[Hinweis] Das WoH Schreiberling Gewinnspiel

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Das WoH Schreiberling Gewinnspiel





So, dann bringen wir mal etwas neue Tinte aufs Papier, bzw in unserem Fall neue Textpixel auf den Bildschirm.
Willkommen liebe Teilnehmer zum großen (kleinen) Wettbewerb der Schreiberlinge im FanFiction Bereich.
Ihr habt nun die nächsten zwei Wochen Zeit aus den unten folgenden Angaben eine Kurzgeschichte zu schreiben, die sich dann eine Jury zu Gemüte führt. Wer mitmachen möchte, postet einfach seine Geschichte in diesen Thread.
Wer aus den Vorgaben sich die beste Story ausgedacht und niedergeschrieben hat, wird gewinnen^^ (ganz klar, oder?). Die Vorgaben sind alle einzuhalten! Wenn die Story noch so gut ist, sich aber nicht an alle Vorgaben gehalten wurde, führt das zwar nicht zur Disqualifikation, aber auch nicht zum ersten Platz.
Ist also Quasi DSDS für Schreiberlinge, allerdings haben wir etwas kompetenteres als den Bohlen!

Die Regeln:

In diesen Thread kommen ausschließlich die Storys der Teilnehmer!

-Thematik: Japanisches Mittelalter
Genre: Non-Hentai

Mindest Inhalt:
-Eine Schlacht
- Der Tod einer geliebten Person
- Mindestens vier benannte Charaktere
- Der Tod des Antagonisten


Länge: 2500-3000 Wörter
Zeitvorgabe: Bis zum 17. Juli um 19 Uhr

Preis für den ersten Platz:
10€ Amazon Gutschein

Wie erwähnt sind die genannten Regeln zwingend einzuhalten um eine Chance auf den ersten Platz zu haben. Jeder Beitrag des NACH der genannten Zeitspanne gepostet wird, wird nicht zur Wertung genommen. Na dann, frisch ans Werk und schreibt uns etwas schönes. Die Jury bestehend aus Captain Hero, Hoellenspass und mir freut sich schon auf eure Geschichten. Zum gemeinsamen Diskutieren nutzen wir den vorher erstellten Fragethread:
http://board.world-of-hentai.to/f15/diskussion-zum-schreiber-wettbewerb-145036/#post1594882

Also:
Auf die Plätzchen...

...Fertig?


SCHREIBT!


 
Zuletzt bearbeitet:

Kinggek

Gottheit
Der Angriff im Osten

Der Staub, der durch den Galopp der Pferde aufgewirbelt wurde, verschlechterte die Sicht von Yukimoto. Sie ritten die ganze Nacht ohne Pause und die ganze vierhundert Mann Armee war völlig erschöpft. Tsukihime, die Tochter des Daimyo aus Hamada, führte die Armee zusammen mit ihrem Verlobten Matsude an. Der Daimyo hatte ihnen befohlen die Grenze im Osten zu sichern. Die Armee aus Kyoto schlug sich durch das ganze Land und befand sich nun an den Grenzen ihres Reiches. Da der Vormarsch aus der Hauptstadt plötzlich eintraf, musste der Daimyo auf seine Reserven zugreifen. Seine ganze Streitmacht befand sich im Westen um den Angriffen aus Kobayakawa stand zuhalten. Einzig seine 100 Leibgarden und die zurückgebliebenen Jungen und Männer in der Stadt hatte er zur Verfügung. Er befahl jedem kampfähigem Mann sich im Schloss zu sammeln und eine Armee zu bilden. Um einen sichere Verteidigung aufzubauen setze er zusätzlich seine Tochter, Tsukihimie an die Spitze der Truppe. Ihr Verlobter Matsude war eines der begabtesten Taktiker im Land und durch seine Begabung wurden schon mehrere Schlachten gewonnen.

Yukimoto und Tsukihime lernten sich vor vier Jahren kennen. Damals fertigte sein Vater, der eine Schmiede betrieb ein Katana für den damaligen Daimyo, dem Großvater von Tsukihime. Yukimoto sollte dieses Schwert bei ihm abliefern und währden seines Besuches, lernte er sie kennen. Anschließend trafen sie sich fast täglich und in den Jahren entwickelte sich ihre Freundschaft zu Liebe. Doch als die ersten Gefühle gegenseitig eintraten, brach Krieg über das ganze Land aus. Hamada wurde mehrmals angegriffen und während dieser Schlachten erlag der Großvater seinen Verletzungen. Sein Sohn wurde zum Nachfolger ernannt und bildete durch die Verlobung seiner Tochter mit dem Sohn des Daimyo aus Hiroshima eine Bündnis, die ihnen die Verdrängung des Feindes aus Mori sicherten.

Fast ein ganzes Jahr ist vergangen nach dem das neue Shogunat sein Auge auf Mori geworfen hat. Das Reich von Ukita kapitulierte binnen zwei Tagen weil sie militärisch keine Chance gegen die Übermacht der Hauptstadt hatten. Als der Daimyo die Nachricht erhielt das eine Armee aus der Hauptstadt zu ihnen unterwegs war, fehlte ihm die Zeit die Truppen aus dem Westen noch rechtzeitig an die Grenze zu schicken, somit war auch Yukimoto gezwungen sich der Armee anzuschließen und mit der Tochter des Daimyo gen Osten zu reiten. Der Daimyo schickte seine Tochter ungern in die Schlacht, doch ihre Kenntnisse über das Reich konnten ihnen einen Vorteil verschaffen. Mit dem zusätzlichem Taktiker Matsude bestand die Möglichkeit eine starke Verteidigung aufzustellen, bis ein Teil der Truppen im Westen zu ihnen aufschloss. Nach dem sie die ganze Nacht durchgeritten waren, trafen sie an den Ufern des Gonokawa Flusses ein. Tsukihime führte die Armee in die Nähe eines kleinen Dorfes namens Kawamoto. Es befand sich direkt am Ufer des Flusses und durch das Wissen was sie besaß, wusste sie, dass das die einzig passierbare Stelle über die Grenze war. Das Gewässer hier war am niedrigsten und am besten für eine große Armee geeignet es zu überqueren. Ohne lange zu zögern befahl sie den Dorfbewohner nur das Nötigste mitzunehmen und sich unverzüglich nach Hamada zu begeben. Matsude hingegen ließ die Hütten und Bäume in der Nähe abholzen um einen Verteidigungswall zu errichten. Er teilte die Armee in mehrere Gruppen auf und Yukimoto wurde in seine Gruppe eingeteilt in dem sich auch Tsukihime befand.

Sie arbeiteten den ganzen Tag um eine Verteidigungsanlage zu errichten. Die Sonne ging langsam am Horizont unter und man konnte die ersten Sterne am Himmel erkennen. Die Nacht breitete sich über das Land und die Arbeiten waren erledigt. Jetzt hieß es nur noch zu warten. Für Tsukihime und Matsude wurde ein Lager errichtet welches durch ein paar der Leibgarden des Daimyo bewacht wurde. Seit dem Anfang des Krieges und der Verlobung, hatte Yukimoto nicht eine einzige Gelegenheit gefunden mit Tsukihime über die plötzliche Verlobung zu reden. Mehrmals versuchte er in das Schloss einzudringen, doch seine Versuche waren ohne Erfolg. Erst nach einem ganzen Jahr kreuzten sich wieder ihre Wege, doch auch dann konnte er sie nicht zur Rede stellen. Jedes Mal wenn er versuchte sich ihr zu nähern, wandte sie sich von ihm weg und ging an die Seite ihres Verlobten. Diesmal jedoch befanden sie sich nicht im Schloss und Yukimoto schlenderte entlang des Lagers auf und ab. Matsude schritt aus dem einzigen Ausgang des Lagers hinaus und sah sich um. Kurz darauf begab sich auch Tsukihime hinaus. Sie schritten nebeneinander durch die Reihen der Männer. Einige von ihnen schliefen oder hielten Wache. Yukimoto folgte den beiden und erblickte das Gesicht von Tsukihime. Das was er erkannte brachte seine Gefühle durcheinander. Ihr sonst schönes Gesicht war überzogen mit Leid und Trauer. Irgendetwas bedrückte sie zutiefst und erst jetzt konnte Yukimoto es erkenne. „Ich Trottel,“ dachte er sich. „Die ganze Zeit über versteckte sie ihre Sorgen unter einem starken und lachendem Gesicht. Als sie befehle erteilte, als sie zusammen ritten und das ganze Jahr lang, war sie mit der Entscheidung ihres Vaters nicht zufrieden“, dachte er sich. „Es war nicht ihre Entscheidung.“ Plötzlich blieben beide stehen und Yukimoto war so sehr in seine Gedanken versunken das er es zu spät bemerkte. Tsukihime erblickte ihn und ein leicht erschrockenes „Yuki“ verließ ihre Lippen. Erst als er das Wort hörte kam er wieder zu sich. Es gab nur eine einzige Person auf der Welt, die ihn so nannte. Langsam hob er seinen Kopf und er verfluchte sich dafür zu sehr in seinen Gedanken herumgetrieben zu haben. Beide hatten ihn gesehen und beide waren überrascht, doch die traurigen Blicke der Frau trafen Yukimoto wie ein Stich ins Herz.

Ihre Augen wurden wässrig und ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und lief davon. Matsude verstand die Welt nicht mehr. Mit gezückter Klinge blickte er zwischen Yukimoto und der immer weiter fliehenden Tsukihime hin und her. „Hime“ flüsterte er und sah ihr mit einem besorgten Blick hinterher. „Wer seid ihr und was habt ihr hier zu suchen?“ fragte Matsude ihn. Yukimoto wandte sich zu ihm zu und sagte „Es tut mir leid mein Herr. Ich wollte euch nicht erschrecken. Ich gehöre zu eurer Gruppe und mein Name ist Yukimoto. Ich befand mich gerade auf Wache und habe euch zufällig getroffen. Ihr solltet ihr vielleicht hinterher eilen.“ Er zeigte in die Richtung von der flüchtenden Frau. „Ich weiß“, antwortete der Taktiker und steckte sein Schwert wieder weg. Mit großen Schritten eilte er Tsukihime hinterher. Angeschlagen und mit gemischten Gefühlen begab er sich zurück zu den anderen Männern und legte sich an einem Baum. In Gedanken versunken, starrte er auf die andere Seite des Flusses und wusste nicht mehr was er machen sollte. „Vielleicht ist es sogar besser so“, dacht er sich und sein Blickfeld wurde verschwommen. Die Bäume die sich auf dem anderen Ufer durch den Wind bewegten konnte er nur noch schwer erkennen. Er zog seine Knie fest an seinen Körper und legte seinen Kopf zwischen seine Arme darauf ab. In der Stille des Nachts, hörte man nur noch das Fliesen des Wassers, das Pfeifen des Windes und die leise Trauer eines Mannes.

Stunden vergingen und es gab keine Anzeichen von dem Feind. Hatte sich Tsukihime geirrt. Langsam ging er auf den Fluss zu. Der Pegel war etwas gesunken und der Strom nicht mehr so stark wie bei ihrer Ankunft. Die meisten Männer waren ausgeruht, doch bis zum Tag waren es noch Stunden. Er hob einen Stein vom Boden auf und warf es in den Fluss. Vier weitere Steine warf er auf dieselbe Art, bis er einen Schatten auf der anderen Seite war nahm. Er war sich nicht Sicher ob er sich vielleicht geirrt hatte, doch nach näherem Betrachten, erkannte er mehrere dieser Schatten. Plötzlich fackelten mehrere Flammen an jedem dieser Schatten auf. Sein Herz pochte und seine Stimme hallte durch die ganze Verteidigungsanlage. „GEHT IN DECKUNG!“, brüllte er mit aller Kraft und er lief so schnell er konnte hinter eines der provisorisch errichteten Mauern aus Holz. Ein heftiger Feuerhagel brach über ihnen ein. Die Bögen wurden mit der Kraft des Feuers verstärkt und erhöhten dadurch den Schaden den sie anrichten sollten. Eine zweite Salve fiel über ihnen herein und dann noch eine. Einige Krieger schafften es nicht rechtzeitig und wurden von mehreren Pfeilen durchbohrt. Schätzungsweise erlagen fünfzig Mann dem plötzlichen Angriff. Erst nach dem vierten Angriff, wurde es Still und die restlichen Männer hatten sich versammelt. Matsude erteilte sofort befehle. Bis zu hundert Mann nahmen ihre Bögen in die Hand und stellten sich hinter die anderen hundert Krieger mit einem Schild in der Hand. Hinter dieser Reihe befanden sich dann weitere fünfzig Krieger mit gezogener Klinge und am Ende hielten sich die Leibgarde und Tsukihime mit Matsude auf. Yukimoto wurde in die Gruppe der fünfzig eingeteilt und bildete die Vorhut für die Leibgarde.

Die Bogenschützen ließen einen Dauerangriff auf die anstürmenden Reiter hinab. Es waren fast zwei Hundert Reiter, die versuchten den Fluss zu überqueren. Da der Pegel des Flusses gesunken war, spurteten die Pferde mit Leichtigkeit über den Fluss. Die Reiter jedoch waren zu sehr damit beschäftigt ihre Tiere unter Kontrolle zu halten, so dass die herabfallenden Pfeile sie mit Leichtigkeit durchbohrten. Nur dreißig bis vierzig Reiter überlebten den Angriff und stürmten auf die Schildverteidigung zu. Die Bogenschützen zogen sich zurück und reihten sich neben die Krieger ein, in dem sich auch Yukimoto aufhielt. Die Verteidigung hielt stand. Die Reiter wurden besiegt, doch auch auf ihrer Seite gab es bis zu zwanzig Gefallene. Ohne eine Pause tauchten schon die nächsten Feinde vor ihnen auf. Während sie sich mit den Reitern beschäftigt hatten, drang der Feind mit einer vierhundert Mann großen Gruppe bestückt mit Speeren über den Fluss. Matsude befahl den Bogenschützen auf die Auslöser der Fallen zu zielen. Auf seinem Befehl hin flogen die Pfeile links und rechts von Yukimoto vorbei und schlugen auf mehrere leere Flächen auf den Boden ein. Die Falle schnappte zu. Als sich die Speerkämpfer bis auf zwanzig Schritte der ersten Verteidigung genähert hatten, löste sich der Boden unter ihren Füßen. Vier Gruben, die sie den ganzen Tag über ausgegraben hatten, waren gefüllt mit spitzen Holzpfählen. Die tödliche Falle war erfolgreich und dezimierte die Anzahl der Angreifer bis auf die Hälfte. Ein Jubel brach unter den Verteidigern aus und auch Yukimoto schließ sich ihnen an. Doch ihr Jubel war von kurzer Dauer. Da nicht alle Angreifer vernichtet waren, lieferten sich die Schildwächter einen aussichtslosen Kampf mit den Angreifern. Über den Schultern der Angreifer streckte sich eine riesige Armee aus. Yukimoto stockte der Atem. Er war nicht der einzige der über die Anzahl der Angreifer erstaunt war. Matsude und Tsukihime waren ebenfalls geschockt davon, was ihnen bevor stand. Schätzungsweiße, überquerten fast tausend Krieger den Fluss. Jeder einzelne von ihnen war bis auf die Fingerspitzen mit einer schweren Rüstung bestückt und ein in silberner Rüstung glänzender Reiter trappte vor ihnen auf seinem Pferd. In seiner rechten hielt er ein schwarzes Speer mit dunkelrot gefärbter Spitze.

Die Angst, die Sich unter den Verteidigern ausbreitete war nicht ohne Grund. Die Hauptstadt hatte seinen besten General zu ihnen Geschickt. Tatakatsu der Schlächter. Das ganze Land kannte ihn wegen seiner Stärke. Seit dem Beginn des Krieges soll er der einzige Krieger sein, der es geschafft hat alleine eine tausend Mann Armee zu besiegen. Seinen Namen verdiente er sich durch Gegner die er erledigt hatte. Alleine seine Kraft solle der Grund dafür sein, das sich das neue Shogunat derart ausbreiten konnte. Er soll bis jetzt noch nie einen Kampf verloren haben, doch ein Krieger im Norden des Landes solle ihm die Stirn geboten haben. Die Geschichten erzählen darüber das sie ganze drei Tage und Nächte pausenlos gekämpft haben sollen und letztlich vor Erschöpfung zusammen fielen. Und jetzt stand genau dieser Mann mit einer tausend Mann Armee vor ihnen. Die Stärke die Matsudes Blick ausgeströmt hatte, wurde düster. Tsukihime konnte ihre Augen vor der schieren Übermacht nicht abwenden. Yukimoto sah die Verzweiflung der Männer in seinen Reihen. Er sah wie jeder einzelne von ihnen langsam einen Schritt nach dem anderen zurücksetzte. Er lachte.

Es wurde still. Sein lachen hallte durch die ganze Landschaft. Der Vormarsch des Feindes hielt ein und auch die Verteidiger wandten ihren Blick zu ihm. Sein ganzer Körper zitterte doch das Lachen überschattete die ganze Angst die sich über ihm legte. Er schloss seine Augen und das Lachen wurde leiser bis nur noch ein geringes kichern war zunehmen war. Die Angst in ihm löste sich und er setzte langsam einen Fuß vor den anderen. Die Armee der Hamada starrte ihm hinterher und die der Gegner bildete eine Gasse die direkt zum gegnerischen General führte. Yukimoto öffnete seine Augen und sah Tatakatsu in der Ferne der ihm mit einem Grinsen begrüßte. Seine Schritte wurden immer schneller. Während seines Laufes ließ er einen Schrei los und stürmte mit einem gewaltigen Angriff auf den General zu. Tatakatsu stieg von seinem Pferd hinab und nahm seinen Speer fester in Griff. Mit einem kräftigem Schub, warf er den Speer auf den heranstürmenden Yukimoto. Dieser rannte direkt auf den heranfliegenden Speer zu. Er wusste das er in den Tod rannte, doch seine Angst war verflogen und viel zum Verlieren hatte er eh nicht. Die Armee aus dem Westen würde es sowieso nicht rechtzeitig schaffen und seine Geliebte wurde ihm aus der Hand gerissen. Der Speer befand sich nur noch zwei Schritt vor seinem Gesicht und plötzlich tauchte ein Schatten zwischen ihm und dem Speer auf. Ein dumpfer Aufprall und ein leichtes schmerzhaftes Stöhnen konnte Yukimoto war nehmen. Warmes Blut überdeckte sein Gesicht und erst jetzt erkannte er das Gesicht von Tsukihime. Sie starrte ihn mit leeren Augen an und die Spitze des Speeres stach aus ihrer Brust hervor. Langsam fiel sie nach vorne und landete sanft in den Armen von Yukimoto. Tränen rangen aus den Augen des Schmiedejungen, als er zu Sinnen kam und erkannte was vorgefallen war. „Warum?“, flüsterte er ihr zu. Ihre Lebenskraft schwand und die einzigen Wörter die er hören konnte waren. „W… Weil… ich dich liebe“, mit einem Lächeln das ihr Gesicht schmückte, hörte ihr Herz auf zu schlagen. Der erzürnte Schrei von Matsude riss ihn aus seiner Trauer und er packte das Schwert in seiner Hand so fest, dass das Blut in seinen Adern über den Griff glitt. Er löste mit seinem Zähnen die Haarnadel von Tsukihime und biss mit voller Kraft hinauf. Seine Blicke richteten sich auf Tatakatsu und auch Matsude eilte schon mit gezückter Klinge zu ihnen.

