[Diskussion] Wegen schlechten Lehrbedingungen, immer weniger Schwertschmiede in Japan

Vamp84

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Teammitglied
Mod

Wenn man an Japan denkt, denkt man neben Anime und Manga auch immer an Samurai und ihre Katana.
Die markanten Schwerter, die zu den besten der Welt gehören.

Katana üben seit jeher eine Faszination aus und auch in Japan wächst das Interesse an den Schwertern wieder.
Ausstellungen in Museen erfreuen sich großer Beliebtheit.
Doch auch wenn die Popularität steigt, das Handwerk hinter den Katana ist vom Aussterben bedroht.

Zählte die japanische Vereinigung der Schwertschmiede 1989 noch 300 registrierte Schwertschmiede,
hat sich, nicht 20 Jahre später, die Zahl mittlerweile fast halbiert.
Nur noch 188 registrierte Schwertschmieden arbeiten in Japan und es werden immer weniger,
denn für Nachwuchs ist es schwer, ein Schwertschmied zu werden.

Einfach drauf los schmieden geht natürlich nicht und wer Japan kennt der weiß, dass gerade im traditionellen Handwerk eine lange Lehrzeit vorausgesetzt wird.

Wer Schwertschmied werden möchte, muss zuerst 5 Jahre bei einem Schmied in die Lehre gehen.
Das Problem dabei, diese Lehrjahre sind unbezahlt. „Entweder lebt an von seinem Ersparten oder hofft darauf, dass die Eltern die Ausbildung bezahlen.
Das wiederum ist schwierig, da Eltern in Japan oft nicht bereits sind, nach der Kindererziehung noch einmal fünf Jahre für den Nachwuchs aufzukommen.“, so Tetsuya Tsubouchi, einer der Vorstände der Vereinigung der Schwertschmiede.

Zusätzlich erwartet den Lehrling eine staatliche Abschlussprüfung, die aber nur einmal im Jahr stattfindet.
Besteht man diese Prüfung nicht, muss man ein Jahr warten.
Das wiederum ist schwierig, wenn man sein letztes Gehalt vor mehr als fünf Jahren bekommen hat.

Und zum Schluss braucht man eine Schmiede, die laut Tetsuya Tsubouchi gerne bis zu 10 Millionen Yen (ca. 76.451 Euro) kosten kann.
All das führt dazu, dass die Ausbildung zum Schwertschmied immer uninteressanter für die Jugend in Japan wird. Gerade wo eine stabile finanzielle Situation sehr wichtig für die Menschen ist.

Ein weiteres Problem, dass man natürlich auch Kunden braucht.
Sammler von Antiquitäten finden einen großen Markt, allerdings bedeutet dies für den Schmied wenig Arbeit.

Zwar steigt das Interesse an neu produzierten Katana, gerade durch Anime, Videogames und auch durch Cosplayer, aber sie ist noch nicht so groß, dass viele davon Leben könnten.

Allerdings sieht Tsubouchi ein großes Potential in rekijo (Frauen, die ein Interesse an der Geschichte der Samurai haben).
Waren es in der Vergangenheit eher ältere Männer, die ein Katana gekauft haben, ändert sich das Kaufverhalten langsam.
Allerdings kostet ein Stück traditionelle japanische Handwerkskunst viel Geld.

Quelle: J-News
 

ota-Q

Philanthrop
Otaku Veteran
Naja, also das sieht sehr nach einem Problem aus, das der Markt ganz alleine lösen wird.
Dass die Anzahl der Schmiede sinkt ist verständlich und das finanzielle sollte sich auch bald ändern. Wenn die jetzigen Schmiede keine Nachfolger finden, werden sie zwangsläufig entweder bezahlte Lehrstellen anbieten müssen oder sie (oder ihre Erben) verkaufen später did Schmiede etwas billiger.
 

