Sehr seltsames Buch, vor allem was die Intention angeht.
Ich weiss beim besten Willen nicht, in welchen Bereich ich dieses Buch einsortieren soll:
Satire, japanische Eigenheiten oder Gesellschaftskritik?
Ich hatte zuerst ja auf ein zweites "Die Axt im Chrysanthemenwald" gehofft. Dies war nämlich wirklich ein unterhaltsames Buch. Die Eigenheiten wurden herausgearbeitet, lustig und informativ.
Herr Neumann stellt Eigenheiten heraus, es ist für mich jedoch zu keinem Zeitpunkt lustig. Es fehlen einfach die komischen Elemente, es wird in meinen Augenen eine sehr harsche Gesellschaftskritik geübt, gemixt mit persönlichen Ansichten des Verfassers.
Man kann wirklich erkennen, wie sich der Autor in eine Rage schreibt. Sind die ersten Kapitel noch irgendwie akzeptabel, so wird er in meinen Augen immer arroganter und anmaßender.
Beispiel Sicherheit in Japan:
Hier geht es natürlich um die Yakuza und ich lasse jetzt einfach mal den Autor selbst sprechen:
"Japan ist fast vollständig in den Händen von Verbrechern, der Yakuza, der japanischen Mafia. Wie keine zweite Industrienation wird Japan von diesen Kriminellen beherrscht, undemokratisch, brutal und menschenverachtend.
...
Kaum eines dieser Verbrechen wird geahndet. Dafür sorgt das engmaschige Netz fast offizieller Verbindungen zu Politik und Verwaltung."
Ich sehe hier keine Satire, sondern die Feststellung, dass die Polizei vor der Kriminalität kapituliert hat. Während die Kriminellen scheinbar noch die Politik gekauft haben.
Von einem Ausländer ist dies wohl mit die größte Ohrfeige, die ich meinem Gastland geben kann.
Eure Politiker sind korrupt und die organisierte Kriminalität herrscht über Japan. Viel schärfer kann ich ein Land fast nicht mehr angehen.
Kommen wir nun zum "witzigen" Teil: Er beschreibt die Japaner als naiv. Der Japaner glaubt, Verbrechen würden nur im Ausland passieren, deshalb würde bei jeder Auslandsreise auch gefragt werden, ob es denn sicher sei dorthin zu reisen.
Dieses Paradoxon wird dann mit genauso harschen Worten aufgeklärt: Obwohl Japan ja ein Verbrecherparadies zu sein scheint, würde der normale Japaner davon überhaupt nichts mitkriegen. Dies sei ein einzig großer "Selbstbetrug" der Japaner.
In diesem Stil ist ein Großteil des Werkes geschrieben. Ganz offensichtliche Missstände der Japaner würden von ihnen nicht erkannt werden, wohl aber von der restlichen Welt: Amerikaner, Niederländer und Deutsche.
Herr Neumann scheint daran zu verzweifeln, dass die Japaner unfähig sind, diese Misstände zu beseitigen, klappt doch auch in Deutschland problemlos.
Dies ist für mich der Grundtenor des Buches: Bei euch Japsen klappt so vieles nicht, schaut mal nach Europa, wir zeigen euch wie es richtig geht.
Dies ist für mich auch das Bild, welches ich von Herrn Neumann bekommen habe: Ein arroganter Besserwisser, der mit erhobenen Zeigefinger versucht zu dozieren.
Wenn er nicht gerade dabei ist, den Japanern die Welt zu erklären, so regt er sich über Menschen im allgemeinen auf: Seine Brieftasche wird von einem reichen Bankiersohn gestohlen und er schwafelt erstmal lang und breit darüber, wie sehr er so Menschen verachtet, die zwar alles haben aber trotzdem noch das Gesetz brechen. (Wie es sich für eine Bananenrepublik gehört, kann der Täter sich dank Pappis Brieftasche auch von einer Anklage freikaufen - wie es sich für Yakuzaland gehört will man meinen.)
Für mich war eigentlich nur das letzte Thema wirklich interessant, welches von den "Gokons" handelt. Das war wirklich spannend zu lesen.
Ich kann dieses Buch trotzdem nicht weiterempfehlen: Der Autor lässt jeden Respekt gegenüber seinem Gastland vermissen und man fragt sich wirklich, wie er es schafft über Jahre in diesem Land zu Leben, wo die Menschen doch scheinbar "Gelbe Ameisen" sind, welche entweder endlos naiv oder ganz einfach dumm sind. Vielleicht sieht er sich ja als Entwicklungshelfer, denn wie unser Kaiser einmal an einer Kieler Werft sagte: "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen". Also liebe Schlitzaugen, schaut mal nach Europa -besonders in die Niederlanden und Deutschland- damit ihr mal seht wie ein moderner Staat und Gesellschaft funktioniert.
Darum nervt Christoph Neumann ist in meinen Augen ein passenderer Titel für diesen Schund, gibt in diesem Bereich wirklich deutlich bessere Berichte.
Swordspirit