Nintendos kleines Wunder
Der Nintendo 3DS ist gerade so, als hätte R2D2 seinen Kumpel C3PO tatsächlich mit magischen Kräften in die Luft gehoben: zu schön um wahr zu sein. Da ringen große Kinoketten, namhafte Fernseherbauer und bedeutende Spielehersteller ihrem Publikum mit großer Mühe einen Aha-Effekt ab, indem sie ihm klobige Nasengestelle ins Gesicht setzen – und dann kommt ein technisch gar nicht mal so beeindruckendes Schminkköfferchen und macht virtuelle 3D-Bilder möglich. Einfach so. Aufklappen, Starten, 3D: Ich fühle mich, als hätte ich gerade das erste Mal einen bewegten Pixel gesehen!
Bezauberndes Blumenmeer
Der Breitbildschirm des 3DS hat mir ein breites Grinsen ins Gesicht gezaubert. Ich sitze bei Nintendo, schaue eine selbstlaufende Demo zu Metal Gear Solid: Snake Eater 3D an und staune: Eine Streichholzschachtel fällt herunter und bleibt auf den Blättern einer Pflanze hängen – mitten im Bild! Snake lehnt sich mit zwinkender Lässigkeit auf die „3“ im Logo seines eigenen Spiels. Blätter fliegen beinahe greifbar an mir vorbei, ein großer Hubschrauber donnert hinter Snake durch ein enges Tal, beim Kriechen drückt der Schleicher Grashalme nach unten... Und dann läuft er plötzlich durch ein weites Bett im Wind wiegender Blumen. Es ist die Begegnung mit seinem weiblichen Mentor The Boss, die Kojima für die Demo noch einmal in Kurzform inszeniert. Und sie ist schöner denn je, wenn Blütenblätter aufgewirbelt werden und Snakes Faust fast aus dem Bildschirm schießt. Und ja: Als Kojima einmal mehr Mann sein darf und The Boss aus unerfindlichen Gründen ihren Anzug aufknöpft, wirken ihre Brüste reizvoller denn je. Nintendo zeigt auch andere Demos – z.B. eine ähnliche eindrucksvolle, allerdings wesentlich kürzere Zwischensequenz des brandneuen Resident Evil – und lässt mich in Pilot Wings Resort mit einem Jetpack durch nicht ganz so aufwändige 3D-Kulissen fliegen.
Eine Frage des Winkels
Es ist nicht alles Gold, was vorne und hinten glänzt: So muss man z.B. unbedingt im richtigen Winkel auf den Bildschirm blicken, weil man sonst ein seltsam verschobenes Bild ohne echtes 3D erhält. Da hilft auch das stufenlose Verändern des 3D-Effekts nichts, mit dem man die Tiefe der dritten Dimension jederzeit seinen Vorlieben anpassen und sogar auf Null regeln kann. So überzeugend das dreidimensionale Bild wirkt, so sehr muss man zudem festhalten, dass es nicht so glasklare Eindrücke liefert wie die herkömmliche Darstellung. Und obwohl Snake Eater 3D das Tor in eine beeindruckende Welt öffnet, springt der 3DS nicht in eine neue technische Generation. In Sachen Polygonen und Effekten erreicht Nintendo nicht die Klasse der PSP – beim Vergleich der zweidimensionalen Bilder sieht der Dschungel in Metal Gear Solid: Peace Walker einfach dichter und idyllischer aus. Pilot Wings wirkt mit seinen groben Objekten und Texturen sogar erstaunlich nüchtern. Der Faszination tut das aber wenig Abbruch.
Starker Nippel
Bisher ist wenig spielbar, so dass ein genaues Studium der Steuerungselemente wie des Analognippels noch warten muss. Grundsätzlich liegt der Schieber je nach Vorlieben aber genau so gut oder schlecht in der Hand wie jener der PSP. Der 3DS-Nippel wirkt allerdings eine Idee leichtgängiger und liegt dank seiner nach innen gewölbten Form etwas fester unter dem Daumen. Ebenfalls von Vorteil: Weil der Schieber weiter oben platziert wurde als sein Sony-Gegenstück, liegen Hand und Daumen fester auf, so dass man mehr Gefühl für die analoge Steuerung hat. Die restlichen Bedienelemente gleichen denen des DSi. Die Schultertasten sind vielleicht eine Idee fester und damit direkter – spielerisch genutzt habe ich sie aber noch nicht. Auch die Funktion der neuen „Menu“-Taste (sie „ruft Systemfunktionen auf“ – es könnte sich also um ein Pendant der Home-Taste auf PSP handeln) sowie die vielfältigen Eingabemöglichkeiten per Bewegungs- und Gyro-Sensor können wir bisher leider nur erahnen. Gespannt bin ich zudem auf die neue Online-Funktionalität, dank der der Handheld sogar im Standby-Modus Daten empfangen oder mit anderen 3DS' tauschen kann.
Es stimmt: Der 3DS kann noch viel mehr – dreidimensionale Fotos schießen und Videos abspielen etwa. Der große Run auf den Nintendo-Stand ist allerdings Gift für den engen Terminplan eines Messeredakteurs... Wir halten euch daher auf dem Laufenden, wenn wir auch die Videos und die Kamera unter die Lupe genommen haben! Interessant vielleicht noch, dass der 3DS zu den Modulen der bisherigen DS-Modelle kompatibel sein wird und dass es einen Slot für eine SD-Speicherkarte geben wird.
Das große Staunen
Bis ihr den 3DS in Aktion gesehen habt, werdet ihr keinem Screenshot den überzeugenden Tiefeneffekt auch nur im Ansatz abnehmen! In Aktion ist Effekt aber ebenso überzeugend wie ihn Nintendo mit fast schon spielerischer Leichtigkeit möglich macht. Dass man im richtigen Winkel auf den Bildschirm schauen muss, ist natürlich ein Kompromiss, der die Grenzen der neuen Technik deutlich macht. Dennoch werden sich einmal mehr die Kinder in der U-Bahn umsetzen, sobald sie zum ersten Mal einen 3DS in Aktion sehen. Man kommt ja selbst ins Staunen, wenn man sich in der neuen Dimension verliert! Wenn es Nintendo jetzt noch gelingt, dem visuellen Schritt auch eine neue spielerische Dimension abzugewinnen – der 3DS wäre der vermeintlichen Revolution auf Konsolen und im Kino schon voraus, bevor diese richtig durchstartet!