UsbStick
Gläubiger
UsbStick's Lyrik Thread
Wir wollen lesen und verstehen und das geht so:
Ein Gedicht oder Kurzgeschichte aussuchen und hier Einfügen (Spoiler benutzen für das Gedicht)
Interpretation schreiben und hier Einfügen. Absätze nicht vergessen, Fließtexte müssen lesbar sein und achtet ein wenig auf Rechtschreibung
Wenn eure Interpretationen zu lang sind verkürzt sie und fügt den Kompletten Text als Anhang bei.
Wenn ihr Stellung zu einer Interpretation beziehen wollt, macht das bitte in diesem Thread: Diskussionsthread
Günter Grass: Im Ei(1958)
Ich mag dieses Gedicht, denn es fasst in Worte, was mir im kopf herumwandert, wenn ich höre, wie sich Menschen über den Wahrheitsgehalt ihrer Religion streiten.
Wir wollen lesen und verstehen und das geht so:
Ein Gedicht oder Kurzgeschichte aussuchen und hier Einfügen (Spoiler benutzen für das Gedicht)
Interpretation schreiben und hier Einfügen. Absätze nicht vergessen, Fließtexte müssen lesbar sein und achtet ein wenig auf Rechtschreibung
Wenn eure Interpretationen zu lang sind verkürzt sie und fügt den Kompletten Text als Anhang bei.
Wenn ihr Stellung zu einer Interpretation beziehen wollt, macht das bitte in diesem Thread: Diskussionsthread
Günter Grass: Im Ei(1958)
Wir leben im Ei.
Die Innenseite der Schale
haben wir mit unanständigen Zeichnungen
und den Vornamen unserer Feinde bekritzelt.
Wir werden bebrütet.
Wer uns auch brütet,
unseren Bleistift brütet er mit.
Ausgeschlüpft eines Tages,
werden wir uns sofort
ein Bildnis des Brütenden machen.
Wir nehmen an, dass wir gebrütet werden. /
Wir stellen uns ein gutmütiges Geflügel vor /
und schreiben Schulaufsätze
über Farbe und Rasse
der uns brütenden Henne.
Wann schlüpfen wir aus?
Unsere Propheten im Ei
streiten sich für mittelmäßige Bezahlung
über die Dauer der Brutzeit.
Sie nehmen einen Tag X an.
Aus Langeweile und echtem Bedürfnis
haben wir Brutkästen erfunden.
Wir sorgen uns sehr um unseren Nachwuchs im Ei.
Gerne würden wir jener, die über uns wacht
unser Patent empfehlen.
Wir aber haben ein Dach überm Kopf.
Senile Küken,
Embryos mit Sprachkenntnissen
reden den ganzen Tag
und besprechen noch ihre Träume.
Und wenn wir nun nicht gebrütet werden?
Wenn diese Schale niemals ein Loch bekommt?
Wenn unser Horizont nur der Horizont
unser Kritzeleien ist und auch bleiben wird?
Wir hoffen, dass wir gebrütet werden.
Wenn wir auch nur noch vom Brüten reden,
bleibt doch zu befürchten, dass jemand,
außerhalb unserer Schale, Hunger verspürt,
uns in die Pfanne haut und mit Salz bestreut.-
Was machen wir dann, ihr Brüder im Ei?
Die Innenseite der Schale
haben wir mit unanständigen Zeichnungen
und den Vornamen unserer Feinde bekritzelt.
Wir werden bebrütet.
Wer uns auch brütet,
unseren Bleistift brütet er mit.
Ausgeschlüpft eines Tages,
werden wir uns sofort
ein Bildnis des Brütenden machen.
Wir nehmen an, dass wir gebrütet werden. /
Wir stellen uns ein gutmütiges Geflügel vor /
und schreiben Schulaufsätze
über Farbe und Rasse
der uns brütenden Henne.
Wann schlüpfen wir aus?
Unsere Propheten im Ei
streiten sich für mittelmäßige Bezahlung
über die Dauer der Brutzeit.
Sie nehmen einen Tag X an.
Aus Langeweile und echtem Bedürfnis
haben wir Brutkästen erfunden.
Wir sorgen uns sehr um unseren Nachwuchs im Ei.
Gerne würden wir jener, die über uns wacht
unser Patent empfehlen.
Wir aber haben ein Dach überm Kopf.
Senile Küken,
Embryos mit Sprachkenntnissen
reden den ganzen Tag
und besprechen noch ihre Träume.
Und wenn wir nun nicht gebrütet werden?
Wenn diese Schale niemals ein Loch bekommt?
Wenn unser Horizont nur der Horizont
unser Kritzeleien ist und auch bleiben wird?
Wir hoffen, dass wir gebrütet werden.
