starr und wagte es nicht sich zu bewegen. Elizabeth ging ein paar Schritte nach vorne. "Hau ab! Verschwinde!", rief sie und sah zufrieden zu, wie sich das Mädchen aufrappelte und davon stolperte.
"Warum hast du das getan?", fragte William sie, als er sich auf den Weg zu den Kerkern machte.
"Sie ist eine Blutsverräterin. Am letzten freien Tag ging sie in die Muggelsiedlung und schmachtete den Sohn des Dorfschmieds an. Charly meinte, dass sie das schon seit einem Jahr tat, aber ich hatte es bis dahin nicht geglaubt."
"Mir kam es eher so vor, als wärst du darauf aus gewesen, dass ich vor dem Mädchen Parsel spreche."
Elizabeth warf ihm einen schnellen Blick zu und zuckte mit den Schultern. "Jedenfalls würde dich als Parselmund jeder respektieren."
"Jeder zweite würde mich fürchten."
"Nur aus Furcht wächst echter Respekt."
Hinter den beiden schlängelte sich die schwarze Schlange die Treppen hinunter, ihrem neuen Gebieter ständig auf den Fersen.

Paige

Nach dem Gespräch mit Paige hatte Alicia darauf bestanden, am Abend trotzdem in die Siedlung zu gehen. Etwas Abwechslung würde nicht nur ihr gut tun, war, was sie als Grund angab.
Das Glas Wasser, dass Paige mit dem Kommunikationszauber belegt hatte, stand immer noch dort, wo sie es abgestellt hatte. Vielleicht würde ihr etwas Abwechslung tatsächlich gut tun. Aus irgendeinem Grund hatte sie das Verlangen diesen Zauber näher zu untersuchen.
Sie holte ihren Zauberstab heraus und tauchte ihn hinab ins Wasser. Zwei kleine Tropfen perlten davon ab und trafen mit leisem Plätschern auf die Wasseroberfläche.
Einen Moment passierte gar nichts, dann tauchten plötzlich im Wasser zwei kleine Bläschen auf, die nach oben stiegen und dicht nacheinander an die Oberfläche traten und zerplatzten. Doch statt des erwarteten Blubb-Geräuschs hörte sie es leise Plätschern.
"Vielleicht ...", murmelte sie und nahm das Glas in die Hand. Sie platzierte ihren Mund über der Öffnung und sagte: "Kartoffelsalat."
Wieder passierte zuerst nichts, aber dann stieg eine etwas größere Blase auf, zerplatzte an der Oberfläche und ihre eigene Stimme sagte zu ihr: "Kartoffelsalat."
Doch wie sollte ihr ein Glas Wasser, dass sämtliche Worte, die sie sagte, wiederholte als Kommunikationsgerät nutzen?

Als sie gerade den nächsten Zauber auf der Liste ausprobieren wollte, wurde sie von einem lauten Stimmenwirrwarr aus dem Aufenthaltsraum abgelenkt. Es hörte sich an, als wollten ihre Mitschüler unbedingt das ganze Schloss auf sich aufmerksam machen.
Mit wenigen großen Schritten war sie an der Tür angelangt und öffnete sie, um das wahre Ausmaß des Kraches mitzuerleben. Um sich gegenseitig zu übertönen und zu überzeugen, hatten die anderen Schüler angefangen sich immer lauter miteinander zu unterhalten und an zu schreien, Scheinbar wollte jeder seine Meinung zu irgendetwas bekannt geben und möglichst viele davon informieren.
"Silencio", murmelte Paige und augenblicklich war es still im Raum. Ihr gefiel es zwar nicht, ihre überlegenen Fähigkeiten so gegen ihre Klassenkameraden einzusetzen, aber die Situation gefiel ihr noch weniger. Die Schüler Hufflepuffs hatten immer wie die Gruppe gewirkt, die am geschlossensten zusammen hielt und sich nicht stritt, aber offenbar waren sie bisher einfach noch nicht auf eine Gelegenheit gestoßen sich zu streiten.
Erst nach einigen Augenblicken merkten die Schüler, dass sie keinen Ton mehr heraus brachten.
"Ich werde jetzt Franklin seine Stimme zurückgeben und dann wird er uns erklären, was hier los ist und wir werden uns friedlich einigen, in Ordnung?" Sie kam sich fast vor wie eine Amme, die sich um die wildgewordene Horde verzogener Kinder kümmern musste.
Franklin trat einige Schritte hervor, blickte kurz durch die Runde und fing an zu erzählen:
"Gwyneth hatte eine Begegnung mit zwei Slytherinschülern. Das Mädchen ..."
"Diese Elizabeth?", fragte Paige.
"Ja, die Schülerin von Slytherin. Sie hat eine Schlange beschworen, die Gwyneth angreifen sollte. Doch anscheinend wollte sie es nicht und dann hat der neue Slytherinschüler sie gegen Gwyneth aufgehetzt."
"Er hat sie angegriffen und wütend gemacht?"
"Nein. Gwyneth meint, er hätte Parsel gesprochen."
Anhand der schockierten Gesichter, überall im Raum war sich Paige sicher, dass Gwyneth bisher nur bis zum Angriff der Schülerin gekommen war und man sich über das weitere Vorgehen gestritten hatte.
"Ein Parselmund?"
"Das sagt jedenfalls Gwyneth, ja."
Paige richtete ihren Zauberstab auf das Sofa, wo das Mädchen mit herabhängendem Kopf saß und kaum konzentrierte sie sich darauf, ihr ihre Stimme wieder zu geben, erfüllte ein Schluchzen den Raum, das in dem Lärm vorher nicht zu hören war.
"Ihr habt euch hoffentlich alle beruhigt und verhaltet euch wieder zivilisiert", murmelte Paige und blickte in die stumm nickenden Gesichter, bevor sie allen die Stimme wiedergab. Auf der anderen Seite des Sofas hörte sie eine Jungenstimme "Hallo" krächzen und dann wieder verstummen. Offensichtlich hatte der Silencio- und auch der Gegenzauber funktioniert. Sie atmete tief ein und setzte sich dann auf das Sofa.
Sie wollte gerade mit dem Mädchen reden, als Harrold, der Primus von Hufflepuff zu ihr herüberstolzierte und überheblich die Brust aufplusterte.
"Paige, ich denke, es wäre besser, wenn du das jetzt den echten Schülern Hufflepuffs überlassen würdest."
"Was?"
"Du hast mich schon verstanden. Du bist immer noch ein Schützling Ravenclaws. Du machst im Unterricht ihre Aufgaben, du schottest dich von uns ab und dann willst du mir meine Position streitig machen, indem du dich hier aufführst wie einer der Gründer persönlich. Ich denke, ich spreche für uns alle, wenn ich sage, dass wir dich nicht hier dabei haben wollen."
Einige der umstehenden Schüler nickten grimmig, andere, darunter Franklin, sahen beschämt zur Seite.
"Na schön."
Innerlich kochend vor Wut stapfte Paige zurück in ihr Quartier und schlug die Tür hinter sich zu.

William

Die Tür mit der Bezeichnung 'LZ 56b' war aus einem merkwürdigen Metall zu einer runden Scheibe geformt. Elizabeth und William mussten gemeinsam an dem kleinen Rad ziehen, um sie zu öffnen. Vom Innern des Raumes schlug ihnen eine Woge schwüler Luft entgegen.
Die anderen Schüler waren bereits im Raum und saßen auf vier von sechs identischen Stühlen, die im Halbkreis vor einem Sessel standen. In der Wand neben den Stühlen war ein Kamin eingelassen, wo ein Feuer prasselte. Stumm setzten sich die beiden Neuankömmlinge auf die freien Stühle und mit einem schlechten Gefühl in der Magengrube sah William, wie ihm die Schlange bis zu seinem Stuhl folgte und sich zu seinen Füßen zusammenrollte.
Als er zur Seite sah, traf sich sein Blick kurz mit dem Gregorys, der sich aber sofort von ihm weg drehte. Er verstand immer noch nicht, was an dieser Fähigkeit so Tolles oder Schlimmes sein konnte, dass keiner der vier noch mit ihm redete beziehungsweise ihn überhaupt ansah.
William blickte nochmal auf seinen Unterarm, wo die alphanumerische Kombination 'LZ 56b' langsam verblasste. Stattdessen bewegte sich die Schlange jetzt ununterbrochen im Kreis. Er hätte Elizabeth zu gerne gefragt, was es damit auf sich hatte, aber es schien keine gute Idee zu sein das Schweigen zu brechen.
Die Minuten schlichen nur so dahin, bis schließlich die metallene Tür nach innen auf schwang. Augenblicklich erhoben sich die anderen Schüler von ihren Plätzen und auch William stand auf und wäre dabei fast auf die Schlange zu seinen Füßen getreten.
"Setzen", sagte Slytherin mit seiner typischen kalten Stimme, als er den Raum betrat. In seinen Händen hielt er die Schlange Setesh, die offenbar nicht bei Bewusstsein war. Er legte sie vorsichtig vor dem Kamin ab, bevor er sich seinen Schülern zuwandte.
"Charles, Gregory, Oliver." Die drei erhoben sich der Reihe nach mit undurchdringlichen Mienen. "Packt eure Sachen. Eure Ausbildung ist beendet und sobald ihr diese Kerker verlassen habt, werden meine Male auf euren Armen schwinden. Ihr solltet nicht versuchen hierher zurück zu kehren."
"Aber, Meister ...", begann Charles, verstummte aber sofort mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht, als Slytherin seinen Zauberstab hob. Er beugte den Rücken durch und fiel schreiend zu Boden. Wie von Krämpfen heimgesucht, zuckte er hin und her. Alle seine Muskeln kontrahierten unentwegt. William wollte wegsehen, konnte aber seinen Blick nicht abwenden. Schließlich hob Slytherin seinen Stab wieder und augenblicklich lag Charles, schwer keuchend und zusammengerollt, aber nicht mehr unter Schmerzen, da.
Er zeigte mit dem Stab zur Tür, die sich wie von Geisterhand öffnete und machte mit der freien Hand eine Geste, die ihnen zu verstehen gab, dass sie den Raum verlassen sollten. Gregory und Oliver halfen dem immer noch leicht zuckenden Charles auf die Beine und verließen eilig ohne ein weiteres Wort den Raum.

"Und nun sollte mein Primus mir sagen, seit wann er mit Schlangen spricht", sagte Slytherin mit dem Blick auf Setesh gerichtet.
Erst als Elizabeth ihn mit dem Ellenbogen anstieß, reagierte William. "Meister Slytherin, ich hörte wie Ihr mit Setesh gesprochen habt vor meinem ersten Unterricht bei Euch, aber die anderen sagten, ich solle es vor euch verheimlichen."
"Keine Angst. Ich mach dir keinen Vorwurf, Primus." Seine Stimme klang nicht mehr kalt, sondern seltsam ölig. "Du hast Setesh gerettet, aber du konntest nichts über den Angreifer in Erfahrung bringen, nicht wahr?"
"Setesh sagte mir nur, dass ein Zauberer von hinten einen Fluch auf ihn abschoss. Dann versorgte Professor Whistle die Wunden und sorgte auch für einen künstlichen Schlaf, Meister."
"So ..." Er löste den Blick von der Schlange. "Ich habe nun nur noch drei Schüler und jeder der anderen drei Gründer will mir wieder drei Schüler aufhalsen." Er sah Elizabeth in die Augen, die seinen Blick erwiderte.
"Ich will, dass ihr besser seid, als die, die geschickt werden."
"Ja, Meister", antwortete Elizabeth.
"Ich will, dass ihr es ihnen unter die Nase reibt. Sie sollen nicht vergessen, dass sie gegen meine Schüler versagen." Sein Blick wanderte zu William.
"Ja, Meister", sagte er.
"Und ich will", sein Blick ruhte auf John, "dass du mich nicht blamierst. Keine misslungenen Tinkturen, keine verlorenen Duelle gegen Hufflepuffschüler oder Gryffindors Schoßhunde und keine vergessenen Formeln der dunklen Künste."
"J-ja, M-meister", stotterte John.
"Ihr werdet morgens und mittags fünfmal die Woche eine Lektion Alchemie, eine Lektion Duellierkünste und eine Lektion in den dunklen Künsten erlernen und beherrschen. Abends werden wir die Freude haben, unsere neuen Zauber und Tränke dann an den Blutsverrätern und Schlammblütern ausprobieren zu können. Einmal die Woche werdet ihr nur von mir unterrichtet. Und zwar in den wirklichen Geheimnissen der Zauberei. Es bleibt also bei den alten Plänen, nur dass ihr jetzt nur noch zu dritt seid."
Er ließ seinen Blick noch einmal kurz auf jedem von ihnen ruhen und sah dann zu Williams Füßen hinab. Seine Mundwinkel zogen sich nach oben zu einem grotesken Lächeln, bevor er mit einer Stimme, die nicht menschlich zu sein schien, sagte: "Komm zu mir, dunkles Geschöpf."
William war sich bewusst, dass er Parsel sprach, aber es war unmöglich, diese Sprache zu übersetzen. Er hörte mehr die Gedanken hinter den Worten, als wirklich die Laute, die Slytherin von sich gab.
Die Schlange bewegte sich über den Boden langsam auf Slytherin zu und schlängelte sich an seinem Bein zum Sessel hinauf, wo sie auf einer der Armlehnen ruhte.
"Sie ist dein Werk, Elizabeth?"
"Ja, Meister."
"Schön." Er grinste breit und fuhr mit dem Zeigefinger über den Kopf der Schlange, die sich zu ihm neigte.
"Geht in den Aufenthaltsraum und seht nach, ob die anderen drei noch da sind. Sollten sie immer noch in den Kerkern sein, sag dieser Schlange", er legte eine kurze Pause ein, "sag Nishnuu, sie soll mich holen. Sie wird mich finden." Er löste den Blick von der Schlange und sah William an. "Verstanden?"
"Ja, Meister."
"Dann geht."
Gerade als William mit seinem Zauberstab das Tor geöffnet hatte und hindurch stieg, hörte er erneut die Stimme seines Lehrers. "Elizabeth. Bleib noch auf ein, zwei Worte hier."
Danach fing er an zu lachen, was William aber kaum wahrnahm, da die Tür sich schloss, kurz nachdem Nishnuu sich hinausgeschlängelt hatte.

