[Diskussion] Ewiges Erwachen

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Kýestrika

Otakuholic
Otaku Veteran
Diskuss: http://board.world-of-hentai.to/f211/diskuss-ewiges-erwachen-103631/

Prolog

Das tosende Wasser reist alles mit sich, bahnt sich seinen Weg durch die Schlucht. Nach vielen Kilometern verlässt der Fluss die kleine Schlucht und fließt steil einen hochhaushohen Wasserfall hinunter. Dieser endet in einer Landschaft, die nicht hätte üppiger sein können. Hier scheint ein kleiner Urwald zu gedeihen, wilde, unbekannte Tiere nennen ihn ihr zu Hause. Das hohe Grass am Flussufer birgt Geheimnisse. Aus ihm ist ein unerbittliches Schluchzen zu hören. Dort, wo das Grass in den Fluss übergeht, weit hinter den reisenden Strömen des Wasserfalles, umgeben vom Duschgel, sitzt ein Mädchen. Es sitzt da, weint und starrt auf die Wasseroberfläche. Neben ihr steht ein nasser Rucksack aus dem sie etwas geholt hat. Ein Tagebuch …
Erinnerungen steigen hoch, als sie das Tagebuch so in der Hand hält und noch mehr Tränen fließen. Sie erinnert sich daran, wie alles begonnen hatte und denkt dass nun alles endet.
Das Mädchen lässt das Buch aus ihren Händen ins Wasser gleiten, wo es von den Fluten davon gerissen wird …

Dort, wo der Fluss in den Wasserfall übergeht steht ein Junge. Er steht einfach nur da und starrt in die Tiefe. In seinem Blick liegt purer Wahnsinn. Viel zu langes Haar hängt auf seinen Schulter, zerschrammtes Gesicht und gerötete Augen.
Auch er hält etwas in der Hand. Ein kleines Büchlein mit schwarzem Einband. Ausdruckslos blickt er es an. Er erinnert sich ebenfalls an alles. Von Anfang bis Ende.
Hier ist das Ende, denkt er und lässt dann das Buch in das Wasser fallen. Er dreht sich um und sieht nicht wie es den Wasserfall hinuntergespült wird…

Beide Tagebücher werden vom Fluss mitgerissen. Wie durch Zufall bleiben sie an derselben Wurzel hängen. Dort werden sie bleiben, bis sie jemand findet oder sie vom Wasser weitergetrieben werden. Zwei verschiedene Aufzeichnungen von zwei verschiedenen Personen, ein und dieselbe Geschichte …
Beide, denen diese Memoiren gehören, sind ohne Hoffnung.
Zwei verlorene Seelen, deren Geschichte schon vor unendlich langer Zeit begonnen hat. Zwei verlorene Seelen, deren Schicksal untrennbar miteinander verbunden sind. Zwei Seelen, die bald ihr Ende in dieser Geschichte finden werden, aber noch ist nicht der richtige Augenblick, noch muss zu viel geschehen …


1. Krank
Minos Buch

Der Regen platschte auf die Straße, ein Blitz durchzuckte den Himmel, kurz darauf war fernes Donnergrollen zu hören. Der heiße Herbsttag endete in einem Gewitter Die wenigen Leute auf der Straße suchten etwas zum Unterstellen und beäugten mich neugierig, als ich trotz Regen gemächlich die Straße entlang ging und nicht mal angedeutet schneller ging als sonst.
Ich war schon nach kurzer Zeit bis auf die Haut nass. Das dünne T-Shirt klebte unangenehm an mir und durch den dünnen Stoff konnte man ganz deutlich meine Haut und meinen BH sehen, die blonden Harre, die normalerweise Locken bildeten, hingen nun strähnig herunter. Schwer vom Regen und tropfend. Meine Reisetasche baumelte an meiner Schulter herunter und schlug gleichmäßig an mein rechtes Knie. Eigentlich hätte ich mich irgendwo unterstellen und meine Regenjacke heraus kramen können, aber ich hatte keine Lust anzuhalten. Ich wollte laufen, einfach nur laufen, mehr nicht. Und so schnell würde ich mir schon keine Erkältung einholen, schließlich hatte ich 6 Jahre auf der Straße verbracht und nach den letzten heißen Herbsttagen fühlte sich der Regen angenehm auf meiner Haut an. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl gehabt meine Haut würde brennen, jetzt verschwand allmählich das Gefühl.
Neben mir liefen Darren und Maja. Meine zwei engsten Freunden, mit denen ich den größten Teil meiner Zeit verbrachte. Darren hatte blondes Haar, welches vielleicht mal geschnitten werden sollte und das sich jetzt bei der Feuchtigkeit und Nässe leicht kräuselte. Er hatte etwas Verwegenes, diese Art auf die so viele Mädchen abfahren. Auch er trug eine schwere Reisetasche mit sich und war bloß mit einem gelben T-Shirt und einer schwarzen kurzen Hose bekleidet.
Maja war eine richtige Schönheit. Ich liebte den Anblick ihrer schönen braunen Haare und kastanienbraunen Augen. Sie hatte erst vor einem Monat ihre Volljährigkeit erstanden. Damit war sie trotz der wenigen Monaten, die zwischen ihr und mir lagen, die Jüngste.
Sie hatte die Kapuze ihrer schwarzen Regenjacke tief ins Gesicht gezogen und presste ihre schmalen Lippen fest aufeinander. In ihrem Gesicht stand tiefe Erregung und ihre Augen funkelten unheilvoll.
„Ich verstehe das einfach nicht!“, rief sie aufgebracht und noch mehr Leute drehten sich zu uns um.
Oft wurden Darren und ich von ihrer Mutter zum Essen eingeladen, manchmal duschten Darren und ich dort, wenn Majas Eltern auf der Arbeit waren. Ihre Eltern wussten nichts von unserem Zuhause. Vielleicht hätten sie uns vor unserer Volljährigkeit der Polizei gemeldet. Darren und ich waren uns darüber einig, dass für uns das geregelte Leben nichts war. Wir waren auf den Straßen aufgewachsen und kannten nur die Freiheit eines Vagabunden.
„Dieses scheiß Algebra! Wofür soll das später eigentlich mal gut sein?“ Maja war von uns die Einzige die zur Schule ging und einen Abschluss bekam. Ich und Darren hatten nie einen gemacht. Darren war mit 14 von daheim weggelaufen, weil sein Vater trank und seine Mutter die Familie verlassen hatte, als er noch ziemlich klein gewesen war und ich selbst war mit 12 auf die Straße geraten.
„Schmeiß die Schule“, lachte Darren wofür er von Maja einen bösen Blick erntete. Seine Stimme hatte einen weichen, sanften Klang, der sogar dann noch mitschwang, wenn er sauer war.
„Du verstehst doch von diesem Zeug noch weniger als ich und im Gegensatz zu euch zweien bin ich nicht so blöd und schmeiße die Schule!“, erwiderte sie sauer.
„Jetzt reg dich doch mal ab, Maja. Er hat es doch gar nicht böse gemeint, er wollte dich lediglich aufmuntern“, wand ich schließlich ein, um einen Streit zu vermeiden. „Außerdem war es damals nicht unsere Schuld, dass wir auf der Straße gelandet sind. Wo hätten wir denn hingehen sollen. Wenn wir damals bei unseren Eltern geblieben wären, wären wir heute vielleicht gar nicht mehr unter den Lebenden.“
Das Gefühl meine Haut würde langsam abkühlen war verschwunden und wurde jetzt wieder durch ein brennendes, heißes Gefühl ersetzt. Ich schwitzte trotz Regen. Mir war leicht schwindelig und ich bekam allmählich Kopfschmerzen. Ich war nicht in der Laune zu streiten oder irgendeinen Streit mit anzuhören. Auf einmal fühlte ich mich ungewohnt schwach und müde.
Vielleicht habe ich Fieber, dachte ich. Ich wollte plötzlich nur noch aus dem Regen raus und ins Trockne. Ich durfte mich nicht erkälten!
Betretenes Schweigen traf ein, bis ich meinte: „Lasst uns ein gemütliches, kleines Café aufsuchen, wo es schön trocken ist und wir etwas Warmes trinken können.“
Darren und ich hatten den Vormittag auf dem Bahnhof verbracht und hatten uns dort ein wenig Geld erbettelt. Genug Geld für eine warme Mahlzeit und einen schönen warmen Tee. Wir beschafften uns Geld oft auf diese Weiße. Meistens spielte Darren dann auf seiner Gitarre, die er jetzt über seine Schulter hängen hatte und ich sang dazu. Darren behauptete ich hätte eine klasse Stimme, mit seinen Worten ausgedrückt „die schönste Stimme der Welt.“ Manchmal beschafften wir uns aber auch kleine Nebenjobs.
Wir liefen über den Marktplatz. Es war früher Abend und die Geschäfte würden erst in einer Stunde zu machen. Die Sonne ging schon unter und warf lange Schatten über die Häuser.
Nach längerer Diskussion mit Maja und Darren beschlossen wir das nächst beste Cafe zu nehmen und setzten uns dort in eine kleine gemütliche Ecke.
Beim Setzen streife Maja sachte meinen Arm und zuckte sofort zurück, als sie meine Wärme spürte, legt dann aber so gleich ihre Hand auf meine Stirn. „Mensch du glühst ja!“, rief sie entsetzt aus.
„Echt?“, fragte ich matt, vor meinen Augen verschwamm auf einmal alles, nahm dann aber gleich darauf wieder scharfe Umrisse an.
Ich werde nie diesen Blick vergessen den mir Darren zuwarf, diesen kummervollen, sorgenvollen Blick, er war voller panischer Angst, Angst vor irgendwas. Auch seine Stimme klang besorgt als er sprach. „Vielleicht solltest du zum Arzt oder so. Majas Vater untersucht dich bestimmt, wenn du ihn darum bittest.“ Majas Vater war Arzt.
„Ich habe mich bestimmt nur ein wenig erkältet, nichts Ernstes, bestimmt nicht“, meinte ich achselzuckend, ich wollte nicht so viel Aufmerksamkeit, dass war mir ein wenig unangenehm. „Und es geht mir sonst gut, ich habe keine Beschwerden.“ Es war nicht fair, dass ich die Beiden anlog, aber ich konnte nicht anders. Wie hätte ich das Gefühl, innerlich zu verbrennen, erklären sollen?
„Nee lass ma´. Wir werden jetzt erst einmal gemeinsam zu meinem Vater in die Praxis gehen und du lässt dich schön untersuchen. Wer weiß wie schlimm so eine Erkältung draußen auf der Straße werden kann und das jetzt, wo die Nächte wieder kälter und länger werden? Nachher kriegst du noch ne‘ Lungenentzündung oder hast schon eine!“ Sie hatte Recht. Es war zwar noch warm und manchmal richtig heiß, aber wir hatten längst Herbst und die Nächte wurden kalt. Aber trotzdem, ich wollte nicht. Es war unangenehm.
Doch Maja schob mich schon energisch Richtung Ausgang und jeder Widerstand war zwecklos. Selbst als ich hier hoch und heilig versprach mit ihr zu kommen, wenn ich meinen Tee getrunken hatte und es aufhörte zu regne, ließ sie nicht locker.
Es waren fast 20 Minuten Fußmarsch bis zu Hannes Praxis und als wir endlich dort ankamen, war das Gewitter längst über uns. Der Himmel wurde ständig von Blitzen erhellt und die Luft wurde durch wütende Donnerschläge zerschnitten. In der Praxis hieß es dann noch mal 10 Minuten warten. Ich saß zusammen gesunken auf meinem Stuhl und starrte vor mich her. Ich mochte es nicht, wenn sich andere Leute Sorgen um mich machten, das wollte ich nicht, auf gar keinen Fall. Aber wie ich da saß merkte ich wie ich immer mehr anfing zu brennen, innerlich zu verbrennen und dann wurde ich auch gleich darauf von dem ersten, heftigen Hustanfall geschüttelt, auf den noch weitere folgten, während wir warten und Darrens Blick wurde immer sorgenvoller.
Ich versuchte zu lächeln. „Nun schau nicht so wie sieben Tage Regenwetter. Mir geht es gut, ich hab mich nur ein kleinwenig erkältet.“ Noch während ich Darren ansah, verliefen seine Konturen und wurden erst nach ein paar Mal Blinzeln wieder klar. Aber es konnte doch nicht mehr als eine Erkältung sein oder?
Als Hannes mich untersuchte (Mund auf und A sagen, sich in den Rachen schauen lassen und tief ein und ausatmen, das übliche eben) saß Darren die ganze Zeit stillt neben mir und starrte mich ausdruckslos an. Er schien mit seinen Gedanken weit weg zu sein, sich Sorgen zu machen.
So ernst hatte ich ihn noch nie erlebt. Warum machte er sich solche Sorgen? Vielleicht weil ich zum ersten Mal krank war, seit ich auf der Straße lebte, seit ich ihn kannte?
Der Arzt kam zu der Überzeugung, dass ich eine leichte Lungenentzündung hätte, in diesem Moment griff Darre nach meiner Hand. Ich spürte ganz deutlich seine kühle Haut auf meiner brennenden, es schmerzte fast, so kalt war sie und ich spürte seinen stechenden Blick von der Seite.
„Ihre Eltern sind verreist“, murmelte er.
„Bitte?“, frage Hannes und sah von seinem PC auf, in dem er nach einem Medikament für mich suchte.
„Ihre Eltern sind verreist!“, sagte der Junge nun lauter und nachdrücklicher. „Kann sie nicht bei Ihnen bleiben, bis sie gesund ist oder ihre Eltern zurückkommen?“ Er sah den Arzt bittend an, ja sogar fast flehend. Was war denn mit ihm bloß los? Warum erschien er mir so nervös und so besorgt? Warum hatte ich den Eindruck, dass es ihm um etwas anderes ging, als um meine Gesundheit? Für einen Moment glaubte ich sogar Tränen in seinen Augen aufleuchten zu sehen.
„Dad, bitte lass sie zu uns kommen, sie ist doch krank!“, wandte nun auch Maja ein.
Ihr Vater überlegte einen Augenblick und nickte dann. „Leg dich hinten ins Zimmer. ich werde dich dann in einer halben Stunde mitnehmen, du kannst bei dem Wetter unmöglich laufen. Darren und Maja können sich ja zu dir gesellen.“ Ein Lächeln bildete sich auf den alten Lippen und seine grauen Augen leuchteten einen Moment auf. Er sieht alt aus, kam es mir zum ersten Mal in den Sinn. Sein roter Haarschopf fing an sich zu lichten und seine Haut bekam Falten. „Ich möchte aber noch kurz mit dir sprechen Maja, allein!“, fügte er mit Nachdruck hinzu. Also verzogen Darren und ich uns ins Hinterzimmer und ich legte mich auf das kleine Bett, welches dort stand. Der Boden schien unter meinen Füßen zu wabern. Darren schnappte sich einen Stuhl, der an einem Tisch gestanden hatte.
Mir entging nicht sein Blick.
„Wieso machst du dir so viel Sorgen?“, brachte ich schließlich über die Lippen. Seine blauen Augen betrachteten mich ausdruckslos, dann bildete sich ein sanftes Lächeln auf seinen Lippen.
„Ich habe dir doch erzählt meine Mutter wäre abgehauen, nicht wahr?“ Seine Stimme klang merkwürdig monoton und er wand seinen Blick von mir ab, starrte nun an die Wand.
„Was ist damit?“
„Sie ist niemals abgehauen. Es war für mich leichter eine Lüge zu glauben, als die Wahrheit zu akzeptieren. Du kennst sicherlich so was auch oder? Ich war gerade mal fünf als sie starb. Sie starb an einer Grippe. Ich werde nie vergessen wie sie sich zu tote gehustet hat. Diese schrecklichen Hustanfälle! Sie hat zum Schluss Blut gehustet. Ich lag nachts deswegen oft wach und habe mir vorgestellt, dass es vielleicht besser sei wenn sie sterbe. Als sie dass dann wirklich tat…“ Er sah mich an und ich sah Tränen in seinen Augen leuchten, wie kleine Rubinen. „Ich habe mich schrecklich schuldig gefühlt. Vater hat diesen Verlust nie verkraftet. Er begann danach zu trinken.“
Ich hob meine Hand, die mir schwerer vorkam, als gewöhnlich und berührte sanft seine Wange. „Du bist nicht daran schuld, du warst klein und wolltest wahrscheinlich nur das Beste für deine Mutter. Du wünschtest deine Mutter den Tod, nicht etwa, weil du sie gehasst hast, sondern weil du sie liebtest und nicht wolltest, dass sie leidet.“
„Ja“, hauchte er und senkte dann den Blick. „Und nun…na ja…weißt du, wir haben viel Zeit zusammen verbracht…ich meine jetzt nicht meine Mutter, sondernd dich und mich…“ Ja, wir hatten gewiss viel Zeit miteinander verbracht, wir hatten fast jeden Tag auf der Straße gemeinsam beendet und uns in kalten Winternächten warm gehalten. Ja, wir waren auch oft Nachts noch gemeinsam durch die Straßen gezogen und hatten zusammen geschlafen, nicht diese Art von Beischlaf, kein Sex, nein nie, nur aneinander kuscheln, wenn es kalt war und sich gegenseitig warm gehalten, mehr war da nie gewesen, in den ganzen Jahren, die wir uns nun kannten. „Und weißt du…da habe ich wohl irgendwann angefangen mehr für dich zu empfinden, etwas was über Freundschaft hinausgeht.“ Bei diesen Worten blickte er wieder auf und sah mir so tief in die Augen wie kein anderer zuvor, was ein Kribbeln in mir ausläse. Er sah mir in meine blauen Augen und eine Art Elektrizität schien sich in dem Raum aufzubauen und für einen Augenblick schienen wir zwei allein auf dieser Welt zu existieren. Spürte er das auch oder verleitete mir das Fieber zu solchen Gefühlen? Näherten sich unsere Lippen tatsächlich? Ja. Seine Lippen berührten sanft die meine, seine Hand strich leicht über meine Wange, die Zeit schien still zu stehen.
Als die Tür aufgestoßen wurde schraken wir auseinander und Maja beäugte uns. Peinliche Stille entstand, dann lachte Maja schallend auf. „Ihr tut gerade so als hätte ich euch bei irgendwas überrascht oder gestört was ich nicht mitbekommen sollte“, lachte sie und als Darren mit ins Lachen einfiel lachte auch ich mit, obwohl mir gar nicht zum Lachen zu Mute war. Eine unausgesprochene Frage stand nun zwischen Darren und mir: Hätten wir uns geküsst, wenn Maja nicht aufgetaucht wäre?
„Was wollte Hannes von dir?“, fragte Darren, um so schnell wie möglich von dieser Sache wegzukommen.
„Ach nur wegen der Schule“, meinte sie kurz angebunden, aber ich sah an ihren Augen das dies nicht wirklich stimmte oder zumindest nicht die ganze Wahrheit war, doch ich blieb stumm. Wenn sie nicht darüber reden wollte, dann war das allein ihre Sache.
Müde lies ich mich in das Kissen sinken. Wie angenehm weich es war…
Wann war es das letzte Mal gewesen, dass ich in einem Bett mit Kissen und Decke lag? Jahre. Am liebsten wäre ich sofort eingeschlafen, aber ich ermahnte mich dessen, ich würde ja doch bald wieder aufstehen und mich zum Auto schleppen müssen. Ein tiefes Seufzen entrann meiner Kehle, was jedoch sofort wieder einen Hustreiz auslöste und mich dazu aufforderte mich zu setzen. Wieder entging mir Darrens sorgenvoller Blick nicht. Nach dem der Hustanfall verebbt war, lächelte ich ihn aufmunternd an. „Mach dir keine Sorgen, ich werde es in den nächsten Tagen kuschelig warm haben und mich schnell erholen.“
Er nickte nur stumm und verbrachte dann die restlichen 15 Minuten damit uns zum Lachen zu bringen und selbst zu lachen. Es war wie immer, er versuchte seine Sorgen hinter dem Lachen zu verbergen. Als Hannes dann rein kam und ankündigte, dass wir nun aufbrechen würden, reichte mir Darren feierlich die Hand. „Na dann, gute Besserung und besieg die Krankheitserreger in diesen Schlachtzug, töte sie bis zum letzten Mann!“ Er versuchte ein Lächeln, doch seine Augen verrieten ihn und seine Sorge um mich. „Ich komme dich jeden Tag besuchen“, fügte er noch hinzu, nahm seine Sachen und ging seines Weges und ich fuhr mit Maja zu ihr…


