[Abgeschlossen] Träume in Eis

gunterdk

Novize
Eine nicht sehr lange Geschichte. Ich würde mich trotzdem über Kommentare und anregungen sehr Freuen ;)
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Dort könnt ihr eure anregungen Kritik meinungen zu dieser Geschichte einstellen.

Träume in Eis
Mit einem leisen Aufatmen schloss er die Tür hinter sich. Schwer fiel sie ins Schloss.
Augenblicklich bildeten sich Atemfahnen vor seinem Gesicht. Wohltuende Kälte
breitete sich sekundenschnell aus. Der Schweiß auf seiner Haut gefror zu einer
zarten weißen Schicht. Seine Hand tastete nach dem Lichtschalter. Einen
Sekundenbruchteil später erhellten kalte Lichtfinger die Dunkelheit und gaben
den Blick frei auf eine bizarre Umgebung.
Eiskristalle schimmerten an den weißen Wänden und auf den Möbeln aus Eis. Im
Raum verteilt standen Dutzende Skulpturen aus milchigem Eis, in denen zarte
Farben schimmerten. Vor einem Klavier aus Eis saß eine Skulptur, als wolle diese
darauf spielen. Zartes Rot glitzerte bis zum Boden.
In einer Ecke lag eine dicke Thermojacke mit Hose auf einem eisigen Stuhl. Der
Tisch trug ein Tablett mit verschiedenen Instrumenten. Grobe Feilen,
Sägeblattmesser und die verschiedensten Skalpelle und Abzieher. Sogar ein
kleines Feuerzeug hatte dort seinen Platz. Mit raschen Schritten ging er darauf zu.
Das Licht spiegelte sich in einem Klotz aus Eis. Mit klammen Fingern schlüpfte er in
die Kleidungsstücke.
Er stellte die mitgebrachte Thermoskanne vorsichtig auf den Tisch. Bald breitete
sich wohlige Wärme in ihm aus. Erst jetzt wandte er sich dem Stück Eis vor ihm zu.
Beinahe andächtig nahm er das Schnitzwerkzeug und begann seine Arbeit.
Stunde um Stunde verging. Immer wieder unterbrach er seine Arbeit. Vorsichtig
nippte er dann vom Becher seiner Thermoskanne.
"Ihr seid so schön", murmelte er, "ich sehe die Form im Eis und kratze sie heraus.
Wunderschön - wunderschön. Einzigartig." Eisspäne flogen. Auf dem Boden
wuchs ein Haufen schneeweißer Flocken. Allmählich nahm der unförmige Klotz
vor ihm Gestalt an. Zart schimmerten Farben durch das Eis. Beinahe zärtlich
meißelte er ein Gesicht.
Letztendlich hatte er den Inhalt der Thermoskanne geleert. "Meine Schönen",
wisperte er, "für heute ist meine Arbeit getan. Ich wünsche eine angenehme
Ruhe." Andächtig legte er sein Werkzeug ab. Kehrte den Eisabfall an die Seite.
Dann schlüpfte er aus dem Thermoanzug. Fast augenblicklich begannen seine
Zähne zu klappern. Rasch nahm er die mitgebrachte Thermoskanne. Liebevoll
huschte sein Blick über die Eisskulpturen, als er die Halle verließ.
Draußen umfing ihn eine ungeahnte Hitze. Schweiß brach ihm aus. Es vergingen
keine fünf Minuten bis er vollständig durchgeschwitzt war. Missmutig setzte er die
Sonnenbrille auf. "Ich hasse diese Hitze", flüsterte er, "man zerfließt förmlich."
Schnell rannte er auf sein Auto zu. Als er auf schloss, verbrannte er sich die Finger.
"Autsch", knurrte er, "auch das noch." Schlechtgelaunt stellte er die Klimaanlage
an. Sie benötigte einige Minuten, bis sie auf vollen Touren arbeitete. Langsam
wich die sengende Hitze. Erst dann fuhr er los. Mit ruhigen Bewegungen lenkte er
das Gefährt durch die Hafenanlage und in die Stadt hinein, die einem Glutofen
glich.
Seit Wochen hatte es nicht mehr geregnet. Geschweige denn das Thermometer
unter 25 Grad Celsius fallen lassen. Selbst die Nächte waren heiß. Die Menschen
stöhnten. Keiner wagte sich vor die Tür, wenn er nicht unbedingt musste.
Allmählich wurde das Wasser knapp. In den kleinen Läden bekam man bereits
keine Erfrischungsgetränke mehr. Alles ausverkauft.