Maximilian

Ihm gefiel der Gedanke nicht, an diesem Abend die Gryffindors alleine im Turm zu lassen, aber Theodore bestand darauf, dass er sein Versprechen hielt und ihm half, an Alicia ran zu kommen. Er sollte sich einfach mit Paige einen schönen Abend machen, aber nach all dem, was passiert war, wusste er nicht, wie der Abend ablaufen würde.
Als er mit seinem Freund in die Eingangshalle trat, war er kurz von den beiden Mädels, die sie erwarteten überwältigt. Paige hatte über der Robe eine Art Ausgehumhang übergeworfen, der aus blauer Seide gefertigt war und ihre Haare waren zu einem perfekten Zopf geflochten. Alicia trug ihre Haare offen und hatte sich Farbe auf Augen und Lippen gezaubert.
Die beiden standen am Eichenportal und winkten ihnen zu, als sie die Treppe herunter kamen.
"Oh man", murmelte Theodore ihm zu. "Wir sind vermaledeite Glückspilze. Hallo die Damen", fügte er lauter hinzu und begrüßte Alicia mit einer kleinen Verbeugung und einem Handkuss.
"Hey Paige", sagte Maximilian und neigte den Kopf, als er vor ihr stand. "Wie geht's dir inzwischen."
"Besser, danke", antwortete sie, aber irgendetwas sagte ihm, dass es ihr nicht gerade gut ging.
"Sollen wir losgehen?", fragte Theodore in die Runde. Paige nickte und Alicia hakte sich bei ihm ein.
"Warum wart ihr heute nicht beim Abendessen?", erkundigte sich Paige bei Maximilian. Die beiden gingen nebeneinander hinter den beiden anderen her.
"Das ist eine längere Geschichte."
"Es ist auch ein längerer weg bis Hogsmeade", meinte sie lächelnd.
"Na gut. Du weißt ja, dass ich Primus bin", fing Maximilian an und erzählte ihr von Gryffindors Abwesenheit und den Sorgen der anderen Schüler.

Kapitel 7 - Si vis amari, ama!

Paige

Paiges Gedanken kreisten noch einige Augenblicke um das, was Maximilian ihr gesagt hatte, bevor sie ihn ansah.
"Glaubst du es hat etwas mit all dem zu tun, was hier vor sich ging? Der Angriff auf die Schlange von Slytherin, einer seiner Schüler ist ein Parselmund, Ravenclaw lässt zu, dass er Schüler foltert und dann verschwindet Gryffindor?" Der Gedanke an Gryffindors Abwesenheit machte ihr Angst. Hufflepuff würde Slytherin nicht aufhalten können und Ravenclaw hatte nicht einmal ihre eigenen Schüler beschützt.
"Ich glaube, dass es zusammenhängt, aber ich glaube nicht, dass er uns alleine lassen würde, wenn wir in Gefahr wären. Wahrscheinlich ist er morgen wieder da und in der Zwischenzeit hat sich Slytherin an seinen Schülern abreagiert."
Paige suchte seinen Blick. Wie konnte er so etwas sagen? Wenn Slytherin wütend war, konnte das gefährlich werden und das wollte sie selbst seinen Schülern nicht zumuten.
Maximilian sah zu ihr herüber und zu ihrer größten Verwunderung lächelte er. "Keine Angst. Auch wenn sie ein gewisses Maß an Folter verdient hätten, wird er es nicht tun. Seine Schüler sind ihm wichtig."
"Keiner hätte Folter verdient", sagte Paige und ihr Blick fiel auf Alicia, die vor ihnen herlief. "Wer weiß, wie seine Schüler waren, bevor sie von ihm unterrichtet wurden. Böse Saat kann schnell gedeihen."
Maximilian erwiderte nichts, sondern schaute jetzt ebenfalls zu Alicia.
"Ich hab gehört, Slytherin bevorzugt es, seine Schüler in so jungen Jahren aufzunehmen, dass er sie ohne Probleme in die Richtung biegen kann, die er für sie vorsieht."
Wieder reagierte Maximilian nicht sofort, sondern sah weiter den beiden anderen zu, wie sie einige Meter weiter vorne eng aneinander geschmiegt den Weg entlang gingen und ab und an hin und her schunkelten.
"Böse Saat kann nur gedeihen, wenn der Bauer nicht auf sein Feld aufpasst", meinte er schließlich.
"Aber aus einem kleinen Korn kann ein großer Busch wachsen. Wenn der Bauer alleine sein Feld bestellt, kann er kaum jedes Korn auffinden und beseitigen."
Wieder schwieg Maximilian eine Weile. "Man merkt, dass du zu Ravenclaw gehörst", sagte er kleinlaut.
"Das fasse ich als Kompliment auf", erwiderte Paige lächelnd.
"Genau so, war es auch gemeint."
Erneut suchte sie seinen Blick, aber Maximilian schien in Gedanken ständig abzudriften. Gryffindor hatte ihm die Verantwortung überlassen und jetzt war er auf dem Weg zu einer Muggelsiedlung, obwohl seine Schützlinge sich ängstigten.
"Sollen wir zurück gehen? Zurück zum Schloss?"
"Was meinst du?" Er sah ernsthaft verwirrt aus.
"Du machst dir Sorgen und du hast die Verantwortung ..."
"Ja, ich mache mir Sorgen und ich habe die Verantwortung. Aber ich habe die Anweisung erteilt im Aufenthaltsraum und den Quartieren zu bleiben. Nur Gryffindor kommt in diese Räume."
"Und wenn Slytherin einen Weg findet?"
"Warum sollte er die Schüler Gryffindors angreifen? Warum jetzt? Und was könnte ich ausrichten, wenn er es täte?"
Sie sah zu ihm hinüber. Seine Augen blitzten kurz zu ihren hinüber, huschten aber gleich weiter zum Waldrand.
"Mir ist kalt", flüsterte Paige und richtete ihren Blick wieder geradeaus. Um ihre Taille legte sich plötzlich der Arm Maximilians und sie lehnte sich gegen seinen Oberkörper, vergrub sich fast in seine Robe.
"Besser?" Er grinste sie schief an.
"Viel besser", hauchte Paige und klammerte sich fester an ihn.

Maximilian

Hogsmeade lag nur noch wenige Meter weit entfernt. Alicia und Theodore hatten ihren Schritt verlangsamt und sich zu ihnen zurückfallen lassen.
"Wart ihr schon mal hier?", fragte Alicia die Gryffindorschüler.
"Oh ja", meinte Theodore und blickte grinsend zu Maximilian. Das letzte Mal als die beiden in Hogsmeade waren, hatten sie den gesamten Alkoholbestand des örtlichen Wirtshauses geplündert. Zumindest war es den beiden so vorgekommen. Der nächste Tag war der einzige, an dem die beiden jemals einen Unterrichtstag versäumt hatten. Gegen Mittag waren sie mit fürchterlichen Kopfschmerzen aufgewacht und Maximilian hatte beim Auszählreim verloren, sodass er es Gryffindor erklären musste. Er hatte sich damals für die Wahrheit entschieden und Gryffindor hatte gelacht und ihn wenige Wochen später zum Primus ernannt.
"Das ist schon lange her", raunte er und holte Theodore damit wieder zurück in die Realität.
"Lasst uns reingehen. Hier draußen ist es mir zu kalt, um euch dabei zu zu sehen, wie ihr in Erinnerungen schwelgt." Alicia zwinkerte Paige zu und die beiden zerrten ihre Anhängsel in das Wirtshaus.
Von außen sah das Gebäude ziemlich heruntergekommen aus, die Fenster waren mit Sperholz zugenagelt und das Dach wirkte, als würde es zusammenstürzen. Innen jedoch, strahlten mehrere Öllampen und verpassten dem dunklen Holz der Tische und Stühle so ein angenehmeres Aussehen.
Die vier gingen auf einen Tisch in der Ecke zu. Maximilian steuerte auf einen Stuhl zu und zog ihn zurück, während Theodore Alicia sich selbst hinsetzen ließ. Als Paige davor stand, schob Maximilian ihn an den Tisch und setzte sich selbst.
Wenige Augenblicke kam ein dicker Wirt angehumpelt.
"Ihr seid Zauberer, he?"
"Und ziemlich gute, Wirt", meinte Theodore grinsend.
"Was darf ich den Herrschaften bringen?"
"Habt ihr Whiskey? Guten?", fragte Theodore.
"Wir haben welchen auf Lager, aber das wird was kosten."
"Wir nehmen erstmal vier Butterbier bitte", ging Alicia dazwischen.
"Wie Ihr wünscht, Hexe", meinte der Wirt und deutete eine Verbeugung an, bevor er wieder davonhumpelte.
"Ja, vier Butterbier, aber nur für's Erste", rief ihm Theodore nach, aber der Mann war schon in einem Hinterzimmer verschwunden.

Paige

Irgendwie war es Paige unangenehm, ihre Freundin und Theodore so flirten zu sehen, während sie und Max sich nur oberflächlich über Hogwarts und Zaubersprüche unterhielten.
Maximilian nahm einen großen Schluck aus seinem Butterbierkrug und sah sie dann mit einem durchtriebenen Blick an. Augenblicklich merkte sie, wie ihre Handflächen immer verschwitzter wurden. Ihr Herz schlug bis an die Kehle. Der Blick machte sie wahnsinnig.
"Paige, wo kommst du eigentlich her? Die meisten Zauberer brüsten sich gleich bei der ersten Begegnung mit ihrer Abstammung so wie Theodore es in unserem erste Jahr tat." Er setzte sich aufrecht hin und sagte mit piepsiger Stimme: "Ich bin Theodore, Graf von Greenwillow-Perkinson, aber du kannst mich Ted nennen."
Alicia warf den Kopf in den Nacken und lachte, während Theodore mit einem Lächeln erwiderte: "Wie war das noch gleich bei dir? 'Ich bin aus dem Hause Drakeville, Reinblüter und Erstgeborener.'"
"Nein", sagte Maximilian mit einem breiten Grinsen, "meine Stimme war viel höher!"
Alicia und Theodore brachen in schallendes Gelächter aus, sodass der Wirt und die anderen zwei Gäste, die an einem Tisch in einer anderen Ecke saßen, zu ihnen hinüber starrten.
Paige lächelte schief, aber wusste nicht, was sie jetzt sagen sollte. Es waren fast nur Reinblüter im Schloss unterwegs, aber als eine der begabtesten Hexen war das kein Problem. Aber jetzt, wo es nicht um ihre Fähigkeiten, sondern um eine lustige Anekdote ging, kam ihr ihre Geschichte lausig vor.
"Sag schon. Wie hast du dich deinen Klassenkameraden vorgestellt?", fragte Maximilian und grinste breit. Das Butterbier tat langsam seine Wirkung und Paige musste sich beherrschen nicht in einen durch den Alkohol bedingten Redeschwall zu versinken.
"Ich hab immer gesagt: 'Hallo, ich bin Paige.'"
Die beiden Jungen fingen an zu kichern, Alicia allerdings sah Paige mit einem betrübten Blick an.
"Wieso holt ihr nicht neues Butterbier, ihr starken Männer?"
"Ach was, es ist noch genug da und ich will wissen, wie Paige sich wirklich vorgestellt hat", murmelte Theodore und schüttelte demonstrativ den Kopf, um seine Antwort zu bestätigen. "Ich meine", fing er an, bekam jedoch einen Schluckauf. "Ich meine -hicks-, wie hast du dich -hicks- gegenüber Ravenclaw vorgestellt? 'Hallo, -hicks- ich bin Paige.' hat da wohl -hicks- kaum gereicht, oder?"
Paige wagte einen Blick zur Seite, wo Max saß. Er schaute interessiert zu ihr hinüber und als er sah, wie sie seinen Blick suchte, nickte er aufmunternd.
"Ravenclaw hat mich gefunden", murmelte Paige leise. "Ich weiß nicht, zu welchem Haus oder welche Adelsgeschlecht meine Mutter gehörte, weil ich sie nie richtig kennen lernte. Ich kannte nur meinen Vater, ein einfacher Muggelbauer, der eines Tages eine Hexe kennen gelernt und ihr beim Sterben zusehen musste." Sie hatte den Blick nicht von Maximilians Augen gelöst. "Ravenclaw hat mich dann bei der Feldarbeit aufgelesen, weil ich ohne Vorwissen mit dem Zauberstab meiner Mutter den Schwebezauber beherrschte."
Die anderen drei waren verstummt. Sie hatte selbst Alicia nie alles über ihre Vergangenheit erzählt. Nur, dass ihr Vater, ein Muggel, sie nach dem Tod ihrer magischen Mutter aufgezogen hatte und sie von Ravenclaw entdeckt wurde.
"Na los. Ihr wolltet uns neues Butterbier holen", sagte Alicia zu Theodore, der beim Aufstehen Maximilian hinter sich herschleifte.