2. Ich
Darks Buch

Die Sonne schien und versenkte mir die Schultern. Es war eine Affenhitze, kaum zum aushalten, die ganze Zeit schon. Der Schweiß rann mir die Stirn herunter, blieb kurz an meiner Nasenspitze hängen und tropfte dann auf den trockenen Waldboden. Bäume, soweit das Auge reichte, aber was verlangte man von einem Wald? Das er Bäume und Sträucher und heimtückische Löcher hatte, in denen man stolperte und sich fast etwas brach.
Ich war sichtlich genervt von all diesen Bäumen, die mir nicht mal Schutz vor der Sonne boten, da sie einfach zu weit auseinander standen. Ein Optimist würde jetzt vielleicht sagen: „Sehe es positiv, so irrst du wenigstens nicht in Dunkelheit umher und siehst wo hin du läufst, außerdem kannst du dich dafür nicht so schnell verlaufen.“ Aber ich war kein Optimist!
Der Rucksack auf meinen Schultern schnitt mir in die Schultern, ich hatte ihn zu voll beladen, aber was soll`s, nun war es zu spät und außerdem würde ich nicht meckern, nur wegen ein bisschen Zwicken.
Ich verfing mich mit einem Fuß in einer Wurzel und stolperte, knallte mit der Hüfte gegen den Baum und fiel dann auf den Boden. Ich stöhnte auf, als ich den starken Schmerz an der Stelle spürte, an der ich mich gestoßen hatte. Das weiße Hemd verfärbte an der Hüfte rot. Blut!
Dieses Mistvieh muss mich doch schlimmer verletzt haben, als erst angenommen, schoss es mir durch den Kopf.
Ich war in der Nacht nur kurz unvorsichtig gewesen, als aus irgendeinem Gebüsch ein Wolf sprang und mich biss. Ich konnte den Wolf gleich überwältigen (mit der Feststellung, dass er Tollwut hatte – nur gut das ich gegen so etwas Immun war), doch er hatte mir eine tiefe Fleischwunde zugefügt, die nun erheblich schmerzte. Eigentlich war ich nicht so zimperlich bei Schmerzen und Verletzungen, doch es war schon Jahre her, dass ich solch eine tiefe Wunde gehabt hatte und erst jetzt, am Tageslicht sah ich, dass sie fast bis zum Hüftknochen ging. Mein Bein war wie betäubt und der Schmerz ging auch auf das linke Bein über. So blieb ich an einem Baum gelehnt sitzen und untersuchte die Wunde genauer. Ich sah etwas, was nicht zu meinem Körper gehörte und mir schoss sofort durch den Kopf, dass es ein Zahn dieser Bestie gewesen sein musste. Da ist man schon mit diesen Viechern verwandt und bemüht sich ein wenig Kontakt zu ihnen zu pflegen und dann so was! Wenn ich schon etwas in dieser gottverdammten Welt mochte, dann waren es meine Verwandten bzw. Vorfahren: Die Wölfe. Aber nein! Verdammt noch mal …
Ich griff mit zwei Fingern in die Wunde, bohrte sie hinein, ertrug den Schmerz unter Gestöhne und hielt dann tatsächlich einen Wolfszahn in den Händen. Ich wischte das Blut von ihm ab und betrachtete ihn in der Sonne. Er funkelte schön, war richtig groß. Ich beschloss ihn zu behalten, als kleine Trophäe und wer weiß, vielleicht brachte er mir ja etwas Glück, obwohl ich nicht an so etwas glaubte.
Erschöpft schloss ich die Augen und drückte meine Hände auf die blutende Wunde. Es war ein langer Tag gewesen, bald würde die Sonne untergehen und dann würden die Tiere der Nacht erwachen und aus ihren Verstecken kriechen. Meine Haut juckte und brannte, die Schultern waren verbrannt und rot. Ich konnte nur die Hoffnung beibehalten, dass ich bald aus diesem Wald herausfinden würde …

