[Hentai] Kawaii Kingdom

Vanidar

Novize
Kawaii Kingdom


Diskussion
Hi, das hier wird eine etwas längere Geschichte, die der User Naruz und ich uns ausgedacht haben, während wir dabei waren das Fantasy f2p MMO "Aura Kindom" zu spielen. Jeder von uns hat mehere Charaktere gemacht und während wir am spielen waren sind uns ein paar Ideen gekommen die sich im Laufe der Zeit ziemlich weiterentwickelt haben. Hoffentlich gefällt es euch, auch wenn es langsam anfängt.
Wir sind schon recht weit mit der Geschichte, aber überarbeiten im Moment noch einmal vor allem die ersten Kapitel, da wir uns dort noch viel zu viel an das Spiel gehalten haben und naja, die Story des Spiels ist halt eher eine typische f2p MMO Story, also nicht so besonders. Erst nach einigen Kapiteln hat sich dann wirklich die Geschichte herauskristallisiert die wir schreiben wollen, aber das kann jedem der das hier liest ja eigentlich egal sein, immerhin ist es schon die gekürzte Version ^^
Anders als in der Pokemongeschichte (die wir fortsetzen sobald wir mal nicht an dem hier schreiben oder an igendeinem unsere Soloprojekte) wird es mehr Hentaiszenen geben und sie gehören auch wirklich zur Story, mit "mehr" ist zwar nicht gemeint das es jedes Kapitel eine Hentaiszene gibt, aber schon oft genug denke ich und auch mit genug Abwechslung, vor allem später.

Charakterübersicht


Naruz



Naruz stammt aus dem Fischerdorf Port Skandia und hat dort sein gesamtes bisheriges Leben
verbracht. Er ist faul, ruhig und wollte bisher eigentlich immer nur eines: seine Ruhe.
Bedauerlicherweise wird er in Ereignisse verstrickt die ihn dazu zwingen sein Dorf zu
verlassen und sich auf eine kleine Reise zu begeben.
Ach ja, er ist außerdem auch noch der Protagonist, irgendwie.
Alter: 18
Klasse: Duellist - Revolverheld
Spieler: Naruz



Aleyandra



Ein Waisenmädchen, das in der kleinen Küstenstadt Helonia lebt. Nachdem sie erfolglos von
einer Pflegefamilie zur nächsten wechselte, entschied sie sich vor einigen Jahren das sie
alleine sowieso besser dran war und lebt seitdem auf einer kleinen Insel außerhalb des Dorfes,
wo sie sich mit ihrer Magie und Tagträumereien beschäftigt.
Alter: 17
Klasse: Revolverheld - Berserker
Spieler: Vanidar


1. Aleyandra – die Silberschützin

Wenn man der Küste von Port Skandia und der Südspitze des Landes aus nach Norden folgt, gelangte man nach einer Reise von zwei Tagen in das kleine, beschauliche Städtchen Helonia. Es war eine abgelegene, von Bergen und Klippen eingeschlossene Ansammlung von gepflegten Häusern, sauberen Straßen und glücklichen Einwohnern. Im Prinzip, unterschied sich Helonia auf den ersten Blick kein bisschen von den anderen Siedlungen, die entlang der Küste Süd Midgards verteilt lagen. Doch anders als im Rest des Landes, war die ruhige, friedliche Ausstrahlung Helonias, nichts weiter als eine einzige, gut gespielte Fassade, die inzwischen jeder hier für die Wahrheit hielt. Die Einwohner der wenigen Küstendörfer, arbeiteten hart für ihr bisschen Wohlstand. Sie lebten von dem, was das Meer ihnen überließ und verkauften das Holz der nahen Wälder, immer darauf bedacht, nicht mit unbändiger Gier gleich alles auszuschlachten. In Helonia, sah das Ganze ein wenig anders aus. Niemand hier, dachte auch nur im Traum daran freiwillig in einem heruntergekommenen, löchrigen Boot aufs Meer hinauszufahren, nur um stinkenden Fisch zu fangen oder die Monster aus den Wäldern, nördlich der Stadt, zu verjagen und den ganzen Tag Holz zu hacken.
Man betrachtete sich selbst als Handelsstadt, oder eher fast schon als Handelszentrum des südlichen Midgard, zumindest wenn man Dinge suchte, die nicht unbedingt legaler Natur waren. In Wahrheit, lebte Helonia nicht von den wenigen Reisenden die öffentlich durch den Ort kamen oder von den vereinzelten Schiffen, die so selten hier anlegten, sondern von den Besuchern, die ihre Ankunft gerne geheim hielten. Helonia, galt als das Herz des Schwarzmarkthandels dieser schönen Welt und strahlte seinen Wohlstand freudig hinaus, wohl wissend, dass es immer jemanden gab, der sie und ihre Verschwiegenheit brauchen würde. Die wenigen Boote und Seeleute des kleinen Ortes, waren vollauf damit beschäftigt verbotene Waren, wie magische Artefakte, Rauschmittel oder Diebesgut von einem Ort zum anderen zu schaffen. Es war eine ganze Stadt voller Schmuggler und Hehler, die sich erfolgreich selbst etwas vormachten, indem sie sich für vornehme Kaufleute und Händler hielten. Niemand in Süd-Midgard kümmerte sich wirklich um Helonia und so konnten die Menschen hier weiterhin tun, was immer sie wollten.

Eigentlich, müsste die Kirche schon längst eingreifen und die kriminellen Machenschaften der Helonianer unterbinden. Aber es herrschte eine Art stillschweigendes Abkommen zwischen Helonia und der Kirche. Wenn irgendwo in Süd Midgard oder dem Rest der Welt, religiöse Artefakte gestohlen wurden, dann kam man nach Helonia, um sie gefahrlos zu verkaufen. Die Artefakte, wanderten dann auf direktem Weg nach Navea, zur Kirche. Dafür blieb Helonia von der eisernen Faust der Templer verschont und man konnte in Ruhe seinen Geschäften nachgehen. Solange man genug Geld mitbrachte, konnte man hinter der Fassade aus hübschen Häuschen und aufgeputzten Gassen alles kaufen was das Herz begehrte.

Auf einem der Dächer dieser kleinen Stadt, hatte es sich jedenfalls ein Mädchen bequem gemacht. Sie saß auf den blauen Dachschindeln und starrte gelangweilt auf das weite, offene Meer hinaus, während sie versuchte den Lärm um sich herum zu ignorieren so gut es ging. Leicht war es nicht, denn heute war so ziemlich der nervigste Tag des Jahres, zumindest für sie. Es war das Fest der Händler, in dem sie ihre erfolgreichen Geschäfte feierten und sich selbst hochleben ließen. Sie hatte sich noch nie viel aus dieser Veranstaltung gemacht. In den fast sieben Jahren, die sie inzwischen hier in Helonia lebte, hatte sie es nie für nötig gehalten hinzugehen oder die Feste auch nur zu beachten. Ihr Name, war Aleyandra. Zumindest soweit sie wusste, denn es war das einzige, woran sie sich noch erinnern konnte, bevor sie in diesem verschlafenen Nest landete. Vor sieben Jahren, hatte man sie alleine und bewusstlos am Strand gefunden. Die Strömung schien sie angespült zu haben und die Dorfbewohner, nahmen sie damals mehr oder weniger in ihren Reihen auf. Leider stand ihr nie der Sinn danach Kisten zu zählen oder mit den Schmugglern hinaus aufs Meer zu fahren, um sich mit Gesindel zu treffen und so, hatte sie sich schon bald abgesetzt so gut es ging.
Aleyandra erhob sich langsam, darauf bedacht, nicht auf den rutschigen Schindeln den Halt zu verlieren. Sie hatte das zwar schon sehr oft gemacht, aber musste jedesmal aufs neue vorsichtig sein. Das Meer trug eine salzigen, erfrischende Brise zur Aleyandra und der Wind fuhr ihr spielerisch durch die langen, weißen Haare. Das Meer war alles, was sie an Helonia liebte, fuhr es Aleyandra durch den Kopf und eine seltsame Schwermut machte sich in ihr breit, als sie daran denken musste, dass sie schon viel zu lange an diesem Ort festsaß. Sie war die einzige hier, mit den seltsamen, fast silbern glänzenden, Haaren und auch die rubinroten, leuchtenden Augen, halfen nicht unbedingt dabei leichter in der Masse der Bürger zu verschwinden. Diese Augen, suchten in diesem Moment von oben die Stadt nach einem lohnenden Ziel ab. Helonia war festlich geschmückt und dutzende, bunte Stände zierten die belebten Straßen und Plätze.

Eine Weile wirkte Aleyandra etwas verloren auf dem Dach. Sie war unsicher, an welcher Stelle des geschäftigen Treibens sie wohl den besten Fang machen würde. Doch dann, stahl sich ein erwartungsvolles Grinsen auf ihre Lippen. Sie hatte genau das richtige gefunden. Dort unten, auf der gepflasterten Straße, inmitten der hin und her wogenden Menschenmenge, befand sich ihr Traumziel Nummer Eins. Alesia Cambeli. Sie war als das schönste Mädchen der kleinen Stadt bekannt und die Tochter des reichsten Händlers, also desjenigen, der am besten darin war, andere zu betrügen und die besten Beziehungen zu Dieben aus dem Norden unterhielt. Umringt von einem Schwarm begeisterter Verehrer, stach sie in ihrem weinroten, prunkvollen Kleid leicht aus der Menge hervor, als wäre sie eine kleine Königin, umringt von ihrem unterwürfigen Hofstaat. Alesia trug ihr dunkelbraunes Haar kurz, so wie man es angeblich zurzeit weiter im Norden tat und es reichte ihr kaum bis zu den Schultern. Ihre Augen funkelten in einem mysteriösen violette, was ihr etwas einzigartiges verlieh, vor allem in einer winzigen Stadt wie dieser. Das Mädchen schien sich prächtig zu amüsieren, während sie schon den ganzen Tag über im Mittelpunkt des Festes stand. Wirklich perfekt, für Aleyandras Zwecke. Noch ein letztes Mal, atmete sie tief ein, um ihre Nervosität zu bekämpfen und tastete beruhigend nach dem langen Dolch an ihrer Hüfte. Jedesmal, wenn sie wieder auf einen ihrer Beutezüge ging, hatte sie inzwischen die Befürchtung, dass man sich auf sie vorbereitet hatte. Zum Glück für sie, waren die Menschen hier erstaunlich faul und nicht besonders lernfähig. Mit einem aufgeregt klopfenden Herzen, stieß sie sich freudig erregt von dem Dach ab und sprang hinunter auf die Straße.

Mithilfe von ein wenig Magie, dämpfte sie ihren Aufprall ab und landete katzengleich auf dem Pflaster, ohne sich einen Kratzer zu holen. Ein paar Kinder, die am Rand der Menge spielten, hielten inne und starrten sie erschrocken an, was sie gepflegt ignorierte. Leichten Schrittes, tauchte Aleyandra in den Reihen der Feierenden unter und bewegte sich unauffällig zwischen den Bürgern hindurch. Der Alkohol war schon den ganzen Tag über in Strömen geflossen und niemand kümmerte sich weiter um sie. Normalerweise, löste ihre Anwesenheit in der Stadt fast schon eine Art Massenpanik aus und die Leute brachten so schnell sie konnten ihr Geld in Sicherheit, aber an einem Tag wie diesem, würde sie mit mehr nach Hause gehen als ein paar Kupfermünzen und etwas zu Essen. Heute, schenkte ihr niemand Aufmerksamkeit, alle waren sie zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Es gelang ihr sich durch die Masse an Verehrern der jungen Cambeli zu schieben und stand plötzlich direkt vor der überraschten Alesia.

„Ein wundervolles Kleid, Alesia, aber was sollte man auch sonst von dir erwarten, Alesia? Dir steht einfach alles.“ eröffnete Aleyandra, mit einem höflichen Lächeln und sanfter, ruhiger Stimme, während sie Schritt um Schritt weiter auf die misstrauische Händlertochter zuging.
„Du...“ erklang es von dem anderen Mädchen und auch andere warfen ihr verwunderte Blicke zu. Man sah Aleyandra selten so friedlich. Alesia entspannte sich etwas, als die Weißhaarige keine Anstalten machte irgendetwas seltsames zu tun, sondern sich anscheinend wirklich nur unterhalten wollte, fast so, als wäre sie ein gewöhnlicher, freundlicher Mensch. „Ich meinte, danke. Aber was treibst du hier? Ich dachte, du hasst das Fest.“
„Ich mache heute einmal eine Ausnahme, um bei meiner guten Freundin, Alesia zu sein und deinen hinreißenden Anblick zu bewundern.“ Aleyandra warf ihr auf einmal ein entschuldigendes Lächeln zu, sobald sie fast vor der Cambeli stand „Das tut mir jetzt übrigens wirklich sehr leid.“
„Was meinst du...“ doch weiter kam die verwirrte Cambeli nicht, denn in diesem Moment zückte Aleyandra plötzlich ihren gefährlich aussehenden Dolch und stürmte die letzten paar Schritte auf sie zu. Alesia versuchte erschrocken zurückzuweichen, doch die Mauer aus ihren Verehrern, behinderte sie dabei. Aleyandra holte zum Schlag aus und der Dolch der Weißhaarigen, fuhr blitzschnell nach unten. Die Klinge fraß sich reißend durch den teuren, roten Stoff des Kleides. Aleyandra hatte gut abgeschätzt, wie dick der Stoff und die Unterbekleidung Alesias waren und so ritzte die Spitze der Klinge nicht einmal die Haut der Cambeli an, aber durchtrennte dafür alles andere. Das Kleid teilte sich einfach in der Mitte und der Anblick, der sich allen Versammelten bot, sorgte für genau das, was Aleyandra im Moment brauchte: Ablenkung. Sofort richteten sich sämtliche Blicke begehrlich auf Alesias üppige, runde Brüste, die zwischen den Überresten ihres Kleides hervorsprangen. Der Anblick sorgte sogar fast dafür das Aleyandra ihren ganzen Plan vergaß, weil sie ebenfalls einen kurzen Blick riskierte und Alesia am liebsten empört angeschrien hätte. Wie konnte jemand der so unausstehlich und gemein war so eine tollen Körper haben? Das war nicht fair! Aleyandra selbst fühlte sich bei dem Anblick fast wie ein hässliches kleines Entlein, oder so etwas in der Art, auch wenn sie nicht schlecht aussah. Alesia war bereits eine Frau, das konnte dank ihr jeder hier leicht erkennen, Aleyandra auf der anderen Seite würde sich eher großzügig als zierlich beschreiben. Aber egal wie lange sie ihre Zeit damit verschwendete Alesia anzustarren, ihre Brust würde trotzdem so furchtbar flach bleiben, also setzte sie sich letztendlich doch noch widerwillig in Bewegung.

In der Zwischenzeit, presste Alesia mit einem erschrockenen Schrei auf den Lippen so schnell sie konnte die Stofffetzen an sich, um ihre Blößen zu verdecken und starrte schockiert dorthin, wo bis vor einer Sekunde noch Aleyandra gestanden hatte. Doch das weißhaarige Mädchen war schon längst von ihr weg gesprungen und in der Menge ihrer Verehrer untergetaucht, die sie nicht weiter beachteten, sondern die, unfreiwillig, plötzlich halbnackte Alesia anstarrten, vermutlich in der Hoffnung, dass ihr Kleid endgültig auseinanderfallen würde, damit sie noch einmal einen Blick auf sie erhaschen konnten. Aleyandra nutzte die Gelegenheit, um hastig durch ihre Reihen zu rennen und griff sich geschickt die ein oder andere Brieftasche oder schnitt einen Geldbeutel los. Es dauerte eine Weile, bis die jungen Männer überhaupt auf sie aufmerksam wurden und begriffen, dass man sie gerade ausraubte. Hauptsächlich, weil die rot angelaufene Alesia, inzwischen von den anderen Mädchen aus Helonia umringt war und sich bereits an der Schulter irgendeiner Freundin ausweinte, die ihrerseits lautstark versuchte, die Anwesenden endlich auf Aleyandra aufmerksam zu machen und von Alesias peinlicher Lage abzulenken.
„Worauf wartet ihr denn noch? Schnappt euch die Diebin!“ rief ein Mädchen mit langen, hellbraunen Haaren und einem zornigen Funkeln in den Augen. Sie stand schützend neben der Cambeli und deutete in Richtung der Weißhaarigen, die unschuldig blinzelte und im gleichen Moment jemandem in die Tasche griff. Aleyandra warf dem Mädchen, das gesprochen hatte, einen kurzen Blick zu und schenkte ihr dann ein belustigtes Lächeln, was diese mit einem wütenden Starren erwiderte. Sie war die Tochter der Bürgermeisterin, Selena. Kein Wunder, dass es ausgerechnet ihr gelang, die etwas langsamen Verehrer ihrer Freundin herum zu kommandieren. Ohne darauf zu warten, dass die Männer es endlich schafften den Befehlen von Selena zu gehorchen, entschied Aleyandra, dass es an der Zeit war sich abzusetzen.

Sie rannte so schnell ihre Beine sie trugen nach Norden. An den Schreien hinter sich, konnte sie erkennen, dass so ziemlich jeder von Alesias Verehrern hinter ihr her sein musste. Die Schar ihrer Verfolger, rollte wie eine Lawine durch die Straßen, doch die eifrig bemühten Männer behinderten sich gegenseitig, bei ihren Versuchen als erstes die Diebin zu fassen und vor ihre große Liebe zu bringen, Aleyandra lief ungehindert aus der Stadt hinaus und auf den nahen Strand zu. Ein kurzes Stück von der Küste entfernt, befand sich eine kleine Insel. Darauf erhob sich eine eigenartige Felsformation, eine handvoll Palmen und eine winzige grüne, saftige Wiese. Ihr Ziel.
Hastig raste sie auf das Wasser zu, als die Verehrer gerade erst die Stadt verließen und den Strand fluteten. Wenn die sie erwischten, hatte sie ein gewaltiges Problem, aber so weit würde es gar nicht kommen. Es waren die Söhne von Händlern, die konnten nicht mit ihr mithalten. Sie hatte bereits einen beachtlichen Vorsprung vor den anderen herausgeholt, doch als sie das Meer erreichte, wurde Aleyandra augenblicklich langsamer, bis sie am Rand des Wassers endgültig stehen blieb. Es schien fast so, als würde sie geduldig auf ihre Verfolger warten und dabei den Horizont betrachten oder in aller Ruhe die Meeresluft genießen. Doch stattdessen, war sie damit beschäftigt ihre Magie ein weiteres mal zu sammeln, diesmal für einen etwas größeren Zauber, den sie in letzter Zeit ein oder zweimal geübt hatte. Langsam, setzte sie einen ihrer Füße auf das Wasser und genau wie gehofft, blieb sie einfach darauf stehen. Eine hauchdünne Eisschicht entstand direkt unter ihren Schuhen.
Doch Aleyandra blieb keine Zeit, sich über ihren Erfolg zu freuen, sie konnte hören, dass ihre Verfolger sie langsam einholten. Sofort ging sie weiter über das Meer, immer neue, kleine Eisschollen entstanden, um sie über Wasser zu halten. Den Wellen und der Sonne hielt das Eis nicht lange stand. Es zerbröckelte und schmolz sofort, als es in dem warmen Wasser versank, während Aleyandra, unbeeindruckt von den wütenden Rufen hinter sich, weiterging und ihre Magie aus dem zurückgelassenen Eis zog.
Als die Männer hinter ihr, die ersten Augenblicke der Verwirrung überwunden hatten, kam wieder Bewegung in ihre Reihen und sie machten sich daran ihr ins Wasser zu folgen. Immerhin wussten sie, dass Aleyandra zu der abseits gelegenen Insel wollte und den kurzen Weg dorthin, konnten sie auch schwimmen, dazu brauchte man keine Magie. Nass zu werden, war ein kleiner Preis, wenn es darum ging bei Alesia einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen und in ihren Augen gut dazustehen. Sie würden diese kleine Hexe einfangen, zu der Cambeli bringen und zur Belohnung vielleicht einen Kuss von der Schönheit erhalten. Weit kamen sie allerdings nicht, denn kaum standen sie bis zu den Knien im Wasser, konnten sie ihre Beine nicht mehr bewegen. Das Wasser um sie herum, war gefroren und hielt sie an Ort und Stelle fest. Fluchend versuchten sie sich zu befreien, doch das Eis wollte nicht nachgeben und das würde es auch nicht, solange sie ihre Magie aufrecht erhielt. Aleyandra würdigte ihre Verfolger keines einzigen Blickes. Es waren keine besonders schlimmen Fallen, sie fesselten die Männer nur kurze Zeit und würden sie schon bald wieder freigeben. Aber es machte Spaß, ganz langsam und gemütlich über das Wasser davonzugehen, während sie dort festsaßen und ihr nur zusehen konnten.

Endlich, kam sie an der kleinen Insel an und betrat, zufrieden vor sich hinsummend, den Strand ihres Zuhauses. Sie hatte die Insel vor etwa drei Jahren mehr oder weniger annektiert und niemand kam, um sie ihr streitig zu machen oder anders ausgedrückt, niemandem war es gelungen sie wieder von hier zu verjagen.
„Ich verstehe nicht, was dieser ganze Aufstand soll. Sie sollten mir dankbar sein. Immerhin habe ich es ihnen ermöglicht, dass sie Alesia einmal in einem ganz neuen Licht bewundern konnten.“ murmelte Aleyandra belustigt vor sich hin. Sie lehnte sich an den rauen, von der Gischt feuchten, Stein und sah belustigt zu, wie ihre Verfolger ihr noch eine Weile vom Strand aus Flüche entgegen warfen. Doch die jungen Männer ließen ihren zornigen Worten keine Taten folgen. Das machten sie nie. Keiner von ihnen, traute sich auf ihre kleine Insel. Die paar harmlosen Fallen, die sie heute erst am Strand platziert hatte, um ihre Flucht zu erleichtern, waren nur eine winzige Kostprobe auf ihre wahren Fähigkeiten. Um die Insel herum, war der Sand gespickt mit weitaus weniger freundlichen Fallen. Einige davon, konnten jeden, der so dumm war sie auszulösen, in pure Finsternis einhüllen und seine Seele für immer im Nichts verschwinden lassen. Zumindest hoffte sie das, es war jedenfalls der Plan hinter den Fallen gewesen. Keiner der Bürger tat ihr bisher den Gefallen einmal in eine dieser Fallen zu treten um als Testobjekt herzuhalten. Auch wenn es vielleicht besser so war. Wenn erstmal jemand wirklich durch ihre Fallen oder ihre Diebstähle zu Schaden kam, würde man sie nicht mehr einfach so in Ruhe lassen. Dann würde man sie jagen und dann müsste sie verschwinden, ohne ausreichend vorbereitet zu sein.
Aleyandra hatte hier draußen nicht viel zu tun, also perfektionierte sie das was sie am beste konnte. Schießen und mithilfe ihrer angeborenen Kräfte Fallen bauen. Sie war die einzige im Ort, der Magie im Blut lag und in jedem einzelnen Moment ihres Lebens erwartungsvoll durch ihre Adern pulsierte. Ihre Fähigkeiten wollten eingesetzt, wollten freigesetzt werden und was anderes als dutzende Fallen zu bauen, konnte sie nicht wirklich damit anfangen in diesem Kaff. Eine ausgeprägte magische Begabung, war keine Seltenheit unter den Menschen des Südens und zumindest in Navea, der größten Stadt von Süd Midgard, konnte man die Wunder der Zauberei überall bestaunen. Das hatte Aleyandra immerhin von einigen Reisenden gehört, sie selber war noch nie dort gewesen und wenn sie weiter so langsam vorankam, würde sie es auch niemals aus dieser Schmugglerstadt heraus schaffen.

