[Diskussion] Folter

Lia

Don't eat the help! ツ
Otaku Veteran
Hier soll es um das Thema Folter gehen.

Grade im Mittelalter waren Foltermethoden die gängige Praxis.
Hier gibt es einen Artikel zu Foltermethoden aus dem Mittelalter... und noch was zum gucken. :)
... ok O.O ...

In vielen Ländern wird Folter noch heute als Mittel zur Strafe oder Informationsbeschaffung eingesetzt.
Dabei werden den Gefolterten physische oder unsichtbare Schmerzen zugefügt. Als weiße Folter bezeichnet man beispielsweise:
Schlafentzug, Scheinhinrichtungen, Toilettenverbot oder Lärmfolter
Eine Spezialisierung dieser Methode ist die individualisierte Folter, bei der persönliche Phobien und Ängste eingesetzt werden.
Auch das unqualifizierte posten sinnloser Beiträge wird besonders in Foren als psychische Folter eingestuft.
Hier könnt ihr das nachlesen.

Nach Artikel 3 der europ. Menschenrechtskonvention ist Folter bei uns verboten. (laaangweilig :oO:)
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Besonders interessant wäre hier das Szenario der Rettungsfolter.
2002 gab' es in Frankfurt einen Fall (danke @Holzi), bei dem ein Junge entführt wurde. Der Täter, Gäfgen, tötete den Jungen bereits nach der Entführung. Er wurde kurz nach der Lösegeld-Übergabe gestellt. Da man zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, dass der Junge bereits tod war, drohte man ihm Folter an, woraufhin er einknickte und die Beamten zur Leiche des Jungen führte.
Daschner, der Komissar, zeigte sich im Anschluss selbst an. Daraufhin verklagte der Täter den Staat auf 10.000€ Schmerzensgeld, von dem ihm 3.000€ zugesichert wurden.

In dieser Diskussion soll es darum gehen, ob Folter in gewissen Situationen gerechtfertigt sein dürfen sollte. Was wäre dann diese Grenze?
Wie hättet ihr euch in der Situation von Daschner verhalten?
Wäre es sinnvoll Folter auch als Strafe beispielsweise zur Abschreckung zu praktizieren?
Oder sollte es generell erlaubt sein, Folter zur Informationsbeschaffung, besonders um potentiell Leben zu retten, einzuführen?
 
Zuletzt bearbeitet:

Holzi

...
Folter darf in keinem Fall und unter keinen Umständen vom Staat/Gesetzgeber legitimiert werden.
Natürlich ist es nicht leicht, einen Fall wie den von Jakob von Metzler nicht auch emotional zu betrachten und natürlich neigt man dazu zu sagen, in einem solchen Fall kann man ja wohl wenigstens mit Folter drohen.
Wenn man nun anfängt und für gewisse extreme Fälle Folter erlaubt, öffnet man die Büchse der Pandora, die man dann nicht mehr geschlossen bekommt.
In diesem konkreten Fall hier ging es darum, dass man vielleicht das Leben eines Kindes hätte retten können. Im nächsten Fall geht es dann vielleicht darum, das Leben eines Erwachsenen retten zu können. Etwas später darum, einen Terroranschlag verhindern zu können. Usw, usw, usw...
Ist diese Tür erstmal auch nur einen Spalt weit geöffnet, bekommt man sie nicht mehr zu.

Wenn Polizei, Geheimdienste, Militär und ähnliches dieses Mittel auch offiziell zur Verfügung hätten, ist kaum anzunehmen, dass die Vertreter dieser Staatsorgane in der Lage oder auch nur gewillt wären, dieses Mittel nur in besonderen Ausnahmefällen anzuwenden. Wir hätten sehr bald einen Folterstaat.
Darum: Nein, ohne Ausnahme !