Ein Kriegshorn wurde geblasen und das tödliche Lächeln um Yukimotos Gesicht wurde gefährlicher. Die Armee aus dem Westen traf ein und die Formation des Gegners wurde erschüttert. Hinter den Verteidigern stürmten tausende Reiter in Scharen auf sie zu, doch all dies beachtete Yukimoto nicht. Das einzige was er im Blickfeld hatte, war Tatakatsu. Vorsichtig legte er die leblose Tsukihime auf den Boden ab und lief los. Matsude hatte ihn eingeholt und beide rannten sie mit gefährlicher Geschwindigkeit auf den General zu. Die anderen Gegner wurden durch den Angriff der Mori Armee überrascht und verstreuten sich auf dem ganzen Schlachtfeld. Der Fluss unter ihren Füßen wurde ihnen zum Verhängnis und die Reiter der Mori Armee trampellte einfach über sie drüber. Tatakatsu erteilte Befehle um die Formation aufrecht zu erhalten. Doch seine Versuche waren vergeblich. Matsude und Yukimoto nutzen die Gelegenheit und stürzten sich auf den unbewaffneten General. Dieser bemerkte die Angreifer und wich ihren Schwerthieben mit Leichtigkeit aus. Mehrere Schläge wurden ausgeteilt doch keines konnte ihn erwischen. Für seine Größe war der General ein sehr flinker Mann und schaffte es sogar Matsude das Schwert abzunehmen und ihn mit einem Tritt in den Magen mehrere Schritte weit wegzuschleudern. Yukimoto holte zu einem tödlichen Angriff aus und lies sein Schwert auf den Kopf des Generals zu schnellen. Tatakatsu parierte geschickt und Funken sprühten als Stahl auf Stahl traf. Seine Kraft war unermesslich. Mit einem leichten Ruck nach vorne wurde Yukimoto nach hinten geschleudert und fiel auf den Rücken. Die Seichte Stelle im Fluss, war ungüngstig für einen Sicheren Kampf. Der General lief auf ihn zu und ließ seine Klinge auf ihn herab. Yukimoto rollte sich zur Seite ab und die Klinge zischte an ihm vorbei ins Wasser. Matsude näherte sich Tatakatsu von hinten und rammte ihm eine Klinge, die er von einem der Gefallenen Krieger abgenommen hatte, in den Rücken. Der General schrie auf und holte mit seiner Faust nach hinten aus. Knochen zerbrachen als die schwere Faust des Schlächters auf das Gesicht des Taktikers einschlug. Yukimoto nutzte die Gelegenheit und rammte seine Klinge direkt in das Herz des Gegners. Wie wenn es ihm nichts ausgemacht hätte, wandte sich Tatakatsu zu ihm um und wollte ihm den Kopf mit seinem Schwert abschlachten. Yukimoto drückte sich geschickt vom Boden ab und wich dem Angriff des Gegners aus. Er zog die Nadel zwischen seinen Zähnen hinaus und stach es dem General mehrmals in den Hals bis dieser schließlich die Waffe fallen ließ und langsam stürzte.

Das Wasser verfärbte sich in blutigem Rot. Die Schlacht um sie geriet langsam ins Stocken und die Gegner zogen sich zurück. Yukimoto ging, von oben bis unten blutbefleckt, zum leblosen Körper seiner Geliebten. Er kniete sich neben sie hin und nahm sie zwischen die Arme. Matsude gesellte sich zu ihm und sah das lächelnde Gesicht der toten Frau zwischen den Armen des Mannes. Tränen rangen über seine Wangen und mit einem traurigen Lachen sagte er „Nicht ein einziges Mal hab ich ihr Lächeln gesehen...“
 

hakuryu

blauer Drache
Otaku Veteran
Kirschblüten am Onosekawa


Sie kannten sich schon ewig. Waren miteinander aufgewachsen. Immerhin waren sie Nachbarn und fast gleichalt. Und doch hatten es ihre Eltern nicht gern gesehen, wenn sie miteinander gespielt hatten. Warum wußte Kenji nicht, auch Tsukiko konnte es sich nicht erklären. Ihre Eltern redeten ja nicht einmal miteinandern. Doch hatte sie das nicht abgehalten sich anzufreunden. Das Dorf war klein und lag mitten im Wald an einem Berghang. Die Berge waren meist wolkenverhangen und man konnte sich leicht verirren, wenn man nicht ganz genau wußte wo man war. Die Kinder waren sich an einem Bachlauf begegnet. Kenji fischte und Tsukiko sollte Kräuter für ihre Mutter holen die nur dort wuchsen. Sie verbrachten den ganzen Tag zusammen und es gab schon mehr als eine Standpaucke als sie dann gemeinsam wieder zu hause ankamen. Doch egal was ihre Eltern auch sagten, die Beiden trafen sich immer wieder.

Was die Kinder nicht wußten war die Berufung ihrer Eltern. Besonders der Standesunterschied machte den Eltern Sorgen. Kenji entstammte einer langen Reihe von ehrhaften Samurai. Auch wenn sie nicht gerade reich waren, so dienten sie doch mit Stolz ihrem Daimyo. Der Junge erlernte die Schwertkunst sehr gewissenhaft von seinem Vater der eine Schule betrieb. Oft mußte dieser aber in den Kampf und ließ die Familie allein. Dann war es Kenji überlassen die wenigen Schüler zu unterrichten als er alt genug dafür war.
Tsukiko allerdings konnte auf dem ersten Blick keinen nennenswerten Stammbaum vorweisen. Und doch war sie eine Meisterin im Bogenschießen. Auch konnte sie hervorragend mit Dolchen umgehen. Ihre Familie gehörte bereits seit Generationen zu einem Clan von Ninja. Um die Reihnheit der Linie zu wahren, wurden die Kinder der einzelnen Familienzweige nur untereinander verheiratet.

Doch davon wußten die Beiden nichts. Dann mußte Tsukikos Familie das Dorf verlassen als das Mädchen zwölf Jahre war. Kenji, nur ein Jahr älter, schwor ihr auf sie zu warten und sie zu heiraten. Mit fünfzehn wäre er dann ein Mann und im heiratsfähigem Alter. Er sollte nie erfahren warum sie fortgegangen waren. Von den Eltern unbemerkt, hatten sie sich jeweils das beigebracht was der Andere gelernt hatte. Auch wenn sie nie so gut darin wurden wie der jeweiligen Andere.

Die Jahre vergingen und Krieg überzog das Land. Kenji kämpfte auf Seiten seines Daimyo und stieg langsam durch seine Verdienste und Schlachterfolge in den Rängen immer weiter auf. Doch hatte er nicht das Verlangen General zu werden. Immerwieder hatte er dahingehend lautende Angebote abgelehnt. Sehr zum Verdruß seines langjährigen Kampfgefährten und engem Freund Takahiro. Auch Kagetora verstand das Ganze nicht, hatte sich aber mit diesem Tick seines Freundes angefunden. Nicht so Takahiro der ihn ständig damit aufzog. So auch an diesem Abend als sie das Lager im schwindenden Licht des Tages aufbauten.
"Warum soll ich General werden wenn ich hier auf dem Schlachtfeld mehr Leben retten kann? Außerdem kann ich mich auf dich verlassen. Bei den verstaubten Kerlen im Zelt würde ich untergehen. Du bist der Stratege von uns, ich kann nur die Männer führen."
Kenji hielt nicht viel vom Töten. Seine Schwerttechnick hatte er so verfeinert, daß er seinen Gegner zwar Knochen brach und Sehnen durchtrennte, die Wunden an sich aber bei guter Versorgung nicht zum Tode führten. Aber auch das beherrschte er, wenn er auch nicht stolz darauf war.
"Schon klar. Außerdem werden die nicht alle naslang unterwandert? Der letzte Streich von Sanada wäre denen fast gelungen. Nur weil die den Spion nicht bemerkt hatten. Wie bist du eigentlich drauf gekommen das das gestern ein Hinterhalt war?"
"Eine Freundin hat mir vor Jahren beigebracht worauf ich zu achten habe."
"Komische Freundin. Kenn ich sie?"
"Nein bestimmt nicht."
Sie lachten und dann erzählte der junge Mann von seiner Kindheitsliebe. Sie saßen gemeinsam mit einigen Kameraden am Feuer bei einer Schale Reis und Sake und ließen ihre schönen Jahre wieder aufleben. Keiner wollte an den nächsten Tag denken und an die bevorstehende Schlacht schon gar nicht. Jeder der Männer trug etwas zu der geselligen Runde bei, wissend das nicht alle am nächsten Abend dabeisein würden.

Als am nächsten Morgen die Sonne über den Hügeln am Onosekawa aufging, ahnte noch keiner der Männer den Verrat eines der Generäle. Hebiko war mit Sanada im Bunde. Er wollte Ayame, Sanadas Tochter zur Frau und hatte den Bedingungen zugestimmt, die Armee von Sakamaru nicht nur in einen Hinterhalt zu locken, sondern auch restlos aufzureiben. So hatte Hebiko die Soldaten über Umwege in ein Tal gelockt. Einen fast undurchdringlichen Wald vor sich, einen reißenden Onosekawa im Rücken, steile Felsklippen auf der einen und schroffe Hügel auf der anderen Seite. Kenji kam die Wahl des Lagerplatzes seltsam vor. Nur, im schwindendem Licht des letzten Abend ,als sie das Lager errichtet hatten, war ihm das nicht aufgefallen.
"Takahiro, nimm Kagetora mit und sieh dir mal die Hügel an. Wir sitzen hier wie auf einer Zielscheibe. Ich will sichergehen das es so ruhig ist wie es aussieht."
Die Männer machten sich umgehend auf den Weg. Derweil wurden die Schlachtvorbereitungen getroffen. Wo genau sie allerdings kämpfen sollten war dem jungen Haubtmann schleierhaft. Die Reiterei hatte keine Angriffsfläche, geschweige denn Platz um Anlauf nehmen zu können. Zurückziehen konnten sie sich nicht ohne in den Fluß oder die Klippen runterzustürzen. In den Wäldern konnten sich ganze Armeen verstecken und da die Sonne direkt hinter den Hügeln aufging, würden sie eventelle Bogenschützen oder angreifende Reiterei nicht sehen. Alles sehr bedenklich wie er fand. Kein General der auch nur ein wenig Hirn im Kopf hatte würde so einen Platz zum lagern, geschweige denn zum Schlachtfeld wählen. Auch Anderen fiel das auf. Sie traten an ihren Haubtmann heran und wollten wissen was das soll. So endschied er sich Hebiko zur Rede zu stellen. Vor dem Zelt des Generals mußte er aber feststellen das die Leibwache ihn nicht durchließ. Nicht einmal die Nachricht das er dort stand wollten sie weitergeben. Der General mußte ihn hören, Kenji war ja immerhin laut genug, aber blicken ließ dieser sich nicht. So zog der junge Mann grübelnd wieder ab. Immer mehr hatte Kenji das Gefühl das hier etwas absolut nicht stimmte. Immer wieder wanderte nun sein Blick zu dem Wald und den Hügelkuppen. Da wurde er weiterhin so geblendet, daß nicht einmal die Hand als Überschattung reichte.

Aus dem Augenwinkel bemerkte er plötzlich eine Bewegung. Einen kleinen Moment später erkannte er zwei Reiter die in halsbrecherischem Tempo auf das Lager zusprengten. Wenn er nicht die Tiere erkannt und sich die Reiter zu erkennen gegeben hätten, wären sie mit Sicherheit von einem der Bogenschützen erschossen worden. Die Rückkehr von Takahiro und Kagetora erregte einiges an Aufsehen. Sie waren auch nicht allein. Eine zusammengesunkene Gestalt saß, oder eher hing, im Sattel vor Takahiro. Die Kleidung entsprach nicht den Rüstungen der Sakamarus oder der hier lebenden Bauern. Die verblüffende Ähnlichkeit mit der Kleidung der Sanadas stach schon förmlich ins Auge. Allerdings würden die Beiden jungen Männer nicht einfach jemanden aus dem feidlichen Lager einfach so in das eigene mitbringen. Direkt vor ihrem Haubtmann zügelten sie ihre Tiere und saßen ab. Takahiro hob vorsichtig die Person vor sich aus dem Sattel.
"Sie ist verletzt und muß versorgt werden. Hat sich uns einfach in den Weg gestellt bevor wir am Fuße des Hügels waren. Fast hätten wir sie über den Haufen geritten. Jemand muß sie angegriffen haben. Deinen Namen kannte sie und nannte ihn bevor sie zusammengebrochen ist."
Neugierig um wen es sich dabei handelte, schlug Kenji den einfachen Yukata zurück. Der Anblick traf ihn mitten ins Herz. Sie war älter und noch schöner geworden. Schnell trugen sie die junge Frau zu ihrem Feldarzt. Der Pfeil der in ihrem Rücken steckte mußte raus. Zum Glück war sie noch bewußtlos. Es dauerte eine Weile bis der Arzt es geschafft hatte die Spitze zu entfernen. Das Ding hatte Widerhacken und mußte sorgfältig ausgeschnitten werden. Jedes reißen hätte den sicheren Tod der Frau zur Folge gehabt. Da wollte sie unbedingt jemand zum schweigen bringen. Die Befiederung wies auf die Sanadas hin. Zwischenzeitlich waren einige Wolken aufgezogen und verdüsterten leicht den Himmel. Im Zelt mußten sie daher mehrere Öllämpchen anzünden um genügend Licht zu haben. Mit einem Mal stand General Hebiko im Zelt. Genau in dem Moment als sie die die Wunde ausbrannten.
"Was geht hier vor? Wer ist das? Ist das nicht die Tracht der Sanadas? Was sucht ein Spion der Feinde hier bei uns im Lager?"
Der Mann schrie fast und sein Blick hing ständig an der Frau. Auch schwitzte er obwohl es nicht sonderlich warm war. Draußen war gerade einmal der Frühling soweit fortgeschritten das die Sakurabäume blühten. Erst in guten vierzehn Tagen würde diese fallen und alles rosa färben.
"Das ist eine Freundin von mir, General Hebiko. Sie ist weder eine Feindin noch Spionin. Und Fuma hat gerade diesen Sanadapfeil aus ihrem Rücken geholt. Wir hoffen das sie das überlebt."
Kenji klang ruhig und sachlich als er das seinem Vorgesetzten sagte. Innerlich sah es da ganz anders aus. Was machte Tsukiko hier? Noch dazu in der Tracht der Gegner und verletzt? Aber das würde warten müssen bis sie wieder aufgewacht war, wenn sie das tat und nicht doch noch ihren Verletzungen erlag. Seine beiden Freunde hatten schnell gehandelt. Er glaubte nicht das sie noch lange gelebt hätte wenn sie sie nicht gefunden hätten. Die Geschichten vom Vorabend waren wohl doch gut gewesen. Er hatte sie so gut beschrieben wie er konnte. Sogar das kleine Muttermal unter ihrem linken Auge hatte er nicht ausgelassen Kagetora und Takahiro hatten sie wohl daran erkannt. Widerstrebend mußte Hebiko einsehen das er nichts weiter gegen die Frau vorbringen konnte. Er verlangte lediglich das Kenji für alles verantwortlich wäre wenn die Frau doch eine Feindin wäre. Dann rauschte er regelrecht aus dem Zelt. Der junge Haubtmann fand das recht seltsam aber genau in dem Moment als Hebiko außer hörweite war, öffnete Tsukiko die Augen.
"Tsukiko?"
"Kenji? Bist du das wirklich? Ist Hebiko noch in der Nähe?"
"Du kennst General Hebiko?"
Der Haubtmann hatte die erste Frage einfach übergangen. So bekannt dürfte der General eigentlich nicht sein. Doch er freute sich seine Freundin aus Kindheitstagen wiederzusehen. Sie hatte ihn gefunden, dabei hatte er versprochen sie zu finden.
"Ja ich kenne ihn. Aber der soll General sein? Er ist doch der Verlobte von Ayame."
"Der Tochter von Sanada?"
"Ja. Daher kenn ich ihn. Er geht bei ihm ein und aus. Aber das ist jetzt nicht wichtig! Eure Armee ist umzingelt! Sanadas Männer haben im Wald Stellung bezogen und hinter der Hügelkuppe steht seine Reiterei bereit. Mit der Sonne werden sie angreifen und euch einfach überrennen."
Ihre Stimme war bei den letzten Worten immer schwächer geworden. Der Schmerz stand Tsukiko auch deutlich ins Gesicht geschrieben. Schweiß lief ihr fast in Bächen den Hals runter. Kenji sah ein das sie nun Ruhe brauchte und diese Neuigkeit mußte er sofort weiterleiten und Gegenmaßnahmen ergreifen. Ihm war schleierhaft warum sie noch nicht angegriffen hatten. Es war fast so als warteten die Sanadas auf ein Signal zum Angriff.

