[RPG] Elysium

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Thalia schwieg, damit beschäftigt, die soeben erhaltene Information zu verarbeiten, bevor sie schließlich mit wenig erfreuter Stimme meinte, "Outsch... Das ja mal n' ziemliche Bombe."
Sie versuchte ihrer rätselhaften Passagierin in die Augen zu schauen, doch Leyla hatte ihren Blick ins All hinter der Cockpitscheibe gerichtet und lies auf ihrem Gesicht nichts erkennen, was Thalia Aufschluss über ihre Gefühle oder Gedanken gegeben hätte. Also fuhr Thalia einfach fort, "Ich kenne mich nicht sonderlich mit Novus oder den nocturnischen Konzernen aus und finde sie allesamt auch etwas gruselig, soweit ich sie kenne. Ich muss sagen, dass ich nicht damit gerechnet habe, wie groß deine Probleme wirklich sind." Thalia lies ihre Augen über Leylas athletischen Körper wandern, lies sie auf den sichtbaren Augmentierungen verweilen, bevor sie weitersprach, "Ich habe dich für eine hochgezüchtete Kämpferin aus den Arenen der tiefen Ebenen oder ein Mitglied irgendeiner nocturnischen Cybergang gehalten. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem nocturnische Polizeieinheiten mein Schiff stürmen wollten und Strato-Fighter mir meine schöne Rover zerschossen haben."
Leyla, deren Blick noch immer in die Tiefe des Alls gerichtet war, hatte die ganze Zeit geschwiegen, doch als Thalia nun aufstand und sich dem Ausgang zuwendete, fragte sie, "Also möchtest du, dass ich dein Schiff nun doch verlasse?"
"Nein", verneinte Thalia leise, "Ich stehe zu meinem Wort."
Sie schritt zum Ausgang und rief dann, "Komm. Ich muss dir etwas zeigen."
Ohne noch einmal nach Leyla zu schauen, ging Thalia den Gang hinunter. Nach nur wenigen Augenblicken hatte Leyla sie bereits eingeholt, um ihr im Abstand von einigen Metern schweigsam zu folgen.

Thalia führte Leyla hinunter in den Maschinenraum und stand nun mit ihr zusammen vor einer großen verrosteten Rohrleitung, die im unteren Teil der Maschine verschwand, die laut Thalia den Kern des Überlichtantriebs ausmachte. Das andere Ende des Rohrs verschwand irgendwo im Boden.
"Das ist die Hauptkühlung", erklärte Thalia, die direkt neben dem großen Überlichtantrieb stand, mit lauter Stimme über den stampfenden und zischenden Lärm der arbeitenden Maschinen hinweg, "Einfaches Wasser wird unter enormen Druck hindurch gepumpt. Im Inneren der Hauptantriebsmaschine nimmt es den dort herrschenden Wärmeüberschuss auf und leitet ihn über ein Rohrsystem an die Außenhülle des Schiffes weiter, wo die Hitze an den Weltraum abgegeben werden kann. Würde dies nicht geschehen, würde sich das Innere des Schiffes auf mehrere hundert Grad erhitzen."
Leyla betrachtete die Leitung eingehend und lauschte Thalias Worten, doch sie konnte noch nicht wirklich erschließen, worauf die Frau hinaus wollte. Geduldig lies sie Thalia fortfahren.
"Wie dir im Cockpit sicherlich bereits anhand der sich nicht bewegenden Sterne aufgefallen ist, stehen wir still." Leylas Blick verriet Thalia, dass dem nicht so war, doch sie führte ihre Erklärung einfach fort, "Während du geschlafen hast, hat das Kühlsystem versagt und ich musste den Überlichtantrieb abschalten."
Mit einem Griff nach unten zog Thalia an einer schweren stählernen Bodenluke, unter der ein schmaler Leiterschacht zum Vorschein kam. Sie stieg ohne Umschweife hinunter und Leyla folgte ihr kurz darauf, noch immer unschlüssig, was Thalia mit ihrer Erzählung letztendlich bezwecken wollte.
Der Schacht führt 8 Meter hinab zu einer geräumigen Kammer, die Größer war, als jeder andere Raum, den Leyla bisher auf diesem Schiff zu Gesicht bekommen hatte. In der Kammer war ein großer Tank aufgehängt, der von stählernen Streben in der Schwebe gehalten wurde und beinahe die gesamte Kammer ausfüllte. Rohrleitungen verliefen an mehreren Stellen an den Wänden und führten ins innere des Tanks.
Als Leyla von der Leiter sprang, landeten ihre Füße platschend im Wasser. Der Boden stand beinahe knietief unter Wasser. Dank ihrer Cyberaugen, mit denen sie auch im Dämmerlicht der kaum beleuchteten Kammer noch gut sehen konnte, war sie sich des Wasser bewusst gewesen, doch da Thalia ebenfalls einfach hinein gesprungen war, hielt Leyla es für unbedenklich, ihr zu folgen. Die eisige Kälte des Wassers lies sie jedoch erschaudern. Überrascht stellte die ehemalige Assassine fest, dass es sich um Salzwasser handelte.
"Dies ist der Kühlwassertank", hallte Thalias Stimme durch die Kammer. Leyla konnte sie irgendwo auf der anderen Seite der Kammer ausmachen, "Wie du siehst, ist er ausgelaufen. Die automatischen Systeme haben das meiste Wasser ins All abgepumpt, um Schäden zu verhindern. Leider scheint das System jedoch einen kleinen Defekt zu haben, denn ich wurde erst informiert, als der Überlichtantrieb zu überhitzen drohte."
"Und was heißt das jetzt? Können wir nicht weiterfliegen? Es müsste doch einen Ersatztank oder so geben.", fragte Leyla, als sie seit einigen Minuten das erste Mal wieder etwas von sich gab. Sie stand fröstelnd im Wasser und sah Thalia an, die ihr durch das Wasser entgegen watete.
Flüchtig huschte etwas wie Verlegenheit über Thalias Gesicht.
"Nunja", antwortete sie zögern, "Diese Schiffsklasse besitzt, wie die meisten Schiffe, die auf dieses alte Kühlsystem zurückgreifen, tatsächlich einen Ersatztank."
"Aber? Wo liegt das Problem?"
"Dieses Schiff stellt eine Ausnahme da. Ich habe den Ersatztank entfernt, um Platz für...", Thalia hielt kurz inne, "Für zusätzliche Fracht zu schaffen."
"Aha..."

Beide Frauen schwiegen kurz. Thalia war sich selbst nicht ganz sicher, welche Art der Erwiderung sie auf ihre Worte erwartet hatte. Plötzlich wurde ihr gewahr, dass sie beide noch immer im kalten Wasser standen und sich anschwiegen. Anschluss zu ihren vorherigen Worten suchend, begann Thalia wieder zu sprechen, "Ich habe den Tank bereits repariert. Schätze mal, er wurde durch die hohen G-Kräfte bei unserer Flucht von Nocturn beschädigt. Das Kühlsystem sollte also wieder laufen, sobald wir Wasser finden, mit dem wir es betreiben können."
Thalia griff an die Leiter und stieg an ihr wieder empor. Kaltes Wasser tropfte von ihrer nassen Kleidung herab und traf auf Leyla, die ihr folgte. Beim Klettern rief Thalia nach unten, "Wir haben Glück im Unglück. Bevor ich den Antrieb abschalten musste, konnte ich uns noch in ein Sternensystem bringen. Es gibt hier eine Welt, auf der erfolgreich Terraforming betrieben wird. Laut der Datenbank gibt es dort auch große Mengen Wasser." Behände zog Thalia sich aus dem Schacht in den Maschinenraum hoch und sah dann hinab auf Leyla, die noch ein paar Sprossen zu erklimmen hatte. Erst als diese kurz inne hielt, wurde Thalia bewusst, dass sich die Assassine dadurch bedroht fühlen könnte, und zog sich etwas vom Schacht zurück.
Wenige Augenblicke später glitt Leyla regelrecht aus dem Schacht hervor, mit ihrem wachsamen Blick nach Thalia suchend. Thalia hatte sich neben ein Gebläse gestellt, aus dem warme Luft strömte und hob beschwichtigend die Hände. Sie wollte die Assassine auf keinen Fall noch weiter provozieren. Um den kritischen Moment zu überbrücken, sprach sie schnell weiter, "Zur Zeit sollte fast die gesamte Nordhalbkugel eine Steppe mit vielen Flussläufen sein. Wir sollten keine Schwierigkeiten haben, uns etwas von dem Wasser abzuzweigen."
Leyla, die sich mittlerweile wieder entspannt hatte, sah davon ab, sich neben Thalia in den warmen Luftstrom zu stellen, um die Klamotten zu trocknen und verweilte bei der Bodenluke.
"Terraforming? Das klingt nach einer Menge Geld und Konzernen.", stellte Leyla mit ernster Stimme fest, doch Thalia winkte ab, "Keine Sorge. Das sind harmlose Siedler, die von einem Konzern Ausrüstung und Geld bekommen haben, um einen Planeten nutz- und bewohnbar zu machen, damit er irgendwann für die Geschäfte des Konzerns genutzt werden kann. Kann um die hundert Jahre dauern sowas. Solange ist der Planet für alles und jeden ziemlich uninteressant. Außerdem handelt es sich bei dem Konzern nicht um Novus."
"Nun gut. Aber ich würde gerne vorher noch etwas essen."
"Klar."