Wenn wir auch nur noch vom Brüten reden,
bleibt doch zu befürchten, dass jemand,
außerhalb unserer Schale, Hunger verspürt,
uns in die Pfanne haut und mit Salz bestreut.-
Was machen wir dann, ihr Brüder im Ei?
Ich mag dieses Gedicht, denn es fasst in Worte, was mir im kopf herumwandert, wenn ich höre, wie sich Menschen über den Wahrheitsgehalt ihrer Religion streiten.
Das Lyrische Ich fragt sich scheinbar wie die Menschen darauf kommen, dass das was wir Gott nennen sich überhaupt für uns interessiert, bzw. überhaupt existiert. Dass erkennt man daran, dass es einen Wandel der Gedanken in ihm gibt: 1.-7. Absatz: eine Frage; 7.-8. Absatz: nur Fragen.
Vergleich: Adoleszenz. Das Kind übernimmt in den ersten 4 Jahren von seinen Eltern ohne den Sinn des Handelns zu Hinterfragen. In den folgenden Jahre wird das Kind aus unterschiedlichen Quellen gefüttert und bekommmt dadurch einen breiteren Horizont. Nun beginnt es in der Regel die Dinge am Horizont abzugleichen. Dinge die man als kind glaubte werden Stück für Stück aufgedeckt und aus einem neuen Blickwinkel angeschaut. Dann beginnt man die Fundamentalen Dinge zu beleuchten, die einem mitgegeben wurden(Religion, Weltanschauung, etc.) und das momentane Weltbild beeinflussen.
"Was ist, wenn wir uns das alles nur Einbilden ?" ~ Jedes Kind meiner Grundschule
Dieser Prozess ist bei dem lyrischen Ich ebenfalls zu erkennen, denn es gibt im Bezug auf das Brüten vier entscheidende Wendungen:
Wir werden gebrütet. (Definitiv)
Wir nehmen an, dass wir gebrütet werden. (Spekulativ, Distanziert)
Und wenn wir nicht gebrütet werden ? (Spekulativ, Differenziert)
Wir hoffen, dass wir gebrütet werden. (Definitiv)
Was Günter Grass hier beschreibt ist die Erkenntnis, dass alles was wir Wissen sich lediglich auf das innere des Ei's bezieht und damit sozusagen auf das innere des Universums. Wir wissen wie ein Baum entsteht und wie eine Befruchtung vonstatten geht, aber wir wissen wenig über das Äussere. Alles was Menschen über das Äussere sagen ist Spekulativ und damit nicht zuverlässig. Hier sei die Frage angebracht, ob man sein Leben aufgrund von Spekulationen umgestalten will.
Der siebte Absatz ist ein Kritikpunkt an der Religion, die behauptet, dass man nach dem Tod weiterlebt: "Senile Küken". Der Tod ist keine Geburt sondern der Tod. Die Geburt war bereits vorhanden und was folgt ist Aufbau und der längere Abbau und dann der Tod. Damit ist der Lebenszyklus zu ende. Die Menschliche Psyche ist ein Feuerwerk aus Strom und Chemie. Denn fügt man dem Körper Dopamin hinzu, so wird er glücklich. Entzieht man dem Körper Dopamin, so wird er traurig. Entzieht man dem Körper Strom* so denkt er langsam, fügt man welchen hinzu denkt er schnell. Was also passiert, wenn man alles wegnimmt ? Die Logische schlussfolgerung ist das gleichbleibende Geräusch des Pulsmessers.
Der achte Absatz ist die Frage nach der Gesinnung unseres "Gottes". Alle Menschen sind Egoisten und alles was sie tun ist egoistisch. Ich spende dem Penner 5 Euro, denn es fühlt sich gut an. Ich gebe dem Obdachlosen einen Schlafplatz in der Garage, denn es fühlt sich noch besser an. Ich gebe das letzte Stück Pizza der Freundin, denn es fühlt sich gut an. Ich helfe, wenn ich will, denn es fühlt sich gut an. Diesem Ansatz folgend gibt es kein gut oder Böse, denn alle Aktionen haben den selben Ursprung. Damit unterscheidet man nur nach nützlich und nutzlos. In diesem Fall mag es unserem Gott zwar nützlich sein, dass er uns erschaffen hat (egal was da war, sei es der Zusammenprall zweier Universen, einen Grund gibt es) aber eben nicht nützlich, dass er uns zerstört. Das Problem bleibt aber bestehen, denn möglicherweise wird es nützlicher, wenn er uns zerstören würde. Wenn Ein Universum ab einem bestimmten Ausdehnungsgrad kollabiert, dann ist es nützlich und zwar für das universum. Würde es das nicht tun, dann wäre es kein Universum, zu kollabieren entspricht also dem Wesen eines Universums, nicht weniger als Sex dem Wesen des Menschen entspricht.
