[Diskussion] Was läuft falsch mit dem heutigen Horrorfilm?

TheDarkness2

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Das Problem ist das heutzutage alles in diesem Genre gesagt und getan wurde. Es gibt nur noch wenige gute Ideen in den Köpfern der Regisseure und die sind nicht kompatibel mit dem was Hollywood sich wünscht. Die vorgesehene Altersfreigabe ist PG13, dies spült mehr Geld in die Kassen und erlaubt es den Kleinen ebenfalls sich mal ordentlich zu gruseln. Bei einigen Filmen funktioniert PG13 wie z. B. bei The Visit. Als bestes Beispiel das es nicht funktioniert sollte man unbedingt das Poltergeist Remake aufführen.


Aber ich will nicht nur an der Oberfläche kratzen. Ich schaue Horrorfilme seit ich klein und süß war. Ich habe viel kranken Scheiß gesehen, viele verrückte Ideen und einiges was ich so nie wieder sehen möchte weil es aufwühlend und einfach verstörend war. Ein Formular nutzt sich irgendwann ab, dann allerdings kommt ein Film der die Wende bringt. Nehmen wir doch als Beispiel Halloween. Er startete die Slasher Ära, was zahllose gleichartige Filme nach sich zog. Eine Wende brachte dann Friday the 13th, der den Gore auf eine neue Ebene hob und eine gewisse Härte in das Genere brachte. Einige Zeit später brachte Nightmare on Elm Street neue Elemente, neue Ideen und Kreativität mit in das Genre ein. Dennoch lief das Genre sich tot, da es jedes Jahr endlose Slasher Filme gab. Erst mit Scream endete die Durststrecke und ein wirklich innovativer Film war geboren, der danach ausgeschlachtet wurde und wie Halloween sein eigener Sklave wurde. Aber das kommt später. Die Teenie Horror Welle wurde dann von Frankreich beendet, mit den brutal realistischen Schockern High Tension, Inside, Frontiers und Martyrs. Weitere wegweißende Horrorfilme, ich liste jetzt nicht alle auf, sind z. B. Jaws, Texas Chainsaw Massacre, Saw, Paranormal Activity und die Dead Reihe von Romero. Diese Film sind es auch die allgemein im Mainstream immer mit dem Begriff Horror verbunden werden. Sie sind fest verankert in der Kultur, sie sind Teil einer ganzen Generation und weit darüber hinaus. Aber solche Filme gibt es heutzutage, zumindest im großen Sektor nicht mehr. Diese Zeiten sind definitiv vorbei. Man brauch dabei nicht weiter als bis zur Paranormal Activity Reihe zu schauen um festzustellen was im Moment so alles schief läuft.


Der erste Teil war, genau wie Blair Witch Project, minimalistisch. Es wurde mit wenigen simpeln Mitteln versucht die größtmögliche Effektivität zu erreichen. Und in diesem Minimalen lag die größte Stärke des Films. Klar, er war über weite Strecken zum Einschlafen aber die Idee an sich war doch gut umgesetzt und löste einen ganz neuen Boom an paranormalen Filmen aus. Die Reihe wiederholte dasselbe Format immer und immer wieder bis es sich selbst überlebt hatte. Jetzt werden einige kontern, die alten Filme taten das doch auch. Nicht in diesem Stil, die alten Filme wussten was sie waren. Sie veränderten gerade genug um alte Fans nicht zu verlieren blieben sich aber treu indem sie das alte Formular erneut anwendeten nur das es nicht so offensichtlich war. Ich erklär es anhand von Paranormal Activity. Die Reihe lebte, wie gesagt, von ihrem Minimalismus. Die Reihe versuchte von Teil zu Teil mehr zu sein als sie es eigentlich war. Sie wurde künstlich größer gemacht als sie war, obwohl man merkte dass man immer noch den gleichen Film ansah. Statt einzulenken und wie früher geringe Änderungen zu machen, die jedoch Auswirkungen hatten, konzentrierte man sich hier auf eine Illusion die 0 Auswirkungen hatte. Hollywood läuft momentan nach diesem Schema, verändere nichts was läuft. Und dann wird es so lange laufen gelassen bis es sich selbst überholt hat.