Als ich das ich nächste Mal meine Augen öffnete war es dunkel und es hatte begonnen zu Regen. Meine Kleidung und Haut waren klitschnass, die Wunde blutete nicht mehr so arg wie am Abend und ich fühlte mich besser.
Ich nahm meinen Rucksack und sah mich um.
Aus welcher Richtung war ich gekommen? Bergab! Ich war vom Berg gekommen!
Ich schlug die Richtung ein in der es abwärts ging, Norden. Nach dem Stand des Mondes musste es um Mitternacht sein, ich hatte also noch die halbe Nacht und den ganzen Tag Zeit aus diesem Wirrwarr von Bäumen herauszufinden. Und hoffentlich würde es bald sein.
Ich stieg den Berg immer tiefer hinab, immer tiefer in den Wald hinein, der – wie mir auffiel – immer dichter wurde, gefolgt von dem dumpfen Pochen meiner Wunde.
Ich vernahm das leise Zirpen der Grillen und das Aufleuchten und erlöschen der Lichter kleiner Glühwürmchen. Die Melodie der Grillen war lieblich und rhythmisch. Ich hasste es! Hätte ich die Zeit dazu gehabt, hätte ich jede zirpende Grille platt getreten.
Ich war schon nach wenigen Stunden erschöpft und müde, was für mich ungewöhnlich war, da ich sonst vor Kraft nur so strotzte, doch die Wunde behinderte mich mehr als Anfangs geglaubt. Sie blutete nun wieder schlimmer und ich musste befürchten, dass ich zu viel Blut verlor und irgendwann nicht mehr die Kraft zum Weiterlaufen hatte. Vor dem Tod fürchtete ich mich jedoch nicht, nein, ganz im Gegenteil, ich wünschte ihn mir seit Jahren. Doch ich wusste, der Fluch, der auf mir lastete würde verhindern, dass ich einfach so starb. Ich war kein gewöhnlicher Mensch.
Es war Jahrtausende her, als ich eines Morgens erwachte und nicht wusste, wer ich war. Kein Name, kein Anhaltspunkt. Selbst mein Gesicht war mir fremd vorgekommen. Da war nur ein Wort: Dark.
Ich hatte beschlossen, mich nach diesem Wort zu benennen. Und so war ich ins Nächste Dorf gegangen, in der Hoffnung, dass mir jemand weiterhelfen konnte. Doch Fehlanzeige.
Schnell lernte ich, dass ich stärker und flinker war und bessere Instinkte und Organe hatte als die Menschen. Bei Vollmond dann verlor ich über meinen Geist die Kontrolle und ich verwandelte mich unter Quälen in eine Bestie.
Das war die Zeit, als Gerüchte über Menschen aufkamen, die sich in Wölfe verwandeln können und andere, normale Menschen umbrachten. Angeblich sollte man sich mittels eines Bisses mit dieser Krankheit infizieren. Ich gehörte offensichtlich zu den Infizierten. Anfänglich dachte ich, dass es vielleicht ein Symptom der Krankheit sei, dass man sich nicht mehr an das Menschsein erinnerte. Schmerzlich musste ich erkennen, dass ich damit falsch lag. Und es machte mich wütend! Wieso wusste jeder wer er gewesen war, nur ich nicht!?
Ziemlich bald darauf war auch herausgekommen das ich ohne dieses Wissen über meine Vergangenheit nicht sterben konnte. Zu dem Zeitpunkt, als ich dies herausfand, hatte ich mich noch gefreut und überlegen gefühlt – heute war dies anders. Ich fühlte mich zwar immer noch überlegen, doch ich hatte keinen größeren Wunsch als zu sterben. Für mich gab es auf dieser Welt nichts Neues mehr, niemand der mich besiegen konnte, einfach nichts Lebenswertes. Ich war nun über 2000 Jahre alt, wie alt genau wusste ich nicht. Irgendwann hatte ich aufgehört zu zählen. Die meisten Dinge nervten mich nur noch. Vielleicht war ich auch der Ursprung aller Werwölfe, der Gedanke war mir schon oft gekommen, schließlich war ich noch keinem begegnet, der so alt war, wie ich. Und vielleicht war ich nie Mensch gewesen und hatte deshalb nichts zum Erinnern, dann konnte ich auch niemals sterben und war dazu verdammt bis in alle Ewigkeiten mein Dasein zu fristen, bis die Menschen die Welt zerstört hatten und selbst dann würde ich überleben. Ich konnte verbluten und trotzdem leben, man könnte mich köpfen und mir dennoch nicht das Leben aushauchen…
Ich hatte es mir zum Spaß gemacht sinnlos zu töten, das war die einzige Freude in meinem trostlosen Dasein. Was hätte ich denn sonst tun können? Lieben und eine Familie gründen? Pah! Liebe war doch nur eine reine Illusion, die Schmerz mit sich brachte. Wie viele Liebende hatte ich schon sich gegenseitig morden sehen?
Nein, ich fügte viel lieber anderen Schmerzen zu, ließ sie qualvoll sterben. Aber letztendlich hatte ich nur dieses eine Ziel: Herauszufinden wer ich früher gewesen war! Ich war nun schon über 1400 Jahre auf der Suche und war trotzdem keinen Schritt weitergekommen, doch ich würde nicht aufgeben, nein, niemals! Dark, der Wolf würde niemals aufgeben, nicht solange er auf diesem Planeten leben würde. Und wenn man mein Alter bedachte, waren 1400 Jahre wenig.
Es gab verschiedene Welten und ab und zu öffneten sich Tore zum Weltwechsel. Doch wo und wann konnte man nicht bestimmen und beeinflussen konnte man dieses auch nicht, aber ich hatte schon viele Welten gesehen und jede war anders, manche ähnelten sich, andere wiederum unterschieden sich von anderen so viel sie nur konnten. Doch es gab eine einzige Welt die ich nicht betreten konnte, ob ich wollte oder nicht. Der Durchgang zu dieser Welt war vor Jahrtausende geschlossen worden, für immer. Einst hatte ein bitterlicher Krieg zwischen den Welten geherrscht, es ging jedoch niemand als Gewinner oder Verlierer raus, doch hatte sich eine Welt dazu entschlossen den Kontakt zu den anderen Welten für immer zu unterbrechen und hatten ihr Tor geschlossen, so war es auch heute noch geschlossen und auch die Kreaturen der Fantasie (z.B. Einhörner – grässlich nette Kreaturen, diese Viecher, solang man jedenfalls nen Weib ist!) wurden in dieser Welt bis zum letzten ausgerottet, so sagte man. Und es war höchstwahrscheinlich, dass diese Welt, von all den anderen Welten, die wenigste Fantasie hatte und das Tor längst vergessen war. Aber ich wusste, dass dieses Tor verriegelt war und man dieses nicht einfach so öffnen konnte, das Schicksal dieser Welt war beschlossen worden und ich musste befürchten, dass in dieser Welt vielleicht meine Antworten auf alle meine Fragen lagen.
Aber in diesem Augenblick quälte mich nur der Gedanke wo ich etwas Essbares finden würde. Mein Magen knurrte so laut er konnte, als ich den Duft von Wildbeeren war nahm aber ich roch, dass diese Giftig waren und wollte nicht riskieren, dass ich davon krank wurde, also lief ich weiter, hielt die Wunde mit einer Hand und stütze mich mit der anderen Hand an den Bäumen ab.
„Hey du!“
Ich schrak zusammen als eine Stimme aus der Dunkelheit ertönte und wunderte mich zugleich, wieso ich ihn nicht gewittert oder kommen gehört hatte und mir wurde mit einem Schlag bewusst, dass ich zu erschöpft für so etwas war. Ich wand mich um und blickte in dass Gesicht eines blonden Kerls, Mitte 30. Er war hoch gewachsen, hatte blaue Augen (wenigstens meine Sehkraft hatte mich nicht im Stich gelassen) einen kleinen Schnurrbart und trug die Kleidung eines Jägers, grüne Hose, grünes Hemd, grüner Hut. Ich schätzte ihn auf 1.80m, er war kräftig gebaut. Nicht etwa dick, sondern muskulös.
Ich versuchte zu lächeln.
Ich muss hierzu sagen, dass ich von Glück reden kann, dass ich nicht altere, so sah ich aus wie ein harmloser, etwas mitgenommener 19-Jähriger, mit etwas zu langen schwarzen Harren aus. Ich war hager (ich bekam in letzter Zeit einfach zu wenig zwischen die Zähne) aber durchtrainiert und vielleicht auch etwas klein. Mein junges Aussehen hatte mir schon oft aus der Patsche geholfen.
Die Augen des Jägers glitten hinunter und blieben an der Wunde haften. „Was machst du zu dieser späten Stunde noch hier?“
„Das könnte ich Sie auch fragen“, gab ich ächzend zurück, bevor sich alles drehte, die Welt in eine undurchdringliche Dunkelheit verschwand, mich Kälte umgab und ich vornüber umkippte…