Mehr als alles andere, wollte Aleyandra Navea sehen. Sie wusste nicht genau warum, aber alleine der Klang des Namens zog sie beinahe magisch an, drängte sie dazu loszuziehen. Die prächtige Stadt im Norden, in der Kräfte wie ihre zum Alltag der Menschen gehörten und sie mehr lernen konnte als ein paar Fallen zu stellen. Dort könnte man sie zu einer Magierin ausbilden, da war sich das Mädchen todsicher. Eine Magierin, die trotz aller magischen Macht, noch immer liebend gerne auf ihre Pistolen zurückgriff. Die beiden Waffen, lagen hinter den Felsen im Schatten, eingewickelt in die Decken ihres Schlaflagers und stellten ihren größten Schatz dar. Sie waren aus schwarzem Holz gefertigt und mit silbernen Intarsien verziert. Alleine den Anblick, der perfekt gearbeiteten Waffen, liebte Aleyandra schon, aber noch mehr Spaß machte es, damit in den Wäldern nahe der Küste auf die Jagd zu gehen und ihre Schießkünste zu verbessern. Dem Pistolenpaar wohnte eine eigenartige Magie inne, die Aleyandra fremd und unwirklich vorkam, zumindest verglichen mit ihren Fallen, welche daneben primitiv wirkten. Sie waren alles, was Aleyandra aus ihrem alten Leben besaß. Leider brachte selbst der Anblick dieser mysteriösen Pistolen, keine einzige Erinnerung an ihre Kindheit zurück, obwohl sie sich mit ihnen verbunden fühlte, zumindest so viel konnte sie sagen. Man hatte sie bei ihr am Strand gefunden, inmitten eines Haufen Treibguts.

Aleyandra, holte die Brieftaschen und Geldbeutel hervor, die sie überall an ihrem Körper trug und warf sie achtlos hinter sich in das Zentrum der Insel. Sie würde die Münzen später zählen und bei ihren anderen Schätzen verstecken. Inzwischen hatte sich eine beachtliche Menge an Geld angesammelt. Sie stahl nur so viel, dass die Bürger sie nicht als wirkliche Belastung empfanden. Sicher, sie war eine Unannehmlichkeit, aber die Menschen hier liebten ihr gemütliches Leben in Wohlstand und Abgeschiedenheit. Niemand war bereit sich eine Kugel einzufangen, nur weil sie ab und zu ein paar Münzen oder etwas zu Essen stahl. Auf ihre heutige Aktion, würde aber vielleicht zum erstenmal eine Reaktion folgen. Alesia war beliebt unter den jungen Männern der Stadt und es gab sicher den ein oder anderen, der sich vor ihr beweisen wollte, indem er es der weißhaarigen Diebin heimzahlte.
Lustlos ließ Aleyandra sich in den warmen Sand neben der Felsformation fallen und spürte, wie die bereits erwartete Erschöpfung einsetzte. Es laugte sie aus ihre Magie einzusetzen, immerhin, besaß sie kaum Übung darin es für etwas anderes als die Fallen zu benutzen. Ihr kleiner Versuch vor den Heloniern anzugeben, hatte sie vollkommen ausgelaugt, unnötig ausgelaugt. Ihre Fallen am Strand und im Wasser, reagierten sowieso nicht auf sie und der kleine Trick, durch den es so aussah als könnte sie über das Meer laufen, war einfach nur sinnlos. Es wäre leichter gewesen das kurze Stück hierher zu schwimmen, wie ein normaler Mensch, aber weniger beeindruckend. Die Stadtbewohner sollten ruhig glauben, dass sie in der Lage war noch viel mehr mit ihrer Kraft anzufangen, dann ließ man sie erst recht in Ruhe.
Ihr Magen knurrte bedrohlich und dann fiel ihr wieder ein, dass sie vergessen hatte etwas zu Essen mitgehen zu lassen. Von Gold und Silber konnte sie bedauerlicherweise nicht leben, noch nicht, vor allem da niemand im Dorf bereit wäre ihr etwas zu verkaufen. Aber es würde ihr helfen um von ihr zu verschwinden. Weiter im Norden, war alles anders und vor allem weniger langweilig. Kurz dachte sie darüber nach sich noch einmal aufzuraffen und zurück ins Dorf zu schleichen, um ihren Hunger zu bekämpfen. Müde versuchte sie es halbherzig, sank dann aber sofort wieder zurück in den Sand.

„Ach, was solls.“ flüsterte Aleyandra leise und gähnte ausgiebig. Essen konnte sie auch noch morgen. Im Schlaf spürte sie den Hunger sowieso nicht und sobald sie wieder bei Kräften war, würde sie zurück nach Helonia schwimmen. Noch einmal, wollte sie ihre Magie nicht auf diese Art und Weise verschwenden, das war auf Dauer viel zu anstrengend. Umständlich und ohne aufzustehen, schob sie sich über den Strand, bis sie die kleine Wiese im Schatten der Felsformation erreicht hatte. Morgen, würde sie ihre Beute begutachten und herausfinden, ob sie inzwischen endlich genug zusammen hatte für eine Reise bis nach Navea. Vermutlich würde sie ein Reittier brauchen, vielleicht einen dieser Strauße und natürlich Proviant. Außerdem, musste sie irgendwie in der fremden Stadt überleben und sie wollte dort nicht auch wieder als Diebin bekannt werden und gleich auf dem falschen Fuß anfangen, also brauchte sie ein gewisses Startkapital. In so einer großen Stadt, würde es sicher viele Wachen geben und am Ende landete sie noch in einer Zelle, anstatt eine mächtige Magierin zu werden. Aber darüber, konnte sie sich auch noch später Gedanken machen, schloss sie gähnend ihre Überlegungen ab.

Sobald Aleyandra die Augen schloss, fiel sie in einen tiefen Schlaf, voller unruhiger Träume. Träume, die sie schon ihr ganzes Leben verfolgten, voller Blut, Dunkelheit und Schmerzen.
Es war bereits mitten in der Nacht, als sie von lauten, platschenden Geräuschen aus ihrem Schlaf gerissen wurde. Ruder, schoss es ihr sofort durch den Kopf und sie sprang hastig auf die Beine. Eilig ging sie hinter den Felsen in Deckung und streckte nur den Kopf heraus, um zu sehen, wer um diese Zeit unbedingt ihre Ruhe stören musste. Ein halbes Dutzend kleinere Ruderboote, schob sich langsam an ihrer Insel vorbei, bisher ohne sie zu bemerken. Die einfachen Gefährte, waren randvoll mit Männern, zumindest so viel konnte Aleyandra erkennen. Das Licht der Laternen, die vorne an den Booten hingen, reichte gerade aus um zu sehen, dass es immerhin Menschen waren. Dann bemerkte sie einen hochgewachsenen Mann, der aus der grauen Masse auffällig herausstach. Er hatte hüftlange, flammend rote Haare, die im Licht der wenigen Laternen beinahe wirkten wie echtes, lebendiges Feuer. Die Boote hielten direkt auf die kleine Bucht und Helonia zu. Die winzige Insel mit Aleyandra ignorierten sie zum Glück weiterhin. Vermutlich waren es Piraten oder irgendwelches Diebesgesindel, das etwas verkaufen wollte. In Helonia, konnte man praktisch alles verkaufen, egal was es war oder woher es stammte.

Unsicher, was sie jetzt tun sollte, zog Aleyandra sich wieder hinter die Felsen zurück. Aufgeregt, lief sie auf dem Stück Wiese im Kreis, während sie angestrengt nachdachte, ob das vielleicht ihre Möglichkeit war um von hier zu verschwinden. Vielleicht, könnte sie sich ihnen sogar anschließen. Nur für eine kurze Zeit, für den Fall, dass sie zufällig nach Norden segelten. Dann konnte sie sich noch immer bei der erstbesten Gelegenheit absetzen und ihrer eigenen Wege gehen, nach Navea, ins Herz von Midgard und Zentrum der Magie und Zivilisation. Selbst wenn nicht, die Neuankömmlinge hatten sicher etwas zu verkaufen und das bedeutete, dass sie möglicherweise etwas absahnen konnte. Sie würde keinen Schlaf finden, solange sie nicht wusste, wer die Fremden waren. Unruhig überlegte sie fieberhaft, ob es sich lohnen würde, jetzt sofort in die Stadt zu eilen. Dort würde sie mehr erfahren und vielleicht blieben die Fremden nur eine Nacht, um schnell irgendein Geschäft abzuwickeln. Sie wollte wirklich wissen, worum es ging. Es war ihre Chance und sie würde so schnell keine zweite erhalten.
Gerade wollte Aleyandra sich ins Wasser stürzen und so schnell sie konnte zur Küste schwimmen, als sie verwirrt innehielt. Direkt vor ihr, in der Mitte der Insel, brach eine Säule aus reinem, weißen Licht aus dem Boden hervor. Im Zentrum der Lichtsäule, ließ sich ein weißer, runder Kristall ausmachen, der immer näher auf Aleyandra zu kam und auch das furchtbare und gleichzeitig wundervolle Strahlen mit sich brachte. Anfangs, war sie wie gebannt von dem gleißenden Licht, doch als der Kristall immer näherkam, spürte sie die Hitze die von ihm ausging. Er war wie eine kleine Sonne, die versuchte mit aller Macht Aleyandra einzuäschern. Unfähig die Augen zu schließen oder den Blick von dem blendenden Licht abzuwenden, versuchte sie panisch sich die Hände schützend vor die Augen zu halten, doch ihre Arme, waren von einer eigenartigen Taubheit ergriffen und rührten sich nicht von Stelle, genauso wie der Rest ihres Körpers. Unbeweglich, musste sie mit ansehen, wie der Kristall vor ihr zum Stillstand kam und in der Luft schwebte. Es war, als würde er sie mustern und dann, explodierte er. Gleißendes Licht überflutete Aleyandra und tauchte sie in heiße, glühende Schmerzen.

Durch das helle Strahlen hindurch, erkannte sie ein silbernes funkeln, eine glänzende, lange Klinge wie von einem Schwert, das auf sie zuraste, um sie gnadenlos zu durchbohren. Bevor die Klinge aus gesponnenen Silber sie allerdings treffen und töten konnte, gaben die Beine des Mädchens unter ihrem Körper nach und Aleyandra fiel kraftlos in den Sand. Bewegungslos starrte sie weiter in das silberne, schmerzhafte Licht, das inzwischen ihren ganzen Körper durchdrang. Es war, als würden die Lichtstrahlen ihre Haut durchbohren und sich tief in sie hineinfressen, um sie vollkommen zu erfüllen und von Innen heraus zu verbrennen. Gerade als sie glaubte unter dem Druck des Lichts zu bersten oder zu einem Häufchen Asche zu verglühen, ließ der Schmerz nach. So plötzlich wie es erschienen war, verblasste das silberne Licht wieder. Es zog sich zurück zu dem Kristall und umhüllte nur noch ihn, anstatt Aleyandra. Wohltuend strich die kühle Meeresbrise über ihre erhitzte Haut und der ganze Schmerz den sie eben noch gespürt hatte, verflog auf der Stelle. Erholsame Dunkelheit umgab Aleyandra und alles andere um sie herum versank in Finsternis, selbst die Geräusche der Ruder und die Brandung des Meeres verstummten. Einzig und alleine der Kristall erfüllte sie, alles andere verschwamm und verblasste hinter seinem Licht. Ruckartig, begann der seltsame Gegenstand sich wieder in Bewegung zu setzen. Der mysteriöse weiße Kristall, schwebte direkt vor ihrem Gesicht und Angst fuhr durch ihren ganzen Körper, als sie befürchtete, dass er erneut anfing zu Leuchten. Auf diese Entfernung, würde er in wenigen Sekunden ihre Augen schmelzen und sie erblinden lassen. Doch das tat er nicht, stattdessen, sank er in den Sand hinab und verblasste, bis er nur noch wirkte, wie ein lebloser weißer Stein. Das letzte, was Aleyandra sah, bevor alles um sie in undurchdringlicher Finsternis versank, waren haarfeine Risse, die sich durch die Oberfläche des Kristalls zogen, bis er einfach zerbarst.

2. Die Botschafter Gaias

Als Aleyandra müde die Augen aufschlug, hatte sie die seltsamen Ereignisse der vergangenen Nacht bereits erfolgreich verdrängt. Umso entsetzter reagierte sie, als sie sah, was direkt neben ihr im Sand stand. Panisch sprang sie auf und zückte den langen Dolch an ihrem Gürtel, um ihn bedrohlich in die Richtung des verstörenden Wesens zu recken, dass die scharfe Klinge gelassen zu mustern schien. Noch immer wie benebelt, schüttelte Aleyandra den Kopf, um diesen Anblick zu vertreiben und die Halluzination auszulöschen. Vielleicht hatte sie sich letzte Nacht den Kopf an den Felsen angeschlagen, ja, das war die einzig logische Erklärung. Denn vor ihr, stand ein Einhorn das ihr kaum bis zur Hüfte reichte und mit den Hufen unruhig im Sand scharte. Ein Einhornfohlen um genauer zu sein, mit reinem, weißen Fell, welches sie fast erblinden ließ und einer pinken Mähne. Es trug einen goldenen Helm, aus der ein langes, funkelndes Horn herausragte, das eher an eine tödliche Klinge erinnerte. Die blauen Augen, starrten Aleyandra weiterhin durchdringend und prüfend an, während diese das Einhorn vorsichtig umkreiste, jederzeit bereit, vorzuschnellen und sich zu verteidigen.



„Komm ja nicht näher, Dämon.“ begann Aleyandra mit rauer Stimme. Langsam kam die Erinnerung an den strahlenden Kristall und das gleißende Licht, das versucht hatte sie umzubringen, zurück. Eine furchtbare Nacht und noch immer, konnte sie die Schmerzen mit jeder Faser ihres Körpers spüren. „Ich warne dich, ich habe keine Angst vor dir oder deinesgleichen.“
„Dämon? Hier ist ein Dämon!?“ erklang es schrill und panisch von dem kleinen Einhorn, das zum ersten mal den Blick von Aleyandra los riss und sich hektisch auf der kleinen Insel umsah. Ängstlich drehte das Fohlen sich im Kreis, mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen. Als es nichts entdecken konnte, beruhigte sich das mysteriöse Wesen wieder und schien erleichtert aufzuatmen. „Bitte, jage mir nie wieder so einen Schreck ein! Heute ist einfach ein viel zu schöner Tag, um einem Dämon über den Weg zu laufen.“
„D-du kannst sprechen?“ fragte Aleyandra und blieb überrascht stehen, fing sich aber schnell wieder, für den Fall, dass das unschuldige Verhalten nur ein Trick war um sie abzulenken. „Was bist du?“
„Oh richtig, ich habe vergessen mich vorzustellen.“ das Einhorn deutete eine Art Verbeugung an, was recht umständlich aussah und Aleyandra fast zum Lachen brachte. Tatsächlich, schob sie das Messer zurück in ihren Gürtel. Mit einem kleinen Pony würde sie schon fertig werden, falls das wirklich die wahre Gestalt dieses Dämons war. „Ich bin Alessa und werde dir von heute an als dein Eidolon zur Seite stehen.“

„Ein Eidolon...“ Aleyandra versuchte angestrengt nachzudenken, sie konnte mit diesem Wort im ersten Moment rein gar nichts anfangen. Obwohl...sie riss erstaunt die Augen auf und starrte das Wesen mit einem vollkommen neuen Ausdruck im Gesicht an. Konnte es sein, dass es um DIE Eidolons ging? Die Hüter und Erben Gaias? Erschaffen von dem legendären Gaia Kristall, um die Welt zu beschützen? Alleine der Gedanke daran, war für sie schon zu lächerlich. In diesen Geschichten, hatte sie immer nur von gigantischen, mächtigen Eidolons gehört. Riesige Drachen, weise Engel oder kriegerische Monster...aber ganz sicher kein Einhorn in Taschenformat.
„Jap, ganz genau, ein großartiges und mächtiges Eidolon! Du wurdest vom Schicksal auserwählt, Aleyandra. Du wurdest auserwählt, von der Macht und Güte Gaias, die unser aller göttliche Schöpferin ist. Von heute an, bist du ein Botschafter Gaias, betraut mit der Aufgabe, das Gleichgewicht der Welt zu wahren, das Böse zu bekämpfen und für die Gerechtigkeit in die Schlacht zu ziehen. Seite an Seite, mit den Streitern des Guten, als ein Kind des Lichts und der Liebe in der Welt.“
Das klang ja alles schön und gut, aber sie war vielleicht nicht unbedingt die beste Kämpferin der Gerechtigkeit und Güte. Um genau zu sein, konnte sie sich nichts langweiligeres vorstellen. „Nein, ich denke da liegst du falsch. Niemand der noch bei Verstand ist, würde mich zu einem Botschafter Gaias machen. Das ist lächerlich.“
„Man wird nicht zu einem Diener Gaias ´gemacht` sondern dazu geboren. Du warst es schon dein ganzes Leben lang, doch meistens wartet Gaia damit die wahre Gestalt ihrer Auserwählten zu enthüllen. Ihre Kinder, sollen sich erst ihrer magischen Kräfte wirklich bewusst werden und das bist du, mehr oder weniger.“ das Einhorn unterbrach kurz seinen Redeschwall, um voller Stolz in der Stimme fortzufahren „Es ist meine Bestimmung, dich zu beschützen und an deiner Seite in den Kampf zu ziehen. Ich war schon immer hier, direkt bei dir, ganz tief in deinem Herzen und verborgen im Innersten deiner Seele. Erst wenn ein Botschafter Gaias mit genug Magie in Berührung kommt, werden wir freigesetzt, aber sobald es so weit ist, bleiben wir für immer an der Seite unserer Meister und verteidigen sie, bis zum bitteren Ende.“

„Du, bist also mein ´wahres` Ich?“ fragte Aleyandra ungläubig und starrte auf das strahlende Fell, die pinke Mähne und die lächerliche goldene Minirüstung. Ihr wahres Ich, war also ein albernes, übertrieben niedliches Einhorn? Wie alt war sie denn Gaias Meinung nach? Sechs? Hätte sie nicht irgendeinen gewaltigen Golem kriegen können, eine göttliche Kriegerin mit flammendem Schwert oder eine furchterregende Raubkatze? Die Göttin machte sich über sie lustig. „Das soll ein schlechter Scherz sein, oder?“
„Nein, aber ich finde es toll, dass du mich für lustig hältst.“ antwortete Alessa quietschend und sprang voller Freunde im Sand umher „Du wirst sehen, wir werden die besten Freundinnen. Niemand ist so wundervoll wie ich. Und ich bin schnell, sehr schnell. Selbst der Wind kann nicht mit mir mithalten.“
„Kommen wir zu den wichtigen Dingen.“ versuchte Aleyandra es mit einem anderen und viel interessanteren Thema. Das Einhorn, musste sie jedenfalls dringend loswerden, so viel war sicher. „Was genau bringt es mir, ein Botschafter Gaias zu sein?“
„Du wirst im Laufe der Zeit merken, dass du schneller und stärker bist als gewöhnliche Menschen. Wie stark diese Veränderungen sein werden, kann ich aber leider nicht voraussehen. Nur die Zeit wird ins eine Antwort darauf geben können.
„Ja, ja, was noch? Was kann ich noch?“
„Nun, theoretisch, müsstest du in der Lage sein zu fliegen.“ begann Alessa vorsichtig und bereute es sofort, als sie den Glanz in den Augen ihrer neuen Herrin sah. Hastig für das seltsame Einhorn fort, damit sie nicht sofort versuchte, irgendwo runter zu springen und sich den Hals brach. „Aber das solltest du nicht zu oft tun, es kann schlimme Auswirkungen haben und ist nicht leicht. Am besten...“

Doch es war schon zu spät. Ihre neue Herrin, sammelte bereits ihre Energie, um es sofort auszuprobieren. Aleyandra war vertraut mit Magie und als sie einmal in sich horchte, um ihre Kräfte abzurufen, erkannte sie sofort, die gravierenden Veränderungen. In ihr ruhte auf einmal so viel mehr Macht, es war beinahe überwältigend für die junge Möchtegernmagierin. Ein beunruhigendes Grinsen stahl sich auf ihre Lippen, das Alessa ängstlich ein Stück zurückweichen ließ. Mit aller Kraft, stieß Aleyandra sich vom Boden ab und schoss Pfeilgerade in die Höhe. Es war ein überwältigendes Gefühl, als sie durch die Luft sauste und unkontrolliert Magie durch ihren Körper jagte, um immer schneller zu werden. Schon nach wenigen Sekunden, blieb die kleine Insel weit hinter ihr zurück und sie sah die winzigen Häuser Helonias unter sich als verschwommene, blaue Schatten vorbei huschen. Sie schrie und jauchzte vor Freude und wäre am liebsten sofort weiter in Richtung Norden geflogen, um nach Navea zu verschwinden und zu erkunden, was jenseits dieser langweiligen Stadt lag. Aber sie spürte, dass der ungewohnt hohe Verbrauch von magischer Energie, sie selbst mit ihrer neuen Macht noch immer auslaugte. Trudelnd segelte sie in Richtung Boden zurück und landete an der Flanke der kleinen Berge, die Helonia schützend umschlossen hielten. Vorsichtig setzte sie auf dem Gras auf und wankte ein paar Schritte, bevor sie sich wieder unter Kontrolle hatte. Fliegen war erstaunlich anstrengend, aber sie war sich sicher, dass sie es mithilfe ihrer neuen Kräfte bald meistern würde.


