[Biete] Vortex 2 - Omega

Shinryu

Drachenlord
Otaku Veteran
Vortex 2 – Omega
„Anything sealed is destined to return”

About the story

Vortex 2 lehnt sich von der Handlung her an vieles an, was in der ersten Geschichte passierte. Es könnte also von Vorteil sein, wenn man erst „Vortex“ liest. Hier und da werden Zusammenhänge erklärt und es wird auf Hintergründe und die Geschichte von Vortex eingegangen. Deshalb habe ich die erste Geschichte als Anhang am Ende beigelegt. Und den Anhang zu Vortex 1 - eine Tabelle mit Kampfwerten und ein paar Infos - auch. Aber wegen Spoilergefahr sollte man die Tabelle erst nach Vortex 1 lesen, wenn überhaupt. Ihr findet beides am Ende des ersten Posts in diesem Thread. Also gleich hinter der "Einleitung".

Ihr könnt mir eure Meinung zur Geschichte gerne in diesem Thread mitteilen: Diskussionsthread

Es ist viel Zeit vergangen, seit ich Vortex 1 geschrieben habe. Am 13.8.2004 unternahm ich erstmals den Versuch, eine Fortsetzung zu schreiben. Aber es fehlte entweder die Zeit, Lust oder die Motivation. Ich schrieb 2-3 Kapitel und legte das Projekt wieder auf Eis. Es sollte weitere 3 Jahre dauern, bis ich genug Anlass und Zeit fand, um im Dezember 2007 Vortex 2 wieder weiter zu schreiben. Doch von da an ging es bergauf. Als nur noch wenige Kapitel zum Abschluss fehlten, wartete ich wieder so etwa 2 Jahre, bis ich mich wieder an die Story machte. Nun aber ist sie endlich abgeschlossen ^^

Nachtrag: Mir ist aufgefallen, dass eine kleine Zusammenfassung über den Inhalt und die Art der Stories fehlt. In Vortex 1 hatte ich noch daran gedacht. Nun, es handelt sich diesmal wieder um die gleiche Anime-Welt. Einen fremden Planeten, der größtenteils aus Wasser besteht. Es gibt allerlei Wesen dort, von denen Höllenwesen, Menschen, die sogenannten Drachenkrieger, Nachtmähren, Dämonen, Engel, Succubi und Gargoyle eine besondere Rolle spielen. Im großen und ganzen geht es darum, dass eine kleine Aneinanderkettung von unerklärten Ereignissen schon bald eine Lawine in´s Rollen bringt, die ganz Vortex (so der Name der Anime-Welt) in´s Chaos zu stürzen.


Inhalt:
-Einleitung
-Kapitel 1: Schatten der Vergangenheit
-Kapitel 2: Die Ruhe vor dem Sturm
-Kapitel 3: Alarmstufe
-Kapitel 4: Die Kriegserklärung
-Kapitel 5: Cecil
-Kapitel 6: Bleak – der tote Kontinent
-Kapitel 7: Ungebetener Besuch
-Kapitel 8: Vorbereitungen
-Kapitel 9: Die Freiwilligen
-Kapitel 10: Die diebische Katze
-Kapitel 11: Entscheidungen
-Kapitel 13: Devlyns Zauber
-Kapitel 14: Hikarus Alleingang
-Kapitel 15: Sabin und Hikaru
-Kapitel 16: Auf Tigers Spuren
-Kapitel 17: Gefährliche Neugier
-Kapitel 18: Außer Kontrolle
-Kapitel 19: Endstation Vergessenheit
-Kapitel 20: Ein Licht in der Dunkelheit
-Kapitel 21: Das Trio des Schreckens
-Kapitel 22: Himmlischer Beistand
-Kapitel 23: Die Drachenlords kommen
-Kapitel 24: Ihr letzter Kampf
-Kapitel 25: Dariels Entscheidung
-Kapitel 26: Zurück in Vortex
-Kapitel 27: Alexiel und die Drachenlords
-Kapitel 28: Der Verräter
-Kapitel 29: Neue Erkenntnisse
-Kapitel 30: Im Reich der Dunkelheit
-Kapitel 31: Das Ende der Suche
-Kapitel 32: Ein böses Erwachen
-Kapitel 33: Glück im Unglück
-Kapitel 34: Rebellion
-Kapitel 35: Die Abrechnung
-Kapitel 36: Gedanken
-Kapitel 37: Die Besprechung
-Kapitel 38: Merles Rückkehr
-Kapitel 39: In der Höhle des Löwen
-Kapitel 40: Der Alptraum beginnt
-Kapitel 41: Gewissensbisse
-Kapitel 42: Zurück in Vector
-Kapitel 43: Eine ausweglose Lage
-Kapitel 44: Bahamut


Einleitung:

20 Jahre sind vergangen, seit Dhaos Lavos ausgeschaltet und damit die Welt vor dem sicheren Untergang bewahrt hat. Nach diesem letzten Kampf kehrte Frieden und Ruhe in Vortex ein. Einige der Leute, die die Zerstörung vom Magic Kingdom Altena überlebt hatten, machten sich bald daran, aus den Ruinen das alte Schloss wieder auf zu bauen. Es dauerte einige Jahre, aber inzwischen ist New Altena Kingdom wieder hergestellt und prächtiger den je. Es folgte der alten Tradition und wurde zum Zentrum der Magie auf Vortex. Zu dem Ort mit den besten Magierschulen weit und breit. Altena erlangte seinen alten Ruhm und seine Bedeutung wieder und es war fast so, als habe die Zerstörung des Königreiches der Magie nie statt gefunden.
[FONT=&quot]Hikaru und Dhaos kehrte nach dem letzten Kampf nach Vector zurück. Dhaos krönte sich selbst zum König der großen Stadt, aber es gab nur wenig Proteste. Und selbst die verstummten, als die Einwohner von Vector ihre zukünftige Hikaru sahen. Es heißt, das seitdem kein Tag vergeht, an dem nicht irgend ein Liebesbrief an Hikaru im Schloss ankommt. Zwar bekam Dhaos keinen dieser Briefe jemals in die Hände, aber die Gerüchte halten sich hartnäckig. Vielleicht hat aber auch Hikaru Maßnahmen getroffen, damit Dhaos nicht aus Eifersucht die Bevölkerung dezimiert. Wer weiß... Außerdem gab es inzwischen Nachwuchs bei der Familie Shido (Hikaru´s und Dhaos´ gemeinsamer Nachname nach der Hochzeit). Sie haben inzwischen die 16-jährige Tanami und die 12-jährige Honami. Beide haben für ihr alter schon eine beachtliche Kampfkraft. Von Artea hörte man nie wieder etwas, aber man glaubt, das sie wieder in ihr Dorf zurück gekehrt ist, immer darum bemüht, ihre Fähigkeiten zu verbessern. Genau so spurlos verschwand Merle. Kurz bevor sie ging, murmelte sie etwas drüber, dass es einen Weg geben müsse, Tiger zurück zu holen. Farnelia verfiel zur Ruine. Es schien so, als würde der Frieden ewig währen...[/FONT]
 

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Shinryu

Drachenlord
Otaku Veteran
Kapitel 1: Schatten der Vergangenheit

Es begann alles vor langer Zeit... Tiger und Devlyn waren Weltenwanderer. Sie fanden auf ihren Reisen einen wunderschönen Planeten und nannten ihn Vortex. Der Planet wurde vom Drachengott Bahamut beherrscht, denn er hatte sich den Ort als Heim für seine Kinder, Drachen verschiedenster Art, ausgesucht. Tiger versprach Bahamut, dass ein Zusammenleben der Völker möglich sei und dass er sich dafür einsetzen würde. Und er schwor, unter allen Umständen zu verhindern, dass Bahamut´s „Kindern“ etwas passiert. Bahamut war damit zufrieden, überlies Vortex Tiger und kehrte in seine Dimension, die „Mana Holyland“ genannt wurde, zurück. Das Leben auf Vortex entwickelte sich mal besser, mal schlechter. Eines Tages verstritten sicht Devlyn und Tiger. Sie hatte ein paar aggressive Rassen nach Vortex gebracht, die sich dem friedlichen Zusammenleben nicht fügen wollten. Im Anschluss an den Streit erschuf sie eine Welt unter Vortex, nannte sie „Omega“ und zog sich dahin zurück. Später brach dann auf Vortex der erste Drachenkrieg zwischen den Drachen und den anderen Rassen aus. Tiger war an seinem Schwur gegenüber Bahamut gebunden und vereinbarte ein Treffen mit den Anführern der drei rivalisierenden Drachenclans. Obwohl sie bis dahin gegeneinander gekämpft hatten, arbeiteten die Anführer dieses eine Mal zusammen, um Tiger aus der Welt zu schaffen. Das Treffen war eine Falle. Sie griffen Tiger aus dem Hinterhalt an, aber obwohl es ihnen gelang, ihn schwer zu verletzen, konnten sie ihn nicht besiegen. Tiger sprach einen uralten Zauber aus, mit dessen Kraft er alles negative aus dem Wesen der Anführer in sich aufnahm und ihnen so ermöglichte, als Drachen mit reinem Herzen wieder geboren zu werden. Töten konnte und wollte er sie nicht, das verlangte sein Schwur gegenüber Bahamut. Damit die wiedergeborenen Drachen nicht auf den falschen Weg kamen, wollte er sie selbst aufziehen. Tiger war gerade auf den Weg zurück zur Drachenfestung auf Bleak um seinen Freunden und seiner Tochter Nina zu erzählen, dass der Krieg vorbei war, als er eine schreckliche Feststellung machte. Er hatte die Stärke der aufgenommenen negativen Kraft unterschätzt und verlor zunehmends die Kontrolle. Bald würde er ganz den Verstand und seine Persönlichkeit verlieren. Tiger kannte nur eine Möglichkeit, das zu verhindern. Er sperrte seine Seele mit einem Bannzauber in sein Schwert. Davor erschuf er einen Avatar, eine Art Kopie von ihm, und gab ihr einen Bruchteil seiner Kraft und seiner Erinnerung. Tiger nahm dem Avatar das Versprechen ab, dass dieser irgendwo auf eine einsame Insel zog und sich um die Aufzucht der wiedergeborenen Drachen kümmern sollte. Außerdem durfte der Avatar niemals nach Bleak und zu Nina zurück kehren. Tiger wollte seiner Tochter weiteren Kummer ersparen und dachte, es sei besser wenn sie glaubte, dass er im Drachenkrieg gestorben sei.
Aber Nina hatte nie daran geglaubt, dass ihr Vater im Kampf gefallen sein soll. Sie war davon überzeugt, dass er irgendwo, irgendwie noch lebte und dass er eines Tages zurück kehren würde. Sie wartete nun schon über 400 Jahre und sie würde noch mal so lange warten, wenn es sein müsste.

Kapitel 2: Die Ruhe vor dem Sturm

Es war ein Tag wie jeder andere in Vector, der blühenden Metropole von Vortex. Im Schloss in der Mitte der großen Stadt öffnete ein junges Mädchen die Tür zum Arbeitszimmer, in dem Dhaos und Hikaru waren. Das Mädchen war Honami, Hikarus jüngste Tochter. Seit jeher war sie sehr aktiv, quicklebendig und manchmal neugieriger, als gut für sie war. Der König und die Königin hatten leider nicht immer Zeit für die kleine Honami, aber ihre ältere Schwester Tanami passte auf sie auf so gut es ging und versuchte sie aus Ärger raus zu halten.
Dhaos war über ein paar Aufzeichnungen und einem komischen Modell gebeugt. Es waren die Pläne für eine neue Verteidigungsanlage: eine mit Magie verstärkte Wand. Hikaru bemerkte Honami gleich und ging in die Hocke mit ausgebreiteten Armen. „Na, meine Kleine?“ sagte sie mit einem strahlenden Lächeln. Kaum hatte sie den Satz beendet, hatte sie Honami schon umarmt. Das gerade mal 1,45 kleine Mädchen erwiderte das Lächeln. Dann zog es an Dhaos´ Ärmel. „Papa, Papa! Onkel Kurai kommt uns besuchen!“ sprach sie und war sichtlich aufgeregt. Sie konnte, genau wie ihre Schwester, Energiewellen schon über weite Entfernungen spüren und meist auch richtig zuordnen. „Darf ich ihm entgegen fliegen?“ Dhaos blickte fast hilfesuchend zu Hikaru. Ganze Reiche zu beherrschen war für ihn einfacher, als den guten Vater zu spielen. Als sie seinen Blick bemerkte, musste sie grinsen. Natürlich liebte Dhaos seine beiden Töchter. Doch er war immer noch ein Höllenfürst und konnte es daher nicht so deutlich zeigen, wie andere, normale Väter.
Hikaru „rettete“ ihn und sprach zu Honami. „Onkel Kurai wird schon bald hier sein. Geh doch einfach noch etwas mit Tanami spielen.“ Kaum hatte Hikaru zuende gesprochen, war Honami schon fast aus der Tür raus. „Aber flieg nicht zu weit weg!“ rief ihr Hikaru nach, bevor sich die Tür wieder schließen konnte.
Dhaos räumte die Unterlagen weg und verließ mit Hikaru den Raum in Richtung Gästezimmer. Sein Gespür sagte ihm, dass Kurai nicht lange auf sich warten lassen würde. Unterwegs unterhielt er sich mit Hikaru. „Es ist lange her, seit Kurai das letzte mal hier war.“ Sie nickte. Wenn Kurai sie besuchte, gab es meist einen wichtigen Anlass oder ein Problem. Entsprechend neugierig waren die beiden.
Das Gästezimmer war komfortabel und luxuriös eingerichtet, wie der Großteil des Schlosses – abgesehen vom Kerker natürlich. Dhaos schätzte Prunk und Wohlstand und machte auch kein Geheimnis daraus. Das geräumige Zimmer hatte einen langen, rechteckigen und kunstvoll verzierten Holztisch. Sowohl im Raum, als auch in der Halle davor waren Marmorstatuen. Die meisten von ihnen hatten Lebensgröße. Einzige Ausnahme waren die zwei Drachenstatuen vor dem Haupteingang des Schlosses. Jede von ihnen war „nur“ 3 Meter hoch.
Das Königspaar nahm Platz am Tisch. Wenig später kündigte eine Wache Kurais Ankunft an. Der Dämon grüßte Dhaos und Hikaru und nahm ebenfalls am Tisch Platz. Er legte ein kleines, unscheinbares und recht mitgenommenes Buch in die Mitte des Tisches. „Entweder ist es sehr alt oder sehr benutzt.“ Meinte Hikaru. Der Dämon lächelte und erklärte: „Beides. Es ist Tigers Tagebuch.“ Die erste Reaktion darauf war erstmal Stille. Immerhin war es gut 20 Jahre her, seit sie den Namen das letzte Mal gehört hatten. Dann brach Hikaru die Stille. „Tiger hatte ein Tagebuch?“ Sie zögerte etwas, doch schließlich gewann ihre Neugier die Oberhand. „Was steht darin?“
Kurai lehnte sich im Stuhl zurück und legte eine kurze Pause ein, um den Augenblick etwas aus zu kosten und sie neugieriger zu machen. Dann fing er an. Man hörte deutlich heraus, dass er recht stolz auf den Fund und die damit verbundenen Erkenntnisse war. „Es war gar nicht so einfach, das heraus zu finden. Es ist eine völlig fremde Schrift, mit nichts vergleichbar. Aber ich glaube, ein paar Worte habe ich richtig übersetzen können. Nachdem wir das Buch einem Dieb entwendet hatten...“ Dhaos schmunzelte und unterbrach ihn. „Einen Dieb bestohlen. Nicht schlecht. Woher hatte er es?“ Kurai´s Antwort lies diesmal nicht auf sich warten. „Er bezeichnete sich selbst als Schatzsucher und erzählte von einer abgelegenen Insel mit einem zerstörten Turm.“ Hikaru nickte zustimmend. „Das muss Tigers Turm gewesen sein. Ich war schon mal auf der Insel.“ Neugierig musterte sie Kurai und fragte. „Aber was könnte ihn zerstört haben?“ Das Gesicht des Dämons wurde ernster. „Eine enorme Energieentladung unbekannter Herkunft.“

Kapitel 3: Alarmstufe


Hikarus Neugier wich der Besorgnis. Auch Dhaos ahnte nichts gutes, doch er bewahrte die Ruhe, wie es von einem König erwartet wurde. Seine Zeit als Anführer der Höllenfürsten hatte ihn gut auf diesen Posten vorbereitet und durch seine hohe Erfahrung mit Gefahren und Bedrohungen strahlte er Selbstsicherheit aus.
Kurai setzte fort. „Wir haben uns etwas erkundigt. Solche Energieentladungen sind an vielen Orten aufgetaucht. Es scheint, als würden sie ganz gezielt entstehen, aber wir wissen immer noch nicht, woher und warum. Bei Altena tauchten bis jetzt 5 davon auf.“ Die Königin sprang von ihrem Sitz auf. „Bei den Göttern, ist Altena vernichtet worden?“ Dhaos griff nach ihrer Hand und hielt sie. Als sich ihre Blicke trafen und er die Sorge in ihren Augen sah, wandte sich Dhaos an Kurai. Er sprach mit entschlossener und fester Stimme. „Wir werden sofort Rettungstruppen nach Altena schicken.“
Kurai hob beschwichtigend die Hände. „Lasst mich doch bitte ausreden. Dem Königreich Altena geht es gut. Nach der ersten Explosion bauten sie eine magische Schutzbarriere auf, die undurchdringlich scheint. Leider haben wir dadurch aber auch den Kontakt zu ihnen verloren. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis so was auch hier passiert.“
Hikaru konnte sich zumindest etwas beruhigen. Den Leuten in Altena ging es also anscheinend gut. Aber Kurai hatte recht. Wenn so etwas hier passierte, wie sollten sie sich schützen? Da fiel ihr Dhaos´ Idee ein, um die Stadt einen magieverstärkten Schutzwall zu errichten. Aber das würde nicht reichen. Der Schutzwall war eigentlich gedacht gewesen, um freilaufende, magiebegabte Monster daran zu hindern, in die Stadt zu kommen. Auf so etwas konnte man sich einstellen. Man wusste, woher sie kommen und wo sie angreifen. Aber wie sollten sie sich auf willkürlich erscheinende Energieentladungen ohne ein Muster einstellen? Sie waren völlig unberechenbar.
Kurai stand von seinem Platz auf. Es schien, als wolle er wieder gehen. „Ich wollte euch nur warnen. Leider muss ich schnell wieder zurück, denn ein paar dieser Energieentladungen über Etemenanki haben die Höhlen stark erschüttert. Wir müssen was dagegen tun, sonst stürzen sie noch ein.“ Das war nicht unwahrscheinlich. Und doch hatte der Dämon den weiten Weg auf sich genommen, nur um ihnen zu sagen, was ihnen bevorstand. Dhaos erkannte den Mut Kurais in jeder Hinsicht an. Einen Mut, der Respekt verdiente. Er stand auf und reichte dem Dämonen zum Abschied die Hand. „Danke, du warst uns eine große Hilfe.“ Kurai verabschiedete sich von beiden und wollte gerade gehen, als ihn Hikaru zurück hielt. „Kurai, das Tagebuch. Willst du es nicht mitnehmen?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, behaltet es ruhig. Wir haben den Sinn der Worte darin nicht verstehen können. Vielleicht könnt ihr mehr damit anfangen.“ Hikaru bedankte sich, dann ging der Dämon hastig hinaus. Am Hafen wartete schon das Schiff, dass ihn hergebracht hatte, um Kurai wieder zurück nach Etemenanki zu bringen. Als er den Kapitän traf, erzählte ihm dieser von einem blinden Passagier, der in Vector ebenfalls von Bord gegangen war. Der Kapitän hatte das Wesen zwar nicht genau gesehen, doch schien es eine vom Katzenvolk zu sein. Da Kurai aber keine Zeit zu verlieren hatte, kehrte er nicht noch mal zurück um Dhaos und Hikaru zu informieren. Mit einem einzelnen Eindringling würden sie schon klar kommen.
Im Schloss dachte man inzwischen angestrengt darüber nach, welche Maßnahmen getroffen werden sollten, um die Stadt zu schützen. Sie hatten wahrscheinlich wenig Zeit und mussten sich beeilen. Und im ganzen Wirbel ging unter, dass Tanami und Honami immer noch nicht zurück waren.

Kapitel 4: Die Kriegserklärung

Der Kontinent, auf dem damals der zweite Drachenkrieg am heftigsten gewütet hatte, hieß Bleak. Nach dem Ende des Krieges wurden ein paar Expeditionen dahin geschickt, um die Lage zu überprüfen und nach Überlebenden zu suchen, doch man stieß auf starke Gegenwehr, da seltsame Wesen sich anscheinend über den ganzen Kontinent ausgebreitet und die zerstörten Städte überrannt hatten.
Sämtliche Versuche, weiter in´s Innere des Landes vor zu stoßen, scheiterten. Und so ging man davon aus, dass wirklich niemand das überlebt haben könnte und dass Bleak fortan unbewohnbar war. Bis auf eine Ausnahme stimmte das auch. Denn tief im Herzen von Bleak stand noch die Drachenfestung, Tigers letzte Bastion im Kampf gegen die Drachen. Dort lebten die wenigen Phyrexianer, so hieß Tigers Rasse, die mit ihm nach Vortex gekommen waren, um der Bedrohung Herr zu werden. Seine Tochter Nina war dabei, sein alter Freund und Kampfgefährte Sabin und eine handvoll auserlesener Elitekämpfer unter den Phyrexianern, die aufgrund ihrer Heldentaten im Krieg die „Drachenkrieger“ genannt wurden. Unzählige Schlachten hatten die Festung und ihre Bewohner heil überstanden. Auch gegen Drachen, doch sie hatten nie einen getötet. Das war Tabu, auch wenn sich die Drachen noch so sehr daneben benahmen. Es war gar nicht nötig gewesen, sie zu töten, denn gerade im zweiten Krieg hatten sie sich mit Vorliebe gegenseitig zerfleischt. Doch die seltsamen Wesen, die den Kontinent überrannt hatten, sorgten hin und wieder für Ärger. Nichts desto trotz waren alle Angriffe gescheitert, wodurch das Umland um die Festung mit der Zeit immer mehr einem schaurigen Friedhof geähnelt hatte. Überall lagen verstreut Skelette von Monstern, Drachen und anderen Wesen. Aber die Festung selbst erstrahlte nach wie vor im Glanz und in der Pracht längst vergangener Zeiten.
Das heißt, bis vor ein paar Tagen, als sich alles schlagartig änderte. Es fing eines morgens mit dem Erscheinen eines Portals vor dem Schlosstor an. Aus dem Portal kam ein schwarzer Gargoyle mit großen Fledermausflügeln, langen Klauen und roten Augen. Er übergab der Torwache lededlich eine Steinplatte mit einer eingemeißelten Schrift und verschwand ohne ein Wort zu sagen wieder durch das Portal. Schon am nächsten Tag gab es dann aus heiterem Himmel eine plötzliche Energieentladung, die ein Loch in die Mauer der Festung sprengte. Weit und breit war kein Wesen zu sehen, dass dafür hätte verantwortlich sein können. Sie schien aus dem nichts aufgetaucht zu sein. Von da an wurde die Drachenfestung regelrecht bombardiert. Sie wirkte inzwischen recht mitgenommen und ganze Bereiche waren eingestürzt. Die Drachenkrieger, unfähig dieser Bedrohung die Stirn zu bieten, sahen sich dazu gezwungen, in die noch intakten Bereiche der Festung zu flüchten. Das beste wäre eine Evakuierung gewesen. Aber wohin? Und wovor?
„Wir müssen erst wissen, womit wir es zu tun haben.“ Mit diesen Worten hatte sie Nina zurück gehalten. Sie wusste, dass sie kurz davor war, die Steintafel zu entziffern. Doch die Übersetzung war mühsam und zeitaufwendig. Es war ein Schrift, die selbst auf Tigers Heimatplaneten kaum noch benutzt wurde und es gab in der Festung kaum Aufzeichnungen dazu. Nach tagelangen Recherchen hatte Nina an jenem Tag nun endlich die Bedeutung der Botschaft auf der Tafel entziffert. Es war eine Kriegserklärung von Devlyn an Tiger. Eine Kriegserklärung von Omega an Vortex. Nina verstand das alles nicht. Sie wusste nicht um Omega. Es gab so vieles, was ihr Vater ihr nicht erzählt hatte. Und nur einen, der jetzt noch Antworten haben könnte: Sabin.
Sabin war der älteste und erfahrendste Krieger in der Festung und einst hatte er Kämpfe Seite an Seite mit Tiger bestanden, noch bevor sie nach Vortex kamen. Nina hatte oft versucht, den alten Veteranen zur Rede zur Stellen und ein paar Informationen aus ihm raus zu bekommen, doch er gab ihr stets die gleiche Antwort. Dass er ihrem Vater versprochen hatte, ihr nichts zu erzählen und dass sie alles erfahren würde, wenn die Zeit gekommen ist. Doch nun, da Nina neue Erkenntnisse hatte und irgend jemand oder etwas ganz Vortex bedrohte, würde er mit ihr darüber reden müssen.

Kapitel 5: Cecil

In der Drachenfestung gab es eine offiziele Rangordnung, die sie von Tigers Planeten übernommen hatten. Demnach war Tiger König, Nina als seine Tochter die Prinzessin und Sabin der Kommandant der Drachenkrieger. Und dann gab es noch Cecil. Dieser Drachenkrieger war nicht besonders stark. Er hatte keinen großen Ehrgeiz und war eher zurückhaltend. Doch er war etwa in Ninas Alter und die beiden waren von klein an zusammen aufgewachsen. Mit der Zeit war das Band zwischen ihnen von Freundschaft zu Sehnsucht geworden. Zumindest von Seiten Ninas. Cecil war sich über seine Gefühle noch nicht im Klaren. Er war schon immer schüchtern gewesen und recht unbeholfen, wenn es um Gefühle ging.
Um mehr Zeit mit ihm verbringen zu können, hatte sie ihn zu ihrer persönlichen Leibwache ernannt. Meist stand er dann abrufbereit vor ihrem Zimmer. Zumindest so lange, bis sie ihn rein rief, weil sie etwas brauchte. Meist waren es unwichtige Sachen und Belanglosigkeiten, denn Nina suchte nur einen Vorwand, damit er bei ihr war. Das war Cecil aber unangenehm und brachte ihn immer wieder in eine verlegene Situation, weshalb er mindestens genau so oft versuchte, sich schnellstmöglich wieder zu entfernen.
Die zwei Gegensätze hatten schon so manches Mal für witzige Nachtgeschichten in der Festung gesorgt. Denn manchmal hatte man fast den Eindruck, als würde Cecil vor ihr fliehen wollen. Jeder in der Festung hatte schon Ninas Interesse für ihn mitbekommen, nur er schien es noch nicht merken zu wollen. „Kleiner Dummkopf“, so nannte ihn Sabin. Er sah ihn als eine Art kleinen Bruder an und hatte nicht selten versucht, mit Cecil über Nina zu sprechen.
In den letzten Tagen war das Thema aber etwas untergegangen. Tag und Nacht hatte Nina in ihrem Arbeitszimmer verbracht, über Tigers Aufzeichnungen gebeugt, während sie versuchte eine Antwort zu finden. Sie hörte nur gelegentlich zum Schlafen auf und machte inzwischen einen so erschöpften Eindruck, als könne sie jeden Augenblick einschlafen. Und doch lag ein Lächeln über ihren Lippen. Denn sie hatte endlich den Text übersetzt.
„Cecil“, rief sie. „Komm´ herein.“ Er hatte vor ihrem Arbeitszimmer Wache gehalten. Schon viele Stunden hatte er dort verharrt. Eine Bewachung rund um die Uhr war normalerweise nicht üblich. Aber das waren keine normalen Zeiten mehr. Und die Drachenkrieger machten sich Sorgen um ihre überarbeitete Prinzessin. Cecil betrat den Raum. Er war natürlich besorgt und als er das Lächeln in ihrem Gesicht sah, wuchs seine Sorge nur noch mehr. Der „kleine Dummkopf“ dachte nämlich schon, dass Nina aufgrund des Schlafmangels halluzinierte und irgend etwas schönes sah, was nicht da war. So abwegig war das gar nicht. „Ihr habt gerufen, Prinzessin?“ fragte er mit der ihn kennzeichnenden schüchternen Zurückhaltung und Höfflichkeit.
Nina nickte. „Ich bin endlich fertig.“ Cecil konnte nicht anders, als sich über diese Nachricht zu freuen. Seit Tagen hatten die Drachenkrieger nur auf diesen Satz gewartet. Und nun war es so weit. Nun würden sie handeln können. „Prinzessin, ich gratuliere Euch! Ich werde sofort allen bescheid sagen.“ Doch Nina bremste seine Begeisterung. „Nein, noch nicht. Ruf´ erstmal nur Sabin. Ich muss mit ihm darüber reden.“ Cecil verbeugte sich. „Wie Ihr wünscht, Prinzessin.“ Er wollte gerade das Zimmer verlassen um ihre Anweisungen aus zu führen, als sie ihn erneut ansprach. „Und Cecil?“ – „Ja, Prinzessin?“ – „Nenne mich bitte einfach nur Nina.“ Der junge Drachenkrieger lächelte und nickte. Dann ging er aus dem Raum. Eigentlich sollte er sich nun beeilen, denn die Zeit drängte. Doch Cecil hatte es nicht eilig. Er fand, dass sich die Prinzessin mehr als alle andere nach der langen Zeit ein paar Stunden Ruhe verdient hatte.
Nina lies ihren Kopf auf den Armen ruhen. Sie wollte nur für einen Augenblick die Augen schließen, doch bevor sie sich versah, war sie auf dem Schreibtisch eingeschlafen. Cecil hatte damit gerechnet. Im wachen Zustand hätte er sie nicht dazu überreden können, sich etwas hin zu legen. Doch nach 10 Minuten betrat er ihr Zimmer erneut. Sie schlief tief und fest und wahrscheinlich hätte sie selbst eine Explosion nicht wecken können. Cecil hob sie sachte hoch, brachte sie zum Sofa und legte sie vorsichtig darauf. „Schlaft gut... Nina.“ Sprach er noch leise, dann verlies Cecil das Zimmer auf Zehenspitzen.