In seiner Wohnung ging er zum Kühlschrank. Durst plagte ihn. "Verdammt", knurrte
er, als er ihn öffnete. Der Inhalt des Kühlschranks war lauwarm. Irgendwann im
Laufe des Tages hatte das Gerät seinen Geist aufgegeben und vor der Hitze
kapituliert. Nun gammelten Wurst und Käse vor sich hin. Die Butter hatte
begonnen zu zerfließen. Die Milch war gestockt. Alle übrigen Getränke gaben
sich lauwarm und schier ungenießbar.
Er beschloss Wasser aus der Leitung zu trinken. Als er diese aufdrehte, tropfte es
ihm lauwarm entgegen. Träge strömte es rostbraun aus dem Hahn. Die Leitungen
waren über Tag ausgetrocknet. Es dauerte lange, bis endlich das ersehnte Nass
klar floss. Selbst dann fiel dessen Temperatur nicht auf eine erfrischende Kühle ab.
Missmutig aß er eine Schale staubtrockener Cornflakes, die er mit Leitungswasser
hinunter spülte. Nacht senkte sich herab. In Erwartung eines bisschen Abkühlung
öffnete er ganz weit die Fenster. Doch selbst der dadurch erzeugte Durchzug
brachte kaum Linderung.
Er konnte nicht schlafen. Unruhig lief er hin und her. Wenn er sich auf sein Bett
legte, brannte sein Körper. Er sehnte sich nach seinem Eishaus. Sein kleines
Refugium der Kälte. Jedoch würde er erst in zwei Tagen wieder dorthin fahren
können. Bis dahin musste er die Hitze ertragen.
Gegen Morgen schleppte er sich zur Arbeit. Wenigstens funktionierten die
Kühlschränke dort noch. Gierig stürzte er eine kalte Coke hinunter. Er spürte, wie
sie auf dem Weg durch seine Speiseröhre verdampfte. Das Arbeiten machte seit
Wochen keinen Spaß. Die Kollegen waren teils träge, teils aggressiv durch die
unerträglich gewordene Hitze. Selbst die Menschen auf den Straßen gingen
äußerst rüde miteinander um.
Zumal die Regierung seit vier Wochen ein Fahrverbot für bestimmte Stunden des
Tages verhängt hatte. Besonders hart traf es die Pendler, die gewöhnlich mit
dem Auto von außerhalb in die Stadt kamen. Die Züge waren überfüllt. Zwar
hatte die Transportgesellschaft Sonderzüge eingesetzt, aber trotzdem reichte es
nicht, den Schwall an Menschen jeden Tag in die Stadt hinein und Abends
wieder hinaus zu befördern. Unmut und Aggressivität machten sich breit.
Ihn kümmerte dies alles nicht. Gleichmütig verrichtete er seine Arbeit. Mit seinen
Gedanken war er in der Kälte. Dort, wo er hingehörte.
Eine weitere Nacht und ein Tag verstrichen. Geduldig erwartete er das Ende der
verkehrsfreien Phase. Pünktlich startete er den Wagen und reihte sich in den
aufkommenden Verkehr ein. Sein Herz hüpfte vor Gier nach Kälte.
Als er das Eishaus auf schloss, schlug ihm wohltuende Kälte entgegen. Endlich.
Dann entriegelte er die innere Tür. Sie schwang ruckelnd auf, bevor kaltes Licht
den Raum durchflutete. Liebevoll ließ er seinen Blick schweifen. Er war zu Hause!
Der Klotz aus Eis stand noch da, wie er ihn verlassen hatte. Mit Feuereifer begab
er sich an die Arbeit. Es gab so viel zu tun. Allmählich nahm der Klotz die Gestalt
eines Mädchens an. Seine Finger glitten zärtlich über die Konturen des starren,
gemeißelten Gesichtes.
Als er fertig war, stellte er die neue Skulptur in den Raum. Einige Male verrückte er
sie, bis er die richtige Position gefunden hatte. Ein glückliches Lächeln umspielte
seine Lippen. "Es ist vollbracht", wisperte er. Weiße Atemfahnen lösten sich. Seine
Augen leuchteten vor Glück.
Mit leichtem Schritt ging er zur Tür. Die Hand fand den Mechanismus, doch dann
zögerte er. Draußen war Hitze. Er hatte kein Verlangen danach. Für einen
Moment zog sein Leben an ihm vorbei. Was für ein Leben? Nichts war dort
draußen, was es für ihn lebenswert machte. Die leere Wohnung. Die Abweisung
durch die Menschen, die in ihm einen Sonderling sahen. Einzig seine Eisskulpturen
brachten ihm Anerkennung.
