[Abgebrochen] Der unaufhaltsame Regen aus Mikata

Olaf555

Scriptor
Es handelt sich hierbei um eine Fantasy Geschichte.
Das Setting richtet sich an das Mittelalter, somit wird es hier keine Telefone, Gewehre oder sonstiges geben.

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Leise prasselte der Regen gegen die provisorische Überdachung aus Leder, um die darunter Sitzenden vor der Witterung zu schützen. Der unaufhaltsame Wind und Regen waren die Anzeichen, dass die Regenzeit in Mikata angebrochen ist, in der es 14 Tage und Nächte durchweg regnen und stürmen sollte. Eine trostlose und schwermütige Zeit für die jungen Krieger, die in Pilo stationiert waren. Nicht nur, dass sie auf offenen Feld ausharren mussten, da das kleine Dorf keinen weiteren Platz mehr bot, sondern auch weil die Ausrüstung der Krieger mehr als bescheiden war. Die Kämpfer unteren Ranges hatten ein kleines Vorzelt aus Leder und dickeren Stämmen errichten können, sodass sie sich nicht komplett durchnässten. Sie konnten sogar eine kleine Feuerstelle einrichten, an der die kleine Gruppe aus vier Personen Platz fand. Trotz des knisternden, lodernden Feuers konnten sie sich dennoch nicht vollends aufwärmen. Der pfeifende, feuchte Wind wehte nämlich förmlich die ganze Wärme aus ihren Adern hinweg. Selbst die kleine Behausung, die sie errichtet hatten, half ihnen dabei nicht und der anhaltende Regen erschwerte es den jungen Leuten gescheites Feuerholz zu besorgen, um ihre einzige Wärmequelle mit Futter zu versorgen. Jedes Mal wenn sie die schützende Überdachung aus Leder verließen und nach kurzer Zeit zurückkehrten, war ihre einfache Bekleidung, bestehend aus Lederwams, Baumwollen-Hose und Lederstiefel mit Fransensaum, durchnässt und brauchte ewig bis diese mal trocken wurde – wenn sie das überhaupt mal war.

Diese Ausrüstung war das Mindeste was Shion und seine Gefolgsleute bekamen. Sie waren nämlich nur einfache, unerfahrene Krieger, die meist an vorderster Front kämpften und somit nicht mit prunkvollen Metallrüstungen ausgestattet werden mussten, die mehr zum Aussehen beitrug, als zum Schutze. Jedoch erwartete sie in Pilo, dem kleinen Fischendorf, keine Schlacht großen Ausmaßes in der schwere Ausrüstung nötig wäre, sondern sie sollten einen wichtigen Händler aus Frimal in diesem Dorf treffen und dem Kaufmann sicheres Geleit nach Ryukuza bieten, die Hauptstadt von Mikata, in der auch die Regentschaft und Prinzessin Amaya lebte. Diese Unterführung wurde jedoch nicht nur von der kleinen Gruppe aus vier Personen durchgeführt, sondern es gab auch noch unzählige Unteroffiziere und Offiziere, die direkt vor Ort im Dorf waren und in einer gemütlichen Behausung, vor Kaminfeuer und bestem Essen stationiert waren. „Mensch Shion! Wie lange willst du noch dort stehen und Regenwasser in deinen Händen auffangen? Hast du etwa noch nicht genug davon?“, erfragte grinsend Kin Okube, ein Mann der 20 Lebensjahre bereits hinter sich hatte und somit genauso alt war wie Shion. Jedoch fehlten ihm die oberen Schneide- und Eckzähne, weswegen sein Grinsen mehr wie das Gesicht eines Perversen aussah, als das eines freundlichen Menschen. Angeblich soll er die Zähne verloren haben, als er für seine kleine Schwester Essen stahl. Der Besitzer dieses Essens, ein Adeliger höheren Standes, ertappte ihn jedoch dabei und forderte als Strafe seine Eck- und Schneidezähne für seine private Sammlung. Das war jedenfalls die Geschichte, die Kin ihm erzählt hatte. Entweder glaubte Shion es ihm oder nicht, letzten Endes machte dies aber kein großer Unterschied, da sie früher oder später getrennte Wege gehen oder gemeinsam auf einem Schlachtfeld sterben. „Verzeih, ich war wieder in Gedanken.“, antwortete er, seine Augen immer noch in die Wassermenge, die sich in seinen Händen gesammelt hatte, gerichtet, als ob er in ihr irgendwas sehen würde, bevor er sich von ihr löste und das Wasser auf den matschigen Boden fallen ließ. „Wenn du weiterhin so vor dir her träumst, setzten sich noch Vögel auf deine Schulter, weil sie denken, dass du eine Statue wärst.“, gab Kin scherzend von sich, während er aus einem Kupferkessel, der über der Feuerstelle hing, schleimigen Haferbrei in eine Holzschüssel scheffelte und diese Shion reichte. „Ist er nicht schon die ganze Zeit so gestimmt? Ich meine, wenn er mal nicht irgendwo steht und in Pfützen starrt, ERST dann würde ich mir Gedanken machen.“, warf ein kräftiger Mann namens Wergu Drein sarkastisch ein, der mit dem Haferbrei besetzten Löffel auf Shion und dann auf den Rest der Gruppe zeigte.