Seht euch ebenso als Beispiel die SAW Reihe an, die ihre Probleme jedoch woanders hatte aber auf die das gleiche Prinzip im Grunde anwendbar ist. Der erste Teil war ein cleverer Thriller, mit einem fiesen Twist und er kämpfte mit harten Bandagen. Und dann begannen die Entwickler von Teil 3 an auf Torture Porn zu setzen, was sie an Story brauchten um das Ganze zu rechtfertigen und logisch erscheinen zu lassen bauten sie in Rückblenden ein. Dadurch entstand eine zwar in sich geschlossene Geschichte, die allerdings immer noch starke Probleme hatte, aber die wurde zur Nebensache degradiert da die einzige wichtige Frage war wie grausam, brutal und menschenverachtend werden die Figuren sterben die Jigsaws Spiel spielen müssen? Das wurde der Motivator der Reihe und die Macher scheiterten von Teil zu Teil mehr daran den Fokus auf immer spektakulärere Fallen zu legen. Als sie merkten das die Reihe unterging, versuchten sie in Panik wieder den Fokus auf die Rückblenden und Story zu legen, scheiterten aber ebenfalls da die Fans das schon lange nicht mehr interessierte.


Dieses Mantra: „Wenn du etwas hast was läuft, reite es zu Tode und gibt einen Scheiß darauf was andere davon halten“ funktioniert solange es Geld abwirft. Danach ist alles beerdigt, uninteressant und wird in das Tal des Vergessens befördert. Solange es Geld bringt Hui, bringt es kein Geld Pfui. Das ist Bullshit. Das Horror Genre ist wie kein Zweites dafür gemacht Regeln zu brechen, Grenzen zu überschreiten und der Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Im Independent Sektor, wo noch nicht die totale Kommerzialisierung lauert, findet man heute noch etliche Perlen die einem die Hoffnung an das Genre zurückgeben. Doch das heutige Publikum lehnt diese Filme ab. Doch warum?


Das ist, so denke ich, ein Problem der heutigen Generation. Nicht von Allen, oh mein Gott nein. Man sollte niemals pauschalisieren. Aber ein großer Teil der heutigen Generation gibt einfach einen Scheiß auf das was er sieht. Das Kino wurde von Hollywood zu dem sterilisiert was es eigentlich nicht sein sollte: Eine Unterhaltungsattraktion. Keine Magie, keine cleveren Geschichten, keine Überraschungen. Es ist wie eine Achterbahnfahrt in einem Vergnügungspark. Man ist auf Adrenalin, man erhält keine Pause zum Durchatmen und ständig passiert etwas das einen von der gerade eben erlebten Szene wegreißt und auf eine andere Strecke zieht. Transformers, Star Trek, Jurassic World, etc. Oder wollt ihr eurem Kind ein klein wenig Rassismus einimpfen? Geht doch in Hotel Transsilvania 2! All diese Filme haben eins gemeinsam: Sie benötigen nicht das mein sein Hirn einschaltet. Man wird durchgehetzt, von Szene zu Szene, von Moment zu Moment. Nichts kann sich setzen, man kann nicht über das Gesehene nachdenken. Dafür ist keine Zeit, man muss ja unterhalten werden. Und dabei geht die Magie verloren, das Magische das Kino einst ausmachte. Das man statt Handarbeit lieber auf CGI Technik setzt und damit eine totale Wahrnehmungsverschiebung hervorruft bei der unserer Hirn mittlerweile direkt zwischen Falsch und Echt unterscheiden kann ist dabei auch nicht hilfreich. Und fast jeder Film den ich im Kino gesehen habe folgt diesem irrwitzigen Weg.


Man erkennt den Unterschied heutzutage zwischen einem guten und intellektuellen Film wie z. B. Der Diktator oder um im Horrorsektor zu bleiben Carnivals of Souls oder Universals erster Frankenstein Film und Transformers 4 oder 5. Für die heutige Generation ist das alles das Gleiche, wobei sie die von mir genannten 2 Filme nie schauen würde. Warum? 3 Gründe: Schwarz / Weiß, kein 4K und zu hoher Anspruch. Und damit kommen wir zu einem weiteren Problem.