Ich fiel auf etwas Sanftes, auf etwas Weiches und wurde von etwas Warmen umgeben, die Kälte der Nacht war verschwunden, ich nahm den Duft von Gulaschsuppe wahr.
Langsam öffnete ich meine Augen und blickte an eine Holzdecke, die eine kleine Lampe besaß, deren Licht mich zuerst blendete. Ich kniff die Augen zu und spürte dabei einen sanften Schmerz am rechten Auge und mir dämmerte, dass ich nicht auf etwas Weiches gefallen war, sondern auf den harten Waldboden aufgeschlagen sein musste und mir dabei wohl Schrammen im Gesicht zugezogen hatte.
Ich versuchte gegen das Licht anzublinzeln und den Rest des Raumes zuerkennen.
Ich befand mich in einem Bett, über dem ein Fenster ragte, das Finsternis und Nacht verriet. Bis auf einen kleinen Schrank in der linken Ecke (das Bett befand sich an der Nordseite, wie sich später noch herausstellte) war der Raum leer. Ich drehte den Kopf nach hinten und sah die Tür. Sie stand offen. Ich versuche mich aufzurichten, doch als ein bitterer Schmerz meine Beine lähmte und ich laut aufstöhnte, unterließ ich dies.
Das Gesicht des Mannes aus dem Wald erschien in der Tür. Ich konnte nun eine kleine Narbe oberhalb der Lippe erkennen, die seinen Schnurrbart durchtrennte. Er hatte unreine Haut und kleine Pickelchen am Hals, doch sein Lächeln war warm und herzlich, ein Lächeln was ich mehr als alles andere Verabscheue, nur Elfen sind schlimmer! Wenn ich die Kraft dazu gehabt hätte wäre ich aus dem Bett gesprungen und hätte dieses scheußlich, mitleidiges Lächeln zerschlagen.
„Es wundert mich, dass du so früh erwachst!“, sagte er. „Jeder andere wäre bei dieser Menge Blut, die du verloren hast, längst ins Koma gefallen oder gar verblutet. Aber es freut mich das es dir anscheinend besser geht.“
Ich nahm mir in diesem Augenblick vor, ihm den Hals umzudrehen, sobald es mir besser ginge. Mitleid kann ich absolut nicht ausstehen. Doch bis es mir besser ginge würde ich mein Spielchen mit ihm spielen.
„Was ist geschehen?“, ächzte ich, leiser als ich eigentlich konnte, doch er sollte nicht mitbekommen wie schnell ich mich erholte. Das hätte Verdacht erregt und er konnte auf den Gedanken kommen, dass ich nicht menschlich war.
Er lächelte und zog einen Stuhl bei, den er aus dem anderen Raum holte. „Ich habe dich im Wald gefunden, erinnerst du dich nicht mehr? Du bist gerade umgekippt, als wir uns begegneten.“
Ich nickte wortlos, drückte mich mit beiden Händen nach oben und lehnte mich dann an den Bettpfosten.
„Was hast du auch mitten in der Nacht im Wald zu suchen? Das ist gefährlich!“, versuchte er mich zu belehren, mein Wunsch ihn umzubringen nahm zu.
„Ich wurde verfolgt“, log ich, „von einem großen Mann, ungefähr 20. Das war gestern Morgen, dann habe ich mich verlaufen und wurde von einem Wolf angegriffen.“
Der Mann nickte mitfühlend. „Verrate mir deinen Namen.“
Ich überlegte kurz und kam dann zum Schluss, dass es unklug wäre ihn meinen richtigen zu nennen also sagte ich: „Kevin und Ihrer?“
„Nenn mich einfach Sebastian und lass doch bitte dieses `Sie´ weg, ja?“
Ich nickte und blickte an mir herunter, als ich einen leichten Luftzug auf meiner Brust spürte. Ich trug nicht mehr meine eigenen Sachen, hatte nur einen Verband an der Hüfte und trug eine alte, abgetragene Jeans. Ich tastete sofort nach meinem Schwert und bekam einen Schreck: Es war weg!
„Mein Schwert“, schrie ich sofort, „wo ist es! Ich will es zurück!“
Erschrocken sah mich Sebastian an, stand dann auf und kam mit meinem Schwert zurück. Unglaubliche Wut rastete durch mich. Wer es wagte mein Schwert auch nur anzufassen würde einen qualvollen Tod erleiden. Ich riss es ihm aus der Hand und umfasste es fest. Ich spürte mein Herz pochen, als ich die Klinge aus der Scheide herauszog und Erleichterung durch flutete mich, als ich die Innenschrift auf ihr sah und praktisch durch die Klinge hindurch sehen konnte. Sie bestand aus reinem Diamant, und unzerbrechlich. Der Diamant glänzte in dem Licht blau und violett, der Griff war aus Elfenbein und die Scheide bestand innen ebenfalls aus Diamant und Elfenbein. Sie war außen jedoch mit Eisen verziert. Die Innenschrift auf der Klinge waren auf Latein und lauteten: Eine Seele, so mächtig wie keine, eine Seele ohne Herkunft. Ein Schwert mit unheilvoller Kraft, nutze sie mit Vernunft.
Auf dem Schwert lag ein Zauber, der es unbesiegbar und unzerbrechlich machte, jedenfalls in meinen Händen. Nahm es jemand anderes in die Hand, ob Mensch oder nicht, wurde es stumpf und schnitt nicht mal mehr ein Laib Brot entzwei. Es hatte keine einzige Schramme, obwohl es schon so oft in diesen vielen Jahren eingesetzt geworden war und so viel Blut geleckt hatte. Dieses Schwert war der einzige Anhaltspunkt den ich hatte, das einzige was ich anscheinend aus meiner Vergangenheit besaß. Und damit war es für mich das wertvollste was ich besaß und an dem ich am meisten hing.
Ich erinnerte mich glassklar daran, als wäre es eben erst geschehen.
Der Morgen, an dem ich erwacht war und mich nicht daran erinnern konnte, hatte ich nur dieses Schwert gehabt, mehr nicht, keine Klamotten, nichts.
„Fass es nie wieder an!“, fauchte ich wutentbrannt, blickte dann jedoch auf, sah ihm in die Augen und versuch so nett wie möglich zu lächeln. „Tut mir leid, aber es ist ein Erbstück meines Vaters und hat daher viel Wert für mich.“ Es hatte gewiss viel Wert, allein wegen dem Elfenbein und dem Diamant, doch ich fühlte mich ohne dieses Schwert wehrlos, auch wenn ich es nur selten und nur in äußersten Notfällen einsetzte, so war dieses Schwert doch ein Teil von mir und es war tief in meinem Herzen, das Liebste was ich besaß.
Er nickte. „Kann ich verstehen. Aber pass gut darauf aus, dass es dir nicht geklaut wird, es hat auch einen äußerst hohen Geldwert.“
„Ich weiß.“ Ich zielte auf den rechten Bettpfosten und zog die Klinge dadurch wie durch Butter. Sebastian bekam ganz große Augen.
„Merkwürdig!“, meinte er Stirn runzelnd. „Bei mir war es vorhin noch ganz stumpf.“
„Mein Großvater war Magier und hat es mit einem Zauber belegt, dass nur die männliche Linie unserer Familie dieses Schwert verwenden kann“, schwindelte ich rasch. Ich hatte plötzlich Angst, dass er mir das Schwert abnehmen würde, mir gefiel sein Blick nicht, deshalb steckte ich es zurück in die Scheide und legte es neben mich, an die Wand, hielt es jedoch immer noch umklammert. Schweigen entstand, das vom Knurren meines Magens durchbrochen wurde.
„Warte kurz, ich habe etwas zum Essen gekocht. Du musst ja einen großen Hunger haben, du hast drei Tage und drein Nächte lang geschlafen.“ Mit diesen Worten entschwand er und ließ mich allein zurück.
Drei Tage und drei Nächte? Das war eine lange Zeit. Verschwendete Zeit! Ich musste so schnell wie mögliche gesund werden, genug Kraft aufbringen mich wieder verteidigen zu können. Aber jetzt fühlte ich mich noch erschöpft und schwach, so beschloss ich hier ein paar Tage auszuspannen, auch wenn mich Sebastian Nettigkeit jetzt schon nervte, aber er würde schon sehen, was er davon hatte…
 
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Kýestrika

Otakuholic
Otaku Veteran
3. Schock
Minos Buch

Ich hatte das Gefühl mich bei Majas Familie schnell zu erholen, ich wurde umsorgt wie noch nie, Christina, Majas Mutter, brachte mit jeden Tag Essen ans Bett und auch oft Zeitschriften mit, die ich dann mit Maja zusammen durchblätterte und las. Darren kam fast jeden Tag vorbei und besuchte mich an meinem „Krankenbett.“ Einmal brachte er mir Blumen mit, die er – wie er später zugab – geklaut hatte, aber ich freute mich trotzdem darüber - ich hatte noch nie von jemanden Blumen geschenkt bekommen. Wenn Darren und ich allein im Zimmer waren flüsterte er mir süße Sachen ins Ohr und ich hätte ihn am liebsten jedes Mal dafür geküsst, ich nahm mir vor, dass ich ihm einen richtig langen und dicken Kuss geben würde, wenn ich wieder gesund war und mit ihm wieder auf die Straße konnte. Er brachte mich zum Lachen und ich spürte von Tag zu Tag wie meine Zuneigung zu ihm wuchs und ich wusste ihm erging es nicht anders. Vielleicht war es ein Fehler von mir anzufangen ihm zu Vertrauen, ich kann es zu diesem Zeitpunkt nicht sagen, vielleicht würde es sich jedoch auch positiv erweisen und ich hatte endlich mal Glück. Doch mein Glück war nicht von Dauer, das wusste ich von Anfang an, eines Tages endet alles, diese Erfahrung habe ich schon zu oft machen müssen. Doch ich wünschte mir, dass dieses Glück wenigstens eine kleine Zeitlang anhalten würde, ein paar Wochen, Monate, ja vielleicht sogar Jahre. Dennoch hatte ich Angst davor so etwas zu denken, ich wollte mir keine falschen Hoffnungen machen und keine Illusionen schaffen, die im Nachhinein zerbrachen und mich wieder im Schmerz versinken ließen. Ich wusste auch nicht, ob ich wirklich etwas mit Darren anfangen wollte. Schließlich setzte ich damit auch unsere Freundschaft aufs Spiel und was war, wenn diese Beziehung scheiterte? Würden wir dann immer noch befreundet sein können und was, wenn nicht? Er beteuerte zwar immer wieder, dass dies nicht geschehen würde, doch ich wollte keine leeren Versprechungen, keine leeren Worte von denen er nichts verstand. Ich hatte Angst vor dem Neuen und mich darauf einzulassen und doch fing ich an ihm zu vertrauen, aber ich brachte es nicht über die Lippen ihm zu sagen, weshalb ich von daheim weggelaufen war. Damit würde ich viel zu viel aufs Spiel setzen, so war meine Angst. Aber ich hatte wohl irgendwann beschlossen dieses Glück erst einmal zu genießen und alles so stehen zu lassen wie es war, ob dies nun gut oder schlecht war, ich konnte nicht in die Zukunft sehen...