Seine Männer waren zum Glück bereits Kampfbereit und sicherten nun das Lager. Keine Sekunde zu früh. Ein Horn erscholl aus den Wäldern und wurde dort vielfach weitergetragen. Männer, in den Farben Sanadas, stürmten von dort in Richtung Sakamaruarmee. Ein kleiner Teil der Männer richtete sich darauf ein sie zu empfangen. Der Haubtteil der Armee jedoch wartete auf den Angriff der unweigerlich von den Hügeln und mit der Sonne kommen mußte. Der ließ auch nicht lange auf sich warten. Der gegnerische General hatte nur so lange ausgeharrt, bis er sicher sein konnte das die Sakamarus sich ganz auf den Angriff aus dem Wald konzentrieren würde. Das der Plan aber in buchstäblich letzter Sekunde vereitelt worden war konnte er nicht ahnen. Tsukiko hatte den Soldaten getötet der sie bei ihrer Flucht erwischt, verfolgt und später angeschossen hatte. Sanadas Reiter kamen wie die Oni den Hang hinunter. Kenji war klar das sie nicht viel gegen sie hätten ausrichten können wenn Tsukiko sie nicht vorgewarnt hätte. So hatte er die Banner- und Speerträger in vorderster Reihe alles schräg in den Boden rammen lassen was sie zur Verfügung hatten. Die oberen Enden waren gegen den Hügel und somit gegen die heranstürmenden Pferde und ihre Reiter gerichtet. Die Bogenschützen hatte er angewiesen genau in die Sonne zu schießen sobald das Donnern von Pferdehufen erklang. Mit einigem Erfolg wie sich später herausstellen sollte. Die Schreie der Verletzten und Sterbenden war ohrenbetäubend und schrecklich. Die aufgespießten Pferde schlugen im Todeskampf noch wild um sich und rissen so noch andere mit in den Tod. Doch auch die Sanadas hatten nun ihre Bogenschützen in Position und viele Sakamarus fielen ihnen zum Opfer. Gut versteckt zwischen den Felsen und mit der Sonne im Rücken, waren sie nicht auszumachen. Sehr zum verdruß von Kenji und seinen Männern. Leider hatte er nicht mehr die Zeit gehabt eine kleine Vorhut in die Hügel zu schicken. So blieb ihnen nichts anderes übrig als sich mit ihren Schilden zu schützen. Das Gemetzel war schrecklich. Schon nach kurzer Zeit stank es regelrecht nach Blut und Eingeweiden. Der Boden wurde schlüpfrig von dem vielen Blut. Bald konnte man die einzelnen Armeen kaum noch auseinander halten. Jeder hackte wild auf den anderen ein. Immer in der Hoffnung das es kein Kamerad war den man gerade niedermetzelte. Selbst wenn er gewollte hätte hatte Kenji nicht die Möglichkeit in Leben zu verschonen. Er war der General der Sakamaruarmee und demzufolge auch das Ziel Nummer eins der Sanadas.

Was sie noch nicht wußten, Sanada selbst nahm an dieser Schlacht teil. Als der junge Haubtmann dessen gewahr wurde, kämpfte er sich einen Weg zu ihm frei. Blutüberströmt, zerschlagen und erschöpft erreichte Kenji seinen Gegner. Auch Sanada sah nicht viel besser aus. Jemand hatte sein Pferd unter ihm weggeschossen. Dem Tier des Haubtmanns war es nicht anders ergangen. So standen sie sich zu Fuß gegenüber, Beide mit ihren Katana in den Händen. Viel wußte Kenji nicht über den Stil seinen Gegners, nur das dieser mehr auf Kraft als Technick basierte. Seine Passion war die Schnelligkeit und er hatte auch vor diese einzusetzten. Beide nahmen eine leichte Abwehrhaltung ein und sie umkreisten sich und versuchten den Gegenüber abzuschätzen. Mit einem Mal sprangen sie aufeinander zu und tauschten heftige, schnelle und harte Schläge aus. Die Soldaten in der näheren Umgebung stellten sich ihnen nicht in den Weg. Doch leider nahm der ausgeglichene Kampf kein rühmliches Ende. Mit einem Mal tauchte Hebiko hinter Sanada auf und jagte sein Wakizashi in den Rücken des Mannes. Ungläubig sah Kenji den Mann an der sonst immer so ausgeglichen schien. Auch Sanada begriff den Verrat leider viel zu spät. Seine Lunge war durchbohrt und seine Haubtschlagader war angeritzt. Dies war an dem schwallartigen Blutverlußt aus dieser Wunde ersichtlich. Mit einem Brüllen ging Kenji nun auf seinen ehemaligen General los. Doch er erreichte ihn nicht. Von hinten bekam er einen Stoß und der Haubtmann fiel nach vorn. Eine Schwere Last lag auch ihm und der konnte sich einen Moment nicht rühren. Ein schmerzerfüllter Schrei übertönte kurz den Schlachtlärm. Dann war das Gewicht von Kenji runter. Das Erste was ihm auffiel war der Sanadapfeil der in einem Rücken eines Sakamarus steckte. Wo Kagetora herkam verstand Kenji nicht, bis er den Mann vorsichtig umdrehte, um den Pfeil nicht noch tiefer in das Fleisch desjenigen zu versenken der ihn offensichtlich gerettet hatte. Da begriff auch er. Takahiro hatte sich in die Flugbahn geworfen. Er hatte den hinterlistigen Bogenschützen im letzten Moment entdeckt und hatte seinem besten Freund so das Leben gerettet. Kagetora hatte fast zeitgleich mit diesem kurzen Prozess gemacht und ihn enthauptet. Hebiko hatte derweil die Flucht ergriffen und war zwischen den Kämpfenden verschwunden. Die Nachricht vom Tode Sanadas verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Damit hatten die Samurai keinen Grund mehr zu kämpfen. Der Daimyo hatte nur Land für die Aussteuer seiner Töchter erbeuten wollen . Da es aber keine männlichen Nachkommen von ihm gab, hatte er Hebiko Ayame, seine älteste Tochter, versprochen um an Ländereien zu kommen.

Weit kam Hebiko allerdings nicht. Tsukiko hatte sich trotz fast irrsinniger Schmerzen aus dem Zelt des Feldschers gestolen. Sie hatte allen gesehen und schnappte sich einen Bogen und legt nun ihrerseits an. Durch einen gezielten Kopfschuß hauchte der ehemalige General unehrenhaft sein Leben aus. Dann eilte sie zu Kenji. Der hielt den schwerverletzten Takahiro sanft in seinen Armen. Das Gesicht des jungen Mannes zierte ein leises Lächeln.
"Ich hoffe das die Kämpfe nun endlich ein Ende haben. Wie es scheint hast du deine Liebe gefunden. Genieße die Zeit die ihr habt. Eure Kinder hätte ich gern noch gesehen."
Ein Zittern durchlief den Körper von Takahiro.
"Mein Sohn wird deinen Namen tragen mein Freund, das verspreche ich dir."
Doch das hörte Takahiro schon nicht mehr. Blicklos starrten die Augen gen Himmel, das Lächeln war aber auf seinen Zügen geblieben. Ringsumher verstummten nach und nach die Geräusche der Schlacht. Sie war heftig aber kurz gewesen. Und als wenn die Natur ebenfals froh über das Ende der Schlacht wäre, schneite es Kirschblüten die die grausamen Zeugnisse des Gemetzels bedeckte.

by hakuryu
 

Mezelmoerder3D

Diplompsychopath mit *
VIP

Das WoH Schreiberling Gewinnspiel

Teil 2



Auf in eine zweite Runde!
Der einzig originale Schreiber Wettbewerb von WoH geht in die Verlängerung und bietet diesmal mehr Auswahl und mehr Raum für Freiheiten. Dieses Mal könnt ihr zwischen Drei Thematiken auswählen und auch die maximale Wörterzahl hat sich deutlich gesteigert. Die zu schreibende Geschichte sollte eine Non-Hentai Story werden. Wer allerdings etwas Erotik einbauen möchte, kann dies tun. Aber dies sollte dann nicht die ganze Geschichte ausfüllen!
Wiederum heißt es für euch aus den Unten folgenden Angaben eine Story zu schreiben und hier für die Öffentlichkeit preis zu geben. Derjenige, der sich am besten an die Angaben gehalten hat, gewinnt.


Die Regeln

In diesen Thread kommen NUR die Storys der Teilnehmer!

-Thematiken:
-Weihnachten
-Ein Cartoon Universum (frei wählbar)
- Sommerferien

-Mindest Inhalt:
min. 4 namentliche erwähnte Charaktere

-Länge:
3500 - 5000 Wörter

-Zeitvorgabe:
4 Wochen, bis zum 06.01.2014

-Preise:
10€ Amazon Gutschein
1 Monat Uploaded oder SO-Account



Den Diskuthread findet ihr wie immer hier
http://board.world-of-hentai.to/f15/diskussion-zum-schreiber-wettbewerb-145036/#post1594882

Na dann, allen guten Erfolge, frohes Fest, guten Rutsch und nicht ausrutschen beim reintuschten^^


Auf die Plätzchen...


... fertig


LOS!

 
Zuletzt bearbeitet:

Akira Akarui

Super-Moderator
Teammitglied
SMods
Last Christmas ...

Ein leises Rascheln ließ sie hochfahren und sich noch schlaftrunken umsehen. Zunächst konnten ihre Augen im Dunkeln nichts erkennen, doch als sich das Rascheln wiederholte, wandte sie ihren Kopf in die entsprechende Richtung und sah es: Im fahlen Licht des Mondes, der durch das Fenster hereinfiel, bewegte sich eine Spinne rasch auf ihren acht Beinen über das metallene Bettgestell am Fußende. Doch sie war nicht alleine. Eine weitere Spinne gesellte sich - offenbar von unten kommend - hinzu und dann noch eine und noch eine. Angewidert verzog die Frau ihr Gesicht und sie tastete nach dem Schalter des Lämpchens auf ihrem Nachttisch und drückte darauf. Doch nichts tat sich. Leise fluchend schwang sie ihre Beine aus dem Bett und trat hinüber zum Lichtschalter. Doch auch hier tat sich nichts. „Mist ...“ Die Frau griff nach der Türklinke und drückte sie hinunter. Doch wiederum nichts, die Türe war verschlossen. „Was ist denn das?“ Ein Tasten nach dem Schlüssel blieb erfolglos, während das leise Rascheln zunahm und sich vervielfältigte. Angestrengt in das Halbdunkel blickend versuchte sie zu erkennen, wo das Rascheln genau herkam. Doch die geringe Beleuchtung machte es ihr nicht gerade einfach. Mit einem unwilligen Kopfschütteln bewegte sie sich zunächst zurück zum Bett und sie griff nach der Taschenlampe, die sie dort für alle Fälle deponiert hatte. „Na also“, brummte sie leise, als die Lampe anging und der Lichtstrahl durch das Zimmer glitt. Auf dem Metallgestell wimmelte es inzwischen von Spinnen, die einem im Detail vorgegebenen Weg zu folgen schienen, einem Weg, der den Boden entlang über das Gestänge mitten hinein ins Bett führte. Langsam bewegte sich die Frau vorwärts, leuchtete dorthin, wo sie die Quelle der Spinnen vermutete, und erstarrte. Hinter einem abgerissenen Fetzen der Tapete schoben sich weitere Spinnenleiber hervor, quollen regelrecht heraus und ließen sich an Fäden abgeseilt auf den Boden fallen, den sie rasch überquerten, hin zum Bett, das sie in rasantem Tempo erklommen. Die Frau wich unwillkürlich zurück, ungläubig, was sie da sah, und doch konnte sie sich der Faszination des Gesehenen nicht entziehen. Gebannt starrte sie auf die Spinnen, die sich bereits auf ihrer Bettdecke befanden und die nun mit ihren Mundwerkzeugen aufeinander losgingen. Ein regelrechtes Gemetzel erfolgte und kleinere Spinnen fielen größeren zum Opfer, wurden gefressen und verschlungen, während die Sieger anschwollen und wuchsen und sich auf ihre nächsten Opfer stürzten. Ein Stechen am Fuß ließ die Frau aufschreien und aus ihrer Regungslosigkeit erwachen. Der Lichtstrahl der Taschenlampe enthüllte, dass sich zahlreiche Spinnen um sie gruppiert und teilweise ihre Füße bereits erreicht hatten, während weitere ihr entgegenliefen. Mit einem Aufschrei flüchtete sie, sprang über das Bett hinüber zur anderen Seite, wo sie sich vor Spinnen sicher wähnte. Doch als ihre nackten Füße den Boden berührten, spürte sie etwas unter den Sohlen, etwas, das sich bewegte, sie zwickte und biss. Laut schreiend griff sie nach dem Kopfkissen und schlug damit auf den Boden und die dort befindlichen Spinnen ein. Ein noch lauteres Rascheln, das fast wütend klang, kam von der Wand und im nächsten Moment spürte sie, wie etwas auf ihrem Kopf landete. Hektisch schlug sie danach, versuchte es wegzuwischen, doch immer mehr hatte sie das Gefühl, etwas würde auf ihren Kopf springen, während es an ihren Füßen zwickte. Als die Frau nach oben leuchtete, erstarrte sie vor Schreck. Unzählige Spinnen hingen mit dicken Leibern an der Decke, sausten an Fäden abwärts und stürzen sich auf sie. Hysterisch schreiend und wild um sich schlagend rannte die Frau kopflos durchs Zimmer, von immer mehr Spinnen angefallen und gebissen, bis das Gift der Bisse seine Wirkung zeigte und sie in der Bewegung erstarrte, im nächsten Moment langsam in sich zusammensackte und zu Boden sank, wo die Spinnenhorde bereits auf sie wartete ...

Seit Tagen schneite es schon und die Stadt war in ein winterliches Weiß gehüllt, das wunderbar zur Jahreszeit passte, mochte der eine oder andere Autofahrer sich auch über die unzureichenden Straßenverhältnisse aufregen. Auf dem kleinen Hügel am Rande der Stadt tummelten sich die Kinder mit ihren Schlitten, Bobs, Skiern und provisorischen Rutschgelegenheiten aus Tüten und Plastikdeckeln. Von Babys, die im Schlitten sitzend und wohlig warm verpackt von ihren Eltern über die ebenen verschneiten Wege gezogen wurden, bis hin zu einigen Senioren, die in dicke Pelzmäntel vermummt auf der Anhöhe standen und das Treiben beobachteten, waren alle Altersklassen vertreten. Selbst ein paar Teenager fanden sich für ein ausgelassenes Tollen im Schnee offenbar nicht zu alt. Ganz im Gegenteil hatten sie fast schon antik anmutende Holzschlitten aus den verstaubten Kellern ihrer Eltern und Großeltern geholt und sausten nun mit beachtlichem Tempo auf den frisch gewachsten Kufen die Schräge hinab.

Jens, ein hochgewachsener Junge von 17 Jahren lag bäuchlings auf dem Schlitten seiner Großeltern, während seine Freundin Betty, ein rothaariges Mädchen von 15 Jahren auf ihm saß und ihn mit leichten Hieben auf den Po weiter anfeuerte.
„Schneller, Jens, lass sausen“, schrie sie ausgelassen gegen den Fahrtwind und die in ihr Gesicht peitschenden Schneeflocken. Dies ließ sich Jens nicht zweimal sagen. Er steuerte auf eine der zuvor eigenhändig erschaffenen Rampen zu, sauste darüber hinweg und landete mit beschleunigtem Tempo etliche Meter weiter hart auf dem teilweise vereisten Boden. Ein Ruckeln und Zurseitebeugen gemeinsam mit einem in den schneeigen Untergrund gestemmten, ausgestellten Bein ließen den Schlitten schlingern und schließlich kippen, geradewegs hinein in eine Riesenschneewehe. Betty kreischte und schrie, bevor sie lachend und prustend in dem weichen Schneehaufen landete, dicht gefolgt von ihrem Freund, der seine Arme um sie legte, sie an sich zog und küsste und sich schließlich mit ihr ausgelassen im Schnee wälzte.

„Hey, das können wir auch!“ Bernadette, die mit ihren dunklen langen Haare, ihrem dunklen Teint und dem runden Gesicht ihrer Zwillingsschwester nur sehr entfernt ähnlich sah, ganz davon abgesehen, dass sie rund 10 Zentimeter kleiner war, stupste ihren Klassenkameraden Kersten in die Seite und schwang sich gleich darauf ein weiteres Mal auf ihren mitgebrachten Schlitten, der bereits verdächtig knarzte.
„Klar, können wir, nur das Knutschen muss nicht sein.“ Kersten schob den Schlitten an und sprang darauf, sobald er genug Schwung hatte und bevor er vollends den Hang hinabsauste. Schon während der Fahrt bewegte sich Kersten, der Bernadette mit der Linken fest umklammerte, während er sich mit der Rechten am Schlitten festhielt, mal nach rechts, mal nach links, was das Mädchen zu kurz ausgestoßenen Schreien bewegte. Doch erst am Ende des Hangs legte er sich voll zur Seite und brachte so den Schlitten zum Umkippen, mit dem Resultat, dass sie fast an der gleichen Stelle in der Schneewehe landeten, wie Betty und Jens kurz zuvor. Auch Bernadette lachte und jubilierte und sie formte schnell einen Schneeball, den sie Kersten in den Kragen warf.
„Warte ...“ Kersten stürzte sich auf die Dunkelhaarige und es folgte ein unbeschwertes Balgen im Schnee, das schließlich in einer Schneeballschlacht mündete, bei der auch Betty und Jens sofort mitmachten.

Etwa zwei Stunden später lümmelten die vier Teenager im gemeinsamen Zimmer der Zwillinge auf den beiden großen Betten und verschlangen die Kekse, von denen die Mutter der Mädchen schon seit Tagen Blech um Blech gebacken hatte.
„Die sind echt klasse. Habt ihr denn auch welche davon gemacht?“ Mampfend sah Jens die beiden Mädchen an, die fast gleichzeitig mit ihrem Finger an die Stirn tippten.
„Nee, wo denkst du hin?“
Jens lachte bei dieser für ihn nicht ganz unerwarteten Antwort, schüttelte den Kopf und schob sich einen weiteren Zimtstern in den Mund. „Was wollen wir an Weihnachten machen?“, interessierte er sich nuschelnd.
„Kino?“ Kersten hob bei seinem Vorschlag fragend die Brauen.
„Warum nicht? Gibt ein paar Filme, die mich reizen.“
Betty schmiegte sich an Jens und ließ ihre Hand sanft über seinen Körper gleiten. „Dich reizen Filme?“, fragte sie provokativ.
Jens lachte und gab ihr einen Kuss. „Ja, auch Filme können reizen ...“
Betty erwiderte und vertiefte den Kuss, während ihre Hand langsam an Jens Körper abwärts wanderte.
„Komm, lass uns nach unten gehen. Das ist ja nicht mit anzusehen.“ Bernadette griff entschlossen nach dem Plätzchenteller und winkte Kersten mit sich. Dieser sah Betty und Jens noch ein paar Sekunden zu, bevor er sich mit einem kaum hörbaren Seufzen der wartenden Dunkelhaarigen anschloss und mit ihr aus dem Zimmer ging, um die beiden Frischverliebten alleine zu lassen.

Für ihn ungewohnt früh stand Kersten am nächsten Morgen bereits um 9 Uhr auf und schlurfte noch halb schlaftrunken in die Küche. Sein gebrummtes „Morgen“ war kaum zu hören, doch Kerstens Mutter lächelte und fragte erwartungsvoll: „Du willst also doch mithelfen, den Baum zu schmücken?“
„Nee ...“ Kersten schüttelte den Kopf und griff nach dem Müsli auf dem Sideboard hinter ihm. „Wir gehen ins Kino.“ Die Mutter nickte nur kurz, holte die Milch aus dem Kühlschrank und stellte sie vor ihrem Sohn ab.
„Aber sei pünktlich wieder zuhause. Wir treffen uns um 18 Uhr bei Oma zum Abendessen und du weißt ja, dass sie es nicht ausstehen kann, wenn ihr Fleisch kalt wird. Noch dazu am Heiligabend.“
„Schon klar.“ Wortkarg schnappte sich der Teenager Milch, Müsli, Schüssel und Besteck und verschwand in seinem Zimmer. Während er das Frühstück in sich hineinlöffelte, las er die SMS, die Bernadette ihm geschickt hatte und er grinste. Das Mädchen war immer geradeheraus und auch, wenn er den Uninteressierten mimte, gefiel sie ihm, sehr gut sogar. Schnell war eine SMS zurückgeschickt und der Treffpunkt mit den anderen in der Innenstadt für kurz nach 11 Uhr ausgemacht.