Wergu zählte die meisten Lebensjahr in der Gruppe und selbsternannte sich somit selbst zum Anführer. Das Verhältnis zwischen Shion und dem griesgrämigen Mann war ziemlich feindlich. Aus irgendeinem Grund, den Shion auch nicht erahnen konnte, mochte der Mann ihn schon seit dem ersten Anblick nicht. Er hatte lediglich in Erfahrung bringen können, dass es sich bei Wergu um einen klassischen Trinker handelte, der gerne mal über die Stränge ging und sich von nichts und niemanden etwas vorschreiben ließ. Jedoch konnte man anhand seiner kräftigen Statur und leicht deformierten Gesicht erkennen, dass er nicht immer nur in den Tavernen ausgeteilt hatte, sondern auch einiges einstecken musste.

„Ach was, sei doch nicht immer gleich so gemein zu unserem Schönling hier.“, erwiderte Suki, die sich neben Shion gesetzt hat und sich aufdringlich an ihn schmiegte, während er den miserablen Haferbrei zu sich nahm und sich versuchte von ihr zu entfernen. „Herrje, wieder einmal die kalte Schulter.“, schmollte sie gespielt und ließ nur schweren Herzens von ihm ab.

Suki Olichichi war nur ein paar Jahre älter wie er selbst, aber hatte es vermutlich schon mit mehr Männern getrieben, als das ganze Dorf Pilo. Die junge, schlanke Frau behauptet stetig ganz offen und ehrlich, dass sie das brauche, um sich lebendig und befriedigt zu fühlen, weswegen ihr Ehemann, der sie bei einer ihrer nächtlichen Aktion mit mehreren Männern erwischt hatte, aus dem Haus geworfen hatte. Nymphomanin war wohl dafür der richtige Begriff, was ihm Kin auf der Reise erzählt hatte. Vermutlich hatte sie es auch schon mit den anderen Gruppenmitgliedern, außer mit Shion, gemacht, von dem sie wie besessen zu sein scheint und ihn stetig in irgendeine Art und Weise versucht anzumachen.

„Lasst ihn doch. Solange er nicht im Kampf träumt und uns somit alle in Gefahr bringt, kann er so viel träumen wie er möchte.“, mischte sich Meiya ein, die dem ganzen Spektakel zugesehen hatte und sich nun auch an dem Haferbrei bediente.

Meiya Cuvy besaß nur noch ihr rechtes Auge und war fast so alt wie Wergu. Ihr anderes Auge hatte sie durch ihren Ehemann verloren, der sie jahrelang geschlagen und misshandelt hatte. Durch einen eskalierten Streit hatte Meiya ihn jedoch getötet und hat noch bis heute, für Shion unbegreiflich, Schuldgefühle für ihre Tat. Aber der junge Mann war über die Anwesenheit der Frau dankbar, da diese wohl einer der normalsten in dieser außergewöhnlichen Gruppe zu sein scheint.

„Ach was, solche Leute würden noch heute bei Mutti an der Titte hängen.“, fluchte Wergu lauthals und spie angewidert aus, um sein Unmut Ausdruck zu verleihen. „Also wenn er möchte, könnte er auch an meinen hängen.“, erwiderte Suki lachend und streckte ihren Brustkorb weiter hinaus, um ihrer Oberweite, die man trotz des eng anliegenden Lederwamses ausmachen konnte, größer wirken zu lassen. „Mensch! Jetzt lasst doch mal den guten Shion in Ruhe. Sonst vergeht ihm noch der Hunger an dem leckeren Haferbrei.“, versuchte ihn Kin zu verteidigen, während er sich grinsend eine weitere Schüssel einscheffelte. Trotz allem konnte Shion diesen Haferbrei nicht mehr sehen. Schon mehrere Tage lang mussten sie sich mit dieser bescheidenen Mahlzeit zufrieden geben, während sich die hohen Tiere die Bäuche mit leckeren Hähnchenkeulen und frischen Brot vollschlugen. Genervt über diese Tatsache zwang er sich den letzten Bissen Haferbrei herunter und stand anschließend auf, um sich von der Gruppe wieder ein wenig zu entfernen. „Na toll. Das habt ihr ja mal wieder toll hinbekommen!“, schob Kin die Schuld der Nymphomanin und dem Grobian zu, während er besorgt zu Shion schaute, der wieder am Rande der Überdachung stand und auf das Fischerdorf hinabblickte. „Der soll mir gestohlen bleiben.“, gab Wergu nur noch von sich und ignorierte ihn daraufhin. Suki zeigte nur fragend mit einem verwirrendem Gesicht auf sich, um zu sagen: „Was ich? Was habe ich denn bitte falsch gemacht?“