Ich blieb insgesamt 10 Tage bei Maja, dann war ich auskuriert und konnte wieder auf die Straße.
Es geschah an dem Morgen, an dem ich meine Sachen packte.
Es war Samstag, deshalb musste Maja nicht in die Schule und war daheim. Sie half mir dabei meine Sachen zusammen zu suchen und sie in meine Reisetasche zu stecken.
„Ich danke dir“, meinte ich, „dass ich solange dein Zimmer belegen durfte und tut mir leid dass du wegen mir das Sofa beziehen musstet.“
„Ach was“, lachte Maja. „Das ist doch selbstverständlich! Das macht man doch so unter Freunden.“ Sie zwinkerte mir zu und schnappte sich dann meine Hose vom Schrank. „Außerdem konnte ich dann doch so deine Gesellschaft mal längere Zeit genießen. Kann ich dich eigentlich mal was fragen?“
Ich blinzelte sie an und lächelte, während ich meinen dicken Pulli in die Tasche stopfte. „Klar, was immer du willst.“
„Was läuft da zwischen dir und Darren?“
Ich schwieg, musste jedoch bei dieser Frage rot angelaufen sein, denn daraufhin meinte sie: „Hab ich´s mir doch gedacht! Los erzähl, was läuft da zwischen euch!?“
Etwas verlegen setzte ich mich auf die Bettkante und sah auf meine Füße. Ich konnte nicht verhindern, dass sich in meinem Bauch ein angenehmes Kribbeln ausbreitete, das ich sonst immer bei Darrens Anwesenheit verspürte. „Na ja, eigentlich nicht viel. Wirklich! Nur, na ja, wenn du damals in der Arztpraxis nicht einfach hineingekommen wärest hätten wir uns wahrscheinlich geküsst und seit dem ist er so mega süß zu mir. Maja ich glaube ich habe mich in ihn verschossen…“
Mir stockte der Atem als ich diese Worte über die Lippen brachte und mein Herz machte einen Hüpfer. So etwas hatte ich noch zu niemandem gesagt und hatte es eigentlich auch nicht vorgehabt. Was war bloß mit mir los?
„Ich habe schon immer gewusst, dass ihr das perfekte Paar seid. Ihr passt zusammen, wie die Faust aufs Auge!“, rief sie entzückt aus und umarmte mich stürmisch, so das ich mit ihr auf dem Bett lag und wir zwei einfach nur noch lachen konnten. Aber ich verstummte wieder rasch und starrte an die Decke. Ich wagte es kaum dies zu fragen, brachte es dann aber doch fertig. „Findest du echt? Ich weiß nicht so recht, ob er es wirklich ernst mit mir meint. Ich habe Angst davor, dass dies vielleicht alles kaputt machen könnte, verstehst du?“
Maja hörte auf zu lachen und wir überlegten schweigend.
Es konnte so viel passieren, wenn ich etwas mit Darren anfing, mein ganzes Leben konnte sich auf den Kopf stellen. Aber woher wusste ich schon, dass es schief gehen würde? Vielleicht würde dann endlich alles besser werden. Aber ich wollte ihn auch nicht als Freund verlieren. Der Preis war hoch! Und ob es das Wehrt war, darüber ließ sich streiten. Ich hatte wirklich große Angst davor, wieder etwas zu verlieren, was mir am Herz lag, aber vielleicht war es auch schon zu spät…? Diese ganze Situation brachte Erinnerungen hoch an die ich nicht erinnert werden wollte, die sich aber nicht mehr so leicht verdrängen ließen, wie am Anfang und die jetzt größtenteils in meinem Kopf umherschwirrten. Aber ich wusste, früher oder später würde ich mich entscheiden müssen. Darren würde nicht ewig warten und ich musste meine Entscheidung pfählen, bevor es zu spät war!
„Ja ich denke du solltest es wenigstens versuchen“, gab sie schließlich zurück.
„Und was wenn es nicht klappt? Was wenn…“ Ich wurde durch das Läuten an der Tür unterbrochen. Maja verschwand kurz, um die Tür zu öffnen, während ich weiter packte. Ich vernahm das an der Tür gesprochen wurde, konnte jedoch nicht hören was. Es waren zwei weibliche Stimmen, zu der dann später eine männliche kam, dann wurde ich gerufen.
Ich betrat den Flur, sah zuerst auf Maja und ihren Vater. dann auf die Person die in der Tür stand und…und schrie!
Das war nicht möglich! Diese Frau konnte dort nicht stehen, nein!
Mein Herz raste, es schien mir den Brustkorb zerreisen zu wollen und ich hörte meinen Herzschlag in den Ohren, war mir sicher, dass ihn die anderen auch vernehmen mussten.
Diese blonden Locken, die schmale Figur, diese sanfte Züge im Gesicht, die meinen so ähnlich waren…
Das durfte nicht wahr sein! Das ging über alle logische Erklärungen…
Die Frau riss mich in ihre Arme und presste mich an ihre Brust. Der Duft ihres Parfums, das nach Frühling roch, stieg mir in die Nase, das Parfum dass ich als kleines Kind so gemocht hatte.
Aber das konnte nicht wahr sein...
So etwas war unmöglich…
„Mino! Da bist du ja! Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, als ich nachhause kam und du nicht da warst. Keine Nachricht, kein Hinweis wo du bist! Bin ich froh!“
Diese Stimme…Sie zerbrach mir fast mein Herz und für einen Augenblick legte ich meine Arme um diese Frau, drückte sie kurz an mich um sie dann wieder los zulassen und zurück zutreten. Ich sah der Frau in die Augen, die meinen so glichen.
„M-M-Mama?“ Ungewollt brachte ich diese Worte über meine Lippen. Der Schock saß mir tief in den Knochen und ich konnte nur einen Gedanken fassen: unmöglich!
Und doch stand sie vor mir, sprach mit mir, atmete die gleiche Luft wie ich. Sie schien kein Jahr gealtert zu sein, seit jenem Tag. Erinnerungen stiegen in mir hoch und mit ihnen die Tränen. Meine Mutter konnte nicht vor mir stehen, das verstieß gegen jedes natürliches Gesetzt. Ich war doch an jenem Tag nachhause gekommen, ich hatte sie doch dort auf dem Küchenboden liegen sehen. Sie konnte es nicht sein, meine Mutter war tot! Sie hatte sich das Leben genommen, ich hatte sie tot gesehen! Wie…Wie also…?
Unfähig etwas zu sagen oder mich zu bewegen starrte ich meine Mutter an, die noch wie 30 aussah obwohl sie jetzt 38 gewesen wäre, aber sie war kein Tag gealtert.
Wie aus dem Grab auferstanden, schoss es mir durch den Kopf. Ich musste Träumen, ja, dass war es ganz bestimmt. Aber dachte man während dem Träumen an so etwas? Aber es musste einfach ein Traum sein, es musste…
„Momo, du siehst ja aus als hättest du ein Gespenst gesehen!“ Sie gab mir diesen Kosename, diesen Namen, den nur sie wissen konnte. Sie strich mir über die Wange und das liebevolle Lächeln einer Mutter erschien auf ihren Lippen.
Ein Traum, dachte ich. Es ist unmöglich, dass das alles wirklich passiert.
„Wie…?“, brachte ich raus, doch der Rest des Satzes blieb mir auf den Lippen hängen.
„Dein Adoptivbruder“, begann sie, „Er kam heute Morgen nachhause und hat mir erzählt, dass du bei einer Freundin wärst.“
Da fiel mir erst wieder ein, dass wir nicht alleine in dem Flur standen. Ich drehte mich zu Maja um, die mir einen fragenden Blick zu warf.
Adoptivbruder?
„Komm Momo, lass uns nachhause gehen, dort werde ich uns erst einmal was zum Essen kochen. Wie wäre es wenn wir uns eine Pizza machen.“ Und an Majas Vater gewandt: „Ich danke Ihnen, dass Sie sich um meine Tochter gekümmert haben als sie krank war. Ich hoffe es macht Ihnen nichts aus, wenn wir so schnell verschwinden!“
„Keine Ursache“, hörte ich Majas Vater sagen, seine Stimme schien meilenweit entfernt zu sein.
„Ihre Sachen werden wir im Laufe der nächsten Tage abholen!“
Ich öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch in diesem wurde ich aus der Tür gezogen und keine Minute später stieg ich in ein Auto, unfähig etwas anderes zu tun, als man mir sagte. Erst als das Ebenbild meiner Mutter den Motor an lies schien mein Geist zu neuem Leben zu erwachen.
„Wer sind Sie?“, schoss es aus mir raus.
„Aber Momolein“, sagte sie, was sich fast anklagend anhörte. „Erkennst du deine eigene Mutter denn nicht mehr? Ich kann mir vorstellen, dass es für dich ein riesiger Schock ist, nach dem, was du durch gemacht hast. Aber diese Frau auf dem Boden, die so aussah wie ich, das war nicht ich. Das war meine Zwillingsschwester!“
Zwillingsschwester? Was wurde hier gespielt, meine Mutter war nie ein Zwilling gewesen. Sie hatte keine Zwillingsschwester gehabt, niemals! Was ging hier vor?
„Nein“, krächzte ich heißer.
„Doch! Es tut mir leid, dass ich dir nie von ihr erzählt habe, aber sie war nach einem tragischen Flugzeugabsturz verschwunden und wir hielten sie für tot. Ich dachte es wäre besser, wenn du nie etwas von ihr erfahren würdest. Tja, dann stand sie eines Morgen, meiner Tür. Ich wollte es gar nicht glauben, dass sie es ist. Kannst du dir vorstellen einen Menschen jahrelang tot zu glauben und auf einmal steht er vor dir?“
Was für eine Frage! Natürlich konnte ich das! Ich bekam es doch eben selbst zu spüren.
„Sie erzählte mir, dass sie an Amnesie gelitten habe und erst vor einigen Wochen wieder ihre Erinnerungen zurück gewonnen hatte. Es hatte lange gedauert bis sie uns ausfindig gemacht hatte, doch schließlich hat sie es. Ich bin gleich darauf in den Supermarkt um die Ecke gegangen um einzukaufen da ich uns zur Feier des Tages etwas schönes kochen wollte, als ich dann zurück kam…da fand ich sie auf dem Küchenboden und du warst nirgends mehr aufzufinden. Ich bin ja so froh, dich wieder gefunden zu haben!“, rief sie entzückt aus und ich konnte sie nicht länger ansehen, wie gelähmt saß ich da und starrte aus dem Fenster.
Das konnte alles einfach nicht stimmen. Es war nicht möglich, nach so vielen Jahren…
„Mutter…“, brachte ich über die Lippen, Tränen in den Augen, nicht im Stande zu begreifen was passiert.
„Ist schon gut, ich kann mir schon vorstellen was für ein Schock das für dich sein muss.“ Sie strich mir über die Wange und ihre Hand fühlte sich merkwürdig kalt und knochig an. „Nun wird sich vieles ändern.“
Ihre Stimme hatte sich verändert, sie hörte sich seltsam alt und rau an, was mich dazu veranlasste sie anzublicken, und ich fing an zu schreien, ich schrie den Schrei, der die ganze Zeit in meiner Brust gesteckt hatte, ich schrie wie noch nie in meinem Leben…


Ich wurde von einem Schrei geweckt, einem ohrenbetäubenden Schrei, der sich anhörte als wäre er neben meinem Ohr, bis mir bewusst war das ich mich im Bett aufgerichtet hatte und diejenige war die schrie. Die Tür flog auf und ich blickte mit schreckensweiten Augen in das Gesicht von Majas Vater und spürte im gleichen Augenblick wie in mir die Tränen hochschossen. Neben Hannes Gesicht tauchten nun auch Majas und Christinas Gesicht auf. Christina eilte zu mir, als sie mich sanft in den Arm nahm, empfing mich Wärme und Geborgenheit und nun heulte ich noch mehr.
Nur ein Traum, dachte ich verwirrt, es war nur ein Albtraum.
Aber so sehr ich auch daran glauben wollte, immer wieder stieg der Verdacht in mir hoch, dass es sich nicht um einen Traum handelte, dass es so etwas wie eine Vision gewesen war. Zu scharf war es doch für einen Traum gewesen, zu sehr konnte ich mich daran erinnern. Ich wusste noch jedes Detail, nicht wie bei einem richtigen Traum den man nach dem Erwachen sofort wieder vergisst, der von Augenblick zu Augenblick immer mehr verblasst. Doch in mir stieg wieder das grauenvolle Bild auf, das ich gesehen hatte, dieses verweste Gesicht meiner Mutter, das nur noch aus Fleischfetzen, Haarstoppel und vor allem Knochen und verfaulte Zähne bestand. Das Gesicht hatte keine Augäpfel mehr gehabt, stattdessen waren Maden aus ihren Augenhöhlen gekrochen, die ihr verkommenes Fleisch durchbohrten und aufrasen. Dann dieses Brummen, das verriet das Fliegen in ihr ihre Laven legten…
Nein, ich mochte nicht daran denken.
„Was ist denn passiert?“, fragte mich Christina, nachdem sie mich losgelassen und ihre Tochter und ihren Mann wieder zu Bett geschickt hatte.
„Ich habe nur schlecht geträumt.“
„Was war es denn? Kannst du dich noch an den Traum erinnern?“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, nichts!“, log ich, wobei mich ein schlechtes Gewissen plagte, war Christina doch immer so mütterlich zu mir gewesen.
„Wirklich?“
„Wirklich! Du kannst wieder schlafen gehen, es ist weiter nichts, echt!“
Zögernd erhob sich die Ehefrau des Doktors, für einen Augenblick schien es als würde sie doch noch bleiben, entschied dann jedoch das ich wohl recht hatte und wand sich zum Gehen.
„Christina?“, sagte ich als sie in der Tür stand und sie wand sich um. „Kannst du das Licht noch einen Augenblick anlassen? Nur fünf Minuten.“ Ich hörte mich an wie ein kleines Mädchen, das Angst vor der Dunkelheit hatte, in der die „Monster des Grauens“ hausten, doch ich fühlte mich besser als sie nickte und das Licht brennen ließ.
Aber aus den fünf Minuten wurden Zehn, und aus diesen Zehn eine Stunde und schließlich die ganze Nacht, zumindest was davon übrig blieb. Aber ich machte kein Auge mehr zu, erst als die Sonne ihre ersten Strahlen über die Dächer warf verfiel ich in einen unruhigen und leichten Schlaf.
Ich kann mich erinnern das ich als kleines Kind oft schlechte Träume gehabt hatte und mich vor dem Schlafengehen fürchtete und meine Mutter jedes Mal darum anbettelte länger wach zu bleiben, woraufhin ich dann trotzdem ins Bett geschickt wurde, wo ich dann ängstlich in der Dunkelheit lag, angst vor den schlechten Träumen. Als ich in die Schule kam hatte sich das schlagartig verändert. Ich träumte besser und ging abends aus freien Willen ins Bett, doch waren die Träume und meine Angst vor ihnen in meiner ersten Zeit auf der Straße zurückgekehrt. Kamen sie nun abermals zurück?

