Hotaru saß gerne am Meer. Fernab des Lärms der Metropole von Tokyo war das Wasser der Bucht einigermaßen klar. Es war nicht so verdreckt wie weiter zum Zentrum von Tokyo hin. Dennoch hatte die Verpestung auch hier schon ihre Spuren hinterlassen. Am Strand lagen einige Ölverschmierte, tote Vögel. Anfassen würde er sie nicht, immerhin wusste er, dass die toten Tiere mehr Krankheitserreger in sich trug als die öffentliche Toilette in Shinjuku Station.
Dennoch fühlte er sich hier wohl. So anders wie zu Hause, wo seine Mutter über seinen Zopf meckerte und ihn mit seiner älteren Halbschwester verglich, die so viel besser war als er. Hätte sie doch im Ausland bleiben sollen, dann hätte sie hier nicht seinen Vater geheiratet und er wäre gar nichterst geboren worden.
Er seufzte. Da war er schon an seinem Lieblingsplatz und er dachte an seine Mutter. Ein kurzer Blick auf den Deckel seines Handys sagte ihm, das er besser zum Bahnhof marschierte um Heim zu fahren.
„Ich bin zu Hause!“, rief er in den Flur, während er seine Schuhe auszog und in seine Puschen schlüpfte. Hotaru drückte die Tür zum Wohnzimmer auf und verdrehte seufzend die Augen – seine Halbschwester lag, alle viere von sich gestreckt, mitten im Raum und fächerte sich Luft zu. Seine Mutter war nirgends zu sehen.
„Misako?“, fragte er mit skeptischem Blick zu der jungen Frau am Boden. Seine Schwester lag nur im T-Shirt dort und hechelte, als wenn sie einen dreifachen Marathon gelaufen wäre.
„Zu warm…“, erwiderte seine Schwester und schien ihn nicht weiter zu beachten. Hotaru schüttelte den Kopf und stellte seine Schultasche neben den Esstisch. Er ging in die Küchenzeile und durchsuchte den Kühlschrank nach etwas essbaren, doch war dieser, wie fast immer, leer. Die paar Sachen die darin waren durfte er nicht anrühren, sonst wurde seine Mutter fuchsteufelswild und darauf hatte er keine Lust.
„Seit wann bist du zu Hause?“
„Mittag“
„Keine Clubaktivitäten heute?“
„No~pe“
Hotaru seufzte erneut. Dieses Mädchen schien einfach immer eine Glückssträhne zu haben. „Wann kommt Mom heim?“
„Nachtschicht“
„Dad?“
„Gegen Zehn?“
Was hieß das er das Abendessen zu bereiten durfte, da Misako keinen Finger rühren würde. „Zieh dir wenigstens was ordentliches an und wenn es dein Bikini ist“, sagte er und löste den Knoten seiner Krawatte. Misako gehorchte, wenn auch etwas wiederwillig.
Hotaru selber ging in sein Zimmer, das kleinste der Wohnung und begann seine Schuluniform aus zu ziehen. Krawatte, Jackett, Hose und Hemd wurden fein säuberlich auf einen Kleiderbügel gehängt und verschwanden im Schrank. Dafür wurden eine kurze blassblaue Hose und ein kanariengelbes TShirt übergestreift. Neben an hörte er wie Misako sich umzog. Man hörte es, weil sie dabei einen ziemlichen Radau machte. Worum es ging verstand er nicht, den sie schimpfte in einer Sprache, die er nicht verstand und auch nicht verstehen wollte. Seit seine Mutter ihm gesagt hatte, dass die Schweiz viel einfacher gewesen war, hatte sich in ihm ein gewisser Groll gegen dieses Land sowie seine Bewohner aufgebaut. Das Misako schweizerdeutsch konnte lag daran, dass sie dort geboren worden war. Warum sie dann keinen europäischen Namen bekommen hatte war ihm auch nach fast 17 Jahren immer noch ein Rätsel.