Was den konkreten Fall Daschner angeht: Ich finde, Daschner hat nachvollziehbar gehandelt. Ich war in der Diskussion damals sogar auf dem Stand zu sagen, er habe richtig gehandelt. Weil Gäfgen nunmal wirklich der Entführer des Kindes gewesen ist und die Entführung gestanden hat.
Man musste oder konnte davon ausgehen, dass das Kind noch lebt und dass Eile geboten war, da der Entführer ja bereits in Polizeigewahrsam gewesen ist und das Kind so auch nicht weiter hätte versorgen können. Der Junge wäre bald verdurstet oder sonstwie gestorben.
Was aber, wenn die Polizei den Falschen geschnappt hätte ? Dich Leser zum Beispiel ? Irgendeinen seltsamen geltungssüchtigen Typen, der es zwar nicht gewesen ist, es aber trotzdem gestanden hat ?
In Guantanamo z.B. saßen hunderte Leute, die alle gefoltert worden sind. Ganz sicher sind nicht viele, vermutlich keiner von denen, Terroristen gewesen.
Früher oder später erwischt man die Falschen, denen man dann Folter androht. Oder die man sogar wirklich foltert.
Von daher finde ich Daschners Anordnung zwar nachvollziehbar, aber dennoch falsch.
Richtig finde ich das Strafmaß im Daschner-Prozess. Im Grunde hat er keine wirklichen Folgen zu tragen gehabt, musste also weder ins Gefängnis noch die verhängte Geldstrafe tatsächlich zahlen. Es musste klargestellt werden, dass sowas nicht geht, es musste aber auch berücksichtigt werden, dass es sich bei Gäfgen/von Metzler um einen sehr besonderen und vor allem wohl in der Form so noch nicht dagewesenen Fall gehandelt hat. Darum finde ich das Strafmaß in diesem Präzedenzfall völlig in Ordnung.

Gäfgen und Schmerzensgeld
Tja, was schreibt man dazu ? Das ist natürlich ein schlechter Witz und unfassbar dreist.
Aber es zeigt auch, dass unser Rechtsstaat doch einigermaßen funktioniert. Also ein wenig...
Die Rechte gelten für jeden, selbst für Kindermörder. Das ist so eigentlich eine gute Nachricht.

Aber man kann ja nicht immer vernünftig sein, ich hätte mich durchaus gefreut, wenn man ihm die ihm zugesprochenen 3000€ Entschädigung in Ein-Euro-Münzen ausgezahlt hätte. Mit einer Schleuder einzeln „übergeben“
Jaja, das wäre wohl Folter...:oO:
 
Dass ich noch erleben darf, mit @Holznase uneingeschränkt einer Meinung zu sein :P

In dieser Diskussion soll es darum gehen, ob Folter in gewissen Situationen gerechtfertigt sein dürfen sollte. Was wäre dann diese Grenze?
Die Grenze ist bereits überschritten, wenn man in politischen Kreisen überhaupt ernsthaft über Folter als Mittel der Justiz nachdenkt. Es gibt in meinen Augen einfach Dinge, die ein für alle Mal in den Orkus der Geschichte verbannt gehören, dazu zählen eindeutig Folter und Todesstrafe. Unser heutiges Rechtssystem setzt auf Unabhängigkeit, Unabhängigkeit auch von menschlicher Emotion, denn diese bedeutet Subjektivität und diese wiederum bedeutet in der Rechtsprechung Ungerechtigkeit.
Ich halte es im Übrigen für völlig legitim, solche Emotionen zu hegen wie Daschner, es wäre viel eher unmenschlich keine Wut auf einen Kindsmörder zu haben. Aber die andere Seite ist eben, dass Recht sich nicht an Einzelfällen orientieren kann, sondern unabhängig von diesen, von Emotionen und Stimmungen sein muss, um jeden Fall mit einem möglichst objektiven Blick zu handhaben. Auch wenn der Täter noch so ein widerwärtiges Arschloch ist, hat er die gleichen Rechte wie alle anderen Menschen auch.