Kapitel 6: Bleak – der tote Kontinent

„Honami, bleib stehen!“ rief Tanami. Ihre kleine Schwester hatte zwar eine geringere Kampfkraft, war aber leider schneller. Tanami hatte alle Mühe damit, nicht abgehängt zu werden und war schon etwas aus der Puste. „Wir sollen doch nicht in die Richtung fliegen!“ Aus gutem Grund. Ihr Kurs führte sie direkt nach Bleak. Und dort sollte es vor Monstern und Gefahren nur so wimmeln. Außerdem hatten sie schon die Küste erreicht. Nah und fern entlang der Küste waren die Ruinen alter Siedlungen, die im letzten großen Krieg zerstört wurden. Es stand kaum ein Stein auf dem anderen. Hier war einst eine komplette Zivilisation und Kultur ausgelöscht worden, die Phyrexianer. So zumindest dachte man und das was es auch, was die beiden Mädchen in der Schule gelernt hatten.
Honami jedoch schien großes Glück zu haben. Denn weit und breit war kein Monster zu sehen. Nicht, dass sie sich dadurch hätte aufhalten lassen. So flog das Mädchen einfach weiter, in´s Landesinnere hinein. Im Gegensatz zu ihr machte sich ihre ältere Schwester aber schon Gedanken. Darüber, wo die ganzen Monster wohl hin seien und darüber, wie sie Honami wohl überholen und aufhalten sollte. Letztere Frage löste sich aber schnell von selbst, denn mit einem Male blieb Honami in der Luft stehen.
„Na endlich!“ schnaubte Tanami verärgert. „Komm, wir müssen nach Hause.“ Aber Honami schien sie gar nicht zu bemerken. Statt dessen sagte das kleine Mädchen „Schau mal, ist das nicht schön?“ und zeigte nach vorne. Tanami schaute in die Richtung und ihr blieb fast der Atem weg. Vor ihnen, nicht weit entfernt, lag eine Festung. Sie schien unglaublich alt zu sein und war teilweise sogar eingestürzt. Große Löcher klafften in den dicken, massiven Wänden. Und doch, dass so ein Gebäude überhaupt noch stand war unglaublich. Es war inzwischen Abend geworden und Tanamis Staunen sollte sich sogar noch verstärken. Denn aus manchen der Fenster schien sogar Licht. Es lebte also noch jemand darin.
„Honami, flieg zurück und sag Papa und Mama bescheid.“ Das Mädchen schüttelte trotzig den Kopf. „Nein, ich will dahin und es mir ansehen.“ Tanamis Stimme wurde ernster. „Wenn du nicht zurück fliegst, wird Papa schimpfen.“ Ihre kleine Schwester wurde daraufhin fast bleich, denn daran hatte Honami nicht gedacht. „Du bist gemein, Tanami!“ rief sie und flog so schnell sie konnte wieder zurück. Zwar war sie sauer, weil sie ihren Willen nicht hatte durchsetzen können, doch sie wusste auch, dass es überhaupt nicht witzig war, wenn Dhaos schimpfte. Mit einem Affenzahn fegte sie über den lunarischen Ozean hinweg und würde schon bald wieder zuhause sein.
Tanami war auf Bleak geblieben. Sie würde dafür wahrscheinlich auch Ärger bekommen, aber das Mädchen traute es sich zu, das Schloss alleine zu erkunden. Wie schwer konnte es denn schon sein? Sie würde nur aufpassen müssen, dass sie keiner entdeckte. Und dann, wenn sie genug rausgefunden hätte, würde Tanami ebenfalls nach Hause fliegen und ihrem Vater voller Stolz erzählen, was sie raus gefunden hatte. Dann würde er vielleicht auch nicht schimpfen.
Trotzdem, dieser Ort war unheimlich. Um das Schloss herum sah es aus wie auf einem gruseligen Friedhof. Bleiche Skelette aller Art tummelten sich dort. Manche eher klein, manche von der Größe und Statur mächtiger Drachen. Tanami fragte sich, ob die Wesen die in dieser Festung hausten vielleicht all diese Monster getötet haben. Ob sie vielleicht selbst eine Art Monster wären und bösartig. „Hoffentlich kommt Honami mit Papa bald zurück.“ Sagte das Mädchen mit einem Mal. Doch nun schien es kein zurück mehr zu geben. Sie war allein da geblieben und nun musste sie da auch durch. Langsam näherte sie sich dem Schloss. Ein großer Balkon bot sich für die Landung an. Bis jetzt hatte sie keiner bemerkt. Doch kaum hatte sie den Marmorboden unter ihren Füßen berührt, erklangen vom Gang vor ihr Schritte. Jemand näherte sich. Hier sollte also ihre kurze Glückssträhne enden.

Kapitel 7: Ungebetener Besuch

Das Mädchen zappelte, als eine Hand es packte und hochhob. Es rief und schlug um sich. Tanami spürte, wie die Angst in ihr wuchs. Sie hatte sich doch etwas zu viel zugetraut. Egal, wie sehr sie sich auch zu befreien versuchte, es hatte keinen Sinn. Denn sie war ausgerechnet an Sabin geraten, dem Kommandanten der Drachenkrieger. „Lass mich runter! Lass mich los!“ Sabin hob das verängstigte Mädchen bis auf Augenhöhe hoch. Da sie so lange von der Außenwelt isoliert gewesen waren, hatten die Drachenkrieger locker ein paar Jahrhunderte Geschichte und Evolution auf Vortex verpasst. „Ein Mädchen?“ sprach er verwundert. Welches Kind sollte eine solche Reise unbeschadet überstehen können? Das war sehr ungewöhnlich und in seinen Augen sogar verdächtig. „Woher kommst du?“ Vielleicht hatte er sie etwas zu nah an seinem Gesicht gehalten, denn mit einer schnellen, entschlossenen Handbewegung verpasste sie Sabin ein paar Kratzer in seine Wange. „Kleines Biest!“ knurrte er und warf sie mit dem Rücken gegen die Wand wie einen Sack. Tanami blieb vom Schock erstmal die Luft weg. Sie kauerte sich zusammen und zitterte vor Angst.
Eine patroulierende Wache kam vorbei, angelockt vom Lärm. „Sir, ist alles in Ordnung?“ erkundigte sich der Drachenkrieger. „Ja, es ist nur ein Kratzer. Schaff´ sie in´s Verhörzimmer.“ Tanami fing leise an zu schluchzen, als sie Sabins ernsten Tonfall hörte, der keine Zweifel an seiner Aussage aufkommen lies. Der Drachenkrieger blickte zum Mädchen und dann verunsichert zu seinem Kommandanten. „Aber, Sir... es ist doch nur ein Kind.“ Versuchte er zu protestieren. Sabin zwinkerte ihm kurz zu und er verstand, dass es nur ein Trick war. Der Krieger war sehr erleichtert, denn für einen Augenblick hatte selbst er gedacht, dass es Sabin ernst meinte. „Jawohl, Sir.“ Bestätigte die Wache seinen Befehl und spielte das Spiel einfach mal mit. Es schien etwas herzlos, doch Sabin würde schon seine Gründe haben. „Wir werden sie zum reden bringen.“ Er ging auf das Mädchen zu und wollte nach ihr greifen.
„Nein!“ schrie Tanami mit Tränen in den Augen. „Ich werde reden!“ Sabin machte sich daran, weiter zu gehen. Doch im Vorbeigehen flüsterte er der Wache noch zu „Bring sie in ein Gästezimmer und pass auf, dass sie nicht abhaut. Ich sage solange der Prinzessin bescheid.“ Die Wache schaffte das wimmernde Mädchen fort. Da Tanami nichts von der Absprache zwischen den beiden mitbekommen hatte, schrie und flehte sie noch immer.
Sabin ging den Flur entlang, als sei nichts passiert. Er hatte nicht wirklich Mitgefühl mit ihr. Sie war zwar nur ein Kind, aber das hatte nichts zu sagen. Jahrhunderte lang war niemand nach Bleak gekommen und nun auf einmal, wenige Tage nach Beginn dieser seltsamen Angriffe, tauchte sie auf. Das war schon ein ziemlich seltsamer Zufall. In seinen Augen konnte sie genau so gut eine Spionin von Devlyn sein, mit der Mission alles über ihre Verteidigungsstärke raus zu finden. Wer würde schon ein kleines Mädchen verdächtigen? Nein, sie durften kein Risiko eingehen. Zumindest, solange es keine gegenteiligen Hinweise gab. Außerdem deutete vieles darauf hin, dass sich die Lage weiter zuspitzte. Die Monster schienen von Bleak verschwunden zu sein. Doch was auf den ersten Blick wie eine gute Nachricht aussah, war ein böses Omen. Er hoffte nur, dass er sich mit seiner Befürchtung irrte und dass das nicht wirklich nur die Ruhe vor dem Sturm war.

Kapitel 8: Vorbereitungen


Sabin ging zu Ninas Zimmer, welches von Cecil bewacht wurde. „Wie geht es ihr?“ erkundigte er sich. „Sie ist endlich eingeschlafen... aber sie hat die Tafel entziffert.“ Sabin nickte. „Ich wollte mit ihr über etwas sprechen, aber das kann warten. Du solltest dich auch etwas ausruhen, Cecil. Ich werde dir eine Ablösung schicken.“ Cecil versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. Tatsächlich hatte er sich die letzten 12 Stunden nicht von der Tür entfernt. „Nina hat so hart für uns gearbeitet, was sind da schon ein paar Stunden?“ sprach er und Sabin grinste. „>Nina<, hm? Ich sehe, wir machen Fortschritte.“ Cecil wurde mit einem Male verlegen. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass sie bei ihrem Namen erwähnt hatte und nicht bei ihrem Titel. „Schon gut, Cecil.“ Sagte Sabin und legte ihm die Hand auf die Schulter, während er den jungen Kämpfer verständnisvoll anblickte. „Leg dich auch etwas hin. Es bringt nichts, wenn du vor der Tür einschläfst. Und wer weiß, wann wir das nächste Mal wieder etwas Zeit zum ausruhen haben werden.“ Cecil seufzte, denn er sah, dass sein alter Freund recht hatte. Er entfernte sich in Richtung seines Quartiers, um etwas zu schlafen.
Sabin blieb vor der Tür zu Ninas Arbeitszimmer stehen und dachte nach. Die anderen konnten ruhig etwas rasten, doch er wurde das Gefühl nicht los, dass ihnen die Zeit davon rannte. Es würde nicht schaden, wenn er ein paar Vorbereitungen treffen würde. Nur für alle Fälle. Dafür musste er aber erst erfahren, was Nina rausgefunden hatte. Leise betrat Sabin das Arbeitszimmer. Nina schlief friedlich auf dem Sofa, wo sie Cecil gelassen hatte. Ihr Schreibtisch war voll mit Zetteln und Notizen. Zwei Bücherstapel links davon, eine ausgebrannte Kerze auf der rechten Seite des Tisches.
Sabin arbeitete sich durch ihre Notizen und warf dann einen besorgten Blick zu Nina. „Hatte ich also recht.“ Dachte er sich. „Die Monster sind nicht einfach verschwunden. Sie sind zurück nach Omega. Aber warum? Weshalb zieht Devlyn sie zurück, wenn sie einen Krieg will?“ Das ergab doch keinen Sinn? Da traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag: Devlyn zog ihre Truppen ab, weil sie irgend etwas vorbereitete, was weit größer war als nur ein einfacher Krieg. Etwas, was vielleicht sogar ihre Truppen gefährden würde. Schon den ganzen Tag hatte es keine dieser seltsamen Energieentladungen gegeben. Das bestärkte ihn in seiner Vermutung, dass etwas ganz großes bevor stand. Und sie sollten besser nicht da sein, wenn es kommen würde.
Also eine Evakuierung. Es war schon davon die Rede gewesen, doch nun schien es die einzige Möglichkeit zu sein. Denn sie konnten keine Maßnahmen treffen, wenn sie nicht wussten, was ihnen bevor stand. Und nur ein Narr lies sich auf einen Kampf ein, dessen Aussichten ungewiss waren. Nichts desto trotz, er musste nicht gleich das ganze Schloss alarmieren. Es reichte erstmal, ein paar Männer mit zu nehmen und mit ihnen die Vorbereitungen für die Evakuierung zu treffen. Die anderen konnten und sollten sich ruhig ausruhen und ihre Kräfte schonen.
Ganz in der Nähe der Festung war ein kleiner Berg. Eine Steinplatte versperrte den Eingang zu einer angelegten Höhle im Berg. Sie diente in den Kriegszeiten als Lager für die Menschen, die damals noch weit verbreitetet waren. Sie hatten eine seltsame Erfindung dort gebaut. Ein Schiff, dass in der Lage sein sollte, in der Luft zu fliegen und sogar gegen Drachen zu kämpfen. Die Menschen, die es erbaut hatten, waren längst zu Staub zerfallen und es hatte sich danach nie wieder jemand dafür interessiert. Auch hatte es keinen Grund gegeben, sich dieses alte Relikt vergangener Zeiten genauer an zu sehen, so hatten die Drachenkrieger die Höhle mit ihrem Inhalt verstauben lassen.
Doch nun könnte genau dieses Relikt vielleicht ihre einzige Möglichkeit sein, den Kontinent noch rechtzeitig zu verlassen. Vorausgesetzt, es funktionierte nach all den Jahrhunderten überhaupt noch. Sabin nahm 2 Krieger und 2 Ingeneure mit. Denn nicht alle Phyrexianer in der Festung hatten sich dem Kampf verschrieben. Ein paar von ihnen waren Gelehrte und einige auch Handwerker.
Ohne jemandem bescheid zu sagen verlies er mit der kleinen Truppe die Festung und ging zur versperrten Höhle. Es kostete einige Kraft, die große Steinplatte aus dem Weg zu räumen. Dahinter sah es besser aus als er gedacht hatte. Es war wohl eine gute Idee gewesen, die Höhle zu verschließen. So war ihr Inhalt weitestgehend von der Zeit und den Gezeiten geschützt worden. Die Ingeneure machten sich gleich daran, das Flugschiff, dass den Namen „Thunder“ trug, auf seine Flugfähigkeit zu überprüfen. In den Kisten in der Höhle waren Ersatzteile, doch die meisten waren durch den Rost und die Feuchtigkeit zerfressen worden. Es gab auch einen großen Haufen schwerer Bleikugeln. Sie waren dafür gedacht gewesen, in einem seltsamen am Schiff angebrachten Apparat mit hoher Geschwindigkeit auf die Drachen abgefeuert zu werden. Doch inzwischen waren sie genau so rostig wie der Großteil des Schiffes. Zumindest war es nicht zusammen gefallen. In den Fässern daneben gab es sogar noch Öl. Ein schwieriges Stück Arbeit wartete auf die Ingeneure und so machten sie sich gleich an die Arbeit. Es dauerte Stunden, die rostigen Teile durch weniger rostige zu ersetzen, doch schließlich waren die Vorbereitungen fast abgeschlossen. So ging Sabin aus der Höhle, um Nina und die anderen zu wecken und ihnen Bescheid zu geben.
 
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Shinryu

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Kapitel 9: Die Freiwilligen

Obwohl es inzwischen Nacht war, herrschte in Vector reges Treiben. Dhaos beaufsichtigte die Umsetzung seines Plans. Er hatte ihn allerdings etwas modifizieren müssen, aufgrund der neuen Umstände. Da sie nicht wussten, woher der Angriff kommen und wo er statt finden würde, mussten sie sich einfach Gewissheit verschaffen. Es gab eine seltsame Möglichkeit, das zu erreichen. Diese Energieentladungen basierten auf irgend eine Art Magie. Also musste man den starken Schutzwall nur entsprechend mit Zaubern bearbeiten, dass er diese Entladungen anzog. Und hoffen, dass er ihnen stand halten würde. Zugegeben, der Plan hatte ein paar Risiken. Aber in so kurzer Zeit konnten sie mit keinem besseren aufwarten und dieser würde zumindest die Chance einräumen, dass dem Rest der Küstenstadt nichts passiert.
Hikaru hatte in einer Rede an die Einwohner von Vector das ganze Unternehmen und die bevorstehenden Gefahren erklärt. Sie hatte ihre Art, mit den Leuten zu reden und sie war sehr beliebt. Das Volk vertraute ihr und so kam es nicht zur befürchteten Panik. Im Gegensatz: ihrem Aufruf, dass sich Freiwillige den Arbeiten anschlossen weil es im Schloss nicht genügend Soldaten dafür gab, folgten viele. Ein paar Elfen-Hexenmeister waren darunter, die sich etwas in dem Bereich Magie auskannten, der Dhaos vorschwebte.
Doch selbst mit ein paar freiwilligen Arbeitern und Zauberern mehr ging es nicht wirklich voran. Sie hatten nicht die nötige Kraft und Qualität, um das Vorhaben zu einem Erfolg zu machen. Er brauchte stärkere, fähigere Wesen. Solche, wie es sie zu genüge im Verlies unter dem Schloss gab. Mächtige Wesen, die früher für ihre Untaten in Vector und der Umgebung dort eingekerkert worden waren. Die zu gefährlich waren, als das man sie frei laufen lassen konnte. Dhaos verlies die Arbeiten am Schutzwall und traf sich mit Hikaru. Er musste mit ihr über das Vorhaben reden, denn es war kein leichtes, so gefährliche Individuen heraus zu lassen. Er erklärte ihr, dass man womöglich erst ihren Willen brechen müsste, um sicher zu gehen, dass sie nicht auf dumme Gedanken kommen und dass er dafür etwas jenseits des erlaubten gehen musste. Hikaru war nicht glücklich darüber. Sie wusste aber auch, dass Dhaos nicht gerne Gewalt und Folter verwendete. Denn die Zeit mit ihr hatte sein Höllenfürsten-Gemüt um eine ganze Ecke umgänglicher gemacht.
Und doch verlangten die aktuellen Probleme nach dem Höllenfürsten in Dhaos und nach drastischen Maßnahmen. So stimmte sie schließlich zu, bat ihn aber, auf zu passen. Nicht, dass es da unten auch nur ein Wesen gegeben hätte, dass es mit Dhaos aufnehmen könnte. Aber sie machte sich eben Sorgen. Er ging hinab zum Verließ und seine erste Aufgabe bestand darin, die Wachleute vor den Zellen weg zu schicken. Dann „unterhielt“ sich Dhaos ausgiebig mit den gefangenen Kreaturen. Ein paar von ihnen schienen für seine Argumente nicht zugänglich zu sein und überlebten daher die unkonventionelle „Konversation“ nicht. Ihre Schreie schallten durch das Verließ und gaben den anderen genügend Gelegenheit, ihren Standpunkt zu überdenken. Dann kehrte Dhaos etwas erschöpft zurück, nachdem er von seinen Händen das Blut abgewaschen hatte. Blut... so lange hatte er keines gesehen.
Dhaos führte den Trupp Zwangsrekrutierter zur Königin. „Das sind sie.“ Erklärte er einfach nur. Ein paar von sah man an, dass sie sich nicht gleich hatten überreden lassen. Doch trotz ein paar Blessuren, Quetschungen und Platzwunden hatte er sie weitestgehend geschont, den er brauchte sie noch. Hikaru erhob sich für eine kleine Rede. Diplomatie, Taktgefühl und Höfflichkeit waren an diesen Wesen verschwendet. Härte und Disziplin war alles, worauf sie ansprechbar waren. „Ihr habt erfahren, worum es geht. Ich bin bereit, jedem von euch seine Freiheit zurück zu geben, wenn ihr diese Aufgaben erfüllen könnt.“ Die Gefangenen glaubten natürlich nicht einen Augenblick daran, dass Hikaru ernsthaft vorhatte, ihren Teil der Abmachung ein zu halten. Sie waren von Natur aus arglistig und misstrauisch. Doch ihr Angebot war aufrichtig gemeint gewesen. Dhaos führte sie wieder weg und wies sie ihren neuen Arbeitsplätzen zu. Sie waren um einiges kräftiger als die anderen freiwilligen Einwohner und ihre Zauberkräfte waren teilweise bemerkenswert. Endlich ging das Vorhaben mit der nötigen Geschwindigkeit voran, um Dhaos zufrieden zu stellen. Doch er wachte sehr aufmerksam auf jede verdächtige Aktion der Gefangenen, denn man konnte sie nicht einen Augenblick lang aus den Augen lassen.

Kapitel 10: Die diebische Katze

Honami kam in Vector an. Sie flog gleich zum Schloss und suchte ihre Eltern. Doch alle hatten es aus irgend einem Grund so eilig. Keiner schien das kleine Mädchen zu bemerken und ihre Fragen blieben unbeantwortet. So machte sie sich selbst auf die Suche. Im Empfangsraum war keiner, auch nicht in den Schlafzimmern. Zum Schluss suchte sie noch das Arbeitszimmer auf, doch das war genau so leer. Honami ging zum Fenster des Arbeitszimmers und schaute hinaus. Nun konnte sie zumindest ihren Vater sehen. Er blickte mit strengem Blick auf ein paar seltsame Wesen, die sie nie zuvor gesehen hatte und schien sehr beschäftigt zu sein. Es war wohl kein sehr guter Augenblick, um zu ihm zu gehen und ihm zu erzählen, dass sie nach Bleak geflogen waren.
Plötzlich bewegte sich der Vorhang neben ihr. Honami bekam Angst und wich nach hinten zurück. Dabei stolperte sie über etwas auf dem Boden und versuchte sich an dem fest zu halten, was sie in der Dunkelheit für das Seil des Vorhangs gehalten hatte. Doch es war kein Seil. Es war ein Schwanz. Und als sie daran zog, fauchte etwas hinter dem Vorhang und kam mit klagenden, maunzenden Geräusch und aufgerichteten Haaren hervor.
Es war Merle. Das Katzenmädchen von einst war inzwischen erwachsen geworden. Doch eines hatte sich über all die Jahre seit den Vorfällen damals nicht geändert: Ihre Überzeugung, dass es irgend einen Weg geben müsste, Tiger zurück zu holen. So lange hatte sie nach einer Spur gesucht und dann, eines Tages Hinweise auf Tigers Tagebuch gefunden. Doch immer wieder machte ihr jemand einen Strich durch die Rechnung. In Tigers Turm verpasste sie nur knapp einen Schatzsucher, der es vor ihr in die Hände bekam und damit floh. Gerade als sie ihn fast eingeholt hatte, wurde der Schatzsucher von Dämonen gefangen und sie brachten ihn mit dem Buch nach Etemenanki, außerhalb ihrer Reichweite. Die Katzendame hatte geduldig gewartet und als dann gestern endlich Kurai mit dem Buch nach Vector aufbrach, folgte sie ihm, schlich sich als blinder Passagier mit auf das Schiff und schaffte es danach sogar unbemerkt in´s Schloss. Dort hatte sie die anderen belauscht und von den Vorbereitungen erfahren. Und als fast alle das Schloss verlassen hatten, um am Schutzwall zu arbeiten, war Merle in das Arbeitszimmer gegangen und hatte das Buch an sich genommen, als auf einmal Honami rein gekommen war und sie sich hinter dem Vorhang hatte verstecken müssen. Und Merle wäre auch unbemerkt gewesen, hätte ihr Schwanz sie nicht verraten.
Die Katzendame hielt mit der einen Hand ihren schmerzenden Schwanz. „Autsch!“ Ihr standen die Haare zu Berge. In der anderen hielt sie das Tagebuch. Honami erschrak sich nur noch mehr und rannte aus dem Zimmer raus. Merle sah auch zu, dass sie von dort verschwand. Nun, da sie entdeckt worden war, gab es keinen weiteren Grund, hier zu bleiben. Sie hatte ja, was sie wollte.
Honami lief den Flur entlang und verschwand hinter der ersten Tür, die sie finden konnte. Ohne zu wissen, in welchem Raum sie eigentlich gelandet war – das spielte jetzt auch keine Rolle – lehnte sie sich mit dem Rücken an die Tür und lauschte. Sie versuchte, keinen Laut von sich zu geben und wagte kaum zu atmen. Doch das einzige, was sie hören konnte, war ein brutzelndes Geräusch. Es roch lecker im Raum. Nach gebratenem Fleisch und frischem Salat. Als sich das Mädchen umsah, erkannte es, dass es die Küche war. Köche und Gehilfen waren eifrig zugange, um das nächste Mahl vor zu bereiten und auch ihre Mutter, Hikaru, war anwesend. Sie bereitete gerade ein paar Soßen vor, nach einem speziellen Rezept. Es war ihre Art, sich von den Problemen ab zu lenken und auf andere Gedanken zu kommen.
„Mama!“ rief Honami und rannte zu ihr. Der Schrecken der Begegnung mit der Katzendame war schon vergessen. Hikaru setzte die Soßenschüssel ab, drehte sich zu ihre Tochter um und umarmte sie. „Na, seid ihr endlich zurück?“ Sie wuschelte Honami durch das Haar. Das Mädchen liebte das. „Das Essen ist gleich fertig. Sag Tanami Bescheid, ja?“ Honami blickte sie mit großen Augen an. „Tanami ist nicht mitgekommen. Sie war ganz gemein und hat mich zurück geschickt und ist zum Schloss geflogen und...“ Ihre Mutter unterbrach sie überascht. „Was für ein Schloss? Ihr solltet doch in der Nähe bleiben.“ Honami zögerte mit der Antwort. Sie hatte Angst, ausgeschimpft zu werden. Schliesslich murmelte sie, gerade noch hörbar: „Auf Bleak...“
„Was?“ rief Hikaru so laut, dass sich die Köche nach ihr umdrehten. Dann beugte sie sich zu ihrer Tochter und sprach leiser weiter. Gerüchte breiteten sich manchmal unglaublich schnell aus und so eine Nachricht wollte sie nicht unbedingt an die große Glocke hängen. „Geh in dein Zimmer. Wir sprechen später darüber.“ Sie bemühte sich, nicht böse zu klingen. Dem Mädchen blieb einen Augenblick die Sprache weg. Dann nickte sie, murmelte ein „Es tut mir leid...“ und verließ die Küche. Selbst Honami wusste, dass es dazu nichts mehr zu sagen gab. Nicht jetzt.
Hikaru legte ihre Schürze ab. Es gab jetzt dringenderes als das Kochen. Wieso mussten sie ausgerechnet nach Bleak fliegen? So oft hatte sie den Mädchen erzählt, wie gefährlich es dort ist. Und nun war Tanami da. Allein und wahrscheinlich in Gefahr. Die Königin machte sich sofort auf den Weg zu Dhaos, um mit ihm darüber zu sprechen. Sie mussten so schnell wie möglich was unternehmen.
 