|1111 p.E.|
|Agrippa System - Orbit von Agrippa III|
|Vier Stunden später|


Die matt-gelblich schimmernde Kugel mit dem Namen Agrippa III schob sich langsam vor die Scheibe des Cockpits. Thalia schenkte ihr kaum Beachtung, da sie mit den Instrumenten vor sich beschäftigt war und soeben den Landeanflug einleitete. Schon trat die Rover in die äußere Atmosphäre des Planeten ein. Ein brutales Beben durchlief das Schiff, rüttelte Thalia und Leyla in ihren Sitzen durch und lies beide sich wünschen, sie hätten beim vorangegangenen Essen nicht ganz so sehr reingehauen, während auf den Armaturen zwischen ihnen der Höhenzähler ins Bodenlose stürzte.
Vor der Cockpitscheibe verfärbte sich die Luft zu einem feurigen Rot-Orange. Durch das beständige Vibrieren des Schiffes wanderte Leylas Metallteller über die Armaturen, auf denen sie ihn abgestellt hatte und bevor die Assassine ihn daran hindern konnte, stürzte er zu Boden, um sogleich wieder abzuheben und dank der zeitweiligen Schwerelosigkeit, die auf dem herab rasenden Raumschiff eintrat, der Decke entgegen zu steigen. Beinahe zeitgleich schrillte eine kreischende Sirene auf und um die zwanzig roten und gelben Lichter blinkten den beiden Frauen im Cockpit entgegen.
"Keine Sorge", rief Thalia über den Lärm hinweg. Ihre Schweißerbrille war ihr über die Augen gerutscht. "Nur ein paar alte Maschinen, die sich unter der Belastung verziehen." Sie legte noch ein paar Hebel um und prüfte die Anzeigen eingehender, bevor sie hinzufügte, "Und zwei der Landekufen sind ausgefallen!"

Wenig später machte sich genau dies bemerkbar, als Thalia die Rover unsanft aufsetzen lies. Das gesamte Schiff bekam dabei eine unangenehme Schieflage. Auf ihrem Weg zur Ausstiegsrampe mussten sich Thalia und Leyla an den Wänden festhalten, um nicht regelmäßig zu stürzen.
"Ich glaube, das wars so langsam mit meinem Schiff...", murmelte Thalia, als sie den Schalter zum Öffnen der Rampe betätigte, wobei sie zu Leyla sah, die es irgendwie schaffte aufrecht zu stehen, ohne sich festzuhalten.
Thalia hatte sich eine khakifarbene fest Hose und eine ebenfalls khakifarbene Weste über ihrem schwarzen Shirt angezogen. An ihrem Gürtel hing nebst drei Ersatzmagazinen ein Hohlster mit einer Dominon T7, einer schweren Kampfpistole, darin. In dem linken ihrer festen Stiefel steckte außerdem ein kurzes Kampfmesser.

Sie schritten gemeinsam die Rampe hinunter und traten auf den heißen Sand des Planeten.
"Sagtest du nicht etwas von Flussläufen und Steppe?", fragte Leyla trocken.
"So stand es zumindest in der Datenbank.", seufzte Thalia, "Schöne Scheiße..."
Verdrossen lies Thalia den Blick schweifen. Vor ihnen befand sich eine kleine Ansammlung von heruntergekommenen Hütten und Zelten am Fuße eines kleinen Felsens, darum herum Sand soweit das Auge reichte.
 

J-Nought

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Ein Windbrise wehte Leyla kurzes Haar auf und sie verengte ihre Augen zu Schlitzen, um keinen Sand in diese zu bekommen. Die rote, knapp geschnittene Lederjacke, die sie offen über ihr bauchfreies Top gezogen hatte, flatterte verspielt hin und her, um sich dann wieder besänftigt auf ihre Haut zu legen. Die warme Luft strich über ihren freien, kräftigen Bauch. Sie war zufrieden mit ihrer Kleiderwahl. Die graufarbene Leggings, die aus dem ähnlich elastischem Material wie ihr Top bestand, war äußerst angenehm und überraschend Luftdurchlässig, als Leyla anfangs vermutet hatte. In diesem Moment war sie sogar glücklich darüber. Ihre Beine steckten in guten, bequemen Stiefeln, die die selbe rötliche Farbe der Jacke hatten. Die Schuhe reichten eine Handbreit unter den Knien und Leyla war froh, dass diese eng an ihrem Bein lagen. Ihre Kleidung erlaubte somit eine gute Bewegungsfreiheit, aber so gut wie keinen Schutz im Gegensatz zu ihrer Eigentlichen, die sie bei Novus tragen konnte. Der Gürtel, der fest an ihrer Hüfte hing, enthielt in seinen beiden Holstern zwei leichte Pistolen und in einer Schneide am rechten Oberschenkel steckte ein Kampfmesser. Thalia hatte Leyla nach dem Essen zu einem Waffenschrank geführt. Die Auswahl war mager, trotzdem schien jede Waffe in guter Pflege zu sein. Was man vom Raumschiff nicht behaupten konnte.
Thalia musterte mit Sorgenfalten im Gesicht die kaputten Landekufen. Nach wenigen Momenten fluchte sie und schritt an Leyla, die mit verschränkten Armen im Schatten des Schiffes stand und ihr Tun stumm verfolgt hatte, vorbei in die Richtung der Stadt.
Die Stadt – Leyla fragte sich, ob man sie überhaupt als so eine bezeichnen konnte – hatte, so schätzte sie, um die 500 bis 600 Bewohner. Die Häuser waren alles andere als das, sondern einfache Wohncontainer, die von den Bewohner heimlich gemacht wurden. Dicke Planen waren zwischen vielen aufgespannt und sorgten für erholsamen Schatten vor der grellen Sonne wie einen kühlen Untergrund, der einem nicht die Haut von den Fußsohlen brannte. Einige Container waren sogar übereinander gestapelt worden und erhöhten die „Gebäude“ um ein bis zwei Stockwerke. Eiserne vom Rost rötlich gewordene Platten dienten als Brückenverbindung zu anderen Containern. Bei einigen Containern blätterte bereits die Lackierung ab, da nicht nur das Äußere der Menschen gegerbt wurde. Viele Bewohner hatten einen deutlich dunkleren Hautton, als Leyla und Thalia, die beide relativ helle Haut hatten. Sie passierten ein paar Generatoren, die tuckernd regelmäßig schwarzen, stinkenden Rauch ausstießen und die Siedlung scheinbar mit Strom versorgten. Diese wurden mit Benzin oder einem ähnlichem Treibstoff gefüttert, so wie es Leyla riechen konnte. Ein großer Felsen oder kleiner Berg – Leyla konnte sich nicht entscheiden – wies einen Eingang zu einer Bunkeranlage auf. Ein dickes, stählernes Tor und Wachen versperrten den Eingang. Es weckte ihr Interesse. Möglicherweise kamen sie noch dahinter, was es zu verbergen versuchte.
Die Bewohner, von denen sie bisher noch keine einzigen Kinder nur ältere Jugendliche erspäht hatte, beäugten die beiden Neuankömmlinge misstrauisch. Waffen wurden demonstrativ präsentiert, um zu zeigen, dass sie sich wehren konnten, wenn es nötig war. Die Chancen einen Kampf zu überleben waren in Leylas Augen hoch. Die Siedler schienen alles andere als erprobte Kämpfer zu sein. Viele hielten ihre Waffe schlecht und unausgewogen in den Händen. Mancher Träger tat sich schwer das Gewicht seiner Waffe zu halten. Falls es zu einem Kampf kommen würde, so konnte Leyla viele rasch in den Tod schicken, bevor sie ihr gefährlich werden konnten. Dennoch hielt sie sich bereit, ohne es dabei so deutlich wie die Bewohner zu zeigen. Sie folgte Thalia mit geringem Abstand, während sie aufmerksam ihre Umgebung beobachtete und nach einer aggressiven Bewegung suchte.
Nach wenigen Minuten schritt eine Gruppe aus drei bewaffneten Menschen, eine Frau und zwei Männer, auf sie zu. Der Mann an der Spitze schien der Anführer zu sein und gab sich kurz darauf als solcher zu erkennen, indem er sie mit einer Stimme, die es gewohnt war Befehle auszusprechen, begrüßte.
„Willkommen auf Agrippa III, Fremde. Mein Name ist Ramon Cal. Was führt euch zu uns?“
„Eine Bruchlandung und kein Wasser“, entgegnete ihm Thalia mit einem freundlichen Lächeln, während eine Hand ihre Augen gegen die Sonne abschirmten.
„Verstehe“, sagte der Mann und überlegte für einen Augenblick, „Und euer Name ist...?“
„Thalia Nebula.“
„Und eure... Gefährtin?“
Leyla änderte ihren emotionslosen Gesichtsausdruck und direkten Blick nicht, als der Mann sie ansprach. Ihr Aussehen verunsicherte jedoch nicht nur ihn, sondern auch seine Begleiter. Die sichtbaren Augmentation, wie das verstärkte Kinn, die Augen und Ohren, machten es Leyla nicht wirklich leicht normal zu wirken. Aber sie interessierte es auch nicht eine andere Wirkung zu erzielen. Sie wusste, dass Nichtverbesserte Menschen wie Leyla misstrauten und fürchteten. Sie bevorzugte das Letztere zu erreichen und antwortete nicht auf die Frage.
„Sie redet nicht viel“, warf Thalia ein und lenkte die Aufmerksamkeit des Mannes wieder auf sich, „Wir benötigen unbedingt Wasser, dann können wir den Planeten auch wieder verlassen.“
„Das ist leider zu viel verlangt“, sagte der Mann mit zusammengezogenen Augenbrauen, „Unsere Pumpanlage ist beschädigt und wir müssen bis zum nächsten Versorgungstransport überleben.“
„Und wann würde der nächste Transport eintreffen?“
„In circa drei Monaten.“
Ein Hochziehen eine ihrer Augenbrauen gönnend, wartete Leyla auf eine Reaktion von Thalia auf diese Nachricht. Drei Monate. Sie hoffte, dass sie ebenfalls die spürbare Abneigung der Einwohner bemerken konnte und dementsprechend ihre Sätze sowie Taten anpassen würde. Man wollte sie hier nicht haben und drei Monaten konnten sie nicht leisten. Das wusste sogar Leyla.
„Könnt ihr denn gar nichts entbehren?“
„Für was braucht ihr unser Wasser?“, hackte der Mann nach.
„Unser Raumschiff benötigt eine größere Menge.“
„Als Verpflegung, ja. Aber die Menge, die ihr verlangt, ist leider unmöglich.“, gab der Mann deutlich zu Antwort.
„Nun gut“, sagte die Raumfahrerin seufzend und rieb sich die Stirn, auf der sich inmitten der Sonnenglut schon Schweissperlen gebildet hatten, „Sie erwähnten vorhin Verpflegung?“
„Richtig, bitte folgt mir.“
 