Dass Weihnachten war, stand über die ganze Stadt geschrieben. Nicht nur durch die Schneeflocken, die sacht und leise herabrieselten und sich auf alles legten, was nicht durch Gegenmaßnahmen in Form von Streusalz oder Ähnlichem gesichert war, sondern auch durch die Girlanden, Sterne, Engel und Nikoläuse, die Geschäfte und Häuser gleichermaßen zierten. Christbäume streckten sich an den größeren Plätzen dem Himmel entgegen und standen wie Wächter hell beleuchtet neben den Christkindlmärkten, die unweit der Riesentannen zum Staunen, Kaufen, Bummeln und Verweilen einluden. Der Duft von Glühwein, Zimt und Nelken hing ebenso in der Luft wie der von heißen Maronen, gebrannten Mandeln und Zuckerwatte. Und über allem schwebte eine bunte Mischung aus weihnachtlichen Klängen, die von kleinen Orchestergruppen stammten, die in güldene Kleidung gewandet durch die Fußgängerzone wandelten, ebenso wie von den verschiedensten Weihnachtsliedern, die aus den Kaufhäusern und von den Christkindlmärkten schallten, vermischt mit vereinzelten modernen, rockigen Tönen der wenigen Geschäfte, die nichts mit dieser Jahreszeit zu tun haben und sich bewusst anders darstellen wollten.

Auch die vier Teenager konnten sich diesem Zauber nicht gänzlich entziehen. So hatte Kersten sich mit seinem Wunsch durchgesetzt, die noch reichlich verbleibende Zeit bis zum Beginn des Films dazu zu nutzen, das Kino über den Umweg Christkindlmarkt am Rathaus anzutreten, und nun standen die beiden Mädchen vor einer der Bretterbuden, in der bunte Christbaumkugeln, goldener Weihnachtsschmuck und verzierte Fenstergläser angepriesen wurden, ebenso wie selbstgeschnitztes Holzspielzeug und handgemachte Stoffpuppen.
„Schau mal, der sieht doch aus wie du!“ Betty zeigte entzückt auf einen der kleinen Engel, die als Schmuck für den Christbaum gedacht waren und der beim näheren Hinsehen tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit Jens aufwies. Dieser warf nur einen kurzen Blick auf den Engel und schüttelte gleich darauf entschieden den Kopf.
„Unsinn“, war alles, was er dazu sagte, bevor er seinen Blick über die anderen Stände schweifen ließ, auf der Suche nach etwas, das ihn mehr interessierte.
„Ich kaufe ihn“, entschied Betty, die auch sogleich der Verkäuferin ihren Wunsch antrug. Sehr schnell war der Handel abgeschlossen und Geldschein und Tütchen mit darin verpacktem Engel wechselten problemlos ihre Besitzer.
„Wie wär’s mit Glühwein?“ Jens wies mit der Hand hinüber zu einem Stand, um den sich eine Traube Menschen versammelt hatte, von denen jeder einen dampfenden Becher in der Hand hielt.
„Versuchen können wir’s ja“, entgegnete Kersten. „Zur Not halt antialkoholisch.“
Und genau Letzteres wurde es, da die Verkäufer trotz Heiligabend gerade mitten vor dem Rathaus sehr genau auf das Alter ihrer Kundschaft achteten.
„Der ist auch lecker.“ Bernadette nippte an dem heißen, süßen Getränk, während Jens die Gruppe ein wenig zur Seite dirigierte, wo sie mehr Platz für sich hatten. Auch er nahm genüsslich einen Schluck und sog gleich darauf die kühle, mit den verschiedensten Düften des Christkindlmarktes vermischte Luft ein und meinte: „Irgendwie ist das hier schön, so kitschig es auch ist.“
Betty knuffte ihn in die Seite und schmiegte sich eng an ihn. „Das ist nicht kitschig, das ist Weihnachten.“
Jens lachte bevor er seinen Kopf hob, als sich etwas unvermittelt vor die mittägliche Sonne schob.
„Ist das eine Weihnachts-Show?“ wollte Kersten wissen, der nun auch gen Himmel blickte, an dem sich mit einem Mal unzählige fliegende Gebilde einfanden, die metallen glänzten und schimmerten.

Mit ihrer kantigen, streng geometrischen Form wirkten die Gebilde futuristisch, wie fliegende Prismen und doch passten sie durch das sich auf den zahlreichen Oberflächen reflektierende funkelnde Sonnenlicht zu dem weihnachtlichen Treiben. Immer mehr Augen richteten sich nun nach oben und Erstaunen, aber auch Irritation erschienen auf den Gesichtern. Von den Gebilden, die keinerlei sichtbare Rotoren, Flügel oder ähnliche Antriebshilfen aufwiesen, die sie eindeutig als Flugzeug, Zeppelin oder Hubschrauber hätten identifizieren lassen, fanden sich aus allen Richtungen kommend immer mehr am Himmel ein, ohne dass sie einander berührt hätten. Vielmehr führten sie eine Art Formationstanz auf mit präzise ausgeführten symmetrischen Figuren, die die Gebilde kunstvoll aneinander vorbeigleiten ließen.
„Keine Ahnung, aber das ist der Wahnsinn!“, stieß Jens mit einem Seitenblick auf seine Freunde begeistert aus, bevor er seine gesamte Aufmerksamkeit wieder dem Geschehen am Firmament zuwandte.
Hände reckten sich an vielen Stellen gen Himmel, Fremde machten einander gestikulierend und wortreich auf die Flugobjekte aufmerksam und Kinder wurden von ihren Vätern oder Müttern auf die Schultern gehoben, damit sie das Spektakel besser verfolgen konnten.
Die prismenähnlichen Gebilde tanzten umeinander, schafften Platz für die neu Hinzukommenden und sammelten sich schließlich langsam in konzentrischen Kreisen schwebend um eine sich nicht bewegende Einheit. Wie auf ein unsichtbares Kommando umschlossen die Gebilde des innersten Ringes diese zentrale Einheit, berührten sie und verschmolzen mit ihren Seiten. Es folgten die Prismen des nächsten Ringes, die sich in gleicher Präzision mit dem Kerngebilde verbanden und dieses weiter vergrößerten. So wie auch die Gebilde der weiteren Ringe rasch folgten, verdunkelte sich der Himmel immer weiter, bis nichts mehr von ihm zu sehen war. Anstelle des Himmels konnten die Menschen auf dem Rathausplatz nur noch ein einziges gigantisches Riesengebilde aus massivem Metall erblicken, das bedrohlich über dem gesamten Rathausplatz schwebte. Nur kurz verharrte es an Ort und Stelle bevor es sich langsam den Menschen entgegensenkte. Unwillkürlich zogen einige der Zuschauer die Köpfe ein, andere dagegen konnten den Blick nicht abwenden. Wieder andere suchten bei den Marktständen nach etwas, auf das sie ihre Aufmerksamkeit lenken konnten.
„Irgendwie ist das unheimlich“, flüsterte auch Bernadette, die im nächsten Moment die anderen anstupste und meinte: „Lasst uns lieber von hier verschwinden ...“

Sie hatte kaum ausgesprochen, da erscholl von dem Metallgiganten ein atonales dröhnendes Brummen, das den gesamten Platz vibrieren ließ und jeden bis ins Mark erschütterte. Das bedrohliche Brummen steigerte sich schnell und wuchs zu einem schrillen, ohrenbetäubenden Kreischen an, das unzählige Personen auf dem Christkindlmarkt aufschreien und instinktiv flüchten ließ. Zu dem infernalen Getöse gesellten sich regelmäßig und immer schneller ausgestoßene grelle Lichtblitze, die unbarmherzig herabzuckten. Panik griff in Sekundenschnelle um sich und breitete sich rasant aus. Menschen rannten wild durcheinander, stießen sich um und trampelten wie blind übereinander hinweg. Einige pressten sich die Ohren zu und sackten im nächsten Moment ohne ersichtlichen äußeren Grund in sich zusammen. Andere sahen mit schreckgeweiteten Augen nach oben, hin zu dem glänzenden Riesenobjekt, von dem der unerträgliche Lärm und die schmerzende Grelligkeit ausging, starr und unfähig sich zu bewegen bis sie beiseite geschubst und überrannt wurden. Die vier Teenager schoben sich gegenseitig vorwärts, die beiden Mädchen laut schreiend, die Jungs mit blasser entsetzter Miene, fassungs- und verständnislos, was um sie herum geschah. Die flüchtende Menge riss Bernadette mit sich, die wild mit den Armen fuchtelnd versuchte, zu ihren Freunden zurückzukommen. Der ohrenbetäubende Lärm übertönte das Rufen des Mädchens, doch die Zurückgebliebenen konnten erkennen, wie Bernadettes Lippen immer wieder den Namen „Betty!“ formten.
„Wir müssen hinterher!“ schrie Betty. Doch sie blieb gleichermaßen ungehört. Rasch zerrte sie an Jens Ärmel und wiederholte ihre Worte schreiend in dessen Ohr. Jens nickte und machte Kersten ein Zeichen, auf das hin sie sich mit dem Strom kopflos Flüchtender mitreißen ließen, in Bernadettes Richtung, die sich nun wild um sich schlagend immer weiter von ihnen entfernte bis sie plötzlich gänzlich aus ihrem Blickfeld verschwand.
„Wo ist sie hin?“ Blankes Entsetzen stand nun in das Gesicht der Rothaarigen geschrieben, die fest von ihrem Freund umklammert wurde, damit sie nicht auch noch von den Massen mitgerissen und möglicherweise zertrampelt wurde.
„Da rüber!“ rief Jens, der Betty aus dem Strom der Panischen heraus und mit sich hinter die nächste Bretterbude zog, wo er sich gepresst atmend an die dahinter befindliche glatte Häuserfassade lehnte und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Auch Kersten gelang es, sich aus der von Panik angestachelten Menge zu winden und neben seinen Freunden Schutz zu suchen.
„Was machen wir jetzt bloß? Wir müssen zu Berni!“ Bettys Stimme an Jens Ohr war mehr ein Wimmern, ihr Gesicht war angstverzerrt, während sie sich an ihren Freund klammerte und förmlich in ihn zu kriechen suchte, als könnte sie dort Schutz vor dem Unerwarteten finden.

Doch eine Antwort sollte nicht mehr erfolgen, weil genau in diesem Moment das Bombardement begann. Alles übertönend schlugen hypermoderne Bomben mit hoher Präzision auf dem Rathausplatz ein und zerfetzten in Sekundenbruchteilen alles, was organisch oder auch anorganisch war, machten alles dem Erdboden gleich. Das noch kurzzeitig ertönende anschwellende Schreien der Menschen ging im Lärm der unbarmherzig einschlagenden Waffen unter, bevor es innerhalb nur weniger Sekunden gänzlich erstarb. Exakt 44 Sekunden lang schossen Bomben in irrwitzig kurzen Intervallen aus den gleichmäßig verteilten Öffnungen an der Außenhaut des Riesengebildes. Exakt 44 Sekunden lang rasten die freigesetzten Bomben ihren Zielen entgegen und trafen auf Menschen, Tiere, Gebäude, Denkmäler, Fahrzeuge und Bäume gleichermaßen und zerstörten sie mit einem Schlag bis nahe zur Unkenntlichkeit. Exakt 44 Sekunden lang feuerte das metallene riesige Gebilde auf die darunterliegende Stadt. Exakt 44 Sekunden lang tobte die Hölle auf Erden bevor das Bombardement schlagartig eingestellt wurde. Nur Sekunden später teilte sich die über der Stadt schwebende metallene Rieseneinheit und ungezählte funkelnde Untereinheiten flogen mit hoher Geschwindigkeit in verschiedene Richtungen davon.

Es dauerte lange, bevor sich die dichten und giftigen Rauchschwaden legten und Blick auf den verwüsteten Rathausplatz freigaben. Der vor dem nun zerstörten Rathaus platzierte Christbaum mit seinen Hunderten von Lichtern war nur noch als ein Stück verkohltes Holz zu erkennen, das sich wie ein mahnender Finger gen Himmel richtete. Die bunten Buden und Stände waren verschwunden. An ihre Stelle war ein breitverteilter Schutthügel getreten, der nicht nur von den zerfetzten und zerstörten Überresten der Verkaufsstände und der dargebotenen Waren unterschiedlichster Art durchzogen wurde, sondern auch von verkohlten Überresten ehemalig menschlichen und tierischen Lebens. Über dem gesamten Platz hing der Geruch des Todes, der Verwüstung und der Zerstörung, der Geruch nach Blut, verbranntem Fleisch, vermischt mit chemischen, metallischen und nicht einzuordnenden fremdartigen ätzenden Gerüchen, die jedes Lebewesen schnell zum Erbrechen gebracht hätte. Und es war still, gespenstisch still. Lediglich ein leises Knarren, Knacken, Knistern und Rieseln war von verschiedenen Stellen des Schutthügels zu vernehmen als die letzten aufgewühlten Überreste sich langsam zur Ruhe betteten.

Auf der großen Leinwand im Auditorium des Msch-Zzkk-Ull-Gebäudes verfolgten die Anwesenden, von denen die meisten noch keine 10 Jahre alt waren, gebannt die Großaufnahme des zerstörten Rathausplatzes. Die Kamera, die das Ganze offenbar aus größerer Höhe aufgenommen hatte, zoomte jetzt nahe an die Überreste heran und die Jungen konnten beim langsamen Schwenk über den Platz Splitter von geschmolzenen verklumpten Christbaumkugeln erkennen, verbrannte Stoff- und Lederfetzen, verkohltes Holz, verschmorten Kunststoff, erstarrte, verkohlte abgerissene Finger und andere Körperteile sowie zur Unkenntlichkeit verbrannte sonstige menschliche und tierische Überreste.

„Das war das letzte Weihnachten der Menschen.“ Während die ältere Frau, die sich mit der linken Hand auf einen Stock stützte, diese Worte mit brüchiger Stimme langsam und einzeln betonend in das Mikrofon sprach, zoomte die Kamera in gleichmäßigem Tempo heraus und zeigte in zusehends immer geringerer Vergrößerung den zerstörten Rathausplatz, das verwüstete Innenstadtviertel und die Stadt, die komplett in Schutt und Asche lag, bevor das Bild verschwand und lediglich noch die weiße Leinwand zu sehen war. Zunächst herrschte absolute Stille, so dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Doch dann brandete der Applaus los, in Form von Klackern und Sirren, das den gesamten Saal erfüllte. Die Frau auf dem Podium, die sich nur schwer auf den Beinen halten konnte, verzog stumm das Gesicht, während sie die etwa lammgroßen spinnenähnlichen Wesen beobachtete, die auf dem Boden des Raumes verteilt saßen und nun ihrer Begeisterung darüber freien Lauf ließen, dass ihr Volk die Menschen besiegt und versklavt hatte, eine Tat, die genau an diesem Tag vor 60 Jahren verübt worden war und der alljährlich mit großen Feierlichkeiten gedacht wurde.
„Ich habe es versucht“, murmelte die grauhaarige Frau, deren Gesicht von Narben entstellt und gezeichnet war, während ihre faltige Hand sich langsam und zittrig auf den Anhänger an ihrem Hals legte. „Und ich werde es weiter versuchen, Jahr um Jahr, bis sie begreifen, was sie getan haben ...“ erneuerte sie flüsternd ihr Versprechen, während sich ihre Finger sanft um den ramponiert wirkenden Engelanhänger schlossen.


Autor: Akira Akarui
Von Word gezählte Wörter: 3.507 (exklusive Titel)
 

hakuryu

blauer Drache
Otaku Veteran
Weihnachten mit Hindernissen

Weihnachten mit Hindernissen

Das Jahr war mal wieder viel zu schnell vergangen. Nicht dass nicht viel passiert wäre das Jahr über, aber dass es so flott ging hatte jetzt keiner gedacht. Elsa hatte schon im Sommer vorgehabt alle Geschenke zu besorgen, doch irgendwie war nichts draus geworden. Jerry lebte wie immer in den Tag hinein und war am ersten Advent erstaunt dass sie die erste Kerze am Kranz angezündet hatten beim Kaffeetrinken. Leika wagte die ersten Schneeprognosen für heilig Abend. Nur war das fraglich, immerhin hatte es draußen auf dieser Seite der Erdhalbkugel eigentlich Sommer. Mit Schnee war also nicht wirklich zu rechnen bei 36 Grad im Schatten. Der Einzige der nur verständnislos den Kopf schüttelte war Mac. Er war sowas wie der Gastvater der Drei. Dieses Jahr hatte er also eine Multikulti Familie in seinem Haus. Genauer gesagt hatte er eine Farm im australischen Out back. Im Umkreis von 200 Meilen war nichts als Wildnis. Abgesehen von der Bananenfarm die nur 50 Meilen nordöstlich lag und sporadisch verteilten kleineren Gehöften mit immer noch vielen hundert Morgen Land.

Mac war noch recht jung mit seinen 32 Jahren. Eine Frau hatte er nicht und demnach auch keine Kinder. Stören tat es ihn nicht. Schon seine Eltern hatten jedes Jahr Rucksacktouristen aufgenommen. Er führte diese Tradition fort. Die Beiden waren zu seiner Schwester nach Sydney gezogen. Immerhin war Mac der Nachzügler von insgesamt sechs Kindern gewesen und sie schafften es mit ihren 76 und 79 Jahren nicht mehr die Farm zu führen. Seine Geschwister hatten kein großes Interesse gehabt die Farm weiter zu führen. Von der riesigen Schafzucht mal ganz zu schweigen. Über 3000 Tiere nannte Mac sein Eigen. Und die Touristen, beziehungsweise die Workhollidayer, halfen ihm bei seinen Arbeiten. Einige Angestellte lebten und arbeiteten natürlich auch mit auf seinem Hof. Allein wäre das ja auch gar nicht zu schaffen. So hatte er dieses Jahr drei junge Leute für drei Monate zum Arbeiten auf seinem Hof. Länger durften sie nicht am Stück an einer Stelle arbeiten. Doch hatten seine Helfer noch ganze zwei davon vor sich.