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Shinryu

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Kapitel 11: Entscheidungen

„Das reicht nicht.“ Sagte Dhaos. „Der Zauber muss viel stärker sein. Wiederhole ihn!“ Der Zauberer murrte. Wie er es hasste, rumkommandiert zu werden. Doch es würde der Tag kommen, an dem er sich für all die Schmach rächen könnte. Er und die anderen Gefangenen. Was hatte der abdrüngige Elfenzauberer denn schon groß angerichtet, dass man ihn gleich monatelang einsperren und anschließend so behandeln musste? Er hatte doch nur aus Mangel an Versuchsobjekten für seine neue Zauber ein paar Monster gefügig gemacht, die für ihn andere Wesen wie Menschen und Katzen einfingen. Zugegeben, die meisten starben an den Experimenten. Doch wieso musste man das so eng sehen? Der Fortschritt verlangte eben Opfer.
Die Geschichten der anderen konnten sich auch sehen lassen. Dhaos hatte schon recht, man konnte sie nicht aus den Augen lassen. Um so besorgter war er, als Hikaru eintraf und ihm die Hiobsbotschaft mitteilte. Während sich die beiden unterhielten, hatten die Gefangenen eine willkommene Atempause. Sie nutzten sie, um sich zusammen zu setzen und einen Plan zu schmieden. Dhaos hatte ihnen mitgeteilt, was sie wissen mussten um mit der Arbeit Erfolg zu haben. Das also ein unbekannter magischer Angriff bevor stand und dieser Schutzwall ihn anziehen und so weit wie möglich absorbieren sollte. Wenn das ganze anfing – was vermutlich nicht mehr lange auf sich warten lassen würde – mussten sie nur eine Möglichkeit finden, um ihn in die Nähe des Schutzwalls zu locken und mit etwas Glück würde der Angriff den Rest übernehmen und sie wären frei.
„Ich kann sie nicht allein lassen. Du weißt wie gefährlich sie sind. Wenn ich nach Bleak fliege, ist die Stadt erst recht in Gefahr. Und du auch.“ Argumentierte Dhaos. „Aber Schatz, wir müssen etwas tun!“ bat ihn Hikaru. „Es ist unsere Tochter. Ich kann nicht warten, bis diese Mauer fertig ist. Bis dann ist es vielleicht zu spät.“ Er war in einer Zwickmühle. Natürlich hatte sie recht. Und natürlich machte er sich auch Sorgen um Tanami. „Wenn du nicht gehst, werde ich hinfliegen.“ Fügte sie noch hinzu. Dhaos seufzte. „Schon gut, ich werde mir etwas einfallen lassen, versprochen.“ Hikaru sprang ihm erleichtert um den Hals und küsste ihn. „Danke, Schatz!“ Sie hatte nicht geblufft. Sie würde allein nach Bleak fliegen, wenn es sein müsste. Aber das wäre auch für sie sehr gefährlich gewesen. Doch Dhaos mit seiner überragenden Kampfkraft würde sogar alleine dort zurecht kommen. Von diesem Gedanken etwas beruhigt, kehrte sie zum Schloss zurück.
Dhaos überlegte kurz. Er blickte auf die Meute, die sich um den Elfen-Zauberer versammelt hatte und murmelte. „Was gibt es zu bereden? Kommt hierher.“ Befahl er mit fester Stimme. Die einzige Möglichkeit, sicher zu stellen dass sie keinen Ärger machten war, sie mit zu nehmen. Die Gefangenen folgten seinem Ruf. Nicht, dass sie eine andere Wahl hatten. Auf eine weitere Demonstration seiner Überredungsfähigkeiten konnte selbst der tapferste unter ihnen verzichten. „Die Königin...“ erklärte er „hat neue Befehlte für euch erlassen. Wir werden uns auf den Weg zu Bleak machen um dort jemanden zu suchen.“ Erneut brach Gemurmel aus. Ein großgewachsener Ork ergriff das Wort. „Aber Bleak ist ein verbotener Ort. Eine Todesfalle.“ – „Das bin ich auch, für jene unter euch, die hier bleiben wollen.“ Antwortete Dhaos scharf. Mehr mussten sie nicht hören. Es war egal ob sie gleich hier starben oder am nächsten Tag in Bleak. Doch sie zogen es vor, zumindest die Möglichkeit zu haben, weiter am Leben zu bleiben und stimmten zu.

Kapitel 12: Verschwunden

Sabin blickte wie gelähmt auf das unwirkliche Bild vor ihm. Denn kaum hatte er die Höhle verlassen, sah er schon eine seltsame, magische Kuppel, die sich um die Drachenfestung gelegt hatte. Alles innerhalb der Kuppel verschwand langsam in einem Schleier aus purer Dunkelheit. Jede Hilfe wäre nun zu spät gekommen. Nach etwa zwei Minuten war alles innerhalb der Kuppel pechschwarz und man konnte nichts mehr erkennen.
Dann verschwand sie, einfach so. Und mit ihr die Festung mitsamt aller Drachenkrieger darin. „Devlyn, du Wahnsinnige!“ schrie der Kommandant hinaus. Er hatte Legenden über diese Art Zauber gehört. Ein ultimativer, verbotener Zauber, der so mächtig war, dass er praktisch ganze Landstriche zu einem anderen Ort teleportieren konnte. Je größer das Objekt und die Fläche, desto mehr Kraft war nötig, um den Zauber erfolgreich zu sprechen. Nur ein kleiner Fehler und das Objekt würde irgendwo auftauchen, nur nicht da, wo es sollte. Wenn man ganz viel Pech hatte, verschwand es sogar irgendwo in einem Raum zwischen den Dimensionen.
Tigers Volk hatte Äonen damit experimentiert, aber die Folgen waren so verheerend gewesen, dass man den Zauber für alle Zeit verbot. Vielleicht hätten sie damals auch die Aufzeichnungen darüber vernichten sollen, aber man war der Ansicht, dass die Nachwelt aus ihren Fehlern lernen sollte, um sie nicht zu wiederholen. Und das ging natürlich nur, wenn man den Fehler kannte. Im Moment beschäftigten Sabin nur zwei Fragen. War Devlyn inzwischen stark genug, um den Zauber richtig zu sprechen? Und wenn nein, wo war das Schloss hin? Es war zumindest sehr unwahrscheinlich, dass es Devlyn gelungen war, doch das beruhigte ihn nicht unbedingt.
Sabin ging zur Höhle zurück. „Wir starten sofort.“ kündigte er zornig an. Seine Hände waren zu Fäusten geballt. Devlyn würde dafür bezahlen und wenn er persönlich nach Omega reisen müsste, um mit ihr ab zu rechnen. „Aber, Sir“ warf ein Drachenkrieger ein. „Was ist mit den anderen?“ Sabin war mit einem Satz beim Drachenkrieger angekommen. Er hob ihn mühelos am Kragen hoch. „Sie sind verschwunden.“ knurrte er. „Alle! Und wir werden sie suchen. Jetzt!“ Dann setzte er den Drachenkrieger ab. „Jawohl, Sir.“ antwortete dieser immer noch etwas erschrocken. „Wie Ihr wünscht, Sir.“ Dann drehte sich der Krieger zu den anderen um. „Alle Mann auf ihre Posten!“ Mühsam hob das alte Flugschiff ab, flog durch den Höhleneingang und stieg auf. Sabin schaute aus dem Fenster auf die gähnende Leere, wo so lange seine Heimat gewesen war. „Cecil, Nina...“ murmelte er, eher zu sich selbst. „Haltet aus, wo immer ihr auch seid. Wir werden euch finden.“

-----[ Doppelpost hinzugefügt ] -----

Kapitel 13: Devlyns Zauber

Gerade als Dhaos dabei war, sich darüber Gedanken zu machen, wie er die Gefangenen am schnellsten nach Bleak bringen sollte, vernahm er vom anderen Ende der Stadt einen Knall. Dann ein zweiter und ein dritter. Inzwischen war auch die Ursache klar. Das mussten diese seltsamen Energieentladungen gewesen sein, von denen sie Kurai gewarnt hatte.
Dhaos hatte seinen Plan bezüglich des Schutzwalls zwischendurch etwas modifiziert. Ursprünglich war es geplant gewesen, dass der Schutzwall die Entladungen anzog und die darin gebundenen Zauber die Energie dämpften oder sogar absorbierten. Aber es wurde schnell klar, dass die Zauberer vor Ort denen von Altena nicht das Wasser reichen konnten. Es würde zu viel Energie übrig bleiben und so hatte Dhaos zusätzlich darauf gesetzt, den Wall so stabil wie möglich zu bauen.
Doch alles war vergebens, denn was da auf die Küstenstadt herab fiel, waren keine Energieentladungen. Es war die Drachenfestung, welche Devlyn ursprünglich im lunarischen Ozean versenken wollte und welche über Vector aufgetaucht war. Im freien Fall zerfiel die Festung. Ganze Brocken von Mauern und Türmen fielen auf die Stadt darunter herab und verwüsteten sie. Die Zerstörungen waren enorm. Trümmer fielen auf die meisten Freiwilligen und Gefangenen und begruben sie unter sich. Irgend etwas erwischte Dhaos am Kopf. Er wurde von der Wucht zu Boden geworfen und blickte instinktiv in Richtung des Schlosses. Wie durch ein Wunder war es von den Trümmern verschont worden, während von der übrigen Stadt nicht viel übrig war. Dann wurde ihm schwarz vor Augen und er verlor das Bewustsein.
Devlyn hatte sich mit ihrem Zauber mächtig verkalkuliert. Ihr General Yakura, der ein Drittel von Omega in ihrem Nahmen beherrschte, hatte sich aufgebracht bei ihr darüber beschwert – und war daraufhin an Ort und Stelle hingerichtet worden. Ihr anderer General, der über das zweite Drittel von Omega herrschte, war eine Succubus von betörender Schönheit, die auf den Namen Dariel Gloves hörte. Sie hatte schon seit einer Weile vermutet, dass etwas mit Devlyn nicht stimmte. Spätestens seit der Kriegserklärung an Vortex schien Omegas Königin aber wirklich den Verstand verloren zu haben. Einst war Devlyn eine schöne, junge Frau gewesen. Doch ihr Hass auf Tiger hatte sie und ganz Omega verdorben. Das Böse in ihr war mit der Zeit so stark geworden, dass es ihr Wesen verändert und sie zu einem Abbild ihrer Gefühle gemacht hatte. Einem abscheulichen Wesen, dass selbst die Gargoyle fürchteten, welche den Großteil der Bewohner von Omega darstellten.
Trotz all ihres Wahnsinns war Devlyn sehr mächtig. Niemand hatte sich ihr widersetzen können. Wer es dennoch versuchte, endete wie Yakura, aufgespießt auf einem Pfahl. Doch Devlyns Paranoia hatte stark zugenommen. Das ganze Land litt furchtbar darunter. Hinrichtungen waren an der Tagesordnung. Der letzte Vorfall, die Hinrichtung von Yakura – einem General – war der Funke, der auch in Dariel das Feuer des Widerstands entfachte. Devlyn war zu weit gegangen. Doch Dariel konnte nicht offen gegen sie vorgehen. Niemand konnte es – alleine. Selbst wenn man es schaffte, an Devlyn ran zu kommen, waren da immer noch die Höllendrachen, die sich die Königin hielt. Als sie sich von Vortex nach Omega zurück zog, hatte Devlyn zwei Eier von schwarzen Drachen mitgehen lassen und die Jungen dann selbst aufgezogen. Inzwischen waren ihr die Drachen bedingungslos treu ergeben. Dariel musste Verbündete finden, mit deren Hilfe Omega von der Schreckensherrschaft Devlyns befreit werden konnte.
Kaum jemand in Omega war dafür geeignet. Die Angst saß zu tief. Ein falscher Satz und man könnte sein Leben verlieren. In dieser Welt der ewigen Dunkelheit würde man eher einen sonnigen Tag sehen als ein Wesen, dass noch Mut und Hoffnung hatte. Hoffnung war eine aberwitzige Illusion, die man sich in Omega nicht leisten konnte. Nein, es musste jemand von außerhalb sein. Jemand, der die Kraft und den Willen hatte, für seine Überzeugung zu kämpfen. Jemand aus Vortex.

Kapitel 14: Hikarus Alleingang

Hikaru sass am Dhaos Bett und hielt seine Hand. Man hatte ihn Nahe des Schutzwalls gefunden, teilweise von Schutt und Steinen begraben. Er war der einzige in der Nähe des Walls, den man lebend geborgen hatte. Laut den Ärzten war die Verletzung am Kopf nicht schwer gewesen. Wieso wurde er dann nicht wach? Wieso reagierte er auf nichts? Wieso ließ er sie alleine, jetzt, wo sie ihn am dringendsten brauchte?
Die kleine Honami wachte auf. Sie war auch Hikarus Schoss eingeschlafen. „Schläft Papa immer noch?“ fragte sie. Obwohl das Mädchen nicht verstand, was passiert war, machte sie sich doch Sorgen. Hikaru nickte. „Ja, Kleines. Papa schläft noch.“ Sie wollte und musste stark sein, doch das war alles zu viel auf einmal. Was wie ein ganz normaler Tag begonnen hatte, war zu einer Katastrophe geworden. Die Stadt war zerstört, Dhaos wachte nicht auf, Tanami war verschwunden...
Tanami. Jetzt lag alles bei Hikaru. Sie hatte sich von Honami erklären lassen, wohin die zwei Mädchen geflogen waren. Leider konnte sie aber noch nicht los. Honami war verunsichert und sie wollte sie nicht allein im Schloss zurück lassen. Die einzige andere Bezugsperson für die kleine Honami war „Onkle“ Kurai.
Hikaru hatte nach Kurai schicken lassen, aber vor der Morgendämmerung würde er nicht da sein. Und sie machte sich große Sorgen wegen Tanami. Nachdem sie Honami in ihr Bett gebracht hatte, sagte Hikaru den Schlosswachen bescheid und hinterlies ein paar Anweisungen.
Daran, ein paar von den Soldaten zu ihrem Schutz mit zu nehmen, hatte sie gar nicht denken können. Zu meinen ging Hinamis Wohl und das der Stadt vor, zweitens wurden alle Leute gebraucht, um in den Trümmern nach Überlebenden zu suchen und von der Stadt zu retten, was noch zu retten war. Außerdem mussten die Toten noch begraben werden.
Hikaru brach mit gemischten Gefühlen auf. Selbst das Wetter schien sich gegen sie verschworen zu haben. Es war sehr windig und der Regen peitschte ihr in´s Gesicht. Vor dem Aufbruch hatte sie ihr Kleid gegen ihre alte, von Clef einst angefertigte Kampfrüstung eingetauscht. Wegen des schlechten Wetters brauchte sei fünf Stunden bis nach Bleak. Dort angekommen suchte Hikaru in dem Gebiet, dass ihr Honami beschrieben hatte. Aber da war nichts, bis auf eine Höhle in einem Berg.
Nichts desto trotz spürte Hikaru, dass Tanami dort gewesen war. Sie schaute sich in der Höhle nach Hinweisen um. Nach irgend etwas, was ihr sagen konnte, wo ihre Tochter war. Das Innere der Höhle wirkte wie ein großer Lagerraum. Werkzeuge und andere Materialien auf dem Boden zeigten, dass jemand in großer Eile aufgebrochen war. Sollte ihre Tochter entführt worden sein?

-----[ Doppelpost hinzugefügt ] -----

Kapitel 15: Sabin und Hikaru

Sabin und seine Leute hatten nach einem Suchraster ganz Bleak überflogen, ohne einen Hinweis auf den Verbleib ihrer Freunde zu finden. Nach stundenlanger Suche zwangen technische Probleme sie aber wieder dazu, die Höhle auf zu suchen. Das Flugschiff war doch etwas fehleranfälliger, als die Ingeneure anfangs geglaubt hatten.
Hikaru hörte den Lärm und als das Flugschiff in die Höhle zurück flog und landete, versteckte sie sich zunächst hinter ein paar Fässern. Sie sah fünf Leute heraus kommen. Einer von ihnen schien der Anführer zu sein, denn er gab den anderen Anweisungen. Es wirkte nicht so, als wären sie feindselig und so kam Hikaru hinter den Fässern hervor.
„Ein Eindringling! Ergreift sie.“ rief einer der Drachenkrieger und zwei andere wollten Hikaru ergreifen. Es bleib jedoch nur beim Vrsuch. Denn seit Dhaos vor ungefähr 20 Jahren einen Teil seiner Kraft auf sie übertragen hatte, war sie um einiges stärker geworden, als man ihr ansah und konnte sich ohne große Anstrengung vom Griff der Männer befreien.
„Wartet.“ sprach Sabin schließlich, nachdem er einsah, dass sie so nicht weiter kamen. „Wer seid ihr und was wollt ihr hier?“
Hikaru verbeugte sich leicht und stellte sich vor. „Mein Name ist Hikaru und ich bin auf der Suche nach meiner Tochter. Bitte, habt ihr sie gesehen? Sie kam gestern Nacht nicht nach Hause.“ Es war nicht schwer zu erraten, von welchem Mädchen Hikaru sprach. Aber auch wenn Hikarus Stimme aufrichtig und besorgt klang, lies Sabin Vorsicht walten. Wie konnte jemand so stark sein? „Wo ist dieses Zuhause?“ fragte er misstrauisch. Geduldig beantwortete Hikaru auch diese Frage. „In Vector.“
Der Name sagte ihnen natürlich nichts. Sie schauten Hikaru immer noch an, als wäre sie ein Überwesen aus einer anderen Welt. Ganz falsch war das auch nicht, da sie inzwischen einen Teil von Dhaos´ Kraft hatte. „Das ist auf der anderen Seite des Ozeans.“ fügte sie hinzu und nun schien den Drachenkriegern ein Licht auf zu gehen. Nur Sabin lies immer noch nicht locker. „Und wie seid ihr hierher gekommen?“ Hikaru seufzte. Sie musste Tanami finden und verlor hier anscheinend nur kostbare Zeit. „Ich habe keine Zeit für Erklärungen. Ich muss meine Tochter finden.“ Sie machte sich schon zum Eingang der Höhle auf, um den Ort zu verlassen und ihre Suche fort zu setzen.
„Ich weiß nicht, wo Eure Tochter ist, aber ich weiß, wo sie war.“ Sabins rätselhafte Worte ließen sie stehen bleiben. Er ging zu Hikaru rüber, bot ihr einen Sitzplatz an und erzählte ihr alles, was sich in den letzten Tagen zugetragen hatte, einschließlich der verschwundenen Festung und seiner Theorie dazu. Sie erzählte ihm ihrerseits, was sich in Altena und Vector zugetragen hatte. In der Zwischenzeit versuchten die Ingeneure, das Flugschiff so weit instand zu setzen, dass es über den Ozean fliegen konnte, ohne eine Landung im kühlen Nass hinlegen zu müssen. Sie gaben sich alle Mühe, doch in der Höhle gab es kaum Ersatzteile und sie konnten nicht dafür garantieren, dass das Flugschiff dieser Reise gewachsen sein würde.
Sabin hatte Hikaru zunächst nicht geblaubt, als sie sagte, sie könne fliegen. Nachdem aber das wichtigste besprochen war, widmeten sich beide wieder der Frage, wie sie Tanami und Sabins Freunde finden sollten. Eine Aufgabe, die sich als äußerst schwierig erwies.

Kapitel 16: Auf Tigers Spuren

„Wenn Tiger hier wäre, wüsste er vielleicht, wo wir suchen müssen. Es gibt hier noch Restenergie des Zaubers, aber ich kann sie nicht deuten.“ meinte Sabin. Hikaru schüttelte den Kopf. „Leider ist er seit zwanzig Jahren tot.“ Diese Nachricht traf Sabin wie ein Schlag. Sicher, Tiger war sehr lange Zeit vermisst gewesen. Aber er hatte gehofft, seinen alten Freund eines Tages wieder zu sehen.
„Dann sind die Antworten mit ihm gestorben...“ sagte er bedrückt. Da fiel Hikaru das kleine Buch, dass ihnen Kurai da gelassen hatte, ein. Sie waren daraus nicht wirklich schlau geworden. Der Dämon hatte nur eine handvoll Wörter übersetzen können und selbst bei denen war er sich nicht sicher gewesen. Kurai hatte die vermutliche Bedeutung der Wörter als Notizen in´s Tagebuch geschrieben.
Als Sabin von dem Tagebuch und den Notizen hörte, schöpfte er neue Hoffnung. „Hikaru, ihr müsst zurück fliegen und dieses Buch holen. Es darf auf keinen Fall in falsche Hände geraten. Wir kommen nach...“ er warf seinen Ingeneuren einen kurzen Blick zu. „...soweit wir hier fertig sind. Ihr seid wahrscheinlich ohnehin schneller als das da?“ Sabin hielt nun mal nicht viel von Technik. Aber Hikaru gab ihm Recht. Wenn das Tagebuch wirklich ein paar Antworten für sie hatte, würden sie damit die anderen vielleicht finden können. Sie machte sich sofort auf den Weg nach Vector, wo sie auf Sabin warten wollte. Zuvor erklärte ihm Hikaru den Weg dorthin. Was beide nicht wissen konnten: Das Tagebuch, ihre einzige Hoffnung, hatte bereits den Besitzer gewechselt. Es war bei Merle.
Die Katzendame hatte Vector schon gestern Nacht verlassen und war seither nicht untätig gewesen. Sie hatte Kurais spärlichen Notizen entnommen, dass Tiger anscheinend irgendwann einen Avatar von sich erschaffen hatte, ein Ebenbild seiner Person. Dann versiegelte er seine Energie, einen Großteil seiner Erinnerung und... noch irgend etwas anderes in sein Schwert, die Duplexklinge.
Ihre Nachforschungen hatten ergeben, dass das Schwert in einem geheimen, unterirdischen Labor von Shinra sein müsste, welches sich unter Rocket Town befand. Ein paar Shinra-Soldaten hatten ihr das erzählt, nachdem sie Bekanntschaft mit Merles scharfen Krallen gemacht hatten. Dieses kleine Dorf war nicht weit von Vector entfernt. Außerdem war es kaum erwacht, um keine Aufmerksamkeit auf das geheime Labor zu ziehen.
Gerade für Merle, die sich sehr leise und schnell bewegen konnte, war das Reinkommen in das Labor ein Kinderspiel. Ihr Ziel, Tiger zurück zu holen, war zum greifen nah. Und ihr Plan denkbar einfach. Das Schwert musste gestohlen und zerbrochen werden. Merle hoffte, dadurch etwas wieder gutmachen zu können. Sie fühlte sich schuldig für all jene, die vor zwanzig Jahren sterben mussten und die so hart gekämpft hatten. Sie hatten ihren Teil geleistet. Nur die Katzendame, die damals noch ein Mädchen war, hatte sich anschließend so gefühlt, als hätte sie nicht genug geholfen, nicht genug getan.
Nun konnte sie aber etwas tun. Merle ahnte nichts vom Bösen, dass Tiger ebenfalls im Schwert versiegelt hatte. Oder von dem Chaos, dass sie ungewollt angerichtet hatte und noch anrichten würde.

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Kapitel 17: Gefährliche Neugier

Die Explosion ihrer Raumstation „Lunarside“ vor 20 Jahren hatte Shinra einen schweren Schlag versetzt und das Raumfahrtprogramm um Jahre zurück geworfen. Vor 3 Jahren war es ihnen endlich gelungen, ein neues Raumschiff zu bauen. Sie benutzten es, um den Ereignissen um Lunarside auf den Grund zu gehen. Zeitgleich startete Shinra Expeditionen auf ganz Vortex um zu verstehen, was vor 20 Jahren wirklich passiert war. Ihre erste Expedition hatte sie in den Orbit gebracht. Dort fanden sie neben Trümmerteilen der Station auch die Duplexklinge und einen etwas angebrannten Sephiroth. Zwar war Sephiroth schon seit langem tot, der Weltraum hatte seinen Körper aber gut konserviert. Das Raumschiff brachte alle Funde zum Labor unter Rocket Town.
Die zweite Expedition führte sie in die Tiefen des lunarischen Ozeans. Dort trafen sie auf das Meervolk, welches ihnen von einer versunkenen Insel erzählte – der Todesinsel der Höllenfürsten. Shinra wurde fündig. Zwar hatten die Gezeiten die Überreste der Insel bis in den Norden getrieben, wo sie in einen Gletscher fest froren, doch nach ein paar Wochen konnte ein Teil der eingefrorenen Festung auf der versunkenen Insel freigelegt werden. Dort fanden sie zwei tote Männer, Gades und Magus, sowie die Gadesklinge – die in Gades steckte.
Die dritte Expedition führte Shinra noch weiter in den Norden. Auf den Grund eines tiefen Risses fanden sie die Überreste von Lavos. Vom Jenova-Projekt, dessen größter Erfolg und Fehlschlag zugleich Sephiroth gewesen war, war nichts übrig geblieben, nachdem sich ihre eigene Schöpfung gegen sie gestellt und die Forschungsanlagen in einem Flammenmeer vernichtet hatte.
Doch mit den Überresten von Lavos eröffnete sich für Shinra die Möglichkeit, ein ganz neues Projekt an zu fangen. Denn die Zellen von Lavos verfügten über unglaubliche Eigenschaften. Mit ihnen war es möglich, selbst tote Körper wieder so weit zu regenerieren, dass sie wieder funktionierten. Auch wenn die reanimierten Wesen nichts weiter als seelenlose Hüllen sein würden, war dies eine Entdeckung, die ungeahnte Möglichkeiten bieten könnte.
All diese Funde wurden im Geheimlabor unter Rocket Town zusammen getragen. Während ein Teil der Wissenschaftler den Versuchsobjekten Sephiroth, Magus und Gades die Lavos-Zellen injizierte, beschäftigte sich eine zweite Gruppe mit der seltsamen Wechselwirkung zwischen der Gades- und der Duplexklinge. Beide Schwerter strahlten eine böse Energie aus und zogen sich gegenseitig an, wodurch die Energie um ein Vielfaches verstärkt wurde. Shinra wollte sich diese Energie zunutze machen, um sie eines Tages als Waffe einsetzen zu können.
Den Wissenschaftlern entging dabei nur ein kleiner, aber wichtiger Unterschied. Die Gadesklinge war so gemacht worden, dass sie böse Wellen verstärkte und ausstrahlte. Die Duplexklinge aber war nur ein recht herkömmliches Schwert, dessen Kräfte gerade noch ausreichten, um die bösen Seelen darin zu behalten, die Tiger versiegelt hatte, plus dem Großteil seiner eigenen. Alles, was darüber hinaus ging, belastete das Schwert auf´s Äußerste. Und so hatten sich schon feine Risse gebildet.
Die Drachenlords Nanami, Shinryu und Omega, die für so lange Zeit dort gefangen waren, spürten, dass ihre Zeit der Verbannung bald enden würde. Der Tag, an dem das Schwert zerbrechen würde.