„Geht es dir gut? Ist auch alles in Ordnung?“ erklang hinter ihr die besorgte und vorwurfsvolle Stimme des Einhorns. Alessa war ihr schwebend gefolgt, leider. „Das hättest du nicht tun sollen! Es ist gefährlich dich zu überanstrengen und deine Kräfte fahrlässig einzusetzen. Wenn du nicht weise damit umgehst, kann es passieren, dass du...“
„Ah, da bist du ja.“ wandte sich Aleyandra ihr freudestrahlend zu und überging die Worte des Eidolons komplett. Es war unmöglich, nach diesem Flug, nicht gut gelaunt zu sein, auch wenn der Anblick des Einhorns sie wieder ein bisschen auf den Boden zurück holte. Jetzt besaß sie die Macht um wirklich eine fantastische Magierin zu werden und der Weg nach Navea würde auch leichter werden wenn sie erst einmal besser darin wurde ihre Magie einzusetzen. Damit gab es nur noch ein Problem. „Also, wie kann ich die Verbindung zwischen uns wieder trennen?“
„W-wieso willst du mich loswerden? Was habe ich dir getan? Wir kennen uns doch erst seit heute, was habe ich denn jetzt schon falsch gemacht?“ jammerte Alessa mitleiderregend, was immerhin dazu führte, dass Aleyandra sich für einen Moment etwas schuldig fühlte.
„Nichts, ich habe nur kein großes Interesse daran, mich bis in alle Ewigkeit an ein Eidolon zu binden und mein Leben für Gaia zu geben. Nichts für ungut, aber soll jemand anders für Gerechtigkeit und diesen ganzen Unsinn kämpfen, ich habe besseres zu tun. Jedenfalls, gibt es etwas, womit sich unsere Verbindung trennen lässt?“
„Ich habe keine Ahnung wovon du redest. So etwas existiert nicht.“ antwortete das Einhorn schnell, zu schnell. Aleyandra musste anfangen zu grinsen. Alessa verheimlichte ihr etwas. Es gab sicher eine Weg dieses Einhorn loszuwerden und trotzdem ihre Kräfte zu behalten. Sie würde sich ein neues Eidolon suchen, eines das besser zu ihr passte.

„Bist du nicht dazu verpflichtet mir die Wahrheit zu sagen? Die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit, bis dass hoffentlich wenigstens der Tod uns scheidet?“
„Ich...ja, ja schon, aber...“ die Verzweiflung in Alessa´s Stimmte, ließ Aleyandra kurz an ihrem Plan zweifeln, aber bevor sie sich entschuldigen konnte, fuhr ihr Eidolon leise fort „Es...es gibt möglicherweise eine gewisse Truhe, in der etwas versteckt wurde, was in der Lage ist Geister zu vertreiben. So hat man es mir zumindest erzählt. Diese Truhe, befindet sich hier in der Stadt. Sie wird auch als die ´Sternentruhe` bezeichnet.“
„Dann holen wir sie uns.“ sagte Aleyandra und schoss sofort wieder in die Luft, um das kurze Stück zurück nach Helonia zu fliegen. Sie hätte natürlich auch laufen können, aber so machte es viel mehr Spaß. Während des Fliegens, rief sie der neben ihr schwebenden Alessa etwas zu: „Mithilfe von Magie, wird es leicht werden die Truhe zu stehlen! Ein Kinderspiel!“
„Das halte ich für keine gute Idee.“ erwiderte Alessa sofort und mit diesem furchtbar besserwisserischem Unterton in der Stimme. Aleyandra wollte selbst etwas erwidern, doch plötzlich verschwand das wundervolle Hochgefühl und sie wurde nicht länger von einer unsichtbaren Macht in der Luft gehalten. Sie versuchte den Zauber zu erneuern, doch ohne Erfolg. Wie ein Stein stürzte sie hilflos nach unten. Zum Glück, hatte sie sich nicht so weit über den Häusern befunden und landete nach einem kleinen Stück bereits auf einem Dach. Der Aufprall raubte ihr trotzdem den Atem und fuhr ihr durch Mark und Bein.

„Autsch...“ zischte Aleyandra und blieb unbeweglich auf den blauen Dachschindeln liegen, bis der Schmerz in ihrem Rücken nachließ. Anscheinend, war ihre Karriere als Diebin damit vorbei, zumindest, wenn sie weiterhin fliegen wollte. „Schon gut, schon gut. Es wird nichts gestohlen. Kein Grund wegen einem kleinen Scherz gleich durchzudrehen.“
„Es ist wirklich besser für uns beide, wenn du versuchst die Truhe ehrlich zu erwerben oder einzutauschen. Ich bitte dich.“ flüsterte Alessa flehend, während sie neben ihr landete und sie entschuldigend anblickte.
„Gut, erledigen wir es auf deine Weise, wenn du unbedingt darauf bestehst. Also dann, ich weiß auch schon genau, wo wir mit der Suche anfangen sollten. Wie sieht sie denn aus?“ Alessa erklärte ihr geduldig wie die Truhe aussah, auch wenn es ihr gar nicht gefiel, ihren eigenen Untergang damit zu besiegeln. Es gab natürlich gute Gründe, warum man die Verbindung zu seinem Eidolon trennen sollte, aber die waren Aleyandra egal, sie wollte nur nach Navea und zwar ohne ihren nervige Partnerin. „Gut. Du bleibst am besten so lange hier.“ Damit ließ sie die unruhige Alessa zurück auf dem Dach und machte sich aus dem Staub.

Aleyandra landete in einer ausgestorbenen Gasse und schlich übertrieben besorgt auf die Straße hinaus. Es war noch sehr früh und kaum jemand war unterwegs, doch trotzdem wollte sie kein Risiko eingehen. In Helonia wickelte man seine Geschäfte aber normalerweise erst nach Einbruch der Dunkelheit ab, denn erst dann, traute sich der Abschaum Midgard´s hinaus. Aleyandra hatte ein bestimmtes Ziel vor Augen, das Haus der Bürgermeisterin. Sie wusste sicher etwas über die Truhe, die Frage war allerdings, ob sie es Aleyandra auch erzählen würde. Vor dem Haus von Bürgermeisterin Madeline, das aussah wie alle anderen in dieser faden Stadt, fand sich auch bereits was sie suchte. Ein Mann mit einer Brille und langen, dunkelbraunen Haaren unterhielt sich mit einer Frau mittleren Alters, deren rostbraune Haare ihr offen über die Schultern fielen, während sie energisch gestikulierte. Als die beiden das weißhaarige Mädchen bemerkten, verstummten sie augenblicklich und starrten sie an, als wäre sie ein Gespenst.
„A-aleyandra.“ ´begrüßte` sie die Bürgermeisterin nervös. Reflexartig wanderte eine Hand sofort in ihre Tasche, um dort so fest wie möglich ihren Geldbeutel zu umklammern. Aleyandra machte ihr dafür keinen Vorwurf, sie genoss nun einmal einen gewissen Ruf in Helonia und war darauf sogar ein wenig stolz. Der Mann dagegen, sah sie nur desinteressiert an. Es war Luther, einer der einflussreichsten Händler der Stadt und der Stellvertreter der Bürgermeisterin.

„Frau Bürgermeisterin, ich wünsche Euch einen wundervollen und angenehmen Tag.“ begann Aleyandra höflich und deutete eine unterwürfige Verbeugung an. Es fiel ihr zum ersten mal leicht dieser Frau in den Hintern zu kriechen, denn sobald sie die Truhe besaß, mussten sie sich niemals wiedersehen. Dafür lohnte es sich eine Weile freundlich zu sein.
„Ich fasse es nicht, dass du es wagst hier aufzutauchen, nach allem, was du gestern angestellt hast!“ brach es aus Madeline hervor, die sichtlich Mühe hatte sich zurückzuhalten, um nicht sofort nach der Wache zu schreien, was vielleicht auch klüger war. Aleyandra kannte die einzige Wache der Stadt, von ihm ging keine große Gefahr aus, er war ein dicklicher alter Mann. „Selena hat mir erzählt, dass die arme Alesia vollkommen aufgelöst war, als man sie nach Hause brachte! Meine Tochter, möchte dass ich dich bestrafen lasse, weil du ihrer besten Freundin so etwas schamloses angetan hast!“
„Es tut mir schrecklich leid, Frau Bürgermeisterin. Ich werde das Geld selbstverständlich zurückgeben und noch viel mehr. Ich bin nämlich hier, um Euch etwas abzukaufen und wie Ihr sicher wisst, verfüge ich rein zufällig über einen kleinen Schatz.“ schloss sie mit einer spitzen Bemerkung, die sie sich einfach nicht verkneifen konnte. Es machte einfach zu viel Spaß die Leute in Helonia zu ärgern.
„Einen Schatz, den du von den Bewohnern meiner Stadt gestohlen hast.“ zischte Madeline ungehalten. Sie hatte genug Sorgen, da musste sie sich nicht auch noch von einer Diebin vorführen zu lassen.
„Mhm ja, mag sein wie es will. Tatsache ist, dass ich in den letzten Jahren zu etwas Geld gekommen bin, wie spielt keine weitere Rolle, schon gar nicht hier in Helonia. Oder macht Ihr zum ersten Mal Geschäfte mit einem Dieb?“

„Nein, aber normalerweise bestehlen diese Leute andere Städte und nicht uns! Aber ich sehe schon, dass ich mit Reden nicht viel bei dir erreichen werde. Also, was hast du mir anzubieten?“ plötzlich funkelten Madeline´s Augen interessiert und sie setzte eine geschäftsmäßige Miene auf. Sie hatte schon mit schlimmerem Abschaum als Aleyandra verhandelt. So lange es Gewinn einbrachte, handelte sie mit jedem.
„Es geht um eine kleine Truhe, die hier in der Stadt aufbewahrt wird. Ich möchte sie gerne kaufen. Sie ist aus hellem, weißen Holz und die Schnitzereien an den Seiten, zeigen einen Sternenhimmel, oder so ähnlich.“ es rächte sich, dass sie Alessa´s Beschreibung nicht wirklich zugehört hatte, aber das Einhorn plapperte einfach zu viel.
„Ich kenne diese Truhe. Sie steht in einem der Lager herum. Ich habe einmal versucht sie zu öffnen, aber ohne Erfolg. Es wollte sie auch noch nie jemand kaufen.“ warf Luther murmelnd ein. Im Grunde, nahm die Kiste nur Platz weg, aber er hatte sie nicht weggeworfen, in der Hoffnung, dass sich doch jemand einmal für sie interessierte. Immerhin sahen die Schnitzereien recht hübsch aus und niemand versiegelte eine gewöhnliche Truhe mit so vielen Zaubern und einem magischen Schloss, nur um etwas wertloses aufzubewahren. Um ganz genau zu sein, wusste er sogar noch etwas mehr darüber, als er diesem Mädchen sagen wollte. Ein Reisender, hatte ihm einmal erzählt, dass sich darin etwas befand, was in der Lage war böse Geister zu vertreiben. Aber wozu brauchte die Diebin so etwas?
„Ich besitze Silber und Kupfer im Wert von umgerechnet mehr als 10 Goldmünzen.“ entgegnete Aleyandra selbstsicher. Es würde reichen, vor allem, da es nur um eine alte, verstaubte Truhe ging.
„Nein, danke. Das reicht nicht für so ein einmaliges magisches Artefakt.“ erwiderte die Bürgermeisterin belustigt. Wäre jemand anderes als Aleyandra gekommen, hätte sie sich sogar mit einem Goldstück schon zufrieden gegeben, aber diese Diebin sollte ruhig schön zahlen.

„Dann erhöhe ich halt auf 15.“ setzte Aleyandra fast schon knurrend nach. Mehr würde sie auf keinen Fall bieten, viel mehr besaß sie auch gar nicht.
„Noch immer nein. Wenn diese Truhe dir so furchtbar wichtig ist, muss sie einiges wert sein, zumindest für dich.“ ein süffisantes Lächeln stahl sich auf Madeline´s Lippen, als sie voller Vergnügen fortfuhr „Ich überlasse dir die Sternentruhe, für 100 Goldmünzen oder genug Silber und Kupfer das diesem Wert entspricht.“
„H-h-hundert...Einhundert Goldmünzen? Das ist Wahnsinn! Dafür kann ich das ganze Lager und euer Haus kaufen!“ rief das weißhaarige Mädchen aufgebracht. Das machte Madeline mit Absicht, nur, um sie zu ärgern.
„Dann gehe ich davon aus, dass du nicht über so viel Geld verfügst?“
„Nein.“ antwortete Aleyandra zerknirscht und versuchte es mit einem anderen Ansatz „Aber vielleicht, könnte ich einige Aufgaben für Euch erledigen und mir die Truhe erarbeiten.“
„Ich denke nicht, dass du etwas von Wert zu dieser kleinen Gemeinde beisteuern kannst.“ lautete die verächtliche Antwort. Es war wirklich keine gute Idee gewesen Alesia´s Kleid zu zerschneiden, dachte Aleyandra und versuchte ihren Zorn zu unterdrücken. Das Mädchen war in der Stadt beliebt und ein Angriff auf sie, war gleichzeitig auch ein Angriff auf halb Helonia. Andererseits, hatte man sie auch vorher nicht wirklich gemocht.
„Falls ich Euch unterbrechen dürfte, Bürgermeisterin.“ meldete sich ihr Stellvertreter mit einem freundlichen Lächeln zu Wort, als sie bereits kurz davor stand Aleyandra davon zu jagen. „Vielleicht gibt es etwas für sie zu erledigen. Arbeit, im Austausch für die Truhe.“



Ächzend hiefte Aleyandra die wuchtige Truhe über die Reling des kleinen Einmasters, dessen Deck bereits randvoll mit Säcken und Kisten war. Das kleine Boot schwankte bedrohlich, als sie die Truhe voller Gold zu Boden krachen ließ. Aleyandra richtete sich erschöpft auf und hielt sich das Kreuz. Ihr tat alles weh. Schon den ganzen Abend, musste sie die Schätze, die für die Piraten bestimmt waren, an Board hieven. Die Männer auf den Booten, die letzte Nacht an ihrer Insel vorbeifuhren, gehörten zu einer berüchtigten Piratenbande und verlangte jetzt Schutzgeld von der kleinen Stadt, damit man sie nicht ausraubte und niederbrannte. Sie sollte jetzt das Gold in deren Lager abliefern. Niemand aus dem Dorf hatte sich freiwillig dafür gemeldet. Diese Angsthasen, dachte Aleyandra genervt und wischte sich den Schweiß aus den Augen. Zum Glück, war sie ja seit heute Morgen eine Dienerin Gaias und die versprochene Schnelligkeit und Stärke, zeigte bereits Wirkung. Sie konnte die Kisten ohne Probleme tragen, zumindest anfangs. Inzwischen, fühlten ihre Arme sich einfach nur noch taub und tot an. Dabei hatte der gefährliche Teil der Arbeit noch nicht einmal begonnen. Die Piraten galten als unberechenbar und niemand wusste, wie sie reagieren würden. Die Chancen standen gut, dass man sie einfach umbrachte, die Schätze einsackte und danach trotzdem das Dorf plünderte.
„Sind wir endlich fertig?“ fragte Aleyandra lustlos, während sie sich auf einer Kiste niederließ.
„Ja, das war alles.“ antwortete Luther gut gelaunt und ausgeruht, er hatte sie die ganze Zeit über nur beaufsichtigt, damit sie nichts mitgehen ließ und stand noch immer am Steg. „Gute Arbeit. Hätte ich ehrlich gesagt nicht von dir erwartet, Weißhaar.“
„Toll. Dann können wir ja bald los und das ganze hinter uns bringen.“ bei dem Gedanken an die Piraten, wanderten ihre Finger sanft über die beiden Pistolen an ihrem Gürtel. Sie würde heute sicher nicht sterben. Wenn die Piraten Blut sehen wollten, würde sie sich mit diesen magischen Waffen und ihrem Eidolon einfach zur Wehr setzen. Für irgendetwas musste Alessa ja gut sein. „Ach ja, werde ich eigentlich für diese Arbeit entlohnt? Mein Rücken bringt mich um. Ich finde, das ist ein paar Silberstücke mehr als wert.“

„Klar, als Belohnung, bringe ich dir genug Vertrauen entgegen, um dieses Boot für fünf Minuten zu bewachen, bis ich wieder zurück bin.“ mit diesen Worten, verschwand der Mann, um sich zur Bürgermeisterin zu begeben und ein paar letzte Details zu besprechen.
„Wenn ich mich noch bewegen könnte, ohne schreckliche Schmerzen zu leiden, würde ich jetzt diese Kisten aufreißen und so viel Gold in Sicherheit bringen wie ich kann.“ murmele Aleyandra zu sich selbst, während sie sich auf dem voll beladenen Kahn umsah. Nur mit einem Bruchteil davon, wäre sie bereits in der Lage in Navea ein neues Leben anzufangen.
„Und dann wirst du die Truhe niemals auch nur erblicken!“ erklang direkt neben ihr wieder diese furchtbar hohe Stimme und Alessa tauchte wie aus dem Nichts auf, um neben ihr in der Luft zu schweben. „Du wirst sehen Aleyandra, Ehrlichkeit, Güte, Freundlichkeit und Fleiß, werden sich am Ende immer auszahlen! Solange du an das Gute in den Menschen glaubst, werden sie dich niemals enttäuschen und immer...“
„Bitte, tu mir einen Gefallen und verschone mich mit diesem Mist.“ seufzte Aleyandra genervt. Gerne, hätte sie der beleidigten Alessa noch etwas entgegen geschleudert, aber auf einmal fing das Schiff an heftig zu schaukeln. Aleyandra flog von er Kiste herunter und wurde durch die Gegend geschleudert. Hart krachte sie gegen die Reling. Benommen schüttelte sie den Kopf und zog sich an der Reling nach oben, nur um sofort zu erstarren, als sie bemerkte, was plötzlich mitten auf dem Deck gelandet war. Wie aus dem Nichts, war ein Wesen aufgetaucht, dass den Mast fast überragte. Es war eine undefinierbare, braune Masse aus einer Art Schleim oder eher Schlamm. Beine besaß es nicht aber dafür zwei mächtige Arme, die so dick wie Baumstämme waren. Aus dem groben, unförmigen Kopf, blickten sie zwei große, schwarze Augen an, in denen unstillbare Gier funkelte.
„W-was bei Gaia ist dieses Ding?“
„Ein Dämon, sieht man doch!“ schrie Alessa panisch und versteckte sich hinter ihrem Rücken. „Eine Art Schlammdämon, oder so, kenne mich da ehrlich gesagt nicht so gut aus. Naja, Schätze, er lebte schon immer hier im Wasser und wurde von deiner Kraft angezogen, um dich zu töten oder eher zu fressen. Viel Erfolg.“ Damit endete Alessas gesamte Hilfe auch schon.
Aleyandra wollte zornig zu einer Erwiderung ansetzen, aber dazu blieb ihr im Moment keine Zeit. Der Dämon hob einen der entstellten Arme und ließ ihn mit überraschender Schnelligkeit auf Aleyandra niedersausen. Das Mädchen warf sich mit einem Hechtsprung zur Seite. Hinter sich hörte sie das Splittern der Reling und kleine Holzstückchen flogen ihr entgegen, um sich schmerzhaft durch den dünnen Stoff in ihren Rücken zu bohren. Mühsam kämpfte sie sich wieder auf die Beine. Es reichte. Das hatte ihr gerade noch gefehlt um diesen Abend noch schlimmer zu machen. Die roten Augen leuchteten den Dämon zornig an. Sie würde sich nicht von einem widerlichen Müllberg töten lassen. Mit einer fließenden Bewegung, zog sie die beiden silbernen Pistolen, die endlich einmal in einem richtigen Kampf zum Einsatz kommen würden. Als das Schlammmonster erneut zum Schlag ausholen wollte, legte sie ihre Finger an die Abzüge und drückte ab. Die magischen Geschosse zogen eine silbern leuchtende Spur hinter sich her, bevor sie sich in den weichen Körper bohrten. Direkt nach dem Aufprall, explodierten sie und widerlich stinkender Schlamm spritzte über das ganze Schiff, als einer der Arme zerfetzt wurde.

Das Monster stieß einen Laut aus, der an das Brüllen eines wütenden Bären erinnerte. Aus dem Stumpf, bildete sich binnen Sekunden ein neuer Arm, mit dem er sie und das Schiff in Kleinholz verwandeln konnte. Sein Körper begann sich wabernd zu verformen und an manchen Stellen fast schon zu verflüssigen. Plötzlich, schoben sich lange, scharfe Stacheln aus der, sich ständig bewegenden, Schlammmasse hervor und zielten direkt auf die Stelle an der sie stand. Sie brachten das Mädchen tatsächlich dazu kurz nervös zu schlucken, jedes dieser Geschosse, war fast so groß wie sie. Ohne einen Laut von sich zu geben um sie zu warnen, flogen die Stacheln auf Aleyandra zu. Sie streckte beide Pistolen weit von sich und ließ einen Teil ihrer neugewonnen Magie in sie hineinließen. Eine leuchtende Kugel aus hellem, grünen Licht, bildete sich zwischen den Läufen der Waffen. Sie hatte keine Zeit, um ihren Zauber großartig zu verfeinern oder um überhaupt zu wissen was sie tat, also drückte sie einfach den Abzug und hoffte, dass ihr nicht gleich alles um die Ohren flog.