Zunächst war da Elsa. Die 21 jährige Deutsche überbrückte ein Wartejahr bevor sie ihr Studium begann. Sie war ein lebenslustiges Mädchen das immer akribisch alles plante und mit Eifer bei der Sache war. Nur verursachte sie so einiges Chaos, denn sie plante zwar, aber meistens klappte davon nicht viel. Hier draußen war das auch schwierig. Sie war die Kleinste der Drei, mit roten krausen Haaren und blasgrünen Augen stach sie regelrecht hervor. In der Stadt zog sie immer einiges Aufsehen auf sich.

Jerry war ein großgewachsener Amerikaner mit indianischer Abstammung. Seine aristokratischen Züge mit der Adlernase und den langen schwarzen Haaren, passten ganz gut auf die Farm. Dabei war er gerade mal 23 Jahre alt. Es wirkte fast als ob er nie woanders gewesen war und schon immer hier her gehörte. Er war etwas schweigsam, sah aber Arbeit und bewies sogar einen feinen Sinn für Humor. Mac hatte den Eindruck dass er ihm am Ende der drei Monate noch daran erinnern müßte sich eine neue Stelle zu suchen. Er mochte den Indianer. Vielleicht konnte er ihn dazu bewegen hier zu bleiben nach seinem Jahr.

Leika war eine quirlige Russin. Flachsblondes Haar und blaue Augen. Kurven wie ein Model. Und kein Interesse an Männern, sehr zum Nachsehen der Männer in der Stadt, die sie schon so manches Mal vergeblich angegraben hatten. Sie hatte Kraft die man ihr nicht ansah. Das Leika noch dazu Kampfsportlerin war, die es in Karate zum schwarzen Gürtel gebracht hatte, glaubte man ihr kaum. Sie war die Älteste mit ihren 25 Jahren. Dass es in Australien Sommer war, störte sie nicht im Mindesten und doch war sie immer noch im Wintermodus. Sehr zur Belustigung von Elsa, Jerry und Mac.

Doch nun stand das Weihnachtsfest vor der Tür. Eine Woche war noch Zeit bis zum 24sten. Es gab noch eine ganze Menge zu tun. Die Farm mußte auf Vorderman gebracht werden, gut 100 Schafe sollten noch verkauft werden, die Zäune mußte ausgebessert werden, vom Verkauf des hergestellten Käses auf dem Wochenmarkt mal ganz zu schweigen. Und die Wolle mußte auch verarbeitet werde. Zudem hatten die letzten Mutterschafe gerade ihre Lämmer geboren und wilde Hunde streunten in der Gegend rum. Viel zu tun also.
Die drei Hollidayer wollten aber noch kleine Päckchen für zu hause packen und verschicken. Und jeder hatten andere Vorstellungen von Weihnachten. Elsa bestand regelrecht auf einen traditionellen Weihnachtsbaum und das die Bescherung am 24sten war, Leika war der Meinung das Väterchen Frost erst am sechsten Januar kam um alle zu beschenken und Jerry war es nicht geheuer Päckchen zu packen statt Socken an den Kamin zu hängen, zumal diese erst am 25sten gefüllt waren. Nur hatte das Farmhaus keinen Kamin. Es gab eine offene Feuerstelle über der gekocht wurde und in den Räumen standen Öfen. Naja, irgendwie würde das schon klappen alles unter einen Hut zu bekommen.
Zunächst müßten aber die Zäune ausgebessert werden. Reiten konnten mittlerweile alle. Wenn auch Leika das nur leidlich konnte und öfter runterfiel als ihr lieb war. Zu stolz um nach den uralten Geländewagen zu fragen, schwang sie sich immer wieder in den Sattel. Zum Glück hatte sie eine alte Stute die gewöhnt war Nichtreiter auf dem Rücken zu haben. So zuckelten alle Vier die Zäune entlang auf der Suche nach Löchern. Mac hatte eine Art Schleppe an seinen Sattel gebunden worauf er das benötigte Material beförderte. In den Satteltaschen fand sich der Rest den sie brauchen wie Nägel, Hämmer, kleine Klemmen für den Stromzaun der an der Innenseite entlang lief und auch einige Rollen Weidezaun.
"Was gibt es eigentlich bei euch immer zu Weihnachten zu essen?"
"Bei uns gab es immer Lamm. Naja, bei so vielen Schafen ist das klar."
"Wenn Väterchen Frost kommt trifft sich immer das ganze Dorf und wir essen alle gemeinsam. Jeder bringt etwas mit. Alles was den Sommer über eingelagert wurde. Viel Brot mit Schmalz, Broschs, Fisch und vielen Kuchen. Wir sprechen uns vorher immer ab wer was mitbringt, nicht das wir von manchen Sachen zu viel haben. Es ist ein riesiges Fest und die Kinder bekommen selbst gemachte Kleinigkeiten wie Mützen, Puppen, Kissen oder Kuscheltiere. Wie sieht es bei dir aus Jerry?"
"Also bei mir zu hause gibt es am Heiligen Abend ein gemeinsames Essen im Kreise der Familie, aber etwas Bestimmtes haben wir nicht. Jedes Jahr gibt es was anders. Bei den Meisten wird gebetet. Zu hause nicht, wir beten andere Götter an. Trotzdem gehen wir zur Mitternachtsmesse um uns das Krippenspiel anzusehen. Schon komisch mit der Krippe und so. Und am nächsten Morgen hängen die gefüllten Socken über dem Kamin. Warum fragst du Elsa?"
"Naja, bei uns in Deutschland gibt es da verschiedene Traditionen. Bei einigen gibt es nur Kartoffelsalat mit Würstchen. Andere essen nur Fisch. Gänsebraten steht bei den Meisten auf dem Tisch, doch das ist uns immer zu viel und zu fettig. Wir machen jedes Jahr Kaninchen mit Klößen, Kartoffel, Rotkohl und Grünkohl."
"Ist das nicht ein wenig zu deftig?"
"Nein Jerry, man muß sich ja nicht so vollstopfen."
"Also wirklich bei jedem etwas anderes. Und dann nicht mal die Bescherung am selben Tag. Das kann ja noch lustig werden."
Mac mußte grinsen. Ihm war klar warum Elsa gefragt hatte. Immerhin mußten sie das was sie essen wollten noch gegebenenfalls einkaufen. Und genau das stand übermorgen an. Wenn sie es bis dahin geschafft hatten die Zäune zu überprüfen. Doch bei dem Tempo dürfte das noch eine Weile dauern.
"Was soll es denn nu am 24sten geben? Und wer soll das dann kochen?"
Ratlose Gesichter. Mac war es egal. Durch die Gastbewohner hatte er jedes Jahr etwas anderes gegessen. So kam er kulinarisch durch die ganze Welt. Abgesehen davon, kochen konnte er nicht wirklich. Zum Glück gab es da noch Nala. Die Eingeborene konnte hervorragend kochen und kümmerte sich um den Haushalt. Sie wohnte in der Einliegerwohnung im Haupthaus. Die anderen Drei bewohnten gemeinsam eines der Bungalows die für die Gäste bereit standen. Doch Mac hatte ein komisches Gefühl in der Magengegend. Irgendetwas stimmte nicht. Und mit diesem Gefühl hatte er noch nie falsch gelegen.

Wie recht et doch hatte sahen sie zwei Stunden später. Irgendjemand hatte, wahrscheinlich mit einem Quad, zwei ganze Zaunsfelder umgerissen. Hier mußte die Vier richtig anpacken und alles neu machen. Jerry fielen zuerst die Spuren auf. Reifenabdrücke die in das weitläufige Gatter führten waren klar, doch das viele Hufenpaare in die entgegengesetzte Richtung führten sollte eigentlich nicht sein. Da hatte wohl eindeutig einer Spaß am Schafe treiben gehabt. Jetzt galt es sie wieder einzufangen. Es war fraglich wie viele Tiere verschwunden waren. Immerhin wußte Mac um welchen Teil der Herde es sich handelte. Hier standen lediglich 100 Tiere. Doch das waren genau die die er eigentlich verkaufen wollte und das morgen.
"Leika, sei so gut und reite das Gatter ab und sieh nach ob noch welche da sind."
Sofort ritt die Russin los. An den Sattelknauf geklammert konnte sie auch bei langsamem Galopp nicht runterfallen. Nach einer halben Stunde war sie zurück. Keines der Schafe befand sich noch dort.
"Wie sollen wir die wiederfinden?"
"Wir brauchen Spuren. Die haben wir. Wenn wir denen folgen dürften wir sie schnell finden. Zumindest wenn sie nicht auf felsiges Gelände getrieben worden sind."
Jerry war pragmatisch wie immer. Doch er hatte schon eine Spur aufgenommen. Da Elsa erst zwei Tage zuvor alles abgeritten war konnte das Geschehen noch nicht lange zurück liegen. Regen war seit Monaten nicht gefallen. Alles war staubtrocken. So blieben Spuren lange zu sehen, doch ob die frisch waren war dadurch aber leider nicht zu sagen. Leika entdeckte eine kleine Wolke am Horizont und machte die anderen aufmerksam. Mac sah zur Sonne.
"Die sind in Richtung Norden unterwegs. Das dürften die Schafe sein und dort drüben ist der Unruhestifter."
Damit wies er auf einen flimmernden Schatten der etwas Unterhalb der Staubwolke zu sehen war.
"Elsa, du reitest zurück und holst Dingo, Jalal und Kojak. Reite dann in Richtung Plantage, dort lasse die Drei dann suchen wenn du die Herde nicht siehst oder Spuren findest. Leika du begleitest sie. Du nimmst die Straße mit dem Jeep und dem Anhänger wir werden die ganze Bande aufladen. Jerry, du folgst der Spur und versuchst sie zusammen zu halten. Ich werde dem Kerl dort mal gehörig die Meinung geigen."
Damit trennten sie sich vorläufig. Elsa ritt wie der Teufel persönlich. Glücklicherweise waren die Pferde das hiesige Klima gewöhnt. Nach einer Stunde hatte sie den Hof erreicht.
"Hazel! Hazel! Schnell, Ich brauche ein ausgeruhtes Pferd. Da sind Schafe ausgerissen. Wo sind die Hunde?"
"Nimm den Braunen da. Hunde hole ich. Mach schnell, den Rest übernehme ich."
"Leika wird auch gleich kommen, sie braucht die Schlüssel für den Jeep. Den Anhänger brauchen wir auch."
"Ich kümmer mich drum."
Schnell sattelte Elsa einen der Braunen und Hazel brachte die Bordercollies. Das waren richtige Arbeitstiere. Nicht so wie die in bei ihr zu hause. Hier taten sie das wofür sie gezüchtet waren. Das Hüten von Schafen. So waren sie ausgelastet und stellten nichts an, wie Zeitungen zerfleddern oder Sofas annagen. Unverzüglich machte sie sich auf den Weg zur Plantage. Die Hunde freuten sich über den Ausflug.
Leika kam wenig später an. Sie half noch beim Ankuppeln des Anhängers und machte sich ebenfalls auf den Weg. Unterdessen hatte Jerry die Herde im Blick. Es war leicht gewesen der breiten Spur zu folgen wenn man sie einmal im Blick hatte. In weitem Bogen umritt er die Tiere. Keines fehlte. So brauchte er nur darauf achten das keines wieder ausbrach. Gar nicht so leicht ohne Hunde, doch Hilfe war schon unterwegs.

Auch Mac hatte den Unruhestifter fast erreicht. Doch etwas war seltsam. Der Kerl flüchtete nicht mal und das obwohl der Motor noch vor sich hin tuckerte. Als er dicht genug dran war, bemerkte er die zusammengesunkene Gestalt die hinter dem Lenker hing. Und das buchstäblich. Sein Nachbar hatte sich wohl irgendwie verhakt und war darum nicht runtergefallen.
"Hey Jeff, das war mein Zaun und meine Schafe die du da um gekachelt und vertrieben hast. Jeff? Hey alles in Ordnung mit dir?"
Schnell war der Australier aus dem Sattel und bei dem Fahrer. Der saß bewußtlos hinter dem Lenker. Vorsichtig hob er ihn runter und legte den älteren Mann zu Boden. Ein Spritzer Wasser im Gesicht brachte den Mann zurück. Mit glasigen Augen und ohne zu verstehen was geschehen war sah er Mac an.
"Jeff, was ist passiert? Dein Herz?"
"Nein... Schlange... Braunnatter."
Die geflüsterten Worte waren fast zu leise um sie zu verstehen, doch dann handelte Mac sehr schnell. Er hatte immer Gegengift in seiner Satteltasche. In jeder Satteltasche, bei jedem einzelnem Sattel den er besaß. Schnell zog er eine Spritze mit dem Antidot auf und verabreichte sie Jeff. Das nächste Krankenhaus war mehr als 500 Kilometer entfernt. So sagte niemand etwas wenn ein Leihe eine Spritze setzte. Trotzdem brauchte der Mann einen Arzt. Also würde er den Jeep brauchen. Die Schafe würden wohl seine Gastarbeiter zurück zum Gatter bringen müssen. Über Satelitentelefon rief Mac seinen Jeep an und bestellte Leika zu sich. Kurz und Knapp schilderte er das Geschehen, gab ihr Anweisungen was zu tun war und drückte ihr die Zügel seines Pferdes in die Hand. Dann verschwand er mit Jeff in Richtung Straße.
Jerry war aufgefallen das der Jeep nicht in seine Richtung kam. In langsamen Kreisen umrundete er noch immer Die Herde, stets darauf bedacht keines entwischen zu lassen. Dann kam Leika auf dem Pferd von Mac zu ihm und berichtete was passiert war. Kurz darauf erreichte auch Elsa mit den Hunden die Schafe. Auch sie wurde in knappen Worten in Kenntnis gesetzt und sie machten sich mit Hilfe der Hunde daran die Herde zur Farm zurück zu treiben. Das war alles andere als leicht. Doch die Hunde wußten was sie taten und kurz vor Sonnenuntergang erreichten alle völlig fertig die Farm. Das kleine Verkaufsgatter am Rande diente jetzt als 'Auffanggatter' für die Tiere. Todmüde betraten die Drei das Haus, natürlich erst nachdem sie sich um die Pferde gekümmert hatten. Ein angenehmer Duft von frisch gebackenem Brot und gebratenem Fleisch wehte ihnen entgegen. Nala hatte sich schon gedacht das ihre Gäste Hunger hatten. Leika klagte über Schmerzen im Gesäß. Auch Elsa gab zu das sie so langes reiten an Stück nicht gewohnt war und sie sich nur noch freute ins Bett zu kommen. Selbst Jerry sah müde und erschöpft aus.
"Wie lange wird es dauern bis Mac zurück ist?"
"Kommt drauf an wohin er gefahren ist."
"Er mußte seinen Nachbarn ins Krankenhaus bringen. Eine Braunschlange hatte ihn gebissen."
"Dann ist er nicht vor vier die Nacht zurück. Legt euch schlafen, ich mache den Rest."
"Danke Nala. Hoffentlich kommt Mac noch rechtzeitig. Morgen wollten wir die Schafe zu ihrem neuen Besitzer bringen."
"Es wird schon alles gutgehen. Hop hopp ins Bett mit euch."

Doch leider kam es mal wieder anders als gedacht. Auf dem Rückweg blieb Mac mit dem Wagen liegen. Er konnte zwar eine ganze Menge reparieren, doch gegen einen Kolbenfresser konnte selbst er nichts machen. Auch das Abschleppen dauerte eine ganze Weile, dann noch einen anderen Wagen auftreiben. Erst am Mittag war er zurück. Den Käufer hatte er Bescheid gegeben das es später werden würde. Doch leider konnte dieser am Nachmittag nicht und auch die Tiere die nächsten Tage nicht abholen. Sehr zum Missfallen von Leika, die sich dann aber doch fügte, schlug Jerry vor das sie es doch wie am Vortag vorgehen könnten. Ein kurzer Anruf beim Kunden und sie durften loszuckeln. Zu Viert ging das natürlich noch leichter und Mac machte das nicht zu ersten Mal. Elsa, Jerry und Leika rutschten zu Anfang unruhig ihn ihren Sätteln hin und her. Allen Dreien tat die Kehrseite höllisch weh. Doch nach einer guten halben Stunde im Sattel war der Hintern taub und sie hatten keine Probleme mehr damit.
Wie es nun mal im Out back ist, liegen die einzelnen Gehöfte nicht gerade dicht beieinander. Sie hatten gute 100 Kilometer vor sich. Also ganze zwei Tage hin, zurück dürfte das etwas schneller gehen, wenn sie Glück hatten. Unterwegs unterhielten sie sich wieder über Weihnachten. Was sie essen wollten wußten sie immer noch nicht. Doch sobald sie zurück wären müßte das feststehen, damit Nala das noch kochen konnte. Unterwegs kamen sie nicht umhin die wunderschöne Landschaft zu betrachten. Zwar konnten sie unterwegs nicht den Uluru (Ayers Rock) sehen, dazu waren sie zu weit weg, aber doch einige schöne Gebirgszüge in der Ferne. Mehrere Wasserlöcher wurden passiert, sogar an einem Salzsee kamen sie vorüber und auch ein Fluss lag in ihrem. Zum Glück war der fast ausgetrocknet, so wären die Krokodile leicht zu sehen gewesen. Mac meinte dass es diese am Oberlauf noch in großer Zahl geben würde. Jeder der drei Gastarbeiter war froh keine der Echsen zu sehen. Das hätte schief gehen können und keiner wollte Weihnachten im Krankenhaus verbringen. So konnten sich alle erfrischen und die Wasservorräte auffüllen. Den Schafen schien die Wanderung nicht viel auszumachen. Dingo, Jakal und Kojak hatten ihren Spaß und die Menschen schwitzten unter ihren Hüten.
"Ist es bei euch immer so heiß im Winter?"
"Bei uns ist gerade Sommer Leika."
"Weihnachten im Sommer, dass muß ich erstmal verarbeiten. Irgendwie vermisse ich den Schnee. Wenn ich wieder nach hause komme ist da dann auch Sommer."
"Keine Sorge, auch bei uns gibt es Schnee."
"Nur nicht hier!"
Schelmisch lächelte Mac die Deutsche an. Jerry hatte dabei den Nagel auf den Kopf getroffen. Selbst im Winter wurde es in den Ebenen nicht so kalt das Schnee fiel, eher war es so dass es viel regnete. Das sogar manchmal tagelang.
"Aber Weihnachten ohne Schnee, oder wenigstens Kälte ist kein richtiges Weihnachten."
"Was spricht denn dagegen Weihnachten in Bikini zu feiern?"
"Ich dachte bei euch gibt es kein Weihnachten?"
"Tut es ja auch nicht. Doch es halten immer mehr europäische Sitten und Gebräuche bei uns Einzug. In einigen Familien feiern die sogar beides. Zumindest daran könnte ich mich gewöhnen."
"Und dann zwei Mal Geschenke abgreifen?"
"Warum nicht? Ich glaube sooo schlecht ist dann dieses Weihnachten dann doch nicht."
Bei Leika's Überlegungen mußte sie alle Lachen. So verging die Zeit wie im Fluge. Am Ende des zweiten Tages erreichten sie den Hof des Käufers. Alle Schafe hatten den Marsch gut überstanden und waren in einem top Zustand. Am Abend gab es dann ein großes Barbecue gemeinsam mit der ganzen Familie des Käufers. Immerhin kam es nicht alle Tage vor das der Verkäufer die Tiere persönlich vorbei brachte und das auch noch über die Weiden.