Es war weit nach Neun, als er sich endlich in das kleine Badezimmer begab und eine Dusche nahm. Das lauwarme Wasser floss über seinen Rücken und seine langen Haare hingen ihm ins Gesicht. Hotaru konnte nichts dafür, dass er geboren worden war. Seine Mutter hatte sich schwängern lassen, nicht er. Dennoch bekam er jeden Tag zu spüren, das seine Mutter es ihm in die Schuhe schob. Er war immer Schuld. War es das der Fernseher den Geist aufgegeben hatte, oder das sein Vater zwanzig Minuten zu spät kam weil der Zug zu voll gewesen war und er den nächsten hatte nehmen müssen. Auch hatte sie ihm vorgeworfen er wäre zu klein geraten, womit sie bei 153 cm recht hatte, doch dafür konnte er nun auch wieder nichts, oder das er sich wie ein Mädchen benahm, wenn es um seine Haare ging. Er mochte sie so und selbst in der Schule sagte niemand etwas dagegen.
Am nächsten Morgen – einem Samstag, war es nicht sein Wecker, der ihn aus dem Schlaf riss. Eine stämmige Frau stand zwischen der Tür und seinem Bett und polterte unentwegt er solle aufstehen. Es dauerte einen Moment bevor er sich aufgesetzt hatte und sie verschlafen anstarrte.
„ … wie oft muss ich dir den noch sagen dass du…“, die Frau hörte im Satz auf, da sie den Blick ihres Sohnes bemerkte. „Misako hat nie verschlafen!“, meinte sie dann schnippisch und stolzierte aus dem Zimmer.
„Misako verschläft jeden Tag, alter Drache“, murmelte er und suchte ein Zopfband um seine Haare zu bändigen. Gähnend blickte er dann zur Uhr und sein Mund blieb offen. Hotaru hatte tatsächlich verschlafen und das nicht zu knapp. Nur um sicher zu gehen, dass seine Mutter die Uhr nicht vorgestellt hatte fischte er nach seinem Handy. Doch auch hier war die Uhrzeit zu weit fort geschritten, als das er nicht verschlafen haben konnte.
Aber warum hatte er eigentlich verschlafen? Hotaru versuchte sich zu erinnern, doch der Traum, der grade eben noch so schön gewesen war, schien jetzt schneller aus seinem Gedächtnis zu entrinnen, als das er entstanden war. Dennoch hatte er keine Zeit sich darüber zu ärgern. So schnell er konnte zog er sich an und verließ die Wohnung sogar ohne etwas zu essen.
Er rannte so schnell wie er konnte, doch der Klassenausflug war für ihn gegessen. Er konnte den Zug aus der Station fahren sehen bevor er diese überhaupt betreten hatte. „Verdammte Kacke!“, rief er laut aus und erntete einige schiefe Blicke dafür.
Immer noch keuchend tippte er die Nummer einer Klassenkameradin in sein Telefon und wartete ungeduldig dass sie abnahm. „Yu-chan!“, brachte er nur hervor, als sie sich nach dem zehnten Mal läuten endlich meldete. „Ja ich weiß das wir keine Handys mitbringen sollen, aber kannst du Onigawa sagen das ich im nächsten Zug hinterher komme?“, er hoffte, das sein Lehrer dem zustimmte. Auch wenn er schon in der Highschool war, so war das Schulsystem genauso gestrickt wie in der Grundschule – wer nicht erschien hatte keinen Anspruch darauf nach zu kommen oder mit machen zu können.
„Das ist ja wunderbar, ich treff euch dann dort“
Hotaru kam grade noch rechtzeitig am Zielort an, seine Schulgruppe war schon dabei den Bus zu besteigen.
„Senkawa-kun!“, rief ein älterer Mann mit grauen Haaren und hielt den Arm in die Höhe.
„Sensei, danke…“
„Das nächste Mal lass ich dich hier“
„Es wird kein nächstes Mal geben, Sensei, versprochen“, Hotaru hüpfte in den Bus und war sich ziemlich sicher, das Yuki ihre Trumpfkarte gespielt hatte. Er suchte sie im Bus und fand sie in der vorletzten Reihe, alleine sitzend. Yuki war ein Mädchen, das keiner von der Bettkante gestoßen hätte, ihre rostbraunen Haare reichen ihr bis zur Hüfte und selbst in der Schuluniform konnte man gut erkennen, dass sie mehr Vorbau besaß, als sie nötig gehabt hätte.