Die grüne Kugel, gab ein schrilles Kreischen von sich, bevor sie mit rasend schneller Geschwindigkeit auf die Stacheln zuraste. Sobald die Geschosse auf Aleyandras Magie trafen, lösten sie sich in eine Art braunen Schlamm auf und fielen kraftlos zu Boden. Als die Kugel aber den Dämon erreichte, wischte der sie mit spielender Leichtigkeit zur Seite, als wäre es eine Fliege und keine todbringende Magie. Doch das störte Aleyandra nicht weiter. Sie hatte die Zeit bereits genutzt, um mithilfe ihrer Pistolen einen weiteren Zauber zu weben. Sie war keine große Magierin, es sei denn, sie besaß eine Art Medium, durch das sie ihre Macht fokussieren konnte. Zum Beispiel ihre Fallen oder diese hübschen, kleinen Schmuckstücke. Erneut flogen zwei silberne Geschosse auf den Dämon zu, der sich nicht dafür zu interessieren schien. Die ersten beiden hatten kaum Schaden angerichtet und auch diese Treffer, würde er mit Leichtigkeit wegstecken. Doch sie sollten das Monster niemals erreichen, sondern begannen direkt vor seinem Kopf in einem hellen, roten Licht zu leuchten. Die Geschosse, explodierten mit einem ohrenbetäubenden Knall und überschütteten den Dämon mit einem wahren Meer aus Feuer, das sich gierig über das Ungeheuer her machte. Die Flammen schlugen immer höher und hüllten die Kreatur vollständig ein. Es war, als wäre sein ganzer Körper in Öl getränkt, so schnell wie es sich ausbreitete. Eine Weile, wankte der Dämon auf dem Deck hin und her, bevor das Feuer endlich Wirkung zeigte und er, genau wie seine Geschosse, zu harmlosen, braunen Schlamm zerfiel.

„Ha!“ rief Aleyandra im Augenblick ihres Sieges. Sie hatte es tatsächlich geschafft! „Hast du das gesehen Alessa? Es hatte nicht die geringste Chance gehen mich!“
„Ich will deinen Triumph ja nicht trüben aber, ähm, wie sage ich dir das jetzt am besten, ähm...Feuer! Feuer!“ schrie Alessa mit schriller Stimme und tatsächlich, war das Feuer nicht gemeinsam mit dem Körper des Dämons verschwunden, sondern brannte noch immer lichterloh. Es breitete sich unaufhaltsam weiter aus und leckte gierig über die Planken. Aleyandra sprang von dem kleinen Schiff zurück an Land, während das Inferno hinter ihr erst richtig zu wüten begann.
„Großartig.“ murmelte sie, mit einem letzten, bedrückten Blick auf das brennende Wrack, das schon bald nur noch eine einzige Flammensäule war. Damit, verbrannte gleichzeitig auch ihre größte Hoffnung auf Freiheit von dem nervtötenden Einhorn. „Ich werde diese Stimme bis ans Ende meines Lebens ertragen müssen.“
„Sieh es positiv, wir werden von jetzt an auf Ewig zusammenbleiben können und Seite an Seite über einen leuchtenden Regenbogen in den Sonnenuntergang reiten!“ schwärmte Alessa überglücklich und betrachtete das Feuer voller Erleichterung „Weißt du, für manche, ist das Glas immer nur halbvoll, aber für mich, zählt einfach nur, dass es ein wundervoller Tag ist, voller Frohsinn und Liebe. Voller Gerechtigkeit und Brüderlichkeit. Freundschaft und strahlendem Licht der Freude. Du wirst sehen, wenn morgen die Sonne aufgeht und dich anlächelt, sieht die Welt so viel bunter und leuchtender und fröhlicher aus. Damm werden wir gemeinsam über rosa Wolken der Liebe schreiten und die Welt so sehen wie sie wirklich ist, wundervoll und einzigartig.“
„Ich bin so gut wie tot.“

3. Naruz

Lustlos lag Aleyandra auf einem der Dächer Helonias und starrte nachdenklich die Wolken an. Die Pistolen hingen noch immer an ihrem Gürtel, was eigentlich ungewöhnlich war, denn sie nahm die Waffen niemals mit in die Stadt. Es gab keinen Grund dafür und damit würde sie den Leuten nur noch mehr Angst einjagen, allerdings hatte die Begegnung mit dem Dämon einen bleibenden Eindruck bei ihr hinterlassen. Wenn solche Kreaturen wirklich jederzeit versuchen konnten sie zu fressen, wollte sie nicht unvorbereitet in einen Kampf geraten. Alessa hatte sich neben ihr eigenartig zusammengerollt und Aleyandra war sich sicher, dass kein echtes Pferd sich jemals so verrenken würde. Das kleine Einhorn, wirkte eher wie eine merkwürdige weiße Katze mit Hufen.

Seit ihrem Versuch der Bürgermeisterin zu helfen, waren bereits drei Tage vergangen und in keinem einzigen davon, war sie ihrem Ziel auch nur einen Schritt näher gekommen. Die Geschichte mit dem Dämon, hatte man ihr nicht abgekauft. Nach der Meinung der Bürger, hatte sie sich die Schätze unter den Nagel gerissen und dann das Boot angezündet, um ihnen eine haarsträubende Geschichte aufzutischen, oder das Geld aus purer Bosheit im Meer versenkt. Einen kleinen Teil des Goldes, fand man sogar wieder, sobald das Feuer erloschen war, doch den Großteil hatte sich die Strömung geholt. Aleyandra jedenfalls hielt es seither für klüger, sich von der Bürgermeisterin fern zu halten, aber ganz wollte sie trotzdem nicht aufgeben. Ja, sie könnte einfach mit ihren neuen Fähigkeiten von hier verschwinden und Helonia endlich weit hinter sich lassen, aber dann würde sie dieses quietschende Einhorn für immer verfolgen!

Sie brauchte die Truhe der Bürgermeistern und würde vorher ganz sicher nicht von hier weggehen. Es wäre leicht in das Lager einzubrechen und sich die Sternentruhe zu schnappen. Jeder in der Stadt war mit der Bedrohung durch die Piraten beschäftigt, dazu kam, dass es sich um irgendeinen angeblich wertlosen Gegenstand handelte, den niemand bewachen würde. Leider, hatte Aleyandra sich inzwischen an ihre neuen Kräfte gewöhnt. Sie liebte es zu fliegen und an noch bessere, tolleren Fallen zu arbeiten. Gaia würde ihr diese Fähigkeit vielleicht wieder entziehen, wenn sie etwas schlechtes tat und das wollte sie nicht riskieren. Sie würde die Truhe irgendwie auf gewöhnliche Art und Weise kriegen, damit sie dann nach Navea fliegen konnte. Auch ohne, dass Aleyandra Verbrechen beging, versuchte Alessa schon die ganze Zeit über sie davon abzubringen ihre Gaben zu häufig einzusetzen und erfand alle möglichen Horrorgeschichten, von anderen Boten Gaias, die sich in furchtbare Dämonen verwandelt hatten. Lächerlich, dachte Aleyandra und kommentierte ihre eigenen Gedanken mit einem kurzen, abfälligen Schnauben. Alessa drehte ihr sofort den Kopf zu und starrte das Mädchen durchdringend an.

„Du machst dich lustig über mich.“
„Was? Wie kommst du denn auf die Idee?“ fragte Aleyandra unschuldig und versuchte in eine andere Richtung zu blicken. „Moment, kannst du etwa meine Gedanken lesen?“
„Nein, aber ich bin ein Eidolon und daher mit einem übermenschlichen, hoch effektiven Verstand gesegnet. Ich kann eins und eins zusammenzählen. Deine schlechte Laune hat mit mir zu tun.“
„Vielleicht ein bisschen.“ gestand Aleyandra seufzend. Es war nicht richtig ihre schlechte Stimmung an dem Eidolon auszulassen, aber ansonsten war schließlich niemand da.
„Du magst mich nicht, das kann ich deutlich spüren. Du wünscht dir ein anderes Eidolon, habe ich recht?“ fragte Alessa gekränkt und mit verletztem Stolz in der Stimme.
„Das bildest du dir nur ein, Alessa. Ich könnte mir keinen besseren Begleiter als dich vorstellen. Du bist fantastisch und einzigartig...und so weiter.“ erklang es lahm von Aleyandra, die Mühe hatte, während ihrer Antwort nicht laut zu Gähnen. Gerade wollte sie noch etwas hinzufügen und fragen, ob wenigstens Alessa einen Plan hatte, wie sie an die Truhe gelangen könnten, als ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Plötzlich sprang sie auf und rutschte über das Dach. Fast wäre sie in ihrer Eile auf der Straße aufgeschlagen, aber es gelang ihr gerade noch so am Rand zum Stillstand zu kommen. Ihre Augen huschten so schnell sie konnten hin und her, um die Straße unter ihnen genau zu durchsuchen. Da war etwas, das spürte sie. Es war ein eigenartiges Kribbeln in ihrer Magengegend, ein Gefühl, als würde sie von Innen heraus zu Eis erstarren.


„Was ist denn los mit dir, Aleyandra?“ fragte Alessa unruhig und schwebte neben ihr, um selber zu sehen, was ihre Herrin so sehr in Aufregung versetzte, in diesem Moment fand Aleyandra das, was sie so sehr durcheinanderbrachte. Ein junger, schlanker Mann ging gelassen durch die Straßen von Helonia. Er hatte schwarze Haare, die aussahen, als wäre er gerade erst aufgestanden. An seiner Seite hingen zwei kurze Schwerter. Doch im ersten Augenblick war nicht er es, der Aleyandras Blick auf sich zog, sondern das, was direkt neben ihm durch die Luft glitt. Ein blonder Junge mit langen, spitzen Ohren in weißer Kleidung, der sie eindeutig an Alessa erinnerte. Nicht unbedingt vom Aussehen her, aber von der Art, wie er sich hinter Naruz her bewegte, wie die Luft um ihn herum leicht flimmerte und ihm etwas magisches, unnatürliches verlieh. Die Einwohner, machten in der Zwischenzeit ängstlich einen großen Bogen um den seltsamen jungen Mann und seinen fliegenden Begleiter.
„Was ist das da neben ihm? Ist es auch ein Eidolon? Das muss es sein, ich spüre ganz deutlich, dass es kein Mensch ist, sondern etwas anderes.“ Aleyandra, versuchte den Neid in ihrer Stimme zu unterdrücken so gut es ging, damit Alessa nicht bemerkte, wie viel toller sie den Begleiter des Unbekannten fand. Wieso hatte dieser Fremde so ein niedliches Eidolon, dem man süße Kleider anziehen und mit dem man spielen konnte? Das war wirklich nicht fair! Alessa war nichts weiter als ein Einhornfohlen, man konnte nicht einmal auf ihr reiten und in einem niedlichen Kleid, sah sie sicher nur noch bescheuerter aus. „Dann ist er so wie ich ein Botschafter Gaias?“


„Ähm, ja, schätze schon. Auch wenn ich keine Ahnung habe, wie du ihn spüren konntest. Das ähm, sollte eigentlich nicht möglich sein.“ murmelte Alessa leise vor sich hin, was Aleyandra vollkommen ignorierte.
„Weißt du zufällig wer er ist? Woher er kommt? Oder was er hier will? Ist er hier um mich zu treffen? Oh, vielleicht will er mich ja nach Navea holen, damit ich mich den Templern anschließe oder sogar den Magiern!“ Aleyandras Stimme überschlug sich vor Aufregung. Ein anderer Bote Gaias! Jemand der ihre Kräfte teilte und genauso war wie sie. Es konnte kein Zufall sein das er nach Helonia kam.
„Keine Ahnung, ich sehe ihn heute auch zum ersten Mal. Allerdings kenne ich seinen Partner. Das ist Serif. Ein Eidolon, das ein wenig sprunghaft ist. Der arme Kerl ist nicht zu beneiden, wenn er Serif´s ständiges Geplapper ertragen muss, Du hast es wirklich viel besser getroffen mit mir. Ich bin im Gegensatz zu ihm die Ruhe selbst. Außerdem bin ich sehr viel schneller und sehe natürlich auch besser aus. Sieh nur, wie wunderschön mein Fell glänzt und...“
„Seine Gegenwart fühlt sich seltsam an.“ murmelte Aleyandra, ohne auf Alessa´s Worte zu reagieren. Es interessierte sie herzlich wenig wie das Eidolon hieß, aber einen anderen Boten Gaias zu treffen, ließ sie schon jetzt vor Freude beinahe Luftsprünge machen. Vielleicht konnte er ihr helfen an diese Sternentruhe zu gelangen.

„Serif´s?“ fragte Alessa überrascht und mal wieder beleidigt darüber, dass man ihr nicht zuhörte „Mhm, also ich spüre nichts. Allerdings kann ich dein Unbehagen voll und ganz nachvollziehen. Er ist manchmal etwas überdreht und kann ausgesprochen...“
„Wen interessiert denn der kleine Blondschopf?“ unterbrach sie Aleyandra erneut, diesmal deutlich ungeduldiger. Was nütze ihr ein Eidolon als Seelengefährte, wenn es nicht einmal verstand was sie sagen wollte? „Ich rede von seinem Herren. Bei seinem Anblick, zieht sich in mir alles zusammen. Es ist, als würden mitten in meinem Körper Eis und Feuer aufeinandertreffen und eine heftige Schlacht schlagen. Alles an mir ist angespannt.“ Auf eine Antwort des Einhorns, wartete sie diesmal gar nicht erst. Geschickt sprang Aleyandra auf das nächstgelegene Dach. Sie hatte sich schon früher sehr sicher auf den Dächern Helonias bewegt und seit sie ein Botschafter Gaias war, fiel es ihr nur noch leichter. Sie musste nicht einmal mehr vorsichtig sein. Wenn sie abrutschte, wurde sie einfach von der Macht Gaias getragen. Es dauerte nicht lange, bis der junge Mann in einer Seitenstraße anhielt. Erst wunderte sie sich, was er hier verloren hatte, aber dann sah sie, dass er direkt auf Luther zuging. Sofort sprang sie noch ein Dach weiter, um direkt über den beiden zu stehen und neugierig zu lauschen. Die Vorstellung der beiden hatte sie leider verpasst und dadurch, wusste sie noch immer nicht den Namen des Unbekannten.

„...mir gesagt, ich soll mich an Euch wenden.“ beendete der Unbekannte gerade einen Satz.
„Tatsächlich? Dann bist du aus Port Skandia, richtig?“
„Genau, wart Ihr schon einmal dort?“
„Ich unterhalte Geschäftsbeziehungen zum Ältesten von Skandia. Wie geht es ihm und Sheila? Ich war schon viel zu lange nicht mehr im Süden.“ fragte Luther mit ehrlichem Interesse, was bei ihm selten vorkam.
„Oh, ihnen geht es blendend, Sheila und der Älteste haben mich aufgezogen, müsst Ihr wissen. Vor ein paar Monaten kam auch eine Fremde ins Dorf, eine Hexe namens Elena die nun in einer verlassenen Hütte lebt, sie war es auch die mir sagte, dass es hier in Helonia etwas gibt, was die Macht besitzt, böse Geister zu vertreiben. Ist das wahr?“
„Durchaus, es existiert tatsächlich so ein Gegenstand, angeblich zumindest. Soweit ich weiß, wird dieses Artefakt in einer Truhe mit eingeschnitzten Sternen verwahrt, aber sie lässt sich nicht öffnen. Das Holz ist durch Magie verstärkt und das Schloss lässt sich nicht aufbrechen.“
„Das ist ein Problem, für das ich schon noch eine Lösung finden werde. Wichtig ist erst einmal, dass ich dieses Artefakt besitze.“ schloss der Fremde, erleichtert darüber, dass es die Truhe wirklich gab. Aleyandra war es in der Zwischenzeit gelungen einen besseren Aussichtspunkt zu finden und sah zum ersten mal richtig das Gesicht des Fremden. Er sah gut aus, aber sie konnte noch immer nicht viel erkennen. Seit sie eine Botschafterin Gaias war, merkte sie wie ihre Augen und anderen Sinne immer schlechter wurden. Alessa behauptete das wäre nur vorübergehend und schon bald könnte Aleyandra schärfer sehen und besser hören als jeder andere Sterbliche, sobald ihr Körper sich an das Geschenk der Göttin gewöhnt hatte. Im Moment allerdings half ihr das noch wenig.

„Nun, unter normalen Umständen, würde ich Euch die Truhe für einen Spottpreis verkaufen. Immerhin seid Ihr ein Botschafter Gaias und damit fast so eine Art Heiliger, außerdem, ist diese Truhe für uns nicht viel wert.“ er warf dem Fremden einen entschuldigenden Blick zu, von dem wohl niemand sagen konnte, ob er wirklich aufrichtig oder nur gut gespielt war „Aber leider, brauchen wir im Moment alles was wir kriegen können und ich muss hundert Goldmünzen im Austausch für die Sternentruhe verlangen.“
„Einhundert?“ fragte der Auserwählte Gaias genauso schockiert wie Aleyandra, als man ihr das Angebot unterbreitet hatte.
„Nun, wir haben zurzeit einige Probleme mit Piraten, die weiter im Norden ihr Lager aufgeschlagen haben. Sie kamen vor ein paar Tagen in die Stadt und stellten übertriebene Forderungen. Die Stadt soll ihnen eine nahezu utopische Summe an Gold zahlen, damit sie uns in Ruhe lassen. 'Schutzgeld', nennen sie es.“
„Verjagt die Piraten. In Skandia hat man auch öfter Ärger mit diesem Gesindel. Sobald man anfängt sich zu wehren, fliehen sie wie die Ratten und verschwinden wieder.“
„Leider, besitzen wir keine richtige Stadtwache und Navea ist zu weit weg, um die Templer und die Kirche um Schutz zu bitten, falls sie überhaupt reagieren würden. Die Menschen hier sind friedliebende Händler. Wir bezahlen die Piraten lieber und hoffen, dass sie uns dann in Ruhe lassen.“ Luther musterte ihn eine Weile abschätzend und der Fremde wartete geduldig darauf das der stellvertretende Bürgermeister weitersprach „Was allerdings die Bezahlung des Schutzgeldes angeht, ergaben sich einige unvorhergesehene..Probleme und wir verfügen nicht mehr über die Mittel diese Halsabschneider zu besänftigen.“

„Dann werden Serif und ich uns um die Piraten kümmern. Wir sind schon mit schlimmerem fertig geworden.“ bot der junge Mann sofort an, ohne ein Zeichen von Angst in seiner Stimme. Aleyandra konnte ihn verstehen, als Botschafter Gaias existierte man um Dämonen zu vernichten, vor ein paar Piraten sollte man keine Angst haben, auch wenn es vielleicht zu viele für einen alleine waren.
„Ich weiß Eure Hilfe sehr zu schätzen.“ erwiderte Luther erleichtert, aber in seinen Augen lag nicht viel Hoffnung den jungen Mann gesund und munter wiederzusehen „Redet am besten gleich mit der Bürgermeisterin. Ihr Name ist Madeline. Sie wird eine Aufgabe für Euch finden und sobald die Piraten verschwunden sind, überlassen wir Euch selbstverständlich die Truhe.“
„Ich danke Euch.“
„Nein, wir sollten uns bedanken, dafür, dass ein Botschafter Gaias uns zur Seite steht und sich bereit erklärt unsere Stadt vor dem Untergang zu retten. Die Truhe ist das mindeste, was wir Euch für Eure Hilfe anbieten können.“ Der Fremde machte sich zufrieden auf den Weg, um sich durch das kleine Gewirr aus Nebenstraßen tiefer in die Stadt hinein zu schlagen und die Bürgermeisterin zu suchen. Die Gedanken rasten in Aleyandras Kopf, während sie versuchte zu entscheiden, was sie als nächstes tun sollte. Sie konnte ihn sicher noch eine Weile verfolgen, aber ihre Ungeduld gewann letztendlich die Oberhand.

Aleyandra sprang vom Dach und landete leichtfüßig direkt vor dem Fremden, der erschrocken stehen blieb. Erst jetzt, fielen ihr seine Augen auf. Sie schimmerten in mehreren Farben und eine Weile, blieb sie einfach nur stumm vor ihm stehen, um in diese Augen zu starren. Grün, Gelb und Blau. Diese drei Farben konnte sie darin ausmachen und egal wie lange sie ihn anstarrte, es war unmöglich zu sagen, welche der Farben vorherrschte. Eigentlich wollte sie ihn mit einem frechen Spruch begrüßen, aber stattdessen, blickte sie ihn nur weiter unbeweglich an.
„Guten Tag.“ sagte er nach einer Weile, noch immer vollkommen perplex, von ihrem plötzlichen Auftauchen. Seine Stimme, ließ Aleyandra zusammenzucken. Sie klang viel sanfter und freundlicher, als von weitem und hallte eigenartigerweise in ihrem Kopf wider. Fühlte es sich so an, auf einen anderen Diener Gaias zu treffen? Er wollte gerade das seltsame, wunderschöne und vor allem stumme Mädchen, welches ihn nur anstarrte, ausblenden und an ihr vorbei gehen, als sie sich endlich wieder bewegen konnte. Plötzlich schnellte ihr Arm auf ihn zu. Selbst seine neuen, verstärkten Reflexe als Botschafter Gaias waren nicht in der Lage mit ihr mitzuhalten und ehe er sich versah, hielt sie eines seiner Schwerter in ihren Händen. Sie kanalisierte ihre Magie und sprang auf das nächstgelegene Dach, um ihn von dort aus frech anzulächeln und die Klinge zu betrachten. Es war eine einfache, aber immerhin gute Waffe. Von jemandem wie ihm, hätte sie trotzdem eher irgendetwas besonderes erwartet. Ungefragt tauchte Alessa neben ihr auf und funkelte das Eidolons des Fremden an.
„Was ist denn mit ihm? Warum kommt er nicht zu mir hoch und holt sich sein Schwert zurück?“ flüsterte Aleyandra ihrem Eidolon ungeduldig zu, als er keinerlei Anstalten machte sich zu ihr in die Lüfte zu erheben, sondern nur hilflose und vor allem verwirrte Blicke mit seinem Eidolon wechselte.

