[Diskussion] The Human Centipede Part 2 Full Sequence

TheDarkness2

Otaku Elite
Otaku Veteran
Ja ja, der menschliche Tausendfüßler. Der erste Film genießt ja geradezu Kultstatus unter den Fans, ich fand ihn jedoch eher langweilig wie auch meinem Review hier auf dem WoH nachlesen könnt. Oder anders gesagt, er wurde seinem Ruf nicht gerecht und das führt direkt zu Teil 2 da ich wohl nicht der Einzige war der diese Meinung hatte. Viele waren enttäuscht weil sie nicht das bekamen was auf der Packung stand und so machte sich Tom Six daran den Film zu schaffen den die Fans wollten oder wie er es nannte das Perverseste was je auf Film gebannt wurde. Oder um beim Marketing zu bleiben: 100% medically inaccurate! Kranker geht es nicht mehr! Wirklich? Wiedermal nur leere Worte oder geht es diesmal wirklich etwas weniger ums Kopfkino und schafft man es diesmal unter die Haut zu gehen wie die berühmten Vorbilder?

Martin Lomax ist der typische Durchschnittsbürger: Etwas zu dick, etwas langsam und nicht gerade hübsch. Vom Vater missbraucht, die Mutter eine durchgeknallte Psychopathin. Und sein Therapeut der ihm eigentlich helfen soll missbraucht ihn einfach weiter anstatt ihm zu helfen sein Trauma zu überwinden. Doch Martin hat eine ungewöhnliche Schwäche: The Human Centipede. Er ist regelrecht fasziniert von dem Film, er vergöttert ihn und möchte ihn ins reale Leben umsetzen. Er arbeitet als Pförtner in einer Tiefgarage wo er sich geeignete Versuchskaninchen nimmt um den menschlichen Tausendfüßler Realität werden zu lassen....

Ja das ist die Story. Sie ist eigentlich nur ein nutzloses Beiwerk das als Rechtfertigung für einige Abscheulichkeiten herhalten muss. Denn im Grunde reiht der Film Gewalt an Gewalt nur um der Gewalt Willen und um schonungslos zu provozieren. Damit rauscht er an den Vorbildern wie Cannibal Holocaust und Die 120 Tag von Sodom vorbei in die Bedeutungslosigkeit, doch alles der Reihe nach.

Was definitiv funktioniert ist Martin Lomax. Der gesamte Film wird von Schauspieler Laurence R. Harvey getragen und das mehr als hervorragend. Martin spricht nur sehr wenig, aber seine Mimik, Gestik und Ausstrahlung heben den Film hervor. Laurence gibt hier 100% und macht den Film zu einer totalen One Man Show. Und er ist der einzige Charakter der gespiegelt wird, einerseits schlummert hinter dem fragwürdigen Aussehen ein totaler Psychopath und andererseits auch ein tragischer Charakter mit tiefgehenden Problemen. Er ist per se kein Wahnsinniger oder Irrer, er ist intelligent und gnadenlos. Er wird von seinem Umfeld dazu gebracht die Grenzen zu überschreiten, er ist ein Opfer der Umstände. Das ist für so einen Film der eigentlich total platt ist wohl der größte Pluspunkt. Und je weiter der Film voranschreitet desto tiefer rutscht er ab und der Zuschauer wird mitgerissen.

Weitere wichtige Figuren sind der Therapeut der Martin sexuell missbraucht, von Sex mit thailändischen Kindern träumt und Analsex mit Nutten bevorzugt. Er findet durch Martin das wohl verdient brutale Ende, denn der Charakter ist abstoßender als Martin es bis zu einem gewissen Punkt ist. Man kann den Mord nachvollziehen und weiß das Martin sich im Grunde nur von einem Problem befreit hat das ihn gequält hat. Gleiches gilt für seine Mutter, die ihm die Schuld daran gibt das ihr Mann im Knast ist und die Martin nachts sogar versucht zu ermorden und auch andere Anschläge auf ihr Kind durchführt. Als Martin schließlich durchdreht und sich ihrer erledigt trennt er sich von dem letzten bisschen Menschlichkeit das in ihm war. Im Grunde stehen der Therapeut und die Mutter für die schlimmeren Monster bis sie Martin zu einem wesentlich größeren Monster machen.

Kommen wir jetzt zum Gewaltgrad. Masturbieren mit Schnörkelpapier, Brechstangeneinsatz in allen Formen, Analsex mit um den Schwanz gewickelten Stacheldraht, eine Geburt, das Zertreten des Embryos, Zahnoperationen mit dem Hammer und das durchführen einer hoch komplexen Operation wird zu einem Schlachtfest da Martin nicht mal im Ansatz die Fähigkeiten hat die der Chirurg im ersten Teil hatte. Dann gibt es noch einige Pistolenschüsse, jede Menge Nacktheit und einige appetitliche Eingriffe am Knie. Kurzum Gewalt wurde gefordert, sie wird serviert. Was der Film jedoch nicht hin bekommt ist der Gewalt Gewicht zu geben, wie es zum Beispiel bei Cannibal Holocaust der Fall war. Es ist ein Unterschied ob man es schafft den gezeigten Grausamkeiten einen Sinn zu geben, sie unter die Haut der Zuschauer zu pflanzen so das dieser gezwungen ist darüber nachzudenken über Ursache und Wirkung. Und dieses Potenzial ist aufgrund der Zeichnung von Martin durchaus gegeben wird aber nicht genutzt. So spult man ab was man abspulen muss und versenkt den Film damit in der Bedeutungslosigkeit. Denn es schockt nicht wirklich, es ist halt da und soll Brechreiz verursachen was bestimmt bei weich besaiteten Menschen funktionieren könnte. Und es ist noch nicht mal konsequent umgesetzt, als Martin mit dem Schnörkelpapier masturbiert hat sein Penis später keinen Schaden davongetragen. In der Szene wo er sich Stacheldraht um seinen Penis macht und dann das Ende des Tausendfüsslers anal vergewaltigt sieht man zunächst die Verletzungen am besten Stück des Mannes, doch kurz darauf sind sie wieder verschwunden. Ebenso verschwinden einige Narben, Spuren oder Verletzungen die Martin an seinen Probanden anrichtet einfach. Das ist inkonsequent und lässt einen mit der Stirn runzeln. Hier hat man sich nicht mit Ruhm bekleckert und das bei dem Aushängeschild des Films.

Und die Verbindung zum ersten Teil? Nun, zum einen wäre da das dieser als Film existiert und die Flucht für Martin darstellt von der Realität. Zum anderen lädt Martin die Schauspielerin Ashyll Yennie ein unter dem Vorwand für einen neuen Tarantino Film vorzusprechen. Und sie bildet die Front des Tausendfüsslers. Sie ist es die den Schlauch eingeführt bekommt der mit Abführmittel gefüllt ist damit sie abführt in den Mund des nächsten Teils der Kette.

Der Tausendfüssler ist natürlich eine Errungenschaft und Martin ist sichtlich stolz darauf als er es geschafft hat die Menschen mit einem Tacker von Mund zu Anus zu verbinden. Er ist der Höhepunkt eines grotesken Werkes und die Vollendung von Martins Traum. Als er dann Laxanzien spritzt und die Scheißerei die Münder füllt tanzt Martin geradezu in Extase durch den Raum. Es ist zu einem gewissen Grad widerlich und gleichzeitig faszinierend da es die Vollendung von Martins Verwandlung darstellt.

Aber unter Strich bleibt ein bedeutungsloser Film mit genau einer Stärke und das ist Martins Schauspieler Laurene. Der Film bedient sich genug kontroversem Stoff kann diesen aber nicht vernünftig umsetzen um eine langfristige Wirkung zu entfalten. Meine Zukünftige hat folgendes Urteil gefällt: Vollkommen krank aber bedeutungslos. Dem kann ich nichts hinzufügen.

Außer eins noch: Der Film kam ursprünglich in Schwarz / Weiß raus. Das verleiht dem Film eine trostlose, geradezu beklemmende und aussichtslose Atmosphäre was prima den Charakter von Martin unterstreicht. Dann gibt es den Film in Farbe, der dem Film dann allerdings das Flair nimmt und eine noch leerere Hülle hinterlässt als eh schon.
 
Oben