Ob Leute, die psychisch krank sind, das genauso sehen, wage ich zu bezweifeln.
Wenigstens ähnlich, mit vielen hast du gesprochen? Ich arbeite mit ihnen.
Nichts für ungut... aber du schreibst von dir und nur von dir und das ist ok. Danke. Das nehme ich ernst genug.
Ich verstehe jetzt gerade euer beider Problem nicht, weil ihr doch beide wichtige und richtige Aspekte ansprecht.
ItachiOchiha hat schon Recht, dass ein Großteil der Probleme aus Verhalten entsteht, das von der Gesellschaft nicht toleriert oder getadelt wird. Menschen, die das krank macht, kann man durchaus als "unangepasst" bezeichnen. Wer gegen das angepasste Bild der Gesellschaft verstößt - also beispielsweise kein Leistungsträger mit 40-Stunden-Woche, Haus, Frau, Auto und Kindern ist, der wird abgewertet. Und das tragische ist, diese Abwertung geschieht entweder willkürlich oder sogar unbewusst durch diejenigen, die diese Abwertung vornehmen, weil es automatisch auch zu einer Stärkung ihres eigenen Egos führt und sie darin bestätigt, "gut", "richtig" und "besser" zu sein (ein perfektes Beispiel dafür hat Filp in diesem Thread geliefert). Die psychische Krankheit entsteht in dem Moment, wo ein Individuum diese Fremdeinschätzung auf sich selbst überträgt, weil z.B. seine Lebensrealität von seiner Selbstwahrnehmung oder seinen Zielen abweicht oder es kein gesundes Selbstwertgefühl besitzt.
Unsicher und instabil zu sein, kann da noch vergleichsweise harmlos sein; diese Menschen leiden in weiten Teilen unglaublich stark unter dem, was du hier in die Ecke "unangepasstes Verhalten" zu schieben versuchst.
Warum so aggressiv? Ist dir damit jemand mal esotherisch auf den Sack gegangen? Ich bin doch relativ sachlich geblieben...
Ich versuche hier erstmal überhaupt nicht, irgendetwas in irgendeine Ecke zu schieben.
Unangepasstheit kommt im Bezug auf das funktionierende System "Gesellschaft" ins Spiel, das habe ich differenziert von den eigentlichen Symptomen. Dass diese Menschen leiden, ist mir durchaus bewusst. Doch ich kann dich mal aus dem Berufsleben über eines aufklären: Das trifft nur geringfügig mehr oder weniger auf jeden einzelnen Menschen in Westeuropa zu!
Und die Frage, die sich hier stellt, ist oft ausschließlich: identifiziert sich jemand mit dem Led, oder sucht er aktiv nach Veränderung.
Woggelwoggel - was du hier ansprichst, ist eine Sozialphobie, die sich zur Depression hin darin unterscheidet, dass sie neurotisch, dass heißt, verinnerlicht ist und bereits das Handeln eines Menschen bestimmt. Eine Depression kann zur Neurose führen, umgekehrt ist es aber eher selten so. Und eine Neurose noch zu ändern oder zu heilen, ist im besten Fall sehr schwierig, im schlimmsten Fall unmöglich und nur durch Verhaltensanpassung zu bewerkstelligen. Es geht also nicht darum, einen Menschen im Sinne der gesellschaftlichen Vorgaben umzuerziehen, sondern ihm zu zeigen, wie er mit seiner Andersartigkeit in der Gesellschaft leben kann.
Dafür bietet unsere Gesellschaft immer weniger Mechanismen und Möglichkeiten, was letztendlich zu dem führt, was
ItachiOchiha beschrieben hat: Die weniger angepassten laufen schneller Gefahr, abgehängt zu werden.
Das ist kein Spaß und diese Menschen haben sich das auch nicht ausgesucht. Sag doch mal einem Sozialphobier, dass sein Verhalten doch gar nicht schlimm ist und es doch gar kein Problem sei, wenn er sich nicht unter Menschen traue. Ob er das auch so sieht? Er ist doch so wahnsinnig unangepasst und einfach nur weniger kontrollierbar/berechenbar.
Leider leidet er aber eben nicht unter der Gesellschaft, sondern unter seinem eigenen Verhalten, und das wissen viele psychisch Kranke auch. Außer einem kleinen Teil, der das dann auf diese Weise schönzureden versucht, um eine Ausrede zu haben, warum er nichts dagegen unternimmt, und sich bequem weiter über die Gesellschaft beklagen zu können.
Psychische Krankheiten sind nicht harmlos, nicht selten leiden die Betroffenen darunter schlimmer als unter physischen Gebrechen. Wer das leugnet und behauptet, sie seien doch einfach nur bewunderswert unangepasst, hilft ihnen damit ganz bestimmt nicht.
Was ist denn schon spaßig in dieser Welt? Das ist überhaupt nicht mein Thema gewesen, das bringst du nun selbst mit rein. Ist es das, was du dir für dich und für andere Menschen wünschst? Spaß? Spaß ist die Jagd nach Konsumgütern. Viel Erfolg dabei!
Und Bewundernswert finde ich das ganz und gar nicht, ich finde den Umgang mit ihnen einfach absurd und unangemessen. Keine und damit meine ich absolut keine medikamentöse Behandlung von Symptomen hat jemals geholfen. Also nachhaltig zur Besserung geführt. Am Ende wird dafür immer wieder die Verantwortung abgegeben.. an das Individuum, Gott etc. Und so richtig das vielleicht sein mag, ob und wie die Beruhigung durch Tabletten und Zeug hilft und stärkt, empfinde ich als sehr fraglich.
Die Menschen werden schwächer und abhängig, mutlos und dennoch rastlos.
Also bitte... dann tu du nicht so, als sei das eine gute Alternative. Nur dagegen habe ich mich ausgesprochen.
Das Leid unserer depressiven Gesellschaft und alle psychischen Extreme davon ist der größte Mist überhaupt.
Und es ist analysierbar voher er kommt und was ihn fördert.
Nein
Woggelwoggel, das ist eine Wechselwirkung zwischen Gesellschaft und Individuum. Um bei deinem Beispiel zu bleiben: Es gibt Menschen, die kommen wunderbar mit ihrer Sozialphobie zurecht und überwinden sie ihr Leben lang nicht, müssen mit Autismus leben oder sogar einer Persönlichkeitsstörung. Das Maß ihrer Störung und das daraus resultierende Verhalten ergibt aber nicht, wie glücklich oder unglücklich sie sind. Das entsteht erst durch die Reflektion desselben Verhaltens im und durch das Umfeld. Ein Umfeld, das für Andersartigkeit und individuelle Abweichungen offen ist, kann eine solche Person nachhaltig stabilisieren, ein Umfeld aber, das dieses Verhalten sanktioniert, das wird automatisch ein Leidenspotenzial und damit eine Verschlimmerung der Probleme katalysieren. Die Offenheit der Gesellschaft spielt dabei eine ebenso große Rolle, wie die Fähigkeit des Einzelnen, sein Verhalten zu verändern. Du kannst weder dem einen, noch dem anderen den schwarzen Peter zuschieben - schiebst du alles auf die Gesellschaft, dann passiert genau das, was du geschrieben hast und das kranke Individuum fügt sich letztendlich in seine Rolle und beginnt, sich durch sein Leid zu identifizieren, sodass es chronisch und im Endeffekt unveränderbar wird. Es entsteht die bequeme Ausrede, dass die Gesellschaft am allen Schuld wäre und man selber sowieso nichts ändern könne.
Schiebst du aber alles auf das Individuum, so drängst du dieses ins Abseits, sodass sich dessen Symptome noch verstärken und zur Neurose führen. Und da sehe ich auch den großen Fehler der Psychiatrie. Die beschränkt sich nämlich nur darauf, was das Individuum an Anpassung leisten muss, um wieder zu funktionieren, ohne Wege zu finden, wie das Individuum mit seiner Andersartigkeit in dieser Gesellschaft trotzdem bestehen und überleben kann. Da stimme ich
ItachiOchiha uneingeschränkt zu, wenn er festhält, dass der Umgang mit psychisch Kranken unangemessen und die Medikamentenbomben, die ihnen eingeflößt werden, keinerlei Lösung darstellen. Maximal kann das zur Unterstützung helfen - mehr aber auch nicht.
Eine Lösung muss immer das Individuum im Spannungsfeld seines Umfeldes betrachten und dort nach Lösungen suchen, wie Konfliktpotenzial verringert werden oder ein Umgang damit geschaffen werden kann. Und das ist eben nicht nur Aufgabe des Individuums.