„Vielleicht weiß er nicht wie man fliegt. Es gibt Auserwählte, die es niemals lernen oder nur ein bisschen gleiten können. Es ist keine sehr weit verbreitete Kunst, selbst unter deinesgleichen.“
„Ich wette er kann es.“ sagte Aleyandra voller unerschütterlicher Überzeugung „Er sieht nicht so aus, als wäre er auf den Kopf gefallen oder unfähig. Ich bin sicher, er ist stark genug, um diese Kunst zu meistern. Vielleicht braucht er nur etwas Unterstützung dabei.“
„Und was jetzt!?“ rief der junge Mann zu ihr hinauf, während man ihm anmerkte, dass er darüber nachdachte, wie er zu ihr gelangen konnte. Außerdem, huschte sein Blick immer wieder unbehaglich zu Alessa. Ob er wohl schlechte Erfahrungen mit Eidolons und anderen Auserwählten gemacht hatte, schoss es Aleyandra kurz durch den Kopf, bevor ihr Gedankengang erneut von seiner prickelnden Stimme unterbrochen wurde „Gibst du mir mein Schwert wieder, oder nicht?“
„Ihr verlangt diese edle Klinge zurück, Sir!?“ rief Aleyandra zu ihm herunter und versuchte dabei so hochnäsig und herablassend wie möglich zu klingen. Wenn sie ihn etwas reizte, entdeckte er sein Talent vielleicht von alleine. „Dann seid so gütig und verratet mir Euren Namen, oh ehrwürdiger Botschafter Gaias und Erlöser der Menschheit! Und was führt Euch in dieses kleine nach Fisch stinkende, zurückgebliebene Paradies?“

„Mein Name, ist Naruz, aus Port Skandia. Kriege ich jetzt mein Schwert zurück?“ fragte er gereizt, als sie noch immer keine Anstalten machte wieder von dem Dach zu kommen.
„Natürlich. Fang es, wenn du kannst.“ mit einem frechen Grinsen, ließ sie seine geliebte Klinge achtlos fallen und sah interessiert zu, wie er reagieren würde. Naruz hechtete wie erwartet nach vorne und fing das Schwert noch in der Luft auf. Erleichtert atmete Naruz aus und betrachtete seine Waffe, den Arm noch immer erhoben. Doch sein kurzer Moment des Glücks, sollte nicht länger anhalten, denn plötzlich schlossen sich schlanke Finger um sein Handgelenk und vor lauter Überraschung, hätte er die Klinge fast fallen lassen. Aleyandra, war in der Zwischenzeit von dem Dach gesprungen und auf den abgelenkten Naruz zugeflogen. Sie nahm all ihre neu gewonnene Kraft als Auserwählte Gaias zusammen und riss ihn mit sich mit. Es ging alles so schnell, dass er gar nicht wusste, was überhaupt passierte. In dem einen Moment, stand er noch mit beiden Füßen fest auf dem Boden und im nächsten, hing er über den Dächern der Stadt und wurde hinter dem verrückten Mädchen gen Himmel gezerrt, als wäre er irgendein armes, dem Tode geweihtes, Nagetier und sie ein Falke auf der Jagd.
„Lange nicht gesehen, Serif.“ wandte sich Alessa erstaunlich kühl an das andere Eidolon, sobald Aleyandra mit dem zappelnden Naruz außer Sichtweite geflogen war. Sie hatte nicht unbedingt erwartet, so bald auf andere Diener Gaias zu treffen und schon gar nicht, auf jemand so unzuverlässiges wie Serif. Dass ihre beiden Herren gerade dabei waren davonzufliegen, schien keinen von ihnen wirklich zu kümmern. Es bestand keinerlei Gefahr für irgendjemanden, also blieb ihnen auch Zeit für eine kleine Unterhaltung.
„Oh, Alessa. Ich hatte eigentlich gehofft als erstes auf Merilee zu stoßen.“ begrüßte er sie enttäuscht, während er zusah, wie Naruz und Aleyandra bald nur noch kleine Punkte am Horizont waren. „Ach ja, dein neuer Schützling hat gerade meinen Partner entführt. Sollte ich mir Sorgen um ihn machen?“
„Mhm nein, ich denke nicht. Am besten, wir warten hier auf sie. Aleyandra wird deinem neuen Herren nichts tun, glaube ich jedenfalls. Sie will ihm nur beibringen zu fliegen und zwar auf ihre eigene...Art.“
„Passt schon. Ich wollte eh, dass er bei nächstbester Gelegenheit die Sache mit dem Fliegen lernt. Hatte es nur irgendwie vergessen.“ erklärte Serif gähnend. Naruz würde schon zurecht kommen. Immerhin sah diese Verrückte gut aus, das würde ihm gefallen, sobald er sich erst einmal ans Fliegen gewöhnt hatte.
„Typisch für dich.“ fuhr Alessa unbeeindruckt fort, Serif hatte sich nicht geändert. Mit diesem unzuverlässigen Stümper an seiner Seite, würde Naruz keine Woche überleben. „Wie kommst du mit deinem neuen Gefährten zurecht? Ich persönlich, bin bisher nicht sehr beeindruckt von ihm.“
„Ach, war ich anfangs auch nicht, aber das legt sich mit der Zeit.“ Serif´s Grinsen verblasste kurz, als er mit einem kurzen Seufzer fortfuhr „Gut, um ehrlich zu sein, ist er etwas zu sprunghaft für meinen Geschmack und er starrte auf unserem Weg hierher jedes hübsche Mädchen in Grund und Boden. Ich hoffe unsere Feinde kommen nie auf die Idee eine Succubus oder ähnliches zu schicken, dann ist er so gut wie tot. Aber ansonsten ist er toll.“
„Sprunghaft? Das Wort wurde doch nur für dich erfunden.“ murmelte Alessa vor sich hin. Hoffentlich freundete sich ihre Gefährtin nicht mit diesem Naruz an, das würde selbst ihre gute Laune trüben.

In der Zwischenzeit, hing Naruz noch immer an Aleyandras Hand fest und pendelte weit über Helonia hin und her. Einmal stieß Aleyandra sich von der Spitze eines kleinen Berges ab, um noch höher zu steigen, solange, bis die blauen Häuser unter ihnen nur noch wie lächerlich winzige Spielzeuge wirkten. Sie entfernten sich weiter von Helonia, immer in Richtung Norden.
„Was soll das werden!?“ schrie sie der andere Bote Gaias an, was sie gepflegt ignorierte. Es war nur zu seinem eigenen Besten. Immer weiter stieg Aleyandra mit ihrem Fang nach Oben.
„Ich helfe dir nur, Naruz aus Port Skandia!“ rief sie zurück und blickte zu ihm nach unten, um ihn anzugrinsen „Also dann, jetzt heißt es, flieg oder stirb!“
„Hey! Warte! Du kannst nicht...“ rief Naruz mit einem Anflug von Panik in der Stimme, als dieses verrückte Mädchen plötzlich sein Handgelenk los ließ, während sie direkt über der Stadt kreisten. Doch die Panik verschwand auf der Stelle und stattdessen, machte sich wieder die selbe eigenartige Macht in ihm breit, die er immer öfter spürte seit er ein Diener Gaias war, also seit drei Tagen. Instinktiv, breitete Naruz die Arme aus und vertraute darauf, dass die Magie Gaias ihn retten würde und genau das tat sie auch. Statt zu fallen, stieg er plötzlich weiter auf. Verwirrt blinzelnd, schwebte er einen Augenblick in der Luft und sah sich um. Weit hinter sich, konnte er die blauen Dächer Helonias erkennen, doch vor ihnen, erhoben sich nur Berge, während sich unter ihnen dunkle Wälder erstreckten. Dann bemerkte er, dass dieses durchgedrehte Mädchen, die ganze Zeit um ihn herumflog und versuchte auch, seine Magie etwas zu kontrollieren. Langsam, sehr sehr langsam, setzte er sich in Bewegung. Hinter ihm erklang ein spöttisches Lachen und Aleyandra raste an ihm vorbei.

„Ich wusste du kannst fliegen!“ rief sie ihm zu, während sie vor ihm Loopings drehte, als wäre es das normalste auf der Welt. Er selbst wurde auch immer schneller und flog inzwischen, seiner Meinung nach, recht schnell und sauber auf sie zu. „Oh gut, du wirst schnell besser. Mal sehen, ob du es schaffst mich zu fangen.“ Sie zwinkerte ihm zu und zischte aus seinem Blickfeld davon. Verwirrt drehte Naruz den Kopf in alle Richtungen, aber ohne sie zu sehen. Dann tauchte sie wie aus dem Nichts wieder auf. Aleyandra glitt direkt vor ihm durch die Luft und hielt auf die Wälder weiter im Norden zu. Ohne wirklich zu wissen warum, folgte er ihr mit immer höherem Tempo. Ab und zu, drehte sie sich zu ihm herum und rief ihm irgendwelche, mehr oder minder nützlichen, Ratschläge zu. Aus dem anfänglichen Flugtraining, wurde schon nach kurzer Zeit eine wilde Jagd durch die Hügel und kleinen Berge entlang der Küste und je länger sie einander jagten, desto sicherer wurde Naruz beim fliegen.


Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, bis sie auf eine Wiese nördlich von Helonia zusteuerte und ihm signalisierte dort zu landen. Aleyandra stolperte ein paar Schritte vorwärts, bevor sie sich wieder fangen konnte. An der Landung, musste sie noch arbeiten, aber es machte Spaß mit ihm zu fliegen, auch wenn es sie auslaugte. Schwer atmend und schweißüberströmt, drehte sie sich um, um zu sehen, wo ihr neuer Freund so lange blieb. Panisch riss sie die Augen auf und wollte zur Seite hechten, aber dafür war es bereits zu spät. Unkontrolliert krachte Naruz in sie hinein und schleuderte Aleyandra über die Wiese davon. Sie überschlugen sich einige Male, bevor sie letztendlich im hohen Gras zum Stillstand kamen.
Blinzelnd schlug Aleyandra die Augen auf und starrte in die merkwürdigen Augen des jungen Mannes. Er wirkte ziemlich mitgenommen und würde eine Weile brauchen, um wieder zu sich zu kommen. Vielleicht hätte sie ihm vorher erklären sollen, wie man richtig landet und seine Energie einteilte. Sie könnte ihn jetzt einfach von sich runter werfen, aber das brachte sie irgendwie nicht übers Herz. Stattdessen, sog sie seinen Duft ein. Er roch genau wie sie nach dem Ozean, aber auch nach verheißungsvollen Abenteuern, wie auch immer so etwas riechen mochte. Vermutlich hatte sie sich bei dem Aufprall den Kopf angeschlagen, dachte Aleyandra verwirrt und versuchte an etwas anderes zu denken. Ohne zu wissen wieso, strich sie ihm kurz sanft durch die dunklen Haare und zog die Hand dann sofort wieder zurück, als er sich bewegte. Unbehaglich wand sie sich unter Naruz, der langsam begann sich zu regen, was Aleyandra nervös zusammenzucken ließ. Sofort wanderte ihr Blick ihren Körper hinunter und sie lief hochrot an. Seine rechte Hand, befand sich direkt zwischen ihren Beinen und die andere ruhte unter dem Hemd auf ihrem Bauch. Mühsam versuchte Naruz sich aufzurichten, wobei er nicht bemerkte, dass er sich auf ihr abstütze und zwar an einer etwas empfindlichen Stelle. Seine Finger tasteten über den dünnen Stoff ihrer Hose und sie stand kurz davor ihm einen tödlichen Zauber entgegen zu schleudern, doch sie tat es nicht, sondern musste sich zusammenreißen um keinen verräterischen Laut von sich zu geben. Auch wenn es nur ausversehen war, war sie versucht, ihn weitermachen zu lassen.

Naruz bekam davon herzlich wenig mit. Der Sturz, schien ihn ziemlich mitgenommen zu haben. Aleyandra dagegen, entlockten seine Versuche sich wieder zu sammeln und trotz schmerzendem Körper aufzustehen, Laute, die nicht viel mit Schmerzen zu tun hatten. Das leise Stöhnen, das ungewollt ihren Lippen entwich, lenkte seine Aufmerksamkeit zum ersten mal seit dem Absturz auf das Mädchen direkt unter ihm, die ihn regungslos mit bebenden Lippen und roten Wangen anstarrte. Als ihm klar wurde, wo sich seine Hände befanden , zog er sie hastig eng an seinen Körper an und kniete sich hin, wobei er sie entschuldigend ansah, während sich vor seinen Augen noch immer alles drehte. Er hatte noch nie zuvor Magie eingesetzt, zumindest nicht bewusst und schon gar nicht so eine Masse an Energie freigesetzt. Die Anstrengungen des Fluges setzten ihm im Moment mehr zu, als der kleine Fehler bei der Landung. Er stand vollkommen neben sich.
„E-es tut mir...“ doch weiter kam Naruz nicht mehr, bevor Aleyandra mit einem spitzen Schrei, für den sie sich hinterher selbst verfluchte, ihre flache Hand gegen seine Schläfe krachen ließ, ihn von sich runter warf und auf die Beine sprang. Die Wucht des Schlages, schleuderte ihn zur Seite und er blieb ein Stück neben ihr liegen. Sie hatte es in ihrer Panik etwas übertrieben, aber ihre neuen Kräfte überforderten sie noch ein wenig. Während er sich auf die Beine kämpfte und leicht schwankend endlich zum stehen kam, versuchte Aleyandra sich zu beruhigen so gut es ging. Langsam verschwand das verräterische Rot wieder aus ihrem Gesicht. Sie räusperte sich kurz, um so zu tun, als wäre nichts passiert. Doch als sie begann zu sprechen, konnte man am Zittern ihrer Stimme deutlich erkennen, dass sie sich in Gedanken gerade ganz wo anders befand.

„G-geht es dir g-gut?“
„Ja, ich denke schon.“ Naruz achtete im Moment gar nicht auf ihre Verlegenheit, sondern musste noch immer daran denken, dass er tatsächlich geflogen war. Das ganze wurde langsam etwas zu unwirklich für seinen Geschmack. Vermutlich wachte er im nächsten Moment in seinem Bett in Skandia auf. „Es tut mir wirklich leid, die Landung war nicht wirklich...perfekt und es hat mich zu viel Kraft gekostet.“
„W-w-wie fandest du deinen ersten Flug?“ fuhr Aleyandra ein kleines bisschen sicherer fort und versuchte ihre Verlegenheit zu überspielen. So sollte ihr kleiner Flug eigentlich nicht enden. Ihr ganzer Körper zitterte noch immer, wenn sie an seine Berührungen dachte, so dass sie sich nicht richtig konzentrieren konnte.
„Es war einfach...es war großartig.“ antwortete Naruz nach den passenden Worten ringend. Er konnte dieses Gefühl nicht beschreiben und das wollte er auch gar nicht, denn Worte, würden niemals beschreiben können wie es sich anfühlte, wenn Gaia selbst einen berührte.
„Genauso habe ich mich auch gefühlt. Die Kräfte die Gaia uns geschenkt hat sind wundervoll.“
„Ich danke dir, für dieses Erlebnis. Ich wäre von alleine niemals auf die Idee gekommen so etwas auch nur zu probieren. Du kennst meinen Namen bereits, aber ich weiß nicht wer du bist.“
„Mein Name ist Aleyandra und ich lebe in dieser Stadt, mehr oder weniger. Mein Eidolon heißt Alessa. Wir sind erst seit einigen Tagen zusammen, auch wenn es mir bereits vorkommt wie ein ganzes Jahrzehnt, um ehrlich zu sein.“ schloss sie mit einem schüchternen Lächeln. Hoffentlich ging ihm sein Eidolon genauso auf die Nerven, dann hätten sie bereits ein gutes Gesprächsthema.

„Ja, sie können etwas eigen sein. Serif zum Beispiel redet gerne, aber dafür passen wir ansonsten sehr gut zusammen. Es ist erstaunlich, wie sehr ich mich an ihn gewöhnt habe in so kurzer Zeit. Man kann auch wunderbar mit ihm feiern und im Kampf, sind wir beinahe schon eins.“ antwortete Naruz mit einer Begeisterung in der Stimme, die Aleyandra nicht wirklich teilen konnte. Stammelnd versuchte sie ebenfalls irgendetwas nettes über ihr Eidolon zu erzählen und stolperte dabei mehrmals über ihre eigene Zunge.
„Ähm...ja, genau. Alessa ist auch sehr...toll und wir gehören zusammen. Wir sind wie Pech und Schwefel, ein Herz und eine Seele. Ein einzigartiges, unschlagbares Team.“
„Hattet ihr auch schon eine Seelenverbindung im Kampf?“ wollte er voller Wissbegierde in der Stimme wissen. Aleyandra hatte keine Ahnung wovon er sprach, aber entschloss sich dazu, sich nichts anmerken zu lassen. Wenn er sein Eidolon toll fand, dann würde sie ihm zeigen, dass sie ihres auch liebte. „Es ist ein ganz besonderes Gefühl. Man kommt sich unbesiegbar vor, unaufhaltsam, als könnte man es alleine mit einer ganzen Dämonenarmee aufnehmen.“
„Natürlich, wir ähm, verbinden unsere Seelen die ganze Zeit. Mal sie ihre mit meiner, dann ich meine mit ihrer und so weiter. Wirklich großartig, toll, fantastisch. Ich liebe Alessa, als wäre sie meine...ähm...meine Schwester.“ schloss sie holprig. Um endlich nicht mehr über diese nervtötenden Eidolons zu reden, wechselte Aleyandra hastig das Thema, indem sie auf das Gespräch zu zwischen Naruz und Luther zu sprechen kam „Ich habe gehört, dass du nach einer gewissen Sternentruhe suchst.“

„Das ist richtig. In meinem Dorf, kam es vor kurzem zu einem schlimmen Zwischenfall. Ein Freund von mir wurde etwa zur selben Zeit wie ich zu einem Botschafter Gaias und erhielt ein Eidolon, aber bei ihm war es...anders.“ Naruz Miene verdüsterte sich, als der Flug bereits in den Hintergrund trat und er wieder an den eigentlichen Grund für seine Reise nach Helonia denken musste. Von alleine wäre er nämlich niemals auf die Idee gekommen das sonst so ruhige Skandia jemals zu verlassen. „Er hat plötzlich einen Jungen aus dem Dorf entführt und ein Blutbad unter den Wachen angerichtet. Ich weiß nicht was mit ihm passiert ist, aber er war nicht mehr ansprechbar, vollkommen gefangen in einer Art...Wahnsinn. Alles was ihn noch interessierte war sich über die gewöhnlichen Menschen des Dorfes zu erheben, als wäre er eine Art Gott und alle anderen einzig und alleine da ihm zu dienen. Letztendlich, verwandelte er sich in einen Dämon und ich musste ihn erschlagen...“ Naruz brach kurz ab, um nicht wieder an Brian´s entstelltes Antlitz denken müssen, als diese Kreatur aus ihm hervorbrach, hauptsächlich, weil er inzwischen von Serif wusste, dass so etwas bei Botschaftern Gaias erstaunlich oft vorkam. Nicht vielen gelang es mit der Macht, die ihnen die Göttin geschenkt hatte, verantwortungsbewusst umzugehen. „Wie auch immer, es besteht bei jedem Diener Gaias die Gefahr, dass man von der Dunkelheit verschlungen wird und genauso endet. Darum brauche ich das, was sich in der Truhe befindet. Es soll angeblich ein Gegenstand sein, mit dem man die Verbindung zwischen uns und unseren Eidolons trennen oder vielleicht wenigstens abschwächen kann.“

„Ja, das ist auch meine Absicht.“ stimmte ihm Aleyandra hastig zu. Dieses Gerede über Dämonen schon wieder. Als hätte man nicht schon genug Probleme. Sie würde sich sicher nicht in irgendein Monster verwandeln, aber bei der Vorstellung das Einhorn loszuwerden und stattdessen mit diesem Naruz zu reisen, fühlte sich ihr Kopf sofort wieder heiß an. „Ich und Alessa sind natürlich unzertrennlich, aber ich habe auch Angst davor ein Dämon zu werden. Furchtbare Angst. Sie frisst mich auf und lässt mir keine Sekunde Ruhe. Aber zum Glück, bist du ja jetzt da. Gemeinsam, können wir dieses furchtbare Schicksal sicher abwenden.“
„Ich schätze, es wäre leichter zu Zweit. Aber du stammst doch aus dieser Gegend und kennst die einflussreichen Menschen hier sicher. Hast du denn nicht versucht die Truhe alleine zu bekommen?“
„Natürlich! Ich war bereits bei der Bürgermeisterin und habe sie auf Knien angefleht, mir die Truhe zu überlassen. Doch dann...“ Aleyandra verstummte und starrte zu Boden, bevor sie erstaunlich kleinlaut fortfuhr „Naja, sagen wir, mir ist ein kleines Missgeschick passiert und sie ist nicht mehr gut auf mich zu sprechen...falls sie das jemals war.“
„Tatsächlich? Dann verfolgen wir das selbe Ziel.“ sagte Naruz mit einem freundlichen Lächeln, das Aleyandras aufsteigende, düstere Laune sofort verjagte. Sie hatte schon damit gerechnet das er ihr Hilfsangebot vielleicht ablehnte, aber er schien nicht einmal daran zu denken „Vielleicht, können wir gemeinsam die Bürgermeisterin davon überzeugen, wie dringend wir diese Truhe brauchen. Ich habe gehört es gibt Ärger mit Piraten. Wenn wir dabei helfen sie loszuwerden, wird man uns diesen kleinen Wunsch sicher erfüllen.“
„Eine gute Idee.“ stimmte ihm Aleyandra eifrig zu. „Gemeinsam sind wir unbesiegbar. Dieser Abschaum wird uns niemals aufhalten können.“


„Auf eine gute Zusammenarbeit.“ Naruz streckte ihr eine Hand entgegen, in der Erwartung, dass sie einschlug und ihre neue Partnerschaft besiegelte, doch das tat sie nicht. Stattdessen, sprang sie ohne Vorwarnung direkt neben ihn und klammerte sich plötzlich mit beiden Händen an seinem linken Arm fest. Aleyandra, hakte sich bei dem verwirrten Naruz ein, der zu überrascht war, um irgendeine Art von Abwehrversuch zu unternehmen. Um ehrlich zu sein, hätte sie ihm auch gar nicht erlaubt sie einfach abzuschütteln. Ein echter, anderer Diener Gaias und noch dazu einer der so gut aussah, das musste der schönste Tag ihres Lebens sein. Mit einem kurzen Seufzer, legte sie ihren Kopf an Naruz Schulter und lehnte sich an ihn. Alles was er herausbrachte war ein kurzes, gestottertes „Wa-wa-was...?“
„Also dann, gehen wir, Naruz.“ flüsterte sie aufgeregt. Als er sich nicht sofort in Bewegung setzte, hob sie den Blick und lächelte freudestrahlend zu ihm hinauf. Ihre roten Augen leuchteten ihn voller Erwartung an. Sie konnte es kaum erwarten gemeinsam mit ihm heldenhaft gegen Piraten zu kämpfen, nach Navea zu reisen, vielleicht sogar nach Nord Midgard, durch die geheimnisvollen menschenleeren Steppen und Wälder, aber vor allem, konnte sie es kaum erwarten ihm etwas näherzukommen. Sie würde ihre gemeinsame Zeit vor allem nutzen, um herauszufinden, ob seine Ausstrahlung wirklich nur darauf zurückging, dass er auch ein Bote Gaias war, oder ob mehr dahinter steckte. Vielleicht, war er ja genau das, worauf sie schon so lange wartete. Das Zeichen, das ihren Aufbruch nach Navea symbolisierte und in eine glückliche Zukunft voller Abenteuer und Leidenschaft führte. Sofort, stieg Aleyandra das Blut in den Kopf. Sie sollte sich vielleicht etwas zusammenreißen und nicht mehr so viel lächerliches Zeug denken. Immerhin kannte sie ihn noch nicht einmal eine Stunde! Aber so sehr sie es auch versuchte, alleine die Nähe zu diesem Naruz, ließ sie immer weiter solche Gedanken haben, ohne dass sie in der Lage war es zu ignorieren. Sie war es nicht gewohnt in der Nähe eines Mannes zu sein, oder überhaupt in der Nähe eines anderen Menschen. Vielleicht, hätte sie ihn nicht schlagen sollen, als sie dort auf der Wiese lagen, aber er hatte sie zu sehr in Panik versetzt. „Ich bin übrigens dafür, dass wir einen kleinen Umweg machen und am Strand entlanggehen, immerhin geht die Sonne bald unter. Wenn der Ozean in goldenes Licht getaucht ist, ist das immer ein ganz besonderer, romantischer Anblick, den man sich nicht entgehen lassen darf.“ schlug Aleyandra beiläufig vor, noch immer gefangen in ihren eigenen, verwirrenden Gedanken mit denen sie nicht viel anfangen konnte.
„Ich komme auch aus einem Dorf an der Küste, ich weiß wie das aussieht.“ dachte Naruz kurz und wollte schon genau das auch laut aussprechen, aber dann sah er wieder in Aleyandras Gesicht und wurde von dem fröhlichen Strahlen beinahe geblendet. „Fantastische Idee.“ murmelte er kurz angebunden und fragte sich langsam ob es wirklich klug war mit diesem eigenartigen Mädchen zusammenzuarbeiten.
„Gut.“ mit einem glückseligen Lächeln auf den Lippen, lehnte sie ihren Kopf wieder an seine Schulter und sie gingen gemeinsam langsam in Richtung Strand. „Ach ja, ist das mit deinen Haaren eigentlich Absicht oder war es ein Unfall?“
 
Zuletzt bearbeitet:

Naruz

Gläubiger
Kapitel 4 – Der perfekte Plan:


„Ach ja, ist das mit deinen Haaren eigentlich Absicht oder war es ein Unfall?“ Naruz lachte kurz auf, als er die Frage der seltsamen Fremden hörte, woraufhin diese ihn ein wenig verwirrt ansah.