Wie hättet ihr euch in der Situation von Daschner verhalten?
Ich finde, Daschner hat falsch gehandelt. Leicht kommt mir dieser Satz allerdings nicht über die Lippen. Es ging ja nicht darum, ein Geständnis zu erzwingen oder Rachsucht zu üben, sondern potenziell ein Menschenleben zu retten. Aber ist so ein Fall in allgemeines Recht ummünzbar? Recht ist zum Teil immer Interpretationssache und wenn man nun Folter "in ganz wenigen, bestimmten Fällen und engen Grenzen" erlaubt, dann findet sich immer jemand, der seinen Fall so darstellt, dass Folter eben doch irgendwie legitim erscheint, auch wenn sie es nicht ist.
Ganz zufrieden bin ich hier aber mit meiner eigenen Antwort durchaus nicht. Hätte das Leben des Kindes so gerettet werden können, wäre mir das Leben des Kindes mehr wert gewesen, als das Recht des Täters auf folterfreie Behandlung.

Wäre es sinnvoll Folter auch als Strafe beispielsweise zur Abschreckung zu praktizieren?
Um Gottes Willen...
Ich habe ja auch schon hier im Forum solche Beitrage gelesen, dass man doch Straftäter möglichst grausam leiden lassen soll. Ich empfehle an dieser Stelle doch die Auswanderung nach Saudi-Arabien oder Nordkorea. Scheinen ja bei solchen Maßstäben perfekte Rechtssysteme dort zu sein.
Außerdem funktioniert Abschreckung nicht durch drakonische Strafen, sondern durch schnelle und zuverlässige Aufklärung. Insofern brauchen wir eher mehr Gerichtspersonal und mehr Polizei.
Durchaus kann man darüber diskutieren, ob nicht Strafen zu lasch sind. Aber das ist noch lange kein Grund, sich für Folter auszusprechen.

Oder sollte es generell erlaubt sein, Folter zur Informationsbeschaffung, besonders um potentiell Leben zu retten, einzuführen?
Es ist ja bekannt, dass Angeklagte unter Folter zu besonderer Ehrlichkeit neigen, schließlich zeigen ja Blicke in die chinesische Justiz, dass Folter doch recht häufig zu Geständnissen führt. ... Wie? Unter Schmerzen und Todesangst täte man alles, nur um nicht weiter leiden zu müssen und gestünde auch Dinge, die man nicht getan hat, nur um von den Qualen erlöst zu werden? Selber Schuld, wenn man so wehleidig ist! ... (ich hoffe, niemand hier denkt wirklich so...)
 

Holzi

...
Dass ich noch erleben darf, mit @Holznase uneingeschränkt einer Meinung zu sein :P
Na... warte:oO:
Ich habe eigentlich auch extra wegen Dir:)
Wenn Polizei, Geheimdienste, Militär und ähnliches dieses Mittel auch offiziell zur Verfügung hätten,
geschrieben.
Damit unterstelle ich nämlich, dass das auch hierzulande inoffiziell vorkommt und wohl sogar an der Tagesordnung ist.
Hier erwarte ich bitte Widerspruch.
 
Ich habe eigentlich auch extra wegen Dir:)
geschrieben.
Damit unterstelle ich nämlich, dass das auch hierzulande inoffiziell vorkommt und wohl sogar an der Tagesordnung ist.
Das hätte ich jetzt auch gesagt :oO:
Tatsächlich bezweifle ich, dass das an der Tagesordnung ist. Ohnehin halte ich Vermutungen und Unterstellungen dieser Art für eher unzuverlässige Quellen.

Anders sähe das aus, wenn es die rechtliche Grundlage dafür gäbe, denn wer eine Möglichkeit gibt, muss damit rechnen, dass sie auch genutzt wird. Und wie ich schon an anderer Stelle erwähnt habe: Recht ist zu einem gewissen Grad immer dehnbar.
 
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