Maximilian

Theodore hatte seinen Zauberstab gezückt, bevor Maximilian überhaupt nach den Krügen greifen konnte. Schon schwebten die vier Krüge auf den Tresen vor dem Hinterzimmer zu.
"Hey, Wirt", rief Theodore in Richtung des Vorhangs, der den Lagerraum vom Schankraum abgrenzte. Der dicke Mann humpelte zu ihnen herüber.
"Was kann ich den Herrschaften Gutes tun?" Maximilian kam es so vor, als wurde er freundlicher, je betrunkener sie waren. Der Mann wusste, wie gefährlich es sein konnte, sich mit einem Zauberer anzulegen. Egal, ob sie schon voll ausgebildet waren oder nicht, sie waren zu gefährlich.
"Wirt?", fragte Maximilian und versuchte, sich trotz des ganzen Butterbieres, das er sich reingeschüttet hatte, zusammen zu reißen. "Würdest du uns gehen lassen, ohne dass wir bezahlen, aus Angst, wir könnten dir etwas antun?"
Der Mann zögerte. Er ließ seine Augen von Maximilian zu Theodore gleiten, der genauso überrascht aussah wie der Wirt selbst.
"Herr, ich brauche das Geld, aber ich würde euch gewiss nicht aufhalten", sein Blick glitt hinunter zu dem Zauberstab, der in einer Tasche des Umhangs steckte, den Maximilian trug. Er sah den Wirt an.
"Wie viel kosten ein Dutzend Krüge Butterbier?" Er musterte Maximilian genau und sah auf seine rechte Hand, die in einer Tasche verschwunden war. "Nur so viel, wie ihr entbehren könnt, Herr."
"Nein", sagte Maximilian bestimmt. "Sag mir, wieviel du von einem reichen Muggel, einem reichen Landvogt, der nicht über Magie verfügt, verlangen würdest." Er sah den Mann an. "Ich werde dir nichts tun, solange du die Wahrheit sprichst", sagte er und fügte spontan hinzu: "Ich habe Wege herauszufinden, ob du mich belügst, Wirt."
Der Mann wurde zunehmend nervös, versuchte sich aber zu fassen, als er schließlich den Mund öffnete, um Maximilian zu antworten: "Von einem reichen 'Muggel', wie ihr es nennt, Herr, würde ich für ein Dutzend Krüge drei Goldstücke verlangen. Aber von euch reicht mir das, was es euch wert war, mein Herr."
Der Primus Gryffindors kramte in der Tasche nach Geld. Drei Goldstücke waren weniger als er jede Woche per Eule von seinen Eltern gesandt bekam und von einem Einheimischen Bauern würde der Wirt für ein Dutzend Butterbierkrüge weniger als ein Goldstück verlangen und noch daran verdienen. Er zog die Hand aus der Tasche und zählte fünf Goldstücke ab.
"Das ist der Preis für den ganzen Abend", sagte Maximilian und kramte aus einer anderen Tasche seinen Zauberstab hervor. "Wir hatten vier Krüge und wollten gerade vier bestellen, aber vielleicht wird nochmal jeder von uns einen trinken. Ich will, dass du, Wirt, keine der beiden Damen, so gewillt sie auch sind, für ihre Getränke zu bezahlen, einen Preis nennst. Dafür bekommst du fünf Goldstücke und mein Versprechen, dass wir dir keinen Ärger machen werden."
"Ja, mein Herr", rief der Wirt und schnappte sich die fünf Goldstücke aus Maximilians Hand. "Ihr seid zu gütig, Herr, zu gütig."

Maximilian richtete den Zauberstab auf die vier aufgefüllten Krüge und sie erhoben sich in die Luft.
"Warte noch", murmelte Theodore leise und Maximilian ließ die Krüge wieder auf der Theke landen. "Was?", rief Theodore so laut, dass die beiden Mädchen es hören mussten. "Du magst sie? Sag es ihr einfach!"
"Was tust du da?"
"Dir helfen", flüsterte Theodore und zwinkerte ihm zu. "Sie wird schon nicht 'Nein' sagen", brüllte er wieder in Richtung Tisch der Mädchen. "Sie wird den ersten Schritt schon machen, wenn du zu schüchtern bist", fügte er hinzu, so dass der ganze Schankraum es mitbekam. Dann schnappte Theodore sich seinen Zauberstab und ließ die vier Krüge auf dem Tisch landen, wo die Mädchen gerade ein Gespräch angefangen hatten, um so zu tun, als hätten sie nicht gehört, was Theodore gesagt hatte.
"Hey, wir sind wieder da", hauchte Theodore Alicia zu und reichte ihr einen der Krüge.
Maximilian versuchte gleich, unabhängig von den beiden, sich mit Paige in ein Gespräch zu zu verwickeln, damit er, und auch Paige, nicht die ganze Zeit das sinnentfremdete Gesülze der beiden mitanhören musste.
"Hast du deinen Vater mal besucht oder ihm eine Eule geschickt?", fragte er, in der Hoffnung ein langlebiges Gespräch durch ein tiefgründiges Thema aufbauen zu können.
"Er kann weder lesen noch schreiben und ich hatte keine Chance zu ihm zu gelangen", sie seufzte resigniert. "Es stand nicht gut um die Ernte bevor ich ging und ohne mich hatte er nur noch drittklassige Erntehelfer: keiner, der ein ganzes Feld in weniger als einer Stunde mit Samen bestreuen konnte, keiner, der selbst die dicksten Unkrautwurzeln mit Leichtigkeit entfernte. Ich hoffe, es geht ihm gut."
"Weißt du, wo die Farm ist?"
"Sie ist hier in der Nähe. Es ist ein an Hogsmeade angrenzendes Feld, aber Ravenclaw wollte immer, dass ich an den freien Tagen den Unterricht wiederholte." Maximilian sah ein Glitzern in ihren Augen.

"Alicia, Ted?", fragte Maximilian und wartete, bis die beiden ihm ihre Aufmerksamkeit schenkten und aufhörten einander begeistert anzustarren.
"Paige und ich machen einen kleinen Spaziergang. Bleibt hier. Wir kommen bald wieder."
Ohne auf eine Antwort oder eine Reaktion von Paige zu warten, zog er sie an ihrer Hand aus dem Wirtshaus hinaus auf die offene Straße.
"Bist du schon einmal geflogen?"
"Nein, bisher noch nicht."
"Dann fliegst du bei mir mit", murmelte er mehr zu sich selbst. Er richtete seinen Zauberstab auf die Silhouette Hogwarts, die sich vor der weißen Mondscheibe erstreckte und sagte: "Accio Gryffindorbesen!"
Wenige Augenblicke hörte er das Surren des näher kommenden Fluggeräts. Er streckte die freie Hand aus und spürte das harte Holz darauf aufschlagen.
Maximilian setzte sich nahe ans hintere Ende und half Paige beim Aufsteigen auf den Stiel.
"Halt dich einfach gut fest und sag mir den Weg an", hauchte er ihr ins Ohr und stieß sich mit beiden Füßen vom Boden ab.

Paige

Es war ein wunderbares Gefühl durch die Lüfte zu sausen. Der kalte Zugwind rauschte von vorne an ihr vorüber und von hinten spürte sie die Körperwärme Maximilians. Er hatte sich leicht vorgebeugt und die Hände um den Stiel geklammert.
Paige dachte daran, was Alicia zu ihr gesagt hatte, als die beiden Gryffindorschüler neue Butterbierkrüge geholt hatten. Sie meinte, dass die Jungs, für die es sich zu schwärmen lohnte meist nicht den ersten Schritt taten. Mit pochendem Herzen fuhr sie mit einer Hand den Besenstiel entlang und umschloss damit die Finger von Maximilian.
Als sie unter sich den Hof sah, war sie erleichtert, dass es finsterste Nacht war, denn sie spürte die Hitze in ihre Ohren und Wangen schießen.
"Danke", murmelte sie, als er ihre Hand fester griff und ihr vom Besen half.
Der Gang zur Tür fiel ihr schwer. Seit zwei Jahren hatte sie ihren Vater schon nicht mehr gesehen und sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte, wenn er jetzt gleich vor ihr stehen würde. Zögernd hob sie die Hand und stoppte kurz vor der Tür. Maximilian lehnte den Besen neben der Tür an die Hauswand an und klopfte mit den Faust zweimal gegen die Tür.
"Komm schon", meinte er mit einem Lächeln. "Er freut sich sicher dich zu sehen."
Unter dem Türspalt sah Paige das flackernde Licht einer Lampe, bevor sie hörte, wie der Riegel zur Seite geschoben wurde. Die Tür schwang weit nach innen auf und ein gebeugter Mann mit braunem Haar und zerschlissenen Kleidern stand im Rahmen. Mit einer Spitzhacke in der Hand musterte er zuerst Maximilian, dann Paige.
"Hallo", sagte sie kleinlaut und der Mann riss die Augen auf.
"Paige?", fragte er ungläubig. "Oh Gott, bist du erwachsen geworden."
Sie spürte eine heiße Träne die Wange hinab perlen. Es war viel einfacher im Schloss, bei Butterbier, Fleisch und Gemüse, seine Vergangenheit zu vergessen, als wenn man wieder vor dem stand, was man früher war. Ihr Vater war dünner geworden und einige graue Strähnen hatten sich zwischen die braunen Haare verirrt.
"Vater", sagte Paige und schluckte schwer. "Wie geht es dir?"
Sein Gesicht verdüsterte sich kurz. "Ich hatte keine gute Ernte mehr seit meine beste Erntehelferin mich verlassen hat, aber ich komme klar. Um mich brauchst du dich nicht zu sorgen." Er versuchte zu lächeln, wirkte dabei aber gequält. "Kommt doch rein ihr zwei und trinkt etwas mit mir."
Paige wollte gerade den Fuß in die Diele setzen, als sie Maximilians Hand an ihrem Unterarm spürte.
"Ich denke, du willst etwas Zeit alleine mit deinem Vater verbringen. Ich sehe mich solange hier ein wenig um."
Paige nickte und folgte ihrem Vater ins Haus.

Maximilian

In den letzten Stunden hatte Maximilian sich viele Gedanken über seine eigenen Herkunft gemacht. Er hatte Glück in einer reichen Familie von Zauberern aufzuwachsen. Als er noch im Anwesen seiner Eltern gewohnt hatte, hatte er sogar einen eigenen Hauselfen und ein Dienstmädchen. Sein Vater meinte immer, dass Hauselfen zwar ausreichend wären, um das Haus sauber und ordentlich zu halten, aber es würde den Muggeln zugute kommen, wenn man ihnen unter die Arme griff und dafür von ihnen dasselbe verlangte. Maximilian hatte sich nie mit der Frage beschäftigt, ob es den Muggeln gefallen hatte, bei ihnen zu leben, aber er wusste, dass es ihnen, mit Blick auf Unterkunft und Verpflegung, besser erging als den meisten Muggeln, die auf eigenen Beinen standen.
Das Schloss kam langsam in Sicht und er blickte über Paiges Schulter hinweg auf den Besen, der vor ihnen durch die Kälte der Nacht raste. Darauf saßen Alicia und Ted, die beide ziemlich angetrunken waren.
Maximilian beugte sich etwas weiter vor und brachte so den Besen in den Senkflug. Er kam schließlich wenige Meter vor dem Eichenportal auf dem Boden an. Die anderen beiden schienen auf den Nordturm zu zu fliegen, in dessen Nähe sich die Quartiere der Gryffindorschüler befanden.
Behutsam stieg er vom Besen und half Paige auf die Beine. Sie war während dem kurzen Flug fast eingeschlafen. Erschöpft vom Alkohol und dem Wiedersehen mit ihrem Vater blinzelte sie verwirrt auf die Mauer, bevor sie registrierte, dass sie vor Schloss Hogwarts standen.
"Danke für den ... danke für alles", murmelte sie leise und ging einen Schritt auf Maximilian zu. Er spürte ihren heißen Atem an seinen Lippen und merkte kaum, dass sich ihre Arme um seinen Rücken schlossen. Er legte seine Lippen auf ihre und schloss die Augen.
Abrupt brach Paige den Kuss ab und entfernte sich zwei Schritte. "D ... danke und ... bis morgen", meinte sie leicht verwirrt und eilte durch das Eichenportal in die Eingangshalle.
Maximilian griff sich den Besen und verstand überhaupt nichts mehr. Gerade eben war noch alles perfekt und von einem Moment auf den anderen führte sie sich auf, als habe sie einen Geist gesehen.
"Guten Abend", hörte er eine Stimme hinter sich. Noch bevor er sich umgedreht hatte, wusste er, dass es Gryffindor war. "Wie ich sehe, hattest du einen interessanten Abend." Es klang nicht vorwurfsvoll.
"Ja, Meister Gryffindor. Ja, den hatte ich."
Mit diesen Worten trat er nach seinem Lehrer durch das Portal und schritt auf die Treppe zu, die ihn zu den Quartieren führte.
 