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Zwölf Liter Wasser in zwei großen Kanistern. Das war alles, was Ramon Cal bereit war an die beiden Frauen abzugeben. Selbst als Thalia sich erboten hatte, mal einen Blick auf die beschädigte Pumpe zu werfen und diese vielleicht zu reparieren, hatte Ramon unmissverständlich abgelehnt.
"Naja, immerhin etwas.", seufzte Thalia, wobei sie sich den Schweiß von der Stirn wischte. Die Hitze machte sich für sie und ihre Begleiterin deutlich bemerkbar und so hatten sie sich in den Schatten einer gespannten Plane begeben und umgehend etwas von dem Wasser getrunken. Thalia leckte sich über die Lippen, bevor sie hinzufügte, "Allerdings fürchte ich, dass wir selbst auf unserem Schiff mehr Trinkwasser haben, als das bisschen hier."
Als Leyla nicht antwortete, sah die neben den Wasserkanistern im Sand kniende Thalia sich zu ihr um. Dabei kniff sie die Augen zusammen, um sich vor dem grellen Licht, das der Sand zurückwarf, zu schützen. Die Assassine stand am Rand des Schattens und beäugte die Einwohner der kleinen Siedlung.
Ein Gähnen unterdrückend warnte Thalia, "Lass das lieber bleiben, Leyla. Kein Grund die Bewohner noch misstrauischer zu machen."
"Dieser Bunker. Warum bewachen die den?"
"Weil sich darin die Pumpstation befindet und sie diese schützen wollen?"
"Vor wem? Das hier sollen die einzigen Siedler auf dem Planeten sein. Wer sollte sich also an deren Wasser zu schaffen machen?"
"Wir?"
Leyla schüttelte den Kopf. "Die Wachen stehen da schon länger und öfter. Die eine hat einen Klappstuhl neben sich stehen und dort steht ein Fass mit Wasser für die Wachen. Auf dem Fass liegt außerdem eine Lunch-Box."
Thalia dämmerte allmählich, dass Leyla etwas aufgefallen war, das ihr entging. Neugierig geworden stand sie auf und stellte sich neben Leyla, die erklärte, "Wenn sie die Wachen erst aufgestellt hätten, als sie unser Schiff entdeckt haben, wären die Wachen so schnell wie möglich zum Bunker gelaufen, um sich dort aufzustellen. Sie hätten sich wohl kaum die Zeit genommen, erst noch ein paar Brote zu schmieren, einen Klappstuhl zu organisieren und ein schweres Fass mit Wasser dort hin zu rollen. Wenn du auf den Sand am Boden hinter den Wachen achtest, wirst du sehen, dass sich dort jeweils ein Abdruck befindet. Und der stammt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit vom Kolben eines Sturmgewehrs, das dort vor kurzem noch gestanden hat und dann aufgenommen worden war." Während ihrer ganzen Erzählung hatte Leyla es vermieden, in die Richtung der Wachen zu zeigen. Nun sah sie Thalia an, die ihren Blick beeindruckt erwiderte und meinte, "Wohw... nicht schlecht. Also denkst du, die Wachen stehen da nicht nur wegen uns?"
"Ziemlich sicher. Irgendwas verbirgt man vor uns."
"Und es hat offenbar mit der Pumpstation zu tun. Lass uns diese Kanister zum Schiff bringen und dann der Sache mal auf dem Grund gehen. Wir haben im Moment ja eh nichts besseres zu tun. Während ich mich ein wenig umhöre, kannst du ja mal deinen super aufmerksamen Blick", Thalia lächelte, "durch die Siedlung wandern lassen und schauen, was dir sonst noch so auffällt."
Leyla nickte und nahm beide Kanister auf, ohne Thalias Lächeln zu erwidern.
 