Shion Atar wurde in seinem 16. Lebensjahr von seiner adeligen Abstammung entmachtet. Sein Vater war ein hochangesehener Stratege des Königshauses gewesen, weswegen es Shion in dieser Zeit an nichts fehlte. Einen hohen Rang, Unmengen an Essen, die feinsten Kleider und eine ausgereifte Bildung, um später in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Es kam jedoch alles anders. Denn das Land Mikata verlor den langanhaltenden Krieg gegen Risal, ein gewaltiges Land mit viel ertragreicher Fläche, das aus wirtschaftlichen Gründen einen Krieg mit der Regennation angezettelt hatte. Kyo Atar, der Vater von Shion, war ein persönlicher Kriegsstratege des Königs gewesen. Der König wurde jedoch nach der Niederlage gegen das übermächtige Land geköpft und seine Tochter, Prinzessin Amaya, wurde mit einem kleinen Prinzenjungen aus Risal verlobt, um das Land noch weiter zu demütigen und zu kontrollieren. Der Grund der raschen Niederlage war sein Vater gewesen, der geheime Informationen weitergab, absichtlich schlechte Schlachtformationen kreierte und somit unzählige Menschenleben für das Wohl des feindlichen Landes opferte. Die Bürger von Mikata forderten deshalb den Kopf seines Vaters und dessen Blutlinie. Jedoch verdankte Shion sein Leben der Regentschaft, gebildet von mächtigen Adeligen aus Risal, die ihm einen Kompromiss vorschlugen. Entweder er töte seinen eigenen Vater auf einem öffentlichen Platz und trat dem Militär bei oder man würde ihn mitsamt des Verräters aufhängen. Shion entschied sich für den Kompromiss und enthauptete somit seinen Vater und war nun ständig unter den Augen der Regentschaft, die ihn an der kurzen Leine hielt. Im Nachhinein dachte er sich, dass vermutlich der gemeinsame Strick besser gewesen wäre, denn die Leute von Mikata konnten dennoch der ganzen Blutlinie Atar nicht vergeben und begegneten ihm nur mit Hass.


Shion war nun schon vier Jahre im Militär und konnte seinen Rang bis heute nicht steigern. Sein längeres, silbernes Haar hing geflochten nach unten und ließ die letzten Regentropfen von sich weichen. „Hoffentlich kommt bald der Händler aus Frimal.“, gab er seufzend von sich und lehnte sich an einen Holzbalken, seine Augen gen Fischerdorf gerichtet.
 

Olaf555

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Hier ist Kapitel 2.

Wie immer kann im Diskussionsthread diskutiert / Kritik ausgeübt werden.