Jetzt waren es nur noch drei Tage bis Weihnachten. Es waren immer noch keine Geschenke gekauft oder in Richtung Heimat geschickt. Auch stand immer noch nicht fest was es zu Essen geben sollte. Der Weg zurück zu Mac's Farm war auch noch zu bewältigen und dann blieb ihnen nur noch ein Tag bis zum 24sten. Doch der Käufer machte Mac ein unwiderstehliches Angebot. Sein Verwalter wollte über Weihnachten und Neujahr zu seinen Eltern nach Melbourne. Um ihnen die tagelange Rückreise zu Pferd zu ersparen, bot er ihnen an sie mitzunehmen. Der Vorschlag löste einen regelrechten Jubel aus. Die Pferde wanderten in einen Trailer, zusammen mit den Hunden, und am Mittag ritten sie die letzten zehn Kilometer zur Farm. Dort angekommen kam ihnen Hazel schon mit ernstem Gesicht entgegen. Die Vier befürchteten schon das schlimmste. Nala war die Treppe runtegestürtzt und hatte sich nicht nur den Fuß verknackst, sondern auch noch die rechte Hand gebrochen.
"Ich glaube dieses Jahr werden wir kein Weihnachten haben."
"Das wird schon. Wo haben sie Nala denn hingebracht? Wir könnten sie ja besuchen."
"Nebenbei auch hinterher noch alle nötigen Einkäufe machen."
"Gute Idee. Dann können wir vor Ort entscheiden was es geben soll."
"Ich hab eine bessere Idee. Wir könnten Lose ziehen wer was machen soll."
Mac hatte sowas wie eine Eingebung gehabt. Warum nicht jedem eine konkrete Aufgabe geben? So konnte sich jeder einbringen und Weihnachten wäre mal etwas anders als sonst die Jahre. Die Idee kam ganz gut an, Leika war mittlerweile auch im Weihnachtsfieber. Vier gleichgroße Hölzchen waren schnell gefunden. Hazel schrieb jeweils auf ein Hölzchen Essen, Geschenke, Baum und Aufräumen. Dann mußte jeder Ziehen. Tauschen war strengstens verboten. Die Angestellten würde helfen die Aufgaben zu bewältigen.
Über Stein-Schere-Papier legten sie fest wer beginnen durfte. Keiner wußte was Hazel aufgeschrieben hatte. Jerry zog zuerst. Er hatte die Geschenke. Elsa erwischte den Baum, Leika das Aufräumen und Mac das Essen. Keiner war froh über seine Aufgabe. Mac konnte nicht kochen, Elsa hatte keinen Schimmer woher sie die Tanne nehmen sollte, Leika verursachte nur Chaos beim aufräumen und Jerry hatte keine Idee was er verschenken sollte.
Zuerst stand aber noch der Besuch bei Nala an. Sie war beim hiesigen Arzt in der Nachbarstadt. Unterwegs konnte sich jeder Überlegen wie er seine Aufgabe ab besten erfüllen könnte. Nala freute sich über den Besuch und entschuldigte sich mindestens 1000 Mal das sie gefallen war und nun nichts für Weihnachten vorbereiten konnte. Sie müsse leider auch noch ein paar Tage bleiben.
"Keine Sorge Nala, Jerry sorgt für die Geschenke, Leika wird hinterher aufräumen, Mac kocht und ich soll einen Baum besorgen."
"Mädchen du scherzt."
"Nein. Wir haben Lose gezogen. Tauschen dürfen wir nicht. Hazel hat es verboten."
"Wessen Idee war das? Laß mich raten Elsa. HAZEL."
"Stimmt. Aber mach dir keine Gedanken darüber. So schwer kann kochen ja nicht sein."
So zuversichtlich wie Mac klang war er nicht. Beim kochen hatte er mehr als nur zwei linke Hände. Ihm brannte sogar Waser an. Doch wenn er sich an ein ganz einfaches Rezept wie Nudeln hielt, dürfte nicht viel schief gehen. Zumindest in der Theorie.
Nach dem Besuch bei Nala besprachen sie nun genau was es zu essen geben sollte und in welchem Umfang die Geschenke sein sollten. Das mit den Geschenken war schnell geklärt. Diese sollte nicht mehr als zehn Dollar kosten, dafür aber persönlich sein. Das Weihnachtsessen lief dann wirklich auf Nudeln raus. Doch alle Drei hatten da so ihre Bedenken ob selbst so etwas einfaches nicht doch schiefgehen konnte. Zum Einkaufen trennten sie sich. Nach guten eineinhalb Stunden hatte Elsa immer noch keine Tanne, geschweige denn einen Nadelbaum gefunden. Ein Kunstbaum stand für sie aber nicht zur Debatte. Zähneknirschend nahm sie dann einen kleinen buschigen Eukalyptusbaum im Topf.
Jerry stand vor einem ähnlichen Problem. Der Indianer kannte seine Kameraden noch nicht so gut als das er einfach etwas Persönliches hätte kaufen können. Zu seinem Glück hatte ihn Leika begleitet. Sie hatte den Blick für das Detail und beriet ihn. Gemeinsam fanden sie dann wirklich für jeden eine Kleinigkeit. Sogar etwas für Nala und Hazel fiel dabei ab.
Das größte Problem hatte allerdings Mac. Er stand vor dem Regal mit den Nudel und wußte beim besten Willen nicht welche von den vielen Sorten er nehmen sollte. Letztendlich entschied er sich für Dinklespagetti. Die Frage nach der Soße löste er in dem er einfach eine der Soßen griff die gleich daneben standen. Nur leider sah er nicht auf das Etikett. Dann ging es ans bezahlen. Doch wo war der Geldbeutel? Mac suchte alles durch, sämtliche Taschen, doch das Gesuchte blieb verschwunden. Frustriert ließ er die Sachen beim Kassierer stehen und machte sich auf die Suche nach seinen Gästen. Er fand sie in einem kleinen Café ganz in der Nähe vom Wagen. Alle Drei lachten nur und gaben ihm die paar Dollar die er brauchte. Gerade als Mac zum Laden zurückkam, wurde der geschlossen. Glücklicherweise war es derselbe Mann der die Sachen zurückgelegt hatte. So hatte es der Farmbesitzer dann doch noch geschafft für das Essen zu sorgen.

Zurück beim Wagen tat sich ein neues Problem auf. Die Schlüssel waren weg. Alles suchen half nichts. Kein Schlüssel weit und breit. Ein Taxi zur Farm würde viel zu viel kosten. Da mußten sie wohl oder übel in der Stadt bleiben. In einer Jugendherberge fanden sie schließlich noch ein paar Betten in einem der Schlafräume. Bequem was etwas anderes, aber besser als nichts. Nicht wirklich ausgeruht schauten sie noch kurz bei Nala vorbei. Sie war überglücklich die Vier noch einmal zu sehen. Mac hätte doch sein Geldbeutel und die Autoschlüssel bei ihr vergessen. Schallendes Gelächter ließ die Frau sie nur anstarren. Der Arzt der gerade das Zimmer betrat stutzte bei der Menge an Besuchern. Nach einer kurzen Untersuchung eröffnete dieser das Nala am selben Tag wieder nach hause durfte.
"Also wir hätten noch ein wenig Platz im Wagen. Wenn du magst nehmen wir dich mit."
"Da fragst du noch? Einer muß euch doch vor der Vergiftung seines Essens bewahren."
Dabei deutete sie grinsend auf Mac. Der nahm den Seitenhieb gelassen. Bei seinen linken Pfoten würden sogar die Nudeln als Grillkohle enden. Es dauerte noch ein wenig bis Nala startklar war. Auf der Farm anrufen würde nichts bringen. Hazel war bestimmt nicht im Haus. Der hatte genug mit dem Hof und den Tieren zu tun.
Gegen Mittag konnten sie starten. Es war mittlerweile der 24ste Dezember. Weihnachten. Die Sonne brannte heiß vom Himmel. Das Fahrzeug war an der Maximalgrenze. Ein Neuwagen hatte Mac ja in der kurzen Zeit nicht erstehen können, und vom bezahlen wurde gar nicht erst geredet. Am späten Nachmittag erreichten sie endlich den Hof. Doch welch Überraschung.
Mac's Eltern waren, nebst seinen Geschwistern, angereist um ihn zu überraschen und das Weihnachtsfest mit ihm gemeinsam zu verbringen. Hazel hatte seine alten Arbeitgeber über alles was passiert war informiert und diese hatten alle gemeinsam mit angepackt. Die Wolle war sauber und schon gesponnen und aus Gaudi hatten sie sogar einen echten Weihnachtsbaum aufgetrieben und mitgebracht. Alles war festlich dekoriert und das Fest war vorbereitet. Sogar Socken hingen über einem elektrischen Kamin. Die Freude war riesig. Der Eukalyptusbaum bekam auch noch ein Plätzchen neben der Tanne und sogar noch ein paar Kugeln und Lametta verpasst. Draußen hatte sein Vater ein sehr großen Barbecue vorbereiten. Dann war Bescherung. In den Läden waren die kleinen Geschenke schon eingepackt worden. Elsa bekam ein Buch über die hiesigen Pflanzen und Tiere. Jerry hatte sich einen wunderschön gearbeiteten Bumerang ausgesucht, Leika erhielt einen Satz Handschuhe aus Leder für den Winter. Nala wickelte ein Foto von allen gemeinsam aus. Es war ein zufälliger Schnappschuß gewesen und keiner der darauf abgebildeten sah in die Kamera. Hazel bekam eine Trillerpfeife verpaßt. So konnte er sich schon von weitem Bemerkbar machen. Quittiert wurde das mit einem amüsierten Lächeln. Und Mac? Der bekam auch ein Buch. 'Kochen für Kinder'

by hakuryu
 

CatgirlFanatic

Scriptor
Traditionen und Brauchtum

Traditionen und Brauchtum


Tradition ist nun mal Tradition. So oder so ähnlich hätte man es auf Shan’Racue wohl ausgedrückt, wenn man als Extraterrestrier mit einem Stirnrunzeln solch unterhaltsame Tätigkeiten wie das sommerliche Ha’niko - Blütenfangen oder das herbstliche Sha’taki beobachten konnte. Letzteres bestand daraus, anderen Teilnehmern mit, immerhin leicht abwaschbarer, Farb-Wasser Mischung gefüllte Eier zu bewerfen.

Sicher, man könnte nun behaupten, eine intelligente Spezies, die über die Fähigkeit, andere Sonnensysteme zu erreichen verfügte und sich im Laufe der Zeit mit jeder halbwegs militanten Nachbarspezies irgendwann angelegt hatte, sei über solche Albernheiten erhaben.

Die von Feliden abstammenden Shantai waren jedoch… besonders, was solcherlei Dinge betraf. Dickköpfig vielleicht. Nun, für ein Volk, das eine durchaus klaffende Diskrepanz zwischen technologischem Fortschritt und kultureller Entwicklung hatte, war das vielleicht gar nicht so seltsam.
Wie hätte sich die Erde wohl entwickelt, hätte man ihr Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts Raumschiffe und moderne Waffen zur Verfügung gestellt, die so modular waren, dass selbst ein Idiot die einzelnen Teile austauschen und die Ausrüstung so warten und in Schuss halten konnte?
Diese Frage war rein akademisch, wenn auch hochinteressant. Die Shantai hatten ihren ganz… eigenen Weg gefunden. Und gleich klargestellt, dass es weitaus mehr Ärger einbrachte, sich mit ihnen anzulegen, als gut für den Delinquenten war. Man könnte natürlich auch behaupten, dass…

„Kannst du nicht mal aufhören, zu arbeiten?“ Nyrana Na’saku stupste Chiisu Anderson an und dieser sah gezwungenermaßen von dem virtuellen Schirm auf, der einen Moment später in sich zusammenfiel. „Würde ich, meine Verehrteste, aber da ich nicht mal weiß wohin es geht, muss ich mir ja die Zeit vertreiben, oder?“
Die beiden pelzigen, rotorangenen Katzenöhrchen Nyranas zuckten amüsiert. „Wenn ich dir alles verraten würde, wäre die Überraschung im Topf.“
„Im Eimer“, korrigierte Chiisu sie und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Das Sprichwort heißt Die Überraschung wäre im Eimer. Aber du hast recht. Ich bin nur furchtbar neugierig…“
Die grünen Katzenaugen Nyranas funkelten amüsiert und abwesend fuhr sie mit einer Hand durch das dunkelblonde Haar des Menschen. „Ich hoffe nur, alles klappt so wie ich es mir vorstelle…“
„Mir fällt kein Grund ein, wieso nicht“, erwiderte Chiisu gedehnt und lehnte sich etwas im Sessel zurück. „Bisher hat alles geklappt, was du dir vorgenommen hast. Oder wird das irgendein besonderes Shantai-Ritual, in der wir eine Woche nackt im Wald überleben müssen?“
Als Nyrana ihre spitzen Eckzähne als Zeichen des ungeteilten Amüsements entblößte, spürte Chiisu für einen kurzen Moment einen brodelnden Eisblock in seiner Magengegend.
„Tatsächlich“, dieses Wort betonte sie besonders, „hat Laci’ray genau so etwas vorgeschlagen. Aber ich dachte…“ Eine kunstvolle Pause folgte, „dass dir so was eher weniger Spaß macht.“
Nicht, dass er sich das überhaupt nicht zutrauen würde, aber gewisse Dinge mussten einfach nicht sein. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, quasi nackt in einem Wald, hunderte Kilometer von der nächsten Ansiedlung, ausgesetzt zu werden? Das Überlebenstraining mit Ausrüstung, was selbst bei der terranischen Armee obligatorisch war, hatte ihm da völlig gereicht. Im Nachhinein betrachtet, war das sogar ein Kinderspiel gewesen, wenn er seine Erfahrungen mit den Shantai der letzten Jahre Revue passieren ließ…

Nyrana blickte auf einen der Bildschirme. „In Ordnung, wir sind gleich am Ziel. War gar nicht so einfach, was Passendes zu finden, aber ich bin überzeugt, dass du es mögen wirst.“ Mit einem Ruck drehte sich Nyrana um und er betrachtete sinnierend einen Moment ihren pendelnden, rotfelligen Katzenschwanz.

Tatsächlich hatten sie sogar Shan’racue, die Heimatwelt der Shantai, verlassen. Ihr Ziel war der elfte Planet des Systems: Conoas. Je nach Standpunkt fand man diese Welt bezaubernd, oder aber abstoßend. Es gab mehr als genug Atmosphäre auf Sauerstoffniveau, um ein reichhaltiges Pflanzen und Tierreich entstehen zu lassen, zuzüglich zu einigen importierten Tieren, die hier weitestgehend ungestört ihr Leben fristen konnten. Der einzige Makel an Conoas war, dass der Planet gerade noch in der habitablen Zone der Sonne lag. Was nichts anderes hieß, dass es ziemlich kalt werden konnte. Und zwar beinahe überall, dem Äquator vielleicht mal ausgenommen.
Aber von dem waren sie weit genug entfernt.

Als Chiisu die mehr weiße als blaue Kugel auf dem Schirm bemerkte, ahnte er, dass die nächsten Tage alles andere als langweilig werden würden.
Das kleine Transportschiff durchflog elegant die Atmosphäre, überließ seinen Passagieren ein paar Minuten, beeindruckende, schneebedeckte Berge und verschneite Wälder zu betrachten. Dann setzte es scheinbar wahllos zur Landung an. Wahllos in dem Sinne, dass sie auf einer Lichtung landeten, die über scheinbar gar keine Markierungen verfügten. Zumindest versuchte das einem der Verstand einzureden, natürlich gab es unterirdische Peilsender und das Satellitennetz im Orbit sorgte für eine metergenaue Landung.

Hatte er für eine winzige Sekunde einen Allwetteranzug erwartet, der in der Truhe im Laderaum auf ihn wartete, wurde Chiisu spätestens klar, dass die Fähigkeit, andere Planeten zu erreichen, nicht zwangsläufig ausschloss, dick gefütterte Felljacken und Fellhosen zu fertigen.
Als er hineingeschlüpft war, musste er sogar zugeben, dass es sich wesentlich gemütlicher anfühlte, als jene klinisch sauberen, beheizten High-Tech Anzüge, die man sonst erwartet hätte.

Die Luft war schneidend kalt, aber klar, und der Himmel war beinahe wolkenlos. Ein paar ferne Punkte am Himmel deuteten mehrere Monde an, wenn er sich nicht irrte. „Hey, nicht träumen, Äffchen“, rief Nyrana und warf ihm einen Seesack zu. Mit einem gerade noch verbissenen Uff fing er das Gepäckstück auf und wuchtete es sich über den Rücken.
„Soll ich dir tragen helfen?“, witzelte Nyrana und hob ihren Sack mit einem Arm hoch, um ihn sich über die Schulter zu werfen.
„Sagt die junge Dame mit genetisch verbessertem, mindestens dreimal so dichtem und leistungsfähigen Muskelgewebe. Ich bin nur ein einfacher Mensch, aber danke, das schaffe ich gerade noch.“

Sie stapften durch tiefen, frisch gefallenen Schnee und eher aus dem Augenwinkel bemerkte Chiisu, dass das Schiff über sie hinwegflog und in Richtung Weltall davonzog. „Verrätst du mir, wohin es geht?“, fragte er gedehnt, ohne eine wirkliche Antwort zu erwarten. Nyrana drehte sich halb um und lächelte. „Nein. Das wirst du bald sehen. In etwa… fünfzehn Minuten dürften wir da sein. Wenn du deinen niedlichen Hintern in Bewegung setzt, meine ich.“

Die Bäume waren gewaltig, hier und da raschelte es in den Ästen und immer wieder konnte man kleine, pelzige Tiere erahnen, die sich gestört in ihre Rückzugsorte flüchteten. Nach knappen zwanzig Minuten und einem sanften Bergaufstieg erreichten sie etwas, dass man als größeres, durchaus geräumiges, Holzhaus bezeichnen konnte. Nicht etwa eine schäbige Hütte mit einem Raum, sondern groß genug um mehrere Personen bequem zu beherbergen.

Die Konstruktion war äußerst solide aus verschränkten Holzstämmen errichtet worden und sah zugegebenermaßen nicht nur herzerwärmend rustikal, sondern auch reichlich antiquiert aus. Aber gerade dieser Baustil war etwas, dass die Shantai mochten. Und da gab es ja noch das alte Sprichwort von Schein und Sein.
Aus einem steinernen Kamin quoll Rauch. Und dem Geruch nach konnte Chiisu getrost bezweifeln, dass es sich um ein Hologramm für die Stimmung handelte.