J-Nought

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Nachdem Leyla die schweren Kanister im Lagerraum abgestellt hatte, gönnte sie sich mit Hilfe eines metallen Kruges etwas Wasser. Eine angenehme Kühle breitete sich vom Hals hinunter in ihren Bauch aus und entlockte ihr ein Seufzen. Die Hitze setzte ihr zu. Es war etwas völlig anderes als das Leben auf Nocturn, wo die Sonne nur selten die Kraft aufbrachte, um die dichte Wolkendecke zu teilen und die Stadt mit ihren Strahlen zu wärmen. Hier wärmte die Sonne nicht. Sie brannte unerbittlich. Das war sie nicht gewohnt und so schnell würde sich auch nicht daran anpassen können. Dessen war sie sich sicher. Leyla war trotz allem froh, dass sie glücklicherweise bei einer Siedlung mit einer Wasserquelle gelandet waren. Das Gegenteil hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit ein böses Ende genommen. Den Lagerraum mit der Chipkarte, die Thalia ihr anvertraut hatte, abschließend, stieg sie die hintere Ladeluke hinaus, verweilte aber noch im Schatten des Raumschiffes, damit sie die Siedlung noch einmal genauer ansehen konnte, ohne der Glut des Sternes ausgesetzt zu sein.
Diese Siedlung verbarg etwas vor ihnen und das taten sie nicht sehr unauffällig. Leyla besaß eine gesunde Neugierde, die Grenzen kannte und sich nicht in unnötige Risiken begab, nur um diese zu befriedigen. Ohne Neugier würden sie nicht von diesem Planeten kommen und Leyla wollte das so schnell wie möglich. Ihre Stiefel sanken ein wenig in den kochenden Sand ein, als sie von der Luke gestiegen war und auf die Siedlung zuschritt. Es gab eine Hauptstrasse, falls diese schon so bezeichnen konnte, von der sie sich schon bald abwand. Dabei versuchte sie keine Blicke auf sich zu ziehen, was nicht sonderlich schwer bei diesen Bewohnern zu sein schien. Sie beobachteten sie zwar misstrauisch, aber ließen sich nicht davon aufhalten ihrer Arbeit nachzugehen. Keiner von ihnen war auch nur ansatzweise ein Soldat, das konnte Leyla an ihnen sehen. Als sie zwischen zwei Containern in deren Schatten glitt, schnappte sie eine Gespräch von zwei Siedlern, einer Frau und einem Mann, über ihr auf, was sie interessiert mithörte. Durch die Metallplatte mit ihren Rostlöchern konnte sie deren braune Gesichter und ihre helle Kleidung sehen. Die Frau gestikulierte wild und war deutlich aufgeregter als es der Mann war.
„Sie sind eine Gefahr, Brael!“
„Jetzt beruhige dich doch endlich! Es ist noch rein gar nichts passiert. Sie werden sicher bald verschwinden.“
„Das bezweifle ich und das fürchte ich. Vor allem diese schweigsame Frau macht mir Angst, Brael, sie scheint gefährlich zu sein. Wir sind keine Kämpfer und ich befürchte, dass wir gezwungen werden, bald welche zu sein.“
„Vertrau Ramon. Er weiß, was er tut. Wir werden unser neues Leben nicht aufgeben, das verspreche ich dir.“
Die Beiden verschwanden und Leyla setzte ihre Suche fort. Hinter den eng aneinanderstehenden Containern entdeckte sie schließlich ein großer Schuppen. Bei dessen Eingangstoren angekommen, bemerkte Leyla amüsiert die Sicherung vor einer Öffnung dieser. Ein simples Vorhängeschloss an einer Kette sollten zusammen unerwünschte Eindringlinge fern halten. Nach einem aufmerksamen Umschauen, nahm sie die Kette in ihre bloßen Hände und zog mit purer Kraft ein Kettenglied auseinander. Sie wollte die misstrauischen Siedler nicht noch mehr aufbringen, da sie sonst einen gefährlichen Schritt wagen könnten.
Heiße, stickige Luft brannte ihr aus dem Raum entgegen, als sie das Tor beiseite schob. Ein Blick nach innen offenbarte ihr drei Kettenfahrzeuge, die mit feinem Sand bedeckt waren. Das war der Fluch der Wüste. Der Sand drang in jede noch so kleine Öffnung. Leyla spürte bereits Sandkörner, die ihren Weg zwischen Kleidung und Haut gefunden hatten, was zu einem unangenehmes Reiben führte. Ein Treibstofftank hinter den drei Fahrzeugen, die offenbar für den Transport von Lasten dienten, schien eben für diese aufgestellt worden zu sein. Das Tor wieder sorgfältig verschließend, presste Leyla das Kettenglied so zusammen, dass ein unerlaubter Besuch kaum auffallen würde.
Gerade wollte Leyla ihre Gefährtin suchen, da bemerkte sie eine verschwomme Stilhouette in der Ferne. Die Augen, die durch eine ihrer Hände abgeschirmt wurden, zoomten näher an das Objekt und korrigierte die Sichtbarkeit. Überrascht blinzelte sie, da sie glaubte, dass die Hitze ihre Sinn täuschte. Tat sie aber nicht.
„Ein Flak?“, sie nahm die Hand von ihrer Stirn, „Scheinen doch nicht so schutzlos zu sein. Mal sehen, was die Raumfahrerin dazu sagt.“
Mit diesem Gedanken verschwand sie zwischen zwei Containern, um zur Hauptstrasse zu gelangen und dort nach Thalia zu suchen.
 
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"Ganz recht. Der Vorstand hat mich dafür eingeteilt Ma'am. Ich soll sie mit meinem Schiff in dieser Aufgabe unterstützen."
Der junge Mann in der schnittigen Uniform salutierte übertrieben zackig.
Das Salutieren muss es dem Kerl ja echt angetan haben, dachte sich Joy, als sie den Offizier vor sich musterte. Er trug die typisch weiße Uniform mit rot-goldenen Litzen der privaten Raumtruppen des Novus Konzerns. Das goldene Abzeichen auf schwarzem Grund an seiner linken Brust zeichnete ihn als kommandierenden First Captain eines Kampfschiffes aus. Joy mochte weder, wie er sprach, noch wie er aussah. Der Captain hatte ein außerordentlich junges Gesicht und ebenso blondes Haare wie Joy, nur das seines kurz geschnitten und unter einer adretten Offiziersmütze verborgen war. Was Joy an ihm jedoch wirklich abstieß, waren seine ebenfalls stahlblauen Augen. Joy fand nichts in ihnen, was sie an sich selbst erinnerte. Sie waren kalt, grausam und besaßen den Ausdruck eines außerordentlichen Überlegenheitsgefühls, der bei manchen Menschen durch frühen, rücksichtslosen Erfolg hervorgerufen wurde.
"Welches Schiff, sagten sie, steht unter ihren Kommando, Captain?", fragte Joy, wobei sie ihren Blick in augenscheinlichem Desinteresse auf die Unterlagen gerichtet hatte, die sie über ihren Schreibtisch verteilt hatte. Sie würde diesem Mann nicht das Gefühl geben, er sei in ihrem kleinem, düsterem Büro ohne Fenster in irgendeiner Weise willkommen.
Der First Captain blieb völlig unbeirrt von Joys offensichtlicher Ablehnung ihm gegenüber. Er stand einfach nur da, die Arme nun in Habachtstellung hinter seinem Rücken verschränkt. Seine Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln, als er antwortete.
"Die Ancereon, Ma'am."
Joy hätte vor Schreck beinahe zu ihrem ungewünschten Gast aufgesehen.
"Die Ancereon?", fragte sie, "Welcher Umstand verleitet den Vorstand zu der Annahme, diese durchaus unerfreuliche Situation erfordere den Einsatz solcher zu Buche schlagenden Ressourcen?"
"Der Umstand, dass der Verrat ihrer Schülerin und der von ihr begangene Diebstahl eine bedeutende Gefahr für ebensolche zu Buche schlagenden Ressourcen unsererseits ist."
Nun sah Joy auf. Bewusst. Ihr scharfer Blick traf den Mann und lies sein Selbstbewusstsein einen nahezu unmerklichen Augenblick ins Wanken geraten, bevor er sich wieder straffte. Sie hatte ihn auf dem kalten Fuß erwischt. Das würde ihr bei diesem Mann nicht noch einmal gelingen, wurde Joy klar. Sie nutzte den Moment der Oberhand in diesem Gespräch, als sie aufstand, den First Captain mit ihren blauen Augen fixierte und mit klarer Stimme sagte, "Ich verstehe. Dann sollten sie schleunigst auf ihr Schiff zurückkehren und in Richtung Christopherus aufbrechen, um dort mit der Suche zu beginnen, Captain..."
"... Mavo. First Captain Damian Mavo. Zu ihren Diensten."
Joy konnte das Weiß seiner Zähne sehen, als der First Captain Mavo mit einem Grinsen erneut salutierte, bevor er kehrt machte und den Raum zügigen Schrittes verließ.
Joy wartete zwanzig Minuten, in denen sie einfach nur schweigsam dasaß und vorgab ihre Unterlagen zu studieren, ohne sie jedoch wirklich zu lesen. Es wurde Zeit alte Freundschaften aufzufrischen und einige Gefallen einzufordern. Sehr große Gefallen. Und sie würde dies nicht über die sicheren Leitungen des Novus Konzerns tun.
Sie stand auf, warf ihren weißen Mantel über, steckte ihre private Pistole ein und harkte ihr altes Schwert am Gürtel ein. Als sie das Büro verließ, hielt sie einen Moment in der Tür inne, dann lies sie die Tür ins Schloss fallen und ging. Es gab keinen Grund abzuschließen.
 