„Verschlafen?“, fragte sie spielerisch und wusste die Antwort schon bevor Hotaru auch nur den Mund aufgemacht hatte. Daher ließ er es gleich bleiben.
Er wusste dass ihn manche darum beneideten, dass er mit Yuki so kausal reden konnte, doch er empfand es weder als Ehre noch als Fügung. Sie waren Kindergartenfreunde und daran würde sich nichts ändern. Nicht ihre Oberweite und auch nicht ihr Hintern. Sie überragte Hotaru um fast acht Zentimeter und er war schon oft ein Opfer von schlechten Witzen geworden, wenn es um die Körpergröße ging.
Onigawa zählte die Schüler durch, die an diesem Samstag bei dem Ausflug dabei sein würden und kam zu dem Schluss, dass nun alle da waren. Sechs Mädchen und sieben Jungen.
„Ich fass es nicht dass ich ausgerechnet heute verschlafe…“, murmelte Hotaru und blickte an Yuki vorbei aus dem Fenster.
„Wo du dich doch so auf das Meer gefreut hast, meinst du?“, fragte ein dicklicher Junge hinter ihnen.
„Ja, Chigira-san, weil ich endlich einmal das Meer sehe ohne den ganzen Dreck den wir Tokyoer da rein leiten.“, erwiderte Hotaru und war froh, dass Chigira sich wieder hinsetzte und ihn nicht weiter mit Fragen belästigte. Oder ihm seine Anwesenheit aufdrückte. Hotaru reichte es eh schon das dieser Fettsack dabei war und er konnte sich auch ziemlich gut denken warum – er wollte Yuki und die anderen Mädchen im Bikini sehen.
Hotaru musste zugeben da er das auch ein wenig wollte, aber nun versank er wieder in Gedanken. Gedanken darüber was er eigentlich geträumt hatte. Er wusste noch, dass er unter Wasser gewesen war und dass dort eine fantastische Welt auf ihn gewartet hatte. Mit hunderten verschiedenen Fischen, Korallen, Walen, Haien und Delphinen. Es war so einfach gewesen sich Unterwasser fort zu bewegen, aber warum? Er kam einfach nicht darauf.
Zwei Stunden später stand er dann zusammen mit den anderen vor dem Schrein den sie besuchen wollten – dem sozialpädagogischen Teil dieser Exkursion, der andere wäre am Strand stattfinden, das wussten nicht nur die Schüler, sondern auch ihre Lehrkraft. Entsprechend legere stellte sich die Tour heraus, die Onigawa geplant hatte. Sie hörten sich an, wieso dieser Schrein gebaut worden war, wann er gebaut worden war und das er einer Frau gewidmet war, die vor langer Zeit hier im Meer ertrunken war.
Hotaru empfand das als sehr langweilig und er sehnte sich die Zeit nach der Führung herbei. Weil dann konnte er endlich das Meer sehen und sich wieder seinen Gedanken hingeben. Seinen Gedanken und der darin wohnenden Meerestiere. Doch er musste das Ganze noch über sich ergehen lassen, sie waren noch lange nicht fertig, wie ihnen Onigawa-sensei mehr wie einmal unter die Nase rieb.
„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!“, polterte er, als selbst die Mädchen anfingen ihrem Führer keine Beachtung mehr zu schenken.
Gefühlte Stunden später hatten sie alle etwas Geld in die Box geworfen um zu beten und dann zum Strand zu gehen – dem heimlichen Hauptteil dieses Ausfluges. Der Weg zu Strand erwies sich als einfacher als gedacht und leider auch voller. Es war kein einsamer Sandstrand wo man die Gedanken baumeln lassen konnte. Hier war der Tourismus in vollem Gange. Hotaru fluchte halblaut in sich hinein und begab sich dann mit den anderen Jungs zu den Umkleiden.