In der PC Welt nennt man sie Grafikhuren. Ich finde das einen unschönen Begriff, obwohl mir noch kein anderer eingefallen ist. Leute die meinen das nur die aktuellste Technik zieht und alles darunter es nicht wert ist auch nur einen Blick zu erhalten. Viele davon sitzen in den großen Studios und produzieren die Filme nach 08/15 Maß auf dem Stand der modernen Technik. Michael Bay hat gelernt damit richtig Kasse zu machen und setzt das Format schonungslos um bis es sich selbst überholt hat, merkt man hier ein Muster? Was diese Leute nicht merken ist, das bei all der Illusion, der sie technisch gesehen beraubt werden da ihr Auge so viele Pixel gar nicht mehr wahrnehmen kann, eines auf der Strecke bleibt: Fantasie. Ich hab den ersten Hobbit in 4K angesehen und 3D, es war direkt offensichtlich was aus dem Computer kam, das die Schauspieler Kostüme trugen und es einfach nicht echt war. Das hat die gesamte Trilogie für mich zumindest mehr ruiniert als all die anderen Schwächen. In Horrorfilmen ist diese Technik direkt das Todesurteil, denn Horrorfilme dürfen niemals aalglatt, sauber und steril wirken.


Das nimmt ihnen die Schockwirkung, es sind die dunklen, dreckigen und düsteren Bilder die uns verstören. Es ist der beunruhigende Sound der einen in diese Welt reinzieht aus der es kein Entkommen zu geben scheint. Es sind die Effekte die uns verzaubern. Dies fällt bei vielen modernen Horrorfilmen auch weg. Nehmen wir doch das Poltergeist Remake als Beispiel wo aller Schrecken wortwörtlich aus dem PC kommt. Es wirkt nicht echt, man erkennt sofort dass da getrickst wurde und verliert schnell das Interesse daran. Oder die Möglichkeit zwischen Kunstblut und CGI Blut zu unterscheiden, das haben wir schnell gelernt als Hollywood anfing vollkommen übertriebene CGI Blutfontänen zu kreieren die eher aus einem Comic wirkten als aus einem Horrorfilm. Ebenso das unecht aussehende CGI Blut. Fürchterlich. Im Horror Genre ist ein Fortschreiten der Technik natürlich wichtig, aber es darf die Illusion und das Herz des Genres nicht zerstören wie es so oft passiert ist in letzter Zeit.


Aber viel wichtiger ist bei einem Horrorfilm die Message. Auch hier gibt es mittlerweile 2 Filme die ich gerne in Kontrast setze. Cannibal Holocaust und Green Inferno. Niemals musste man nur so kurzsichtig sein wie hier um zu merken das hier ein großer Hund begraben liegt, größer noch als Stephen Kings Cujo auf einem indianischen Friedhof. Der Horrorfilm hielt der Gesellschaft immer den Spiegel vor. Sei es ihre Angst vor Kriegsverletzten, Krüppeln und Außenseitern der Gesellschaft in den 20er Jahren oder die Angst vor dem Triumph der Wissenschaftler in den 40er und 50er Jahren. Ebenso der Vietnam Krieg oder die Ära des kalten Krieges. Auf all diese Dinge ging der Horrorfilm ein und hielt der Gesellschaft den Spiegel vor. Frankenstein vertritt die Lehre, das wenn die Wissenschaft zu weit geht sie Dinge erschafft die sie nicht mehr kontrollieren kann. Egal ob diese Dinge gut oder böse sind, sie sind nicht normal und daher nicht akzeptiert. Der Wolfsmensch spielte mit dem Gedanken des Rassismus, der Fremdenfeindlichkeit und legte der Hauptfigur für sein Verhalten einen Fluch auf. Psycho zeigte uns das das Grauen nicht von jemand fremdem kommt, sondern meistens direkt aus unserer Mitte. Er lehrte uns genauer hinzusehen und nicht hinter jedem freundlichen Gesicht einen freundlichen Menschen zu erkennen.


Formicula beschäftigte sich ausgiebig mit der Angst vor Atombomben, während Das Ding aus einer anderen Welt und die Körperfresser kommen sich gekonnt mit dem kalten Krieg auseinander setzen. Keiner konnte dem Anderen trauen, die Feinde waren unter uns, es war bedrückend. Oder wie ist es mit der Dead Reihe von Romero? Die zu erörtern würde hier jeden Rahmen sprengen, da er in jedem seiner Filme so viel Kritik verbaut hat das es für ganze Bücher reichen würde. Egal ob Konsumgesellschaft, menschliche Gier, das Streben nach Macht, Unterdrückung, Versklavung, etc.. Romero hat einen ganzen Stapel losegelassen und geriet dafür damals derbe in die Kritik. Die Szene wo der Farbige überlebende am Ende hingerichtet wird, einfach weil der weiße Mann es kann, ist ein starkes Statement gewesen und brachte ihm sogar Morddrohungen von Männern in weißen Kapuzen ein. Texas Chainsaw Massacre bot eine Dystopie an, die Botschaft nach dem Vietnam Krieg war klar: Wir haben es versaut. Die Hoffnung ist tot, der Glaube ist der Hoffnung gefolgt. Das Volk der Amerikaner hat versagt, wir werden zum Schafott getragen und geschlachtet wie Vieh um für unsere Sünden zu zahlen.