„Du bist doch total übergeschnappt! Ein kompletter Idiot!“, rief ich lachend aus und krümmte mich auf dem Bett. Ich lief vorn Lachen rot an und erst da hörte Darren auf mich zu kitzeln und ich kam endlich wieder zum Luft holen. Mit einem strahlenden Lächeln setzte er sich neben mich, während ich immer noch nach Luft rang. „Du quälst eine Kranke noch zu tote!“
„Nö, nur dich!“, behauptete er.
„Arsch!“
„Pass bloß auf, was du da sagst, du Pfeife!“
„Weißt du, dass ich dein Gesicht glatt mit meinem Arsch verwechseln könnt?“
„Das ist mir auch schon aufgefallen, aber als ich beides zuletzt sah, schien es gerade umgekehrt zu sein!“
Damit waren alle Nettigkeiten zwischen uns gesagt die es gab und wir blickten uns schweigen und grinsend an.
Der gute, alte Darren! Frech wie eh und je! Wie sehr hatte es mich doch erwischt, ich war bis in beide Ohren verknallt, so richtig. Es war das erste Mal das ich mich in jemanden verlieb hatte und wenn man bedenkt das ich schon 18 bin, dann war das doch wirklich mal an der Zeit. Und ich war mir sicher – nein ich wusste es, - dass Darren genauso empfand wie ich. Doch hatten wir es bis jetzt noch geheim gehalten, nicht einmal Maja wusste davon.
Stille breitete sich über uns aus, als wir uns in die Augen sahen und die Gefühle des anderen darin lesen konnten. Solche Momente wie diese genoss ich in vollen Zügen und keiner würde uns dabei stören. Wir waren allein, Maja und ihre Eltern waren heute Abend essen gegangen, so hatten wir Zeit für uns. Vielleicht war es nun an der Zeit mit ihm darüber zureden, wie es weitergehen sollte, wenn ich wieder gesund war und auf der Straße mein Leben weiterführen würde.
„Darren?“, fragte ich zaghaft.
„Ja?“
„Was wird aus uns, wenn ich wieder gesund bin?“
Stille.
Er sah mich an und musterte aufmerksam mein Gesicht. Dann senkte er die Augen.
„Darüber hab ich mir noch keine Gedanken gemacht“, antwortete er schließlich. „Was stellst du dir denn vor?“
Ich fasste nach seiner Hand und versuchte ihn so bezaubernd wie möglich anzulächeln, was mir nicht so recht gelingen wollte. „Ich wäre gern mit dir zusammen, sehr gern. Und ich würde es mir wünschen, dass die anderen davon auch erfahren.“
Nun sah er mir direkt in die Augen, ein bohrender Blick durchdrang mich. Für einen Moment glaubte ich, dass sich über sein Gesicht ein Schatten legte doch dann erhellte sich sein Gesicht mit dem schönsten Lächeln das ich je gesehen habe. „Klar! Das können wir gerne so machen. Das würde ich mir aus tiefstem Herzen wünschen, Mino.“
Und damit schien alles geklärt zu sein. Als er sich zu mir runter beugte und seine Lippen die meinen trafen erfühlte mich das Gefühl von höchstem Glück und ich schien für einen Moment mit der Welt im Einklang zu leben.
Als sich unsere Lippen lösten warf mir Darren noch einen zärtlichen Blick zu, sah zur Tür und lächelte.
„Es muss doch langweilig für dich sein, die ganze Zeit hier im Bett zu liegen. Was hälst du davon wenn wir ein bisschen spazieren gehen? Frische Luft kann dir ja nicht schaden“, schlug er nach einer Weile vor. Es dauerte bis er mich überzeugt hatte. Doch zum Schluss zog ich mir dann etwas Warmes an und betrat mit ihm das Treppenhaus.
Die ersten Schritte die ich tat waren wankend, schließlich hatte ich lange Zeit nur gelegen, doch das hob sich wieder. Wir drehten eine lange Runde und waren insgesamt eine dreiviertel Stunde unterwegs. Als wir zurückkamen fing es gerade an zu schneien.
„Es sieht so aus als gäbe es weiße Weihnachten!“, rief Darren entzückt, als ich die Tür zum Treppenhaus mit dem Schlüssel aufschloss, den mir Maja gegeben hatte.
„Ja.“ Die Wärme aus dem Treppenhaus empfing uns und hieß uns willkommen. „Wäre zumindest schön.“
Ich erreichte eben die letzte Stufe, als ich Darren aufschreien hörte. Das Blut gefror mir in den Adern und als ich mich zu ihm umwand wollte ich meinen Augen nicht trauen. Doch es geschah wirklich, ich konnte noch sehen, wie Darren versuchte sich am Geländer festzuhalten. Doch es war zu spät, er fiel rücklings die Treppe runter und überschlug sich dabei zweimal.
„Darren!“, schrie ich spitz auf und stolperte halb betäubt zu ihm runter. Er blieb reglos liegen, kein Anzeichen eines Lebens. Ich beugte mich zu ihm runter. Was jetzt? Was sollte ich tun? Er bewegte sich nicht mehr. War er vielleicht…?
„Hilfe!“, schrie ich in meiner Verzweiflung. „Bitte, mir muss jemand helfen, Hilfe!“

Das Telefon schellte und ich vernahm Christinas Stimme. Doch das alles schien mir weit entfernt zu sein, nicht wirklich, alles irreal.
„Hey, das wird wieder. Darren ist ein zäher Bursche, er schafft das schon. Du kennst ihn doch.“ Mit diesen Worten versuchte mich Maja aufzumuntern. Sie saß neben mir auf dem Bett und nahm mich in den Arm, als ich wieder anfing zu weinen.
In diesem Moment klopfte es an der Tür und Majas Mutter trat ein. Ich konnte schon an ihrem Gesichtsausdruck ablesen wie es Darren ging: er war tot…

Vielleicht schlief ich danach Tagelang durch, ich kann mich nicht genau daran erinnern, wie lange es wirklich war. Die einzige Erinnerung die ich an diesen langen Schlaf besitze, ist das ich geträumt habe. Immer wieder den gleichen Traum, indem ich mich in einem dunklen Raum befand und einen Namen schrie, doch welchen, wusste ich nicht mehr, nachdem ich aufgewacht war…

Ich stand erst an dem Tag auf, als Darrens Beerdigung stattfinden sollte. Mittlerweile hatte Maja ihre Eltern über unsere wirkliche Herkunft aufgeklärt.
Bei der Beerdigung erschienen alle schwarz, aber bestanden wir nur aus Maja, Majas Eltern und mir und natürlich dem Pfarrer, der ihn beerdigen sollte.
Die Beerdigung zog sich lange hin und es wurde viel geweint, der größte Teil an Tränen gehörte jedoch mir. Zum Schluss, vor dem begraben, durfte wer wollte noch eine letzten Blick auf ihn werfen.
Ich trat vor den Sag und betrachtet sein bleiches Gesicht. Es sah aus, als würde er lächeln, glücklich lächeln, als wäre er ganz ohne Schmerzen und total normal gestorben.
Nach dem Darren gestürzt war und ich nach Hilfe schrie, war eine Nachbarin zu mir geeilt, die dann auch den Notarzt alarmiert hatte. 10 Minuten später war der Krankenwagen eingetroffen. Darren hatte aus der Nase und den Ohren geblutet. Die Sanitäter hatten ihn ins Krankenhaus gebracht. Dort hatte man dann einen Schädelbasisbruch und schwere innere Blutungen festgestellt. Die Chancen, dass er überlebte, hatten 50:50 gestanden. Die erste Nacht hatte ich im Krankenhaus verbracht, dann hatte mich Majas Mutter am Morgen mit zu ihnen genommen. Dort hatte an dem gleichen Mittag das Krankenhaus angerufen: Die inneren Verletzungen waren einfach zu stark gewesen.
Aber ich fand es nicht fair. Unser Glück zusammen hatte doch eben erst angefangen gehabt. Wir waren doch gerade erst zusammengekommen und dann geschah so etwas Schreckliches. Das war einfach nicht fair. Warum durfte ich nicht ein einziges Mal Glück haben? Durfte ich etwa nicht glücklich sein? Warum nahm man mir immer das, was mir soviel bedeutete?
In diesem Moment spürte ich meine Wut, meine Wut auf diese Welt und ich fing wieder an zu weinen, doch nicht aus Trauer, es war meine Wut, die mich zum Weinen brachte. Eine Hand umklammerte den Riemen meines Rucksacks, den ich bei mir trug, da ich nach der Beerdigung die Stadt hatte verlassen wollen, mit der anderen wollte ich mir die Tränen fortwischen. Doch als ich die Hand von meinen Augen nahm sah ich, dass ich Blut weinte. Die anderen starrten mich entsetzt an, doch statt selbst darüber entsetzt zu sein entflammte es noch mehr Wut in mir und ich fing an zu schreien.
Ja, wieso sollte ich nicht Blut weinen? Es passte doch! Sollte ich doch durch mein Weinen verbluten. Es war doch eh egal! Alles was mir am Herzen gelegen hatte, war nun weg, hatte man mir genommen!
Und dann übermahnte mich eine Welle tiefen Schmerzes, der mir zu erst den Atem, dann meinen Verstand raubte. Der Schmerz vermischte sich mit meiner Wut und machte alles nur noch schlimmer.
Unbewusst schrie ich den Namen aus meinem Traum, unbewusst flehte ich ihn um Hilfe an und genauso unbewusst schrie ich, dass ich nicht mehr in dieser Welt leben mochte und ich begann sie zu hassen.
In diesem Moment fühlte ich mich, als hätte man in mir ein Tier freigelassen und ich spürte eine unbekannte Macht in mir und es gefiel mir. Diese Macht fühlte sich zerstörerisch an, für einen Augenblick fühlte ich mich so, als ob ich mich selbst in tausend Fetzen zerreisen könnte und mit mir, diesen ganzen Planeten.
In jenem Augenblick verlor ich völlig meinen Verstand und bekam nicht mehr mit, was mit mir, noch um mir herum geschah.
An das nächste, an ich mich erinnern kann, war, dass vor meinen Augen alles schwarz wurde und ich das Bewusstsein verlor…