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Thalia seufzte, blieb stehen und nahm noch einen Schluck aus der Wasserflasche, wobei sie sich mit der rechten Hand an einer der heißen Wellblechwände abstützte, wie sie Teil der meisten Gebäude in dieser heruntergekommen Siedlung waren. Sie spürte die durchgeschwitzte Kleidung an ihrem Körper kleben.
Wie halten diese Menschen das Leben hier nur aus?, fragte sie sich erschöpft.
Thalia hatte nichts gegen Hitze. Im Maschinenraum eines Schiffes war es immer heiß und auch sonst war es auf den meisten Schiffen entweder drückend warm oder schaurig kalt. Doch die Hitze hier hatte etwas sengendes. Thalia schlenderte nun seit einer guten Stunde durch die Siedlung, um mit den Bewohnern zu reden, doch diese waren zu allem Überdruss sehr distanziert und äußerst bemüht nicht mit den Störenfrieden, die Thalia und Leyla offenbar für sie darstellten, zu reden. Zum Glück würde es bald Abend sein und kühler werden.
Ein wenig überrascht stellte Thalia fest, dass sie offenbar wieder im Zentrum der Siedlung angelangt war. Ihr Blick fiel auf eine große Hütte mit einer Art aufgesetzten Turm, ähnlich einer altmodischen Kirche. Die weiße Farbe an ihren Wänden blätterte ab und war vom vielen Sand abgerieben worden. Das Gebäude war ihr bereits zuvor aufgefallen und eigentlich hatte Thalia vorgehabt, dort zuerst mit den Leuten zu sprechen, doch es war niemand zugegen gewesen. Nun sah sie jedoch eine Frau in einem schmutzigen weißen Gewand, die beide Türflügel geöffnet hatte und in das Gebäude hinein spähte, ohne es zu betreten.
Ohne nach einen Gedanken an das für und wieder zu verschwenden, ging Thalia über den Platz zu der Frau herüber.
"Verzeihung", sagte sie, als sie näher kam. Die Frau reagierte nicht. "Verzeihung?", wiederholte Thalia abermals und war dabei jetzt so nahe, dass sie die Frau beim Ausstrecken der Hand hätte berühren können.
"Ich habe dich schon gehört. Bin ja nicht taub, Mädchen."
Die Stimme der Frau war rau und als sie sich umdrehte, konnte Thalia in ihr von Falten und Alter gezeichnetes Gesicht sehen, das nur von wenigen grauen Strähnen umspielt wurde. Das linke Auge war milchig, doch das braune rechte war fest auf Thalia gerichtet. Auf ihrer Stirn saß ein Reif aus vertrocknetem Laub. Die Frau erinnerte Thalia entfernt an die Priesterin eines Schiffes, auf dem sie mal gelebt hatte, auch wenn vom Aussehen her keine Ähnlichkeit bestand. Es war viel eher die Ausstrahlung, die vertraut wirkte.
"Ich würde ihnen gerne ein paar Fragen stellen.", sagte Thalia mit einem Anflug von Respekt in der Stimme, der sie selbst überraschte.
"Klingst wie n' Reporterin. Fragen sind hier nicht gerne gesehen." Thalia konnte die schmutzigen, verfallenen Zähne der Frau erkennen, als diese sprach. Ihr war bereits bei mehreren Bewohnern aufgefallen, dass es mit der medizinischen und hygienischen Versorgung hier nicht soweit her war. Den Gedanken zur Seite schiebend fragte sie, "Das habe ich gemerkt. Was ist ihre Aufgabe hier in der Kolonie?"
Die alte Frau war bereits wieder dabei sich umzudrehen, um die beiden Türen der weißen Kirche zu schließen.
"Du fragst ja trotzdem", grummelte sie verdrossen, "War wohl nicht unfreundlich genug."
"Ach kommen sie... alle sind hier unfreundlich zu uns. Sie müssen noch ein paar Nummern drauf legen, um zu ihren Mitsiedlern aufzuschließen." Thalia hatte beschlossen etwas offensiver vorzugehen und alles auf eine Karte zu setzen. Sie hatte bereits jetzt das Gefühl, diese Frau wäre kommunikationsbereiter als die anderen. Und tatsächlich seufzte diese auf und drehte sich noch einmal zu Thalia um.
"Für witzig hältst du dich also auch noch? Ach schau nicht so drein... der Spruch war halt schlecht."
"Öhm... okay", war das einzige, was Thalia daraufhin einfiel, wobei sie nach einem Augenblick noch hinzufügte, "Ich hätte aber trotzdem ganz gerne ein paar Antworten."
Die Frau schnalzte mit der Zunge und setzte sich dann auf eine morsche Bank neben der weißen Flügeltür.
"Wie war noch gleich deine Frage?"
"Was hier ihre Aufgabe in der Kolonie ist." Thalia hätte sich beinahe verhaspelt, so schnell antwortete sie, was der Frau offenbar auffiel, denn sie wirkte amüsiert, als sie antwortete. "Ich war die Neo-Wiccanischen Priesterin der Siedlung."
"Waren? Wie ist das zu verstehen?", hakte Thalia verdutzt nach. Die Neo-Wiccaner waren eine kleine Religionsgemeinschaft, die aus einer diffusen und kaum nachzuvollziehenden Vermischung der alten irdischen Religionen des Katholizismus und der wiccanischen Hexenzirkel zu den frühen Zeiten der extraterrestrischen Kolonialisierung entstanden ist. Obwohl noch nie sonderlich stark verbreitet, besaß diese Religion stets eine konstante Anzahl an Anhängern, die sich überwiegend unter Kolonisten findet.
Ein Ausdruck der Trauer huschte über das Antlitz der Priesterin und Thalia hatte schon fast das Gefühl, sie würde nicht antworten, doch dann sagte sie, "Ich bin im Grunde die letzte Neo-Wiccanerin hier und mit meiner Lebenskraft ist es nicht mehr allzu weit her."
"Wie? Was? Hier leben doch noch eine Menge Leute." Thalia war sichtlich verwirrt. Die weiße Kirche stand im Zentrum des Dorfes, was für Thalia die Vermutung nahe legte, sie spiele mit ihrer Religion eine zentrale Rolle im Leben der Siedler. Die Priesterin sah von ihrer Bank zu Thalia auf und schüttelte dann den Kopf.
"Manchmal geschehen Dinge, die die Leute an ihrem Glauben zweifeln lassen und sie anderen Weltanschauungen nahe bringen. Die Menschen hier sind nicht länger an den Dingen interessiert, die ich zu erzählen habe. Eine neue Macht hat hier Einzug gehalten. Etwas, gegen das meine Worte nichts auszurichten vermögen...", die Priesterin stockte und lachte dann gackernd auf. "Meine Güte. Ich klinge wie so eine irre Priesterin aus sonem bekloppten Zombie-Dämonen Horror Holo. Nicht dass ich mir sowas jemals angeschaut hätte..."
Thalia konnte nichts dagegen tun. Sie spürte, wie sie zu lächeln begann. Diese Frau hatte trotz ihres Alters etwas ungemein lebendiges an sich, etwas das sie Thalia gegenüber ungemein sympathisch machte. Sie verspürte auf einmal den Drang, sich zu der Priesterin zu setzen und sie zu bitten, von ihrem Leben zu erzählen. Sie widerstand dem Drang und fragte stattdessen, "Und an was glaubt man hier dann neuerdings?"
Die Priesterin sah sie mit einem Blick an, der erst scharf wirkte und dann weicher wurde.
"An das bevorstehende Ende der Welt wie wir sie kennen. Eine Neugeburt allen Seins. Die Ankunft eines großen Feindes. Das man im Geiste vorbereitet sein muss. Blabla... Son' Kram halt. Sie nennen sich Bekenner der ersten Zuflucht und labern irgendwas von elysianischer Erlösung. Ihr Hohepriester hat echt n' Macke. Kam vor ner Weile mit einem Schiff und Anhängern hierher. Ich...", die Priesterin stockte, "Du machst lieber n' Biege, sonst wird dir dieser Mist gleich näher kommen, als dir lieb ist."
Dem Blick der Priesterin folgend sah Thalia hinüber zu der schweren Bunkertür, die in den Fels führt und die von den zwei Wachen bewacht wurde. Die große Panzertür hatte sich geöffnet und drei Männer waren herausgetreten, um sich mit den Wachen zu unterhalten. Eine der Wachen zeigte in Thalias Richtung, woraufhin die Männer aus dem Bunker nickten und sich auf den Weg zu Thalia machten. Sie hatten Waffen dabei.
Nicht gut, dachte sich Thalia. Mit einem knappen "Danke" verabschiedete sich Thalia von der alten Priesterin. Als sie sich umdrehte, um sich auf den Weg zu machen, sah sie Leyla die Hauptstraße betreten. Die Assassine bemerkt die drei bewaffneten Männer sofort und verharrte wachsam.
Zügig, jedoch ohne zu rennen, begab Thalia sich zu ihr, um ihr rasch von dem gehörten zu erzählen.
 