Albin

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Kapitel 8 - Cave canem

William

Der Morgen begann früher, als William es erwartet hatte. Die Glockenschläge, die in den Schlafquartieren der Schüler magisch verstärkt wurden, rissen ihn unsanft aus seinen Träumen. Er gähnte herzhaft und streckte sich auf seinem Bett aus, bevor er die Decke zur Seite schob und sich aufsetzte.
Ein kurzer, stechender Schmerz zuckte durch seine Schläfe, als er seine Beine aus dem Bett schwang und aufstand. In der letzten Nacht hatte er kaum eine Minute die Augen zu gehabt.
Er schnappte sich seine Robe, die er unachtsam auf einen Hocker geworfen hatte und ging in das Badezimmer, dass zu seinem Quartier gehörte. Es war ein großer Raum mit verschiedenen Bereichen, die jeweils durch brusthohe Mauern voneinander getrennt waren.
Er ging geradewegs in einen, in dem Boden und Wände aus einem glatten Material bestanden. An der Decke hing ein Rohr mit einem Sieb und im Boden darunter waren lauter kleine Löcher im Boden.
William warf sein Nachtgewand über die Abgrenzung und stellte sich unter den Sieb. Mit dem Zauberstab zielte er darauf und einen kurzen Moment später plätscherte kaltes Wasser aus den Löchern des Siebes, wusch William den Schlaf aus den Augen und floss dann durch die Löcher im Boden ab. Erneut deutete er mit dem Zauberstab nach oben und das Wasser versiegte.
"Accio Handtuch", murmelte er verschlafen und begann sich abzutrocknen.

Als er im Aufenthaltsraum ankam, fiel ihm als erstes ein dunkler, langer Haarschopf auf, der zu einem Mädchen auf dem Sofa gehörte. Sie trug eine Schülerrobe, aber wie groß war die Chance, dass Slytherin ein neues Mädchen unter seine Fittiche genommen hatte?
"Hallo?", fragte er vorsichtig und ging einen Schritt weiter auf das Sofa zu.
"Guten Morgen", flötete das Mädchen gut gelaunt und drehte den Kopf zu ihm um.
"Elizabeth?"
"Ja?" Mit einem verwirrten Gesichtsausdruck musterte sie ihn. "Achso ... wegen der Haare. Ich hab mich entschieden sie wieder zu entfärben. Mir hatte das Blonde doch nicht so zu gesagt."
"Ah." William sah sie immer noch skeptisch an.
"Findest du es vorher besser?" Elizabeth drehte sich langsam um sich selbst und sah ihn dann fragend an.
"Nein, nein. Es sieht gut aus." Er zwang sich zu einem Lächeln. "Ich bin nur wirklich müde und ... langsam auch hungrig", fügte er mit einem Blick auf seinen Bauch hinzu.
"Lass uns gehen", schlug sie vor.
"Sollten wir nicht auf John warten?"
"Der ist bestimmt schon los."
"In Ordnung."
Irgendwie fühlte er sich unwohl dabei, mit Elizabeth durch die Eingangshalle zum großen Saal zu gehen.
Ein Grund dafür war, dass er Angst hatte, sie könnte wieder auf die Idee kommen, wehrlose Schüler zu attackieren und ihn am Ende wieder dazu bringen, Parsel zu verwenden.
Aber seit er gestern mit Nishnuu und John in den Aufenthaltsraum gegangen war, gab es da noch einen Grund, weshalb ihre Anwesenheit ihm Kopfzerbrechen bereitete. Auch wenn John zu dem Zeitpunkt eindeutig trotzig war, weil er alleine mit dem Primus und Elizabeth bei Slytherin lernen würde, klang das, was er ihm mitgeteilt hatte nicht nach einer ausgedachten Lüge.
"Glaubst du, dass wir heute schon mit den anderen Unterricht haben werden?", fragte Elizabeth, als sie gerade an den Treppen nach oben angekommen waren.
"Ich weiß nicht. Hätte Meister Slytherin es uns dann nicht gestern gesagt?"
"Seiner Meinung nach würde es sicher reichen, wenn er es uns heute nach dem Mittagessen mitteilt."
William zuckte mit den Schultern. Er konnte beim besten Willen nicht wissen, was Slytherin plante, denn in den wenigen Tagen, die er da war, wurde er ständig von ihm überrascht. Er schien undurchschaubar.
Die letzten Stufen der Treppe kamen in Sicht und als die beiden um die Ecke gingen und auf die Tür zum Saal zuliefen, kam ein Mädchen die Treppe heruntergestolpert, das William nur zu gut wieder erkannte. Als es die beiden Slytherinschützlinge sah, blieb es stehen. Angst und Zorn traten in seine Augen.
William schnappte sich Elizabeths Hand und versuchte sie wegzuziehen, aber sie hatte bereits ihren Zauberstab in der anderen Hand und auf das Mädchen gerichtet.
"Nein!" Sie sah ihn an. Fast lag Belustigung in ihrer Miene. "Als der Primus deines Meisters befehle ich dir mit mir in den Speisesaal zu kommen."
Nachdem er das letzte Wort ausgesprochen hatte, zwang er sich sich umzudrehen und schnurstracks auf den Saal zu zu laufen. Er musste sich überwinden, dem Drang nach hinten zu schauen zu bezwingen, aber er schaffte es, den Rest des Weges bis zu dem Platz des Primus am grün geschmückten Tisch hinter sich zu bringen. Als er sich jedoch hinsetzte, schaute er in Richtung der Tür, durch die er gekommen war.
Elizabeth kam mit schnellen Schritten auf ihn zu. Sie stellte sich neben seinen Stuhl und verbeugte sich stürmisch, wobei ihre Haare wie wild flatterten.
"Ich bitte um Verzeihung, Primus. Ich wusste, dass du es nicht wolltest und dennoch zog ich ein Duell in Erwägung."
William blickte sie an. Er war verwirrter denn je. "Setz dich", sagte er knapp und sah zu, wie sie es sich in dem Stuhl neben ihm bequem machte.
Als die Lehrer durch den Seiteneingang den Saal betraten, kam auch John im Laufschritt auf den Tisch zu. William wollte ihn gerade begrüßen, als er bei ihnen war, aber John lief weiter und setzte sich weit weg von ihnen, ans andere Ende des Tisches.
Es schien wirklich keine ausgedachte Lüge zu sein und es würde auch zu ihrem Verhalten passen. Mit diesem Gedanken erhob er sich zusammen mit den drei anderen privilegierten Schülern, um gemeinsam mit ihnen das Ritual durchzuführen, mit dem jede Mahlzeit eingeläutet wurde.

Paige

Als Paige in den Saal gegangen war, saß ein Großteil der Hufflepuffschüler bereits an dem Tisch und war in Plaudereien vertieft. Harrold hatte sie mit einem zufriedenen Lächeln angesehen, während sie sich auf die Suche nach einem Platz gemacht hatte. Inzwischen hatte sie verstanden warum. Keiner der anderen Schüler wollte sie neben sich sitzen lassen, sodass sie aus Trotz den vordersten Platz belegte. Noch nie zuvor war sie beim Essen den Gründern so nahe.
Sie hörte sogar einige der Gesprächsfetzen und tat so, als würde sie sich voll und ganz auf ihr Essen konzentrieren, damit sie bei den teilweise interessanten Themen nicht die Lautstärke so stark verringerten.
"Nun ja, Rowena. Ich schätze deine Meinung sehr hoch, wie du ja weißt, aber dennoch halte ich es für unüberlegt einfach so den Primus zu wechseln, nur weil ein Schüler sich als talentierter herausstellt. Ich wähle meinen Primus immer noch wie meine Schüler. Der ehrlichste, treueste und hilfsbereiteste unter ihnen sollte die höchste Stelle bekleiden, wenn doch schon diese Werte als Maßstäbe gelten."
"Es scheint, Helga, als wähle jeder seinen Primus anders aus. Salazar hat, wie ich vernehmen durfte, sich den auserwählt, der ihm am Ähnlichsten ist und Godric hat das Ganze offenbar intuitiv getan", warf Ravenclaw ein und ließ ihren Blick zu Slytherin huschen.
"Wirklich, Salazar? Du hast einen Schüler gefunden, der ebenso schlau und listig ist wie du? Beherrscht er noch", sie machte eine verschwörerische Pause und setzte gespielt geflüstert hinzu: "andere deiner Talente? Ach, es ist so schön, wenn man jemanden gefunden hat, dem man trauen kann. Ich dachte immer, du würdest als nächsten Primus Elizabeth erwählen, aber wie du schon sagtest, Rowena, jeder erwählt den Primus anhand anderer Kriterien nicht wahr?"
"Stimmt es", warf Godric von der anderen Seite ein, der bisher teilnahmslos gegessen hatte, "dass dein neuer Primus ein Parselmund ist?"
Paige spitzte die Ohren und schob sich ein Stück Brot mit Schinken in den Mund, um jegliche Geräusche, die verrieten, dass sie zuhörte zu unterbinden.
"Ich denke, es ist nicht der Ort und nicht der Zeitpunkt, um so etwas zu besprechen." Sein Blick fiel auf Paige, die schnell ihren Teller musterte. "Nicht jeder deiner Schüler ist die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit in Person, Hufflepuff."
Paige spürte die Blicke der anderen Gründer in ihrem Nacken brennen.
"Slytherin, ich sagte schon einmal, dass du nicht Legilimentik auf Schüler anwenden sollst!", fuhr Gryffindor ihn an.
"Nein, du sagtest lediglich, ich solle Legilimentik nicht auf deine Schüler anwenden. Doch dies ist nicht deine Schülerin und es ist auch nicht eine Schülerin, die über die außergewöhnliche Fähigkeit meines Primus Bescheid wissen muss, nicht wahr, Paige?", fragte Slytherin mit seiner schneidenden kalten Stimme.
"Slytherin!", warf Hufflepuff ein und starrte ihn entrüstet an.
Darauf bedacht, den Boden anzustarren, als sie an den Hufflepuffschülern vorbei ging, hastete Paige aus dem Saal.
Im letzten Moment, bevor sie durch die Tür trat, sah sie zum Slytherintisch, wo der neue Schüler auf dem Platz des Primus saß und sich ein Brot mit Schmalz bestrich. Er war also wirklich ein Parselmund und nun auch Slytherins Primus.