„Weißt du, ein sehr guter Freund von mir hat mich bei unserem ersten Treffen genau das selbe gefragt. Es ist tatsächlich Absicht, dass sie so aussehen, so lief ich schon als kleines Kind rum und ich habe die Frisur einfach beibehalten.“ erklärte er, und zuckte mit den Schultern, während Aleyandra ihn noch immer einfach anlächelte und sich weiterhin weigerte seinen Arm freizugeben.

„Du sagtest, du kommst aus Port Skandia? Wie ist es dort so? Ich habe bisher nur hin und wieder ein wenig davon gehört, meist von irgendwelchen Leuten die auf der Durchreise waren.“

„Port Skandia ist einfach nur ein kleines, ruhiges Dorf, nun, dass wäre es wenn nicht ständig Reisende kommen und eine Pause dort machen würden. Durch die vielen Besucher und durch den Export von Holz und Fisch ist Skandia recht wohlhabend, weshalb wir auch über eine ansehnliche Garnison verfügen, die das Dorf beschützt. In letzter Zeit haben sich aber immer mehr... Monster und ähnliche Kreaturen in die Nähe gewagt. Im Laufe von nichtmal einem einzigen Tag sind mir Feen, ein Golem und ein Dämon über den Weg gelaufen, vor allem beim Golem frage ich mich noch immer, wo er überhaupt herkam.“ meinte Naruz und bekam einen leicht nachdenklichen Gesichtsausdruck.

„Mit Monstern haben wir hier auch hin und wieder zu tun... wenn auch nicht mit Dämonen oder Golems. Obwohl, vor gerademal ein paar Tagen hatte ich es mit einer Schleimbestie zu tun, die vielleicht auch eine Art Dämon gewesen sein könnte, sie... ähm, war irgendwie Schuld an dem kleinen Zwischenfall, durch den ich die Truhe nicht länger selbst holen kann.“ Während ihres Gesprächs erreichten die beiden den langen Strand Helonias, welcher im Allgemeinen als 'Silberaschenstrand' bezeichnet wurde, auf Grund der seltsamen Färbung seines Sandes. In der Ferne lag ein großes Schiff verankert, welches wohl zu den Piraten gehören musste. Zwischen den großen Masten des Schiffes konnte man die Sonne sehen, welche beinahe vollständig untergegangen war und die letzten Lichtstrahlen des Tages auf das Meer warf. Auch wenn Naruz, da er ja selbst am Meer aufgewachsen war, diesen Anblick bereits oft gesehen hatte, war dies dennoch ein recht neues Erlebnis. In Skandia gab es keinen richtigen Strand, sondern eher kleine Klippen, in die Stege gehauen wurden, damit Schiffe anlegen konnten. Den Sonnenuntergang hier an einem großen, wunderschönen Strand zu sehen war etwas gänzlich anderes, als ihn von irgendeiner Klippe aus anzustarren, wobei letzteres auch seinen Charme hatte. Nachdem sie eine Weile den Anblick genossen hatten, brach Naruz das Schweigen, welches sich über sie gelegt hatte.

„Du hattest recht, es ist wirklich ein schönes Schauspiel.“ meinte er mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht. Als sein Blick auf die Pistolen an Aleyandras Hüfte fiel, zog er überrascht eine Augenbraue hoch. Bislang war ihm vollkommen entgangen, dass sie diese trug. „Diese Waffen... das sind keine normalen Pistolen, oder?“ Aleyandra war sichtlich erstaunt über diesen Kommentar, konnte er als Botschafter Gaias etwa die Magie erkennen, die ihren Pistolen innewohnte?

„Das stimmt, sie sind magisch, verzaubert. Ich weiß nicht wo ich sie her habe, man hatte sie bei mir gefunden, als ich vor ein paar Jahren hier angespült wurde.“

„Angespült?“

„Ich komme eigentlich nicht von hier, als ich zehn war hatte man mich an der Küste gefunden und ich kann mich an nichts erinnern, was vorher passiert war.“ meinte Aleyandra, mit einem Schulterzucken und ließ Naruz keine Zeit etwas zu sagen, ehe sie aufgeregt fortfuhr. „Hast du diese Waffen etwa schon einmal gesehen? Oder hast du nur die Magie bemerkt, die in ihnen steckt?“

„Nun, ich weiß nicht genau, ich hatte nur das Gefühl, dass mit den Pistolen etwas nicht stimmte. Corey hatte mir außerdem einmal davon erzählt dass die Magier der Kirche in der Lage sind verzauberte Waffen herzustellen... Corey ist übrigens der Freund, den ich vorhin erwähnt hatte. Er ist auch derjenige, der meine Waffen hergestellt hat, es war seine erste, richtige Arbeit als Schmied und er hat sie recht gut erledigt, auch wenn er mir dafür ein kleines Vermögen aus den Taschen gezogen hat.“

„Musstest du schon oft kämpfen?“ fragte Aleyandra interessiert und erinnerte sich daran, dass Naruz vorhin etwas von einer Seelenbindung und einen Kampf gegen einen Dämon erzählt hatte. Aleyandra ließ seinen Arm los, drehte sich einmal um sich selbst, blieb kurz vor Naruz stehen, legte ihre Hände hinter den Rücken und beugte sich interessiert vor, während sie ihn weiterhin anlächelte. Naruz antwortete nicht sofort, sondern starrte Aleyandra eine ganze Weile an, erst jetzt, wo er sie so vor sich sah, mitten im Licht der untergehenden Sonne, fiel ihm auf wie schön sie eigentlich war. Schließlich schüttelte er kurz den Kopf um sich vom Anblick loszureißen und antwortete ihr.

„Nun, nicht wirklich oft. Ich bin erst vor knapp einem Monat der Dorfwache beigetreten und hatte nicht allzu viel zu tun. Meine einzigen wirklichen Kämpfe waren gegen ein wahrhaft gigantisches Riesenkaninchen, ein paar aggressive Feen, dem Golem und Brian... den Dämon, der das Dorf terrorisiert hatte.“ Sein Blick trübte sich ein wenig, als er an Brian zurückdachte woraufhin Aleyandra, die nicht wollte, dass sich die Stimmung dermaßen verschlechterte, beschloss das Thema zu wechseln.

„Warte... hast du gerade etwas von Riesenkaninchen gesagt?“ fragte sie lächelnd, und wirkte so, als wenn sie jeden Augenblick anfangen könnte zu lachen, was Naruz seufzen ließ. Die meisten Leute, die nicht aus Skandia kamen, reagierten so wann immer die Nagetiere erwähnt wurden, und unterschätzten die Gefahr, die von diesen Biestern ausging.

„Ja, Riesenkaninchen. Die kleinsten von ihnen gehen mir vielleicht bis zur Hüfte, aber es gibt auch Biester, die genauso groß sind wie ich. Sie fressen normalerweise Gemüse und Obst, allerdings sind manche von ihnen ziemlich aggressiv, und attackieren Reisende, oder die Holzfäller. Wenn sich eine Bande dieser aggressiven Mistviecher zusammengerottet hat, muss die Stadtgarde sie ausmerzen.“

„Ich verstehe... aber die Dinger sind nicht wirklich gefährlich, oder? Also, lebensgefährlich, meine ich.“

„Eigentlich nicht, aber es kann durchaus passieren, dass die jemanden mit ihren riesigen Zähnen schwer verletzen, gestorben ist wegen ihnen in den letzten zehn Jahren allerdings niemand.“ meinte Naruz schulterzuckend. „Aber ich habe die Dinger gehasst... sie hüpften rum, waren unmöglich zu erwischen, und konnten ziemlich hart zubeißen.“

Jetzt lachte Aleyandra tatsächlich. „Nun, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Riesenkaninchen gibt es hier nicht, dafür haben wir aber in der Nähe so einige, übergroße Waschbären, die hin und wieder über die Apfelernte der nahen Obstgärten herfallen.“ während sie dies sagte wurde Naruz auf etwas aufmerksam, dass in einiger Entfernung auf einem Hügel aufragte und ein wenig an ein Zelt erinnerte.

„Wohnen dort oben etwa auch Leute?“ fragte er und deutete in Richtung des Zelts, welches am Rande des Hügels, nahe dem Meer stand. Aleyandra folgte seinem Blick und schüttelte dann mit dem Kopf.

„Nein, eigentlich nicht. Die Piraten haben dort ihr Lager aufgeschlagen und haben dort ihr eigenes, kleines Dorf.“ Als sie auf die Piraten zu sprechen kam, erinnerte sich Naruz endlich daran, was er eigentlich tun wollte, ehe Aleyandra ihn praktisch entführt hatte. Er hatte so viel Spaß mit Aleyandra und dem Fliegen gehabt, dass er diese kleine Sache vollkommen vergessen hatte. Das silberhaarige Mädchen war zwar ein wenig seltsam, aber nett, und Naruz hatte schon seit über einer Woche nicht mehr mit jemand anderem als Serif gesprochen. Jetzt an ein Mädchen in seinem Alter, und dazu noch eine Botschafterin Gaias, zu geraten, kam schon einem Wunder gleich. Aber darüber konnte er sich später noch freuen.

„Die Piraten...“ murmelte er, mit ernster Miene, als er seine Gedanken geordnet hatte, und zog damit Aleyandras Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Ich denke, wir sollten wieder in die Stadt gehen und mit der Bürgermeisterin sprechen, ehe es zu spät wird und wir bis morgen warten müssen.“

„Oh, natürlich...“ meinte Aleyandra, leicht widerstrebend. Zum einen würde sie gerne ein wenig mehr mit Naruz reden und zum anderen war Madeline sicherlich noch immer ziemlich wütend auf sie, wegen der Sache mit dem Gold. In diesem Moment erschienen Serif und Alessa wie aus dem Nichts vor ihnen und verhinderten somit eventuelle Versuche Aleyandras, das Treffen mit der Bürgermeisterin zu verzögern.

„Serif! Und... Alessa, richtig?“ meinte Naruz und deutete eine leichte Verbeugung in Richtung des Einhorns an.

„Ganz genau, ich bin Alessa, das noble...“

„Also gut, lass uns schnell zu Madeline gehen, bevor es dunkel wird, Naruz.“ unterbrach Aleyandra ihr Eidolon so schnell sie konnte und hakte sich erneut bei Naruz ein, um ihn in Richtung Helonia zu lenken. Alessa schnaubte kurz, verärgert auf, was Serif ein breites Grinsen entlockte. Er ließ sich auf Naruz' Schulter nieder und gemeinsam kehrten dieser und Aleyandra, mit Alessa im Schlepptau, dem Strand den Rücken und gingen in Richtung Helonia.




Tatsächlich erreichten sie das Haus der Bürgermeisterin noch bevor es dunkel wurde und Madeline stand sogar schon direkt vor der Tür, allerdings nicht alleine. Neben ihr stand ein wunderschönes Mädchen, welches im selben Alter wie seine neue Begleiterin zu sein schien, und sofort Naruz' Blicke auf sich zog. Die Fremde hatte kurze, dunkelbraune Haare und trug ein schwarzes Kleid, das ziemlich teuer aussah. Zu seiner Überraschung warf sie einen Blick in Aleyandras Richtung in dem sich Hass und Angst zu vermischen schienen, selbiges galt für die Bürgermeisterin. Ob es wohl daran lag, dass es sich bei Aleyandra um eine Botschafterin Gaias handelte? Naruz wurde gänzlich ignoriert und die Bürgermeisterin wandte sich direkt an Aleyandra, als diese nahe genug für ein Gespräch war.

„Was willst du hier? Hast du nicht schon genug Ärger verursacht? Wegen dir müssen wir sämtliche Vorräte holen die wir haben, um diese verfluchten Piraten bezahlen zu können!“

Naruz blinzelte überrascht, das Gespräch fing schon einmal nicht so an, wie er es erwartet hatte. „Kann es sein, dass du hier nicht sonderlich beliebt bist?“ fragte er flüsternd, woraufhin Aleyandra zusammenzuckte. Sollte Naruz anfangen zu denken, dass sie ihn hier in Helonia nur behindern würde könnte es sein, dass er ihre Zusammenarbeit umgehend beendete, was wiederum bedeutete dass alle ihre Chancen, Alessa jemals loszuwerden, noch schlechter stehen würden als zuvor. Also beschloss sie etwas zu tun, was ihr sonst nie im Leben eingefallen wäre, nämlich sich bei der Bürgermeisterin und Alesia zu entschuldigen.

„Ich bin nicht hier um Ärger zu machen... ich bin hier um mich bei Alesia zu entschuldigen für den, äh, Vorfall beim Fest. Es war nicht meine Absicht, dass es solche Ausmaße annimmt.“ während sie dies sagte setzte sie ihren unschuldigsten Gesichtsausdruck auf und klang zumindest ein wenig so, als wenn es ihr tatsächlich leidtun würde. Alesia sagte nichts, sondern warf nur einen, leicht zweifelnden, Blick zu Aleyandra, der kurz darauf zu Naruz wanderte und überrascht an ihm haften blieb, als wenn sie erst jetzt den Begleiter des weißhaarigen Mädchens bemerkt hatte und das Eidolon, das auf dessen Schulter saß. Auch Madeline schien nun zum ersten mal auf Naruz zu reagieren.

„Wer ist dein Begleiter? Ich habe ihn noch nie hier gesehen.“ fragte sie und hörte sich ziemlich misstrauisch an, was Naruz innerlich aufstöhnen ließ, die Sache würde schwieriger werden, als er gedacht hatte.

„Mein Name ist Naruz und ich bin ein Botschafter Gaias, aus Port Skandia.“ sagte er, und verbeugte sich sich leicht vor Madeline und Alesia. „Und das hier ist Serif, mein Eidolonpartner.“

„Freut mich euch kennenzulernen.“ meinte dieser, mit einem Gähnen. Zu Naruz' Überraschung war Alessa nirgendwo zu sehen, anscheinend versteckte das Einhorn sich, vielleicht war es in der Stadt ja nicht sonderlich beliebt, wer weiß?

„Ein Botschafter Gaias? Wie in den alten Sagen und Legenden?“ fragte Alesia überrascht, während Madeline weiterhin misstrauisch aussah.

„Und was führt einen Botschafter Gaias nach Helonia? Hat die Kirche Euch geschickt? Und warum seid Ihr mit Aleyandra zusammen?“

„Ich komme direkt aus Port Skandia, die Kirche hat nichts damit zu tun, ich bin auch erst seit kurzem ein Botschafter. Ich bin zu Euch gekommen, weil ich hörte dass es hier einen Gegenstand gibt, der in der Lage ist böse Geister zu vertreiben. Ich brauche diesen Gegenstand, als ich dann jedoch davon hörte, dass Helonia Probleme mit Piraten hat, habe ich mich dazu entschlossen Euch zu helfen.“ meinte Naruz, mit einem warmherzigen Lächeln, welches sogar das Misstrauen der Bürgermeisterin zu vertreiben schien. „Aleyandra hier hatte sich bereit erklärt mich ein wenig in der Stadt herumzuführen. Als ich ihr von meinen Plänen erzählt habe, gegen die Piraten vorzugehen, hatte sie mir sofort ihre Hilfe angeboten.“ Während seiner Erklärung ließ Naruz ein paar unwichtige Details aus, zum Beispiel dass er erst mit dem Piratenproblem helfen wollte, nachdem er den wahnwitzigen Preis für die Truhe gehört hatte.

„Wirklich? Aleyandra hat Euch durch die Stadt geführt? Einfach so? Das ist... ungewöhnlich.“ meinte Alesia, sichtlich erstaunt.

„Was noch ungewöhnlicher ist, ist dass sie ihre Hilfe angeboten hat. Darf ich auch erfahren, Naruz, was Ihr als Preis für Eure Hilfe verlangt? Ich bezweifle, dass Ihr uns einfach ohne weiteres unterstützen würdet.“

„Ich verlange nicht viel für meine Hilfe, lediglich die Sternentruhe, welche sich hier in Helonia befinden soll und die für Euch, laut Luther, sowieso nutzlos ist.“ Madeline musterte den Fremden prüfend. Sie konnte einfach nicht glauben, dass dies alles war, was er für seine Hilfe verlangte. Aber wenn er wirklich ein Botschafter Gaias war... dann könnte man vielleicht doch mit den Piraten fertig werden, ohne sie bezahlen zu müssen. Sollte es funktionieren, wären alle Einwohner Helonias zufrieden, und Madeline würde als diejenige gefeiert werden, die es geschafft hatte jemanden zu finden, der die Stadt vor den Piraten rettete. Sollte alles schiefgehen, könnte man die Schuld von Helonia auf die Botschafter Gaias und die Kirche schieben und die Piraten im Nachhinein bezahlen. Es gab also kein wirkliches Risiko für Madeline, wenn sie die Hilfe des Fremden annahm.

„Nun gut, wenn das so ist, werden wir Eure Hilfe natürlich gerne annehmen. Lasst mich Euch nur fragen, habt Ihr bereits einen Plan, wie wir mit den Piraten fertig werden können?“ Naruz strich sich nachdenklich durch sein Haar, während er überlegte.

„Nun, da Ihr über keine Garnison verfügt, fällt ein frontaler Angriff auf das Lager der Piraten aus. Am leichtesten wäre daher, sich in das Lager der Piraten zu schleichen und ihren Anführer, sowie dessen Offiziere auszuschalten. Sobald sie ohne Führung sind, werden die Piraten sich von hier verziehen. Piraten sind ein abergläubisches Völkchen, sollten alle ihre Anführer innerhalb von so kurzer Zeit, nachdem sie Helonia erpresst haben sterben, werden sich schon bald Gerüchte über einen Fluch oder ähnliches unter ihnen verbreiten, und sie für immer von hier fernhalten. So hat es zumindest bei uns in Port Skandia funktioniert. Nachdem gleich zwei verschiedene Piratenkapitäne bei ihren Versuchen, Skandia zu erpressen gestorben sind, hält sich das Gesindel fern.“ Madeline überlegte kurz, dieser Plan könnte tatsächlich funktionieren, allerdings sah sie ein großes Problem bei der ganzen Sache.

„Und wie wollt Ihr es schaffen, unbemerkt zum Kapitän zu gelangen? Das Lager wird ja kaum unbewacht sein.“ Naruz nickte zustimmend.

„Ich weiß und genau deswegen, werde ich Eure Hilfe brauchen, und die Hilfe so vieler Städter wie möglich. Wir werden den Großteil der Piraten aus ihrem Lager locken müssen, ehe ich mich hineinschleichen kann.“

„Wie wollen wir das machen?“

„Ein Schatz!“ meinte Alesia und lenkte damit die Aufmerksamkeit auf sich.

„Wie bitte?“ fragte Madeline und wirkte leicht verwirrt.

„Naruz... ich... ich darf Euch doch so nennen, oder?“ fragte die Cambeli, lächelte scheu und richtete den Blick auf den Boden.

„Aber natürlich, ich bin schließlich niemand besonderes.“ antwortete Naruz, lächelte ebenfalls, und richtete seine Aufmerksamkeit vollkommen auf Alesia.

„Also gut..., Naruz sagte doch, Piraten sind abergläubisch, wenn das stimmt könnte man sie bestimmt weglocken, wenn man ihnen von einem Schatz erzählt, der sich hier irgendwo befinden soll, zum Beispiel ein gewaltiger Goldschatz, der am Strand vergraben ist.“

„So etwas würde funktionieren?“ fragte Aleyandra und sah äußerst skeptisch aus.

„Es könnte klappen, wenn wir einen Köder hätten. Ich nehme nicht an, dass es in Helonia tatsächlich noch haufenweise Gold gibt, mit dem man die Piraten ködern könnte?“ fragte Naruz nachdenklich.