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Das näherkommende Knirschen von Sand lenkte ihre Augen von den drei bewaffneten Männern ab. Sie bemerkte, wie Thalia ungewöhnlich schnell auf sie zuging, aber den Grund konnte Leyla bereits erahnen.
„Geht es um die Männer mit den Gewehren?“, begrüßte sie Thalia.
Für einen Moment, blinzelte die Raumfahrerin verwirrt, was darauf hindeutete, dass sie einen Zusammenhang für diese plötzliche Aussage finden musste.
„.Achso...“, sagte sie, als sie sich bewusst wurde, was Leyla gemeint hatte, „Nein... Ja, eigentlich auch.“
Leyla hob skeptisch eine Augenbraue und sah Thalia fragend an.
Diese schraubte seufzend ihre Flasche auf: „Diese verfluchte Hitze weicht mein Hirn auf...“
Sie nahm einen kräftigen Schluck und bot, noch schluckend, Leyla den blechernen Behälter an, die aber kopfschüttelnd ablehnte. Nachdem sie wieder reden konnte, erzählte Thalia ihr von dem Gespräch mit der ehemaligen Priesterin. Ebenso sprach Leyla von ihrer sonderbaren Entdeckung, was Thalia verwundert aufnahm. Kurz darauf erreichten sie die drei Männer.
„Ihr seid die zwei Fremden?“, fragte der Mittlere, ein pockennarbiger Glatzkopf, mit ernster Stimme.
„Ist das so offensichtlich?“, sagte Thalia.
Der Mann ging nicht auf den Scherz ein.
„Ihr sollt mit uns mitkommen. Jetzt.“
„Wieso?“
„Weil wir es euch sagen und euch nicht weiter bitten werden, wenn ihr es nicht sofort macht.“
Leyla warf Thalia einen alles sagenden Blick zu, als sich ihre Augen trafen. Die Muskeln der Assassine spannten sich merklich.
„Lass gut sein...“, antwortete die Raumfahrerin auf ihren Vorschlag und richtete ihre Worte wieder an den Glatzkopf, „In Ordnung. Wohin?“
„Das werdet ihr schon sehen.“
„Nicht sehr gesprächig heute, hm?“
Auch darauf weigerte sich der Kerl einzugehen.
Flankiert von den anderen beiden Männern, folgten die zwei Frauen dem Glatzkopf bis sie vor dem Schleusentor des Bunkers zum Stehen kamen. Die zwei Wächter hießen ihre Kameraden schweigend willkommen und einer von ihnen zückte ein Com hervor.
„Sie sind hier... Verstanden. Natürlich, wird das erledigt“, er steckte das handgroße Com wieder in seine Jacke und begegnete den Blicken von Thalia und Leyla, „Rückt eure Waffen raus. Mit ihnen dürft ihr nicht rein.“
„Warum habe ich das erwartet?“, sagte Thalia spöttisch und legte die Hände in die Hüften.
„Ich glaube nicht, dass das geschehen wird.“
Eine kurze Pause der Verwunderung entstand, denn die Kolonisten starrten Leyla ungläubig an, so als würden sie nicht glauben können, was sie gerade gesagt hatte. Es waren die ersten Worte, die sie seit ihrer Landung in der Anwesenheit von den Bewohner ausgesprochen hatte. Sie hatte in der Siedlung mitangehört, wie manche behaupteten, sie könne gar nicht reden.
„Das geht nicht“, sagte schließlich der Wächter.
„Warum?“, hackte Leyla nach und bohrte ihren Blick in die Augen ihres Gegenübers.
„Weil keine Fremden mit Waffen reinkommen dürfen.“
„Wir werden sie aber nicht herausgeben.“
Schweiss rann die Stirn von dem Wächter herunter. Entweder war es die Hitze oder die bevorstehende Entscheidung, die er treffen musste. Leyla spürte, wie er innerlich mit sich kämpfte. Leyla und Thalia sahen nicht ungefährlich aus. Insbesondere Leylas Aussehen irritierte viele der Einwohner. Scheinbar war für diese Bewohner ein so stark augmentierter Mensch eine Seltenheit und für gewöhnlich misstrauten Menschen derartigen Raritäten.
„Nun?“, fiel diesmal Thalia fragend ein.
Der Wächter leckte sich über die Lippen und wich Leylas stoischem Augenkontakt aus. Er zückte wieder sein Com.
„Ja, Trevon hier. Sie wollen ihre Waffen nicht rausgeben... Ich glaube nicht. Das wäre wirklich sehr unangenehm...“
Mit seinem Stiefel rieb er über den Sand, während er die Befehle aus dem Com wahrnahm. Plötzlich erhellte sich sein Gesicht.
„Wird gemacht. Verstanden“, sagte er und legte das Com vom Ohr, „Ihr dürft rein mit ihnen.“
Sie würden offenbar noch keinen Gebrauch ihrer Waffen machen, stellte Leyla befriedigend fest. Der andere Wächter begann die Schleusenkonsole zu bedienen und öffnete den Eingang. Langsam zog sich diese auseinander bis dahinter eine Halle, die an ihrem Ende zu einer weiteren Schleuse führte, sichtbar wurde. Mit einer deutlichen Geste befahl man ihnen hineinzugehen, allerdings hatten sie dabei keine Gesellschaft. Sie schritten in die menschenleere Halle und wurden von einer erfrischenden Kühle empfangen. Die Schleuse zog sich hinter ihnen zu.
„Ich frage mich, ob man diese Schleusen auch von innen öffnen kann...“, sagte Thalia und prüfte ihren Gedanken nach.
Man konnte.
„Interessant. Kannst du das Ding knacken?“, fragte sie Leyla.
Die Assassine begutachtete die quadratische Vorrichtung. Diese war nicht mehr in dem neusten Stand und konnte, wenn man wusste wie, vorsichtig aufbrochen werden, um die Kabeln so zu legen, dass dies auch ohne Hackerhilfe durchführbar wäre.
„Das wird kein Problem sein“, antwortete ihr Leyla, als sie sich von der Konsole entfernte.
 

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"Na dann sind wir hier immerhin nicht eingesperrt." Das Offensichtliche feststellend ging Thalia weiter in die von matten Glühbirnen erhellte Halle voran, um den Raum genauer in Augenschein zu nehmen. Er maß gut zwölf Meter in der Länge und eben soviel in der Breite. Seine rissigen Betonwände führten beinahe sechs Meter in die Höhe. Acht schmutzige, mit roter und schwarzer Farbe bemalte Betonpfeiler stützten in zwei Reihen die Decke. Am anderen Ende des Raumes konnte Thalia ausmachen, wie dort die letzten zwei Meter der Halle um etwa einen Meter erhöht waren. Auf dieser Bühne, die auch zum einzigen anderen Ausgang aus der Halle führte, hatte man seltsam geformte zusammengeschweißte Metallfiguren aufgestellt, die mit bunter Farbe besprüht waren und eine Art Schaubild darstellten, ohne das Thalia genau sagen konnte, was sie eigentlich darstellen sollten.
"Eine Ahnung, was das sein soll?", fragte Thalia mit einer beiläufigen Handbewegung in Richtung der kruden Figuren, wobei sie jedoch zu Leyla sah.
Als Antwort erhielt sie nur ein knappes Kopfschütteln von der Assassine, die Thalia schweigend durch die Halle folgte.
"Vielleicht irgendwas, das mit diesem elysianischen Glaubenskram zu tun hat?", mutmaßte Thalia. Sie öffnete gerade den Mund, um noch etwas hinzuzufügen, da durchschnitt eine laute Stimme die Stille der Bunkerkammer.
"THALIA!"
Hinter einer der Figuren kam ein großer Mann hervorgesprungen. Thalia registrierte den schweren, chromfarbenen Revolver, der lässig in seiner Hand lag, noch vor den aufwändigen Tattoos, die die linke Gesichtshälfte des glatzköpfigen Mannes zierten oder dem schmuddeligen, zerknitterten Anzug eines Geschäftsmannes, den er trug und an dessen Brusttasche mit einer Stecknadel ein metallener Stern prangte. Allerdings wirkte ihm der Anzug etwas zu groß für seine schlaksige Statur. Es war allzu deutlich, dass er gewohnt war, andere Kleidung anzuziehen.
Aus dem Augenwinkel nahm Thalia wahr, wie Leyla sich spannte. Für einen Sekundenbruchteil befürchtete Thalia, die Assassine würden ausrasten und den Unbekannten angreifen, noch bevor Thalia von ihm erfahren konnte, woher dieser ihren Namen kannte. Glücklicherweise schien Leyla beherrschter zu sein, als es für Thalia manchmal den Anschein hatte. Sie stand einfach nur da, offenbar nur auf einen Grund wartend, sich auf den Mann zu stürzen oder ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen.
"Mensch, Thalia! Habe ich es mir doch gedacht, dass du es bist. Kein anderer würde sein Schiff so brutal landen, wie du, du altes Teufelsweib!", rief der Mann ihr mit seiner verrauchten Stimme entgegen als würde er eine alte Freundin begrüßen und breitete dabei seine dünnen Arme begrüßend aus.
"Wer zum...", setzte Thalia an, doch dann stockte sie abrupt. Allmählich dämmerte ihr, wer dieser Clown war und sie schürzte die Lippen, bevor es aus ihr herausplatzte: "Stou Harakat! Was hast du mit deinem Zopf gemacht? Was sollen diese Tattoos? Und was zur Hölle machst du hier?!"
Der Mann lachte, wobei gelblichen Zähne, die lange nicht mehr gereinigt worden waren, zum Vorschein kamen. Den Revolver hielt er dabei vollkommen achtlos in der Hand und fuchtelte damit herum als wäre es ein Spielzeug. "Tja Thalia... du wirst überrascht sein, aber ich habe mein altes Piratenschiffchen aufgegeben und zum Glauben gefunden."
Thalia machte eine skeptische Miene.
"Du? Gläubig?"
"Kein Scherz, du kleine Libelle. Hohepriester Amilius heiße ich nun und ich führe diese Leute unter dem elysianischen Licht in eine bessere Zukunft."
Thalia schnaubte verächtlich und schritt gelassen auf ihren alten Bekannten zu. "Mit anderen Worten", schlussfolgerte sie, "Du zockst diese Menschen ab."
Der ehemalige Pirat gab keine Antwort, sondern sog nur tief Luft in seine schmale Nase.
Um sich ihrer Begleitung zu versichern, wendete Thalia den Kopf zu Leyla. Die Assassine verfolgte das Geschehen wie immer wortlos, doch man konnte ihr Misstrauen förmlich riechen.
"Also, was n... Verfluchte Scheiße!"
Die Mündung des Revolvers zielte direkt auf ihren Kopf. Ein Zucken war auf der linken Gesichtshälfte von Stou aufgetaucht und seine Augen brannten voller Zorn.
"Keine Bewegung, du Miststück."
Thalia konnte nicht glauben, was sie sah. Offenbar hatte sicher dieser Bastard immer noch nicht wirklich verändert.
"Hast du n' Knall, Stou?", brüllte sie ihn an, "Hör auf die Knarre auf uns zu richten! Meine Gefährtin hier reagiert auf so was ziemlich empfindlich und ich übrigens auch."
Was Leyla auch tat.
Blitzschnell hatte sie eine ihrer Pistolen gezückt und richtete sie auf den Piraten. Ein "Stopp" von Thalia verhinderte gerade noch eine Kugel.
"Kannst du mir bitte erklären, was los ist?!", fauchte ihn Thalia an.
"Was mit mir los ist?", fragte er in fast beleidigtem Ton über ihre Aussage, "Du schneist hier mit deinem knackigen Arsch rein und glaubst, ich hätte den Scheiß vergessen, den du abgezogen hast? Lockst mich erst in dein Bett und am nächsten morgen ist mein Schiff weg, alles voller Bullen und die Hälfte meiner Leute tot! Du hast verdammt viel gut zu machen, du kleine Schlampe!"
Den Satz brüllte er zornig heraus. Thalia musste die Lage entschärfen, da Stou wie auch Leyla der Finger gefährlich nah am Abzug lag. Am liebsten würde sie dem Kerl die mickrigen Eier rausreißen.
Sechs Meter Abstand trennte sie und Stou. Eine lange Strecke, wenn man wusste, wie gut der Pirat schießen konnte.
"In Ordnung, Stou... Halt die Luft an. Ich kann das erklären!", fing sie beschwichtigend an.
"Na, da bin ich mal gespannt..."
"Wenn er in 10 Sekunden die Waffe nicht weglegt, schieße ich, Thalia", kam es plötzlich von Leyla.
"Verdammte Scheiße, könnt ihr euch beide mal beruhigen?!"
 