William

Die Tür, vor der Elizabeth, John und William standen, schwang auf und William war fast enttäuscht einen Raum vorzufinden, der genauso eingerichtet und konstruiert war, wie der, in dem er bereits unterrichtet wurde. Dieser Raum schien eine größere Kopie des anderen zu sein.
Ihm fiel beim Eintreten allerdings auf, dass nur wenige Bücher in den Regalen standen und auch die Utensilien abgenutzter und schäbiger wirkten. Alles in allem sah der Raum gebraucht aus.
"Diese Kammer", begann Slytherin, als die drei Schüler in der Mitte der Achsen standen, "ist von mir konstruiert worden, in weiser Voraussicht, es würde sich eines Tages anbieten, einige Schüler mehr zu unterrichten. Er ist auf ungefähr ein Dutzend Schüler ausgelegt und es trifft sich gut, dass es genau diese Anzahl sein wird, die heute in den letzten Stunden von mir lernen darf.
Wir werden den Stoff, den ich später den nutzlosen Attrappen von Schülern beibringen soll, durchgehen, damit ich nicht wie ein Idiot dastehe. Beginnen wir doch mit dem Duellieren."
Slytherins Blick ruhte kühl auf seinen Schülern, dann ging er in den Seitenarm, der fast gänzlich leer war und fixierte Elizabeth.
"John kann ich wohl vergessen, wenn es um die feinen Schliffe einer Kunst geht, die er nicht einmal ansatzweise versteht, deshalb wirst du wohl assistieren müssen, Elizabeth."
"Ja, Meister Slytherin." Sie trat auf ihn zu und stoppte wenige Meter vor ihm.
"Der Grundgedanke eines Zaubererduells ist ein Kampf, bei dem der gewinnt, der seine eigenen Vorteile besser ausspielt." Sein Blick durchdrang William, der dem Geschehen so gut folgte, wie aus der Entfernung möglich.
"Zuerst verbeugen sich beide voreinander. Ein Tölpel verliert den Augenkontakt und hat schon verloren, bevor das Duell begonnen hat. Ein von Arroganz geblendeter Narr bleibt aufrecht stehen und zahlt dafür am Ende des Duells nicht nur mit seinem Stolz, sondern auch mit seinem Leben."
Beide verbeugten sich so tief wie es ihnen möglich war, ohne die Augen von ihrem Gegenüber zu lassen.
"Der nächste Punkt ist die Konzentration. Wenn ihr euch duelliert, müsst ihr alles ausblenden, was um euch geschieht. Konzentriert euch auf den Augenblick und auf euren Gegner.
Wichtig ist auch der erste Schritt, der erste Fluch, der erste kleine Sieg. Könnt ihr den ersten Zauber eures Gegners abwehren oder ihm mit dem ersten Zauber etwas anhaben, so steigen eure Chancen gewaltig. Nutzt jeden äußeren Einfluss zu eurem Vorteil."
Er blickte zu Elizabeth, die langsam nickte. Beide hoben ihren Zauberstab. "Jetzt!", rief Slytherin und schoss einen ungesagten Fluch auf Elizabeth. Das blaue Licht sirrte an ihr vorbei. Wieder schoss er einen Fluch auf sie ab, den sie im letzten Moment auf das Regal neben sich lenkte, wo ein Glas zersplitterte. Schützend hob sie eine Hand, um nicht von den Glassplittern getroffen zu werden, als ein weiterer Fluch auf sie zuflog und sie mitten in die Brust traf. Sie flog einige Meter weit nach hinten und landete hart auf dem Boden.
"Petrificus Totalus", sagte Slytherin und Elizabeth blieb wie ein Brett auf dem Boden liegen.
"Wieso habe ich gewonnen, John?"
"Weil Ihr die Umgebung für euch genutzt habt, Meister Slytherin."
"Und wie habe ich das getan, William?"
"Ihr habt sie in die Defensive gedrängt, in der sie Eure Flüche nur abwehren konnte, bis sie durch einen neben sich einschlagenden Zauber den darauf folgenden nicht mehr abwehren konnte."
"Gut." Er zielte mit dem Stab auf Elizabeth, die sich wieder bewegte. Sie stand auf, verbeugte sich tief und ging zu den anderen beiden. Als sie neben William zum Stehen kam, hörte er, dass sie schwer keuchte. Das Duell hatte ihr zugesetzt.
"John, komm her. William, du auch." Die beiden Jungen stellten sich wenige Meter vor ihrem Lehrer hin. "Ihr zwei werdet euch duellieren und versuchen alles einzusetzen, was euch dabei helfen könnte, dieses Duell zu gewinnen."
Slytherin ging einige Meter zurück. "Verbeugt euch", rief er zu ihnen hinüber.
William krümmte den Rücken, behielt dabei aber den Augenkontakt zu John bei, der es offenbar kaum wagte, sich zu verbeugen. "Jetzt!", schrie Slytherin durch den Raum und William hob seinen Zauberstab. Der erste Fluch von John flog bereits auf ihn zu, aber er war schlecht gezielt und schlug über ihm in die Wand ein.
Als er kurz darauf den zweiten Fluch auf sich zu fliegen sah, wusste er, dass John es auf die gleiche Weise versuchen würde, wie es Slytherin getan hatte. Er dachte an den Schildzauber, damit er für einen kurzen Zeitraum über einen Plan nachdenken konnte. Wie verrückt versuchte er sich an die richtige Formel zu erinnern, während der dritte und vierte Fluch auf ihn zu kamen.
"Protego", rief William und baute so den Schild vor sich auf. Jetzt brauchte er nur noch eine Idee, seine Vorteile gegenüber John zu nutzen. Die blauen Lichter, die John auf William schoss, verpufften an der unsichtbaren Barriere. Die aber nicht mehr allzu lange halten würde.
"Expelliarmus." Aber mit Mühe konnte John seinen Zauberstab festhalten. Er rappelte sich wieder auf und erinnerte William dabei an das Mädchen, das von Hufflepuff unterrichtet wurde.
"Serpensortia", brüllte er, bevor John wieder in seinen Rhythmus kommen konnte. Die Schlange schoss aus der Spitze seines Zauberstabs, direkt auf John zu. "Geh hinter ihn und greif ihn von dort an!", befahl er der Schlange, die in einem weiten Bogen um John herum glitt. Seine Stimme hatte sich wieder so seltsam angehört.
"Stopp!", rief Slytherin von der Seite und zielte mit dem Stab auf die Schlange, die sich in schwarzem Rauch auflöste.
"John, wieso hast du verloren?"
"Meister, ich hätte gewinnen können, wenn ihr ...", begann er, doch brach ab und fiel auf den Boden. Er windete sich in Krämpfen, während er vor Schmerzen schrie. Slytherin hob wieder den Zauberstab und John versuchte sich auf allen Vieren zu halten, knickte aber ein und blieb röchelnd liegen.
"Du hast verloren, weil du dich überschätzt hast. Deine Flüche waren weder präzise noch stark genug, um einen Zauberer in Schach zu halten. Was willst du bei deinem nächsten Duell tun? 'Serpensortia' rufen und darauf hoffen, dass die Schlange dir gehorcht? Es gehört mehr zum Siegen, als eine Strategie zu haben oder gar nachzuahmen."
Sein Blick ruhte auf John, der immer noch auf dem Boden lag und nach Luft rang.
"Hast du mich verstanden, John?"
"Ja ...", begann er, der Rest ging jedoch in einem Hustenanfall unter.
Erneut hob er den Zauberstab und Johns Schrei erfüllte wieder Raum. "Hast du mich verstanden, John?", brüllte Slytherin und William merkte, wie er ungewollt zusammenzuckte. Einen Augenblick später spürte er die Hand Elizabeths auf seiner Schulter.
Slytherin hob den Stab und ein leises 'Ja, Meister Slytherin' drang an Williams Ohren.
"Sobald er wieder bei Bewusstsein ist, wird er auf sein Quartier gehen. Ich brauche keine Tölpel, die sich für meine Schüler halten, wenn ich bald von Tölpeln umzingelt bin, die sich für Schüler von Zauberern mit besseren Idealen halten."
Er schritt auf die beiden verbliebenen Schüler zu und die Hand von Elizabeth zuckte unwillkürlich wieder zurück zu ihrer Robe.
"Wir werden uns an die Alchemie machen. Nach dem Mittagessen gehen wir noch ein paar Dinge in den dunklen Künsten durch und dann wirst du, Primus, deinen Trick mit der Schlange noch einmal mit einem Schüler von einem der anderen Gründer durchführen."
"Ja, Meister Slytherin."
"Gut, dann nun zur paradiesischen Tinktur."

Maximilian

Die Stunden zwischen dem Frühstück und dem Mittagessen hatten sich in die Länge gezogen und Maximilian seufzte erleichtert, als er sich auf seinen Platz im großen Saal gesetzt hatte.
Er bekam die Zeremonie kaum mit, sondern konzentrierte sich größtenteils darauf zwischen den Hufflepuffschülern einen blonden Haarschopf ausfindig zu machen, doch gerade, als sich alle wieder hinsetzten, um mit dem Essen zu beginnen, ertönte eine Stimme und brachte alle Schüler sofort zum Schweigen.
"Ich hab die zweifelhafte Ehre", fing Slytherin langsam an und wartete bis kein Mucks mehr zu hören war. Dann fuhr er lächelnd fort: "Neun Schüler zu unterrichten, die nicht von mir gewählt wurden." Er machte eine kurze Pause.
"Wenn diese neun Schüler so freundlich wären aufzustehen, wäre ich höchst erfreut", sagte er mit gespielter Nettigkeit und wartete, bis alle neun Schüler, drei pro Tisch aufgestanden waren. "Oh", sagte er und wandte sich an Hufflepuff. "Die Lauscherin ist auch dabei? Umso besser."
"Ich erwarte euch in der Nachmittagspause in der Eingangshalle. Ich freue mich schon, eure", er blickte sie kurz der Reihe nach an, "Talente näher unter die Lupe zu nehmen."
Maximilian setzte sich wieder auf seinen Platz. Statt des normalen klirrenden Geräusches, dass sofort nach der Zeremonie einsetzte, wenn sich jeder auf das Essen stürzte, war die Halle in jenem Moment von geflüsterten Verschwörungen, ernsten Reden und böswilligen Hasstiraden erfüllt. Am Tisch von Hufflepuff wurden zwei der Erwählten sogar beglückwünscht, als hätten sie einen Drachen mit bloßen Händen getötet.
Nur eine der Personen, die aufgestanden waren, saß komplett alleine da und starrte niedergeschlagen auf ihren leeren Teller. Paige saß ziemlich weit vorne, distanziert von all den anderen Hufflepuffschülern.
Sein Blick wanderte unwillkürlich weiter zu dem Tisch von Slytherin, wo die einzigen Geräusche von Besteck auf Geschirr zu hören war, dass von Schülern verursacht wurde. Mit leichter Verwunderung sah er, dass nur noch zwei Slytherinschüler am Tisch saßen; Der Primus und das Mädchen unterhielten sich angeregt, während sie das Essen herunterschlangen.
Entweder der Unterricht war so anstrengend, dass sie sich stärken mussten oder die beiden hatten nicht gefrühstückt. er wollte sich schon selbst über das Essen hermachen, als ihm plötzlich eine Bewegung auf dem Tisch von Slytherin auffiel. Eine Schlange glitt von dem Ende, wo der Lehrertisch war, auf den Primus zu. Er zwang sich die Augen zu schließen und drehte den Kopf wieder in die Richtung seines eigenen Tisches.
Inzwischen hatten die meisten Schüler angefangen, sich ihre Teller zu füllen und den Bauch voll zu schlagen. Maximilian nahm sich etwas Reis und Schweinefleisch, bevor er noch einmal in Richtung Slytherintisch schaute. Die Schlange war nur noch einen Meter vom Primus entfernt.

William

Nishnuu schlängelte sich an seinem Teller vorbei, streifte mit ihrem Schwanz leicht seinen Trinkbecher und rollte sich in seinem Schoß zusammen.
"Mein Meister sagt, du sollst keine Geheimnisse vor ihr haben. Er weiß davon und du sollst mit ihr darüber reden. Es klären. Es berichtigen. Das sagt mein Meister."
Die Schlange sah ihn noch einen Moment an, drehte sich dann um und kroch wieder auf ihren Meister zu.
"Er kann Gedanken lesen, nicht wahr?" fragte er, als die Schlange aus Sichtweite war.
"Es ist eine Technik die relativ einfach zu erlernen, aber schwer zu meistern ist. Bis du jemandem Gedanken entlocken kannst, die er dir nicht freiwillig gibt, können Jahre vergehen."
"Er weiß, was mir John erzählt hat."
"Was hat dir John denn erzählt?"
"Er sagte mir, du wärst Meister Slytherins treuer Hund. Du seist länger hier gewesen als Charles und wärst trotzdem nie Primus gewesen, weil du der einzige seiner Spione seist, die keine Schlange ist."
"Und du glaubst so einen Schwachsinn?"
"Als ich hier ankam, warst du distanziert. Du warst nett zu mir, aber nicht so anhänglich wie jetzt, wo ich Primus bin. Als du erfahren hast, dass ich ein Parselmund bin, hast du gesagt, ich solle es Slytherin erzählen und ich habe dir danach mehr vertrauen können, weil du die Wahrheit gesagt hast. Meister Slytherin hat nichts gegen einen weiteren Parselmund."
"Und weil ich dir die Wahrheit sage und dich mag, bin ich ein Spion von Meister Slytherin?" Sie blickte ihn leicht verwirrt an. "Das klingt lächerlich, Will."
"Vielleicht", sagte er. "Ach, vergiss es einfach, ich hätte John nicht vertrauen dürfen."
Irgendetwas sagte ihm, dass da vielleicht doch noch etwas dran war. Die Sache klang wirklich so lächerlich, dass sie bei Ansprache sofort vom Tisch gefegt war, aber wie erklärte er sich sonst das enge Verhältnis von Meister Slytherin und Elizabeth. Sie wusste über Dinge Bescheid, die er nicht einfach einem dahergelaufenen Schüler erzählen würde.
"Vertrau mir", sagte sie und streckte ihre Hand nach seiner aus. "Ich würde dich niemals verraten. An niemanden."
Wenn es eine Lüge war, war sie eine verdammt gute Lügnerin. William nickte leicht und versuchte zu lächeln. Elizabeth lächelte ihrerseits ihn an und nahm wieder ihr Besteck in die Hand.

Kapitel 9 - Homines, cum docent, discut

William

"... doch wenn ihr wütend genug seid, auf den, den ihr mit dem Cruciatus belegt, seid ihr in der Lage ihn durch die Schmerzen zu töten. Manchmal kann es sinnvoll sein, diese Aufgabe einem schwächeren Zauberer zu überlassen, damit das Opfer nicht von Anfang an zu große Schmerzen erträgt. Das könnte äußerst kontraproduktiv sein", schloss Slytherin und erhob sich.
William hatte kaum gemerkt wie die Zeit verstrich, während Slytherin über die verschiedenen Möglichkeiten der Folter gesprochen hatte.
"Da ich mich jetzt auf den Weg machen werde, um die neun Schüler einzusammeln, die sich gleich in der Eingangshalle versammeln werden, gebe ich euch diese Tränke." Er griff in seine Robe und beförderte zwei kleine Fläschchen ans Tageslicht.
"Sie werden euch helfen, schwerere Zauber ohne Probleme zu benutzen und stärken eure Fertigkeiten. Außerdem schärfen sie eure Reflexe. Trinkt sie jetzt, damit sie später wirken!" Er warf ihnen jeweils eine der kleinen Flaschen zu und schritt energisch auf die Tür zu.
William sah zu Elizabeth hinüber, die ihre Portion schon getrunken hatte. Sie schüttelte sich und streckte die Zunge raus. "Schmeckt ekelhaft."
Mit einem letzten schnellen Blick zu der leeren Flasche in ihrer Hand, setzte er seine eigene an und spürte, wie die Flüssigkeit auf ihrem Weg seine Kehle hinunter immer dickflüssiger zu werden schien. Ein widerwärtiger Nachgeschmack blieb in seinem Mund, der ihn an tote Tiere und verschimmelte Lebensmittel erinnerte.
"Das ist wirklich widerlich", meinte er und sah, wie Elizabeth zustimmend nickte. "Hast du das Zeug schon mal getrunken?"
"Vier oder fünf mal. Anfangs merkst du kaum einen Unterschied, aber wenn du erstmal angefangen hast zu Zaubern oder dich auf deine Reflexe verlassen musst, dann spürst du förmlich die Magie durch dich rauschen."
Er bemerkte eine Art Glänzen in ihren Augen, als sie ihn musterte. Was war, wenn auch sie diese Fähigkeit erlernt hatte, Gedanken zu lesen? William entzog sich ihrem Blick und sah sich in dem Raum um.
"Warst du schon mal hier?", fragte er schließlich, als die Stille unerträglich wurde.
"Nein", flüsterte Elizabeth. Es kam ihm vor, als wäre ihre Stimme näher als vorher.
"Glaubst du wir sind wirklich nur hier wegen der anderen Schüler, weil der Platz nicht gereicht hätte?"
"Ich weiß es nicht", hörte er ihre Stimme an seinem Ohr. Er konnte förmlich ihren Atem spüren. "Aber es ist mir auch ziemlich egal." Dieses Mal fühlte er wirklich einen heißen Hauch an seiner Ohrmuschel und kurz darauf ihre weichen Lippen an seinem Ohrläppchen.
Hinter ihnen öffnete sich quietschend die Tür und als William sich umdrehte, sah er aus den Augenwinkeln, dass Elizabeth an ihrem Platz saß, so als wäre gar nichts geschehen.
"In die Mitte!", befahl Slytherin als er den Raum betrat. William und Elizabeth setzten sich sofort in Bewegung und sahen neun Schüler durch den Arm auf sie zu kommen. Die meisten sahen sich mit großen Augen um, drei oder vier liefen in einer engeren Gruppe, als hätten sie Angst, Nachzügler könnten unbemerkt verschwinden. Nur zwei Schüler sahen wirklich selbstbewusst nach vorne, ohne einen Hinweis auf Angst oder Erstaunen.

Maximilian

"In die Mitte!", rief Slytherin, als Maximilian als Erster der Gruppe in den Raum ging. Die zwei Slytherinschüler, die beim Mittagessen waren, warteten bereits dort, wo der Gründer hindeutete.
Er schwor sich, sich von keinem von Slytherins Tricks beeindruckt zu zeigen. Gerade erst hätte er sich selbst ohrfeigen können, als er den Raum betrat, in dem eine Unmenge von Türen existierte. Er hatte mit offenem Mund die Fülle von verschiedenen Portalen angestarrt und Slytherin hatte ihn selbstzufrieden beobachtet. Das würde nicht noch einmal geschehen.
Während Theodore es ihm gleich tat und ebenso selbstbewusst den Blick nach vorne richtete, war Juliette langsamer geworden und hatte sich zwischen den Ravenclawschützlingen wiedergefunden, die alles genauestens unter die Lupe nahmen.
Paige war ungewöhnlich ängstlich und sah immer wieder zu Slytherin hinüber, der sie offenbar kaum beachtete. Wenn er dann doch den Blick auf sie richtete, drehte sie den Kopf so schnell weg, dass er nur noch ihren fliegenden Haarschopf sehen konnte.
Als alle in der Mitte versammelt waren, bemerkte Maximilian, dass der Raum sich wie ein großes 'X' in vier Richtungen erstreckte.
"Wir fangen mit einem kleinen Kräftemessen an, um herauszufinden, wer von euch es überhaupt wert ist, unterrichtet zu werden." Slytherin ging in einen nahezu leeren Arm des Raumes und zog seinen Zauberstab. Es war ein kleinerer knorriger Stab, der so aussah, als könnte man ihn mal eben am Waldrand aufgelesen haben.
"Schüler von Ravenclaw, ihr kämpft gleichzeitig gegen mich", sagte er und deutete auf die Gruppe der Ravenclawschützlinge. "Los, kommt her!"
Er sah mit eiskaltem Blick den dreien zu, wie sie auf ihn zu liefen. "Jetzt verbeugen wir uns erstmal."
Maximilian ließ den Blick nicht von Slytherin, dessen Augen immer noch auf seine Kontrahenten gerichtet waren. Als die Schüler sich verbeugten, flogen von Slytherin aus die ersten zwei Flüche und trafen zwei der Schüler.
Nur Alicia stand noch und baute in Panik ein Schild um sich auf. Der Lehrer schoss einen Fluch auf sie ab, lenkte ihn aber im letzten Moment über sie hinweg und auf das Regal hinter ihr. Mit lautem Krachen stürzte es auf Alicia hinab.
"Warum haben die drei verloren?", fragte Slytherin ohne sich um einen der Ravenclawschützlinge zu kümmern. "Juliette, nicht wahr?"
"Ja, S ... slytherin", stotterte sie und blickte zu Boden.
"Solange du dich in meinen Kerkern aufhältst, heißt das 'Meister Slytherin', verstanden?"
"Ja, Meister Slytherin", sagte sie schnell.
"Warum haben die drei verloren?"
"Ich ... ich weiß es nicht, Meister Slytherin."
"Elizabeth, erklär es denen, die selbst nicht genug vom Duellieren verstehen."
Elizabeth verneigte sich leicht vor Slytherin, drehte sich dann zu den anderen sechs Schülern und sagte mit eiskalter Stimme: "Die Verbeugung am Anfang eines Duells sollte niemals dazu führen, den Gegner aus den Augen zu lassen. Ist man dann alleine gegen einen übermächtigen Feind sollte man die Ruhe bewahren und einen Plan im Hinterkopf haben."
Slytherin hob den Zauberstab und die beiden Schüler von Ravenclaw, die gleich ausgeschaltet worden sind, wachten augenblicklich wieder auf. Während einer der beiden Slytherin wütend anfunkelte, nahm der andere seinen Zauberstab und stellte das Regal wieder auf.
"Ihr ist nichts passiert. Ich habe ein Schutzschild um sie herum errichtet, doch in einem echten Duell hätte keiner von euch überlebt."
Während die drei das Feld räumten und sich hinter die sechs verbliebenen Schüler zurückzogen, ließ Slytherin die zerbrochenen Gefäße mit einem Schlenker seines Zauberstabs wieder ganz werden.
"Primus", ein Schüler, der ungefähr zwei Jahre jünger sein musste als Maximilian trat vor. "Deine Gegner sind Hufflepuffs Schützlinge."

Paige

Als Paige mit den anderen beiden nach vorne trat, hörte sie neben sich ein verächtliches Schnauben. Harrold schüttelte mit gespieltem Lächeln leicht den Kopf. Auf Paiges anderer Seite stand Franklin, der mit ernster Miene die Augen nicht vom Primus Slytherins abließ.
Sie zogen alle ihre Zauberstäbe während Paige irgendwo, wie aus weiter Ferne von Slytherin das Kommando zum Verbeugen erhielt. Kurz bevor sie sich vor ihrem Gegner verneigte, beschwor sie ungesagt und unsichtbar einen Schildzauber.
Doch der Junge hatte noch keinen Zauber gewirkt, als alle vier wieder aufrecht standen. Er hatte noch nicht einmal seinen Zauberstab erhoben.
"Stupor!", rief Harrold und ein Lichtblitz raste auf den Primus von Slytherin zu, der im letzten Moment mit dem Stab den Fluch zur Seite schob. Er krachte in die Wand hinter ihm ein.
"Das war ein Shockzauber?", fragte er ungläubig und hob seinen Zauberstab. In schneller Folge flogen nun mehrere Lichtblitze von dem Jungen auf die drei Hufflepuffschüler zu und im nächsten Augenblick knickte Harrold ein.
Paige schoss ihrerseits Flüche nach dem Angreifer, war aber genug mit dem Abwehren seiner Zauber beschäftigt. Sie hatte noch nie einen so starken und beständigen Strom von Flüchen gesehen. Jeder schien noch stärker zu sein als der vorherige und das Schild, dass sie um sich errichtet hatte, hielt sie nicht auf.
Franklin versuchte den Flüchen physisch auszuweichen, statt sie zu blocken, um noch die Kraft zu haben, selbst ein paar Zauber abzufeuern. Ab und zu flog ein Lichtblitz aus seinem Zauberstab auf den Primus zu, wurde aber mit einer Handbewegung abgelenkt und brachte ihn kaum aus dem Rhythmus.
"Gleichzeitig", rief Paige ihm zu und zog den Kopf ein, als ein Shockzauber direkt dort einschlug, wo sie kurz zuvor gestanden hatte.
"Stupor!" Die beiden hatten fast gleichzeitig den Lichtblitz entsandt und ihr Gegner musste kurz seinen Beschuss einstellen, um beide abzuwehren. Doch gerade, als er wieder anfangen wollte, lächelte er grimmig.

William

Es war wirklich so, wie Elizabeth es ihm gesagt hatte. Die Magie durchströmte ihn und sein Zauberstabarm kribbelte bei jedem seiner Flüche, doch es war Zeit die Spielereien zu lassen. Er wollte testen, wie weit diese Tinktur ihn verstärken würde und es war unglaublich.
"Serpensortia!", rief er und hielt selbst kurz die Luft an, als die Schlange die Spitze seines Zauberstabes verließ. Dank des Elixirs hatte die Schlange fast den Durchmesser seiner eigenen Taille und war länger als fünf Meter.
"Schüchter sie ein, aber greif keinen von beiden an", befahl William und sah sich die Schlange nochmal kurz an. Hätte er ihr den Befehl zum Angriff gegeben, wären die beiden noch stehenden Hufflepuffschüler garantiert in Lebensgefahr. Die Schlange bäumte sich vor dem Mädchen auf und ließ den Kopf vorschnellen, gerade weit genug, um sie zurückspringen zu lassen. Der Junge daneben war starr vor Angst und stand dort, mit herunterhängendem Zauberstab.
William fixierte ihn und rief: "Petrificus Totalus." Das Mädchen lief einige Schritte weit weg, bevor sie den Zauberstab erhob: "Avada Kedavra!"
Ein grüner Lichtblitz flammte auf und die Schlange sackte zusammen, leblos.
"Stop!" Slytherin ging zwischen William und das Hufflepuffmädchen.
"Woher kennst du diesen Spruch?"
Das Mädchen atmete schwer und sah sich nach ihren beiden Mitstreitern um.
"Ich hab dich gefragt, woher du den Spruch kennst!"
Sie hob den Blick und sah Slytherin finster an.
"Warum haben sie ihn nicht aufgehalten? Dieses Ding hätte mich umbringen können!", schrie das Mädchen und eine Träne kullerte über ihre Wange.
"Wäre er nicht gewesen, hätte sie dich umgebracht, du dummes Kind. WOHER KENNST DU DIESEN SPRUCH?" Eine Ader an seinem Hals pulsierte.
"Lady Ravenclaw brachte ihn mir bei. Zusammen mit Okklumentik", meinte sie und starrte Slytherin noch immer zornentbrannt an.
"Lügnerin!" Er hob seinen Zauberstab und sofort brach sie zusammen und schrie vor Schmerzen. Ihre Augen rollten nach hinten, sodass nur noch das Weiße ihrer Augäpfel zu sehen war. Ihre Muskeln zuckten unkontrolliert.

Maximilian

"NEIN!" Sein Schrei übertönte nur kurz Alicia, die laut schluchzte. Maximilian hatte seinen Zauberstab in der Hand, er wollte nur noch eines. Dem Mann Schmerzen zufügen. Ihn leiden lassen.
Eine Hand packte ihn an der Schulter. Theodore, mit glasigen Augen und gesenktem Kopf, hielt ihn zurück.
"Stupor!" Theodore flog zur Seite und krachte gegen einen Tisch, der hinter ihm stand. Zwei Mädchen schrien hinter ihm panisch, aber er ging weiter auf Slytherin zu, der Maximilian gar nicht wahrnahm.Plötzlich spürte er einen stechenden Schmerz im Bein. Etwas Langes und Spitzes hatte sich hinein gebohrt.
Er sah an sich hinunter und konnte gerade noch eine Schlange erkennen, die sich in sein Fleisch verbissen hatte, dann wurde alles schwarz um ihn herum und er fiel in eine unendliche Leere.

William

Trotz der Wirkung des Elixirs, das in Williams Adern pulsierte, lag der Gryffindorschüler schon auf dem Boden, bevor er begriff, was geschehen war.
"Meister!", hörte er seine eigene Stimme rufen und kurzzeitig den Tumult und das Schluchzen um sich herum übertönen, dann richtete sich Slytherin auf und sah von der hübschen Hufflepuffschülerin ab. Sein Zauberstab war nach oben gerichtete, zeigte auf die Decke und augenblicklich schien es als würden alle Geräusche in ihn hineingesaugt. Selbst die Schritte, die der Gründer tat, klangen nicht durch den Raum, sondern waren ebenso stumm wie die Schreie und das Schluchzen der Schüler.
Er zeigte mit dem Zauberstab nacheinander auf den Primus von Gryffindor, den Gryffindorschüler, der bewusstlos in den Trümmern eines Tisches lag und dann auf das schluchzende Ravenclawmädchen, dessen Gesicht in den Händen verborgen war. Einer nach dem anderen verschwand. Als letztes richtete der Zauberer seinen Stab auf das Mädchen, das er gefoltert hatte. Er hielt kurz inne und musterte sie, als überlegte er sich, sie noch einmal zu foltern. Mit einem Schlenker seines Zauberstabs war auch sie schließlich verschwunden.
William starrte noch immer an die Stelle, wo ihr schöner Kopf umringt von dem blonden Haare gelegen hatte, als die Stimme Slytherins die absolute Still durchbrach.
"Geht!" Er wies mit der Hand auf die verbliebenen Schüler der anderen Gründer. "SOFORT!"
Hastig eilten sie durch die Tür und einer der Hufflepuffschützlinge beeilte sich so sehr, dem Mann aus dem Weg zu gehen, dass er stolperte und auf der weißen Leere einige Meter schlitterte, bevor die Tür sich schloss und William die Sicht raubte.
"Ihr zwei packt euch ein Paar Roben, euren Zauberstab und alles, was ihr unbedingt bei euch braucht in diese Taschen." Er kramte unter seinem Umhang nach zwei kleinen ledernen Beuteln, die ungefähr faustgroß waren. "Nehmt nur das mit, was ihr braucht und trefft mich dann vor dem Raum der Tausend Wege." Er wandte sich ab und William hatte sich gerade umgedreht, als er hinzufügte: "Nehmt John mit!"
 

Albin

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Kapitel 10

William

Die kalte Luft peitschte William ins Gesicht, während er versuchte mit dem Besen vor ihm und dessen Besitzer Schritt zu halten, von dem nur der flatternde schwarze Umhang zu sehen war. Hinter ihm schwirrten zwei weitere Besen durch die Dunkelheit und er glaubte zu wissen, dass zumindest die Hexe hinter ihm, mehr über die Gründe dieser überstürzten Flucht wusste, als sie zugab.

Vor wenigen Stunden stand sie noch zusammen mit William im Gemeinschaftsraum der Slytherinschüler. John war gerade dabei die Dinge einzupacken, die er benötigen würde und Elizabeth und William wollten warten, um ihm eine Strafe zu ersparen, die er möglicherweise erhalten würde, wenn er als einziger später bei Salazar Slytherin auftauchte.
„Und du hast wirklich keine Ahnung, was an diesem 'Avada Kedavra' dran ist, dass Meister Slytherin sofort den Unterricht beendet hat und mit uns von Hogwarts verschwinden will?“
Beim Klang des Fluches zuckte Elizabeth kurz zusammen, veränderte aber sonst ihre Miene kein Stück. Seit die beiden aus dem Unterricht gekommen waren, sah sie ihn immer nur mit einem mitleidigen und traurigen Blick an, aber er konnte nicht sagen, ob es mit den vergangenen Ereignissen zusammenhing oder sie ihn bemitleidete, weil er irgendetwas nicht verstand.
„Nein“, sagte sie nach einer längeren Pause und begann auf ihrer Unterlippe zu kauen. Mit einem Blick zu einem Banner an einer der Seitenwände fügte sie leise hinzu: „Ich hoffe Meister Slytherin kann sein Temperament im Zaum halten, falls sich ein anderer Gründer uns in den Weg stellt.“
Es war das erste Mal, dass er bei Elizabeth eine Art von Schwäche erlebte. Während er ihren Hinterkopf und ihre rechte Wange betrachtete, bemerkte er ein Glitzern, das sich seinen Weg bahnte, aber noch bevor es ihren Mundwinkel erreichte, wischte sie es beiseite und ihr entfuhr etwas, das wie eine Mischung aus einem hysterischen Lacher und einem mitleiderregenden Schluchzer klang.
Als er einen Schritt auf sie zu machte, hob sie den Kopf und drehte sich ganz von ihm weg, aber William trat unbeirrt einen weiteren Schritt auf sie zu und legte ihr die Hand auf die Schulter. Sie zuckte kurz zusammen, als wollte sie die Hand abschütteln, berührte dann aber zögerlich mit ihrer eigenen die seine, als wollte sie testen, ob er sie zurückziehen würde. Aber er zog seine Hand nicht zurück.
Langsam drehte sich Elizabeth um und kaum standen sie sich gegenüber, fiel sie ihm um den Hals und begann zu schluchzen.
„Es...“, begann sie, wurde aber erneut von einem Schluchzer unterbrochen. „Es tut mir leid“, sagte sie schließlich, machte aber keine Anstalten sich von ihm zu lösen. Er spürte sogar, wie sie ihren Griff verstärkte und sich ihr warmer Körper an ihn schmiegte. Ohne zu wissen, was seine Hände taten, bewegte sich die eine zu ihrem Rücken und die andere an ihre Taille.
„Es tut mir leid, Primus. Ich sollte stark sein für euch.“
Die Worte waren nur ein Flüstern, aber lösten dennoch in seinem Gehirn eine wahre Lawine aus. Das sie mehr von ihm wollte als Freundschaft, dessen war er sich bewusst, aber das, was sie gesagt hatte, klang als wäre sie ihm verpflichtet.
„Du musst nicht...“, fing er an, aber in diesem Moment öffnete sich eine Tür und John stand im Raum. Er warf einen schnellen, leicht grimmigen Blick zu seinen beiden Mitschülern und stapfte dann mit großen Schritten in Richtung des Treffpunktes.
Sofort löste sich Elizabeth von William, nicht ohne noch einmal seine Hand unnötig lange zu streifen. „Wir sollten“, sie wischte sich die Tränen vom Gesicht und trocknete ihre Augen, bevor sie fortfuhr. „Wir sollten auch los, Will.“

Und jetzt flogen die Vier durch die Dunkelheit der Nacht. Nur Slytherin wusste, wo ihr Ziel lag und was er mit seinen drei Schülern anstellen würde.
Noch bevor er seinen Gedankengang beendet hatte, verringerte der Besen vor ihm sein Tempo und seine Flughöhe. Slytherin begann einen Sinkflug auf eine kleine Lichtung inmitten eines dichten Waldes.
Erst als der vorbeirauschende Wind langsamer wurde, spürte er wie taub sein Gesicht inzwischen geworden war und wie steif sich seine Gelenke anfühlten, weshalb es eine extrem unangenehme Landung war. Als er sich streckte, hörte er in Nacken, Knien, Fuß- und Handgelenken ein Knacksen, was ein komisches Gefühl in den betroffenen Gelenken nach sich zog.
Kaum hatte William den Besen zwischen seinen Beinen hervorgeholt, da wurde er ihm auch schon entrissen und sauste zu Slytherin hinüber, der seinen eigenen Besen und den der anderen auf einem kleinen Haufen legte.
„Gryffindor und Ravenclaw können diese Besen orten.“ Er richtete den Zauberstab auf die vier Holzstäbe und das Reisig und nach wenigen Sekunden züngelten die ersten kleinen Flammen und verwandelten das Holz knisternd in Holzkohle.
„John, du wirst die Asche nehmen und sie in einer geraden Linie von einem Kilometer gleichmäßig verstreuen.“
Der Schüler blickte erst perplex zu seinem Lehrer, warf dann einen kurzen Blick zu William und stieß schließlich „Ja, Meister Slytherin“ hervor. Alle vier schwiegen, bis die Flammen erloschen waren, dann beugte sich John hinunter, um die Überreste so gut es ging aufzusammeln.
Erst als der Junge einige Meter ins Dickicht gegangen war, durchbrach Slytherin erneut das Schweigen. Er holte aus einer Tasche seines Umhangs einen kleinen Lederbeutel hervor, der denen, die er Elizabeth und William gegeben hatte, glich und sah schließlich zu den beiden hinüber.
„William.“ Es waren keine Worte, es war ein Zischen. Wenn man sich darauf konzentriert, ist Parsel von der Menschensprache sehr leicht zu unterscheiden, stellte William fest.
„Was immer dir im Moment auf dem Herzen liegt, trau dich, es mich zu fragen.“
Der Primus konnte nicht umhin, sich kurz umzusehen, dabei Elizabeth einen Blick zu schenken, deren Gesicht in der Dunkelheit unergründlich war und auch der Schlange zu seinen Füßen, die offenbar vom Parsel und den brennenden Besen angelockt worden war. Sie blickte wie hypnotisiert zu den beiden Männern hinauf, der eine alt und mit kalter, eisiger, selbst im Parsel unverwechselbarer Stimme und der andere jung und bisher stumm, lieber seine Hände und seine Umwelt betrachtend, als dem Älteren zu antworten.
„Ich... Meister Slytherin, was hat es mit dem Fluch auf sich?“
„Ahhh“, ein Lächeln huschte über die Lippen des Zauberers, als er fortfuhr. „Diesen Todesfluch habe ich selbst entwickelt. Es war zu einer Zeit... nun sagen wir, dass es damals als äußerst nützlich erschien, eine große Anzahl von Feinden schnell loswerden zu können.
Und als ich dieses schlammblütige naive Ding meinen Zauber benutzen sah, da erinnerte ich mich an... deine Frage sollte beantwortet sein, Primus.“
Überrascht stellte William fest wie genau die Schlangensprache den wirklichen Inhalt übertragen konnte. Es war nicht nur diese Frage beantwortet, sondern es war seine Chance auf weitere Fragen vertan. Er spürte es in den Zischlauten mehr als es zu hören.
Als Salazar Slytherin erneut den Mund öffnete, sprach er wieder in der Sprache der Menschen zu seinen beiden Schülern. „Ich habe noch etwas von großer Bedeutung zu erledigen und ihr beide werdet solange hier auf mich warten. John wird unter Umständen nicht zurückkehren, wenn doch, sorgt dafür, dass er nicht wiederkommt.“
„Ja, Meister Slytherin“, antwortete Elizabeth, aber der fixierte nur William, bis dieser mit ernster Miene nickte. Die beiden folgten ihrem Lehrer nur wenige Meter mit den Augen, dann war auch er in den Schatten verschwunden.

William starrte weiter auf die Stelle, wo der schwarze Umhang von der Schwärze des Waldes verschluckt worden war. Erst ein Knistern und ein loderndes Licht lenkten seine Aufmerksamkeit wieder auf Elizabeth, die ein magisches Feuer geschaffen hatte, dass ohne Brennmaterial solange Wärme und Licht spendete, bis ein Zauberer oder eine Hexe es erlöschen ließ.
„Du siehst unterkühlt aus, Will.“ Sie saß vor ihrem beschworenen Feuer und bewegte den Kopf nach links, um ihm klar zu machen, sich zu ihr zu setzen.
„Was meint er mit 'dafür sorgen, dass John nicht wiederkommt'?“, fragte der junge Zauberer, während er langsam zu dem Feuer ging. Er ließ sich vorsichtig neben Elizabeth nieder und spürte sofort, wie die Wärme ihm ins Gesicht schlug und das Gefühl wieder in seine Hände trat.
„Das heißt, was immer es deiner Meinung nach heißen soll.“ Ihr Blick blieb in den Flammen hängen, die in unregelmäßigen Abständen nach oben züngelten. „Du weißt, dass ich alles tun würde, was du von mir verlangst.“
Auch als er sie forschend ansah, starrte sie weiterhin nur die Flammen an, die vor ihnen loderten und knisterten. William hatte keine Antwort darauf und in Ermangelung einer besseren Möglichkeit mit ihr irgendwie in Kontakt zu treten, legte er einen Arm um sie. Auf eine seltsame Weise wirkte es wie das Richtige, aber sein Magen rebellierte gegen jede Bewegung, die er machte, während sein Herz seine Tätigkeit komplett eingestellt hatte.
Erst als er spürte, wie sie näher zu ihm rutschte und ihren Kopf an seine Schulter lehnte, schlug es wieder. Allerdings nicht in seiner Brust, sondern eher dort, wo zuvor noch sein Magen rumort hatte.

Es war das erste Mal, dass William sich fragte, wer Salaza Slytherin wirklich war, was er früher erlebt hatte und ob er eine Frau und vielleicht sogar Kinder hatte. Bis dahin hatte für ihn nur der Meister der Alchemie und der Duellierkunst gezählt, ein Genius in den Dunklen Künsten mit gewissen Schwächen im Umgang mit Mitmenschen, aber wer steckte hinter dieser Fassade?
So sehr William es auch versuchte, er konnte sich Salazar Slytherin einfach nicht mit einer Frau und Kindern vorstellen, als liebenden Familienvater, der sich um seine Liebsten kümmert.
Er schloss die Augen und ließ seine Gedanken schweifen. Der Vorfall mit dem 'Todesfluch', wie Slytherin sich ausgedrückt hatte, hatte eine Erinnerung in ihm wachgerufen – eine, die er lieber nicht haben würde.
Eine Zeit, in der es 'äußerst nützlich erschien, eine große Anzahl von Feinden schnell loszuwerden'. Vor nicht allzu langer Zeit gab es einen Aufstand von Bergtrollen und Kobolden in dieser Gegend, aber soweit William wusste, hätte jeder der Gründer auch mit den einfachsten Mitteln gegen eine Horde von Bergtrollen gesiegt. Und Kobolde hatten zwar Verstand, konnten aber weder physisch noch magisch großen Schaden anrichten.
Der Aufstand damals scheiterte, weil die Trolle zu dumm waren den Anweisungen der Kobolde zu folgen und eine Hand voll Zauberer schon ausreichte, um die Kobolde in einer magischen Barriere zu fangen und die Trolle so zu dezimieren, dass der Rest von ihnen kampflos floh.
Eine andere Bedrohung, die schon immer allgegenwärtig war, waren die Muggel, die zwar von der Intelligenz durchschnittlich mit der zaubernden Bevölkerung mithalten konnte, aber nicht das Wissen und auch nicht die Zauberkraft besaßen, um wirklich eine ernsthafte Gefahr darzustellen. Die ihnen fehlende Fähigkeit, Dinge zu beschwören, zu verhexen und zu verzaubern, glichen sie mit primitiven Waffen wie Mistgabeln und Messern, Sensen und Schwertern aus, während sie das Wissen durch ihre schiere Masse aufwiegten.
Dennoch stellten auch die Muggel nie eine wahre Bedrohung dar, auch wenn vereinzelte Dörfer oder Siedlungen mitunter wirklich eine Hexe oder einen Zauberer fangen und ihn töten konnten.
Das Einzige, was noch übrig blieb, waren andere Zauberer. Aber William hatte nie von feindlich gesinnten Magiern in dieser Gegend gehört. Zumindest zu Lebzeiten Slytherins gab es keine größeren Auseinandersetzungen zwischen der zaubernden Bevölkerung.