„Leider nicht, der Großteil unserer Reichtümer ist... verschwunden.“ meinte Madeline, mit einem wütenden Blick in Richtung Aleyandras, den diese jedoch geflissentlich ignorierte.

„Wäre auch zu schön gewesen.“ murmelte Naruz.

„Wir könnten Perry um Hilfe bitten.“ Erneut war es Alesia, die dies sagte.

„Perry?“ fragte Naruz und sah verwirrt zur Cambeli hinüber.

„Er ist ein Alchemist, der in der Lage ist mit Hilfe einiger Zutaten Falschgold herzustellen.“ erklärte Madeline, der aufging worauf Alesia hinaus wollte. „Falschgold, dass überzeugend echt aussieht. Es dürfte ausreichen um die Piraten davon zu überzeugen, dass es tatsächlich einen Schatz gibt.“

„Aber Perry ist bereits vor einiger Zeit aus der Stadt verschwunden.“ schaltete Aleyandra sich ein.

„Ja, aber wir werden es schon schaffen ihn zu finden, Ihr müsst Euch nur ein wenig gedulden, Naruz. Ich werde ein paar Männer schicken, die ihn suchen werden, ich weiß, dass er zumindest in der Nähe von Helonia bleiben wollte, also wird er nicht allzu weit entfernt sein. Aber... eventuell könntet Ihr die Zeit ja nutzen, um uns mit etwas zu helfen, dass ebenfalls mit den Piraten zu tun hat.“

„Was denn?“

„Kurz bevor Ihr gekommen seid, kam ein Bote der Piraten hierher und hat eine Liste mit Forderungen abgegeben, das meiste davon haben wir hier in der Stadt, aber ein paar Dinge fehlen uns. Zum Beispiel seltene Pflanzen, die in einer Höhle westlich von hier wachsen und die für medizinische Zwecke verwendet werden können... oder als Rauschmittel, bei den Piraten tippe ich eher auf letzteres. Wenn Ihr und Aleyandra uns ein paar von diesen Pflanzen besorgen könntet, würde es uns sehr helfen.“

„Warum? Ihr hattet doch vor, gegen die Piraten vorzugehen, oder nicht?“

„Doch, natürlich. Nur leider weiß ich nicht, wie lange es dauern wird Perry zu finden und das Falschgold vorzubereiten. Wenn in der Zeit die Piraten wieder nach Helonia kommen und ihr Schutzgeld haben wollen...“

„Ich verstehe.“ Daran hatte Naruz tatsächlich nicht gedacht. „Wo genau ist diese Höhle?“

„Ich weiß, von welcher sie redet.“ meinte Aleyandra, ehe irgendjemand anderes etwas sagen konnte. „Sie befindet sich nicht einmal eine Tagesreise von hier entfernt, wenn man der Straße folgt, gelangt man direkt zu ihr. Ich kann dich sofort hinführen, wenn du willst.“

„Jetzt sofort? Meinst du nicht, dass dein Freund sich vorher ausruhen sollte? Immerhin hast du ihn den ganzen Tag durch die Stadt geführt.“ meinte Alesia. „Mein Vater wird sicherlich ein Zimmer in einem Gasthaus für dich finden, wenn ich ihn darum bitte.“ sagte sie zu Naruz, und warf ihm einen erwartungsvollen Blick zu. Aleyandra sagte nichts, sie könnte dem Fremden höchstens einen Platz unter dem freien Himmel anbieten. Zu ihrer Überraschung schüttelte Naruz jedoch den Kopf.

„Vielen dank für Euer Angebot... verzeiht, ich fürchte, ich habe Euren Namen vergessen.“

„Oh, nein, nein. Es ist mein Fehler, ich habe mich noch nicht vorgestellt.“ antwortete das Mädchen lächelnd. „Mein Name ist Alesia Cambeli und ich bin die Tochter eines Händlers in dieser schönen, kleinen Stadt.“ fuhr sie fort, und vollführte einen eleganten Knicks vor Naruz.

„Nun, vielen dank für Euer Angebot, Lady Cambeli, aber ich habe nicht vor die Nacht in einem Gasthaus zu verbringen. Viel eher wollte ich mir, sobald es dunkel geworden ist, den Strand einmal genauer ansehen, ohne dabei von Piraten behindert oder beobachtet zu werden.“

„Oh... ich verstehe.“

„In dem Fall kann ich dich am Strand herumführen, ich kenne mich da gut aus.“ schaltete Aleyandra sich erneut ein, bevor Naruz oder Alesia noch etwas sagen konnten. 'Außerdem wirst du so nicht aus Versehen in eine meiner Fallen treten' fügte sie in Gedanken hinzu.

„Gut, danke Aleyandra. Dann werden wir Morgen nach Westen aufbrechen und die Pflanzen aus der Höhle besorgen, hört sich das in Ordnung an?“ Naruz warf einen fragenden Blick in Richtung der Bürgermeisterin, die nickte. „Dann ist es beschlossen. Ich werde mich jetzt auf den Weg zum Strand machen, auf Wiedersehen, Bürgermeisterin, Lady Cambeli.“ meinte Naruz und verneigte sich zum Abschied erneut vor den beiden.

„Du darfst mich ruhig Alesia nennen.“

„Nun gut, bis bald, Alesia.“

„Auf Wiedersehen, Naruz, und pass gut auf dich auf... und du auch, Aleyandra.“

„Tschüss.“ meinte Aleyandra lediglich, und ignorierte die Cambeli vollkommen, während sie und Naruz sich abwandten und zurück zum Strand gingen.


Wie erwartet war es bereits dunkel, als sie den Strand erreichten. Dort wartete auch schon Alessa auf sie und warf Aleyandra einen missbilligenden Blick zu, sagte jedoch nichts.

„Was hast du hier vor, Partner?“ fragte Serif neugierig, er hatte sich schon eine ganze Weile zurückgehalten, aber die Frage war ihm schon durch den Kopf geschossen, seit Naruz meinte er wolle sich den Strand genauer ansehen.

„Ganz einfach, ich habe zwar die Wahrheit gesagt als ich meinte, ein Schatz wäre eine gute Ablenkung, aber ich fürchte, es wird nicht reichen. Sobald die Piraten merken, dass es hier kein Gold gibt, werden sie entweder zurück zu ihrem Lager gehen oder, und das ist viel wahrscheinlicher, Helonia einen Besuch abstatten und sich erkundigen, was dieses kleine Märchen von einem Goldschatz eigentlich sollte. Da ist mir eingefallen, dass Aleyandra meinte ihr sei hier am Strand ein Monster begegnet, und ich habe mir gedacht, dass man diese Kreaturen eventuell nutzen könnte um den Piraten eine Falle zu stellen, falls es mehr von ihnen hier gibt.“ Naruz hockte sich hin, nahm eine handvoll Sand und ließ ihn durch seine Finger rinnen, ehe er seufzte und zu Aleyandra aufsah, die ein wenig nervös wurde. Zweifelte Naruz etwa auch an ihrer Geschichte vom Schlammdämon? „Aber es scheint so, als wenn die Kreatur alleine war, ich sehe hier jedenfalls keine weiteren Monster. Ich hatte gehofft, dass vielleicht Nachts weitere dieser Bestien hervorkriechen, aber nein. Zudem ist der Strand offen, hier gibt es nichts, wo man sich verstecken könnte um einen Überfall auf die Piraten zu wagen, die kommen werden um sich den Schatz zu holen.“

„Warum hattest du vorhin nichts davon gesagt?“ fragte Aleyandra, die sich wunderte, dass Naruz die Bürgermeisterin und Alesia nicht in seine Gedankengänge miteinbezogen hatte. Viel mehr freute sie sich jedoch darüber, dass er ihr Tatsächlich glaubte, und nicht der Meinung war, dass sie ihn angelogen hatte.

Naruz stand inzwischen wieder auf und zuckte mit den Schultern. „Um ehrlich zu sein, ich vertraue der Bürgermeisterin nicht ganz. Ich habe das Gefühl, als wenn sie mich ohne zu Zögern den Piraten ausliefern würde, sollte es ihr einen Vorteil bringen. Da ist es besser, wenn sie nicht alles weiß. Ich würde ungern einen Hinterhalt für die Piraten vorbereiten und dann selber in eine Falle tappen.“ Naruz schien Madeline recht gut einschätzen zu können, denn auch Aleyandra zweifelte nicht wirklich daran, dass die Bürgermeisterin einen derartigen Reserveplan hatte, falls die Sache schiefgehen sollte. Das beeindruckte sie auch ein wenig, denn schließlich war Naruz nach allem was er gesagt hatte, ein einfacher Dörfler, und somit einer der Leute, die Madeline sonst im Schlaf über den Tisch zog. Im selben Augenblick, in dem sie das dachte, kam ihr auch eine Idee, wie sie Naruz helfen konnte.

„Weißt du, ich bin recht gut darin Fallen herzustellen, magische Fallen. Ich bin mir sicher, ich könnte ein paar mehr herstellen und sie hier am Strand verstecken. Sobald dann die Piraten kommen um sich den Schatz zu holen, würden sie diese auslösen, das dürfte ihnen einige Probleme bereiten.“ Naruz' Miene hellte sich auf, als er dies hörte, mit einer erfahrenen Fallenstellerin an seiner Seite, dürfte es möglich sein, einen Hinterhalt vorzubereiten.

„Das klingt sehr gut, lass uns am besten schon einmal nach geeigneten Stellen hier am Strand suchen.“

„Wir könnten uns auch gleich daran machen, die Fallen zu platzieren...“ begann Aleyandra, brach jedoch ab, als Naruz den Kopf schüttelte.

„Wenn wir sie jetzt schon aufstellen, riskieren wir, dass die Piraten sie finden, bevor alles vorbereitet ist. Wir sollten erst damit anfangen, sobald wir mit allem fertig sind.“

„Oh, ich verstehe.“

„Gut, dann lass uns nach einem Platz suchen, der sich für unseren Hinterhalt eignet.“


Die nächsten zwei Stunden verbrachten die beiden, mit Hilfe ihrer Eidolons, damit den Strand nach geeigneten Stellen abzusuchen, ehe sie den, ihrer Meinung nach, perfekten Platz fanden und sich von der Küste zurückzogen. Aleyandra führte Naruz und Serif zu ihrer kleinen Insel. Normalerweise lud sie ja keine Gäste zu ihrem kleinen Zuhause ein, aber Naruz hatte immerhin das Angebot der Cambeli abgelehnt und daher keinen Platz zum schlafen, außerdem war er ein Botschafter Gaias, er würde schon nicht einfach so mit Aleyandras Schatz abhauen, zumal dieser noch immer in seinem kleinen Versteck lag.

„Wohnst du etwa hier?“ fragte Naruz, leicht überrascht und sah zu den Decken, die hier im Sand verstreut lagen.

„Ähm ja, ich fühle mich hier viel wohler, als in der Stadt. Ich mag es unter freiem Himmel zu schlafen.“ antwortete sie und warf Naruz einen nervösen Blick zu. „Ähm, ich habe nicht sonderlich viel hier, aber du kannst dir gerne ein paar der Decken zum schlafen nehmen... oder du gehst zurück nach Helonia, es sollte bestimmt noch möglich sein, ein Zimmer in einem Gasthaus zu kriegen, du hattest zwar Alesias Angebot abgelehnt, aber...“

„Mach dir keine Sorgen, ich bin es gewohnt, unter freiem Himmel zu schlafen.“ unterbrach Naruz sie und lächelte erschöpft, nachdem er seine restliche Energie verwendet hatte um zusammen mit Aleyandra zur Insel zu fliegen. „Ich werde schon zurecht kommen, aber ich danke dir, dass du mir erlaubst... ähm, bei dir zu übernachten.“ fügte er hinzu und nahm sich eine der Decken, trug sie zu einem nahen Felsen, lehnte sich mit dem Rücken gegen diesen und deckte sich zu. Serif ließ sich neben ihm im Schneidersitz nieder und gähnte müde. Aleyandra wandte sich ab und hob eine Decke auf, damit niemand merken konnte, dass sie erleichtert aufatmete und ein fröhliches Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Heute hatte sie zwar nicht mehr allzu viel über Naruz rausgefunden, aber Morgen würde sie mit ihm zur verlassenen Höhle im Westen reisen. Auf dem Weg hin und zurück würde schon genug Zeit bleiben, diesen anderen Botschafter besser kennenzulernen. Sie zog die Decke ein wenig näher in Richtung Felsen, an dem Naruz sich niedergelassen hatte und legte sich dann hin. Auch sie war ziemlich erschöpft, nach den Ereignissen des heutigen Tages. Alessa rollte sich neben ihr zusammen und warf einen letzten, kühlen Blick in Richtung Serif, ehe sie die Augen schloss.

„Gute Nacht, Naruz. Ich werde dich Morgen wecken, dann können wir uns auf den Weg zur Höhle machen.“

„Gute Nacht, und noch einmal vielen dank dafür, dass du mir helfen willst.“ antwortete Naruz mit einem müden, aber freundlichen Lächeln, ehe er die Augen schloss. Nach einer Weile klappten auch Aleyandras Augen zu und sie schlief ein, während sie über das nachdachte, was sie am heutigen Tag erlebt hatte.




Naruz hingegen schlief nicht. Nach einer Weile, als er sich sicher war, dass das silberhaarige Mädchen tief und fest schlummerte, öffnete er seine Augen wieder, stand auf und kletterte auf den Felsen, an den er sich eben noch gelehnt hatte, ehe er einen müden Blick zum weit entfernten Lager der Piraten warf, wo vereinzelte Lagerfeuer brannten.

„Weißt du, das ist ziemlich ungesund, du solltest hin und wieder ein wenig schlafen.“ meinte Serif, der auf dem Rücken durch die Luft schwebte, die Arme hinter seinem Kopf verschränkt, und direkt vor Naruz anhielt. „In den letzten vier Tagen hast du nur ein paar Stunden geschlafen, wie lange willst du es eigentlich noch aufschieben?“

„Solange es geht. Ich will nicht eins Tages als Dämon aufwachen.“

„Ich habe dir schon tausendmal erklärt, so einfach passiert das nicht, es wird Anzeichen geben, Symptome wenn du es so willst, ehe du dich in so ein Monster verwandelst.“ Naruz seufzte, er kannte Serif erst seit ein paar Tagen, aber am Tonfall des Eidolons merkte er, dass Serif wusste, dass es noch etwas anderes gab, was Naruz am schlafen hinderte.

„Ich weiß, ich weiß. Allerdings habe ich noch immer diese Träume... ich habe dir schon einmal davon erzählt, oder?“

„Du meinst die, in denen du einem mächtigen Gegner gegenüberstehst und getötet wirst?“

„Genau die, es sind keine schönen Träume, auf die Angst und Schmerzen, die ich in ihnen spüre kann ich getrost verzichten.“

„Und du meinst, es wird besser, wenn du dich weigerst zu schlafen?“

„Es kann zumindest nicht schlimmer werden, so bleiben die Träume zwar, aber ich habe sie nicht so oft. Bist du dir sicher, dass du nichts mit ihnen zu tun hast?“ Diese Frage hatte Naruz seinem Eidolon bestimmt schon ein Dutzend mal gestellt und jedes mal hatte Serif ruhig, die selbe Antwort geliefert. Er merkte, wie sehr sein Partner unter diesen Träumen litt, da brauchte er es nicht auch noch schlimmer machen, indem er ungeduldig mit ihm wurde.

„Ja, ich verursache ganz bestimmt keine Albträume, vor dir hatte ich schon ein paar andere Partner, musst du wissen. Und keiner von ihnen litt unter solchen Träumen, ich weiß auch nicht, woran es liegen könnte, vielleicht bist du ja verflucht.“

„Meinst du wirklich? Ich bezweifle es, wer sollte mich denn verflucht haben?“

„Ein Dämon, oder eine Hexe, beides wäre eine Möglichkeit und nicht allzu weit hergeholt. Vielleicht solltest du nach Vo Astur gehen, um dort jemanden um Rat zu fragen.“ Naruz schnitt eine Grimasse, als er Serifs Vorschlag hörte. Vo Astur war eine große Stadt, weit im Norden des Reichs und galt als Hauptstadt der Hexer. Dort befand sich der Sitz des Grauen Rats und Beschwörer, Hexen und Hexenmeister aus dem gesamten Reich fanden sich dort ein, um unter ihresgleichen zu leben und zu studieren. Andere Menschen sah man dort jedoch nicht oft, besser gesagt nie. Denn gewöhnliche Menschen begegneten Hexen und Hexenmeistern meist mit einigem Misstrauen, außerdem konnte man in Vo Astur frei herumlaufenden Dämonen begegnen, die zwar unter der Kontrolle der Hexer standen, aber trotzdem nicht gerade dazu einluden in der Stadt zu verweilen.

„Weißt du eigentlich, wie weit es bis dahin ist? Nein, ich versuche mein Glück erst mit der Truhe.“

„Ich dachte die Truhe sei dafür da, dich von mir zu trennen?“ fragte Serif erstaunt, woraufhin Naruz mit den Schultern zuckte.

„Wenn die Truhe es schafft ein Eidolon von seinem Botschafter zu lösen, kann sie vielleicht etwas gegen Albträume ausrichten, meinst du nicht auch?“ Serif zeigte ein breites Grinsen, als er das hörte.

„Du denkst ja doch mehr nach, als ich erwartet hatte. Ich dachte ja, dein Kopf wäre nur dazu da um hübschen Frauen hinterher zu starren.“

„Ach, sei still.“ meinte Naruz, nahm seinen Worten jedoch mit einem Lächeln die Schärfe. „Ich denke, du hast recht. Vielleicht sollte ich wirklich versuchen, ein wenig zu schlafen.“ meinte er schließlich, kletterte vom Felsen und deckte sich wieder zu. Als er einen kurzen Blick zur schlafenden Aleyandra warf, merkte er, dass Alessa ihn anstarrte. Anscheinend hatte das Einhorn nicht geschlafen, sondern war wach gewesen und hatte das Gespräch zwischen ihm und Serif mitgehört. Ohne ein Wort zu sagen zog das Einhorn wieder seinen Kopf ein und schloss die Augen. Naruz warf einen fragenden Blick zu Serif, der nur mit den Schultern zuckte, woraufhin Naruz beschloss, sich nicht um Alessa zu kümmern. Kurze Zeit später war er eingeschlafen und blieb dieses mal, auf wundersame Weise, von bösen Träumen verschont.


Der nächste Tag war bereits weit vorangeschritten und Naruz und Aleyandra waren bereits eine ganze Weile unterwegs. Das Mädchen hatte Naruz, wie versprochen, aufgeweckt und war sogleich mit ihm zum Strand geflogen, ehe die beiden in der Stadt gefrühstückt hatten. Sofort danach hatten sie sich auch in Richtung Höhle aufgemacht, um die Pflanzen für die Bürgermeisterin zu besorgen. Auf dem Weg unterhielten die beiden sich, vor allem Naruz erzählte viel von seiner Vergangenheit. Aleyandra schien eine wahre Frohnatur zu sein, ganz im Gegensatz zu ihrem Eidolon. Denn während sie fröhlich lächelte und mit Naruz über diverse, belanglose Dinge plauderte, stolzierte Alessa missmutig hinter den beiden her und wechselte mit niemandem ein Wort, selbst nicht mit Serif, der hin und wieder versuchte das Einhorn in ein Gespräch zu verwickeln. Auf einer Wiese, nahe eines kleinen Sees, hatten sie auch ein kleines Lager errichtet, für den Fall dass sie es nicht mehr schaffen würden, am heutigen Tage nach Helonia zurückzukehren.

„Ah, siehst du die Brücke da vorne?“ meinte Aleyandra plötzlich und deutete geradeaus. Tatsächlich war dort eine kleine Brücke, die über eine Art Bach zu führen schien.

„Ja, was ist damit?“

„Sobald wir sie überquert haben, sind wir so gut wie da.“

„Was hat es mit dieser Höhle eigentlich auf sich? Ist an ihr irgendwas besonderes? Also abgesehen davon, dass dort diese seltenen Pflanzen wachsen.“




„Früher war es mal eine Schmugglerhöhle, vor vielen, vielen Jahren. Jetzt ist sie jedoch verlassen und wird nicht mehr genutzt, nur hin und wieder kommt jemand hier her, um ein paar der Pflanzen zu pflücken, manchmal wird sie vielleicht noch als Unterschlupf genutzt, von wilden Tieren, oder von Reisenden, die vor Unwetter Schutz suchen, aber ansonsten...“ sie erstarrte mitten im Satz und blieb unbeweglich stehen. Naruz musste gar nicht erst fragen, was wohl los war, denn auch er spürte es, ganz im Gegensatz zu den beiden Eidolons, wie es schien.

„Naruz? Ist alles in Ordnung?“ fragte Serif verwirrt, während Alessa besorgt an Aleyandras Seite galoppierte.

„Stimmt etwas nicht, Aleyandra? Geht es dir nicht gut? Was ist los, hast du etwas gesehen?“

„Spürst du das auch?“ fragte das Mädchen an Naruz gewandt, und ignorierte sowohl Serif als auch Alessa.

„Ja, Serif, merkst du gar nichts?“

„Nein, was sollte ich denn merken?“

„Es ist eine Art... ich würde es Präsenz nennen, etwas liegt in der Luft, etwas... kaltes, bösartiges.“ erklärte Naruz und Aleyandra nickte zustimmend.

„Ich habe so etwas noch nie zuvor gespürt.“ fügte sie hinzu und sah sich nervös um, während sie ihre Pistolen zog.

„Ich auch nicht, zumindest nicht direkt, es erinnert mich aber ein wenig an... an damals, als ich Brian gegenüberstand, oder dem, was aus ihm geworden war.“

„Ein Dämon? Du meinst ein Dämon ist hier in der Nähe?“ fragte Serif und war schlagartig vollkommen ernst während Alessa erschreckt quietschte und nervös nach links und rechts blickte.

„Vielleicht nicht, aber irgendetwas ist hier... und es kommt von der anderen Seite der Brücke.“

„Ich habe ein mieses Gefühl bei der Sache.“ meinte Aleyandra und warf Naruz einen kurzen Blick zu. „Was willst du machen?“ Naruz atmete tief durch, ehe er seine beiden Schwerter zog und antwortete.

„Ich werde mir die Sache mal angucken, vielleicht ist es ja gar nichts und wir machen uns umsonst Sorgen.“ Aleyandra nickte zögernd.