„Aufstehen! Man verlangt nach uns.“ Wergu stand über Shion und trat ihm leicht in die Seite, um den Aufwachprozess etwas zu beschleunigen. Das Leder federte zwar ein Großteil des Trittes ab, aber dennoch erfüllte es seinen Zweck und der ehemalige Adelige hatte schon jetzt miefige Laune und erhob sich langsam aus seinem Bett aus Geäst. Nicht das er durch das Geschnarche diverser Personen kaum schlafen konnte, sondern weil er sich schöneres vorstellen konnte, als von einem deformierten grinsenden Gesicht und einem Tritt in die Seite geweckt zu werden. „Ja, vielen Dank fürs Aufwecken. Wie ist die Lage?“, erkundigte er sich bei Meiya, die schon länger auf den Beinen schien und das Feuer mit einer Schüssel Wasser löschte. „Unverändert. Jedoch wurde eine blaue Flagge auf dem Kirchturm gehievt.“ Eine blaue Flagge stand in Mikata für eine strategische Versammlung, an dem Teilnahmepflicht ist. Shion wäre eine Gelbe lieber gewesen, denn diese bedeutete, dass das Ziel den gewünschten Zielort erreicht hatte. „Also dann, Herrschaften. Packt eure Sachen und begrüßt unsere netten Offiziere, wie ihr es gewohnt seid.“, kommandierte Wergu umher und ließ seinen Zweihänder auf dem Rücken fixieren. Wie man anhand seiner draufgängerischen Art und kräftigen Statur erahnen konnte, war seine Vorliebe für Waffen auch eher die etwas Groben. Shion hingegen besaß nur zwei geschwungene Kurzschwerter und ein Set aus Wurfdolchen, um entfernte Gegner einzuschränken oder zu dezimieren. Jedoch verfehlte er mehr seine Ziele, als das sie ihm jemals etwas bei seinen Übungen gebracht hatten. „Soll ich Igor wie letztes Mal aus dem Konzept bringen?“, kicherte Suki, während sie ihr Schwert an der Hüfte verstaute und ihre kleine Armbrust an der Hand fixierte. Es handelte sich hierbei um eine kleine Ausstattung, die dem Gegner auf kurzer Distanz einen Bolzen in den Rachen jagen konnte. Eine feige, aber effektive Waffe im Nahkampf, wenn man das Überraschungsmoment auf seiner Seite hat und der Gegner nicht zu dick gepanzert an den wichtigen Stellen war. Das Nachladen hingegen ist im Nahkampf nahezu unmöglich, wenn der Feind ohne weiteres auf Suki fixiert ist. Außerdem wäre der Überraschungsmoment im Nachhinein aufgehoben. „Bitte nicht, sonst muss ich wieder den Kopf für dich hinhalten und wir kommen genauso weit wie bei der letzten Versammlung. Nämlich gar nicht.“, versuchte Kin sie von ihren ruchlosen Plänen abzuhalten, während er sein Eisenschild schulterte und auf die anderen wartete. „Shion sag du doch auch mal was. Auf mich will sie ja nie hören!“ Mit dem Blick eines bettelnden Hundes ersuchte er die Hilfe seines treuen Gefährten, auf den er sich immer verlassen konnte. „Bin ich nun ihr Vormund geworden? Bitte … Alles nur das nicht.“, gab er nur von sich und verstaute seine zwei geschwungene Kurzschwerter an seiner Hüfte. „Also von dir würde ich wirklich alle Befehle befolgen, werter Shion. Wirklich a-l-l-e.“ Den letzten Satz betonte Suki besonders und fuhr sich vielsagend über ihren Körper. „Nein. Da muss ich dankend ablehnen. Ein Waschbrett sieht im Vergleich zu dir wohl ziemlich alt aus.“ Shion war eigentlich schon die ständigen Anmachsprüche von Suki gewöhnt, konnte sich jedoch seine Konterargumente meist nicht sparen, was meist die Situation nur schlimmer machte. „ Du bist also einer von denjenigen, die besondere Vorlieben haben?“ Meiya stand mit ihrem Langbogen neben Kin und hatte das ganze Schauspiel amüsiert angesehen, worauf sie sich diese Aussage nicht verkneifen konnte. „Nicht du auch noch …“ Shion war eigentlich immer davon überzeugt gewesen in ihr die einzige wahre Verbündete zu sehen. Jedoch spielte sie zu oft bei diesen Spielchen mit, um Suki aus der Hinterhand zu unterstützen. Er war sich nicht sicher, ob sie das einfach nur tat, sodass die Nymphomanin schneller zum Zug kam und sich Shion endlich hier hin gab, oder ob es einen anderen Grund hatte. „Was? Du bist doch selber daran schuld, dass du eine Frau so lange warten lässt. Ich sage nur, je länger es dauert, desto schlimmer wird es. Also steh endlich deinen Mann und besorg es ihr mal so richtig. Es ist ja nicht so, als ob dabei irgendetwas verlieren würdest. Eher im Gegenteil.“, schlug Meiya ihm vor und bedeutete der Gruppe sich endlich mal zu beeilen, anstatt die ganze Zeit herumzutrödeln. Im Grunde genommen hatte sie ja Recht. Er machte sich die Probleme selbst, in der eigentlich keine waren. Jedoch hielt ihn sein Stolz davon ab es mit solch einer Frau zu treiben. Außerdem hatte er wichtigere Dinge zu erledigen, als sich um eine nicht vorhandene Sexbeziehung mit einer Nymphomanin zu kümmern. Der Adelige musste seinen Status als einfacher Krieger sobald mal loswerden. Vier verdammte Jahre hing er nun schon mit dieser Gruppe zusammen und hatte das Gefühl, dass sie der Grund waren, dass er jetzt noch keine höhere Position zugeschrieben bekommen hatte. Die Leute übersahen einfach sein Potential oder sie wollten ihm keine Macht zuschieben, weil sie das bereits schlecht gelaunte Volk nicht noch weiter strapazieren wollten.