„Hey, was meint ihr für einen Bikini hat Nakara-chan gleich an?“, fragte Chigira und entging nur knapp Hotaru‘s Faust. „Senkawa-kun?!“
Etwas später standen sie alle wieder vor ihrem Lehrer, der selber immer noch ein TShirt an hatte und nicht so aussah als wolle er ihnen den Spaß verderben. Er blickte seine Schüler an und man konnte förmlich sehen wie seine Augen bei den Mädchen von Oberweite zu Oberweite huschten. B, C, D, E, alles war vorhanden und so war es dem lehr ziemlich egal, das Hotaru sich schon in Richtung Wasser begeben hatte. „Also, der letzte Zug fährt um 22 Uhr, bis dahin möchte ich wieder zu Hause sein… und jetzt habt euren Spaß!“, Onigawa entließ seine Schüler und marschierte zielsicher in Richtung Strandbar.
„Ihr seid langsam!“, rief Hotaru, der schon im Wasser stand, den anderen entgegen.
„Kann ja nicht jeder vor den Augen des Lehrers einfach verschwinden, Hotaru-kun!“, meinte Yuki, die die Arme unter der Brust verschränkt hatte und ihn taxierend musterte.
Hotaru wurde etwas rot um die Nase, den ihr Schwarzer Bikini betonte nur zu gut, was sie hatte und ihre Arme hoben ihre Argumente noch ein gutes Stück höher. „Yu-chan, nicht jeder hat Onigawa im Griff“, stichelte Hotaru zurück und machte sich daran schleunigst aus der Reichweite von Yuki zu kommen, bevor diese sich einen Reim darauf machen konnte, was er damit gemeint hatte. Es war allgemein bekannt unter den Schülern das Onigawa ein alter Lustmolch war und entsprechend großbusigen Schülerinnen mehr Aufmerksamkeit schenkte als jeglichen männlichen Vertreter. Hotaru schwamm einige Meter, bevor Yuki ihn eingeholt hatte und ihn untertauchte. „Duuuuu!!!“, fauchte sie und drückte ihn immer wieder unter Wasser. Chigira und die anderen Jungs schauten recht neidisch herüber, doch wurde dieser von Inigami Aki angesprungen und versenkt.
Yuki hatte ihn zum wiederholten Male unter Wasser getaucht als er aus dem Augenwinkel heraus etwas am Meeresgrund leuchten sah. Hotaru tauchte prustend auf und, bevor Yuki ihn erneut untertauchen konnte, verschwand unter der Wasser Oberfläche. Mit einigen Schwimmzügen hatte er sich nun weit genug von Yuki entfernt um noch einmal Luft holen zu können und schließlich zu dem Glitzern herab zu tauchen. Doch komischerweise war das Glitzern immer gleich weit entfernt, egal wie tief er eigentlich tauchte. Immer tiefer und tiefer. Als er es schließlich hätte erreichen können brannten seine Lungen wie Feuer. Er brauchte Luft, doch ein Blick nach oben ließ ihn zusammen zucken. Er war in einer Höhle oder etwas ähnlichem, den er konnte das Licht der Sonne nicht mehr erkennen, geschweige denn helleres Wasser.
Das brennen wurde immer stärker und langsam bekam er Panik. Er würde hier ertrinken, nur weil er wiedermal zu Neugierig gewesen war. Langsam wurde seine Sicht tunnelartiger und er meinte sich einzubilden, dass sich zwei Arme von hinten um ihn schlossen. Sie würden ihn in die Tiefe ziehen und als Wasserdämon hier behalten. Blonde Haare schwebten plötzlich in seine schwindende Sicht und kurz darauf folgten zwei haselnussbraune Augen und ein dazugehöriges Gesicht. Etwas weiches berührte seine Lippen…
„Huuurk!“, Hotaru schlug die Augen auf. Er musste mehrmals blinzeln, bevor er bemerkte, dass er immer noch Unterwasser war, doch er war nicht ertrunken, soweit er beurteilen konnte. Also, warum lebte er noch?
„Oh, du bist wach…“, beantwortete seine gedankliche Frage eine sanfte weibliche Stimme, die direkt in seinem Kopf zu sprechen schien. „ … Ich habe nicht erwartet das du so schnell… also ich war grade nach den Seekühen am schauen… ähm…“, Hotaru drehte sich zu der Stimme und er verschluckte sich an dem Salzwasser das ihn immer noch umgab.