4. Schreie
Darks Buch

„Bitte, bitte hilf mir. Ich will nicht mehr! Bitte hilf mir hier raus! Bitte Dark ich brauch deine Hilfe!“
Ich riss die Augen auf und sah mich im Raum um, nach der Person die mich gerufen hatte. Doch bis auf mir befand sich keiner hier. Nur ein Traum, dachte ich und sank zurück in das Kissen.
„Dark, bitte!“
Ich setzte mich abermals aufrecht hin. Wer war da? Der Schrei hörte sich so an als säße die Person direkt neben mir und scheuchte mir einen eiskalten Schauer über den Rücken. Kann sich das wirklich nur um eine Einbildung handeln?
„Dark, hilf mir!“
Da, wieder ein Schrei. Doch es hörte sich so an als hätte er sich entfernt.
Etwas stimmte ganz und gar nicht. Es war ungewöhnlich warm, die Luft roch nach verbranntem Gummi, es lag eine ungewöhnlich starke Anspannung in ihr.
Ich stellte meine Füße auf den Boden. Meine Verletzung fing an zu brennen und jucken.
„Lass mich nicht im Stich, Dark!“
Ich lauschte. Es war die Stimme eines Mädchens. Es klang, als entferne sie sich. Doch woher kannte sie meinen Namen? Wieso wusste sie, dass ich hier war?
„Ich brauche dich, bitte…Dark…“
Sie klang weit weg, aber ich erkannte, dass in ihr Entsetzen und Angst lag. Doch es schwang noch etwas anderes mit ihr. Es dauere einen Moment, bis ich erkannte was es war: Es war solch reine, saubere Wut, die man heute nur noch selten fand.
Dann geschah etwas seltsames, etwas, dass ich mir selbst nicht erklären konnte. Vor meinen Augen verschwamm der Raum, nahm undeutliche Umrisse an und verschwand dann in völliger Dunkelheit. Ich sah Schwärze.
Was war passiert?
Schlief ich noch?
Hatte ich die Schreie nur geträumt?
Hatte ich das Bewusstsein verloren?
Doch dann wieder ein Schrei, diesmal lauter und deutlicher als zuvor.
„Hol mich hier raus, mach es ungeschehen! Warum machst du denn nichts? Dark, Dark, DARK!“
Ich nahm undeutliche Umrisse wahr, dann nahmen sie mehr und mehr Form und Gestalt an. Ich erkannte, dass ich mich nicht mehr in dem kleinen Raum der Hütte befand.
Ich stand in einem größeren Raum, dessen Boden aus Stein war. Durch die großen Fenster viel helles Licht, das mich im ersten Moment blendete. Der Raum war fast ganz leer, es waren lediglich ein paar Klappstühle aufgestellt und auf der Südseite des Raumes befand sich ein großes Potest. Doch bis auf diese zwei Dinge, befand sich noch ein Sarg aus Eichenholz in diesem Zimmer.
Der Schmerz in meiner Wunde wurde größer, er schien tief in das Fleisch und Bauchinnere vorzudringen. Ich legte sachte eine Hand darauf.
Ich bemerkte dass ich nicht alleine hier war.
Vor dem Sarg stand ein blondes Mädchen, die Hand vor dem Mund, mit tränenverschmiertem Gesicht. Es schluchzte unaufhörlich.
Ich ging auf sie und den Sarg zu.
„Wer bist du?“, hörte ich mich fragen. Die Wände warfen ein Echo, doch das Mädchen schien keine Notiz von mir zu nehmen. Regungslos, ohne aufzublicken, blieb sie, wo sie war.
Ich warf einen Blick in den Sarg.
Ich spürte, wie mein totes Herz einen Hüpfer machte, bekam es für einen Bruchteil einer Seckunde mit der Angst zu tun, mein Verstand setzte aus, ich begriff nicht wie dies möglich war. Ich glaube, wäre ich nicht schon tot gewesen, ich wäre auf der Stelle tot umgefallen.
In dem Sarg lag ich.
Der Junge, der dort lag, hatte die gleichen Gesichtszüge, die gleiche Figur wie ich.
Wäre das blonde Haar nicht gewesen, hätte ich es wirklich sein können.
Ich verstand dennoch nicht, was hier vor sich ging. Mein Verstand versuchte nach einer Erklärung zu verlangen, fand jedoch keine und gab auf.
„Wer bist du?“, frage ich abermals, dieses Mal lauter. Doch auch dieses Mal schenkte mir das Mädchen keine Beachtung. „Hast du mich gerufen?“
Wie als Antwort begann das Mädchen wieder zu schreien, doch diesmal schien der Schrei in meinem Kopf stattzufinden, schien meinen Kopf zerfetzen zu wollen und ich schrie vor Schreck und Schmerz auf.
„Du musst mir helfen! Ich kann nicht ohne ihn! Verdammt, hörst du mich denn nicht, Dark! Das ist nicht fair!“
Ich keuchte vor Schmerz, der Schrei schien nicht enden zu wollen und noch mehr anzuschwellen.
„Hör auf!“, schrie ich entsetzt, als ich eine unglaublich große Macht in diesem Schrei und in diesem Mädchen entdeckte. Diese Macht war bedrohlicher als alles, was ich jemals gespürt und erlebt habe. In diesem Moment erschien mir die Macht des Mädchens größer und böser als meine eigene. Aber auf eine andere Art und Weiße schien sie trotzdem rein und klar zu sein.
Größer als mein Entsetzen war der Schmerz, der in meinem Kopf und Magen tobte. „Hör auf! Oh bitte hör auf oder willst du, dass mein Kopf zerspringt?!“
Und dann war auf einmal alles vorbei.
Der Schmerz war schlagartig weg, der Schrei verstummte mit einem mal, als hätte man ein Radio abgestellt und ich befand mich in totaler Schwärze.
Es dauerte eine Weile, bis mir bewusst wurde, dass ich bewusstlos war und als ich aus meiner Bewusstlosigkeit auftauchte, sah ich Sebastians Gesicht über mir.
Ich verspürte schwache Kopfschmerzen, als Zeichen, dass ich nicht nur geträumt hatte. Ich fühlte mich fiebrig und schwach.
„Was…?“, brachte ich ächzend heraus, konnte jedoch nicht weiter sprechen. Es fühlte sich so anstrengend an. Aber Sebastian verstand mich auch so.
„Du hast angefangen zu schreien und bist dann einfach umgekippt. Du hattest zuerst starkes Fieber, mittlerweile ist es etwas abgeklungen, ich denke du hast dir nur was eingefangen“, erklärte er.
Ich nickte schwach.
Es war egal. Einfach nur egal. Ich brauchte nur Schlaf. Ja, nur schlafen, mehr nicht. Alles andere war egal. Schlafen…

Als ich das nächste Mal erwachte waren meine Erinnerungen an die Geschehnisse verworren und es dauerte einen Augenblick, bis ich mich an alles erinnern konnte. Meinem Kopf ging es besser und ich fühlte mich nicht mehr schwach und fiebrig.
Ich richtete mich im Bett auf und blickte aus dem Fenster. Die Sonne ging unter.
Ich griff an meine Wunde und fühlte nach ihr. Sie hatte dicken Schorf gebildet und schien gut zu verheilen.
Waren die Schreie Wirklichkeit gewesen? Oder war alles nur Einbildung gewesen, war ich vielleicht durch meine Wunde so stark geschwächt gewesen?
Aber es war egal. Ich sollte mir darüber keinen Kopf machen, es wäre reine Zeitverschwendung gewesen. Und doch drängte der Gedanke sich immer wieder in mein Bewusstsein, schien mich nicht loslassen zu wollen und wurde zu einer richtigen Plage.
Ich döste in der untergehenden Sonne und dachte nach.
Es war gleichgültig, ob die Schreie und das Mädchen Real gewesen waren, was zählte war, dass nun alles weg war und dass hoffentlich endgültig.
Ich hatte in meinem Leben schon eine Menge durchgemacht und erlebt, doch Schreie aus dem Nichts waren mir neu gewesen. Ich war mir jetzt ganz sicher, dass sie in meinem Kopf stattgefunden hatten und diesen Schmerz verursacht hatten. Beschämt musste ich mir eingestehen, dass ich noch nie zuvor solch Schmerzen und solch eine Kraft erlebt hatte.
War es Telepathie gewesen?
Das war eine von vielen Antworten und eine sehr unwahrscheinliche. Das Mädchen, das mich gerufen hatte, musste in einer anderen Welt wohnen als in dieser und es war unmöglich, dass Jemand über solch eine Entfernung mit mir Kontakt aufnehmen konnte. Aber was war es dann gewesen?
Das beunruhigende Gefühl, dass die Macht, die ich in der Nähe des Mädchens gespürt hatte, nur ein kleiner Teil ihrer Kraft war, machte sich in mir breit.
Ich hatte noch nie solch eine starke Macht gespürt. Eine Macht, die zugleich Gut und Böse war und vor allem bedrohlich und mächtig. Das machte mir Angst. Zum ersten Mal konnte ich derartiges nicht erklären. Entweder war eine Macht gut oder schlecht, aber niemals beides. Nein, niemals! Das widersetzte sich jedem natürlichem und übernatürlichem Gesetz. Und doch war es so gewesen oder nicht?
Ich sank langsam zurück in den Schlaf ohne es zu bemerken.
Vor dem Fenster sangen die letzten Vögel, die Sonne warf ihre allerletzten Sonnenstrahlen über den Horizont und verschwand dann völlig.
Es war unmöglich, dass eine Macht sowohl gut und schlecht sein konnte. Unmöglich…
Ich war gerade eingeschlafen als mich wieder diese unglaublich starke Macht packte, in meinen Kopf eindrang und dort eine Welle des Schmerzens toben ließ. Diesmal erschien es mir kraftvoller als beim letzten Mal und da ertönte wieder die Stimme.
„Warum hilfst du mir denn nicht! Komm her, komm her, DARK!“
Der Schrank in der Ecke kippte krachend auf den Boden, sprang auf und verteilte seinen gesamten Inhalt auf dem Boden auf. Aber für mich geschah es nicht. Ich bekam es nicht mit. Die Kraft, mit der mich das Mädchen rief, schwoll an. Es fühlte sich so an, als hielte sie mein Gehirn in ihren Händen und würde mit aller Kraft zusammen drücken.
„Hör auf!“, schrie ich flehend. „Bitte, ich tu alles, aber hör auf!“
Wieder durchzuckte Schmerz meine Verletzung.
Ich stieg in Schweiß auf, fiel auf den Boden und wälzte mich mehr, die Hände an den Leib gepresst.
„Du sollst kommen, hier her kommen! Warum kommst du nicht?! Du hast es versprochen!“
Tränen sickerten an meinen Wangen herunter, Blut tropfte aus meiner Nase.
Ich wollte das Bewusstsein verlieren, war nahe dran, doch die Macht dieses Mädchens ließ es nicht zu, ließ mich weiter leiden und verhinderte, dass ich bewusstlos wurde.
„Ja, ja ich komme“, schrie ich. „Aber wohin? Wo ist du?“
Die Tür flog auf. Sebastian kam hereingestürzt und beugte sich zu mir herunter.
In diesem Moment ergriff mich eine neue Schmerzenswelle und schwächte mich so sehr, dass ich nicht einmal mehr die Kraft hatte, meine Hände an meine Körper zu pressen. Ich spürte klebriges Blut an meiner Seite.
„Komm her, komm endlich! Dark, Dark, DARK!!!“
Bitte lass es aufhören, dachte ich, zu schwach, um einen Ton herauszubringen. Oh bitte, ich kann nicht mehr.
Ich wehrte mich nicht mehr gegen die Stimme, ließ sie in meinem Kopf anschwellen und dort toben.
Es konnte nicht ewig so weitergehen. Oder doch?
Halbbewusstlos, unter Schmerzen, starrte ich ausdruckslos an die Decke und flehte in meinen Gedanken nach Erbarmung, nach Erlösung von diesen Schmerzen.
Mein Magen verkrampfte sich und ich musste würgen. Mein Mageninhalt ergoss sich auf den Boden. Ich bekam es nur am Rande mit und blieb in meinem eigenen Erbrochenen liegen. Sebastians Rufe hörte ich nicht, ich hatte ein Bild vor den Augen.
Ich sah das Mädchen, welches auch in der Kirche gestanden hatte. Sie lag in einem Bett und rief aus vollem Hals nach mir.
Vielleicht liegt das Mädchen im Sterben, vielleicht fliegt es bald zu den Vögeln, dachte ich total zusammenhangslos.
Wie lange ich dort auf dem Boden lag und ihren Schreien lauschte, wie lange ich sie vor meinem inneren Augen sah, wie sie sich in ihrem Bett umher wälzte und selbst zu leiden schien, dass konnte ich im Nachhinein nicht sagen. Vielleicht handelte es sich nur um ein paar Minuten, es konnten aber Stunden gewesen sein oder gar Tage.
Ich erinnere mich, dass die Schreie irgendwann abklangen und verblassten, dass die Macht, die von mir Besitz ergriffen hatte, sich zurück zog und mich aus ihren Klauen ließ. Als der letzte Schrei verklungen war, lag ich immer noch keuchend auf dem Boden, neben mir hatte sich Sebastian zusammengekauert und füllte meine Stirn. Neben mir hatte sich eine kleine Blutlache gebildet.
Mit glasigen Augen sah ich ihn an, öffnete den Mund, bekam aber keinen Laut heraus.
„Hast du so etwas öfters?“, fragte Sebastian, seine Stimme schien so weit entfernt zu sein.
Vorsichtig schüttelte ich den Kopf.
„Du solltest zum Arzt. Ich werde dich Morgen früh sofort zu einem bringen. Es sah nach wie ein epileptischer Anfall aus.“
„Ich hab kein…ich hab kein…“, versuchte ich herauszubringen, doch mir blieben die Worte im Hals stecken und ich gab auf.
Zum ersten Mal seit über 1000 Jahren fühlte ich mich verwundbar…