Der Regen ging auch an diesem Tag weiter und durchnässte die kleine Gruppe bis sie das Rathaus von Pilo erreichten und die dicke Eichentür öffneten. Wärme eines Kaminfeuers, welches am Rand der Halle vorzufinden war, schlug ihnen entgegen, als sie eintraten. Das Rathaus bestand aus zwei Stockwerken und war üblich für die Größe dieses Dorfes. Im ersten Stock fand man mehrere Sitzplätze am Feuer, um es den Gästen so bequem wir nur möglich zu machen, während sie darauf warteten, bis ihr Anliegen bearbeitet werden konnten. Am Ende der Halle konnte man einen großen Tresen sehen, hinter dem mehrere gut bekleidete Männer standen und die Anliegen der Gäste bearbeiteten. Einer von ihnen bedeutete ihnen, sich erstmal an das warme Feuer zu setzen, während er etwas auf einem Papier festhielt, dieses versiegelte und in einen der Schränke verschloss, die hinter den Tresen vorzufinden waren. Üblicherweise wurden die Dokumente und Verträge in verschiedenen Schränken unter Verschluss gehalten. Nur der Ratsvorstand hatte Zugang zu diesen Schränken und war befugt, Verträge aufzulösen, wenn sie den Gesetzen wiedersprachen oder man nachweisen konnte, dass der Vertrag einer Partie zu viel abverlangte, wie dem eigentlich zustand. Somit wurde eine sichere Basis für Händler, die von außerhalb kamen, als auch für die Händler in Pilo sichergestellt, dass alle ein ordentliches Geschäft abschließen konnten, ohne über den Tisch gezogen zu werden. Sollte dennoch eine Kondition des Vertrages gebrochen werden und die besagte Seite widersetzt sich den erstellten Schaden zu begleichen, kann diese in Verhandlungen mit der anderen Partie treten und somit ein Kompromiss finden. Sollte keiner gefunden werden, dann werden die Informationen der Partie, die den Schaden verursacht hat, an alle Rathäuser weitergeben und somit würde diese dann auf der schwarzen Liste landen. Dadurch soll der Handel der Vertragsbrecher erschwert werden, bis sie irgendwann gezwungenermaßen die Schuld begleichen, insofern sie ihr Geschäft weiterführen möchten.

Kyo Atar, der Vater von Shion, hatte ihm dieses System erklärt, da eine erfolgreiche Wirtschaft die Gesundheit eines Landes darstellte und man nur mit einem gesunden Herz auch Krieg führen konnte. Dieses System war ein revolutionärer Durchbruch in Mikata gewesen, welches sich die anderen Länder ebenfalls aneigneten, um den internationalen Handel weiter anzukurbeln und die Verbrecherrate zu reduzieren. Shion konnte im Bereich Wirtschaft zwar einiges von seinem Vater lernen, dass im Zusammenhang mit Politik oder Kriegsführung stand, aber vermutlich würde es ihm persönlich schwerfallen, direkten Handel mit jemanden anderen zu betreiben und die richtigen Preise für seine Waren festzulegen.

„Wenn Sie mir nun bitte folgen würden.“, sprach sie der gut bekleidete Mann an, der zuvor das Pergament versiegelt hatte und seine Arbeit wohl erledigt hatte. „Wurde auch mal langsam Zeit.“, knurrte Wergu und erhob seine mächtige Gestalt, die einen großen Schatten in den Raum warf, sodass die anderen Gäste den Augenkontakt mit dieser Bestie vermeiden wollten. „Wergu, du verschreckst die ganzen Leute. Kannst du dich nicht mal ein wenig kleiner machen oder sanfter wirken?“, versuchte Kin auf den Hünen einzureden, der der Bitte jedoch nicht nachkam und schweren Schrittes dem gut bekleideten Mann in den zweiten Stock folgte. „Nein, es ist nicht nur Wergu. Seit wir in das Rathaus gekommen sind, wurde die Luft hier schwerer und die Gäste versuchten uns so gut es ging zu meiden. Wahrscheinlich denken sie, wir wären irgendwelche Söldner, die Probleme auf einer anderen Art und Weise erledigen wollen.“ Shion hatte den Unterschied bemerkt, als sie in das Rathaus traten und somit die Gespräche leiser wurden. Manche Gäste schauten immer nur kurz zu ihnen hinüber und schauten sofort wieder weg, wenn sie dachten, man würde zurückschauen. „Ihr habt ein sehr gutes Auge, Herr. Nehmt Ihnen es aber bitte nicht übel. Wir sind hier immerhin in einem Rathaus und hier wird mit Worten gekämpft und nicht mit Waffen. Außerdem weiß nicht jeder, dass ihr dem Land Mikata dient.“ Der Mann lächelte kurz entschuldigend und schritt mit ihnen durch einen kleinen Flur und wies am Ende auf eine Tür, die wohl für größere Besprechungen gedacht war. „Die Herren warten bereits auf Euch.“, sagte er nur noch, verneigte sich und ließ die Gruppe wieder alleine.