Ihr seht schon, es ist ein weitläufiges Thema. Aber im Kern hatte jeder Horrorfilm eine Aussage. Durch Halloween und Freitag der 13. Festigten sich dann Regeln und meist lief der Horrorfilm dann nach dem Schema ab: Tu nichts was gegen die gesellschaftliche Norm läuft oder du stirbst. Wobei das eine Vielzahl von Dingen sein konnte. Auch in dieser Zeit gab es Ausnahmen und ich sage auch nicht dass damals alles perfekt war. Natürlich gab es damals auch Filme die aus reinen Schockgründen entstanden um zu sehen wie weit man gehen konnte. Diese Grindhouse Filme waren aber in keiner Weise gesellschaftlich akzeptiert noch von Filmkennern geduldet, ganz im Gegensatz zu heute. Wie immer bitte ich um Geduld, ich werde den Faden irgendwann wieder aufgreifen. Sie hatten einfach nur den Zweck so brutal wie möglichst in Bildern zu schocken, den Zuschauer zum kotzen zu bringen und ihn vestört zurückzulassen. Es gab ein Publikum für diese Filme, doch das war gering. Und manche dieser Filmchen halten heutzutage Kultstatus. Wie gesagt, wir kommen noch drauf zu sprechen.


Cannibal Holocaust ist einer der verstörenden, brutalsten und schonungslosesten Filme die ich jemals sehen durfte in meinem Leben. Die psychodelische Musik, die hemmungslose Brutalität der Hauptfiguren, die verstörenden Bildaufnahmen, die deftige Brutalität und die Rücksichtslosigkeit. Es ist ein Meilenstein, aber nicht nur aus diesen Gründen. Der Film beschäftigt sich mit der Frage, ob nicht wir, die Zivilisierten, nicht eigentlich die Bestien sind. Was tun wir, wenn uns niemand mehr kontrolliert, wenn uns niemand Regeln auferlegt und wir losgelöst von allen moralischen Ketten sind? Das Ergebnis ist verstörend und vernichtend. Der Film bildet auf der Prämisse ein Bild, das heutzutage in den Nachrichten teilweise als verständlich angesehen wird und als Teil unseres Alltags. Man muss nur die IS nehmen die Kinder kreuzigt und Frauen lebendig auf dem Marktplatz verbrennt. Das bringt ihnen Millionen von Klicks auf Facebook, Twitter oder anderen Netzwerken. Die Grenzen fallen, moralische Bedenken werden durch Religion verwässert und dank Fanatismus so hingebogen das man mit Gewalt regieren kann.


Green Inferno ist das genaue Gegenteil. Diese zentrale Frage, die Cannibal Holocaust und viele andere Kannibalen Filme ausmachte, fehlt diesem Film einfach. Er reiht Schockmoment an Schockmoment, Gore an Gore und vergisst dabei die Essenz des Genres. Eli Roth ist darin sowieso Spezialist. Dank ihm wurde der Torture Porn erst Mainstream tauglich. Hostel? Oh ja. Dieser Film lebt nur dadurch, dass man ausführlich aufzeigt was ein Mensch einem anderen antut weil er ein sadistisches Vergnügen daran hat. Die Augapfel Szene geht mir bis heute nicht aus dem Kopf. So kann man dem Film zumindest eine verstörende Wirkung nicht absprechen, aber im Kern fehlt es einfach an der Essenz des Genres. Es ist wie die Grindhouse Filme von früher, nur halt mit genügend Geld, genügend Werbung und großen Studios gepushtem Hintergrund. Man machte was früher vielleicht 100 bis 200 Leute in ein Kino lockte massentauglich so dass Millionen sich das ansehen wollen. Eine weitere Spezies diesbezüglich ist wohl Human Centipede. Die Idee an sich ist so verstörend, so abstoßend und schrecklich das man allein von dieser These aus darauf schließt das es einer der härtesten Horrorfilme ist die man je gesehen hat. Wobei der Film selbst erstaunlich blutarm, unschockierend und fast schon langweilig gerät. Die Schauspieler reißen viel wieder raus würde ich sagen. Was für die Nachfolger jedoch nicht gilt, die ihre ganze eigene Dimension aufstellten was Brutalität, Schocks und respektlosen Umgang mit ethischen und moralischen Werten angeht. Doch sagte ich nicht dass das Genre eben jene Grenzen brechen muss? Das dieses Genre gerade dafür geschaffen ist?