Der Arzt leuchtete mir ins Auge, sah sich meine verwundete Seite an. Er ließ Bilder vor meinen Augen schnell hin und her zucken und fragte mich ob ich dadurch die Schreie hören würde.
Ich verneinte.
Ich hatte die letzte Nacht durch geschlafen und das einzige, das mich noch an die Schreie erinnerte waren meine Kopfschmerzen. Doch auch diese flauten ab.
Nach den Lichttests machte der Doktor noch eine Röntgenaufnahme meines Schädels und schickte mich dann ins Wartezimmer, in dem Sebastian auf einer der Stühle saß und in einer der Zeitschriften blätterte. Ich setzte mich neben ihn, lehnte den Kopf an die Wand, ein Seufzen entrang mir.
„Wie geht es dir?“, fragte er.
Ich musste mir auf die Zunge beißen, damit ich ihn nicht anschrie, als ich dieses grässliche Mitleid in seiner Stimme hörte.
„Gut“, hörte ich mich selbst sagen, war aber mit meinen Gedanken weit fort.
Ich hoffte innig, dass die Schreie nun aufhören würden, wusste es aber tief in mir besser. Der Arzt würde mir nicht helfen können, dessen war ich mir sicher. Die Schreie, die Stimme kam aus einer anderen Welt, rief nach mir, wollte dass ich ihr half und höchstwahrscheinlich würde sie mir solang auf den Nerv fallen, bis ich es wirklich tat oder bis sie es geschafft hatte, mir den Schädel weg zu sprengen. Das letztere war am wahrscheinlichsten. Ich hasste nichts mehr als helfen. Wenn man jemand half, dann drückte man Mitleid aus und Mitleid hasste ich mindestens genauso sehr.
In meinem Kopf pochte der Schmerz gleichmäßig, aber keinen falls zurückhaltend.
Es war nur eine Frage der Zeit bis ich die Schreie wieder vernehmen würde und ich hatte die Befürchtung, dass sie dieses Mal noch viel unerträglicher, als beim letzten Mal, sein würden. Wäre ich nicht schon tot, dann wäre ich bestimmt danach.
„Wie geht es deinem Kopf?“
Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch und blickte auf.
„Besser“, ließ ich verlauten, überlegte kurz und fügte dann zuckersüß hinzu: „Sollte der Arzt nichts feststellen zu können, wärest du dann so nett und würdest mich gegen Abend in die Stadt bringen?“
Sebastian sah mich an. Zunächst hatte ich den Verdacht, dass er sich weigern würde, sich dazu bereit zu erklären, doch dann lächelte er und versprach es mir.
Der Arzt lebte außerhalb der Stadt, etwas weiter oberhalb des Berges. Wir waren mit einer alten Kutsche und einem altersschwachem Esel hier her gelangt. Esel sowohl auch Kutsche hatte Sebastian hinter einen alten Scheune stehen gehabt. Sie wären mir bestimmt längst aufgefallen, doch dadurch dass ich solange das Bett gehütet hatte, hatte ich noch keine Gelegenheit dazu gehabt, die Umgebung der kleinen Hütte, in der der Jäger hauste, zu erkunden.
Die Tür zur Arztpraxis wurde geöffnet und der Doktor rief meinen Namen aus.
Der Arzt war ein etwas älterer Herr, ungefähr 50, klein und schon mit schütterem, grauem Haar. Er hatte mir seinen Namen genannt, doch ich hatte ihn mir nicht merken können.
Ich begleitete ihn in sein Büro und nahm dort auf einem gepolstertem Stuhl Platz.
Das Büro war kahl, die Wände trugen keine Bilder, die einzigen Gegenstände die sich in diesem Raum befanden, waren der Schreibtisch und die zwei Stühle in der Mitte des Raumes.
Der Arzt setzte sich auf die andere Seite des Schreibtisches, vor mir, legte seine Hände auf ihn, faltete und blickte mich ernst durch seine randlose Brille an.
„Was habe ich?“, fragte ich monoton.
„Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein“, begann er, „ich weiß es nicht. Was wir ausschließen können ist Epilepsie und auch einen Tumor im Gehirnbereich. Ich konnte auch keine Fehlfunktion des Gehirnes feststellen. Die einzige Vermutung, die mir bleibt ist…“ Er stockte und sah mich durch dringlich an. „Sind Ihnen telepathische Fähigkeiten bekannt, die sie haben könnten?“
Ich dachte nach. Dachte lange nach.
Bisher hatte ich noch nie die Gedanken einer anderen Person empfangen können, hatte aber einige Male Vorahnungen gehabt, was mein Gegenüber sagen würde oder dachte. Ich konnte durch meinen Geist andere beeinflussen oder sie Dinge machen lassen, die sie sonst nie getan hätten. Das war jedoch nur mit meiner Begabung für Hypnose möglich. Niemals hatte ich Gedanken so intensiv aufnehmen können. Und dann durch solch eine Entfernung. Ich war über 2500 Jahre alt und sowas war mir noch nie passiert. Aber vielleicht hatte es damit zu tun? Das ich so alt war, wie kein anderer? Vielleicht war doch alles nur Einbildung, herbeigeführt durch meine körperliche, sowohl auch geistige Kraft die ich besaß?
Ich erinnerte mich an einen alten Bauern, der mir fast ein ganzes Dorf auf den Hals gehetzt hatte. Er hatte beobachtet, wie ich mich vom Werwolf in einen Menschen zurück verwandelt hatte und da es im allgemeinen bekannt ist, dass wir Werwölfe nach unser Verwandlung zum Wolf zum Menschen sehr geschwächt sind, hatte er wohl der Gedanke, mich zu ermorden, von ihm Besitz ergriffen. Er war runter ins Dorf gerannt, dicht gefolgt von mir. Ich hatte es gerade noch in der letzten Sekunde geschafft, in meinen Willen, das Geschehnis zu vergessen, durch meine Gedanken auf gedrängt. Zwar war ich wagemutig, doch ich hatte keine Lust ein ganzes Dorf auf meinen Fersen zu haben. Das wäre einfach zu riskant. Ich war schließlich nicht dumm.
Ich wand diese Fähigkeit dennoch sehr selten an, denn ich bekam danach immer starke Kopfschmerzen und hatte das Gefühl, die Kontrolle über mich zu verlieren. Zwei oder drei Mal war das sogar eingetroffen. Ich hatte Menschen angegriffen gehabt, mich selbst verletzt, ohne zu wissen, weshalb. Aber auch diese Fähigkeit, meinen Willen allein durch meine Gedanken aufzudrängen, war etwas, was mich von anderen Werwölfen unterschied.
War dies vielleicht eine telepathische Fähigkeit?
Ich beschloss dem Arzt mein wahres Gesicht zu zeigen, ihm zu sagen, wer und was ich war und ihm im Nachhinein ihn alles wieder vergessen zu lassen, wenn dies auch weitere Kopfschmerzen versprach.
„Okay, ich lege die Karten auf den Tisch“, hörte ich mich sagen. „Ich bin nicht das was ich zu sein scheine. Mein Name ist weder Kevin, noch bin ich ein Mensch. Mein richtiger Name ist Dark. Dark, der Wolf. Ich bin ein 2506 alter Werwolf und wenn du es wagen solltest zu schreien, zerfetz ich dich in tausend Stückchen.“
Große runde Augen blickten mich an. Das gefiel mir. Er hatte Angst. Das gefiel mir sogar sehr.
„Ich denke es ist unwichtig, ob ich telepathische Fähigkeiten habe oder nicht. Aber ich denke auch, dass es etwas damit zu tun hat, Ich denke aber auch, dass die Fähigkeiten von meiner Seite kommen, genauso wie ich denke, dass diese Schreie, die ich höre, von weit weg kommen, aus einer anderen Welt. Das einzige was ich von Ihnen nun wissen will ist, wie ich diese Schreie abblocken kann.“ Ich war aufgestanden, hatte meine Hände auf das Pult gelegt und hatte mich zu meiner vollen Größe aufgerichtet.
Die Lippen des Mannes zitterten, versuchten Worte zu formen, versagten aber.
„Sprich!“, fauchte ich ungeduldig. Ich hatte keine Zeit.
„Wenn…wenn Sie recht haben“, versuchte er zu stammeln, „und die Stimme aus einer anderen Welt stammen dann…dann…“
„Tu es nicht! Lass dass sein!“
Dieser Schrei kam so heftig und unerwartet, dass ich zusammen schrak, meine Hände an den Kopf presste und auf den Boden sank. Da waren sie wieder. Sie waren wieder da, die Schreie. Und diesmal würden sie nicht verschwinden, bevor sie bekamen was sie wollten oder meinen Schädel gesprengt hatten, dessen war ich mir sicher. Ich kniff die Augen zu, als eine Woge Schmerz in meinen Kopf fuhr.
„Du sollst kommen. Hierher kommen!“
Bildete ich es mir ein oder klangen diese Schreie dieses Mal wirklich wütend? Aber klang da auch nicht ein wenig Verzweiflung mit?
„Du sollst durch das Tor. Durch das Tor zu mir!“
Langsam öffnete ich die Augen.
Der Raum wurde durch ein gleißendes Licht erhellt. Es färbte die weißen Wände golden, das Gesicht des Doktors drückte Erstaunen und Verwunderung aus.
In meinem Kopf verhallten die Schreie, der Schmerz verschwand schlagartig.
Langsam drehte ich mich um und einem riesigem Loch entgegen.
Schlagartig wurde mir bewusst, dass man von mir verlange, durch dieses Tor zu gehen und die Dimension zu wechseln.
Für einen Augenblick spürte ich mein erkaltetes Herz flattern, dann erhob ich mich wie automatisch und ging auf das Tor zu.
Bevor mich das Loch verschlucken konnte, wandte ich mich um, sah dem Doktor ins Gesicht und sagte: „Richte Sebastian von mir aus, wenn er nicht sorgsam mit meinen Sachen umgeht, bring ich ihn um.“ Und doch wusste ich gleichzeitig, dass ich diese Leute nie wieder sehen würde. Nur gut, dass ich mein Schwert mitgenommen hatte…

Vor mir erstreckte sich ein langer Gang.
Die braunen Steine, aus dem der Gang gebaut war, schienen in der Luft zu schweben. Der Korridor hatte keine Wände, neben ihm erstreckten sich weitere Wege, sowohl auch Treppen. Mehrere Türen waren errichtet worden, die den Anschein hatten, ins Nichts zu führen. Doch ich wusste es besser.
Ich befand mich in der Zwischendimension, die es mir ermöglichte die Welt zu wechseln. Öffnete ich einer der Türen und trat in sie ein, befand ich mich Augenblicklich in einer anderen, als der vorherigen.
Meine Blicke wurden von einer ganz bestimmten Tür angezogen. Sie befand sich etwa 10 Meter von meiner und stand einen Spalt breit offen. Alle Türen in dieser Zwischendimension unterscheiden sich. Sie haben zum Beispiel verschiedene Eingravierungen auf dem Türrahmen, sind mit Pflanzen oder etwas anderem geschmückt. Doch diese Tür, die meinen Blick anzog, Unterscheid sich wie keine andere von den anderen Türen. Sie waren alle auf Metall gefertigt und besaß einen goldenen Glanz. Als ich näher kam, sah ich, dass der Türrahmen aus purem Gold angefertigt war und die Tür selbst aus Diamant bestand, der das goldene Schimmern des Rahmens reflektierte.
So etwas hatte ich noch nie gesehen.
Was für eine Welt mochte dahinter liegen?
Beiläufig registrierte ich, dass am Boden ein altes, verrostet Schloss lag. Die Tür stand einen Spalt offen, was mich dazu veranlasste sie zu öffnen.
Ich sah einer totalen Finsternis entgegen.
Zuerst kam mir der Gedanke, dass diese Welt vielleicht nur aus Dunkelheit bestand, aber dann kam ich zu dem Entschluss, dass es einfach nur Nacht war.
Ich machte einen Schritt hinein und befand mich in totaler Dunkelheit und Stille.
Ich wandte mich um, um wieder in die Zwischendimension zu gelangen, doch die Tür war verschwunden.
Was jetzt? Ich befand mich in totaler Dunkelheit. Ich schien mich geirrt zu haben, hier gab es keine Lebewesen und kein Licht, nur einen Boden und wer wusste schon, wie weit dieser ging?
Ich holte gerade Luft zum Rufen, als ich ein Rascheln hinter mir wahrnahm.
Ich drehte mich um, konnte aber nichts erkennen.
Dann ertönte ein Schrei, von solcher Intensität dass es mir das Trommelfell hätte platzen lassen könne.
„DAAAAAAAAAARK!!!“
 
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