Abrupt drehte er sich um. Saugte das Bild in sich auf, was sich ihm bot. Eine
perfekte Welt. Erstarrt zu Eis. Lautlose glitzernde Schönheit. Gläserne kalte Pracht.
Mit langsamen Schritten ging er auf seine Werke zu. Andächtig entledigte er sich
der schützenden Thermokleidung, bis er in Bermudas und T-Shirt dastand.
Zitternd nahm er jede Skulptur in Augenschein. Berührte sie. Bis er bei der Figur am
Klavier angelangt war. Zärtlich strich er über das glatte, eisige Haar, das er zu
Locken geformt hatte, die wellig die schönen Konturen des zarten Gesichtes
umspielten. An das Klavier gelehnt stand die Skulptur des Mädchens, mit halb
schräg gelegtem Kopf, als würde es andächtig lauschen. Jede Rüsche des roten
Kleides mit der rosa Schleife liebevoll ausgearbeitet. Die Locken des Haares
erstarrt in immerwährender Wildheit.
"Ihr seid so schön", hauchte er, "so schön - für ewig. - Ewig mein. Vereint." Rauhreif
hatte sich auf seiner Haut gebildet. Sie platzte ab, als er die Hand ausstreckte,
um die kalte Oberfläche der Skulpturen zu berühren. In sich spürte er, wie das Blut
anfing langsamer zu fließen. Sein Herz arbeitete schwer. Wohltuende Kälte
breitete sich in ihm aus. Erfasste sein ganzes Sein. In seinen brechenden Augen
spiegelte sich das Bild der Klavierspielerin mit dem Kind. Allmählich verlosch das
Licht.
Tage später erhellte erneut Licht die eisige Welt. Ermittler in dunklen Jacken
bewegten sich als wären sie in einem Traum. Einer der hartgesottenen Männer
war kalkweiß im Gesicht. Seine Augen wanderten über das unglaubliche Bild.
Eiszapfen hingen von der Decke. Bildeten bizarre Strukturen. An den weißen
Wänden schimmerten Eiskristalle. Eine Wohnung aus Eis geformt. Jedes Stück
Mobiliar aus Eis geschnitten. In dem durchsichtigen Kühlschrank sah man
gefrorene Lebensmittel und Getränke. Bilder hingen an der Wand, umhüllt von
einer dünnen Eisschicht. Im Raum verteilt Dutzende Skulpturen aus milchigem Eis,
in denen zarte Farben schimmerten. Eingefangen für die Ewigkeit. Vor einem
Klavier aus Eis saß eine Skulptur, als wolle sie darauf spielen. Zartes Rot glitzerte bis
zum Boden. Es schien, als würde das Eis eine Abendrobe imitieren. Ein Mädchen
im roten Kleid hörte ihr andächtig zu. Eine weitere Skulptur stand hinter der Bar.
Einen eisigen Kelch zum Trinken erhoben. In der Mitte des Raumes ein Junge.
Vielleicht vier Jahre alt. In den Händen einen bunten Ball.
Augen sahen ihn an. Fordernd. Erstarrt. Überall Männer, Frauen, Kinder.
Eingefroren in der Bewegung. Arrangiert zu einer perfekten Welt. Neben der
Klavierspielerin eine zusammengesunkene Gestalt. Überzogen mit weißen
Eiskristallen. Die Augen halb geschlossen. Um die Lippen ein verzücktes Lächeln.
Eine erstarrte Hand lag locker auf den Falten des eisigen roten Kleides.
Auf der anderen Seite sah er eine Arbeitsecke. Auf dem Tisch lag verschiedenes
Werkzeug ausgebreitet. Über dem Stuhl aus Eis lag achtlos ein Thermoanzug.
Dahinter in einem Regal aufgereiht kleine Eisskulpturen. Schwäne, Vögel, ein
kleines Reh und andere Dinge. Jedes mit einer kleinen Plakette versehen.
Der Mann studierte das Infoblatt. Dort waren die bisherigen Ergebnisse hastig
handschriftlich festgehalten.
Bisher gab es keine Identifizierung, bis auf den einen Mann. Frank Wiscensci,
Eiskünstler. Unauffälliger Typ, etwas verschroben, aber künstlerisch genial.
Geschieden. Frau und Tochter lebten in einer anderen Stadt. Wirklich? Den
Sommer über arbeitete dieser bei Baker Incorporated als Hilfsbuchhalter. Im
Winter verdiente er sein Geld mit Eisskulpturen, für die er mehrfach ausgezeichnet
wurde. Sein Paradestück war die Klavierspielerin in Rot. Schaudernd blickte der
Ermittler zu der Skulptur am Klavier. Wer war sie? Seine Frau? Und wenn ja, wer
waren die anderen?
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