Kapitel 18: Außer Kontrolle

Merle huschte unbemerkt durch die Gänge des unterirdischen Labors. Es war viel größer als sie erwartet hatte und bei all den Gängen, Türen und Räumen war es nicht leicht, sich nicht zu verirren.
Hinter einer der Türen hatte das Grauen auf sie gewartet: Sephiroth. Er saß auf einem Stuhl wie eine Schaufensterpuppe, ohne jede Regung. Merle hatte auch nicht vor, dort Wurzeln zu schlagen, bis Sephiroth doch irgend etwas tat. Sie wusste nicht, was er da zu suchen hatte und warum er nicht tot war, aber seine bloße Anwesenheit strahlte eine unnatürliche Kälte aus und jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Ihr schlug das Herz bis zum Hals.
Vorsichtig und langsam, ohne hastige Bewegungen, ging Merle rückwärts in Richtung der Tür, um den Raum zu verlassen. Sie lies dabei Sephiroth nicht aus den Augen, immer bereit, beim ersten Anzeichen von Gefahr die Flucht zu ergreifen. Merle konnte ja nicht wissen, dass er nur eine leblose Hülle war, genau wie Gades und Magus, die in anderen Zimmern untergebracht waren.
Fast an der Tür angekommen, fühlte sie etwas, dass sie am Rücken piekste. Es war der Kleiderständer neben der Tür, an den sie beim Rückwärts rausgehen gekommen war. Er geriet in´s Schwanken und bevor sich Merle umdrehen konnte um ihn zu fangen, fiel er schon um. Ausgerechnet in eine Scheibe. Es klirrte und krachte. Ein Wissenschaftler kam aus einem Hinterzimmer heraus, um nach dem rechten zu schauen. „Bill“ murrte er. „Was hast du nun schon wieder angestellt?“ Doch es war nicht sein Gehilfe Bill. „Verdammt, wer bist du?“ rief er. „Wachen, Wachen!“ Merle war schon wieder entdeckt worden. So kurz vor ihrem Ziel. Und wieder blieb ihr keine andere Wahl als die Flucht. Sie hetzte durch die Gänge und hatte schon die Hälfte des Weges zum Ausgang hinter sich gebracht, gefolgt von hastigen Schritten, als ihr klar wurde, dass sie sich in diesem Labyrinth verirrt hatte.
Merle betrat einen großen Raum. Ein Generator war in der Mitte des Raumes und gab ein summendes Geräusch von sich. Ein komplizierter Apparat davor hielt die zwei Schweter in einer idealen Entfernung zueinander fest. Ihre Wechselwirkung betrieb den Generator. Die Katzendame erkannte eines der Schwerter als das von Tiger wieder. Sie versuchte, es von dem stählernen Griff des Apparats zu lösen, aber es ging nicht. Ihre Verfolger schienen sie zwar für´s erste verloren zu haben, aber Merle wusste, dass das Glück meist nicht gerade auf ihrer Seite stand.
Um keine Zeit zu verlieren, begann sie, eines nach dem anderen die Knöpfe am Gerät zu drücken und gleichzeitig am Schwert zu ziehen. „Lass schon los, du blöde Blechkiste.“ schimpfte sie und trat dagegen. Nichts tat sich. Es gab nur noch einen Hebel, den sie noch nicht ausprobiert hatte. Merle zog daran. Und tatsächlich, es tat sich etwas. Ein paar rote Lämpchen am seltsamen Gerät fingen an zu blinken. Es setzte die Metallgriffe in Bewegung und brachte die Schwerter immer näher zueinander. Die erzeugte Energie vervielfachte sich und zwischen dem Generator und den Schwertern entstanden Blitze. „Nein, hör auf!“ schrie Merle das Gerät an. „Zurück!“ Sie zog so hastig am Hebel, dass er abbrach. Merle warf den Hebel zornig auf den Boden. „Blöde Blechkiste!“ fauchte sie.
Die Blitze wurden stärker und ließen die Lampen und Leuchten im Raum zerspringen. Der Generator vibrierte und fing an, zu glühen. Und die Klinge von Tigers Schwert gab knisternde Geräusche von sich. Inzwischen hatten die Wachen den Raum erreicht, gefolgt von ein paar Wissenschaftlern.
„Was hast du getan?“ rief einer der Wissenschaftler und starrte entsetzt auf den Generator und den abgebrochenen Hebel. „Raus! Wir müssen alle raus.“ In diesem Augenblick berührten sich die zwei Schwerter. Die Duplexklinge zerbrach und ihre Scherben fielen zu Boden. Aus ihnen erhob sich eine einzelne, pulsierende Lichtkugel. Doch schon gleich darauf lösten sich von ihr drei kleinere, dunkle Lichtkugeln und schossen durch die Wände. Zurück blieb die schwach leuchtende, helle Lichtkugel, die den Eindruck erweckte, als könne sie sich jeden Augenblick auflösen. Die Nieten, die den Generator zusammen gehalten hatten, schossen heraus und die Wissenschaftler und Wachen flüchteten. „Oh, oh.“ meinte Merle. „Ich hau´ besser auch ab.“ Dann folgte sie den anderen.

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Kapitel 19: Endstation Vergessenheit

Das lange Warten war vorbei. Nach 400 Jahren Verbannung waren die Drachenlords wieder frei. Als das Schwert zerbrach, hatte Tigers Seele versucht, die Energien der Drachenlords zusammen zu halten. Doch die lange Verbannung hatte sie alle sehr geschwächt. Sie würden alleine erlöschen, einfach aufhören zu existieren. Die Drachenlords suchten fast panisch nach einem Zufluchtsort, um das zu verhindern. Sie fanden ihn zu ihrer großen Überraschung auch. In den leeren Hüllen von Gades, Magus und Sephiroth, die dafür wie geschaffen waren. Gut, es waren keine Drachenkörper und es würde darin etwas eng werden. Aber in Anbetracht der Ansicht ihrer Auslöschung als Alternative waren die Drachenlords alles andere als wählerisch.
Tigers geschwächte Seele hatte nicht so ein Glück. All sein Wissen würde mit seinem Bewusstsein in höchstens einer Minute verschwinden. Sein einziger Trost in diesem Desaster, dass schlimmer nicht hätte kommen können, war eine besondere Eigenschaft seiner aktuellen Situation. So als Seele hatte man den Vorteil, befreit von den Barrieren von Raum jeden Ort auf Vortex in sekundenschnelle zu erreichen. Und jede Sekunde zählte. In den ersten 30 Sekunden bereiste Tiger ganz Vortex und Teile von Omega und erfuhr, was sich zugetragen hatte. Er erkannte auch Devlyns Energie und wusste, was zu tun war. Doch es blieb nicht genug Zeit, es jemandem zu erzählen. Tiger flog so schnell er konnte zu Sabin. Um jedoch von einer leuchtenden Energiekugel zur geisterhaften, durchsichtigen Gestalt seiner Selbst zu wechseln, die nötig war, damit er mit Sabin sprechen konnte, brauchte er wieder kostbare Sekunden.
Sabin wurde bleich, als Tigers Geist vor ihm erschien. Eine flüsternde, kaum hörbare Stimme erklang. „Nina ist auf Omega. Benutze das Portal. Mein Tagebuch... Finde Merle in Rocket Town. Hikaru wird dir...“ Dann war die Stimme nicht mehr zu hören. Wie eine Illusion verblasste die durchsichtige Gestalt. „Tiger!“ rief Sabin, doch da war sie schon verschwunden. Nun wurde ihm klar, dass er seinen alten Freund wirklich das letzte Mal gesehen hatte. Und sein Herz füllte sich mit einem Male mit großem Schmerz. Seine Beine schienen ihren Dienst versagen zu wollen und er fiel auf die Knie. Sabin hatte seinen Freund verloren, Nina ihren Vater und Vortex seinen Beschützer.
„Das ist nicht fair.“ sprach Sabin leise. „Wie soll ich das Nina nur sagen?“ Schweren Herzens richtete sich Sabin wieder auf und schüttelte den Kopf. Es gab einen Zeitpunkt der Trauer für die Toten und er würde unweigerlich kommen. Aber nicht hier und nicht jetzt. Jetzt zählten erst mal die Lebenden. Darauf musste er sich konzentrieren, wenn nicht auch Nina und die anderen Tiger Gesellschaft leisten sollten.
Nina und die anderen waren also in Omega – auf dem Präsentierteller. Von allen Möglichkeiten, wo sie durch Devlyns fehlgeschlagenen Zauber hätten auftauchen können, war diese die schlechteste und gefährlichste gewesen. So dachte er zumindest. Hätte Sabin gewusst, dass die Drachenfestung mit ihrer „Landung“ in Vector ein weit schlechteres Schicksal ereilt hatte als ihre Bewohner, wäre er vielleicht ganz zufrieden mit dem Ergebnis gewesen.
Was hatte Tiger noch gesagt? Ein Portal. Ja, im Tagebuch würde vielleicht stehen, wie sie eines erschaffen könnten. Aber wer war diese Merle? Und wo war Rocket Town? Vielleicht wusste Hikaru mehr. Sie war erst vor einer halben Stunde aufgebrochen, also sicher noch unterwegs. Und nach allem, was Sabin inzwischen wusste, flog sie vergeblich nach Vector. Denn da war das Tagebuch anscheinend nicht. Er kehrte zur Höhle zurück, die er zuvor verlassen hatte, um im kühlen Morgenwind seine Gedanken zu ordnen. Doch nach der Begegnung mit Tigers Geist war alles nur noch komplizierter geworden.
„Wie weit sind wir?“ fragte er die Ingeneure, die am Flugschiff bastelten. „Sir, wir haben getan, was wir konnten.“ Antwortete einer. „Aber wir wissen nicht, ob es gut gehen wird.“ Trotz ihrer Bedenken lies er das Flugschiff wieder starten, um Hikaru nach zu fliegen. „Es wird klappen.“ sagte er zu sich. „Es muss klappen.“

Kapitel 20: Ein Licht in der Dunkelheit

Dariels Informanten hatten ihr mitgeteilt, dass verschiedene Leute, die irrtümlich in Omega gelandet waren, inzwischen gefasst wurden. Es war von vier Wesen aus Vortex die Rede. Vielleicht waren es die Verbündeten, auf die sie gehofft hatte. Aber würden sie überhaupt die Kraft haben, sich Devlyn entgegen zu stellen? Schließlich waren sie geschnappt worden. Aber die Informanten hatten noch mehr zu erzählen. Sie sagten, die Fremden wären sehr verletzt gewesen und konnten keinen Widerstand leisten, als sie aufgelesen wurden. Was mochte ihnen wohl zugestoßen sein? Vielleicht sollte Dariel sie einfach selbst fragen. Aber sie musste sich beeilen, denn sie wurden von Devlyns Soldaten schon zur Hauptstadt gebracht. Würden die Fremden erst hinter den Mauern der Stadt sein, dann gäbe es keine Chance mehr, sie als Verbündete zu gewinnen.
Dariel musste also versuchen, die Gefangenen zu befreien, solange sie noch unterwegs waren. Dem Bericht zufolge wurden die Fremden von 6 Gargoyles bewacht. Bei dieser Befreiungsmission durfte nichts schief gehen. Sollte auch nur einer von ihnen entkommen und berichten können, was vorgefallen war, würden Köpfe rollen, darunter auch ihr eigener. Um sicher zu stellen, dass so etwas nicht passierte, beschloss die Succubus, die Mission selbst zu leiten. Sie wählte 9 fähige Krieger aus, dann ging die Gruppe in die Ställe. Dort warteten schon ihre Flugtiere.
Die Nachtmähren waren entfernt mit Pferden verwand. Sie waren fast so schwarz wie die allgegenwärtige Dunkelheit in Omega und würden ihre feuerroten Augen sie nicht verraten, dann hätte man sie leicht übersehen können. Ihr Körper war in schwarzen Flammen gehüllt, aber sobald eines dieser ungewöhnlichen Tiere gezähmt war, wurden die Flammen für den Reiter kalt, so dass er sich daran nicht verbrannte. Wie das den Nachtmähren gelang, war nicht bekannt. Genau so wenig wusste man, durch welche Kraft sie es schafften, über den ewigwährenden Nachthimmel zu gallopieren. So manches Mal, wenn man glaubte, eine große, schwarze Wolke über den Himmel ziehen zu sehen, war es in Wirklichkeit eine der wilden Nachtmähr-Herden.
Doch die insgesamt 15 Nachtmähren in Dariels Stall waren allesamt gezähmt. So hatte die tapfere Gruppe keine Probleme damit,. sie zu besteigen und los zu reiten. Ganz in schwarz angezogen, waren Dariel und ihre Krieger fast unsichtbar. Und was die Nachtmähren anging, man hatte ihnen beigebracht, auf ihre Instinkte und auf ihre Reiter zu vertrauen. Dieses Vertrauen ging so weit, dass sie den Pferden Klappen aufsetzen konnten, wodurch nicht mal mehr die roten Augen ihre Position verrieten.
Abgesehen von den 9 Succubi, die Dariel mit sich nahm, war niemand in ihrem Reich über die Mission und Dariels Ziele informiert. Zu groß war die Gefahr, dass Informationen durchsickern konnten. Und wenn die Mission klappte, würde sie mit Hilfe der Fremden vielleicht Devlyn stürzen können. Es musste alles schnell gehen. Je schneller sie die Gefangengen befreiten, desto mehr Zeit hätten sie, bis Devlyn Verdacht schöpfen würde. Denn danach würde es wohl wieder willkürliche Hinrichtungen geben. Nein, das ganze musste ein Ende haben. Hoffentlich waren die Fremden trotz ihrer Verwundungen noch fit genug, um ihren Zweck zu erfüllen. Sie würde sicher keine Zeit haben, sie gesund zu pflegen.

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Kapitel 21: Das Trio des Schreckens

Die Drachenlords hatten das Labor sofort verlassen. Gerade noch rechtzeitig, denn die Explosion des Generators brachte große Teile der Anlage zum Einsturz. Auf der Oberfläche herrschte in Rocket Town Panik. Die Leute hatten die Erschütterung für ein natürliches Erdbeben gehalten und waren hinaus auf die Strassen gegangen.
Dort blickten sie verwundert auf das Drachentrio. Omega, der stärkste der drei, lies seine Finger knacken. Er war in Gades´ Körper gelandet. „Ist das nicht herrlich?“ fragte er Nanami. „Diese unglaubliche Kraft!“ Shinryu, der Magus´ Körper bekommen hatte, betrachtete seine Hände. „Na, ich weiß nicht. Diese Körper sind so unbequem.“ Nanami strich sich durch die langen, weisen Haare und warf sie sich dann mit einer Kopfbewegung über die Schulter. „Du bist doch nur neidisch.“ meinte sie frech, sich in Sephiroths Körper sichtlich wohl fühlend.
„Schluss jetzt.“ Sprach Omega. „Testen wir doch unsere neuen Kräfte.“ Nanami strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und fügte hinzu: „Und wir haben schon lange nichts mehr gegessen.“ Shinryu schwieg nachdenklich und zögerte. „Was ist los?“ erkundigte sich Omega. „Ach, nichts. Schon okay.“ Antwortete Shinryu, aber man konnte heraus hören, dass ihn etwas beschäftigte. Dann legten sie los.
In der Zwischenzeit versuchten die Ingeneure an Bord der Thunder, das Flugschiff davon ab zu halten, während des Fluges auseinander zu fallen. Es flog mit Höchstgeschwindigkeit, um Hikaru ein zu holen. Doch dafür war es nicht annähernd schnell genug. Hikaru hatte Vector erreicht. Der Morgen dämmerte an. Überall hörte man Klopfen, Hämmern und Sägen. Die Überlebenden hatten alle Hände damit zu tun, ihre Stadt wieder auf zu bauen. Ob Honami trotz des Lärms noch schlief? Hikaru schlich sich in ihr Zimmer und fand ihre kleine Tochter tatsächlich schlafend vor. Dann schaute sie bei Dhaos vorbei. Auch sein Zustand war unverändert. Nachdem sie sich etwas zu Frühstück gemacht hatte, überprüfte Hikaru den Stand der Reparaturen in Vector. Es ging nur langsam voran. Dass ihr König nicht erwachte, hatte die Leute verunsichert. Solange er über die Stadt wachte, traute sich kaum jemand, die Stadt an zu greifen. Und wenn doch, kam er nicht weit. Aber jetzt war die Stadt zerstört und viele Soldaten gefallen. Würde Hikaru sie beschützen können – erst recht nach dem Drama um ihre verschwundene Tochter?
Natürlich sollte das eigentlich keiner wissen. Weder Tanamis Verschwinden, noch den Zustand von Dhaos. Aber die wenigen, verbliebenen Soldaten, von denen viele bescheid wussten, waren in der Stadt im Einsatz und versuchten, sie mit den Bürgern auf zu bauen. Da war es wohl unvermeidlich, dass auch geredet wurde. Oder vielleicht hatte sich auch jemand im Chaos in´s Schloss geschlichen, in der Hoffnung, etwas wertvolles rauben zu können und dabei das eine oder andere gehört.
Denn als hätte die Zerstörung durch Devlyns Zauber nicht ausgereicht, gab es noch ein paar Leute, die nichts besseres zu tun hatten, als die Lage aus zu nutzen, Häuser zu plündern und die anderen Bürger zu überfallen. Vector war nicht mehr sicher. So manche hatten es erkannt, ihre Habseligkeiten gepackt und die Stadt verlassen. Einer von ihnen war unterwegs nach Rocket Town.
Hikaru kehrte in´s Arbeitszimmer von Dhaos zurück, wo sie das Tagebuch das letzte Mal gesehen hatte. Doch es lag nicht mehr auf dem Tisch. Weder darunter, noch in einer der Schubladen. Während sie sich umsah, fiel ihr Blick auf den Vorhand neben dem Fenster. Da war doch etwas am Vorhang? Sie ging rüber und schaute es sich genauer an. Es waren Katzenhaare.

Kapitel 22: Himmlischer Beistand

Jemand klopfte zaghaft an die Tür. Hikaru kannte die Art klopfen genau und wusste, wer es war, noch bevor sich die Tür langsam öffnete. Honami stand da, in ihrem Schlafanzug. „Mami, bist du noch böse auf mich?“ fragte sie vorsichtig und schien traurig zu sein. Hikaru ging zu ihr rüber, hob sie hoch und setzte sich auf einen Sessel, Honami auf ihren Schoss absetzend.
„Ich bin nicht böse auf dich, mein Engel.“ sprach sie sanft auf das Kind ein. „Ich mache mir nur große Sorgen um euch. Bleak ist kein Ort zum spielen.“ Das Mädchen nickte. „Es tut mir leid. Ich bin in der Nacht aufgewacht, aber du warst nicht da.“ Hikaru beschloss, ihr die Wahrheit zu sagen. „Ich habe Tanami gesucht, aber ich habe sie noch nicht gefunden.“ Honami wirkte, als würde sie jeden Augenblick anfangen zu weinen. „Es ist alles meine Schuld.“ Ihr fehlte ihre große Schwester. Hikaru drückte sie sanft an sich und streichelte ihr über´s Haar. „Wir werden sie finden und alles wird wieder gut.“
Eine Wache stand vor der offenen Tür und hatte diese Szene beobachtet. Es gab eigentlich etwas wichtiges zu berichten, aber sie sagte kein Wort. Sie wollte in diesem Augenblick, der auch so schon schwierig genug für die beiden war, nicht stören. Es war eine Soldatin und da sie selbst Mutter war, konnte sie die Situation gut verstehen und nachfühlen.
Als Hikaru die Wache bemerkte, die geduldig wartete, lies sie Honami runter. „Jetzt geh dich erstmal umziehen und frühstücken“ – „Okay, Mami.“ sagte das Mädchen. Honami wirkte etwas verändert. Diese letzten Vorfälle hatten ihr auf eine recht grausame Art beigebracht, dass es besser war, auf ihre Eltern zu hören. Sobald Honami das Zimmer verlassen hatte, trat die Wache näher. Sie verbeugte sich formell, wie es üblich war. „Euer Hochheit, Euer erwarteter Besuch ist eingetroffen. Es kam noch jemand anderes mit ihm. Sie warten im Gästezimmer.“ Jemand anderes? Wen könnte Kurai mitgebracht haben? Und wozu? Vielleicht war es Arakune. Hikaru bedankte sich bei der Wache und machte sich auf dem Weg zum Gästezimmer. Es gab viel zu besprechen und sie konnte etwas Hilfe gut gebrauchen.
Vor der Tür zum Gästezimmer blieb sie stehen, denn etwas ungewöhnliches lag auf dem Boden. Es war eine weise Feder. Anscheinend hatte Kurai einen Engel mitgebracht. Hikaru hatte in den letzten 20 Jahren erst einmal einen Engel gesehen und es hieß, dass es auf ganz Vortex nicht mehr als 10 gab. Sie waren etwas ganz besonderes. Boten des Himmels, die das Himmelreich aufgegeben hatten, um die Völker auf Vortex vor Gefahren zu warnen. Jeder von ihnen verdiente für ein so hohes und selbstloses Opfer Respekt und Anerkennung.
Hikaru öffnete die Tür und trat ein. „Guten Morgen, Kurai. Danke, dass du so schnell kommen konntest.“ Dann wandte sie sich an den Engel. Er wirkte viel imposanter und mächtiger als der eine, den sie vor vielen Jahren getroffen hatte. „Euch danke ich auch, hoher Engel.“ Kurai lachte. „Du ahnst gar nicht, wie recht du hast.“ sagte er. „Das ist Alexiel-sama.“ Alexiel, die höchste unter den Engeln. Ihre Kraft war der von Dhaos ebenbürtig.
Alexiel zog es vor, zu stehen. Ihr würden beim sitzen ohnehin die Flügel im Weg sein. Kurai hatte es sich gemütlich gemacht. Er wurde aber wieder ernster, als er merkte, dass Hikaru nicht nach Lachen zumute war. Sie nahm ebenfalls Platz und Alexiel ergriff das Wort. „Einst kämpften viele deiner Freunde mit dir, um diese Welt zu retten. Nun werden wir kämpfen, um deine Tochter zu retten.“

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Kapitel 23: Die Drachenlords kommen

Hikaru wollte sich gerade dafür bedanken, als die Tür aufging und eine Wache rein kam. Keine Frage ob sie störte, kein klopfen. Ein sehr ungewöhnliches Verhalten. Der Soldat hatte Angst, das hörte man in jedem seiner Worte. Doch nicht etwa, weil er befürchtete, bestraft zu werden. „Jemand hat Rocket Town angegriffen!“ rief er. „Drei Männer. Sie haben alle getötet und... und...“Der Mann schüttelte den Kopf, um die Bilder des Grauens, die er dort gesehen hatte, zu verbannen. „...es war furchtbar. Sie haben mich am Leben gelassen, um der Welt zu erzählen, dass die Drachenlords zurück sind. Euer Hochheit, sie werden als nächstes hierher kommen. Wir sind alle des Todes!“
Ohne eine Vorwarnung zog Alexiel ihr heiliges Schwert und führte es blitzschnell zum Hals der Wache. „Hör auf zu winseln!“ Der Mann zog den Kopf weg, die oberflächliche Schnittwunde am Hals in Kauf nehmend, nahm die Beine in die Hand und rannte aus dem Zimmer, aus dem Schloss und schließlich auch aus der Stadt. Währenddessen schrie er unablässig: „Rettet euch, die Drachenlords kommen!“
Hikaru und Kurai waren beide zu jung, um zu begreifen, was die Worte des Soldaten zu bedeuten hatten. Die Geschichte um die Drachenlords war schon fast vergessen. Nur noch wenige Gelehrte, die sich mit Mythen beschäftigt hatten, kannten sie noch. Denn dazu war sie inzwischen geworden. Zu einem Mythos, dessen tatsächlichen Wahrheitsgehalt man praktisch ausschloss. Für Alexiel jedoch war es so, als sei das alles erst gestern passiert. Im Himmel behielt man die Ereignisse auf Vortex stets im Auge und so wusste sie auch um Tigers Opfer. Sie wusste allerdings auch um die Gefahr, die von den Drachenlords ausging, sollten sie es irgendwie geschafft haben, sich zu befreien.
Hikaru wirkte ratlos. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. In der zerstörten Stadt war durch die Worte des Soldaten erneute Panik ausgebrochen. Selbst die mutigsten unter ihnen sahen sich nun veranlasst, ihre Einstellung zu überdenken und vielleicht doch besser ihr Heil in der Flucht zu suchen. Kurai war bis zum Fenster gegangen und hatte das meiste davon vom Turm des Schlosses aus gesehen, in dem sich das Gästezimmer befand. Er schüttelte den Kopf. „Der Mann muss verrückt geworden sein.“ Doch Alexiel schien beunruhigt. „Vielleicht auch nicht. Ich werde nachsehen.“ Das war Kurais Stichwort. Er drehte sich auf der Stelle um und blickte den Engel voller Tatendrang an. „Dann werde ich euch begleiten, Alexiel-sama.“ Alexiel lies das heilige Schwert durch Magie verschwinden. „Hast du den Grund unserer Reise vergessen?“ tadelte sie den Dämon. „Hikaru braucht deine Hilfe mehr.“ – „Ihr habt wie immer Recht.“ sagte Kurai kleinlaut. „Aber passt bitte auf Euch auf.“ Alexiel nickte. „Und du auf dich und Hikaru.“ Dann nahm der hohe Engel eine seiner Federn in die Hand und formte daraus eine kleine Kapsel. „Aber, Alexiel...“ wollte der Dämon protestieren. „Nein, nimm sie.“ Widersprach sie ihm. „Wie willst du sonst Hikaru helfen? Willst du ihr vielleicht mit dem Schiff folgen?“ Auch da hatte sie recht. Hikaru konnte fliegen, Kurai nicht. Deshalb hatte es auch Stunden gedauert, bis sie eintrafen. Doch so würde er Hikaru nur aufhalten. Kurai schluckte die Kapsel. Damit ging genug von Alexiels Kraft auf ihn über, um auch ihm das fliegen zu ermöglichen.
„Fliegt voraus, ich komme nach.“ sagte der Engel. „Wahrscheinlich sind es nur Hirngespinste.“ Dann flog sie los. Kurai testete seine neue Fähigkeit, doch da es sein erster Versuch war, war er damit etwas unbeholfen. Der Dämon stieg empor, ohne es wirklich steuern zu können und stieß mit dem Kopf an die Decke, rumzappelnd, um wieder runter zu kommen. „Ich... ähm...“
Hikaru lächelte. Die Lage mochte noch so ernst sein, doch dieser Anblick war einfach komisch. „Übe ruhig noch etwas. Ich muss Honami noch sagen, dass ich wieder gehe.“ Kurai nickte, krallte sich mit den Klauen an die Wand und versuchte, auf diese Art wieder auf den Boden zu kommen. „Ich werde hier sein.“ Das glaubte ihm Hikaru auf´s Wort. „Zum Glück sind die Fenster zu.“ dachte sie sich und musste bei der Vorstellung lachen, wie sie versuchte, den Dämon wie einen entflohenen Ballon wieder ein zu fangen.