Mit dieser Entwicklung ist dieses Gedicht nicht nur ein Apell an die Menschen, kritisch gegenüber Religionen zu stehen, sondern auch der Aufruf an uns die Fragen zu klären, die wir uns stellen können. Egal welche es ist, solange es eine Antwort gibt: Stell die verdammte Frage.
Vergleich: Adoleszenz. Das Kind übernimmt in den ersten 4 Jahren von seinen Eltern ohne den Sinn des Handelns zu Hinterfragen. In den folgenden Jahre wird das Kind aus unterschiedlichen Quellen gefüttert und bekommmt dadurch einen breiteren Horizont. Nun beginnt es in der Regel die Dinge am Horizont abzugleichen. Dinge die man als kind glaubte werden Stück für Stück aufgedeckt und aus einem neuen Blickwinkel angeschaut. Dann beginnt man die Fundamentalen Dinge zu beleuchten, die einem mitgegeben wurden(Religion, Weltanschauung, etc.) und das momentane Weltbild beeinflussen.
"Was ist, wenn wir uns das alles nur Einbilden ?" ~ Jedes Kind meiner Grundschule
Dieser Prozess ist bei dem lyrischen Ich ebenfalls zu erkennen, denn es gibt im Bezug auf das Brüten vier entscheidende Wendungen:
Wir werden gebrütet. (Definitiv)
Wir nehmen an, dass wir gebrütet werden. (Spekulativ, Distanziert)
Und wenn wir nicht gebrütet werden ? (Spekulativ, Differenziert)
Wir hoffen, dass wir gebrütet werden. (Definitiv)
Was Günter Grass hier beschreibt ist die Erkenntnis, dass alles was wir Wissen sich lediglich auf das innere des Ei's bezieht und damit sozusagen auf das innere des Universums. Wir wissen wie ein Baum entsteht und wie eine Befruchtung vonstatten geht, aber wir wissen wenig über das Äussere. Alles was Menschen über das Äussere sagen ist Spekulativ und damit nicht zuverlässig. Hier sei die Frage angebracht, ob man sein Leben aufgrund von Spekulationen umgestalten will.
Der siebte Absatz ist ein Kritikpunkt an der Religion, die behauptet, dass man nach dem Tod weiterlebt: "Senile Küken". Der Tod ist keine Geburt sondern der Tod. Die Geburt war bereits vorhanden und was folgt ist Aufbau und der längere Abbau und dann der Tod. Damit ist der Lebenszyklus zu ende. Die Menschliche Psyche ist ein Feuerwerk aus Strom und Chemie. Denn fügt man dem Körper Dopamin hinzu, so wird er glücklich. Entzieht man dem Körper Dopamin, so wird er traurig. Entzieht man dem Körper Strom* so denkt er langsam, fügt man welchen hinzu denkt er schnell. Was also passiert, wenn man alles wegnimmt ? Die Logische schlussfolgerung ist das gleichbleibende Geräusch des Pulsmessers.
Der achte Absatz ist die Frage nach der Gesinnung unseres "Gottes". Alle Menschen sind Egoisten und alles was sie tun ist egoistisch. Ich spende dem Penner 5 Euro, denn es fühlt sich gut an. Ich gebe dem Obdachlosen einen Schlafplatz in der Garage, denn es fühlt sich noch besser an. Ich gebe das letzte Stück Pizza der Freundin, denn es fühlt sich gut an. Ich helfe, wenn ich will, denn es fühlt sich gut an. Diesem Ansatz folgend gibt es kein gut oder Böse, denn alle Aktionen haben den selben Ursprung. Damit unterscheidet man nur nach nützlich und nutzlos. In diesem Fall mag es unserem Gott zwar nützlich sein, dass er uns erschaffen hat (egal was da war, sei es der Zusammenprall zweier Universen, einen Grund gibt es) aber eben nicht nützlich, dass er uns zerstört. Das Problem bleibt aber bestehen, denn möglicherweise wird es nützlicher, wenn er uns zerstören würde. Wenn Ein Universum ab einem bestimmten Ausdehnungsgrad kollabiert, dann ist es nützlich und zwar für das universum. Würde es das nicht tun, dann wäre es kein Universum, zu kollabieren entspricht also dem Wesen eines Universums, nicht weniger als Sex dem Wesen des Menschen entspricht.
Mit dieser Entwicklung ist dieses Gedicht nicht nur ein Apell an die Menschen, kritisch gegenüber Religionen zu stehen, sondern auch der Aufruf an uns die Fragen zu klären, die wir uns stellen können. Egal welche es ist, solange es eine Antwort gibt: Stell die verdammte Frage.
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