„Gut, ich werde mitkommen.“

„Was? Hältst du das wirklich für eine gute Idee, Aleyandra?“ fragte Alessa nervös.

„Natürlich, wir können doch nicht Naruz und Serif alleine gehen lassen! Du bist ein edles, nobles Einhorn, du wirst dich doch wohl nicht vor Angst verkriechen, oder?“

„N-natürlich nicht, wer sagt denn, d-dass ich Angst habe? Ich komme mit, das ist gar kein Problem für mich!“ verkündete das Einhorn, wenig überzeugend, was jedoch genug für Aleyandra war. Sie mochte das Einhorn nicht unbedingt, aber sie begann zu verstehen, wie sie mit ihm fertig werden konnte.

„Vielleicht solltest du wirklich vorerst hier warten, zusammen mit Alessa.“ meinte Naruz an Aleyandra gewandt, und warf ihr einen besorgten Blick zu. Sie war zwar auch eine Botschafterin Gaias, und hatte laut eigener Aussage auch schon gegen einen Schlammdämon gekämpft, aber das musste nichts heißen. Naruz mochte sie, obwohl sie sich erst Gestern kennengelernt hatten, verstanden sie sich blendend, und Naruz wollte nicht, dass ihr etwas passierte. Er selbst würde schon klarkommen, immerhin hatte er bereits zuvor einen Dämon besiegt, ohne wirklichen Schaden davonzutragen... er war zwar ziemlich erschöpft gewesen, aber abgesehen davon war nichts weiter passiert.

„Und dich alleine gegen einen Dämon kämpfen lassen? Das kommt gar nicht in Frage!“ protestiere Aleyandra, mit einer festen Stimme, die ihre Nervosität überspielte.

Naruz lächelte, es gefiel ihm zwar noch immer nicht, dass sie beide sich in Gefahr begaben, aber er war Aleyandra zumindest dankbar dafür, dass sie sich Sorgen um ihn zu machen schien. „Also gut, von mir aus. Dann lass uns gehen.“ meinte er und überquerte die Brücke, dicht gefolgt von Aleyandra. Auf der anderen Seite ging der Weg einen kleinen Hügel hinauf und links des Pfads, befand sich ein Loch in einer nahen Felswand. „Aleyandra?“

„Ja?“

„Ist das die Höhle mit den Heilpflanzen?“

„Ich fürchte ja.“

„Warum? Was ist mit der Höhle?“ fragte Serif, ehe ihm ein Licht aufging. „Moment, diese Präsenz, die ihr zwei spürt...“

„Kommt direkt von hier.“ bestätigte Aleyandra, mit einem Nicken. Ehe irgendjemand etwas sagen konnte, hörten sie einen panischen Schrei, der ohne Zweifel, direkt aus der Höhle vor ihnen stammte. Ein ziemlich menschlicher Schrei.

„Verdammt!“ fluchte Naruz, ehe er direkt hinein rannte, mit Serif direkt hinter sich.

„Naruz? Warte!“ meinte Aleyandra und warf einen Blick zu Alessa, die ängstlich hinter ihr stand und nervöse Blicke zum Höhleneingang warf. „Komm schon! Worauf wartest du?“ fuhr Aleyandra ihr Eidolon an.

„Aber...“ begann Alessa, bekam jedoch keine Zeit zum ausreden, da Aleyandra schon Naruz hinterhergerannt war. „Oh, na schön!“ wieherte sie aufgebracht, ehe sie, so schnell es ging, hinter Aleyandra her galoppierte.


„Da bist du ja, hättest du nicht auf mich warten können?“ fragte Aleyandra, als sie Naruz fand, der mitten im langen Gang, im Inneren der Höhle stand, an einer Stelle, an der er eine scharfe Biegung nach links machte, und wahrscheinlich in ein weit größeres Gewölbe führte. Als Naruz nicht auf sie reagierte, ging sie zu ihm, bog um die Ecke... und erstarrte. Vor ihnen lag ein halbes Dutzend Männer, ihrer Ausrüstung nach zu urteilen Piraten. Besonders lebendig waren diese jedoch nicht mehr. Aus ihren, vor Schreck aufgerissenen Mündern und Augen, liefen wahre Ströme an Blut, so dass die Leichen bereits in einer kleinen Pfütze davon lagen. „Was ist hier passiert?“ fragte Aleyandra, als sie ihre Sprache wiederfand.

„Aleyandra! Wie konntest du mich einfach... bei Gaia! Was ist hier los?!“ kreischte Alessa, als sie zu den anderen aufschloss und riss Naruz damit aus seinen Gedanken.

„Ich weiß nicht, was hier los ist, aber ich will es herausfinden. Ich bin mir sicher, wenn wir ein wenig weiter hineingehen, werden wir es sehen.“ Seine Stimme war vollkommen ruhig und tonlos, was Aleyandra ziemlich überraschte, so hatte sie ihn noch nie gehört, er klang vollkommen anders, als noch vor ein paar Minuten. Ehe sie etwas sagen konnte, rannte Naruz auch schon weiter, dieses mal zögerte Aleyandra jedoch nicht, sondern heftete sich direkt an seine Fersen.

„Naruz? Ist dass das Werk eines Dämons?“ fragte sie ihn, nachdem sie eine Weile gerannt waren. Immerhin hatte er ja schon einmal gegen so ein Vieh gekämpft, behauptete er zumindest, also würde er es ja wissen müssen.

„Ich bin mir nicht sicher, der Dämon gegen den ich gekämpft habe, hatte sich mehr auf physische Angriffe verlassen, und hat hin und wieder eine Art schwarzes Feuer gespuckt, aber so etwas sehe ich zum ersten mal.“ Also hatte auch Naruz keine Ahnung, was Aleyandra ein wenig beunruhigte. Sie mochte es überhaupt nicht, gegen etwas kämpfen zu müssen, dass sie nicht kannte, wobei sie es eigentlich überhaupt nicht mochte zu kämpfen. Als der Gang schließlich eine weitere Biegung machte und in einer wahrhaft riesigen Höhle endete, verlangsamten die beiden ihre Schritte. Überall in der Höhle wuchsen seltsame, purpurne Pflanzen, mit sternenförmigen Blüten. Vermutlich handelte es sich dabei um die Heilpflanzen, an denen die Piraten interessiert waren, vielleicht waren die toten Männer vom Eingang auch deswegen hier gewesen. Außerdem befanden sich hier überall riesige Spinnweben und etwas, dass stark an Eier erinnerte. All dies interessierte Naruz momentan freilich wenig, sein Blick wurde von etwas gefesselt, dass sich inmitten der Höhle befand. Dort stand eine junge Frau mit kurzen Haaren, welche wie die von Aleyandra silbern glänzten, und violetten Augen. Gekleidet war sie in ein rotes Kleid, welches man vielleicht auch als eine Art Robe bezeichnen konnte und in ihrer Hand ruhte ein blaues Buch. Direkt vor der Fremden stand eine riesige, schwarze Spinne, welche sowohl das Mädchen, als auch Naruz, wohl um mehr als einen Kopf überragte. Die gigantischen Kiefer der Kreatur klackten aufgeregt auf und zu, und ein seltsames Zischen drang aus dem Maul des Wesens, welches nervös, auf seinen übergroßen Beinen, hin und her tänzelte.




„Das ist unmöglich.“ murmelte Aleyandra, während sie mit ihren Pistolen auf das Monster und die Fremde zielte.

„Was genau meinst du?“ fragte Naruz flüsternd. Noch schienen weder die Spinne, noch das Mädchen auf sie aufmerksam geworden zu sein.

„In Helonia gibt es eine alte Legende, von etwas, dass 'die Schattenmutter' genannt wird. Bei ihr handelt es sich um eine große, schwarze Spinne, die in den nahen Bergen leben soll und schon so einige, unvorsichtige Wanderer gefressen hat. Aber es ist nur eine Legende, es gibt sie nicht wirklich, schon gar nicht hier, in einer alten Schmugglerhöhle!“

„Korrekt.“ Aleyandra und Naruz zuckten gleichzeitig zusammen, als sie die leise, emotionslose Stimme der Fremden hörte, die ihren Blick nun zu ihnen wandte.

„Wie hat sie uns gehört?“ fragte Naruz flüsternd, erhielt jedoch keine Antwort.

„Die Schattenmutter ist nur eine Legende, sie existiert nicht... zumindest tat sie es bislang nicht.“ meinte die Fremde, ehe sie sich wieder zur Spinne umdrehte.

„Was? Wer bist du? Hast du etwas mit dieser Kreatur zu tun?“ fragte Naruz, und hielt auf die Fremde zu, Aleyandra folgte ihm vorsichtig, während sie weiterhin ihre Waffen auf die Fremde gerichtet hielt.

„Korrekt.“ kam es erneut von der Fremden. Ehe irgendjemand reagieren konnte, erschien ein Buch, wie aus dem Nichts, direkt hinter dem Rücken des Mädchens. Dieses Buch schien einen Umschlag zu haben, der vollständig aus Rinde und Blättern zu bestehen schien. Das Buch schlug sich auf und blätterte alleine durch die Seiten, ehe es an einer Stelle stehen blieb und kurz, grün aufleuchtete, als die Fremde ihre Hand in Richtung Naruz und Aleyandra streckte. Blitzschnell schossen Wurzeln und Ranken aus dem Boden, die sich um die Arme und Beine der beiden klammerten und sie dazu brachten, ihre Waffen fallenzulassen.

„Nein!“ entfuhr es Serif, ehe irgendjemand anderes etwas sagen konnte und Naruz warf seinem Eidolon einen verwirrten Blick zu. Zum ersten mal, seit er Serif getroffen hatte, wirkte dieser schockiert, er starrte einfach nur auf das Buch, welches dort vor ihm in der Luft schwebte. „Woher hast du das? Es sollte in Navea sein, in der Tempelbibliothek!“ Erneut wandte die Fremde ihren Blick zur kleinen Gruppe, dieses mal blieb er an Serif haften.

„Oh... Eidolon Serif. Dann ist dass da wohl... ein Botschafter?“ murmelte sie vor sich hin. „Ihr seid wegen der Pflanzen hier?“ fragte sie und deutete auf die nahen Blumen.

„Ursprünglich ja, aber...“ Naruz brach ab, als das Buch erneut ein paar Seiten umblätterte, wieder aufleuchtete und auf einmal ein Haufen der Heilpflanzen direkt vor der Fremden aus dem Boden wuchsen. Sie pflückte die Pflanzen, kehrte der Spinne den Rücken zu und ging gemächlich zu Naruz und Aleyandra hinüber, während die riesige Kreatur weiterhin nervös auf der Stelle stand. Dann drückte sie Naruz die Heilpflanzen wie eine Art Blumenstrauß in die Hand.

„Für dich, mein Geliebter.“ sagte sie, und blinzelte Naruz aus ihren violetten Augen an, woraufhin dieser ein wenig rot anlief.

„W-was? W-was meinst du, mit Geliebter? Wir kennen uns nicht einmal!“

„Das war ein Scherz.“ antwortete das Mädchen, und legte den Kopf schief. „Habe ich was falsch gemacht?“

„Ähm... was?“ Naruz war nun vollkommen verwirrt, er hatte keine Ahnung, wie er auf die seltsame Fremde reagieren sollte.

„Egal, jedenfalls sind die Blumen wirklich für dich, das war kein Scherz. Nimm sie, es werden vorerst die letzten sein, die ihr hier kriegen könnt.“

„Was meinst du damit?“ fragte Naruz verwirrt, während die Ranken sich lösten und ihn und Aleyandra freigaben, die sofort ihre Waffen aufhob und sie wieder auf die Fremde richteten.

„Ich werde diese Höhle säubern müssen... ihr solltet verschwinden.“ Kaum hatte sie dies gesagt, verschwand das Buch und wurde durch ein anderes ersetzt, mit rotem Ledereinband. Während dieses Buch sich ebenfalls wie von selbst durchblätterte, schlug die Fremde selber eine Seite in dem Buch auf, dass sie in ihrer Hand hielt. Kurz darauf zuckten drei violette Blitze von der Höhlendecke hinab und durchbohrten die Spinne, woraufhin diese gequält aufschrie und schwarzes Blut aus ihrem Körper spritzte. Zur gleichen Zeit gab es ein rotes Leuchten, und plötzlich brannten sämtliche Pflanzen, in der Höhle.

„Wir sollten von hier verschwinden, Partner.“ meinte Serif drängend. „Das ist kein gewöhnliches Feuer, ich würde mich nicht darauf verlassen, dass es sich von Stein aufhalten lässt.“

„Aber was ist mit...“ begann Naruz, verstummte jedoch. Die Fremde war verschwunden, nichts deutete darauf hin, dass sie überhaupt da gewesen war. Ehe er etwas sagen konnte packte Aleyandra ihn am Arm und zog ihn hinter sich her.

„Wir sollten auf Serif hören, lass uns von hier verschwinden.“ Letztendlich nickte Naruz und setzte sich in Bewegung. Er hob seine Schwerter auf, und so schnell sie konnten rannte die Gruppe davon. Sie hielten erst an, als sie die Höhle verlassen und die kleine Brücke überquert hatten. Keuchend versuchten sie wieder zu Atem zu kommen und nach einer Weile war es Naruz, der das Wort erhob.

„Serif, wer war das? Und vor allem, was war sie? Du scheinst ja dieses eine Buch erkannt zu haben.“ Das Eidolon seufzte.

„Ich werde es euch sagen, aber nicht hier, lasst uns erst zum Lager zurückkehren.


Als sie ihr kleines Lager am See erreichten, begann es bereits dunkel zu werden, weshalb Naruz zuerst Holz sammelte und ein Lagerfeuer entfachte, ehe sich alle vier, in Decken gehüllt darum niederließen, selbst Serif und Alessa hatten kleine Decken bekommen. Während in einem Topf über dem Feuer eine Suppe vor sich hin kochte, wanderten die neugierigen Blicke von Naruz, Aleyandra und sogar der Alessas, zu Serif.

„Also, was ist jetzt mit dieser Fremden?“ fragte Aleyandra schließlich, als Naruz' Eidolon noch immer keine Anstalten machte, irgendwas zu sagen. Dieser seufzte, begann dann jedoch mit seiner Erklärung.

„Sie war eine Hexe... also eine richtige Hexe, nicht wie diese Elena, die wir in Skandia getroffen haben.“ meinte er, an Naruz gewandt. „Hexen haben nur eine schwache, magische Begabung, weshalb ihre Zauber nicht wirklich stark sind, normalerweise. Jedoch haben sie mit der Zeit eine Möglichkeit gefunden, diese Schwäche zu umgehen, indem sie Bücher benutzen, besser gesagt, Grimoire. Ein Grimoire ist ursprünglich ein einfaches Buch gewesen, dass im Laufe der Zeit jedoch viel magische Energie angesammelt hat, wodurch es schlussendlich zum Heim eines Geistes, oder eines Dämons wurde, Grimoire sind also praktisch nichts anderes, als besessene Bücher. Eine Hexe, oder ein Hexenmeister, braucht viel magisches Talent und einen starken Willen um ein Grimoire unter ihre, oder seine Kontrolle zu bringen. Sobald sie ein Grimoire kontrollieren, können sie ihre Magie in die Seiten des Buches schicken, welches dann die gewünschten Zauber für sie wirkt. Welche Zauber dies sind, kommt ganz auf den Grimoire an, der dafür genutzt wird. Übrigens ist es eine Art Statussymbol in Vo Astur, so viele Grimoire wie möglich zu beherrschen, denn je mehr man kontrolliert, desto mächtiger ist man.“ Naruz warf einen Blick zu Aleyandra und an ihrem überraschten Blick konnte er erkennen, dass dies auch für sie vollkommen neu war.

„Und woher kanntest du diesen... Grimoire, den sie benutzt hatte?“ fragte Naruz neugierig.

„Nun, wir Eidolons leben sehr, sehr, seeeeeehr lange und viele von uns haben in ihrem Leben mehr als nur einen Partner. Vor langer Zeit war ich mit einer Botschafterin Gaias unterwegs, sie hieß Freyja und war schon immer sehr naturverbunden gewesen. Im Laufe ihres Lebens schrieb sie ein Buch, in welches sie ihr gesamtes Wissen über Pflanzen, Bäume und die Natur an sich steckte. Da sie eine Botschafterin Gaias war, hatte das Buch im Laufe der Zeit sehr viel Magie in sich aufgesogen und nach ihrem Tod flüchtete sich Freyjas Geist in ihr Werk und machte es zu einem Grimoire, zum 897. Grimoire der verbotenen Sammlung, 'Die Geheimnisse des Waldes'. Wie ich bereits sagte, sollte er sich eigentlich in der Tempelbibliothek in Navea befinden, ich habe keine Ahnung, wie die Hexe an ihn gelangt ist.“ Nach Serifs Erklärung kehrte ein Schweigen ein, welches sich für den restlichen Abend nicht mehr wirklich auflockern sollte. Gemeinsam aßen sie die Suppe, sobald diese fertig war, ehe sich alle hinlegten. Selbst Naruz versuchte dieses mal nicht, wach zu bleiben und schlief sofort ein, was er jedoch schon bald bereuen sollte.


Er träumte wieder, und wie immer war die Ausgangssituation die gleiche, jedoch immer mit verschiedenen Variationen. Dieses mal, sah er etwas vollkommen neues, zumindest was den Start des Traums betrachtete. Er befand sich, wie immer, in einem brennenden Thronsaal, am Fuße einiger Treppenstufen, und kniete auf dem Boden. Normalerweise kniete er neben der Leiche eines Mannes, dieses mal jedoch, hielt er eine junge Frau in seinen Armen. Die Frau hatte rote Haare und sah ihn aus großen, hoffnungsvollen Augen an, während ihr Blut aus dem Mundwinkel lief und ein großer Schnitt, quer über ihre Brust verlief. Trotzdem schaffte sie es zu lächeln und ihre rechte Hand lag auf der Schulter von Naruz' unbeweglichem Körper.

„Es war eine Ehre, an deiner Seite gekämpft zu haben, Naruz.“ murmelte die Frau mit schwacher Stimme. „Zu schade, dass ich es nicht bis zum Ende mit Euch durchstehen kann.“

„Es ist alles in Ordnung, Anya, mache dir keine Sorgen.“ antwortete Naruz, mit einer sanften, warmen Stimme. „Du hast deine Arbeit gut gemacht und uns bis hierhin gebracht, du hast dir eine Pause verdient. Schließe die Augen und sobald du sie wieder öffnest, wird alles vorbei sein.“

„Hat man dir schon einmal gesagt, dass du ein schlechter Lügner bist?“ fragte die Frau, mit einem schwachen Lächeln im Gesicht.

„Nicht wirklich, eigentlich hieß es bislang immer, dass ich ein ziemlich guter Lügner bin.“

„Weißt du noch, als wir uns zum ersten mal getroffen haben? Ich... hatte mich nie bei Serif... entschuldigt...“ meinte die Templerin, während sie die Augen schloss und ihre Stimme immer schwächer wurde. „Bitte sag ihm... dass es mir... leid...“ ihre Stimme erstarb, und ihre erschlaffte Hand fiel von Naruz' Schulter. Er schloss die Augen und als er sie wieder öffnete merkte Naruz, dass seiner Traumversion tatsächlich einige Tränen aus dem Augenwinkel rollten. Anscheinend hatte ihn der Tod der Frau ziemlich getroffen, denn er konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte mal geweint hatte, vermutlich beim Tod seiner Eltern, aber seither nicht mehr.

„Es ist Zeit, diese Farce zu beenden.“ erklang da plötzlich eine vertraute Stimme, und zog Naruz' Aufmerksamkeit auf sich. Auf dem Podest, vor dem Naruz kniete, stand ein Mann mit langen, silbernen Haaren und roten Augen. Er war in eine pechschwarze Rüstung gekleidet, und in seiner Hand hielt er ein langes Schwert aus schwarzem Metall, welches mit Rubinen verziert worden war. In der anderen Hand hielt er den leblosen Körper eines Mannes, in der Rüstung der Hohetempler, und warf ihn achtlos zur Seite. Ehe Naruz' Traumversion reagieren konnte, schoss plötzlich schwarzes Feuer aus dem Schwert seines Feindes, und kroch direkt auf ihn zu. Als die Flammen ihn erreichten, sprangen sie auf seine Rüstung über, und krochen immer weiter nach oben, ehe sie in Naruz' Mund krochen, um ihn von Innen heraus zu verbrennen...


Schweißüberströmt richtete Naruz sich auf und sah sich gehetzt um, ehe er sich erinnerte, wo er war. Er setzte sich vollständig auf, ehe er merkte, dass es noch ziemlich früh zu sein schien. Aleyandra schlief noch immer, mit Alessa an ihrer Seite, lediglich Serif war wach und sah ihn besorgt an.

„Du hattest wieder diesen Traum, oder Partner?“ Naruz nickte.

„Sollen wir Aleyandra aufwecken und nach Helonia gehen? Je schneller du die Truhe kriegst, desto besser würde ich sagen.“

„So wild darauf, von mir loszukommen?“ meinte Naruz, mit einem schwachen Lächeln, dass die Angst vertreiben sollte, die er nach dem Traum noch immer verspürte.

„Natürlich nicht, ich mag dich, du bist ein guter Kumpel. Aber wenn es dir helfen kann die Träume...“

„Schon gut, Serif, es war nur ein Scherz.“ meinte Naruz, und hob entschuldigend seine Hände. „Aber nein, wecke sie nicht auf, lass sie ruhig noch ein wenig schlafen.“ sagte er, und warf der schlafenden Aleyandra lächelnd einen Blick zu. Es musste schön sein, so ruhig und friedlich schlafen zu können, dachte er, und wühlte unterdessen in seinem Rucksack herum, um einige neue Sachen zum anziehen hervorzukramen. Dann wandte er sich um und ging in Richtung See davon.

„Warte, ich komme mit.“

„Nein, bleib am besten hier.“ sagte Naruz, ehe sein Eidolon ihm folgen konnte. „Ich werde mich nur kurz waschen... bleib du im Lager und sag Aleyandra wo ich bin, falls sie aufwacht.“

„Gut, wird gemacht.“ Naruz nickte dem Eidolon dankbar zu, und ging dann zum See um zu baden und über diese neue Version seines Traums nachzudenken, oder noch besser, sie so schnell wie möglich zu vergessen, und sich nie wieder daran zu erinnern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben