Ein bißchen hängt das auch vom Zeitgeist und dem in den jeweiligen Ländern geltenden Moralkodex ab.
Eigentlich war man in Deutschland gegenüber sexuellen Darstellungen in gezeichneter Form seit je her ziemlich liberal. Comics galten nicht als Pornographie, sondern belegten eine gewisse Grauzone. Wenn ich z.B. daran denke, daß in den Achtzigern Deutschland das einzige Land neben dem Ursprungsland Japan war, das Urotsukidoji ungekürzt veröffentlichte, spricht das Bände.
Ganz anders das prüde Amerika. Dort müssen sogar die Playboys abgedeckt oder unterm Ladentisch verkauft werden, während im Vormittagsprogramm der Bodycount anscheinend keine Rolle spielt. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten kennt auch die Bigotterie keine Grenzen:
In der Öffentlichkeit geht gar nichts, hinter verschlossenen Türen ist alles möglich. Wer einmal in Amiland in einer Bar war, weiss was ich meine.
Sowas wie die Heidi- Filme oder das Vox Nachtprogramm wären dort im öffentlichen TV allerdings undenkbar.
Wieder anders sieht es in Japan aus. Solange nicht gegen irgendwelche Anstandsregeln verstossen wird, ist man dort sehr freizügig. Ich sage nur Hentailesen in der U-Bahn, Schlüpfer (gebraucht natürlich) in Automaten, wie Christbäume beleuchtete Love Hotels und dergleichen. Solange etwas halbwegs anonym gehandhabt wird, wird es toleriert. Aber wehe, man quatscht ein Mädel auf offener Strasse schräg an...
Ein Kuriosum stellen natürlich die aus Japan stammenden Hentais dar. Als man sich entschloss eine Mindestzensur einzuführen, war diese ursprünglich auf weibliche Schamhaare und männliche, erigierte Dödels beschränkt - was dazu führte, das weibliche Charaktere immer jünger (Mädchen sind halt keine Frauen - logisch oder?) und Penisse durch Tentakel ersetzt wurden. Hilfreich für die ganze Tentakelomanie war natürlich der in der japanischen Mythologie verankerte Glauben an Geister und Dämonen. Vielleicht sollten die japanischen Gesetzgeber in Zukunft die evtl. Folgen ihres Tuns gründlicher ausloten...
Ich denke, daß die zur Zeit entfachte Hysterie um Lolikon, Shotakon und Furry ihren Ursprung in den USA haben. Leider schwappt zur Zeit vieles über den großen Teich, was dann auch hier hängenbleibt. Anders kann ich mir die Hetzkampagne gegen "Raub" - kopierer, verursacht durch eine stark materialistisch geprägte Gesellschaft, nicht erklären. Im Einzelfall werden für die Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Werken härtere Strafen verhängt, als für Gewaltverbrechen. Die Amis waren halt noch nie zimperlich, wenn es um die Wahrung ihrer Interessen ging.
Zurück zum Thema:
In den Siebzigern und Achtzigern war es noch problemlos möglich, daß eine Band wie die Scorpions ein eindeutig minderjähriges Mädchen nackt auf einem Cover abdruckt - und keiner hat sich was dabei gedacht. Heute, dreissig Jahre später gilt sowas als Kinderpornographie und ist verboten. Nicht, daß ich Kinderpornographie für gut heisse, ganz im Gegenteil, Gewaltverbrecher können gar nicht hart genug verknackt werden. Aber ich mache immer noch einen großen Unterschied zwischen künstlerischer Darstellung und dem realen Leben.
mfg lupo