Knarrend wurde die Tür aufgeschoben und die Gruppe trat in gedämmtes Licht ein, in dem man sechs weitere Personen ausmachen konnte, die in der Mitte des Raumes um einen breiten Tisch standen, auf dem eine Landkarte und verschiedene bunte Püppchen stationiert waren. „Ihr seid spät dran.“, gab eine unzufriedene, männliche Stimme aus der Runde von sich und musterte die Ankömmlinge genau. „Der Regen erschwerte uns den Weg und der gute Herr unten hat uns ebenfalls warten lassen. Also sucht die Schuld nicht nur bei uns.“, konterte Shion, während er die anderen Offiziere einer nach dem anderen herausfordernd anschaute. Unter den sechs Offizieren konnte man auch zwei Frauen ausmachen, was in Mikata zwar gewöhnlich ist, man aber in anderen Ländern nicht antraf, in der die Frau noch in ihren Rechten unterdrückt wurde. Zwar war es in diesem Land auch nicht so häufig vertreten, da viele Adelige sich noch dagegen wehrten und die Anforderungen für solche Position für Frauen besonders schwer machten. Manchmal kam es auch zu gewollten Übergriffen, um diese enthusiastischen Frauen zu brechen und somit unbrauchbar für solche wichtigen Positionen zu machen. Trotz allem standen vor Shion nun zwei von ihnen in edlen Kettenhemden, die ihn und die anderen mit harten Augen begutachteten. Der ehemalige Adelige wollte sich gar nicht ausmalen, was diese zwei durchmachen musste, um nun dort zu stehen. Sie waren auf jeden Fall weiter wie er, obwohl sie dem anderen Geschlecht angehörten. „Ist doch auch nun egal. Es ist ja nicht so, als ob wir in der Zwischenzeit sowieso zu einem festen Entschluss gekommen sind.“, warf eine von ihnen ein und schaute versöhnlich die Gruppe der jungen Krieger an. Die Frau hatte eine schlanke Figur und braunes kurzes Haar, welches gut gepflegt aussah. An ihrer Hüfte baumelte ihre Schwertscheide leicht, als sie sich vor den Ankömmlingen leicht verneigte. „Ich glaube wir haben uns nur vor ein paar Tagen kurz gesehen und kamen noch nicht wirklich dazu uns vorzustellen. Mein Name ist Kara Lightstone und das neben mir ist meine Schwester Samia Lightstone.“ Sie zeigte auf die Frau neben ihr, die ungefähr gleichgroß war, jedoch längeres braunes Haar hatte und es zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. „Sehr erfreut.“, fasste sich kurz und verneigte sich ebenfalls kurz vor den Neuankömmlingen. „Hoho, Schwestern also.“, wiederholte Wergu anzüglich noch mal und ließ seinen lüsternen Blick über die Körper der Offizierin gleiten. Shion und die anderen hofften nur, dass es bei dieser respektlosen Aussage blieb und er sich nicht noch weiter aus dem Fenster lehnte.