Seine Gedanken drifteten wieder ab und erneut fragte er sich, ob Slytherin jemals eine Familie gehabt hatte, als das Gesicht von Elizabeth vor ihm auftauchte. Die dunkelbraunen Strähnen verdeckten ihre Wangenknochen und ihr linkes Auge. William zog die Hand aus seinem warmen Umhang und strich ihr vorsichtig die Strähne aus dem Gesicht. Er konnte seinen Puls spüren, der auf einen Schlag sein Tempo verdoppelt hatte, seine Wangen und seine Ohren wurden heiß und während Elizabeth ihre Augen schloss und ihre Lippen sich seinen näherten, breitete sich auch eine angenehme Wärme in seinem Unterleib aus.
Er hätte einen freudigen Aufschrei unterdrücken müssen, als ihre sanften Lippen seine berührten, wenn nicht sofort ihre Zunge zwischen ihnen hindurchgehuscht wäre und sich wie wild in seinem Mundraum bewegte. Als sie sich von ihm löste, atmete er tief durch und sah ihr in die Augen, seine Hand ruhte noch immer an ihrem Kopf, wo er zuvor die Haare zur Seite gestrichen hatte.
„Wir sollte versuchen ein wenig Schlaf abzubekommen“, murmelte die junge Hexe und legte sich vor das Feuer. Im Schein der Flammen war ihr Gesicht fast zu einem Scharlachrot angelaufen und ein albernes Grinsen hatte ihren sonst oft so ernsten Gesichtsausdruck abgelöst.
„Protego!“, rief er in den Wald hinein und eine blaue kuppelförmige Barriere leuchtete um das Feuer und die beiden auf, verblasste dann aber. William überlegte sich kurz, ob das ausreichen würde, aber sofort kreisten seine Gedanken wieder um Elizabeth, die vollkommen ruhig dalag.
Langsam tat er einen Schritt auf sie zu, legte sich auf den Boden direkt hinter Elizabeth schlang seinen Arm um sie.

Kapitel 11

Maximilian

Das Erste, was Maximilian spürte, als er wieder zu Bewusstsein kam, war ein pulsierender Schmerz in seinem rechten Bein. Er riss die Augen auf, doch alles was er sah, war weißes Nichts.
„Oh Orakel von Helenna, bin ich etwa...“, doch er kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden, da huschte auch schon ein verschwommenes Gesicht über sein Blickfeld. Es war von Goldfäden umrahmt.
Nach wenigen Momenten, die ihm wie eine Ewigkeit vorkamen, wurden die Konturen klarer und er sah, über sein Bett gebeugt, zwei sorgenvolle Augen und ein schmaler Mund, umrandet von blonden Strähnen.
„Paige?“ Heiser war das erste Wort, das ihm einfiel, als er sich den Namen sagen hörte.
„Geht es dir gut, Maximilian?“, fragte Paige, die zur Erleichterung Maximilians keinen körperlichen Schaden von den Strapazen davongetragen zu haben schien.
„Es geht“, meinte er und schloss für einige Augenblicke die Lider. „Denke ich zumindest“, fügte er hinzu. „Aber ob ich so schnell wieder gehen kann, weiß ich nicht.“ Er zwang sich zu einem Lächeln, ließ die Mundwinkel aber wieder sinken, als er ihren besorgten Blick sah.
„Thorn holt gerade verschiedene Kräuter mit deren Hilfe er und Whistle die Verletzung heilen wollen.“
„Whistle? Der schafft es doch noch nicht einmal einen Kniesel von einem Elefanten zu unterscheiden, obwohl das sein Spezialgebiet ist. Wie soll er mir dann in so einer...“
„Beruhig dich, Maximilian. Whistle ist kein schlechter Zauberer.“
In diesem Moment öffnete sich die Tür zum Krankenzimmer des Schlosses und Professor Whistle, Professor Thorn traten ein, dicht gefolgt von Theodore und Alicia. Professor Thorn beendete gerade einen Satz, als er durch den Türrahmen ging und sah dabei tadelnd zu Theodore. „...alles beisammen haben, könnten Sie uns nun endlich unsere Arbeit verrichten lassen.“
„Theresius“, murmelte Whistle leise, „unser Patient ist wach.“
„Nun denn, Oswald, lassen Sie uns anfangen.“
Whistle und Thorn hatten jeder einige Kräuter in den Händen. Während der Kräuterkundelehrer Blätter von den Pflanzen pflückte und Samen aus deren Blüten puhlte, zerstampfte und mischte Whistle die Zutaten in einem Mörser.
„Okay, Maximilian, das wird jetzt etwas brennen und dich eventuell zeitweise lähmen, in der Zeit, in der die säubernde Essenz durch deinen Körper spült und das Gift bindet.“
„Professor Whistle, sind Sie sicher...“, begann Maximilian, aber er kam nicht mehr dazu seine Frage zu stellen, da spürte er auch schon einen Schmerz an seinem rechten Bein, als würde jemand versuchen das Gift von außen herauszubrennen. Erst langsam, dann immer schneller zog er in seine Glieder. Wie geschmolzenes Metall floss es durch sein Bein und erreichte seinen Magen, seine Brust und schließlich seinen ganzen Körper. Er hätte geschrien, aber kein Millimeter seines Körpers gehorchte ihm mehr. Das einzige was sich zu bewegen schien, weiter zu arbeiten schien, waren sein Herz, seine Lunge und sein Gehirn.

Paige

Sie konnte es einfach nicht mitansehen. Kaum hatte Whistle mit der Tinktur die Wunde berührt, hatte Maximilian keinen Ton mehr von sich gegeben, aber der stumme Schmerz, von dem in seinen Augen zu lesen war, war schlimmer als es jeder Aufschrei hätte sein können.
Für einen Augenblick blieb sie noch bei Theodore und Alicia stehen, dann lief sie eiligen Schrittes aus dem Zimmer hinaus und den Gang entlang. Die beiden anderen hatten die Lehrer fast von ihrer Arbeit abgehalten, weil sie unbedingt helfen wollten, Gryffindors Primus wieder auf die Beine zu holen. Paige konnte zu dem Zeitpunkt nichts anderes, als in seiner Nähe zu bleiben und darauf zu hoffen, dass er bald erwachte, aber jetzt, wo er wieder wach war, konnte sie nichts anderes tun, als sich um andere Dinge zu kümmern und sich abzulenken bis zumindest die Lähmung wieder nachließ.

William

Irgendetwas kitzelte seine Nase. Im Halbschlaf drehte er den Kopf ein Stück, aber immer noch war da irgendwas direkt über seiner Oberlippe. William blieb erstmal mit geschlossenen Augen auf dem Rücken liegen und versuchte sich daran zu erinnern, wo er war. Unter seinem Rücken spürte er das unverwechselbare Kratzen eines Waldbodens, das man auch durch den dicksten Umhang bei jeder kleinen Bewegung spürte; ein kleiner Ast, Kieselsteinchen, Wurzeln und das vermaledeite Kitzeln in seiner Nase.
Als er die Augen öffnete, bemerkte er, dass die Sonne kaum aufgegangen war. Nur vereinzelte Strahlen krochen durch einen dichten Nebel durch das Dickicht des Waldes und trafen schließlich auf William und Elizabeth, die mit ihrem Kopf neben seiner Schulter lag. Eine ihrer Strähnen hatte sich auf sein Gesicht verirrt und bei jedem Atemzug ihrerseits bewegten die Haare leicht, was jetzt, wo er wusste, was ihn da kitzelte, noch schlimmer war.
So leise und vorsichtig wie möglich schob William Elizabeth mit sanfter Gewalt zur Seite, um aufstehen zu können, ohne sie zu wecken. Er war äußerst überrascht, dass es ihm so einfach gelang. Als er sich streckte und den Schlaf aus den Augen rieb, wärmten die ersten Sonnenstrahlen sein Gesicht. Es war erstaunlich, wie die Sonne den nachts so kalten Wald erwärmte. Er hätte fast seine dicke Robe ausgezogen, aber war sich sicher, dass es dafür doch noch zu kalt sei.
In der Ferne ließen erste Vögel ihren Gesang erklingen und William ging in die Richtung, in der er den Vogel erwartete. Der Waldboden war leicht feucht und ziemlich weich, sodass er fast ausgerutscht wäre, aber im letzten Moment fing er sich, mit den Armen rudernd, wieder.
„Oh, das war knapp“, murmelte er und ging einen weiteren Schritt auf das Vogelgezwitscher zu, als sich plötzlich etwas Hartes gegen seine Nase presste und ihn unmittelbar von den Beinen holte.
„Was zum...?“
„Guten Morgen, William.“ Elizabeth war aufgewacht und schaute von ihrem Lager aus zu ihm hinüber. Ein breites Lächeln war auf ihrem Gesicht. „Du hast wohl deine Barriere von gestern Nacht vergessen.“
Mit einem, wenn auch viel schmaleren Lächeln, als es Elizabeth zeigte, auf den Lippen und sich die Nase reibend, kam William wieder zum Schlafplatz zurück. Aber irgendetwas an der Hexe vor ihm irritierte ihn.
„Ist etwas... sind deine Haare dunkler geworden?“
Sie hielt eine Strähne zwischen ihren Fingern und zog sie nach vorne. „Ja, ich denke die Magie wird erst nach und nach ganz verblassen.“ Als sie seinen Blick bemerkte, fügte sie lächelnd hinzu: „Meine Naturfarbe ist schwarz.“

Paige

Gerade hatte sie das zweite Glas mit Wasser heraufbeschworen. Die Idee spukte schon seit Längerem in ihrem Kopf, aber erst jetzt hatte sie Gelegenheit dazu wirklich darüber nachzudenken. Es war einfach zu viel passiert in den letzten Stunden.
„Illigartio!“, rief sie und tippte mit dem Zauberstab gegen beide Gläser. „Ich sollte wohl erstmal überprüfen, ob das geklappt hat.“ Ihre Gedanken schweiften wieder zu Maximilian ab, der sich nicht bewegen konnte und Qualen durchlitt, während sie irgendwelche Zauber ausprobierte.
„Ach was... Par... Parlatio!“ Ihre Stimme driftete in ein Quieken ab und sie musste sich erst mehrfach räuspern, bevor sie den Kloß im Hals heruntergeschluckt hatte, den ihr der Gedanke eingebrockt hatte.
„Und wie...“, fing sie gerade an, aber sie unterbrach sich selbst, indem sie eines der Gläser in die Hand nahm, ihren Mund darüber positionierte und laut sagte: „Max.“
Schnell stellte sie das Glas ab und nahm das andere in die Hand, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, dass in beiden Gläsern eine Luftblase aufstieg. Sie kamen an die Oberfläche, zerplatzten und ein Wort war zu hören, minimal zeitversetzt: „Max.“

Maximilian

Kaum war Paige durch die Tür verschwunden, hatte Professor Thorn dem Gryffindorprimus die Augen geschlossen und kleine Stoffkügelchen in die Ohren gesteckt. Der Lehrer meinte, er brauche jetzt Ruhe und einen erholsamen Schlaf und da jedes Mittel, das dafür zu Hilfe genommen werden könnte, den Genesungsprozess beeinträchtige, würde er wohl auf die altmodische Art einschlafen müssen.
Aber wie sollte er, auch wenn er sich nicht bewegen, nichts sehen und nichts hören konnte, einschlafen, solange er noch seine Gedanken hören, seine Erinnerungen sehen konnte?
Sobald er wieder aufstehen konnte, würde er einige Dinge erledigen müssen. Eine der ersten davon war, Slytherin und seinen Primus dafür leiden zu lassen, was sie Paige angetan hatten. Slytherin hatte nichts anderes als Schmerzen verdient, Schmerzen, Pein und Qualen. Er sollte für all das zahlen, was er jemals irgendeinem anderen Menschen angetan hat. Seine Schüler hatte er gequält, die Schüler der anderen Gründer, besonders die von Ravenclaw, Alicia... und Paige.
Aber dieser William war genauso schlimm. Er war Slytherins Primus, glich ihm in jeder Einzelheit. Warum sonst hatte er nach wenigen Tagen schon den Platz von Slytherins Lieblingsschützling eingenommen?
Ja, dieser William musste genauso leiden wie Slytherin.

Paige

Paige stellte das Glas Wasser auf den kleinen Tisch neben Maximilians Bett und legte den zuvor geschriebenen Brief dazu. Sie blickte noch einmal zu dem Jungen, der steif wie ein Brett dalag. In unregelmäßigen Abständen zuckte sein rechtes Bein, mal so stark, dass das Bett wackelte, mal kaum merkbar.
Mit Tränen in den Augen verließ sie den Raum und ging mit der Pergamentrolle mit den Zauberformeln in Richtung des Büros von Rowena Ravenclaw. Sie hatte jetzt eine leise Ahnung, worum es bei dieser und vielleicht auch bei nachfolgenden Lektionen ging, denn beide Zauber konnte man in mehreren Büchern der Bibliothek finden, jedoch nie beide in einem Buch.
Sie blieb vor einer Tür stehen, auf der ein blaues Wappen einen Raben umrahmte, der Paige mit seinem Blick genau folgte. Paiges Hand fühlten sich schwer an, als sie sie hob, um an die Tür zu klopfen. Ihre Knöchel berührten kaum das Holz, als sie nach innen aufschwang.
„Paige, ich hatte dich eigentlich schon viel früher erwartet.“
„Es ist... viel dazwischen gekommen, Mylady“, antwortete Paige kühl und trat in den Raum, wo Ravenclaw sie mit einer knappen Handbewegung dazu aufforderte, sich zu setzen.
„Ja... es ist viel passiert“, murmelte Ravenclaw und ihre Augen sahen durch Paige hindurch in die Ferne, in eine lange vergangene Zeit.
„Mylady?“
„Ja? Paige?“ Ravenclaw sah verwirrt zu ihr hinüber, als hätte sie gerade erst registriert, dass sie nicht alleine im Raum ist.
„Ich schätze, die Aufgabe hierbei“, sie legte das kleine Pergamentpapier auf den Tisch, „war nicht, die Zauber zu beherrschen, sondern sie im richtigen Sinne zu kombinieren. Was ich allerdings nicht verstehe, ist warum sie es mir nicht einfach sagen konnten, wie ich diese Zauber verbinden soll.“
„Vielleicht ist es an der Zeit, dir ein paar Dinge zu erklären, Paige.“
 
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