Natürlich. Aber es ist die Art und Weiße wie man es tut. Im Fall von Human Centipede 2 brach man zuerst die 4. Wand nur um dann auf alles zu scheißen was vertretbar ist. Es ist eine Frage ob man es mit Respekt, Einfallsreichtum und Feingefühl tut oder nur um einen möglichst brutalen Effekt zu erreichen. Hier füge ich das Remake von I Spit on your Grave ein. Der Film hat das gleiche Problem wie Human Centipede 2. Wie weit darf man gehen in diesem Genre, wie behandelt man so etwas mit Respekt oder Feingefühl? Auch wenn man über die Thematik und Darstellung der Hauptfigur streiten kann, ebenso ob eine so lange Vergewaltigungsszene notwendig war so erfüllt sie doch ihren perfiden Zweck. Der Zuschauer wird zum Voyeur degradiert, ihm werden die Leiden der jungen Frau aufgezwungen während er sich im selben Moment in den Augen des Täters wiederfindet. Dieser kleine Trick sorgt dafür dass der Zuschauer gezwungen wird nachzudenken, über seine Sichtweise und wie er mit dem eben gesehenen umgehen will. Der Film hält zur Reflektion an, was Human Centipede 2 nicht tut. Definitiv nicht.


Ich rede über die Essenz des Horrorfilms, doch was ist diese? Die Frage ist schwierig, da dies nur meine Meinung ist und viele etwas dagegen halten könnten. Ein Horrorfilm ist immer der Spiegel einer Gesellschaft, was ich schon oft sagte. Er spiegelt die Ängste, Alpträume und das Unbehagen einer Generation wieder. Er bricht Grenzen und Regeln, er schockiert und tut unaussprechliche Dinge. Er offenbart Scheinmoral, Doppelzüngigkeit, Lügen und legt den Finger in offene Wunden. Und gleichzeitig ist der Horrorfilm ein Medium das es dem Zuschauer erlaubt seine dunkelsten Wünsche zu erleben, seine dunkle Seite zu entdecken und zu einem gewissen Teil diese auch in seiner Phantasie auszuleben. Horrorfilme besitzen wie kein anderes Medium das Mittel den Zuschauer in eine voyeuristische Lage zu versetzen und sich eher mit dem Täter zu identifizieren als mit dem Opfer. Ajas Maniac ist dafür das beste Beispiel, aber auch der oben erwähnte I spit on your Grave. Der Zuschauer wird zum Täter, gleichzeitig aber auch zum Opfer. Er findet Vergnügen dabei was er sieht und im selben Moment wird ihm bewusst gemacht welche Qualen er auslöst wenn er diesem Trieb folgt und welche Konsequenzen es haben würde. Die Essenz ist, in meinen Augen, das der Horrorfilm den Unterschied ausmacht zwischen der ethischen, moralischen, scheinheiligen Welt und der wahren, bösen, abgründigen Realität. Er ist eine Reflektion, eine Projektion von Böse und Gut. Wie es in Faust steht: „Ich bin ein Teil von jener Kraft die Böses will doch Gutes schafft“. Der Horrorfilm ist ein neutrales Medium, das den Zuschauer dazu zwingt Partei zu ergreifen. Erst durch die Ansichten der Zuschauer entwickelt der Film eine Dynamik, ein Eigenleben und wird danach beurteilt.