Vor ihm schwebte eine Sagengestalt. Halb Fisch, halb Frau. Saphirblaue Schuppen bedeckten den Fischschwanz, der dieser Frau anstelle von Beinen gewachsen war. Ansonsten war es eine Frau aus einem Bilder buch. Blonde, lange Haare, üppige Kurven… Hotaru schüttelte den Kopf und atmete tief durch. – Wie konnte er überhaupt atmen? „Das liegt daran das du... ähm, ich, dich… geküsst habe…“, sagte die Stimme in seinem Kopf und er konnte aus machen, das die Frau ihm gegenüber dennoch die Lippen bewegt hatte. Antworten konnte er nicht, denn dann kann etwas heraus das sich so anhörte als wenn man versuchte Unterwasser zu reden – ein Ding der Unmöglichkeit. „Das Problem dabei ist… es gibt ein paar… Nebenwirkungen…“ Was für Nebenwirkungen? Außer das er grade Unterwasser atmen konnte und er sich wie im Traum vorkam hatte er noch keine anderen Wirkungen vernommen.
„Wenn du wieder an die Oberfläche willst…“, sie lächelte leicht gequält, „ solltest du dir im klarem sein, dass du hier gestorben bist. Also Hotaru Senkawa ist hier gestorben…“, verwirrt blickte er seine Retterin – oder Mörderin, an. „Schau an dir hinab, dann weißt du, was ich meine.“
Hotaru tat wie ihm geheißen und das Wasser konnte seinen Schrei kaum dämpfen. Er brauchte einen Spiegel ganz dringend, doch hier gab es keinen. Panisch schwamm er an der Meerjungfrau vorbei und prallte gegen etwas Unsichtbares. In der Öffnung, die wie ein Durchgang ausgesehen hatte war etwas, das ihn nicht durchließ. „Etoniliertes Glas!“, kommentierte die Frau und schwamm an seine Seite „Wenn du einen Spiegel brauchst, und du schaust so aus als wolltest du einen, dann frag doch einfach.“, sie grinste ihn an und hielt ihm dann einen Handspiegel entgegen.
Das Gesicht welches sich darin spiegelte war ganz sicherlich seins, nur die Augen, welche sonst braun gewesen waren blickten ihn nun in einem tiefen Grünton an. Auch waren seine Züge unwesentlich weicher. Ein Blick an sich hinab sagte ihm warum dies so war, aber warum zur Hölle war dem so?
„Ich hab es dir doch schon gesagt. Ich habe dich geküsst.“, beantwortete die Frau seine Frage. Und drückte ihn nun durch die Tür, durch die er grade nicht hatte schwimmen können.
Aber warum?
„Warum das passiert?“
Hotaru nickte.
„Ich kann es dir nicht erklären, aber ich glaube es liegt an dem Schrein und …“, weiter kam sie nicht den Hotaru blickte sie mit Verblüffung an.
„Ja, den Schrein haben sie wegen mir gebaut. Lange ist‘s her…“, lächelte die Frau.
Hotaru ging nochmal durch was er von der Führung im Kopf behalten hatte. Wenn sie die Frau war wegen der man den Schrein erbaut hatte, dann war sie… „Michelle“
Sie lächelte ihn weiter an und schwamm etwas voraus. „Ja, auch Gajin kommen manchmal nach Japan, lange bevor es die technischen Möglichkeiten wie heute gibt. Aber nun ja, ich denke wir bringen dich wieder nach oben. Und besuch mich mal wieder.“
Wo?!
„An deinem Lieblingsstrand“
„Hey, Senkawa-chan?“
„Senkawa?“
„Hitomi?!?“
„Ruft irgendwer eine Ambulanz, schnell!“, Onigawa hatte seine alte Stimme erhoben und bellte die Worte förmlich. Am Stand herrschte Aufruhr, denn Yuki war panisch kreischend durchs Wasser gejagt als ihre beste Freundin nicht wieder an die Oberfläche gekommen war. Wenig später war sie, mit den Gesicht nach unten wieder an die Oberfläche gekommen und die Jungs hatten sie zusammen mit ihrem Lehrer an Land gebracht.