Kapitel 24: Ihr letzter Kampf


Die verbliebenen vier Gargoyles bildeten einen Schutzkreis um den Käfig auf Rädern, in dem sie die verwundeten Gefangenen wie Tiere eingepfercht hatten. Zwei waren zuvor von den Nachtmähren niedergetrampelt worden und bevor sie sich aufrichten konnten, hatten ihnen die darauf reitenden Succubi den Rest gegeben. Trotzdem war der Überraschungsangriff alles andere als ein Erfolg gewesen. Viele Succubi waren im darauffolgenden Kampf gefallen und entweder kampfunfähig oder tot. So standen Dariel gegen die vier verbliebenen Gargoyle nur noch zwei Kriegerinnen zur Verfügung.
Zu dritt umkreisten sie die Gargoyle, auf einen guten Augenblick für einen Angriff wartend. Doch auch ihre Gegner waren inzwischen vorsichtiger geworden und hatten sich der Situation angepasst. Sie konnten die Succubi und die Nachtmähren in der Dunkelheit zwar kaum ausmachen, doch sie lauschten sehr genau in die Nacht hinein. Zwei von ihnen brachen plötzlich aus der Verteidigungsposition heraus und schnellten mit ihren Krallen in Richtung eines vernommenen Geräusches. Schreiend brachen Pferd und Reiterin zusammen. Es lief alles andere als gut. Dariel gab der letzten Succubus den Befehl, ab zu steigen. Bis jetzt hatte ihnen der Kampf in der Luft nicht wirklich viel gebracht. Vielleicht würde es auf dem Boden besser laufen.
Vorsichtig näherten sich die Succubi den Gargoyle. Da Tarnung inzwischen nutzlos war, legten sie die schwarzen Umhänge ab. „Dariel?“ sprach einer der Gargoyle, der sie erkannt hatte. Ihr Ruf eilte ihr voraus, denn schließlich war sie eine Generälin und kein einfacher Succubus. „Ihr steckt hinter diesem feigen Angriff?“ Wenn es Dariel gelingen würde, sie zu verunsichern, würden sie vielleicht einen entscheidenden Fehler machen. Nun, sie war stark. Aber sicher nicht so stark, als dass sie es mit vier Gargoyles aufnehmen konnte. Ihr großer Vorteil war, dass die Gargoyle das nicht wussten.
„Ich werde diese Leute nicht Devlyns Wahnsinn überlassen. Gebt sie frei!“ sagte sie mit fester, entschlossener Stimme. Der Gargoyle, der anscheinend das sagen hatte, lies sich davon nicht beeindrucken. „Ihr werdet für diesen Verrat bezahlen. Ergreift sie.“ Seine Männer jedoch schienen seine Zuversicht nicht zu teilen. Zwei von ihnen waren zurück gewichen und damit gefährlich nahe an den Holzkäfig gekommen. „Weg vom Käfig, ihr Narren!“ rief der Anführer, aber da war es schon zu spät. Jemand griff durch die Balken, legte seine Arme um die Hälse der Gargoyle, drückte sie zurück und schnürte ihnen die Luft an.
Es war Cecil. Auch wenn er beim Sturz aus luftiger Höhe einiges abbekommen hatte, Nina war weit schlimmer dran. Obwohl er zu ihrem Schutz eingeteilt war. Sein Zorn hatte ihm die Kraft für diesen Angriff gegeben. Die zwei Gargoyle schnappten nach Luft und versuchten, sich zu befreien, aber es gelang ihnen nicht. „Dumme Anfänger.“ fluchte der Anführer und wollte ihnen zur Hilfe eilen. Dabei machte er den Fehler, Dariel den Rücken zu kehren. Im nächsten Augenblick schoss ein Schmerz durch seinen Körper. Aber nur den Bruchteil einer Sekunde, denn danach hatte ihm Dariel den Kopf abgeschlagen und ihn von seinen Schmerzen erlöst. „Ihr sagtet ja, es würden Köpfe rollen.“ Meinte die verbliebene Succubus zu Dariel.
Der letzte Gargoyle konnte leider fliehen. Er verschwand in der Dunkelheit und flog so hoch, dass ihn die Succubi nicht erreichen konnten. Dariel gab ihrer Kriegerin trotzdem den Befehl, ihn zu verfolgen und sobald wie möglich zu töten. Es durfte keine Zeugen geben. Sie selbst bleib beim Käfig mit Cecil und Nina und nahm dem toten Gargoyle-Anführer den Schlüssel ab. Dann ging sie damit zum Käfig. „Krieger aus Vortex.“ sprach Dariel zu ihm. „Ich bin hier, um dich und deine Freunde zu befreien.“ Aber hier waren nur zwei. Ihr war von vier Leuten erzählt worden. „Wo sind die anderen?“ Erkundigte sich die Generälin.
Cecil hatte die inzwischen erwürgten Gargoyles los gelassen, welche daraufhin zu Boden fielen. Er kniete über Nina, seinen eigenen Schmerz ignorierend. Sie hatten wild um sich geschlagen und ihm dabei mit ihren Krallen ein paar Wunden an den Armen zugefügt. „Ich weiß es nicht. Sie haben sie in einem anderen Käfig gesteckt und weg gebracht. Was... ist nur passiert? Wo sind wir hier?“ Dann wurde seine Stimme lauter und zorniger. „Und warum das alles?“

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Kapitel 25: Dariels Entscheidung

Dariel warf einen Blick auf die junge Frau, die Cecil in den Händen hielt. Sie würde ohne Hilfe wahrscheinlich bald sterben. Doch Cecil schien noch gut genug bei Kräften zu sein oder zumindest den Willen zu haben, um ihr bei ihren Plänen behilflich zu sein. Zwar war er sehr verwirrt und würde wahrscheinlich nicht kooperieren und noch wahrscheinlicher war, dass er beim Angriff auf Devlyn selbst sterben würde, doch das war alles kein Problem. Schließlich war sie eine hochrangige Succubus. Es gab kaum ein männliches Wesen, dass ihrem Zauber widerstehen konnte. Zu schade, dass die Gargoyle gegen solche Bezauberungen immun waren.
Doch war es das, was sie wollte? Unschuldige sterben lassen und andere in den Tod schicken? War sie dann nicht genau so schlimm wie Devlyn? Dariel versuchte sich zu sagen, dass der Zweck die Mittel heiligte. Es würden Opfer erbracht werden müssen, um Devlyn zu stürzen. Aber als sie Cecil betrachtete, wie er Nina in seinen Händen hielt und verzweifelt den Kopf schüttelte... da sah die Generälin ein, dass sie ihren Plan nicht ausführen konnte.
„Hört zu, wir haben nicht viel Zeit. Ihr seid hier auf Omega, in Devlyns Reich. Ihr sollt verhört und anschließend hingerichtet werden.“ Cecil stand auf und rüttelte an der Käfigtür. „Mach auf! Siehst du nicht, dass sie stirbt?“
„Krieger, habt etwas Geduld. Ich muss Euch etwas wichtiges sagen. Die Angriffe auf eure Welt waren Devlyns Werk. Sie muss aufgehalten werden, doch ich vermag es nicht.“ Das war im Moment das letzte, was Cecil interessierte. Er schlug mit den Fäusten gegen die massiven Holzbalken. „Mach die verdammte Tür auf!“ Unbeirrt sprach Dariel weiter. „Ich werde ein Portal erschaffen und euch in Eure Welt zurück schicken, aber ihr müsst den Leuten dort sagen, was hier vor sich geht. Ohne eure Hilfe wird Omega zugrunde gehen und Vortex zerstört werden.“ Cecil hörte mit den Schlägen gegen das Holz auf. Nicht aus Einsicht, sondern weil er sich verausgabt hatte. Dariel kam zum Schluss, dass es unklug wäre, ihn in diesem Zustand raus zu lassen, so zornig und aufgebracht wie er war. Sie beschloss, den ganzen Käfig mitsamt seines Inhalts durch das Portal zu schicken. Der Haken eines solchen Zaubers war das Licht, dass von der anderen Seite des Portals hinein scheinen würde. In dieser Welt der ewigen Dunkelheit würde man es selbst über sehr weite Entfernungen noch sehen können. Ja, selbst Devlyn würde es wahrscheinlich mitbekommen. Die erhoffte Verstärkung hatte Dariel nicht finden können. Ihre Tage und die ihres Volkes waren gezählt. Die Succubus atmete tief durch, sammelte ihren Mut und ihre Kraft und erschuf das Portal vor dem Käfig. Mit einem weiteren Zauber gelang es ihr, den schweren Käfig weit genug zu heben und zu transportieren, bis er durch das Portal verschwunden war, welches sich daraufhin schloss. Erschöpft lies sie sich im Schlachtfeld nieder. Um sie herum waren die gefallenen Succubi, Gargoyle und Nachtmähren. Sie hörte das Grunzen und die Flügelschläge von unzähligen Gargoyles, die sich aus allen Richtungen ihrer Position näherten. Und es gab keinen Ort, wo sie noch hin konnte. Also wartete sie dort.
Dariel stellte sich immer wieder die gleiche Frage. Hatte sie die richtige Entscheidung getroffen? Diese Frage lies ihr keine Ruhe und begleitete sie mit den Gargoyles zu Devlyns Schloss, wo die Succubus einem besonders intensiven Verhör unterzogen wurde. Dort traf sie auch auf die zwei anderen „gestrandeten“ Fremden aus Vortex, zwei Drachenkrieger. Sie hatten das Glück, bereits tot zu sein. Dariel jedoch wurde noch eine ganze Weile weiter gequält, bis Devlyns Sadismus genüge getan war und eine Hinrichtung ihr Martyrium beendete. In ihrem letzten Atemzug fand sie die Antwort auf ihre Frage. Ja, sie hatte das richtige getan. Denn mit Cecil und Nina gab es immerhin noch eine schwache Hoffnung, dass irgend jemand kommen würde, um zu beenden, wo sie gescheitert war.

Kapitel 26: Zurück in Vortex

Was Dariel an kämpferischen Fähigkeiten fehlte, hatte sie durch Zauberkraft wett machen können. Im Gegensatz zu Devlyn hatte ihr Teleportationszauber sein Ziel nicht verfehlt, sondern den am dichtesten bewohnten Ort von Vortex ausgewählt: Vector. Ein paar Soldaten fanden sie gerade noch rechtzeitig und brachten sie zu einem Arzt. Inzwischen hatte auch Cecil das Bewusstsein verloren. Aber hin und wieder kam er zu sich und murmelte etwas von einem Reich der Dunkelheit, seltsamen Wesen, Omega und Devlyn. Es schien wirres Gerede zu sein, vielleicht Fieberwahn, doch für alle Fälle lies der Arzt nach der Königin rufen.
Als sie eintraf, erkannte Hikaru, dass Cecil und Nina zu Sabins Volk gehörten. Aber wer oder was hatte sie so zugerichtet? Das mussten die verschwundenen Leute sein, von denen Sabin erzählt hatte. Doch wenn sie als fähige Krieger schon in einer solchen Verfassung waren, wie ging es dann wohl Tanami? Ihre Sorge wuchs in´s Unermessliche. „Doktor, ich muss mit ihm reden.“
Der Arzt musterte die Patienten. Zwei Krankenschwestern waren an Nina zugange. Ihr Zustand war noch immer kritisch. „Wir versuchen unser bestes, aber wir wissen nicht, ob sie durch kommt.“ erklärte er. „Bei diesem jungen Mann“ damit deutete er zu Cecil. „sieht es besser aus. Sobald seine Infektion auskuriert ist und das Fieber nachlässt, sollte er wieder ansprechbar sein. Am besten, sie kommen in ein paar Stunden wieder.“
Schweiß lief Cecils Stirn runter. Man sah ihm an, dass er große Schmerzen hatte. Doch Hikaru konnte darauf im Moment keine Rücksicht nehmen. „Meine Tochter hat vielleicht keine paar Stunden!“ protestierte sie mit einem fast flehenden Unterton. Der Arzt zuckte mit den Schultern, sichtlich ungerührt. „Ich verstehe Sie, doch mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Sobald er ansprechbar ist, lasse ich es sie sofort wissen.“
Nun war endlich jemand da, der vielleicht etwas über Tanamis Verbleib wusste und trotzdem musste Hikaru warten. Sie war krank vor Sorge, doch blieb ihr keine andere Wahl, als das Krankenzimmer zu verlassen. Sie suchte Kurai auf und sagte ihm, dass sie doch noch nicht aufbrechen würden. Dann ging Hikaru zu Honami. Zumindest ein gutes hatte die Sache. Sie würde ein paar Stunden mehr mit ihrer jüngsten Tochter verbringen können, ohne sie gleich wieder allein lassen zu müssen.
Als nach ein paar Stunden jemand an der Tür zu Honamis Zimmer klopfte, hatte Hikaru schon gehofft, es wäre der Arzt, auf dessen Neuigkeiten sie wartete. Doch es war nur ein Soldat, der ankündigte, dass ein seltsames Flugschiff sich näherte. „Sollen wir Sicherheitsmassnahmen ergreifen?“ hatte der Mann gefragt. Was für Maßnahmen, dachte sie sich. Von Sicherheit war nicht viel mehr übrig geblieben, als von der Stadt selbst. Hikaru schüttelte den Kopf. „Nein, ich werde mich darum kümmern.“ Sie verabschiedete sich von ihrer Tochter und flog Sabin und dem Flugschiff entgegen. Nachdem sie so lange von der übrigen Welt isoliert waren, würden sie sich wahrscheinlich ziemlich verloren vorkommen, ohne ihre Hilfe.
Sabin war sichtlich erleichtert, als einer der Drachenkrieger ihm melden konnte, dass Land in Sicht war. Auch die anderen an Bord teilten diese Erleichterung. Zwischendurch hatten sie befürchtet, sie würden über den Ozean abstürzen. Aber die „Thunder“ hatte es tatsächlich bis hierhin geschafft, auch wenn es lange gedauert hatte. Besser spät als nie, dachten sie sich.
Als Hikaru auftauchte, drosselte das Flugschiff die Geschwindigkeit und sie gab ihnen ein Zeichen, dass sie ihr folgen sollten. In der Mitte dessen, was einst der große Marktplatz von Vector war, setzte das Flugschiff zur Landung an. Die wenigen Bürger, die die Stadt noch nicht verlassen hatten, kamen aus den Ruinen ihrer Häuser hervor um die seltsame Konstruktion bei ihrer Landung zu beobachten.
Hikaru landete ebenfalls auf dem Marktplatz und begrüßte die Drachenkrieger. „Willkommen in Vector. Zumindest dem, was noch davon übrig ist.“ Sie klang etwas verbittert. „Ich hatte euch früher erwartet.“ Ihre Gäste folgten ihr in´s Schloss. Die wenigen neugierigen Blicke schweiften von den Phyrexianern zu deren Flugschiff, aber schon bald verloren sie das Interesse daran und kehrten wieder zu wichtigeren Dingen zurück, wie dem Aufbau ihrer Häuser.
Sabin und die Drachenkrieger sahen sich mit einem Anflug von Entsetzen um. Sie erkannten die Bruchstücke der Drachenfestung, die so lange ihre Heimat gewesen war und nun verstreut über der zerstörten Stadt lag. Hier und da ragte ein toter Phyrexianer zwischen den Trümmern hervor. Leute, die seit Ewigkeiten ihre Freunde oder Familienangehörigen waren. Sie rechneten mit dem schlimmsten, den es schien nicht so, als hätte irgend jemand diese Katastrophe überlebt.

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Kapitel 27: Alexiel und die Drachenlords

Omega und Nanami dezimierten brutal die Bevölkerung von Rocket Town. Besonders Nanami schien es zu geniesen, während sie ein Mädchen schnappte und in Stücke riss. „Frisches, saftiges, junges Fleisch.“ sagte sie zufrieden und leckte das Blut von ihren Fingern.
Shinryu wandte sich angewidert ab. Er hatte versucht, sich am Gemetzel zu beteiligen, doch er brachte es dann doch nicht fertig, auch nur einen zu töten. Lag es vielleicht an der Jahrhunderte langen Verbannung, in der er viel Zeit darüber gehabt hatte, sich über seine früheren Untaten Gedanken zu machen? Oder an diesem Körper, der ihm eine andere Sichtweise auf die Dinge gab, die um ihn herum passierten? Schon seit er ihn übernommen hatte, fühlte er sich seltsam davon beeinflusst. Er fragte sich, ob das gleiche auch mit Nanami und Omega passiert war. Denn solche mordlüsternen Bestien waren sie selbst zu ihren Drachenzeiten nicht gewesen. Sie hatten nicht mehr viel gemeinsam mit den stolzen, mächtigen Wesen, die sie vor ihrer Verbannung gewesen waren. Was auch der Grund sein mochte, er wollte nichts mit dem zu tun haben, was sich vor seinen Augen abspielte.
In diesem Augenblick tauchte Alexiel mit ihrem Schwert über der Stadt auf. In ihren Augen loderte der Zorn. Von Leichen gepflasterte Strassen waren ein Bild, dass den hohen Engel regelrecht in Rage versetzte. Im Sturzflug und mit gezogenem Schwert griff er an. Nanami war so sehr mit ihrem Festmahl beschäftigt, dass sie den Engel nicht bemerkte. Im Gegensatz zu Omega, dessen Sinne im neuen Körper schärfer denn je waren. „Nanami, Kopf runter!“ befahl er abrupt. Sie zuckte vor Schreck regelrecht zusammen, duckte sich aber auch so schnell, wie sie konnte. Es lag ihr nicht das geringste daran, Omega zu verärgern. Alexiel, die sic von hinten angreifen wollte, erwischte nur Nanamis Haare und verpasste ihr damit einen um einiges kürzeren Haarschnitt.
Omega zog die Gadesklinge. „Alles muß man selber machen.“ murrte er und sprang in die Luft. Dort war er sogar schneller als Alexiel und während der Engel gerade über Nanami hinweg zog und auf Omega zufliegen wollte, war dieser mit einem Satz schon auf ihren Rücken gelandet und packte sie an den Flügeln. Zu seiner großen Überraschung war Alexiel stärker, als er vermutet hatte, denn es kostete ihn einiges an Kraft, sie fest zu halten. Nanami hatte sich inzwischen aufgerichtet und sann nach Rache für ihre verlorene Haarpracht. „Jetzt schneide ich dir mal was ab.“ fauchte sie und gab Omega ein Zeichen, dass er den linken Flügel des Engels los lassen sollte. Diesen trennte sie sauber mit Sephiroths Schwert vom Rücken ab. Alexiel schrie vor Schmerz auf. Es war ein so mächtiger, durchdringender Schrei, dass er in ganz Vortex zu hören war, als hätte der Himmel selbst ihn bis in die entlegendsten Ecken getragen.
„Alexiel-sama?“ rief Kurai in Vectors Schloss und riss das Fenster auf. Hikaru war nicht da. Sie war aufgebrochen, um jemanden ab zu holen. Obwohl Alexiel Kurai klare Anweisungen gegeben hatte, dass dieser Hikaru helfen sollte, konnte der Dämon nach diesem markerschütternden Schrei an nichts anderes als das Wohl des Engels denken. Ohne weitere Zeit zu verlieren, sprang er aus dem Fenster und flog so schnell er konnte nach Rocket Town. Hoffentlich war es noch nicht zu spät.
Nanami holte mit dem Schwert aus, um Alexiel auch den zweiten Flügel ab zu schlagen. Der Verlust auch nur eines der Flügel war für einen Engel das schlimmste, was passieren konnte. Schlimmer noch, als der Tod. Dieser Schmerz war mit nichts zu vergleichen, was der hohe Engel sich je hätte vorstellen können oder wollen. Doch inmitten dieser Qual gab es auch eine Hoffnung. Omega hatte sie an ihren Flügeln fest gehalten. Da nun einer fehlte, konnte sie sich zu befreien versuchen. Es gelang ihr zwar nicht, aber sie konnte sich ein Stück um die eigene Achse drehen, gerade als Nanamis Schwert auf sie zuraste. Nur war an der Stelle nicht länger ihr Flügel, sondern Omegas Schulter. Nanami versuchte, den Schlag ab zu brechen, aber es ging alles zu schnell. Bevor sie sich versah, hatte sich das Schwert tief in seine Schulter schnitten.
„Verdammt!“ fluchte er. „Willst du mich umbringen?“ Sein ganzer rechter Arm war taub geworden. Alexiel konnte sich wieder frei gewegen. Beide waren noch zu überrascht von der Aktion, um zu reagieren. So griff sie so schnell sie konnte nach ihrem auf dem Boden liegenden Schwert, drehte sich auf den Rücken und rammte es Omega in die Rippen. Schwer verletzt fiel er zu Boden.

Kapitel 28: Der Verräter


Alexiel wäre ihm wahrscheinlich gleich gefolgt, denn Nanami hatte sich inzwischen wieder gefasst und zu einem Schlag ausgeholt, der nicht daneben gehen würde und der genau auf den Nacken des Engels zielte. Nur sollte Nanami nicht dazu kommen, den Schlag auch aus zu führen. Gerade, als sie zuschlagen wollte, packte etwas ihren Arm und hielt ihn zurück.
„Es reicht.“ sprach eine vertraute Stimme. Es war Shinryu. Die ganze Zeit hatte er sich aus dem Kampf raus gehalten und überlegt, was er tun sollte. Jetzt war er zu einer Entscheidung gekommen. Auf dem Boden wand sich Alexiel wie ein Wurm. Der Schmerz und die Trauer über ihren verlorenen Flügel trieben ihr Tränen in die Augen. Sie war einem Teil ihrer Kräfte und ihres Wesens beraubt worden. Ein Krüppel, der sich nirgendwo mehr sehen lassen konnte. Ihre Willenskraft war dahin, denn nachwachsen würde der Flügel nicht.
„Shin, lass mich los!“ rief Nanami und zog an ihrer Hand, um sich zu befreien. „Ich werde ihr jede einzelne ihrer Federn zu fressen geben, bis sie daran erstickt.“ Shinryu verstärkte den Griff um ihr Handgelenk. „Nein, das wirst du nicht. Es reicht.“ Ihre Hand wurde langsam bleich. „Au, das tut weh! Bist du verrückt geworden?“ fuhr sie ihn an. Da musste Shinryu lachen. „Verrückt?“ fragte er. „Ich bin wahrscheinlich der einzige, der nicht verrückt ist.“ Dann wurde seine Stimme ernster. „Sieh dich um und schau dir an, was ihr angerichtet habt. Ihr seid Monster.“ Das war zu viel für Nanami. „Monster? Du nennst uns Monster? Dafür wirst du büßen!“ Shinryu ließ ihre Hand los. „Ich will nicht gegen dich kämpfen, Nanami. Es ist heute genug unnötiges Blut geflossen. Geh einfach.“
Sie schüttelte ihre Hand und massierte sich das Handgelenk, um die Durchblutung an zu regen, die er ihr fast abgeschnürt hatte. Wie sie dieses furchtbare Kribbeln, dass sie daraufhin fühlte, hasste. Als würden tausend Ameisen über ihre Handfläche laufen. Das war Shinryus Schuld. Alles war seine Schuld. Sie hob ihr Schwert, drehte ihm den Rücken zu und tat so, als wollte sie gehen. Doch im nächsten Moment drehte sie das Schwert und trieb es zwischen ihren linken Arm und ihre Seite nach hinten, bis es auf etwas festes traf und es durchbohrte: Shinryus linke Handfläche. Das war die Rache für seine Aktion.
„Du warst schon immer schwach, Shin.“ sprach sie mit überheblicher Stimme, zog die Klinge raus und drehte sich um die eigene Achse, um ihn zu köpfen. Sie blickte in seine ausgestreckte rechte Hand vor ihrem Gesicht, in der sich eine Blitzsalve gebildet hatte. „Und du hast mich schon immer unterschätzt.“ erwiderte er und feuerte die Salve ab. Die Wucht des Zaubers trieb sie einen halben Meter nach hinten und verpasste ihr ein paar leichte Verbrennungen im Gesicht. Normalerweise wäre so ein Angriff tödlich gewesen, doch Nanami war nur etwas schwächer als Shinryu. So entbrannte ein Duell zwischen den beiden. Sie war flink und schaffte es immer wieder, ihm einen Hieb mit ihrem Schwert zu verpassen. Er wiederum probierte die ganze Palette von Magus´ Zaubern auf ihr aus.
Schließlich musste er aber auf Magus Trumpfkarte zurück greifen, einem besonders mächtigen Zauber, der einen dunklen Strudel unter Nanami erscheinen lies. Sie versuchte, raus zu springen oder sich an irgend etwas fest zu halten, doch der Strudel zog sie unerbittlich nach unten. Noch bevor sie auch nur ein Wort sagen konnte, war das kleine schwarze Loch verschwunden und sie mit ihm.
„Du Verräter...“ sprach Omega, gerade noch hörbar. Er lebte also noch. Das war keine so große Überraschung. Omega allein war schon mächtig genug, aber sein neuer Körper hatte seine Kräfte noch weiter gesteigert. Und doch staunte Shinryu nicht schlecht, als Omega sogar noch die Kraft finden konnte, die Gadesklinge zu heben, sie in den Boden zu rammen und sich an ihr hoch zu ziehen. Omega stand etwas schwankend da und stützte sich auf dem Griff des Schwertes ab. Dann tauchte eine Hand um seinen Hals auf, packte ihn und brach ihm das Genick. Als er zum zweiten Mal, diesmal aber endgültig, zu Boden sackte und reglos liegen blieb, gab er den Blick auf Kurai frei, der inzwischen dort eingetroffen und ihm den Rest gegeben hatte. Kurai ballte die Hände zu Fäusten und ging auf den letzten Drachenlord zu. Shinryu war durch den Kampf mit Nanami dermaßen von Schnittwunden übersäht und geschwächt, dass er sich außer Stande sah, zu fliehen oder weiter zu kämpfen.
„Das ist keiner der Bösen.“ sprach eine Stimme. Es war Merle. Lange war sie in einem der verschütteten Gänge des Labors eingeschlossen gewesen, bis die Erschütterungen der Kämpfe in Rocket Town ihr den Weg frei machten. Da war Merle raus geklettert und hatte die letzten Minuten der Kämpfe und Gespräche mitbekommen. Natürlich aus einer sicheren Position aus, wo sie nicht gesehen werden konnte. Alles andere wäre Selbstmord gewesen. Doch nun gab es keine Gefahr mehr und sie fand es unter diesen Umständen unfair, Shinryu sterben zu lassen.
„Ich glaube dir nicht.“ antwortete Kurai. „Sie werden für das bezahlen, was sie ihr angetan haben.“ Alexiel saß auf dem Boden und hatte die ganze Zeit über auf ihren abgeschnittenen Flügel gestarrt. Nun wandte sie ihren Blick davon ab und sah zu Kurai rüber. „Kleiner Dämon...“ Sofort lief Kurai zu ihr und hockte sich neben sie, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. „Ja, Alexiel-sama? Was kann ich für euch tun?“ Die Antwort überraschte ihn sehr. „Ihn leben lassen. Ohne ihn wäre ich schon tot. Hilf mir auf...“ Ohne Widerworte half ihr der Dämon auf die Beine. Alexiel hatte immer und mit allem recht. Sein Glaube daran und an sie war unerschütterlich.
Sie lies sich zu Shinryu bringen, welcher sich an der halb umgestürzten Säule dessen, was einst ein prächtiges Haus gewesen sein musste, lehnte. Durch die Kämpfe sah Rocket Town aus wie eine Ruine und er sah auch nicht viel besser aus. Feine Rinnsäle aus Blut bahnten sich ihren Weg nach unten. „Ihr wart sehr tapfer, für einen Drachenlord.“ sprach der Engel. „Und ich verdanke euch mein Leben. Schluckt diese Kapseln. Damit wird es euch besser gehen.“ Sie hatte fünf ihrer Federn von ihrem verbliebenen linken Flügel gezogen, in Kapseln verwandelt und steckte sie ihm nacheinander in den Mund. „Wieso so viele?“ protestierte Kurai. „Weil er sehr verwundet ist.“ antwortete sie.
Shinryu hustete, als er sich bei einer der Kapseln verschluckte. Sie waren nicht gerade klein und er dachte schon, er würde daran ersticken. Doch nachdem sie einmal runter geschluckt waren, fühlte er mit jeder von ihnen eine Welle von Wärme und Energie durch seinen Körper strömen, die seine Schmerzen linderte. Merle machte sich wieder aus dem Staub. Sie musste überlegen, wie es jetzt weiter gehen sollte. Es gab keine Hinweise mehr auf Tigers Verbleib und außerdem hatte sie in dem ganzen Chaos das Tagebuch irgendwo verloren.
Alexiel schickte Kurai mit Shinryu zurück nach Vector. Der Drachenlord war zwar schon auf dem Weg der Besserung, aber noch etwas schwach auf den Beinen. Der Engel blieb zurück, begrub die Toten und sprach ein Gebet für sie. Selbst für Omega, welcher ihrer Meinung nach eine irregeleitete Seele war. Dann ging Alexiel. Fliegen konnte sie ja nicht mehr. Es gab nur einen Ort, wo sie noch hin konnte: Die Engelsinsel. Eine Zuflucht weit draußen im lunarischen Ozean, die als Zuflucht und Heimat vieler auf Vortex gestrandeten Engel diente und daher auch ihren Namen hatte. Sie hoffte nur, dass sie auf Vector noch ein Schiff finden konnte, dass sie dahin bringen würde.

