[Diskussion] Interactive Fiction / Textadventures

Neverman

VIP
VIP
Interactive Fiction? Textadventures? Wtf...? oO

Wird sich wohl mancher denken, wenn er das liest. Klingt nicht wirklich nach Unterhaltung oder Spielspaß, wie man ihn heute gewohnt ist. Rede ich von Point & Click, weiß nahezu jeder was gemeint ist, selbst wenn er nicht zu den seligen 90gern gehört und ihre originären Kindheitserinnerungen teilt. Aber bei Maniac Mansion, dem sogenannten Urspiel des Point & Click Adventures hört das Interesse meistens auf, wohl weil alles davor optisch zu unausgereift ist, um heute noch zu gefallen. Selbstverständlich sind die LucasArts-Spiele der Höhepunkt einer Ära, die auch heute noch außer Konkurrenz steht, aber lange bevor es überhaupt das Prinzip Point & Click (dt: anvisieren & klicken) gab, war es sogenannte "Interactive Fiction", die die Blagen der 80ger vor dem Bildschirm fesselte und zur ursprünglichen Entwicklung des noch heute bekannten, urtümlichsten Typus des "Computer-Nerds" führte.

Siehe:

(Möchte man nicht glauben, aber jener Herr ist Jahrgang 1970)

Interactive Fiction ist die erste und eigenwilligste, aber im gewissen Sinne unterhaltsamste Art, Literatur und Computerspiel zu vereinen. Eigentlich sogar die erste Form von Computerspiel. Es fing alles mit dem nerdigen Hobby einiger jungen Programmierer an, die in ihrer Freizeit gerne Höhlen besichtigten. Aufgrund dessen entstand eine Textsimulation, in der man sich in eine Höhle begibt, ohne zu wissen, was einen dort erwartet. "Adventure", so der simple Name dieses Spiels aller Spiele ist der Grundstein aller heutigen Adventure-Spiele. Grafik war damals noch Wunschdenken, weswegen man sich mit einer simplen Text-Interface zufrieden geben musste. Das Prinzip ist einfach. Der Spieler befindet sich in einer beliebigen Situation und muss nun selbst herausfinden, was zu tun ist. Der Spieler wacht auf in einem Raum. Was zu tun ist, wird nicht verraten, aber das Textfeld blinkt erwartungsvoll und nichts steht der Experimentierfreude im Weg. Es liegt also am SPieler, zu entscheiden was zu tun ist, während der Computer die eingegebenen Befehle verarbeitet und ausrechnet, ob die Aktion möglich ist, oder nicht und dem frustrierten Spieler auch gleich eine Begründung liefert. Interactive Fiction ist das Computer-Pendant zu den in den 80gern kurz aufkommenden Spielbüchern, in denen der Leser "aktiv" am Geschehen teilnahm und im Buch Möglichkeit hatte, sich (unter verschiedenen Auswahlmöglichkeiten) zu entscheiden. Als Kind übten diese Bücher einen ganz besonderen Reiz auf mich aus und ich las sie immer und immer wieder, um jedes mögliche Ende kennenzulernen, da ein stringentes von-vorne-nach-hinten-lesen praktisch unmöglich war. Mit dem Textadventure verhielt es sich ähnlich. Ein simples durchspielen ist unmöglich, da du selber Entscheidungsträger bist und ganz sicher mehr als ein Weg nach Rom führt. Welchen wirst du also beschreiten? Es ist faszinierend, die verschiedenen Möglichkeiten auszuprobieren.
Textadventures wurden schnell populär und eine Firma tat sich ganz besonders maßgeblich hervor: Infocom.
Infocom veröffentlichte nicht nur die großen Fantasy-Klassiker der Zork-Reihe sondern probierte sich auch erfolgreich am anspruchsvollen Krimi- und Thriller-Genre. Die Textadventures von Infocom waren stets anspruchsvoll und literarisch ausgefeilt, Herausforderungen, die jahrelang zu unterhalten vermochten.
Erst als die Grafik langsam in die uralten Computer und Konsolen Einzug hielt, verschwand das Genre langsam aber sicher.
Heute sind die meisten Interactive Fictions (IF's) kostenlos im Internet erhältlich. Sowohl die Klassiker von Infocom und Legend Entertainment, Level 9, Magnetic Scrolls und Adventure International, als auch die Werke einer kleinen, aber feinen (meist englischsprachigen) Amateurszene. Leider sind sämtliche dieser Spiele auf Englisch, es gab in Deutschland keinen richtigen Markt dafür und die Entwickler beschäftigten sich nicht in der Reinform mit dieser Art Spiel.

Ich kann es jedem nur empfehlen mal auszuprobieren, es macht unheimlich viel Spaß. Online spielbar sind die meisten, man braucht nichtmal lange danach zu suchen.
Wer sich mehr für Textadventures interessiert, kann sich die englische Dokumentation "Get Lamp" auf Youtube angucken.

Kennt vielleicht jemand von früher Textadventures, hat sie vielleicht sogar selbst als Kind gespielt (ich jedenfalls nicht, dafür bin ich dann doch zu jung)? Wie sind eure Erfahrungen? Kultiges Urgestein im Spielebusiness, oder doch veraltet und langweilig?
 

Pazuzu

Otaku Legende
Otaku Veteran
Vollkommen an mir vorbei gegangen, einen mein erster Computer bekam ich erst in der späten 90er.
Das Genre (oder zumindest seine Enkelkind) scheint aber nicht ganz tot zu sein.

"Dear Esther" ist zwischen den Fans von "ungewöhnlichen" Games ein riesen Erfolg:
[video=youtube;mYknEAEbOD8]http://www.youtube.com/watch?v=mYknEAEbOD8[/video]


Auf jeden Fall einen Blick wert, wenn man sehen will, was aus dem Projekt "Interactive Fiction" geworden ist ^^
 
Oben