Nyrana wuchtete ihren Seesack neben die Tür und klopfte. „Warte hier.“ Die Tür öffnete sich, sie schlüpfte hinein und hinter ihr schloss sie sich sofort wieder. Chiisu rieb sich die mittlerweile kalten Finger, stopfte sie dann wieder in die gefütterten Taschen. Dass das ein echtes Fell war, konnte er getrost ebenfalls annehmen. Auf der Erde mittlerweile ein Affront sondergleichen, der Tierschützer und Neo-Humanisten auf den Plan rief, bei den Shantai keine große Sache.

Chiisu nutzte die Wartezeit, sich etwas umzusehen. Die Hütte sah solide aus, die verglasten Fenster waren mit dicken Holzläden zu sichern. Hinter dem Haus fand sich eine zwei Meter hohe Aufschichtung von Feuerholz. Eine Axt steckte in einem gefällten Baumstamm, als würde sie nur darauf warten, dass jemand weiter machte. In einer Zeit, wo ein Stiftgroßer Laserschneider die Sache auf fünf Minuten pro Baumstamm reduzierte, ein weiterer Anachronismus.

„Chiiiisu!“ Er landete im Schnee, bevor er etwas sagen konnte. Ein blonder, quirliger Wirbelwind landete direkt auf ihm. Mit einem Uff blickte er in die braunen, großen Katzenaugen von Ciantary.
„Ciantary freut sich sooo unendlich, dich zu sehen!“ Die beiden blonden Zöpfe wackelten ebenso wie die Katzenöhrchen, dann drückte die Shantai Chiisus Gesicht gegen ihre Brüste. Ziemlich wohlgeformte, große Brüste, selbst für Shantai-Verhältnisse. Irgendwann erstickt sie mich damit, aber damit kann ich beinahe leben, dachte er amüsiert, bevor sich die junge Frau erhob und ihm die Hand reichte. Mühelos zog sie ihn hoch und Chiisu klopfte sich etwas Schnee vom Mantel.
„Komm, wir können rein“, flötete Ciantary fröhlich, wirbelte herum, so dass ihr pelziger Katzenschwanz tanzte und Chiisu kurz streifte. Im Reingehen fielen ihm mehrere Schneemänner mit Katzenöhrchen auf, die in einer Reihe ein paar Meter entfernt eherne Wache standen.

Die Hütte selber war einfach, aber elegant in einem Stil eingerichtet, der ein wenig an den Kolonialstil des späten achtzehnten Jahrhunderts auf der Erde erinnerte. Der steinerne Kamin dominierte den Hauptraum, davor lagen mehrere Felle, aber auch eine Couch und drei Sessel standen um einen wuchtigen, hölzernen Tisch drapiert.
Über dem Kaminsims hingen nicht nur zwei präparierte Köpfe von durchaus furchteinflößenden, entfernt an Schwarzbären erinnernden Tieren, sondern auch ein uraltes Gewehr mit geschnitztem Schaft. Direkt daneben war ein armlanges Schwert in einer Lederhülle, die augenscheinlich ebenfalls schon älter war, angebracht.

Hinter Chiisu wurde die Tür zugeschoben und er erwachte aus seinem Starren. Wärme! Endlich! Er schälte sich aus der, zugegeben sehr gemütlichen, Jacke und setzte sich direkt auf eines der Felle vor dem Kamin. Die Handflächen in die Richtung der Flammen haltend, seufzte er wohlig. „Das tut gut.“
„Holst du ihm bitte was zu trinken? Nicht das er uns noch erfriert…“ Nyrana lache amüsiert und setzte sich neben ihren Menschen und schlang einen Arm um ihn. „Na, was sagst du zu meiner kleinen Überraschung?“
Er sah sie von der Seite her an. „Gefällt mir. Ich bin zwar auch fürs Meer und Strand zu haben, wie du weißt, aber das hier ist wirklich toll. Erinnert mich an meine Kindheit, da sind wir auch immer in die Berge gefahren.“
Nyrana legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Ahja? Schöne Erinnerungen?“
Er nickte. „Sehr schöne. Auch wenn es nicht so imposant war wie hier, wie ich zugeben muss. Und nicht so… einfach.“
„Mit einem Fusionsgenerator und Heizelementen könnte das hier jeder, oder?“ Er lachte über ihren Kommentar. „Ja, da hast du wohl recht. Nein, ehrlich. Ich mag`s.“

Ciantary kam mit zwei dampfenden Tassen wieder, setzte sich im Schneidersitz neben die beiden und reichte Nyrana und Chiisu jeweils eine Tasse. Neugierig beobachtete sie seine Reaktion:
Er schielte hinein – und staunte nicht schlecht: Heiße Schokolade mit Marshmallows.
Nyrana hatte offensichtlich etwas von ihren Vorräten hierher schaffen lassen. Immerhin war Schokolade ein Importgut, das sich extremster Beliebtheit bei den Katzenwesen erfreute. Wären sie etwas skrupelloser und die Erde rückständiger, hätte alleine die Existenz der Schokolade wohl ausgereicht, die Erde zum neuen Reichsprotektorat zu erklären und zu besetzen.

Ciantary hüpfte auf, um sich selber eine Tasse zu holen. „Die Küche ist dort drüben, das kann ich dir später zeigen“, bemerkte Nyrana und schlürfte an ihrer Tasse.
„Ich kann euch gerne was kochen, wenn die Speisekammer was hergibt. Oder sind wir auf das angewiesen, was der Wald uns bietet?“ Chiisu genoss die Schokolade.
Ein Lachen war die Antwort. „Das wäre zwar möglich, aber nicht sehr abwechslungsreich. Keine Sorge.“ Ihr Kopf ruhte wieder auf seiner Schulter und er sog vorsichtig den Duft ihres langen, dunkelroten Haares ein. Endlich etwas Ruhe und…

Mit einem lauten Krachen hämmerte es gegen die Tür. Es erinnerte eher an die Ankündigung eines Sturmtrupps, der genau drei Sekunden warten würde, bevor er die Tür aufsprengte.
„Ich dachte wirklich gerade an Ruhe und Frieden, weißt du?“, erwiderte Chiisu schmunzelnd und zog Nyrana in seine Arme.
„Schon Unterwegs“, rief Ciantary fröhlich und lief zur Tür.

Er ahnte, nein er wusste, wer dort stand. Nichtsdestotrotz verschluckte er sich an seiner heißen Schokolade, als er sie sah. Laci’ray stapfte mit schweren Pelzstiefeln in den Raum und blickte sich um. Wohlgemerkt trug sie nur die Stiefel. Mit einer Hand wischte sie sich ein paar Schneeflocken aus den samtschwarzen, schulterlangen Haaren. „Da seid ihr ja. Ist wirklich herrliches Wetter draußen, findest ihr nicht?“
Dass es mittlerweile angefangen zu schneien hatte, war eher eine Nebensächlichkeit. Laci legte sich nur eineinhalb Meter vor den Kamin, direkt vor Chiisu und Nyrana. Auf ihrem nackten, wohlgeformten Oberkörper waren ein paar Schneeflocken zu erkennen, die gerade ihre Transition in Wasser vollendeten und in kleinen Perlen an den Flanken herabrannen.
„Schön dich auch zu sehen, Laci. Will ich wissen, was du da draußen gemacht hast?“
Es klang weniger schockiert, als wie eine nüchterne Feststellung. Diese Frau war nicht nur die Leibwächterin von Nyrana, sondern auch völlig verrückt. Das, in einer Kombination mit den Fähigkeiten, jemanden nicht etwa mit einem Strohhalm, sondern mit dem Einwickelpapier des Strohhalms zu töten, war eine Kombination, die selbst bei den Shantai nur selten auftrat.
Sie seufzte und drehte sich zu Chiisu und Nyrana. „Was werde ich wohl getan haben, hm? Denk mal scharf nach, Äffchen.“ Tatsächlich war das eine Antwort, die alles oder gar nichts sagte. „Aber wieso nackt?“, hakte er nach.
Die eisblauen Augen Laci’rays rollten. „Warum wohl? Abhärtung ist alles. Außerdem prophezeie ich dir, dass auch du dich draußen noch nackt rumtreiben wirst.“
„Ahja? Das glaube ich weniger. Außer du zwingst mich dazu…“ Sie war zwar fast einen Kopf kleiner als er, aber das besagte in diesem Falle gar nichts. Er hatte beobachtet, wie diese Frau Elitesoldaten mit bloßen Händen in Stücke gerissen hatte, ohne großartig aus der Puste zu kommen. Ganz davon abgesehen – und von ihrem durchaus nicht immer fassbaren mentalen Zustand – war Laci eine verdammt hübsche Frau. Wenn man auf den gewissen Wahnsinn in ihren Augen stand.
„Dich zwingen? Das hat mir Nyrana verboten…“, nuschelte sie traurig. Es klang so beleidigt wie ein Kind, dass nicht das zum Geburtstag bekam, was es wollte. „Aber!“ Ihre Augen blitzten erneut: „Du wirst es tun, wollen wir wetten? Ganz freiwillig!“
Chiisu lachte nickend. „Gut, in Ordnung? Was ist der Einsatz?“
„Mal überlegen… das ist keine Strafe… das auch nicht…“ Dann hielt sie inne. „Du wirst genau das tun, was die Tradition vorsieht, in Ordnung?“
„Welche Tradition?“, fragte Chiisu vorsichtig. Laci schmunzelte frech. „Eine menschliche, also keine Sorge. Völlig… harmlos.“
Er seufzte. „In Ordnung.“

Als er mit Nyrana in der Küche stand, staunte er nicht schlecht. Neben einem großen Holzofen, der ausreichte, um ein ganzes Schwein zu grillen, gab es noch zwei kleinere Herde, die mit Holz oder Feuer zu beheizen waren. Beide verfügten über Backöfen. Die Schränke waren gute gefüllt mit allen möglichen Lebensmitteln.
„Im Keller ist ein Eisschrank für verderbliche Lebensmittel. Es wird hier so kalt, da brauchen wir keinen normalen Kühlschrank.“ Keller? Wo war hier ein… Erst beim zweiten Blick fiel sein Augenmerk auf eine Klappe im Boden.
„Mach mal auf“, wies sie ihn an, zog aus einem Schrank so etwas wie eine kleine Handlampe und entzündete sie mittels eines Stücks glimmenden Holzes. „Ein kleines Geheimnis der Familie…“ Ihr Tonfall war eher amüsiert, als verschwörerisch.

Der Keller musste das ganze Haus untertunneln und war wesentlich größer als gedacht. Neben weiterem Brennholz, wohl für den Notfall, gab es auch einen kleinen Raum mit einer schweren Holztür. „Und? Was versteckst du da? Deine toten Liebhaber?“
Nyrana entblößte ihre spitzen Eckzähne. „Nee, die überlasse ich Laci…“ Sie öffnete die Türverrieglung und mit einem leisen knarren schwang eben jene Tür auf. Alles hatte er erwartet, nur nicht das. Ein gutes Dutzend großer Holzfässer lagerten fein säuberlich in schweren Regalen. Am Ende des Raumes stand so etwas, was man als Braukessel bezeichnen konnte, inklusive einem Zugang zum Kamin, wie es schien.
„Was ist das denn?“, fragte er neugierig, obwohl ein zarter Duft schon alles sagte. „Alkohol. Bester Tuyra Schnaps. Jeder, der längere Zeit hier war, hat eines oder sogar zwei Fässer angelegt. Eine kleine Familientradition, sozusagen.“
Er trat näher und betrachtete die Zahlen, die auf die Fässer gepinselt waren. Das Zeug in einigen Fässern war über 150 Jahre alt!
„Ich glaube, Laci hat das hier schon entdeckt, deswegen ist sie nackt raus…“ Nyrana schlug ihm sanft auf den Rücken und grinste. „Könnte man meinen, hm?“ Also, das ist für heute und morgen, weil…“ Sie brach ab und blinzelte. „Weil?“, wiederholte er neugierig.
„Wir da etwas trinken werden. Heute noch nicht, wir sind ja keine Alkoholiker, oder?“
Der restliche Keller enthielt keine Geheimnisse, lediglich weitere Lebensmittel, Ausrüstung, eine kleine, aber gut ausgerüstete Waffenkammer mit diversen vorsintflutlichen, aber perfekt in Schuss gehaltenen Projektilwaffen, sowie eine kleine Werkstatt mit guter händischer Ausrüstung.
Als er vor dem Lebensmittellager, inklusive Eisschrank stand, gingen ihm schon einige Ideen durch den Kopf. „Ja, ich denke, damit kann ich was anfangen…“ Viel war eingedost, aber anderes war auch frisch und von Nyrana wohl besorgt worden. Was die drei Shantai jedoch wirklich planten, darauf kam Chiisu nicht. Zumindest nicht heute.

Nach einem leckeren Abendessen, dass aus heimischem Fisch, Früchten und importiertem Fleisch von Shan’racue, sowie frischem Brot bestand, war Chiisu bereit, der ganzen Sache eine Chance zu geben. Doch, langsam gefiel es ihm hier wirklich. So ein einfaches Leben hatte etwas…

Müde fiel er in die Kissen des großen, gusseisernen Bettes. Noch eine Macke der Shantai waren Kissen. Sie bestanden auf Unmengen davon in ihren Betten. Ein paar fliegenden Federn nach zu urteilen, waren das hier sogar welche, die mit selbigen gefüllt waren. Keine High-Tech Kissen, die den Sabber analysierten, um ein paar medizinische Ratschläge zu geben, sondern schlichte, bequeme Daunenkissen.
Nyrana kuschelte sich an ihn und küsste Chiisu in den Nacken. Im Hintergrund hörte man das leise knacken vom Schlafzimmerkamin. „Ich frage mich, was ihr vorhabt…“, murmelte er im Halbschlaf. „Geduld, mein Liebster, Geduld…“
Just in diesem Moment ging die Tür auf und Laci’ray streckte ihren Kopf hinein. „Habt ihr schon Sex? Nein, schade.“
Chiisu seufzte ins Kissen. „Hätte dich das gestört? Ich denke nicht.“ Shantai waren ziemlich… offen, was derlei Dinge betraf. Laci’ray war da sogar bemerkenswert merkbefreit. „Wir haben ein kleines Problem und…“ Laci trat vor und flüsterte Nyrana was ins Ohr. Diese sah sie an, seufzte dann.
„Gut, von mir aus…“ Sie beugte sich zu Chiisu, der schon wieder fast im Halbschlaf war. „Du hast doch nichts dagegen, wenn die beiden heute Nacht hier schlafen, oder? Das andere Schlafzimmer ist nicht bezugsfertig, wie es aussieht…“

Nein, hatte er nicht. War ja auch nicht das erste Mal. Eine Sekunde später raschelte Stoff, dann spürte er einen warmen, wohlgeformten Körper, der sich an ihn drückte. „Ich werd dich auch nicht fressen, Äffchen“, murmelte Laci’ray in sein Ohr und zupfte daran. Nyrana warf ihr einen strengen Blick zu, dann deutete sie neben sich. „Hierher, junge Dame. Ciantary, du kommst neben Chiisu. Bei dir bin ich wenigstens sicher, dass du ihn höchstens zu Tode kuschelst und nicht im Schlaf Dinge mit ihm anstellst, die ihn noch mehr traumatisieren als üblich.“
Nach einem kurzen Platztausch inklusive Murren legte sich Laci’ray brav neben Nyrana. Die blonde Shantai krabbelte unter dem oberen Ende der Decke hervor, klammerte sich an Chiisus Rücken und schmiegte sich an ihn. Herzhaft gähnte sie, dann war sie auch schon eingeschlafen. Chiisu registrierte eher im Dämmerschlaf, dass keine der beiden überhaupt so etwas wie Schlafkleidung trug. Hätte mich auch irgendwie gewundert…

*

Nach einem Ausgiebigen Frühstück begann die Sache, seltsam zu werden. Oder eher, furchteinflößend. Nun ja, eher eine Mischung aus beidem. Furchteinflößend deswegen, weil er sich dazu überreden ließ, zusammen mit Laci’ray auf die Jagd zu gehen. Zwei Gewehre geschultert und jeweils ein Schwert an der Seite, zogen die beiden los, etwas fürs Abendessen zu erlegen.
„Ich hoffe du kennst dich hier aus“, murmelte Chiisu und sah argwöhnisch von rechts nach links. Baum. Noch ein Baum. Und etwa eine Million weitere. Herablassend blickte ihn Laci’ray an, ihr Katzenschwanz pendelte etwas. „Natürlich, ist doch ganz einfach. Menschen… tz…“
Gerade als er etwas erwidern wollte, hob Laci eine Hand und gebot ihm, still zu sein. Mit einem leisen Knacken lud sie ihr Gewehr durch. Chiisu zog seines von der Schulter und schob ebenfalls eine Patrone in den Lauf, lud durch und hielt es unschlüssig vor sich. „Was ist?“ fragte er leise. Shantai hatten ein wesentlich besseres Gehör als Menschen, aber selbst Laci schien noch unschlüssig, woher das Geräusch gekommen war.
„Halt die Augen offen. Wir sind ganz nahe…“ Was hatte sie gesehen? Etwas Hasenartiges? Ein Eichhörnchen? Oder ein Raubtier?