TommyMonaghan

Gläubiger
Hab mich letztens nach Kochmessern umgesehen und gemerkt das auch da nicht mehr alles wie früher ist. Manche Schmiedetechniken werden gerade erst wiederendeckt. Auch von unseren Japanischen Spezialisten.
 

seras victoria

Gottheit
Ich kenne das Problem. Kürzlich wollte ich mir einen Paradeharnisch anfertigen lassen, konnte aber keinen einzigen guten Rüstungsschmied in ganz Europa finden.

Sorry, die Spitze musste sein :cool:

Es ist nun einmal so, das der Großteil der Katanakäufer es sich nur an die Wand hängen will weil sie Anime/Samurai filme sehen oder historische Romane lesen. Diese "Kunden" wollen etwas das aussieht wie echt, da sie es aber nie benutzen werden und vermutlich auch nicht lange besitzen (im Vergleich zu einem Sammler der seine Stücke sicherlich vererben wird) sollte es nicht allzu teuer sein.
Zumal eben diese Gruppe hauptsächlich an Repliken interessiert ist.

Für die wenigen richtigen Sammler und Liebhaber wird sicherlich eine Nische übrig bleiben, aber ich glaube nicht das es zu Mitte des Jahrhunderts noch 50 Schmiede geben wird, eher zwei Dutzend.
Katanaschmiede werden nurnoch "die Glut am leben halten".
So wie es noch immer (Hobby-)Stellmacher gibt bei denen man sich eine Kutsche anfertigen lassen kann wird es auch Katanaschmiede geben die (neben dem Beruf) auf Bestellung Katana anfertigen.

grz
seras
 

ptofoli

Novize
Wahnsinn. Das Problem, das ich sehe, liegt in der Bürokratie: 5 Jahre und ein Test, der wirklich nur einmal im Jahr durchgeführt werden kann? Und doch in einen Markt einzutreten, der vielleicht nicht einmal so profitabel ist.

Sie müssen den Uber des Schmieds erschaffen. Hier in Brasilien gab es die gleiche Bürokratie mit Taxifahrern, eine Lizenz zur Ausübung des Berufs kostete mehr als R$170.000,00 und war fast ein erblicher, geschützter, Lobby- und sehr unhöflicher Dienst. Nachdem Uber bessere Dienstleistungen erbracht hatte und der Beruf zugänglicher wurde, wurden sie aufmerksamer.

Stellen Sie sich vor, Alexander der Große müsste an der Militärakademie studieren und einem Muster folgen, um General zu werden. Er würde in dieser Bürokratie stecken bleiben und niemals der sein, der er war.
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Madness. The problem I see is in the bureaucracy: 5 years and a test, which can only be done once a year, really? And yet to enter a market that may not even be that profitable.

They need to create the blacksmith's Uber. Here in Brazil there was the same bureaucracy with Taxi drivers, a license to practice the profession came to cost more than R$170,000.00 and was almost like a hereditary, protected, lobbying, and very rude service. After Uber came bringing better service and the profession has became more accessible, they started to be more attentive.

Imagine if Alexander the Great had to study at the military academy and follow a pattern to become a general, he would be stuck in this bureaucracy and would never be who he was.
 

Lanma

Novize
Die Klingenindustrie hat es nicht nur in Japan schwer, auch in Deutschland und Europa ist das der Fall. Der "normale" Kunde sieht oft nur den Preis. Wieso also mehr ausgeben, wenn es augenscheinlich das Selbe ist. Nur gilt hier eben, man bekommt das, wofür man zahlt. Es gibt einige Länder im Orient und asiatischen Raum, die mit ihrer "Blechware" (Klingen, Messer, Schwertern), den Weltmarkt überfluten. Und wenn dann ein Schwert, wie im Lieblingsfilm mit Versand und Zollgebühr für 70 Euro zu haben ist, ist das eine andere Hausnummer, als ein handgeschmiedetes Schwert, das alleine schon einen vierstelligen Betrag kostet. Da ist dann klar, wieso für Lehrlingsgehälter nicht viel übrig bleibt.
 

mir

Otaku
Das macht traurig so ein shöner Beruf geht vor die Hunde! Sie sollten ne Auslandsoffensieve starten im Europäischen Raum giebts bestimmt Leute die das auch ohne Bezahlung lernen möchten.
 
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