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Kapitel 29: Neue Erkenntnisse

Hikaru hatte ihre Gäste inzwischen über alles informiert, was sich ergeben hatte. Dann gingen sie in´s Krankenzimmer. Cecil war inzwischen wieder bei Bewusstsein. Er hatte ihnen viel zu erzählen. Ninas Zustand war unverändert. Sie beschlossen, der Spur mit dem Tagebuch zu folgen, doch da tauchte Kurai mit Shinryu auf und berichtete ihnen von den Vorfällen in Rocket Town. Bestürzt hörten sie, dass Merle daraufhin verschwunden war, denn es konnte keiner wissen, dass sie das Tagebuch nicht mehr bei sich hatte.
„Ich werde nicht länger warten.“ sagte Hikaru entschlossen. „Tanami muss noch irgendwo in Omega sein. Gibt es wirklich keinen anderen Weg dahin?“ Sabin überlegte. „Es gibt... natürlich noch die Höhlen, die in die Tiefen nach Omega führen. Sie sind auf ganz Bleak verteilt und von dort kamen die Monster. Aber ich weiß nicht, was uns am anderen Ende erwartet. Wir könnten direkt in eine Falle laufen.“ Hikaru blickte ihn hilfesuchend und fast verzweifelt an. „Es muss doch eine Möglichkeit geben...“ sprach sie flehend.
Während Sabin, Cecil, Kurai und Shinryu darüber nachdachten, was man noch machen konnte, machte sich in einiger Entfernung unbemerkt Sabins Flugschiff selbstständig. Nachdem Alexiel den ganzen Hafen ohne Erfolg abgesucht hatte, nahm sie das Flugschiff um damit das einzige Heim zu erreichen, was sie jetzt noch hatte und wo sie noch hin konnte, ohne verspottet und ausgelacht zu werden. Als das Flugschiff abhob und sich entfernte, lief eine Wache zum Marktplatz, die mitbekommen hatte, dass die Gäste noch im Schloss waren. Sie konnte es natürlich nicht zurück holen, doch sie fand auf dem Boden drei Kapseln. Also ging sie in´s Schloss, suchte die anderen im Besprechungsraum auf, berichtete vom Vorfall und übergab ihnen die seltsamen Kapseln.
Kurai konnte sich die Bedeutung des ganzen schnell zusammen reimen und erklärte sie den anderen. Er erklärte ihnen auch, was es mit den Kapseln auf sich hatte und dass sie dadurch die Flugfähigkeit der Engel und einen Teil ihrer Kraft bekommen würden. Shinryu meinte, dass die Truppe, so wie sie da versammelt war, stark genug sein müsste, um sich durch zu schlagen und Nanami in Omega zu suchen. Er hatte sich dazu entschlossen, ihnen zu helfen, soweit es ihm möglich war, um einen Teil des Schadens wieder gut zu machen, den die anderen Drachen und Drachenlords angerichtet hatten. Hikaru drängte ebenfalls zu einer Entscheidung und so brachen sie nach einer Weile auf, nachdem sie die nötige Ausrüstung und Proviant organisiert und eingepackt hatten. Die Drachenkrieger, die mit Sabin und dem Flugschiff gekommen waren, blieben zum Schutz von Nina und der Stadt zurück.
Die Reise von Vector nach Bleak dauerte ein paar Stunden und es war schon Nachmittag, als sie eintrafen. Der Kontinent sah aus, wie immer. Trostlos, tot und verlassen. Nichts deutete darauf hin, dass die normalerweise umherstreifenden Monster von Omega wieder zurück gekehrt waren. Sabin führte die Gruppe zu einer Höhle, die in die tiefsten Tiefen von Vortex führte. Sie packten ein paar Fackeln aus, die sie mitgenommen hatten und begannen den Abstieg. Schon nach wenigen Minuten war es um sie herum stockdunkel. Ohne die Fackeln hätten sie die Hand vor Augen nicht sehen können. Weiter nach unten führte der Pfad und keiner ahnte, was sie am Ende erwartete.

Kapitel 30: Im Reich der Dunkelheit

Nachdem Devlyn sich von ihren besten Generälen getrennt hatte, erkannte sie in einem kurzen Augenblick der Klarheit, dass diese Entscheidung weitreichende Folgen haben würde. Deren Länder waren jetzt führungslos und gerade unter den Succubi war eine Revolution unter diesen Umständen sehr wahrscheinlich. Trotz aller Angst vor ihr und ihren Höllendrachen würden sie den Verlust ihrer Anführerin nicht einfach so hinnehmen. Devlyn musste sie also beschäftigen und ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenken, um eine Eskalation zu verhindern.
So hatte sie in ganz Omega verkünden lassen, dass die Zeit gekommen war, Vortex zu erobern und in Schutt und Asche zu legen. Die Zeit, in der die verhassten Völker der Oberwelt für immer verschwinden sollten. Von nah und fern waren Succubi und Gargoyle in Devlyns Reich gekommen und rotteten sich dort zu einer Armee von Tausenden zusammen, die nur darauf warteten, dass Devlyn den Angriffsbefehl gab. Dadurch waren die Reiche von Jakura und Dariel wie ausgestorben. Daran, dass der große Feind Vortex vernichtet werden musste, zweifelte niemand. Schon seit Jahrhunderten vergiftete Devlyn ihre Seelen mit allerlei aufhetzerischen Lügen über die Völker der Oberwelt.
Von der Uhrzeit her musste es inzwischen Nacht sein. Nicht, dass es eine Rolle spielte, denn in Omega war immer Nacht. Es gab kaum Lichtquellen, so weit unter der Erde. Hier und da standen Laternen, die ein schwaches, rotes Licht ausstrahlten und wohl mit Magie betrieben wurden. Sabin und den anderen kam dieser Ort wie die wahrhaftige Hölle vor. Einheimische Wesen hatten sich an das spärliche Licht gewöhnt und konnten problemlos sehen, aber für die Oberweltler war es so dunkel, dass sie ohne die Fackeln völlig wehrlos und blind gewesen wären und sich sagten, sollten sie sie je verlieren, würden sie nicht wieder zurück finden können.
Shinryu teilte diese Sorgen nicht. Er konnte auch nicht so recht verstehen, wieso die anderen so angestrengt ihre Umgebung absuchten, um rechtzeitig Hindernisse und Gefahren zu erkennen. Nach 400 Jahren Verbannung in einem Schwert machte ihm die Dunkelheit nicht mehr viel aus. Da ihre Fackeln gut sichtbar waren und wie Leuchtfeuer wirkten, lockten sie hin und wieder Gargoyle an, die dem Ruf Devlyns noch nicht gefolgt waren, aber es waren wenige. Und da sie Shin immer rechtzeitig ankündigte und die Gruppe warnte, hatten sie mit den Gargoyles leichtes Spiel. Immerhin waren sie zu fünft. Aber nach den ersten fünf, sechs mal wurden die Angriffe langsam ermüdend.
„Wenn wir nur nicht auf die Fackeln angewiesen wären.“ meinte Sabin. Dann fragte er Cecil, ob es noch weit war. Dieser zuckte unwissend mit den Schultern. „Ich konnte ja kaum was sehen.“ rechtfertigte er sich. Er konnte ihnen mit Gewissheit nur sagen, dass ein Teil der Drachenfestung mit ihnen dort gelandet war. Wo es auch war, es dürfte kaum zu übersehen sein, wenn sie sich dem Ort näherten. „Kein Wunder, dass es in Vector keine Überlebenden gab.“ stellte Sabin fest. „Die Festung muss durch den Zauber regelrecht zerrissen worden sein.“ Plötzlich blieb Shinryu abrupt stehen. Cecil, der genau hinter ihm ging, konnte nicht schnell genug stehen bleiben und stieß gegen seinen Rücken. „Was ist denn los?“ erkundigte sich Sabin, als er fest stellte, dass es vorne nicht weiter ging. „Da ist etwas, vor uns.“ war Shins Antwort. Und tatsächlich, ein rotes Augenpaar blickte die Gruppe neugierig an. Es war eine der scheuen Nachtmähren. Man spürte die Hitze ihrer schwarzen Flammen.
„Ich mach´ das.“ sagte Hikaru und trat hervor. Es war ihr erster Satz seit Stunden. Sie näherte sich der Nachtmähre und sprach ruhig auf das Tier ein. Als sie ihre Hand danach ausstreckte, wich es zurück und verstärkte sein schwarzes Feuer. Doch Hikaru lies sich nicht entmutigen. Schon als Kind hatte sie ein besonderes Band zu Tieren, konnte mit ihnen reden und sie sogar verstehen. So lies sie ihre Stimme sanfter werden und sprach weiter. Die anderen waren recht verblüfft, als das Tier nicht länger zurück wich und auch die Intensität der Flammen nachließ. Schließlich gelang es ihr, die wilde Nachtmähre so weit zu beruhigen, dass Hikaru sie berühren konnte.
„Hast du ein Mädchen gesehen?“ fragte sie das Tier. Es wieherte und nickte. Dann lies es seine Vorderbeine einknicken. Hikaru verstand die Geste. Die Nachtmähre bot ihr einen Ritt an. Sie nahm das Angebot an und kletterte auf den Rücken des Höllenpferds. „Er wird uns den Weg zeigen.“ erklärte sie den anderen und selbst Shinryu konnte seine Verwunderung nicht verbergen. Dann setzte sich die Gruppe mit dem ungewöhnlichen, neuen Führer an der Spitze in Bewegung.

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Kapitel 31: Das Ende der Suche

Die Stunden glitten dahin und sie hatten ihr Ziel noch nicht erreicht. Die Gruppe machte eine Pause, um zu rasten, etwas zu essen und ihre Wunden zu verpflegen. Beim letzten Zusammentreffen mit 3 Succubi hatten sie ein paar schmerzhafte Kratzer abbekommen. Aber auch sonst waren sie nach dem langen Marsch und den vielen Kämpfen erschöpft. Entsprechend groß war ihr Appetit, als Cecil den Rucksack mit dem Proviant vom Rücken nahm und Essen verteilte. Hikaru gab ein Stück ihrer Portion der Nächtmähre ab.
Sie hatten ihr Lager in einer Hütte aufgeschlagen. Alles deutete darauf hin, dass sie vor kurzem noch bewohnt wurde. Es gab sogar noch einen Topf mit Essensresten. Es waren Teile von kleinen Tieren in einer seltsamen, dickflüssigen Sose. Shinryu lies es sich schmecken, doch Hikaru wandte den Blick rechtzeitig ab, bevor ihr schlecht wurde. Sie hatte eben erst gegessen und keinen Bedarf daran, sich gleich danach zu übergeben. Sie blieben in der Hütte etwa 4 Stunden. Sabin hatte sich etwas umgeschaut und war zum Schluss gekommen, dass hier Gargoyles gewohnt haben mussten. Er fragte sich, was sie wohl so kurzfristig dazu veranlasst haben könnte, alles stehen und liegen zu lassen. Überhaupt hatten sie weniger Widerstand gehabt, als sie gedacht hätten. Ein dumpfes Geräusch erklang und in Windeseile waren alle auf den Beinen. Wie sich aber heraus stellte, war es nur der Topf mit den Essensresten gewesen, in dem die Schnauze der Nachtmähre verschwunden war, um die Reste zu fressen. Nachdem sie den Topf sauber geleckt hatte und auch die anderen alle ausgeruht und satt waren, setzten sie ihren Weg fort.
Von da an ging es gut voran. Nach nur einer weiteren Stunde erreichten sie die Trümmer der Drachenfestung. Es war eine lange, beschwerliche Reise gewesen, doch nun waren sie da. Hikaru erlaubte sich etwas Hoffnung, doch Shinryu war skeptisch. Seine feinen Drachensinne hatten ihm verraten, was die anderen schon ahnten. Über dem Ort lang die Aura des Todes.
In ihrer Sichtweite befand sich ein großer Kessel. Die Kohle darunter glühte noch leicht. Vor einer Weile war hier etwas gekocht und anschließend gegessen worden. Abgenagte, blanke Knochen lagen ringsrum. Während des Kochens hatte sich das Fleisch wohl völlig von ihnen gelöst. Hikaru ging um den großen Kessel herum. Sabin sprang nach vorne und wollte sie an der Schulter fest halten, doch da war sie auch schon von selbst stehen geblieben. Vor ihr waren die Knochen eines Mädchens. Es hätte jedes beliebige Mädchen sein können, doch Hikaru wusste in diesem Augenblick mit erschreckender Klarheit, dass es die Überreste ihrer Tochter waren.
Für sie brach eine Welt zusammen. Sie fiel auf die Knie und schrie und weinte bitterlich. Jeder Versuch, sie zu beruhigen, scheiterte. Sie hörte nicht mehr zu und schien nichts mehr wahr nehmen zu wollen oder zu können, bis auf die kleinen, bleichen Knochen vor ihren Füssen. Als es ihnen endlich gelungen war, dass sie zumindest nicht mehr schrie, war es schon zu spät. Sie waren völlig umzingelt. Der Lärm hatte weit mehr angelockt, als ihnen lieb war und auf Hikaru konnten sie sich im Moment nicht verlassen. Obwohl ihre Kampfkraft höher als die der anderen war, stand sie noch immer unter Schock und war außer Stande, etwas zu tun. Shinryu zählte 5 Gargoyle und 6 Succubi, davon drei zu Pferde. Und bevor sie überlegen konnten, was zu tun war, wurden sie auch schon angegriffen. Der Ort, an dem Tanami ihr Ende fand, drohte nun auch für alle anderen zur Todesfalle zu werden.
Sabin und Cecil standen Rücken an Rücken, um die Angriffe gezielt ab zu wehren. Shinryu stürzte sich in den Kampf und bekämpfte alles, was nicht zu ihnen gehörte und Kurai blieb nah bei Hikaru, um sie zu beschützen. Plötzlich rissen zwei Succubi Shinryu zu Boden und hielten ihn fest. Eine dritte beugte sich über ihn und gab ihm einen Kuss. Dabei flößte ihm die Succubus irgend etwas ein, denn gleich darauf begannen sich seine Augen leicht zu verfärben. Dann brach der junge Cecil aus der Verteidigungsformation mit Sabin und eilte dem Drachenlord zu Hilfe. Schnell brach Chaos aus. Jeder schlug nur noch um sich und versuchte, irgendwie am Leben zu bleiben. Eine Nachtmähre gallopierte knapp über Hikarus Kopf hinweg und erwischte sie mit einem der Vorderhufe. Sie fiel bewusstlos zu Boden. So bekam sie die Folgen des Succubus-Kusses glücklicherweise nicht mehr mit. Binnen weniger Sekunden war Shinryu zu einer Marionette geworden und wandte sich gegen die anderen. Der darauf völlig unvorbereitete Cecil, der ihm zur Hilfe geeilt war, bekam es zu spät mit. Er hatte die Succubus über Shinryu erledigt und wollte ihm gerade auf helfen, als der verzauberte Drachenlord ein neben sich liegendes Gargoyle-Schwert griff und es Cecil in´s Herz trieb und ihn niederstreckte.
Kurai wurde verwundet. Er und Sabin schlugen sich mit der bewusstlosen Hikaru zur erstbesten Höhle nach Vortex. Da diese Höhlen über den ganzen Kontinent Bleak verteilt waren, dauerte es nicht lange, bis die drei fündig wurden. In diesem Augenblick holte sie Shinryu ein. Kurai blieb zurück und versuchte, für Sabin und Hikaru etwas Zeit zu gewinnen, während sie durch die Höhle schritten. Mit einer gut gezielten Blitzsalve brachte der Drachenlord den Höhleneingang zum Einsturz, so dass ihnen Kurai nicht mehr folgen konnte. Bis zur nächsten Höhle war es noch weit und so blieb der Dämon in Omega zurück, mit Shinryu und mehr als genügend Feinden im Nacken.

Kapitel 32: Ein böses Erwachen

Es war kalt, feucht und es roch nach Öl. Hikaru öffnete langsam die Augen. Ihr Mund war trocken, ihr Magen schmerzte vor Hunger und ihr tat jeder Knochen weh. Doch all das war bedeutungslos verglichen mit dem Schmerz, den sie über den Verlust ihrer Tochter fühlte. Doch wo war sie eigentlich? Nicht auf Omega, denn von irgendwo schien Tageslicht herein. Hikaru setzte sich etwas auf. Sie hatte auf dem harten Boden gelegen. Zwischen ihr und dem Boden lagen nur ein paar dünne, dreckige und teilweise zerrissene Decken, die jemand ausgebreitet hatte. Daneben war eine Schale mit Wasser, in der ein relativ sauberer Lappen lag. Anscheinend hatte sich jemand um sie gekümmert. Hikaru sah sich weiter um. Es war eine große Höhle in einem Berg. Da waren auch verschiedene alte Geräte und Fässer. Sie erkannte die Höhle nun wieder. Hier war sie Sabin und den Drachenkriegern begegnet. Wie lange war das her? Sie hatte das Zeitgefühl verloren. Und wer hatte sie den ganzen Weg zurück nach Bleak gebracht?
Hikaru versuchte, auf zu stehen, aber da ihr noch alles vom langen Liegen weh tat, fiel sie gleich wieder auf die Decken und warf dabei aus Versehen die Schale um. „Ah, du bist wach?“ fragte eine inzwischen vertraute Stimme. Es musste Sabin sein. Sie konnte ihn nicht erkennen, weil er direkt beim Höhleneingang stand und sie das Licht im Hintergrund blendete. Erst als er näher kam, sah sie ihn deutlich. Es erschrak sie etwas, dass er das rechte Bein nachzog. Anscheinend hatte er sich verletzt.
Sabin beugte sich über sie. Um seinen Hals baumelte ein Flässchen an einer Schnur. Er öffnete es und führte es zu ihrem Mund. „Trink, es ist nur Wasser. Du musst sehr durstig sein. Du warst 3 Tage außer Gefecht.“ Sie nickte nur und nahm ein paar kleine Schlücke. Dann verschloss Sabin das Flässchen wieder und sah sich um. In einer Ecke der Höhle brannten die Überreste eines Lagerfeuers schwach vor sich hin. Daneben lagen in einem Blech kleine, gegrillte Tiere, die Sabin hatte fangen können. Er deutete in die Richtung. „Wenn du Hunger hast, bedien´ dich ruhig. Es sieht vielleicht nicht gut aus, aber man kann davon überleben.“
Sie nickte erneut, sagte aber kein Wort. Sabin fragte auch nicht nach dem Grund für ihr Schweigen. Er war dabei gewesen, als sie die Knochen fand und konnte sich kaum vorstellen, wie schlimm so etwas war. In den nächsten Tagen erzählte er ihr vieles. Dass er selbst auch jemand wichtiges verloren hatte. Neben all den Kriegern auch seinen Freund Cecil, der für ihn wie ein Bruder war. „Wir haben beide so viel Schmerz gesehen und erlebt.“ sagte er. „Wir müssen zusammen halten, damit er nicht noch größer wird.“ Dann erzählte ihr Sabin, wie sie sich bis zur Höhle in Omega durchgeschlagen hatten und wie der Tunnel hinter ihnen eingestürzt war. Dabei hatte ihm ein Felsbrocken das Bein gebrochen.
Hin und wieder ging er zum jagen raus. Er war oft Stunden unterwegs und kam manchmal mit leeren Händen zurück. Es gab nicht viel Leben auf Bleak. Deshalb nannte man ihn auch den „toten“ Kontinent. Hikaru verlies die Höhle nicht. Sabin sagte, draussen sei es zu gefährlich und das immer mehr Wesen aus Omega durch die Tunnel an die Oberfläche kamen und in Richtung Küste marschierten. Einmal war er ihnen gefolgt und erzählte ihr anschließend von einer großen Armee, die sich dort sammelte und ununterbrochen baute.
Sabin war sehr geduldig. Durch die Jahre und die große Erfahrung war er mit Verlust und Schmerz vertraut. Er wusste, dass nur die Zeit ihre Wunden heilen konnte. Es sollte noch eine ganze Weile dauern, bis sie wieder ein Wort sprach. Es war „Danke.“ Von da an ging es langsam bergauf.
Drei Tage war es her, seit Dhaos aus dem Koma erwacht war. Nachdem er sich über alles informiert hatte, schickte er Späher, um die Lage auf Bleak zu erkunden. Mit wenigen Schiffen und ein paar leistungsfähigen Fernrohren brachen sie auf. Der Plan, den Dhaos ausgetüftelt hatte, ging auf. Die kleinen Schiffe waren fast unbeladen und die Segel gestrichen, so dass man sie mit bloßem Auge von der Küste aus nicht ausmachen konnte. Tatsächlich hatten sie das letzte Stück sogar gerudert, damit die Segel ihren Aufenthaltsort nicht verrieten. In sicherer Entfernung blieben sie stehen. Den Rest erledigten die Fernrohre. Anschließend kehrten die Späher zurück und erzählten ihm von der Armee, die sich an der Küste von Bleak versammelt hatte und den Schiffen und anderen Kriegsgeräten, die sie dort bauten.
Angesichts der enormen Bedrohung schickte Dhaos Botschafter zu den anderen Völkern und Städten auf Vortex. An die Dämonen von Etemenanki, an die Engel, Elfen, den Katzenclan, das Meeresvolk und sogar an die Drachen. Nicht jeder konnte oder wollte helfen. Die Elfen, welche schon seit langem für sich lebten, wollten sich lediglich verteidigen, wenn sie angegriffen werden, selbst aber an keinem Krieg teilnehmen. Die Menschen waren stark dezimiert und viel zu schwach. Die Dämonen interessierten sich für die Belange der Oberwelt kaum, da sie sich in ihrer unterirdischen Stadt sicher fühlten und die Drachen waren sich nicht einig. Zumindest auf das Meeresvolk war Verlass. Sie hatten zugesichert, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um den feindlichen Schiffen die Überfahrt zu erschweren.
Dhaos blickte auf den Stapel Schriftrollen auf seinem Schreibtisch. Nichts als Absagen und Ausreden. Er fasste sich an die Stirn, als sich die Kopfschmerzen wieder meldeten. Es waren nicht die Nachwirkungen seiner Verletzung. Es war dieses ganze, diplomatische Theater. Diplomatie lag ihm nicht wirklich und er empfand sie als sehr störend und anstrengend. Normalerweise würde sich Hikaru um so was kümmern. Sicher hätte sie die anderen Völker besser überreden können als er.

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Kapitel 33: Glück im Unglück

Der Succubus-Zauber war sehr stark und wirkungsvoll gewesen, doch nach einer Weile lies seine Wirkung nach. Als Shinryu wieder klar denken konnte, sah er den verwundeten Kurai vor sich und die Succubi hinter sich. Der Zauber mochte ihn für eine Weile kontrolliert haben, doch er konnte sich an alles erinnern, was passiert war. Für Reue war jetzt keine Zeit, denn es galt, die Succubi nicht merken zu lassen, dass er wieder er selbst war, sonst würde sich alles wiederholen und dann käme Kurai nicht nur mit ein paar Wunden davon.
Shinryu hob den eher kleinen Dämon am Hals hoch und warf ihn dann wuchtvoll zu Boden. „Los, töte ihn!“ rief eine der Succubi. Kurai kniff die Augen zusammen und hoffte auf ein rasches und schmerzloses Ende, doch Shinryu führte den Befehl nicht aus. Statt dessen antwortete er: „Lebend bringt er uns mehr.“ Als sie noch alle unterwegs waren, hatte ihnen Cecil erzählt, dass er und Nina eigentlich zu einem Verhör gebracht werden sollten. „Königin Devlyn wird sicher ihren Spaß an ihm haben.“ Es klang sehr überzeugend. Shinryu spielte seine Rolle gut. Die drei Succubi berieten kurz, dann stimmten sie grinsend seinem Vorschlag zu. Vielleicht würde sie Devlyn für den neuen „Zeitvertreib“ sogar belohnen.
„Bewache ihn, solange wir einen Käfig für ihn holen.“ Befahl eine von ihnen. „Natürlich.“ bestätigte Shinryu lächelnd den Befehl. Sobald sie abgezogen waren, beugte er sich über Kurai und half ihm auf. „Geht´s noch? Spiel einfach mit. Ich bin wieder okay, aber das müssen sie ja nicht wissen.“ Kurai nickte nur.
Die Succubi kamen zurück und steckten Kurai in einen Käfig ähnlich dem, in den Cecil mit Nina gewesen war. Omega war ein sehr großes Land. Die Reise bis zu Devlyns Schloss dauerte 3 Tage. Sie hielten oft zwischendurch an und immer, wenn die Succubi nicht aufpassten, steckte Shinryu Kurai etwas zu essen zu oder kümmerte sich um dessen Genesung. Der Dämon gewöhnte sich langsam an seine missliche Lage. Shinryu hatte inzwischen einen ganz guten Überblick über die allgemeine Situation bekommen. Es war ihm nicht schwer gefallen, an Informationen ran zu kommen. Die Succubi stellten den angeblich konvertierten neuen Krieger den Gargoyles und so ziemlich jedem anderen Wesen vor, dem sie über den Weg liefen und gaben mit ihren Fähigkeiten an. Sie waren sehr stolz darauf, einen Kämpfer auf ihre Seite gezogen zu haben, der ihre eigene Kraft um einiges überstieg und präsentierten ihn als einen Kämpfer in ihren Reihen. Sie prallten auch damit, mit welcher Leichtigkeit er Cecil erledigt hatte und schon lange, bevor sie Devlyns Schloss erreicht hatten, machten die Gerüchte über einen starken, neuen Kämpfer auf Omega die Runde.
Devlyn war gespannt darauf, diesen Krieger zu treffen. Wenn die Gerüchte stimmten, würde sich Shinryu als der ideale und loyale General entpuppen, den sie sich immer erhofft, aber nie bekommen hatte. Es sprach einiges für seine Ernennung zum General. Zum einen gab es offene Posten zu belegen, da sie mit den letzten zwei Exekutionen etwas voreilig gewesen war. Denn zwei Reiche regierten sich nicht von selbst. Zum anderen würde die Verzauberung des Succubus dafür sorgen, dass er auf keine rebellischen Gedanken kommen würde und Devlyn müsste sich darüber keine Gedanken mehr machen. Und zu guter letzt waren da noch diese von den Succubi verbreiteten Geschichten, die seine Bekanntheit gefördert hatten und es ihm leicht ermöglichen würden, den nötigen Zuspruch und die Akzeptanz seiner Untergebenen zu bekommen.
Indessen hatte Shinryu alles wissenswerte an Informationen zusammen getragen, während er den Gesprächen der Gargoyle und Succubi lauschte, denen sie auf ihrer Reise begegneten. Schließlich kam der große Tag. Sie erreichten Omega-Prime. Um die Hauptstadt herum hatten sich schon ganze Bataillone von Soldaten gebildet und es wurden mit jeder Stunde mehr. Devlyn empfing die Ankömmlinge und ihren Gefangenen. Inzwischen interessierte sie sich aber mehr für Shinryu und dessen mögliche Fähigkeiten, als für den kleinen Dämonen im Käfig.
Ihr habt gute Arbeit geleistet.“ lobte die Königin die Succubi, während sie Shinryu musterte. „Nun lasst uns allein.“ Ein Lob von Devlyn. Eine höhere Auszeichnung hätten sie sich nicht wünschen können. Zufrieden entfernten sich die Succubi, mit dem Vorsatz, es jedem einzelnen auf die Nase zu binden, der ihren Weg kreuzte. „Tritt näher, Shinryu.“ sprach die Königin von Omega. „Deine Taten eilen dir voraus. Ich kann jemanden mit deinen Qualitäten gebrauchen.“ Shin kniete vor ihrem Thron und senkte respektvoll den Kopf, den Blick auf den Boden gerichtet. „Ich stehe zu euren Diensten, meine Königin.“ Devlyn legte ihren Zeigefinger unter sein Kinn und schob es hoch, um sein Gesicht genauer zu betrachten. Sie spürte den Drachen in ihm. „Großartig.“ dachte sie sich. „Noch ein Drache an meiner Seite.“ Er war zwar etwas schwächer als die zwei Höllendrachen, die sie sich hielt, aber dafür auch intelligenter und vor allem attraktiver.
„Ich habe einen Befehl für dich. Du sollst meine Truppen in den Krieg führen.“ Shinryu nickte und nahm den Auftrag an. „Falls du irgend etwas brauchst, zögere nicht, es zu sagen.“ Fuhr Devlyn fort. Auf diesen Satz hatte er gewartet. „Ich will meinen eigenen Sklaven, meine Königin.“ sprach er mit einem fordernden Unterton. Devlyn war angenehm überrascht. „Ah, jemand ganz nach meinem Geschmack. Wen willst du?“ Gut, sie hatte angebissen. Nun der nächste Schritt. Jetzt bloß keinen Fehler machen, dachte er sich. „Den Gefangenen hier.“ Die Königin grinste zufrieden. Er übertraf sogar ihre Erwartungen. „Du hast Mut, zu verlangen, was für mich bestimmt war.“ sprach sie mit einem seltsamen Unterton und er konnte nicht heraus hören, ob es gut oder schlecht war. Doch ihr nächster Satz sollte seine Zweifel zerstreuen. „Du kannst ihn haben. Und nun mach dich an die Arbeit!“ Auf einmal schien zornig zu sein. Was für Stimmungsschwankungen. Sie war in der Tat eine sehr gefährliche Frau – falls man dieses missgestaltete Wesen als Frau bezeichnen konnte.
Sein neuer Posten gab ihm weitreichende Befugnisse. Er erfuhr alles über Truppenstärke, Pläne und Ziele und weihte auch Kurai in diese Informationen ein. Der Dämon war nicht gerade glücklich damit, den unterwürfigen Sklaven spielen zu müssen, wann immer sie nicht allein waren. Doch er nahm die ganzen Demütigungen hin, denn Shinryu hatte ihm seinen Plan erklärt und die Idee war gut.