„Dieser Herr hier, der euch eben so nett darauf hingewiesen hat, dass ihr zu spät seid, heißt Igor Rwutzik.“ Ein dicker Brustharnisch verziert mit kleinen Insignien umfasste seinen Oberkörper, darüber konnte man ein markantes Gesicht erkennen, das nicht sonderlich erfreut war, die jungen Leute hier zu sehen. Anstatt sie zu begrüßen wie die Schwestern schnalzte er nur genervt mit der Zunge und richtete kein weiteres Wort an sie. Die anderen drei Personen stellte sie als Mark Notor, Rio Retzu und Olaf Ibran vor, die Unteroffiziere waren. Sie trugen ebenfalls Lederausrüstung, die jedoch in einem viel besseren Zustand und extra für die Personen angepasst waren. „Ich werde mich kurzfassen. Die Lage ist schlechter, als wir erwartet hätten. Spähern zufolge sollen feindliche Bewegungen der Gruppierung ‘Roter Regen‘ erfolgt sein. Vermutlich ist deren Ziel die Entführung von unserer Zielperson, die noch heute eintreffen soll. Also bleibt uns nicht viel Zeit zum Agieren.“ Bei dem Fall des Namens verfiel die Gruppe in kurzes Schweigen, denn die Organisation ‘Roter Regen‘ war die einflussreichste Gegenbewegung seit dem Mikata von dem Land Risal unterworfen und die Prinzessin zwangsverlobt wurde. Sie setzt alles daran, diese Eindringlinge auszumerzen und den alten, ehrlichen Glanz von Mikata wiederherzustellen. Sogar einige frühere Politiker und angesehene Kaufleute sollen unter ihnen sein, weshalb sie auch so viel Aufmerksamkeit und einen hohen Status erregen. „Was wollen sie denn bitte mit einem Kaufmann von Frimal, der laut Akten in Risal geboren ist und keine Anzeichen vorweist sein eigenes Land zu hintergehen?“, warf Shion fragend in die Runde und betrachtete eine Karte vor sich, in der alle Gebäude des Dorfes, ein und ausgehende Straßen eingezeichnet waren. „Das hat Sie gar nichts zu interessieren. Sie sind nur hier um Befehle zu befolgen.“, antwortete auf die Frage nur der griesgrämige Igor, der vier bunte Püppchen auf das Rathaus stellte, um zu verdeutlichen, dass sie nur einfache Figuren waren, die man verschieben konnte. „Nein, ich denke die Frage ist durchaus berechtigt.“ Überraschenderweise hatte sich Wergu zu Wort gemeldet und schien Shion zu verteidigen. „Versteh mich nicht falsch, Shion, aber für mich ist es wichtig zu erfahren, um was es hierbei geht.“ Es hätte ihn auch überrascht, wenn der sonst immer gemeine Wergu, auf einmal ihn verteidigt hätte. „Mit anderen Worten, wir müssen wissen, warum es ´Roter Regen´ auf diesen Händler abgesehen hat. Wollen sie ihn bekehren, sodass sie einen weiteren mächtigen Verbündeten haben? Oder wollen sie ihn entführen und eine hohe Summe an Gold verlangen, sodass sie ihre eigene Vorratskammer auffüllen können? Oder wollen sie ihn töten, um einen einflussreichen Mann zu beseitigen? Kurzum, wenn wir den Grund wissen, können wir besser planen.“ Alleine die Tatsache, dass dieser Mann eine Eskorte von 4 Kriegern und 6 Offizieren bekommen sollte, spricht von einem hohen Status des Händlers oder dieser war einfach nur traumatisiert von früheren Reisen ab Pilo. Letzteres war aber einfach zu absurd, um es als Grund durchgehen zu lassen, denn dann würde er ja so gut wie kein Gewinn, wenn überhaupt, machen. Außerdem würde man diesen Weg nicht doppelt beschreiten, wenn dies der Falle gewesen sein sollte, es sei denn es gibt einfach keinen anderen.