Und kommen wir zum Survival Girl. Horrorfilmen wird immer vorgeworfen frauenfeindlich zu sein, gerade in der heutigen Gesellschaft wird immer wieder mit dem erhobenen Zeigefinger darauf gedeutet wie frauenfeindliche sehr viele, eigentlich alle, alten Filme sind. Liebe Frauen, Feministinnen und Frauenrechtlerinnen. Ich möchte euch nicht zu nahe treten. Wir leben in einer Zeit wo die Frau gleichberechtigt ist, ihr habt hart dafür gekämpft und ihr habt euch nicht unterkriegen lassen. Darauf könnt ihr stolz sein. Doch habt ihr vergessen warum ihr gekämpft habt? Die meisten Filme von früher kommen aus einer anderen Zeit, einer anderen Generation. Ihr habt dafür gekämpft dass sich diese alten, überholten Werte ändern. Das ist gut so. Früher war es so dass die Frau am Herd steht, dass der Mann arbeiten geht. Ihr habt gekämpft, es hat sich geändert. Aber bitte, fordert nicht das Filme deswegen nachträglich zensiert und angepasst werden. Sie kommen aus einer anderen Ära, wo die Rechte die ihr hart erkämpft habt nicht existierten. Meinetwegen verwendet die Filme als Mahnmal, als Beispiel dafür was damals anders war um zu zeigen dass ihr etwas erreicht habt. Aber versucht nicht etwas zu ändern, das eigentlich so etwas wie Kulturgut geworden ist. Es ist dasselbe im Moment mit Star Wars 7, ein Farbiger hat die Hauptrolle in Star Wars. Rassisten weltweit laufen deswegen Amok. Wobei ich finde das Farbiger noch rassistischer klingt als viele der anderen Wörter die man heutzutage nicht mehr sagt, die man aber meiner Generation auch noch im Kindergarten beigebracht hat. Auch das hat sich zum Glück geändert. Aber ich halte nachträgliche Zensur, wie in Tom & Jerry oder Pippi Langstrumpf (Was eine Welle des Protestes ausgelöst hat, aber ohne Erfolg) für absolut lächerlich. Beides ist Kulturgut. Und an so etwas doktert man nicht rum.


Und nimmt man den Horrorfilm als solches ist er eigentlich heute frauenfeindlicher als früher. Heutzutage laufen 18 bis 20jährige top gestylte Fotomodels durchs Bild die hohler sind als eine Scheibe Toast, die jedem Kerl die Zunge in den Hals stecken und eigentlich nur als Eye Candy dabei sind. Die einzige die ein wenig mehr Intelligenz haben darf, aber gerade so dass sie auf den IQ einer Scheibe Brot kommt ist das Survival Girl. War es früher anders? Oh ja. Das Survival Girl war in den meisten Fällen eine starke, selbstbewusste Frau die ihrer Zeit weit voraus war. Sie vertrat Werte, Ansichten und Ideale die ihren Freundinnen nicht geheuer waren. Während die Anderen moralisch fragwürdige Dinge taten, wohl angemerkt für die damalige Generation verwerflich moralische Dinge. Heutzutage lockt es keinen Moralapostel mehr hinter Ofen vor wenn zwei Menschen Sex hinter einer Mülltonne haben, es sei denn man lebt in Amerika dann kann es sein das man sich ein paar blaue Bohnen einfängt. Und in fast jedem Horrorfilm werden Frauen und Männer gleichermaßen abgeschlachtet, bis nur noch einer übrig bleibt. Dieses 10 kleine (Hier irgendein Wort einfügen das man sagen darf) Prinzip hat jeder Horrorfilm gemein. Doch am Ende triumphiert die Frau, die alle Widrigkeiten überlebt hat, die Stärke bewiesen hat und die sich nicht klein kriegen gelassen hat. Die entgegen aller Wahrscheinlichkeit überlebt hat.


Selbst das Rape N Revenge Genre ist davon nicht ausgenommen. Obwohl man hier sagen muss das die Frau zunächst als gnadenloses Opfer dargestellt wird, erniedrigt wird und unaussprechliche Dinge erdulden muss. Doch gibt sie auf? Nein, die Frau kommt wieder auf die Beine, sie überwindet das was ihr passiert ist und sie nimmt gnadenlos Rache. Viele der Filme zeigen auch die Auswirkungen von dem was der Frau passiert ist und nutzen diese emotionale Bindung zum Zuschauer um die Frau noch stärker erscheinen zu lassen. Über diese Ausführung kann man sich gewiss streiten, aber generell steht die Frau stärker in Horrorfilmen im Fokus als in anderen Genres. Und sie wird nicht schwach dargestellt, sondern meistens als Überlebende und starke Persönlichkeit. Heutzutage dient sie nur noch als Wichsvorlage, sorry es ist einfach so. Und das ist traurig, damit hat man dem Genre eine wichtige Identifikationsfigur geraubt.


-Fortsetzung folgt, 8 Seiten sind erstmal genug-
 
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