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Das auffällige Auftreten des Mannes war schon dubios genug, um Leyla stutzig zu machen. Seine gespielte Freundlichkeit bestätigte schließlich ihren Verdacht, dass der Kerl etwas vorhatte, was ganz und gar nicht positiv enden würde. Thalia schien zu perplex zu sein oder die glühende Sonne hatte in ihrem Gehirn einige Zellen gebraten. Nun sah die Situation folgend aus: Dieser Stou zielte auf den Kopf von Thalia und Leyla auf den Kopf von Stou. Eigentlich eine ganz zufriedenstellende Konstellation, wenn man es aus der Sicht der Assassine betrachten würden. Allerdings brauchte Leyla die Raumfahrerin mit ihrer offensichtlich unschönen Vergangenheit, um von diesen Planeten zu kommen.
Thalia versuchte unterdessen die Lage unter Kontrolle zu bringen, was den Mann zunehmend nervöser und aggressiver machte. Wenn er nach den bekannt gegebenen zehn Sekunden nicht die Waffe wegstecken würde, hatte er ein Problem.
„Wir finden eine Lösung, ok?“, sagte Thalia zu Stou, „Aber jetzt leg bitte die Waffe weg.“
„Dass mich deine Freundin da abknallen kann, glaubst du ernsth...“
Weiter kam er nicht. Nach dem Knall wurde sein linkes Ohr weggesprengt und Blut spritzte auf seinen Anzug. Vor Schmerz brüllend, feuerte er auf Leyla, die sich darauf vorbereitet hatte und seinen Schüssen gekonnt auswich. Überraschenderweise waren seine seine Fähigkeiten mit dem Revolver überdurchschnittlich, dennoch hatte er seinen Gegner falsch eingeschätzt. Leyla war ein modifizierter Mensch mit schnelleren Reflexen. Seine Kugeln rissen zwar Löcher in ihre Jacke, aber nicht in ihren Körper. Ohne zu Zögern war Thalia hinter eine der Betonsäulen gehechtet und füllte nun auch ihre Hände mit einer Waffe aus. Leyla tat es ihr gleich, verschwand hinter einer der Säulen und zog das Messer aus der Scheide, die an ihrem Oberschenkel befestigt war.
Leyla achtete aber nicht auf Thalia, sie zählte aufmerksam. Drei, vier und fünf Schuss. Sie entlud noch mehr Kugeln aus ihrer Pistole, denen Stou gerade noch aus dem Weg springen konnte. Schuss Nummer Sechs. Hinter einer der Statuen wollte er nachladen, aber Thalia hinderte ihn daran, indem sie ihn seitlich beharkte. Stou wie auch Thalia schrien sich gegenseitig unaufhörlich Flüche und Beleidigungen zu, sogar in Sprachen, die Leyla nicht kannte.
Er wollte nachladen, doch Leyla nutzte den Moment und sprang aus ihrer Deckung, die Waffe im Lauf abfeuernd und das Messer stoßbereit in der anderen Hand. Auf Stou zustürmend entleerte sie das gesamte Magazin auf ihn und die ihn umgebenden Figuren. Die Augen des Mannes weiteten sich vor Schreck, doch die kurze Bestürzung währte nur eine Sekunde. Seine leergeschossene Waffe außer Acht lassend, zog er einen weiteren Revolver aus seiner Tasche, um ihn auf Leyla zu richten, da flog ihm schon das Messer aus Leylas Händen entgegen. Es verfehlte ihn um die Länge seines Unterarms, da er sich flink wie ein Wiesel zur Seite warf.
„Daneben! Schlechter Wurf“, lachte er schadenfroh.
Ein Treffer in die Schulter beendete Stous Gelächter mit einem weiteren Aufschrei. Der Hechtsprung hatte ihn zwar vor Leylas fliegender Messerklinge bewahrt, ihn jedoch im selben Moment genau vor Thalias Waffenmündung gebracht. Das blutende Loch ruinierte seinen Anzug noch mehr, obwohl er versuchte die Wunde mit seiner unverletzten Hand zuzudrücken. Knurrend versuchte er mit seinem getroffenen Arm die Assassine ins Visier zu nehmen, doch diese war bereits vor ihm.
„So eine Scheisse...“
Das Knie traf Stou mitten ins Gesicht und schleuderte ihn auf den Rücken. Er wollte sich aufrichten, aber Leylas Stiefel drückte gegen seinen Kehlkopf und Stou starrte in die Mündung einer vollgeladenen Pistole. Trotz dieser misslichen Lage versuchte er röchelnd nach seinem Revolver, den er durch den Sturz verloren hatte, zu greifen. Seine Finger ertasteten nur kalten, rauen Beton. Seine Niederlage erkennend, presste er ein gequältes Lachen aus.
„Habe euch wohl unterschätzt.“
„Hast du“, sagte Leyla und verstärkte ihren Druck gegen seinen Hals.
 