„Was hat das Mädchen bloß angestellt?“, meinte der alte Mann und fühlte ihren Puls, der zwar schwach war, aber vorhanden. „Wenigstens lebt sie noch. Nakara-san? Nakara-san, wo bist du?“, fragte er und Yuki kam verängstigt und von Aki sowie Nanako gestützt zu ihrem Lehrer.
„Was ist passiert?“, fragte er und war froh, dass er in der Ferne schon die Sirene der Ambulanz hören konnte.
„Wir haben g... gespielt und dann ist sie untergetaucht… und nicht mehr hoch gekommen!“
„Senkawa-san?“, Hitomi schlug die Augen auf, „Senkawa-san?“
„Ja…?“, fragte sie mit schwächlicher Stimme zurück und schlug sich sofort die Hände vor den Mund das war nicht ihre Stimme. Ruckartig schnellte sie aus dem Bett nach oben und verfluchte sich ihm gleichen Moment dafür, da ihr schwindlig wurde.
„ Immer mit der Ruhe, Mädchen, immer mit der Ruhe.“, sagte die gleiche Stimme, die sie auf geweckt hatte und zwei kräftige Arme drückten sie zurück ins Bett.
„W... wo bin ich?“, fragte sie und blickte sich verwirrt um. Es war ein Krankenhauszimmer, daran bestand kein Zweifel, aber warum war sie hier? Hitomi konnte sich einfach nicht entsinnen warum sie in einem Krankenhaus sein musste.
„In der Präfekturalklinik, sie sind fast ertrunken. Ich wird ihren Klassenkammeraden sagen, dass sie wach sind – und ihren Eltern.“
Ertrunken? Hitomi sah den Mann nach, der den Raum verließ und dann trafen sie die Erinnerungen wie eine Abrisskugel. Michelle, das Glitzern am Meeresboden, ihr Leben als Hotaru… Und sie verstand nun auch, was Michelle damit gemeint hatte, das Hotaru Senkawa in dem Moment gestorben war, als sie sie geküsst hatte. Michelle hatte ihr schlicht weg ein neues Leben geschenkt.
„Hitomi?“ Diese blickte zur Tür und sah darin Yuki stehen, die ins Zimmer stürzte und ihrer Freundin einen Kuss aufdrückte, der diese überraschte, den normalerweise hatte Yuki immer etwas dagegen gehabt. Hinter ihr kamen die anderen herein und auch Hitomis Mutter kam herein gestürmt. Etwas langsamer und bei weitem taktvoller kam ihre Schwester Misako herein, die dennoch glücklich darüber schien, das Hitomi nicht ertrunken war.
Es war wieder einmal einer dieser Abende an dem Hitomi sich an ihren Lieblingsstand zurückgezogen hatte. Alleine, wie immer wenn sie ihren Kopf aussortieren musste. Die letzten Wochen waren eine einschneidende Lebenserfahrung gewesen. Einmal die Tatsache, dass sie jetzt ein Mädchen war (und keiner glaubte dass sie mal ein junge gewesen sein könnte) und zum anderen all die kleinen Missverständnisse die damit zusammen hingen. Auch behandelte ihre Mutter sie besser als sie es jemals getan hatte als sie noch Hotaru gewesen war und Hitomi kam auch besser mit Misako klar.
Wenn sie etwas am Mädchen sein nervte waren es diese Brüste sie sie hatte. F-Cup, sie überragte da sogar noch Yuki und das war ihrer Meinung nach ein Ding der Unmöglichkeit. Ihre erste Periode hatte sie ganz gut überstanden.
„Nee-chan, du bist eine richtige kleine Bitch wenn du deine Tage hast, weißt du das?“, hatte ihre Schwester gemault als Hitomi sie dazu verdonnert hatte selber zu kochen.
Und nun waren bald schon wieder Ferien. Seufzend blickte Hitomi aufs Meer hinaus. Und da saß sie. In der untergehenden Sonne. Sie blickte über ihre Schulter zu ihr und lächelte Sanft.
„Michelle!“
- Fin -