Bevor Igor wieder aufbrausend antworten konnte, was sich dieser Dreck erlaubte, lächelte Samia ihn nur leicht an und antwortete an seiner Stelle. „Wenn wir das wüssten, hätten wir das schon längst in Betracht gezogen. Also können wir nur vom schlimmsten ausgehen, dass sie unsere Zielperson ermorden möchten.“ Stille herrschte wieder in dem Raum und die kleine Gruppe aus vier Personen schaute sich kurz an, um sich gegenseitig zu vergewissern, dass sie für einen möglichen Kampf vorbereitet wären. „Wie schön, dass ihr euch einig seid.“, fuhr Igor einfach weiter und deutete mit einem Finger auf das Rathaus und fuhr dann bei der anliegenden Straße mit seinem Finger außerhalb des Dorfes. „Hier werdet ihr unseren Händler namens Friedrich Walter treffen. Eine Eskorte hatte er bisher nicht. Fragt nicht warum, ich weiß es selber nicht was in dem Kopf dieses Mannes beziehungsweise unseren Vorgesetzten vor sich geht. Jedoch ist das höchste Ziel, dass ihr unsere Person von der offenen Fläche runterholt und vorerst ins Rathaus bringt. Wenn an der Klinke des Einganges ein schwarzes Seidentuch hängt, dann bedeutet das, dass die nachfolgende Strategie umgeworfen wurde und ihr fürs erste alleine für die Sicherheit des Mannes zuständig seid.“ Als Beispiel legte er eines der besagten Tücher vor sich auf den Tisch und schaute die Damen und Herren im Saal an. „Sollte dieser Stoff an der besagten Stelle hängen, dann sucht nicht nach uns, sondern vertraut nur noch auf eure kleine, schäbige Gruppe und erfüllt die Mission, die uns aufgetragen wurde. Wohlmöglich, dass manche Einwohner von Pilo mit ´Roter Regen´ unter einer Decke stecken.“ Die Augen von Igor wanderten beschwörend Richtung Tür, in der die Gruppe vor kurzem durch ein Ratsmitglied eingetreten war. „Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, werden wir uns alle hier wiedertreffen und gemeinsam das Dorf durch die Oststraße verlassen. Ihr werdet die Vorhut mit Mark Notor bilden und die restlichen von uns werden die Flanken und euren Rücken decken.“, beendete er seine Anrede und setzte seine bunten Püppchen auf die Oststraße. Für Shion war das durchaus eine akzeptable Aufstellung, jedoch gefiel es ihm immer noch nicht, dass ´Roter Regen´ darin involviert war. Wenn sie den Mann doch längst tot sehen wöllten, dann hätten sie ihn doch schon längst auf den Weg hierher erledigen können und es wie ein einfacher Raubunfall aussehen lassen können. Haben sie vielleicht erst zu spät bemerkt, dass es sich um den Händler Friedrich Walter handelte und können erst innerhalb des Dorfes agieren, was wohl eines ihrer Stützpunkte ist? Der Sohn des Strategen wurde einfach nicht daraus schlau, welche Beweggründe die Organisation hatte. Vielleicht dachte er auch einfach zu viel darüber nach und die Späher haben die Leute verwechselt. „Also egal wie die Strategie aussieht, wir sind die Frontschweine, ja?“ Wergu schaute auf die vorderen fünf Püppchen, die auf der Karte gesetzt wurden. Zugegeben egal wie man es drehte, sie waren die ersten die die Gefahr ausmachten und somit auch die ersten waren, die unter Beschuss gerieten konnten. Vor allem am Anfang, wenn sie sich so offen auf der Straße zeigen und den Händler abholen, würden sie sich den Feinden ohne Schutz zeigen. „Wenn es dir nicht passt, dann arbeite hart und du kommst irgendwann mal in so eine Position wie ich, in der andere Männer für dich sterben und die Drecksarbeit machen.“ Igor stellte sich herausfordernd mit voller Größe auf und schaute dem kräftigen Mann in die Augen. „Du verdammter …“, setzte Wergu an und ballte seine Hände zu einer Faust, bevor er von Kin gestoppt wurde, „ … Schlingel du. Wollte er damit nur sagen. Ziemlich gerissen aber sehr beneidenswert. Ein klasse Plan sage ich nur.“ Kin grinste wieder wie ein Perverser und klopfte ermutigend dem ältesten der Gruppe auf den Rücken. Doch auch wie er überspielte er seine eigene Unzufriedenheit mit diesem Plan und musste wie die anderen die Tatsache, dass sie ihre Leben für nichts riskierten, herunterschlucken. Alles meckern half eh nichts gegen diese Rangordnung. Entweder du leistest Wunderbares und steigst die Leiter hinauf oder du bleibst für immer unten. „Von Nichts kommt nichts. Tu etwas dagegen, wenn du damit unzufrieden bist.“, sagte Kyo Atar ihm regelmäßig, wenn Shion sich über die Aufgaben, die ihm sein Vater immer gab, beschwerte, dass sie zu schwer und unsinnig seien sie zu lösen. „Im Übrigen, wie können wir überhaupt beweisen, dass wir auch seine Eskorte sind und nicht irgendwelche Räuber, die an seine Taschen wollen?“ Suki hatte sich nun zu Wort gemeldet, die schon die ganze Zeit erstaunlicherweise ruhig und gelassen wirkte. Sie machte sogar dieses Mal Igor nicht an, den sie letztes Mal damit besonders zur Weißglut gebracht hatte. „Ganz einfach, ich habe dem Händler geschrieben, dass ein silberhaariger schlanker Mann in der Gruppe sei, der auf den Namen Shion Atar hört.“ Ein diabolisches Grinsen umspielte die Lippen von Igor. „Ich meine, niemand möchte einen Landesverräter nachahmen.“ Die anderen ignorierten die Aussage des Offiziers, um freundlich zu wirken oder es war ihnen einfach gleich wer vor ihnen stand. „Ich glaube, wir werden uns noch bestens verstehen, Herr Rwutzik.“, stimmte Wergu mit ein und linste rüber zu Shion, der keine Mine verzogen hatte. Er war es bereits gewöhnt dumm von der Seite angesehen oder angesprochen zu werden, als das er sich nun von den beiden aus der Fassung bringen lassen würde. „Ein schäbiger Beweis, aber ein eindeutiger finde ich.“ Meiya stimmte den beiden Herren zu, war aber von deren Methode nicht sonderlich angetan.

Ein kurzes Klopfen an der Tür ließ die Anwesenden zu dem Ursprung des Geräusches herumfahren. Nach einer kurzen Verzögerung öffnete der gut bekleidete Mann, der ihnen zuvor den Raum gezeigt hatte, den Eingang und verneigte sich vor den Anwesenden. „Entschuldigt die Störung, werte Damen und Herren. Einer meiner Bediensteten hat mir soeben berichtet, dass Euer Gast auf der Nordstraße, kurz vor Pilo gesichtet wurde.“, verkündete der Mann, verneigte sich erneut und schloss die Tür wieder hinter sich. „Also dann, verehrte Damen und Herren, möge unsere erste gemeinsame Mission erfolgreich verlaufen. Ihr wisst was ihr nun zu tun habt, Wergu, Meiya, Suki, Kin und Shion?“ Die Angesprochenen nickten, verneigten sich aus Höflichkeit vor den Offizieren und traten aus der Tür, um den Händler Friedrich Walter laut Plan zu eskortieren.
 
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