Kapitel 34: Rebellion

Zu zweit hätten sie vielleicht eine Chance gegen Devlyn gehabt, aber mit den zwei Höllendrachen an ihrer Seite war die Königin unangreifbar. Shinryu hatte inzwischen heraus gefunden, dass Succubi mit Devlyn und ihren Methoden nicht zufrieden waren. Doch Dariels Tod hatte sie gelähmt. Es bedurfte einer neuen Führungsperson, die sie in den Kampf für ihre Freiheit führen konnte. Auch diese Rolle übernahm Shin, wenn auch inoffiziell und im Geheimen. Auf der einen Seite spielte er Devlyns Heerführer, auf der anderen nutzte er seinen Ruf und Einfluss, um die Succubi an zu stacheln und ihren Willen zu stärken
Das alles kostete viel Zeit und außerdem musste er den richtigen Augenblick abwarten. Dann, wenn Devlyn möglichst ungeschützt sein würde. Der Tag kam, als sie den Angriffsbefehl gab. Zu tausenden stürmten die Wesen durch die Höhlen und Tunnel bis zur Oberfläche von Bleak. Nur 50 Gargoyle blieben im Schloss zurück. Mit einer Truppe von 300 Succubi rückte Shinryu an und es entbrannte eine heftige Schlacht.
Als Devlyn erkannte, wer diese Rebellion anführte, war sie außer sich. Sie schickte ihre Höllendrachen in den Kampf und hielt sich ebenfalls nicht zurück. Die Drachen drohten den Verlauf des Kampfes zu ändern. Zu dutzenden holten sie die Succubi auf ihren Nachtmähren vom Himmel. Doch Shinryu hatte damit gerechnet. Er ordnete den Rückzug an und lies es wie eine panische Flucht aussehen. Wutentbrannt schickte Devlyn ihre Drachen hinterher, so dass sie vom Rest ihrer Truppe getrennt wurden. Die Drachen folgten den fliehenden Succubi in einen Pfad zwischen zwei steil hinauf ragenden Felswänden. Weiter oben warteten ihre Mitstreiter schon mit an Tauen gebundenen Felsen, die wie ein großes Netz zusammen geflochten waren. Sie ließen sie über die Drachen herab fallen. Die dicken Seile wickelten sich um die Flügel und Glieder der Drachen, während sie die Felsen nach unten zogen. Auf dem Boden angekommen, stellten sie keine Bedrohung mehr dar. Alles war von Shinryu bis in´s letzte Detail durchdacht, damit es auf beiden Seiten möglichst geringe Verluste gab. Er wusste, dass die Gargoyle für die Drachen keine Gegner waren. Aber er konnte nicht zulassen, dass Devlyns Höllendrachen getötet wurden. Erstens, weil sie seine Artgenossen waren und zweitens, weil sie nur Opfer einer Gehirnwäsche waren. Manipuliert und von klein auf ihren wahren Eltern geraubt und zu Kampfmaschinen trainiert.
Er blickte in ihre hasserfüllten, entschlossenen Augen, während die Drachen wie tollwütig um sich schnappten und sich zu befreien versuchten. Dann sprach Shinryu zu ihnen. In einer Sprache, die weder sie, noch die Gargoyle verstanden und die den Höllendrachen doch seltsam vertraut vorkam. Zwar stimmte es, dass sie die Drachensprache nie zuvor gehört hatten, da Devlyn die Eier von ihren Eltern getrennt hatte, noch bevor die Jungen schlüpfen konnten. Aber Drachen besaßen ein genetisches Gedächtnis. Und während Shin Stunde um Stunde auf sie einredete, wurde frei gelegt, was so lange Zeit unter Hass begraben worden war. Die Erinnerungen an ihre Sprache, ihre Familien, ihre Herkunft...
Noch immer waren die Drachen hasserfüllt, jedoch hatte sich ihr Ziel verändert. Jetzt wollten sie nur noch Rache für das, was ihnen angetan worden war, für das Leben, das ihnen verwehrt wurde und für die Lüge, in der sie so lange gelebt hatten. Shinryu gab das Zeichen und die Succubi durchtrennten die Seile. Die Höllendrachen streckten ihre Flügel aus, ließen ein furchteinflößendes Brüllen ertönen, dass einem das Blut in den Adern gefrieren ließ und erhoben sich in den schwarzen Himmel mit Kurs auf Devlyns Schloss. Somit war auch dieser Teil seines Plans ein Erfolg. Strategie war schon immer seine Stärke. Er war es auch, der vor 400 Jahren den Plan erstellt hatte, um Tiger mit Hilfe der anderen Drachenlords in eine Falle zu locken. Damals hatte er seinen Gegner allerdings unterschätzt. Ein Fehler, den er bei Devlyn nicht wiederholen würde.
Er folgte den Höllendrachen im gebührenden Abstand mit den verbliebenen Succubi. Viele hatten beim Angriff auf Devlyns Schloss ihr Leben gelassen. Sein Mitgefühl hielt sich in Grenzen. Verluste waren bei solchen Schlachten unvermeidlich. Sie gehörten nicht zu seiner Art. Sie waren nicht mal Wesen aus Vortex. Dennoch waren sie für ihn mehr als nur ein Mittel zum Zweck. Sie kämpften für ihre Freiheit. Etwas, was er sehr gut nachempfinden konnte.

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Kapitel 35: Die Abrechnung

Die Gargoyle im Schloss waren keine Gegner für die Höllendrachen und wurden brutal dezimiert. Hin und wieder gelang es einem, seine Klauen in die ledrige Drachenhaut zu stecken, doch sie schienen es nicht mal zu spüren. Nach einer Weile trafen auch Shinryu und seine Truppe dort ein. Sie hatten mit dem Tempo der Drachen nicht lange mithalten können und waren abgehängt worden. So waren die Gargoyle, denen sie dort begegneten entweder tot oder kampfunfähig. Dann bebte der Boden unter ihren Füssen und Shinryu verlor fast das Gleichgewicht. Alle Fensterscheiben zerbrachen und eine starke Druckwelle schleuderte eine massive Holztür über seinen Kopf hinweg. Er hatte gerade noch Zeit genug, sich zu ducken und die tiefen Abdrücke von Drachenkrallen darauf zu bemerken. Die Erschütterung war die Folge einer enormen Explosion aus dem Innersten des Schlosses. Er wollte sich gerade wieder aufrichten, als schwarze Strahlen magischer Energie aus dem Ort der Explosion kamen. Sie schossen durch die Wände und die Decke und hinterließen beunruhigend große Löcher. Offensichtlich hatten die Drachen es bis zu Devlyn geschafft es kam nun zum Showdown.
Shin wollte mit den Succubi zu den Drachen aufschließen, da er nicht sicher war, ob sie es allein schaffen würden. Da schoss einer dieser schwarzen Strahlen knapp an ihm vorbei. Der Strahl verwandelte alles auf seinem Weg in Asche und schlug eine Schneise in die Succubi-Truppe. „Das war nicht nötig.“ sagte Shinryu und zum ersten Mal klang etwas bedauern in seiner Stimme mit. Denn diese Succubi waren wirklich für nichts gestorben. Mehr wollte er nicht auf dem Gewissen haben. So befahl Shin zum zweiten Mal den Rückzug, nur dass es diesmal kein Trick war. „Ich kümmere mich um den Rest.“ versicherte er seinen Kämpferinnen und blieb zurück.
Kurai hatte Mühe, die Truppe von tausenden von Kriegern an den Ufern von Bleak zu beruhigen. Sie wurden unruhig, weil ihr Heerführer nicht da war. Obwohl Kurai ihnen zugesichert hatte, dass er in Shins Namen und Auftrag sprach, brachten sie dem kleinen Dämon nicht viel mehr als Spott entgegen. Doch seine Mission war es, sie ab zu lenken und Shin für seine kleine Rebellion die nötige Zeit zu verschaffen. Er dachte an die Zeit zurück, als er noch mit Arakune friedlich in Etemenanki lebte und von Alexiel träumte. Es war nicht einmal eine Woche her, doch ihm kam es vor wie ein halbes Leben.
Mit einer festen Stimme sprach er zu der Gruppe ranghoher Succubi und Gargoyle, die sich um ihn versammelt hatten. „Shinryu erwartet, dass bei seinem Eintreffen morgen genügend Schiffe für die Überfahrt fertig sind. Wer es nicht schafft, wird sich vor Königin Devlyn verantworten müssen.“ Nun hörten sie auf, zu spotten. Sich vor Devlyn verantworten? Das kam einem Todesurteil gleich. Unverzüglich gaben sie die Anweisungen an ihre Untergebenen weiter und schindeten sie zu Höchstleistungen. Schon bald waren alle so beschäftigt, dass sie Kurai noch weniger beachteten, als es ohnehin schon der Fall war.
Auch das war ein Teil von Shinryus großem Plan gewesen. Die Armee zu beschäftigen sollte ihm nicht nur die nötige Zeit für den Angriff geben, sondern auch dafür sorgen, dass der Dämon sich absetzen und endlich zu seinem Volk zurück kehren konnte.
Nun war Kurais Chance dafür gekommen. Er ging so unauffällig wie möglich in der Richtung einer Höhle, von der mal Cecil und Sabin erzählt hatten. Es handelte sich dabei wohl um ein altes, verstecktes Lager. Kurai rechnete nicht damit, dort irgend jemanden bei seiner Ankunft an zu treffen und die Höhle würde sicher ein gutes Versteck abgeben. Als der Dämon sich umdrehte und fest stellte, dass er genug Abstand zwischen sich und den Truppen gebracht hatte und ihn keiner gesehen hatte, fiel ihm ein Stein vom Herzen.
Durch die Erschütterungen in Devlyns Schloss brachen Stücke von den Mauern und der Decke ab. Shinryu musste nicht nur den schwarzen Strahlen, sondern auch den herunterfallenden Brocken ausweichen. Als er einen der Höllendrachen tot auf dem Boden liegen sah wurde ihm klar, dass es noch nicht vorbei war. Das Zentrum des Schlosses war ein großer, offener Platz – zumindest inzwischen. Durch die Explosionen und die Druckwellen gab es im ganzen Umkreis nichts außer verbrannter Erde. In der Mitte lag der zweite Höllendrache und auch dieser rührte sich nicht mehr. Doch wo war Devlyn?
„Du hast meine Kinder auf dem Gewissen.“ brüllte eine Stimme. Er hatte sie zunächst übersehen, weil sie sich an den toten Drachenkörper drückte und bitterlich weinte. Mit ihrer linken Hand steichelte sie über den noch warmen Körper. Sie stank nach Drachenblut und war von oben bis unten damit bespritzt. Also konnte sogar diese Abscheulichkeit Gefühle zeigen, die über Hass hinaus gingen. Devlyn stand auf und drehte sich zu ihm um. Ihr rechter Arm fehlte gänzlich. Er war an der Schulter abgebissen worden.
„Meine Kinder sind tot... Und du wirst ihnen folgen!“ Ihre Augen fingen an zu glühnen und auf einmal fühlte sich Shinryu wie erstarrt. Er konnte sich nicht mehr bewegen, nicht mal sprechen. Devlyn näherte sich ihm. Ihr Blut floss ungehindert von der Schulter runter, vermischte sich mit dem Drachenblut und tränkte den Boden. Sie blieb vor Shinryu stehen und die tentakelähnlichen, harten Auswüchse an ihrem Körper zielten auf ihn. „Keine Sorge, ich werde dich sehr langsam töten.“ sagte sie, als ob es ein Trost sein sollte. Während zwei dieser Tentakeldinger sich um seine Handgelenke schlangen und sie langsam vom Körper weg zogen, schnürrte ihm ein drittes den Hals zu, so dass er kaum noch Luft bekam. Dann zerfetzte sie seine Kleidung und bohrte ihre langen Fingernägel in seinen Oberkörper. Das Geräusch seiner brechenden Armgelenke wurde von seinem eigenen Geschrei überstimmt.
„Ja, sing für mich.“ sprach Devlyn leise. Sie zog ihre Nägel heraus und bereitete sich darauf vor, ein weiteres mal rein zu stechen, als ein halbes dutzend Speere und Pfeile. Die Succubi waren zurück gekehrt, nachdem die Explosionen und seltsamen Strahlen aufgehört hatten, um zu sehen, wie es ausgegangen war. Als sie ihren Anführer in dieser misslichen Lage vorfanden, hatten sie selbst gehandelt.
Devlyn war tot, noch bevor sie auf den blutgetränkten Boden fiel. Der Zauber, der Shin fest gehalten hatte, erlosch mit ihr. Er wäre ebenfalls zu Boden gefallen, doch zwei Succubi eilten ihm zur Hilfe und stützten ihn ab. „Das... hatte ich nicht geplannt.“ keuchte er. Devlyn hatte ihm ganz schön zugesetzt. „Helft mir. Wir müssen nach Bleak...“ Sie setzten ihn so vorsichtig wie möglich auf eine Nachtmähre. Dann stieg eine Succubus hinter ihm auf´s Pferd, um für ihn die Zügel zu halten, da er seine Arme nicht länger benutzen konnte. Der letzte Abschnitt seines Plans sollte folgen.

Kapitel 36: Gedanken

Shin hatte vorgehabt, der Armee mehr oder weniger die Wahrheit zu sagen, wenn auch etwas abgeändert. In seiner Version würde es heißen, dass Devlyn in einer Vision sah, ihr Land und ihre Völker würden sie verraten, dass sie daraufhin alles und jeden auf Omega vernichten wollte und dass er keine andere Wahl hatte, als sie aus zu schalten um das Land und seine Bewohner zu beschützen. Nichts sollte glaubhafter klingen als das, denn nach einer jahrhunderte langen Schreckensherrschaft würde ihr kaum jemand nachtrauern.
Nur, wie sollte es danach weiter gehen? Das hatte er sich noch nicht überlegt. Die Succubi umsorgten ihn und passten darauf auf, dass ihrem verletzten Helden nichts passierte. Sie hatten ihm das Leben gerettet. Er war von ihrem Anführer zu ihrem Erlöser geworden, wahrscheinlich sogar zum Erretter von ganz Omega. „Werdet Ihr unser neuer König.“ bat eine Succubus den verletzten Shinryu. „Niemand anderer könnte das . Niemand wäre geeigneter, als Ihr es seid.“ Die anderen schlossen sich ihrer Meinung an. Die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit ihrer Worte bewegte ihn.
Nicht einmal unter seiner eigenen Art, den opportunistischen blauen Drachen, hatte er sich je so willkommen gefühlt. Und inzwischen konnte er eh nicht dahin zurück. Er war gefangen in der Gestalt von Magus. Vortex hatte sich in den letzten Jahrhunderten sehr verändert. Die Welt, die er mal kannte, gab es nicht mehr. Vielleicht hatten die Succubi Recht. Es war nicht immer leicht gewesen, in diesen letzten Tagen. Doch er konnte sich mit dem Gedanken anfreunden, hier zu leben. Zwar waren die „Einheimischen“ Fremden gegenüber sehr feindselig, doch wenn man lange genug am Leben blieb, um das Eis zu brechen, konnte man sie in´s Herz schließen. Wie sie es auch bei ihm getan hatten.
Die Hälfte der Succubi hatte den Angriff überlebt. 15 gingen mit Shinryu, die anderen kümmerten sich um die Verletzten und Toten. Jetzt, wo Devlyn tot war, würde sich ein Krieg gegen Vortex vielleicht verhindern lassen. Er machte sich weniger Sorgen um die Drachen und die anderen Völker auf Vortex. Doch wenn er wirklich die Herrschaft übernehmen sollte, dann war nichts dafür ungeeigneter, als hunderte von Succubi und Gargoyle in den Tod zu schicken.
Der eisige Wind, der in dieser Höhe wehte, lies seine Wunden schmerzen. Zwar hatten die Succubi sie vor dem Aufbrechen verbunden, doch der Flug auf der Nachtmähre erwies sich als etwas turbulent und da sie so schnell unterwegs waren, war der Verband verrutscht. Zumindest linderte dieses Kraut, dass sie ihm zu kauen gegeben hatten, seine Schmerzen. Sonst hätte er vermutlich bei jeder Bewegung der Nachtmähre und der Succubus hinter ihm aufstöhnen müssen. Doch so waren die Schmerzen immerhin erträglich. Seine gesamte, angeschlagene Verfassung erschwerte ihm das Nachdenken sehr und er fühlte sich auf einmal sehr müde. Vielleicht war es auch eine Nebenwirkung des Krauts oder die Erschöpfung. Die Succubus hinter ihm achtete sehr genau darauf, dass er nicht runter fiel und so lehnte er sich leicht nach hinten, schloss seine Augen und schlief etwas. Es würde selbst mit diesen schnellen Nachtmähren noch 12 Stunden dauern, bis sie bei den Tunneln ankommen würden, die sie direkt zur Küste führen sollten, wo eine kampfbereite Armee ihre Vorbereitungen fast abgeschlossen hatte.

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Kapitel 37: Die Besprechung

Endlich an der Küste angekommen, suchte Shinryu die Offiziere zusammen. Sie hatten in der kurzen Zeit nicht nur viele Schiffe, sondern auch noch eine Kommandozentrale gebaut. Von Kurai fehlte jede Spur. Anscheinend hatte der Dämon es geschafft, sich ab zu setzen. Shinryu nahm mit den Offizieren im Besprechungsraum, einer provisorisch errichteten, einfachen Holzhütte, Platz. Die Succubi, welche ihn auf jeden seiner Schritte begleiteten, da er alleine kaum laufen konnte, halfen ihm dabei, sich zu setzen. Dann verkündete er Devlyns Tod. Zu seiner Überraschung waren längst nicht alle erfreut oder erleichtert darüber. Manchen kam die Geschichte etwas seltsam vor und einige waren ganz offen aufgebracht darüber. „Wie viele von euch haben keine Freunde oder Familienangehörigen durch Devlyns Hinrichtungen verloren?“ fragte er sie und blickte jedem einzelnen in die Augen. „Ihr habt sie um einiges länger gekannt als ich. Und nun sagt mir, wer von euch hat nicht schon mal gedacht, dass er der Nächste sein könnte?“
Betroffen wechselten sie Blicke untereinander und auch die Proteste verstummten. Denn auch die loyalsten unter ihnen wussten, eine Überlebensgarantie gab es unter Devlyns Herrschaft nicht. „Und wie soll es weiter gehen?“ fragte ein Gargoyle. „Diese Entscheidung liegt bei euch. Es wurde mir vorgeschlagen, ihren Platz ein zu nehmen, doch das lässt sich nicht hier und jetzt entscheiden. Wir sollten die Truppen zurück nach Omega beordern, um über alles nach zu denken. Das Volk muss die Nachrichten erst mal verarbeiten.“
Erneut kam es zu Protesten, diesmal jedoch von der Mehrzahl der Anwesenden. „Wir müssen diese Gefahr ausschalten.“ rief einer. „Wenn nicht für die Königin, dann für unser Land.“ Shinryu nickte den Succubi zu, die ihn begleiteten. Eine von ihnen holte Pergamentrollen heraus und verteilte sie an die Offiziere. „Welche Gefahr? Dass Omega angegriffen wird? Dass ihr alle getötet oder versklavt werdet? Ich habe diese Lügen oft in den letzten Tagen gehört. Und wenn ihr mir nicht glaubt, dann lest die Berichte vor euch selbst.“
Für kurze Zeit war es still im Besprechungsraum. Dann starrten sie ungläubig auf die Berichte vor ihnen und konnten es nicht fassen. Es war klar Devlyns Handschrift und sie zählte darauf ihre durch Magie zusammen getragenen Informationen über die Oberwelt zusammen. Es war die Rede von verheerenden Kriegen untereinander, von Hass, Zwietracht, Habgier, Misstrauen, von den Rassen, ihrer Anzahl und dem Grund ihrer Dezimierung. Davon, dass durch ihre sinnlosen Kriege ganze Landstiche unbewohnbar gemacht und verwüstet wurden. So etwas kannte man auf Omega nicht. Auch die Zahlen waren erschreckend. Zählte man die Drachen aller Arten zusammen, die noch auf Vortex lebten, kam man auf 50. In der unterirdischen Stadt lebten etwa 2500 Dämonen. In den wenigen Städten und Dörfern zusammengerechnet etwa 500 Menschen, 300 Elfen und 200 „Katzen“. Auf der abgelegenen Engelsinsel hielten sich etwa 20 Engel auf. Und zu guter letzt gab es noch die herumstreunenden Monster aller Art, die nicht mehr als 200 an der Zahl waren. Auf dieser „Oberwelt“ mit ihren unzähligen negativen Einflüssen gab es insgesamt nicht mehr als 4000 Wesen und die Hälfte von ihnen würde sich mit Vorliebe gegenseitig umbringen, anstatt gemeinsam zu kämpfen. Dem standen sie mit einer Armee von 4.000 Gargoyle und 2.000 Succubi entgegen, die abmarschbereit und vereint waren.
Einer der Offiziere warf einen guten Einwand in die Gruppe. „Ein paar dieser Wesen sind mächtig genug, um hunderte von uns zu töten.“ Er meinte damit speziell die Drachen und Engel. Nickend schlossen sich die anderen an. Zwei Gargoyle unterbrachen die Besprechung für einen kleinen Snack. Sie brachten Tablette mit schmackhaften Rippchen herein, verteilten sie und entfernten sich wieder. Die Offiziere ließen es sich schmecken. Shinryu war nicht nach Essen zumute. Sein ganzer Körper schmerzte. Er nutzte die Pause und lies sich von einer Succubus mit etwas Kraut füttern, auf das er eine Weile rumkaute. Als jeder mit der Pause fertig war und sich alle gestärkt hatten, fuhr er mit der Erklärung fort.
„Ja, es gibt unter ihnen sehr mächtige Wesen. Aber bei der Geschwindigkeit, mit der sie sich gegenseitig auslöschen, wird Vortex in 100-200 Jahren fast ausgestorben sein. Wollt ihr für eine dem Tod geweihte Welt wirklich euer Leben und das eurer Leute riskieren?

Kapitel 38: Merles Rückkehr

Nach langen, schier unendlichen Verhandlungen hatte Dhaos eine kleine, gemischte Truppe zusammen gestellt. Nichts desto Trotz wäre es ein Himmelfahrtskommando, mit so wenig Truppen kämpfen zu wollen. Doch es gab auch gute Neuigkeiten. Altena hatte seine undurchdringliche Magiebarriere aufgelöst. Die Heimat der Zauberer-Elite von Vortex sollte doch noch ein paar Tricks auf Lager haben.
Seit gestern war Nina wieder ganz genesen. Sie konnte kaum fassen, was sie alles verpasst hatte. Das letzte, woran sie sich erinnern konnte war, dass sie in der Drachenfestung eingeschlafen war. Die in Vector verbliebenen Drachenkrieger hatten ihr erzählt, was danach alles passiert war. Sie machte sich Sorgen um Cecil und ihre Freunde und da auch Dhaos mehr oder weniger das gleiche Ziel verfolgte - nur dass es bei ihm Hikaru und seine Tochter waren, die er suchte -, half sie ihm bei den Vorbereitungen.
Dhaos saß auf einem an Honamis Bett gerückten Stuhl. Das Mädchen war eingeschlafen, nachdem er ihr eine Geschichte erzählt hatte. Zumindest ein gutes hatte die Sache. Diese ganze Situation hatte ihn näher an seine Tochter gebracht. Aber er machte sich Vorwürfe, weil er Hikaru nicht begleiten konnte. Gut, sie war nicht allein aufgebrochen. Aber wenn ihr etwas passiert wäre...
Das seltsame Geräusch von verbiegendem Messing holte ihn aus seinen Gedanken. Die Vorstellung, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte, hatte ihn so wütend gemacht, dass er unbewusst den Weinkelch in seiner Hand zerquetscht hatte. Zum Glück war Honami dadurch nicht aufgewacht. Er verließ ihr Zimmer und ging in seinem Arbeitszimmer die Zahlen der Truppen noch mal durch, die er mit Ninas Geschick hatte auftreiben können. 100 Dämonen, 5 Drachen, 2 Engel, 50 Menschen, 30 Elfen und 20 „Katzen“. Das war alles, was er gegen Devlyns Armee in den Kampf schicken konnte. Dhaos zerknüllte das Papier und warf es in eine Ecke. Es reichte immer noch nicht. Er würde wohl seinen letzten Trumpf ausspielen müssen.
Es gab neben ihm noch eine weitere, noch lebende Höllenfürstin. Iris, die Fürstin des Todes. Jedoch war sie dem Ruf des Lufia-Schwertes vor 20 Jahren nicht gefolgt. Und das, obwohl sie eine der stärksten war. Er musste mit ihr in Kontakt treten. Aber das ging nur über einen bestimmten Raum auf der Todesinsel und die war bekanntlich versunken und vielleicht sogar zerstört.
Ein Schatten huschte am Fenster vorbei und verdeckte für einen Augenblick das Mondlicht. Dhaos´ Reflexe waren gut. Er packte das Wesen und zog es in´s Zimmer. Es fauchte und ließ vor Schreck ein Amulett fallen, welches geräuschlos auf dem Teppich fiel und im schwachen Mondlicht glänzte. „Ich bin es doch, Merle.“ rief die Katzendame. Er konnte sich an sie erinnern, auch wenn er sie nur ein paar Mal gesehen hatte. Dhaos lies sie los. „Was suchst du hier? Wieder auf Raubzug?“ Merle zögerte. „Ich... ähm... hatte mir ein Buch ausgeliehen. Leider... habe ich es verloren.“ Bevor Dhaos darauf reagieren konnte, setzte sie nach. „Aber dafür habe ich euch das hier gebracht.“ Merle hob das Amulett vom Boden und reichte es ihm. Es war mit verschiedenen Zeichen und Dämonenschrift verziert. Er drehte das Rädchen an der Öllampe weiter auf, um genügend Licht zu haben und musterte das Amulett. „Woher ist das?“ Merle leckte sich über die Hand und strich sich damit ihr Haar zurecht. Ein seltsamer Augenblick für Fellpflege, dachte er sich.
„Das ist die Antwort auf alle Fragen: das Drachenamulett.“ erklärte sie. Dhaos legte es auf den Tisch und blickte sie etwas verwundert an. „Antwort auf alle Fragen?“ wiederholte er, da er weder vom Gegenstand, noch von seiner Bedeutung etwas wusste. So erklärte ihm die Katzendame, was es damit auf sich hatte. Dass es ein Artefakt der Dämonen war, die Götterdrachen beherbergte und das sie geglaubt hatten, es wäre beim Absturz auf Tigers Insel zerstört worden. Durch Zufall hatte es Merle auf ihren Reisen gefunden, als sie einen Wanderhändler traf, der es für gewöhnlichen Schmuck hielt. Er verlangte nicht viel dafür, aber natürlich hatte sie es trotzdem einfach mitgehen lassen.
Nachdem Dhaos der Geschichte gelauscht hatte, nickte er und erlaubte sich etwas Hoffnung. Wenn diese Götterdrachen alle Antworten wussten, dann hätten sie auch die Lösungen für ihre aktuellen Probleme und würden ihm vielleicht auch sagen können, ob noch etwas von der Todesinsel übrig geblieben war. Einen Hacken hatte die Sache allerdings noch: Sie brauchten einen Dämonen, um die Götterdrachen zu beschwören und mit ihnen zu kommunizieren.