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Leyla schien kurz davor zu sein Stou eine Kugel in den Kopf zu jagen, wie sie so dastand, die Pistole auf sein Gesicht gerichtet und den Fuß auf seiner Kehle. Dass Stou dennoch ein Grinsen auf seinen blutverschmierten Lippen hatte, überraschte Thalia jedoch nicht wirklich, als sie sich zu Leyla gesellte und auf den Mann herabblickte.
"Soll ich ihn töten?"
Leyla atmete bei der Frage mittlerweile wieder vollkommen ruhig und entspannte. Mehr als hätte sie sich eben einen Kaffee gemacht und nicht etwa gegen einen irren Pistolero gekämpft. So wie Thalia sie einschätzte, würde sie jedoch wohl kaum zögern, Stou einfach abzuknallen. Daher warf sie schleunigst ein, "Nein, lieber nicht."
Leyla warf ihr einen skeptischen Blick zu, als hätte Thalia sich verprochen.
"Warum nicht?"
"Weil er sich abgesichert hat. Schau dir sein Grinsen an."
Der Blick der Assassine richtete sich wieder auf den Kerl unter ihrem Stiefel.
"Aha", kam es von Leyla, die nicht überzeugt zu sein schien.
Thalia seufzte, als sie den Kopf schüttelte und sich neben Stou niederkniete, um ihm beim Sprechen in die Augen zu schauen.
"Stou mag zwar ein wenig labil wirken, doch er ist kein Idiot. Er hat immer etwas in der Hinterhand. Hm Stou? Was hast du geplant?"
Das Grinsen des Mannes wurde noch breiter und er versuchte etwas zu sagen, doch unter dem festen Druck Leylas Sohle auf seiner Kehle brachte er nicht mehr als ein Krächzen und Nicken hervor.
Offenbar nicht willens noch mehr Zeit mit Stou zu verschwenden, erhöhte Leyla den Druck ihres Stiefels.
"Antworte. Schnell."
"Ehem... ich glaube, wir bekommen schneller eine Antwort, wenn du ihm noch nicht den Kehlkopf zerquetscht.", warf Thalia ein, als Stou lediglich ein Röcheln hervorbrachte. Leyla warf ihr einen scharfen Seitenblick zu, bevor sie ihren Stiefel von Stous Kehle nahm, die Mündung ihrer Waffe jedoch noch immer auf das Gesicht des Irren gerichtet, der sich mit der Zunge über seine spröden Lippen leckte, bevor er mit kratzender Stimme antwortete.
"Also die Sache ist so. Ich bin eigentlich hier um den Leuten zu helfen."
Thalia konnte nicht anders, als ein verächtliches Schnauben hervorzubringen, bedeutete Stou jedoch fortzufahren.
"Nein, im Ernst. Meine Herren haben mich hierher entsandt, um ein Auge auf die Kolonisten und die Lage vor Ort zu haben. Die schweben nämlich in großer Gefahr."
"Durch was?"
Leyla schien Stou ebenso wenig zu glauben, wie Thalia, was kaum verwunderlich war. Dennoch schwang ein Funken echten Interesses in ihrer Frage mit. Stou wirkte indes bereits wieder vollkommen entspannt, als er erwiderte, "Kann ich euch gerne erzählen. Aber wie wäre es, wenn wir drei hübschen nach hinten gehen und uns einen kühlen Drink genehmigen? Ich habe da noch..." Leylas Stiefelsohle landete erneut auf Stous Kehle und brachte ihn zum Schweigen.
"In große Gefahr durch was?", wiederholte sie ihre Worte, bevor sie ihren Schuh erneut von Stous Kehle hob. Thalia glaubte nicht wirklich, dass Leyla sich darüber Gedanken machte, in welcher Gefahr die Siedler vielleicht schweben mochten, wenn Stou tatsächlich die Wahrheit sagte, viel eher machte sich die Berufsmörderin wohl darüber Gedanken, inwieweit diese Gefahr auch für sie eine ebensolche sein könnte.
"Durch Geschäftspartner meiner Herren und Auftragsgeber."
"Was für Herren und was für Geschäftspartner?"
"Das kann ich euch nicht so genau sagen... Weil ich es nicht weiß!" Die letzten Worte brachte Stou eilige hervor, als Leyla bereits wieder äußerst ungehalten wirkte. Wohl um sie von weiteren Brutalitäten abzuhalten, fuhr Stou eiligst fort.
"Man könnte sie wohl auch eher als... Interessenten mit gespaltenen Ansichten und gemeinsamen Zielen bezeichnen. So hat man es mir jedenfalls erklärt. Sie machen irgendwas beim Terraformer. Ich glaube, darum ist hier auch alles eingegangen. Ich soll dafür sorgen, dass die Siedler vom Terraformer weg bleiben und keine Hilfe rufen, sondern sich mit ihrer Lange abfinden, solange die Operation dort dauert. Ihr wisst ja...
Auf den elysianischen Glauben vertrauen und so. Mittlerweile habe ich jedoch die Befürchtung, die Siedler werden nicht mehr bis zum Ende der Operation durchhalten. Die Austrocknung durch den Terraformer bringt sie um."
Thalia, die während Stous Ausführungen um ihn und Leyla herum gewandert war, stand nun wieder rechts neben Stou und sah auf ihn herab.
"Und warum sollten wir dir glauben?" Fragte sie. "Ich meine, warum solltest du uns das alles so bereitwillig erzählen, nachdem wir dich eben beinahe kalt gemacht haben?"
"Na ist doch ganz einfach. Jetzt weißt du von der ganzen Sache, Thalia. Und wir wissen beide ganz genau, was du jetzt tun wirst!"
"Was meint er damit Thalia?" Leylas Geduldsfaden schien mittlerweile derart gespannt zu sein, dass Thalia ihn regelrecht singen hören konnte. Sie warf Thalia, die sich etwas verlegen mit der Hand durchs Haar fuhr, einen scharfen Blick zu, doch Stou war es, der ihre Frage beantworte.
"Terraformer der von ominösen Gestalten genutzt wird, um unschuldige Zivilisten umzubringen? Na? Machts klick? Nein?"
"Nein verdammt! Worauf willst du hinaus?!"
"Ohw... jetzt verstehe ich. Ihr kennt euch noch nicht sonderlich lange, oder? Du hast keine Ahnung, wie Thalia so ist, sehe ich das richtig? Na dann wart mal ab, was jetzt kommt."
Leyla schien kurz davor Stou den Stiefel ins Gesicht zu rammen, doch Thalia hob beschwichtigend die Hand, um eine Frage zu stellen.
"Wie kommen wir zu diesem Terraformer, Stou?"
"WAS?", war alles, was Leyla daraufhin hervorbrachte.
 

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Es dauerte etwas, bis Leyla das unangenehme Kneifen des Bandes der Schutzbrille, die ihre Augen vor dem Sand schützte, durch Herumschieben gelöst hatte. Nachdem sie von Stou einen Wüstenbuggy bekommen hatten, auch wenn dafür etwas Druck erforderlich gewesen war, machten sie sich auf dem Weg zum Terraformer. Leylas Abneigung gegen dieses Vorhaben hatte Thalia nicht davon abgehalten. Unglücklicherweise standen die Umstände schlecht für Leyla, als dass sie sich dagegen wehren könnte. Wenn es nach ihr gegangen wäre, würden Stou und Thalia ein Loch im Kopf haben und das Raumschiff würde schon längst vom Planeten sein. Sie musste sich unbedingt mit dem Fliegen dieser Gefährte beschäftigen, dann musste sie nicht eine derartige Abhängigkeit eingehen.
Die Hitze machte unterdessen Leyla zu schaffen. Ihre gesamte Haut klebte bereits vom übermäßigen Schwitzen und ihre Lippen hingen häufig an ihrer blechernen Wasserflasche. Thalia schien es etwas leichter zu haben, doch man merkte es ihr an, dass auch sie Probleme hatte, die hohen Temperaturen zu ertragen. Während der Fahrt versuchte sie gelegentlich ein Gespräch mit ihr anzufangen, doch die Assassine schwieg und sehnte sich insgeheim nach einer kühlen Ruhestätte. Leyla war nicht nach Reden zumute und musste damit kämpfen, nicht einzunicken.
Die monotone Landschaft um sie herum half ihr nicht sonderlich dabei, sie von diesem Verlangen abzulenken. Überall schien nur Sand und Ödnis zu sein. Weder Mensch noch Tier waren sie unterwegs begegnet. Alles war so fremd, wenn man es mit dem regen Tagesablauf von Nocturn verglich. Leyla blinzelte überrascht. Fühlte sie etwa Heimweh?
Nein, das schien es nicht zu sein. Eher der Wunsch nach einer Umgebung, die sie stärkte anstatt zu schwächen. Wo sie wusste, wie man überleben konnte. Hier würde sie mit der Zeit nur der sichere Tod erwarten, trotz ihres verbesserten Körpers, der sie zu einer Art Übermensch machte.
„In wenigen Minuten müssten wir da sein“, sagte Thalia mit ihren Händen fest am Steuer.
Leyla wischte sich mit einem Tuch den Schweiß vom Gesicht. Sie betrachtete sich im Rückspiegel, als sie anfing mit Thalia zu sprechen.
„Was immer du auch vorhast… Mach es schnell, sonst werde ich dich töten.“
 
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