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Kapitel 39: In der Höhle des Löwen

Als Kurai in der Höhle ankam, waren sowohl er als auch Sabin und Hikaru überrascht. Sie hatten ihn für tot gehalten und er hatte nicht erwartet, dass sie immer noch auf Bleak sein würden. So hatten sie sich viel zu erzählen. Besonders Kurais Erlebnisse waren unglaublich und aufregend. Dass zwar alles auf einen Krieg zusteuerte, der jedem auf Vortex das Leben kosten könnte, war zwar keine so gute Nachricht, aber Sabin hatte so etwas schon befürchtet, als er die enorme Armee sah. Nur die Tragweite eines solchen Krieges überraschte und erschrak ihn. Denn er hatte nicht gewusst, dass sich die anderen Rassen in den letzten Jahrhunderten so stark dezimiert hatten. Jetzt lag wohl alles bei Shinryu.
Zumindest war es in der Höhle inzwischen gemütlicher geworden. Sabin und Hikaru hatten sich fast häuslich eingerichtet, denn hin und wieder war es Sabin gelungen, Vorräte und Material von den Versorgungskonvois der Feinde zu stehlen. Beim Abendessen fragte sie Kurai, weshalb sie eigentlich dort geblieben sind. Sabin reichte ihm noch etwas Fledermaus und erklärte: „Hikaru war bewusstlos und ich war verletzt. Irgendwie schaffte ich es bis hierher. Doch als es mir besser ging, wimmelte es inzwischen auf Bleak von diesen Biestern. Wir können nicht weg, ohne entdeckt zu werden.“ Hikaru hatte ihre Fledermausportion noch nicht angerührt. „Geht es dir nicht gut?“ erkundigte sich Sabin.
„Ich mache mir Sorgen um meine Familie...“ erklärte sie leise. Kurai seufzte. „Sabin hat recht. Ihr könnt nicht fliehen, ohne gesehen zu werden. Aber vielleicht...“ Er warf die kleinen Fledermausknochen in´s Feuer und dachte nach, während er in die Flammen schaute. „Vielleicht kann ich durchkommen und Hilfe rufen.“ Sabin schüttelte den Kopf. „Sie suchen sicher schon nach dir. Nein, das ist ein zu hohes Risiko.“ Kurai überlegte weiter. Hikaru stand von dem Fass auf, dass ihr als Sitz gedient hatte und setzte sich neben dem kleinen Dämon. „Bleib hier.“ sagte sie besorgt. „So viele sind schon meinetwegen gestorben...“ Sabin stand auf. „So, es ist spät geworden. Wir sollten schlafen gehen.“ sprach er, um vom Thema ab zu lenken. „Morgen ist auch noch ein Tag.“

Kapitel 40: Der Alptraum beginnt

Auch bei Shinryu war es inzwischen Nacht geworden. Er diskutierte schon seit Stunden mit den ranghohen Succubi und Gargoyle über den Abzug der Truppen. Sein Vorschlag war gewesen, dass sie die Tunnel zum Einsturz bringen könnten, die Omega mit Bleak verbanden, um fortan in Ruhe leben zu können. Aber manche der Offiziere sahen einen Rückzug als Flucht an. Und weshalb hätten sie vor ein paar Kreaturen fliehen sollen, besonders wenn Shinryu Recht hatte und sie wirklich keine Gefahr darstellten.
Die ohnehin heikle Situation wurde durch die Nachricht, dass Kurai verschwunden war, verschärft. Shinryu kam in Erklärungsnot, doch die Wahrheit konnte er nicht sagen. Weder den Offizieren, noch den Succubi, die an ihn glaubten. Denn jeder hätte so ein Verhalten als Verrat verstanden und dann hätte ihn auch sein Ruf nicht mehr retten können.
Doch Shinryu war längst nicht so edel wie Dariel oder manch andere Narren. Er versuchte zwar, das Richtige zu tun, um die Fehler der Vergangenheit wieder gut zu machen und um den unnötigen Tod von Hunderten oder Tausenden zu verhindern, doch er war sicher kein Märtyrer. Kurai hatte ihm zwar geholfen, doch wenn Shin ein Leben opfern musste, dann nicht sein eigenes.
Er ballte seine Hand zur Faust, hob unter großer Mühe seinen Arm und schlug mit der Faust gegen den Tisch. Diese höllischen Schmerzen waren unerträglich und einen Augenblick wurde ihm schwarz vor Augen. Es war reine Willenskraft, die ihm die Kraft dafür gab und es war dieser starke Wille in seinen Augen, gemischt mit dem Zorn, den er gerade fühlte, der die versammelten Wesen um ihn herum ehrfürchtig schweigen ließen. „Dieser Verräter!“ rief er wütend, alles schauspielerische Können in die Waagschale werfend. „Sucht ihn und bringt ihn zu Strecke. Sofort!“
Klare Befehle und eine gehörige Portion Härte, war genau das, auf was diese Kreaturen ansprachen und Shinryu hatte den richtigen Ton im passenden Augenblick gefunden. Außerdem war es endlich mal eine Aktion, die von ihm gefordert wurde, anstatt dem ständigen Ruckzugsgewäsch. Die Offiziere standen auf, salutierten und verließen den Besprechungsraum, um seine Anweisungen aus zu führen. Sie würden vermutlich jeden Stein auf Bleak umdrehen und bei den Truppen, die ihnen dafür zur Verfügung standen, würde es nicht länger als ein paar Stunden dauern.
Die Succubi brachten Shinryu in ein großes, eigens für ihn aufgestelltes Zelt und setzten ihn auf einen gepolsterten Stuhl, um seine Knochenbrüche und Wunden zu behandeln. Shinryu seufzte. „Ihr wollt diesen Krieg wirklich, nicht wahr? Jeder einzelne da draußen will ihn.“ – „Sire“ sprach eine Succubus respektvoll. „Sie sind unsere Feinde. Der Grund unserer Verbannung. Wir werden erst ruhen können, wenn sie alle tot sind.“ Shinryu gab es auf, sie vom Gegenteil überzeugen zu wollen. Nichts, was er sagen würde, hätte jetzt noch die Lawine aufhalten können, die Devlyn ausgelöst hatte. Was spielte da schon das Leben von Kurai für eine Rolle? Für ganz Vortex war der jüngste Tag gekommen. Er bedauerte es zutiefst, doch es gab kein zurück mehr.
„Das tut gut.“ sprach er, während die Behandlung der Succubi und der Trank, den sie ihm gegeben hatten, ihre Wirkung entfalteten. Aber gleichzeitig machten sie ihn sehr müde. „Werdet wieder gesund, damit ihr uns in die Schlacht führen könnt.“ hörte er noch eine der Succubi sagen, dann schlief er ein. In jener Nacht träumte Shinryu sehr schlecht. Er sah Wälder und Städte brennen. Elfen und Katzen wurden vom Feuer erfasst und in ein Häufchen Asche verwandelt. Drachen schrien und fielen vom Himmel in ein blutrotes Meer, dass sie sogleich verschluckte. Die Wellen spülten die Körper von hunderten toten Succubi und Gargoyle an die Küste von Bleak. Dann kam eine Gestalt aus den blutigen Wassermassen heraus. Sie wanderte über die Leichen und ging direkt auf Shinryu zu. Es war Kurai und er sah mehr tot als lebendig aus. Als hätte Devlyn höchstpersönlich sich an ihm ausgetobt. Der von oben bis unten mit Blut verschmierte Dämon blieb vor Shinryu stehen und blickte ihn mit einem leeren Blick an. Dann fragte er: „Warum?“

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Kapitel 41: Gewissensbisse

Schweißgebadet sprang Shinryu vom Bett auf. Was für ein furchtbarer Alptraum. Er versuchte, die Decke zur Seite zu ziehen und zu seiner großen Überraschung gehorchten die Hände seinem Befehl. Er hatte zwar noch Schmerzen, doch was auch immer die Succubi mit ihm angestellt hatten, es hatte geholfen. Shinryu zog sich an, verließ das Zelt und blickte sich um. So weit das Auge reichte, sah man Zelte, die Unterkünfte seiner Soldaten. Sie waren aus dem Leder von in Omega einheimischen Tieren gemacht.
Die meisten Soldaten schliefen. Einige hielten Wache und andere waren auf Patrouille. Seltsam, so viele schienen gar nicht zu fehlen. Es hatten sich weit weniger auf die Suche nach Kurai gemacht, als er vermutet hätte. Die meisten waren dafür wahrscheinlich zu erschöpft. Seit Tagen hatten sie ununterbrochen Schiffe gebaut. Eine große Flotte an Schiffen wartete darauf, zu Wasser gelassen zu werden um sie zu ihrem Ziel zu bringen. Spätestens morgen oder übermorgen würde es beginnen.
Shin nickte der Succubi zu, die sich vor seinem Zelt postiert hatte und sagte ihr, dass er einen Spaziergang machen wolle. Sie schlug vor, ihn zu begleiten, doch er wollte eine Weile allein sein. Er versuchte, die alptraumhaften Bilder aus seinem Kopf zu verbannen, doch ein Blick zum Ozean, der sich endlos vor ihm zu erstrecken schien und sie waren wieder da. Der Stand des Mondes sagte ihm, dass er etwa 2-3 Stunden geschlafen hatte. Ob die Soldaten Kurai schon gefunden hatten? Unwahrscheinlich. Das Versteck in der Berghöhle war gut und da sich doch recht wenige an der Suche beteiligten, würde es noch eine Weile dauern.
Er würde Kurai sicher vor ihnen finden können. Aber warum sollte er das wollen? Es war doch eh alles zu spät. „Warum?“, das hatte ihn der Dämon gefragt. Selbst das friedliche, beruhigende Geräusch der kleinen Wellen, die auf den Strand trafen, konnte das Echo dieses Wortes in seinem Kopf nicht vertreiben. Shinryu ging weiter den langen, breiten Stand entlang. Das Lager hatte er inzwischen hinter sich gelassen. Nur seine Fußabdrücke im feuchten Sand zeigten, woher er kam. Aber nicht, wohin er ging. Shinryu blieb stehen. Die Sache ließ ihm keine Ruhe. Er konnte die Frage nach dem „Warum?“ nicht beantworten, doch obwohl es keinen Sinn zu machen schien, erkannte er, dass es nur eine Möglichkeit gab, sein Gewissen zu beruhigen. Er musste Kurai warnen.
Zwar schliefen alle drei, aber Sabin hatte einen sehr leichten Schlaf und wachte schon beim geringsten verdächtigen Geräusch auf. Als er schritte vernahm, die sich der Höhle näherten, hatte er die anderen aufgeweckt und ihnen Handzeichen gegeben, dass sie ruhig sein und sich verstecken sollten. Die Schritte blieben vor dem Eingang der Höhle stehen. Im fahlen Mondlicht konnte man die Gestalt aber nicht gut erkennen. „Kurai, bist du da?“ fragte Shinryu. Der Dämon kam erleichtert hervor. „Ah, es ist Shinryu. Wie ist es gelaufen?“
Shin war überrascht, als er Hikaru und Sabin ebenfalls dort sah. „Tut mir leid wegen Cecil.“ sagte er aufrichtig zu Sabin. Dann wandte er sich an Kurai. „Es lief nicht alles nach Plan. Sie werden angreifen und ihr müsst hier weg.“ Sabin ergriff das Wort: „Wir können nicht weg. Nicht bei den Patrouillen da draußen.“ Shin deutete ihnen, sich zu beeilen. „Ich kann euch sagen, wo sie heute patrouillieren, damit ihr nicht entdeckt werdet. Nun kommt. Uns läuft die Zeit davon.“ Hikaru nickte lächelnd. „Danke, dass du uns hilfst.“ Endlich würde sie ihre Familie und ihr Land wiedersehen und diesen verfluchten Kontinent verlassen. „Ich tue das nicht für euch.“ murmelte der Drachenlord. Dann erklärte ihnen Shinryu, wie sie unbemerkt den Kontinent verlassen konnten. Zum Schluss wandte er sich an Kurai. „Pass auf dich auf... und viel Glück.“ – „Kommst du nicht mit?“ frage der Dämon. Shinryu schüttelte den Kopf. Einerseits wäre er gerne mitgekommen. Doch auf Vortex gab es keinen Platz für ihn. Es gab keine Ziele und keinen Sinn. In Omega hatte er eine Aufgabe. Da wurde er gebraucht. Nein, die Würfel waren gefallen und er hatte seine Seite ausgewählt.
Sie verabschiedeten sich voneinander und zogen in entgegen gesetzte Richtungen. Der Morgen graute bereits, als Shinryu das Lager wieder erreichte. Er zog sich in sein Zelt zurück und legte sich noch etwas hin. Und diesmal schlief er besser.

Kapitel 42: Zurück in Vector

Dhaos empfing gerade die Abgesandten von Altena in seinem Thronsaal. Nina hatte ihm ein paar Tips zum Umgang mit den hohen Magiern und Zauberern gegeben. Sie konnte die Sache zwar einfädeln, doch letztendlich war es Dhaos´ Aufgabe, die Verhandlungen zu führen, da er die Verantwortung hatte. Nun schritten die in langen, farbigen Roben gekleideten Männer und Frauen den roten Teppich entlang und gingen auf den Thron zu. Er konnte keine nennenswerte Kraft in ihnen spüren, doch das täuschte. Was ihnen an körperlichen Fähigkeiten fehlte, machten sie mit Magie wett und diese beherrschten die Magier von Altena wie kein anderer. Entsprechend respektvoll war der Empfang, den er ihnen bereitete. Dhaos stand von seinem Thron auf, ging ein paar Stufen hinunter und in ihre Richtung und verbeugte sich dann leicht, was ihnen sehr imponierte. Nun, er brauchte sie und musste dafür auch schon mal über sein Ego springen. Aber mit derart guten Manieren waren die restlichen Verhandlungen nur Formsache. Die Magier sicherten Dhaos und Vector ihre Unterstützung zu und zogen ab, um ihre Elite-Zauberer, diverse Utensilien und magische Artefakte Altena her zu schaffen.
Nina, die das ganze beobachtet, sich aber im Hintergrund aufgehalten hatte, trat hervor und lobte ihn für seinen Einsatz. Er jedoch ging nur wortlos zu einem Fenster, dass in Richtung des Ozeans lag und schaute hinaus. Als er am Horizont ein paar Punkte entdeckte, die langsam näher wurden, massierte sich Dhaos leicht die Schläfen und schob das Gesehene auf die Erschöpfung. Für einen Angriff von Bleak war es noch viel zu früh. Er drehte sich um. Nina stand noch immer da, wo er sie stehen gelassen hatte. „Ich werde mich etwas hinlegen.“ Sie nickte ihm zu. „Das habt ihr euch auch verdient.“ So machte er sich auf zu seinem Schlafgemach.
Es war helligter Tag. Der Gang, der zu seinem und Hikarus Schlafzimmer führte, war durchflutet von Licht. Viele große, durchsichtige Fenster entlang des Flurs – alle auf Kopfhöhe – gaben den Blick auf die Stadt darunter frei. Er blieb keinen Augenblick stehen, um die Fortschritte in Vector zu beobachten, die er von dort aus hätte sehen können. Die meisten Flüchtlinge waren zurück gekehrt, nachdem sich die Lage anscheinend beruhigt hatte. Diesmal hatte sich Dhaos darum gekümmert, dass geheim blieb, was geheim sein sollte und so ahnte keiner etwas vom bevorstehenden Krieg. Im Gegenteil, die versammelte, gemischte Truppe in der Stadt beruhigte sie und gab ihnen ein trügerisches Gefühl von Sicherheit. So ging der Wiederaufbau schneller und besser voran als je zuvor.
Dhaos betrat das Schlafzimmer. Er übersah die Unordnung, die dort seit einigen Tagen herrschte, ging schnurstracks auf sein Bett zu und lies sich darauf fallen. Gerade als er anfing, ein zu schlafen, klopfte es an der Tür. Er musste sich regelrecht dazu durchringen, wieder auf zu stehen. Schläfrig schlenderte er zur Tür und öffnete sie weit genug, um dem Mann oder der Frau, die ihn um seinen wohlverdienten Schlaf bringen wollte, zurecht zu weisen. Statt dessen sprang ihm Hikaru in die Arme.
Auf einen Schlag war seine Müdigkeit und die Erschöpfung der letzten Tage verschwunden. Er umarmte sie, schloss die Augen und wagte es zunächst gar nicht, sie wieder zu öffnen oder Hikaru los zu lassen. Selbst, wenn das ganze nur ein verzweifelter Traum gewesen sein sollte und gar nicht wirklich passierte, wollte er daran fest halten, bis zur letzten Sekunde. Er strich über ihr Haar, spürte ihre Wärme und dankte allen Göttern, dass sie wohlbehalten zurück war. Dann hörte er ein leises Schluchzen. Dhaos lies sie los, legte seine Hände auf die Schultern der kleineren Hikaru und blickte sie an. Nein, es war kein Traum. Und es waren auch nicht nur Freudentränen.
In einem anderen Raum des Schlosses war die Wiedersehensfreude nicht viel kleiner, als Nina Sabin wieder sah. Und auch da wurden Tränen vergossen, denn der junge Cecil, den sie liebte und der ihr das Leben gerettet hatte, weilte nicht mehr unter ihnen. Die Wachen, die vor den Räumen standen, waren durch diese Szenen fast zu Tränen gerührt. Selbst der Höllenfürst Dhaos brach in Tränen aus, als er vom Tod seiner älteren Tochter hörte. Alle brauchten etwas Zeit, bis sie sich wieder gefasst hatten und ihre langen Geschichten erzählen konnten und ein jeder hatte mit großem Schmerz und Trauer zu kämpfen.

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Kapitel 43: Eine ausweglose Lage

Am nächsten Tag, als sie sich alle zum Frühstück im großen Esssaal trafen und am langen Tisch Platz nahmen, der mit allerlei leckeren Gerichten gehäuft war – die Köche hatten sich angesichts Hikarus Rückkehr besonders in´s Zeug gelegt -, hatte ein jeder wieder genug Kraft gesammelt, um darüber zu reden, wie es nun weiter gehen sollte. „Ich habe die Götterdrachen befragt. Sie sagten, dass der Raum auf der Todesinsel noch intakt ist.“ sagte Kurai. „Wir haben nicht genug Zeit dafür.“ Warf Sabin ein. „Shinryu sagte, dass sie heute oder morgen los segeln werden.“ Dhaos nippte an seinem Kelch. „Dann müssen wir mit dem auskommen, was wir haben.“ Der Gedanke beunruhigte sie und auch, wenn jeder versuchte, einen Vorschlag zu machen, der sie noch retten könnte, musste er verworfen werden, weil es einfach zu lange dauern würde, ihn um zu setzen.
Gegen Mittag trafen die Magier als Altena ein. Man setzte sich erneut zusammen, um darüber zu diskutieren, was sich mit ihren Kräften machen ließe. „Wenn wir hier warten“ sprach der oberste Magier des Wasserzirkels „sind wir des Todes. Wir müssen sie auf dem offenen Meer bekämpfen.“ Das ergab Sinn. Er konnte das Wasser kontrollieren und dafür sorgen, dass viele dieser Monster von Deck gespült würden. Erst mal im Wasser angekommen, wäre ihr Schicksal besiegelt. Das Meeresvolk hasste Netze, doch sie waren den Wesen aus Omega kräftemäßig weit unterlegen und hatten sich bereit erklärt, alle Feinde, die sich im kühlen Nass wieder fanden, mit Netzen ein zu fangen und sie ihrem Schicksal zu überlassen. Es klang nach einem guten Plan und obwohl sie auch auf dem Ozean dem Feind weit unterlegen waren, hatten sie dort die besseren Karten.
„Aber wir haben keine Schiffe.“ warf Sabin ein. Es war zum verzweifeln. Dhaos erwähnte zwar, dass sie Alexiels Kapseltrick anwenden könnten, aber bei 110 Wesen und nur 2 Engeln würde ein jeder 55 Federn lassen müssen. „Dann wären sie ziemlich gerupft.“ meinte Merle frech, brachte die Sache aber treffend auf dem Punkt. Außerdem ging dadurch noch ein Teil der Kraft des Anwenders auf den anderen über, so dass die Engel, selbst wenn sie dem zustimmen sollten, anschließend zu geschwächt wären, um im Kampf selbst noch teilnehmen zu können. Bedienstete kamen und räumten die Teller und das Essen weg, doch auch Stunden später saßen alle an ihren Plätzen und schlugen Ideen vor, ohne auch nur einen Schritt weiter zu kommen. Schließlich sahen selbst die Magier ein, dass sie keine andere Wahl hatten, als dem Feind auf dem Land zu begegnen. Es tröstete sie wenig, dass sie den Feind nicht suchen mussten. Denn obwohl es auf Vortex viele Orte gab, die angegriffen werden konnten, hatten sie mit ihrer Magie bereits erfahren, dass Shinryu die Flotte auf Vector zusteuerte. So standen alle vom Tisch auf und jeder tat sein bestes, um Vector so gut wie möglich auf einen Kampf vor zu bereiten. Als es Nacht wurde, waren sie mehr als erschöpft. Dhaos und Sabin rechneten nicht damit, dass vor Tagesanbruch jemand angreifen würde, doch die Magier hielten mit ihrer Magie die Augen offen und wurden auch nicht enttäuscht. Es war lange nach Mitternacht, als die ersten Schiffe am Horizont erschienen. Im Schutz der Dunkelheit wollten sie angreifen.
Nun, da die Schiffe nah genug ran gekommen waren, konnten die Magier auch erkennen, wie viele es genau waren und wie viele Wesen sich darauf befanden. Sie erstarrten fast vor Furcht, als sie die unglaubliche Truppenstärke Shinryus wahr nahmen. Ein besonders fähiger Lichtmagier schoss eine helle Kugel aus Energie in den Himmel, die die Nacht zwar nicht zum Tag machte, aber doch erheblich bei der Sicht half. Durch das Licht alarmiert, erkannten auch die anderen, dass der Augenblick gekommen war, der für jeden von ihnen der letzte sein konnte. Keiner glaubte wirklich daran, aus dem bevorstehenden Kampf als Sieger hervor zu gehen. Dhaos hatte zumindest die Hoffnung, dass sie durch ihren Widerstand ein weiteres vorrücken des Feindes aufhalten konnten. Er und Hikaru hatten die Kinder nach Altena geschickt und die Stadt evakuiert. Letzten Endes konnten sie die Wahrheit nicht mehr verbergen und es war ein bitterer Anblick, auf die fast menschenleere Küstenstadt zu blicken, die in so kurzer Zeit so gut wieder aufgebaut worden war, nur um erneut zerstört werden zu müssen. Nur würde es diesmal wohl nichts geben, was man wieder aufbauen könnte.

Kapitel 44: Bahamut


„Sie kommen!“ rief Sabin. „In Deckung.“ Baumstammgroße Bolzen flogen durch die Luft, gefolgt von Felsen, die nicht viel kleiner waren. Soweit die Schiffe in Angriffsreichweite von Vector gekommen waren, deckte die Flotte die Küstenstadt mit Beschuss von den Katapulten und Ballisten ein, die sie auf den großen Schiffen angebracht hatten. Die Engel und Drachen zogen sich außerhalb der Reichweite der Belagerungswaffen zurück, bis die Schiffe das Land erreichten. Alle anderen brachten sich im Kerker unter dem Schloss in Sicherheit. Die Einschläge über ihnen hörten gar nicht mehr auf. Dhaos hörte, wie die Scheiben zerbrachen, wie sein ganzes Schloss und seine Stadt dem Erdboden gleich gemacht wurden. Dann hörte der Beschuss auf. Das laute Grollen der Drachen war das Signal, dass die Gargoyle und Succubi an Land gingen. Über einen großen Riss, der sich an der Decke gebildet hatte, kletterten die Verteidiger von Vector hervor. Normalerweise wäre über ihnen das Schloss. Statt dessen konnten sie einen sternenklaren Nachthimmel betrachten. Nur blieb keine Zeit dafür. Sie stellten sich in einer Verteidigungsformation um die Ruinen des Schlosses auf, während die zwei Engel und 5 Drachen über ihren Köpfen hinweg flogen. Die Menschen und Elfen holten ihre Armbrüste und Bögen heraus. Das Schlagen von hunderten von Flügeln hatte etwas unheilvolles. Die Massen von Gargoyle und Succubi versperrten gänzlich die Sicht nach Osten. Nicht, dass es hinter ihnen etwas besseres zu sehen gab. Nur endlose Wellen weiterer Schiffe, mit noch mehr Monstern, die auf ihre Gelegenheit warteten, an Land zu gehen.
Die Pfeile und Bolzen der Verteidiger flogen durch die Luft, während sich direkt dahinter die imposanten Drachen und Engel befanden um gleich nach deren eintreffen an zu greifen. Die Deckung durch die Schützen war kaum der Rede wert und die Pfeile sollten nicht mal ihr Ziel erreichen. Ein ungewöhnlich starker Windstoß blies sie hinfort und alle hatten auf einmal nur noch eines im Sinn. Sich irgendwo fest zu halten, um nicht ebenfalls weg geweht zu werden. Den Gargoyle und Succubi erging es da schlechter. Sie wurden durch den mächtigen Wind hinfort gefegt wie Blätter, die im Sturm von einem Baum gerissen wurden. Selbst ihre Schiffe wurden von der Küste geblasen und ein Stück weit nach Osten geschoben.
Dann verschwand der Wind so plötzlich, wie er aufgetaucht war und ein lautes Donnern ertönte, als ein riesiger Wirbel aus Magie über der Stadt auftauchte. Aus seiner Mitte flog ein Drache nach unten. Der größte Drache, den je irgend ein Wesen gesehen hatte oder sehen würde. Er lies ein Grollen erschallen, dass so laut war, dass jedem fast das Trommelfell platzte. Kein Zweifel, es war Bahamut, der Drachengott.
Selbst in Omega hatte man von Bahamut gehört und gelesen. Devlyn hatte, lange bevor sie dem Wahnsinn verfallen war, sehr respektvoll von ihm als dem mächtigsten Wesen gesprochen, dem sie und Tiger auf ihren Reisen begegnet waren. Nach dieser kleinen Machtdemonstration, die keine Zweifel daran lies, wer hier wirklich das sagen hatte, ergriff der große Drache das Wort. Obwohl sich sein Maul nicht bewegte, vernahm ein jedes Wesen, nicht nur auf Vector sondern auf ganz Vortex und Omega seine Stimme, auch wenn diese nur den Drachen galt.
„Meine Kinder“ sprach die ehrfurchteinflößende Stimme in ihren Köpfen. „Was ist aus euch geworden?“ Wie getadelte Kinder vor ihrem Vater senkten die meisten, die seinen Ruf hörten, ihren Kopf. „Kehrt zurück in eure Länder und wisset, dass ich von nun an über Vortex wachen werde.“
Bahamut war also zurück. Über 700 Jahre, nachdem er diese Welt als Heimat für seine Kinder, die Drachen, ausgewählt hatte, war er zurück gekehrt. Für einen Gott war es eine sehr kurze Zeit und mit bedauern blickte er auf das herab, was sie mit in dieser kurzen Zeit gemacht hatten. Er hatte auf Devlyns und Tigers Wort vertraut und ihnen die Geschicke dieser Welt überlassen doch beide waren inzwischen gestorben und diese Welt war selbst kurz davor, zu sterben.
„Shinryu, tritt hervor.“ sprach das mächtige Wesen und die Gargoyle und Succubi machten Platz, damit der in Magus´ Körper gefangene Drachenlord vortreten konnte. „Du bist ein Drache und wirst es immer sein. Verleugne nicht deine Herkunft. Du bist der letzte der Drachenlords. Kehre zurück zu deinem Volk, denn sie brauchen dich so sehr, wie du sie.“ Shinryu betrachtete seine Hände, ohne zu Bahamut hinauf zu blicken, der über ihnen allen schwebte. „Ich... kann so nicht zurück.“ sagte er traurig. „Doch, du kannst. Und du wirst.“ widersprach ihm der Drachengott. Die fünf anwesenden Drachen landeten vor Shinryu und gingen in die Knie, um ihm ihren Respekt zu erweisen. Zu Tränen gerührt, beugte sich Shinryu dem Willen seines Schöpfers.
Die Armee von Gargoyle und Succubi auf Land und zu Wasser wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Bahamut blickte in ihre Richtung und knurrte. „Geht.“ Diesem doch recht einfachen Befehl eines Gottes folgend, begruben sie ihre Ziele und traten mit ihren Schiffen unverrichteter Dinge den Rückzug an. Bahamut zog davon, um die anderen Drachen auf zu suchen, die sich auf Vortex befanden und sich um sie zu kümmern. Die fünf Drachen folgten ihm, nachdem Shinryu auf den Rücken eines von ihnen geklettert war.
„Es ist vorbei.“ Sagte Dhaos. „Wir können diese Stadt – nein, diese Welt – jetzt wieder aufbauen. Und sie wird sicher sein. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte wird sie sicher sein. Denn Bahamut ist zurück.“
 
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