Stille war nicht die Wahl ihres Kontrahenten, der sich aus welchen Gründen auch immer ziemlich gestört fühlte, dass irgendwer sein Territorium betreten hatte. Das Wesen war… eine Art Vogel Strauß. Nur die wirklich fiese, gemeine Variante, die locker 100 Kilo oder mehr auf die Waage brachte. Und einen gebogenen Schnabel hatte, der aussah, als könne man damit Stahl schneiden. Mit einer Kopfhöhe von gut zwei Meter, wenn es sich denn völlig aufgerichtet hätte und nicht mit gesenktem Kopf und Schnabel auf die beiden zugestürmt kam, eine durchaus imposante Erscheinung.
Laci’ray hob das Gewehr, zielte und schoss. Es knallte vernehmlich und Chiisu konnte beobachten, wie die Kugel das Wesen in der Flanke traf – und mit einer kleinen Blutfontäne beim Austritt, durchschlug. Störte das den Vogel? Nicht im Geringsten.
„Schieß“, wies Laci’ray ihn an und zog eine neue Patrone aus der Tasche. Chiisu hob das Gewehr, zielte und schoss. Die Kugel traf den Baum neben dem Vogel und bedeckte ihn mit einem Hagel aus Splittern und Holzstaub. Hielt ihn das auf? Nein. Und dann war er da. Chiisu hechtete gerade noch zur Seite und fiel in den Tiefschnee, um nicht umgerannt zu werden. Er hörte wie Laci’ray ihr Gewehr mit einem klicken durchlud. Dann war das Tier nur noch drei Meter vor ihr und sprang. Blitzende, wirbelnde Krallen und ein gebogener, unterarmlanger Schnabel. Im letzten Moment ließ sich die junge Frau nach hinten fallen und hob das Gewehr. Es dauerte nur einen Wimpernschlag, doch der Knall des Gewehres zeigte zusammen mit der Blutfontäne, dass Laci getroffen hatte. Der Vogel segelte über sie hinweg und überschlug sich mehrfach. Und blieb zuckend liegen. Blattschuss.
„Alles in Ordnung?“, rief Chiisu und eilte zu Laci. Diese war mit Blut bespritzt und sah aus, als wäre sie gerade aus einem Horrorfilm entsprungen. Doch sie lachte. „Natürlich, was denkst du denn, Äffchen?“ Er zog sie hoch und sie streckte sich.
„So beginnt doch ein guter Tag, oder?“ Sie kicherte amüsiert und wischte sich etwas Blut aus dem Gesicht.
Dazu sagte er erst mal nichts. Ein paar wohlgezielte wie barmherzige Klingenstöße beendeten das Leid des Vogels, der irgendwie gar nicht mehr so gefährlich aussah.
„Sie sind ein wenig verwildert, schätze ich…“ Laci’ray sah sich um, dann kletterte sie auf einen Baum. Einen Moment später hörte man Hackgeräusche, dann fiel ein kräftiger Ast nach unten. Laci folgte ihm und kam federnd auf. „Ich hab ein paar Seile dabei.“
„Für was?“, fragte Chiisu, obwohl er die Antwort schon kannte.
„Was wohl, wir tragen das Vieh zurück. Das ist unser Abendessen.“ Wenn er dieses Monster betrachtete, gingen Chiisu einige Gedanken durch den Kopf, aber weniger der an ein leckeres Essen.

Gemeinsam wuchteten sie den Vogel hoch. Laci schritt voran und nach wenigen Minuten bemerkte Chiisu eine kleine, aber wichtige Bedeutsamkeit: Die offene Wunde des Tieres blutete dezent, aber genug, um mittels des aufkommenden Windes einen Tröpfchennebel aus Blut zu erzeugen. Das bemerkte Chiisu erst, als er sich das Gesicht von Schneeflocken, die keine waren befreien wollte. „Bah“, knurrte er, doch Laci lachte nur abschätzig. Sie war total mit Blut verklebt, immerhin hatte sie das Tier direkt über sich erschossen.

Sie stapften weiter durch den Schnee, der Wind wurde stärker und der Schneefall nahm auch wieder zu. Und das Gewicht von diesem komischen Monster ebenfalls. „Ist das der Weg zurück? Ich hoffe wir haben uns nicht verlaufen“, murmelte Chiisu und stieß eine Atemwolke aus. „Glaubst du, ich würde mich verlaufen?“, tönte es leise von Laci’ray zurück.
„Nicht in diesem Leben, zumindest nicht absichtlich…“ Sie stapften just in diesem Moment über eine Anhöhe und Laci’ray blieb stehen. „So. Da wären wir.“ In einem kleinen Tal lag es. Eine heiße Quelle.
Sie schritten herunter und umso näher sie kamen, umso offensichtlicher wurde es, dass es irgendwo in der Nähe vulkanische Aktivität geben musste. Die Quelle war durchaus geräumig und beileibe nicht zum ersten Mal benutzt worden. Mehrere Holzbänke standen in der Nähe, außerdem war eine kleine Rampe errichtet worden, die bequem in die Quelle hineinführte. „So. Hilf mir den Burschen aufzuhängen, dann lassen wir ihn ausbluten, während wir uns säubern.“
Gemeinsam wuchteten sie den Monsterstrauß über einen armdicken Ast und Laci setzte ihre Klinge ein, um das ausbluten zu beschleunigen. Danach schlüpfte sie aus ihrer Kleidung und sprang mit einem behänden Satz ins Wasser, um prustend wieder aufzutauchen.
„Was ist?“, fragte sie und schwamm zum Rand.
Chiisu musterte sie eine Sekunde, dann zuckte er mit den Schultern. „Gut gespielt, meine Liebe… gut gespielt…“
Nichtsdestotrotz: Das Wasser war herrlich und nach ein paar Minuten war die Kälte aus den Knochen verschwunden.
Laci’ray beobachtete ihn aus halb geschlossenen Augenlidern. Alles verläuft nach Plan. Die beiden müssten langsam zum Ende kommen… aber ich gebe ihnen noch etwas Zeit. Mit ein paar Schwimmbewegungen war sie bei Chiisu. Er öffnete ein Auge. „Was ist?“
Laci kam, zumindest aus menschlicher Sicht, wie viele weibliche Shantai, einem gut gebauten Model ziemlich nahe. Das mochte einerseits an der genetischen Optimierung der Spezies liegen, andererseits vielleicht auch an der gewissen Exotik, die vor allem in den Augen mit den Katzenpupillen zu sehen war, aber auch daran, dass diese Frau kein Gramm Fett zu viel am Körper hatte. Ausgenommen an einer Stelle – und da gehörte es auch hin.
„Nichts, was soll denn sein, Äffchen?“ Sie drückte sich neben ihn an den Rand der Quelle, fast beiläufig berührte ihr Arm seinen.
„Ich weiß, dass du mich ablenkst.“
Sie sah ihn aus dem Augenwinkel an. „So?“
„Es ist der einzig logische Schluss, den ich aus gestern und heute ziehe. Ich weiß nur nicht wieso.“
Laci schwamm vor ihn, legte die Arme um seinen Oberkörper und blickte in Chiisus menschliche Augen. „Geduld, einfach Geduld, ja?“ Für einen Moment sah es fast so aus, als würde Laci’ray die Situation ausnutzen wollen. Dieses Funkeln in ihren eisblauen Augen… Doch dann entblößte sie ihre spitzen Eckzähne, als hätte sie seine Gedanken erraten. Nicht jetzt, mein lieber. Nicht jetzt…“ schien ihr Blick zu sagen.
Er sank ein paar Zentimeter tiefer in das warme Wasser. „In Ordnung. Ich warte.“ Er seufzte theatralisch.
„Ich denke, wir können langsam zurückgehen. Wirf dir deine Kleidung über und mach dich bereit, großer Held. Dann geht’s im Laufschritt zum Haus.

Gott war das kalt! Erbärmlich kalt! Zu seiner nicht geringen Überraschung war das Haus aber keine 50 Meter von der Quelle entfernt. Und dann ließen sie ihn nicht mal sofort ins Haus! Es war eine Ewigkeit, die aus zwei Minuten bestand, bevor Nyrana die Tür endlich öffnete.
„Ma… man hätt..e das Haus näher an der Quelle bauen sollen“, bibberte er. „Achje, du Armer“, lachte Nyrana und küsste ihn, warf ihm ein Handtuch über den Kopf. „Komm hoch, wir stecken dich ins warme Bettchen, hm?“

Als sie das getan hatte, kam sie herunter und warf Laci einen teils amüsierten, teils tadelnden Blick zu. „Das gibt uns noch ein paar Stunden. Er ist sofort eingeschlafen.“
„Schön. Ich zerlege dann das Essen, du kochst. Wo ist eigentlich die Kleine? Dreht sie ohne Technik nicht langsam Rund im Oberstübchen?“
Nyrana deutete zur Küche. „Kekse backen und verzieren. Seit heute Morgen. Ich glaube, wir haben endlich was gefunden, was sie fast so gerne mag wie Technikzeugs.“
„Schön. Na dann, ab ans Werk! Mal sehen, wie lange er da oben pennt… wir müssen ihn noch etwas ablenken…“

Ein paar Stunden später erwachte Chiisu wieder. Unglaublich, wie sehr einen warmes, offenes Feuer, eine dicke Decke und ein Dutzend gemütlicher Daunenkissen Lebenszeit kosten konnten. Er schnüffelte. Irgendwas… roch sehr gut. Aber was…?
Er schälte sich aus dem Bett, zog seine Kleidung an und öffnete die Tür. Stimmen von unten. Sie tuschelten leise.
Vorsichtig stieg Chiisu die Stufen herunter, die leise knarrten. „Da ist er ja, siehst du, der Geruch lockt ihn an.“
Der Tisch im Hauptraum bog sich beinahe unter der Last der Speisen. In der Mitte thronte ein geradezu gewaltiger Braten, der vor sich hin dampfte. Selbst der Energiehungrige Metabolismus von drei Shantai kam gegen dieses Monster niemals an. Ein gutes Dutzend weiterer Schüsseln und Teller umringte das Hauptgericht. Angefangen von Reis, Brot, Suppen, Saucen und diversen weiterem Fleisch.
„Haben wir was zu feiern?“, fragte Chiisu vorsichtig. Und dann sah er ihn. Einen mit bunten Kugeln, echten Kerzen und Lametta geschmückten Baum, der mit einem goldenen Stern gekrönt war. Wie lange habe ich geschlafen?
Er trat fast ehrfürchtig näher.
„Siehst du, er hat gar nicht mehr dran gedacht“, kicherte eine Stimme aus der Küche. Chiisu rechnete nach. Es waren noch fast drei Monate bis Jahresende und… Nach Shantai-Kalender, verbesserte er sich langsam selber. Nach Erdkalender war heute…
„Es ist der 24te Dezember, Liebster.“ Nyrana trat hinter ihn und schlang die Arme um ihn. „Das habe ich total…“
„Vergessen. Ich weiß. Und ich finde das eine sehr schöne Tradition, weißt du?“ Er drehte sich um und riss erneut die Augen auf. Die drei Frauen trugen nicht ihre übliche Kleidung, sondern… Kostüme.
Die blonde Ciantary trug ein wallendes, schneeweißes Kleid und eine kleine, goldene Krone. Das Einzige, was ihre christkindliche Unschuld ein kleines bisschen schmälerte, war ihre beachtliche Oberweite, die sich unter dem Kleid abzeichnete.
Nyrana trug, ganz passend zu ihrem wallenden, roten Haar, ein weiß-rotes Weihnachtskostüm, inklusive kurzem Rock und Mütze mit Löchern für die Katzenohren. Laci’ray hingegen hatte den Vogel abgeschossen: Sie trug nicht nur ebenfalls einen rot-weißen Weihnachtsdress mit knappem Rock, sondern schwang geradezu betont lässig eine selbstgebastelte Rute aus Holz.
Sie trat näher, fixierte ihn mit blitzenden Augen und fragte mit betont tiefer Stimme: „Wie sagt ihr Menschen so schön? Warst du brav? Oder warst du unartig?“
„Äh… ich denke, man könnte sagen, dass ich brav war“, stotterte er verlegen.

Nyrana lächelte hintergründig und küsste ihn. „Mach keine Pläne für heute Nacht, die du nicht einhalten kannst, mein Liebster.“

Autor: Catgirlfanatic
Wörter: 4942 laut Word
 
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Mezelmoerder3D

Diplompsychopath mit *
VIP
Das WoH-Schreiberling Gewinnspiel
Runde 3





Sooooo also meine Lieben es geht wieder los. Wer hat noch nicht wer will nochmal ^^? Der WoH Schreibwettbewerb geht in die nächste Runde. Es gelten folgende Regeln, die unbedingt einzuhalten sind:

DA RULEZ

In diesen Thread kommen nur die fertigen Geschichten. Bitte setzt sie in einen Spoiler, damit die Seite net so ewig lang wird.

Thematik: Weihnachten, Väterchen Frost, Winter, Silvester
Art: Non-Hentai (kleinere Erotikeinlagen sind gestattet)
Länge: 3000 - 4500 Wörter
Mindestinhalt: 3 namentlich erwähnte Personen,
mindestens eine bekannte Fantasiefiguren
Zeitvorgabe: 6 Wochen (Ende am 14.12.2014 um 12 Uhr Mittags)

Preis:
Amazon-Gutscheine
1. Platz 10€
2. Platz 5 €


Den Diskuthread sowie Fragen, Wünsche, Anträge findet ihr wie immer hier:
http://board.world-of-hentai.to/f15/diskussion-zum-schreiber-wettbewerb-145036/#post1594882



Regeln sind soweit gleich geblieben und da Weihnachten ja quasi vor der Tür steht, soll das auch die Thematik sein (wie einfallsreich XD).

Also dann meine Lieben:

Auf die Plätzchen...

Fertig? (na mir egal XD)...

GOOOOO
 
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Holzi

...
Beim Weihnachtsmann


„Oooohh“, staunte Manjola mit großen Augen. Sie ließ Brankos Hand los und sah sich, den Kopf langsam drehend, in der Werkstatt um.
Auch Salina und Branko sahen sich um und bestaunten die Szenerie. Mindestens zehn, vielleicht auch fünfzehn Weihnachtswichtel wuselten hier herum. Manche schnitzten mit kleinen Messern und Meißeln Holzfiguren oder Eisenbahn-Lokomotiven. Andere arbeiteten an Puppen. An einem runden Tisch saßen Wichtel mit grünen Zipfelmützen und nähten feine Puppenkleider. Wieder andere bemalten Holzkreisel, füllten Stoffkörper mit Holzwolle oder bastelten Trommeln und kleine Gitarren.
„Das ist ja wie auf den Bildern !“ Manjola sah ihren Bruder an, mit strahlenden Augen und einem glücklichen Lächeln im Gesicht. Er lächelte auch, wann hatte Manjola zuletzt so gestrahlt ? Das muss vor vor mehr als zwei Jahren gewesen sein. Als ihre Eltern noch lebten. Als sie noch ein Zuhause hatten. Als sie noch lebten wie Kinder eigentlich leben sollten, unbeschwert und einigermaßen glücklich. Ja, sie war noch immer schmutzig, ihre Haare waren verfilzt und stumpf und sie trug noch immer die mittlerweile zerrissenen und farblos geworden Sachen. Natürlich, das war bei ihm und Salina ja auch nicht anders. Aber nun hatte sie sie wieder Leben in den Augen. Ihre fast schwarzen Augen glänzten wieder und das Licht der kleinen Laternen, die die Werkstatt erhellten, spiegelte sich wie kleine Sterne darin.

„Kommt“, sagte der der Weihnachtmann mit seiner tiefen und doch sanften Stimme. „Ihr könnt euch die Werkstatt später noch ansehen. Jetzt bekommt ihr etwas zu Essen.“ Sie folgten dem Weihnachtsmann und dem Wichtel Holdikar durch die Tür mit dem Rundbogen. Dahinter lag ein recht großer Raum mit einem Kamin, in dem ein Feuer prasselte. Nicht weit davon stand ein Tisch aus dicken geteilten Baumstämmen. Zu beiden Seiten des Tisches standen Bänke aus ebenso bearbeiteten Stämmen. An einem Ende des Tisches stand ein großer hölzerner Stuhl. Das sah Branko zwar alles, aber er nahm es kaum wahr. Was er wahrnahm, waren die Speisen auf dem Tisch. Er sah frisches Brot, eine große Porzellanschüssel und Platten mit frischem Obst.
„Sieh nur“, hauchte Salina leise. Er sah es und spürte wieder diesen stechenden Schmerz im Bauch. Den hatte er schon seit einigen Tagen nicht mehr gehabt. Anfangs hatte er den immer gehabt, wenn sie nichts zu Essen bekommen hatten. Aber sie hatten festgestellt, das nach ein paar Tagen ohne Nahrung auch dieser Schmerz verschwand. In gewisser Weise war das eine Erleichterung gewesen, auch wenn sie dann so schwach gewesen waren, das sie kaum noch aufstehen konnten.
„Schnell, nehmt Platz. Ihr seid ganz sicher sehr hungrig“, lud der Weihnachtsmann sie ein und ging mit seinem schweren und leicht wackelnden Gang zum Tisch. Dort machte er eine einladende Geste und lächelte sie warm an. Die drei Kinder folgten dieser Einladung und setzten sich auf eine Bank. Als sie saßen, setzte sich auch der Weihnachtsmann. Der setzte sich auf den großen Holzstuhl, Holdikar stellte sich auf die andere Bank, nahm den Deckel von der Porzellanschüssel und griff nach einer Holzkelle. „Gib mir bitte den Teller, Manjola. Das ist einer unserer fast allerbesten Gemüseeintöpfe überhaupt.“ Manjola griff mit zitternder Hand nach dem Teller und reichte ihn Holdikar. Sie sah Branko an, Freude und Unglaube auf ihrem Gesicht. Dann nahm sie fast ehrfürchtig den nun gefüllten Teller entgegen und stellte ihn sehr vorsichtig ab. „Das Brot haben wir heute Morgen erst gebacken“, erklärte der Weihnachtsmann. „Ich habe sogar selbst mitgeholfen.“ „Du hast das Mehl umgestoßen und vom Teig genascht“, sagte Holdikar lächelnd, während er Salinas Teller füllte. „Ja, das sagte ich gerade“, brummte der Weihnachtsmann in seinen weißen Bart. Er brach Stücke vom Brot und reichte sie den Kindern. „Vielen Dank“, sagte Branko mit belegter Stimme. Er sah mit ungläubigem Staunen auf das Brot in seiner Hand und den dampfenden Eintopf auf seinem Teller. „Fangt an, lasst es euch schmecken“, sagte der Weihnachtsmann. Manjola aß noch nicht, sie nahm Brankos freie Hand. Ihre dünnen Finger waren nicht kalt. Zum ersten Mal seit Wochen sicher. Sie hatte Tränen in den Augen, als sie ihn nun wieder ansah. Er drückte ihre Hand kurz und nickte lächelnd.

Während sich auch Manjola und Salina beim Weihnachtsmann und Holdikar bedankten, dachte er an diesen seltsamen und wunderbaren Abend. Den Abend, der so schlimm und enttäuschend begonnen hatte wie die vorigen. Er war zu ihrem kleinen Verschlag zurückgekommen und hatte den Ausdruck der Hoffnung in den Augen von Manjola gesehen. Nicht viel Hoffnung natürlich, aber der Ausdruck war da gewesen. Sie lag an dem kleinen Feuer, das Salina sicher erst kurz zuvor entzündet hatte. Unter der schäbigen und vor Schmutz starrenden dünnen Decke, die sie auf der Mülldeponie gefunden hatten. Dieser Ausdruck in ihren Augen war das Schlimmste, jedesmal. Jedesmal, wenn er zurückkam und nichts zu Essen erbettelt oder gefunden hatte. Wenn er nicht genug Geld von Passanten bekommen hatte, um etwas kaufen zu können. Natürlich war ihm klar gewesen, das er nicht viel Erfolg haben würde. Nicht ohne Manjola oder wenigstens Salina. Aber er hatte die beiden nicht mitnehmen können, noch nicht. Manjola war so krank gewesen, das er wirklich befürchtet hatte, sie würde sterben. Tagelang hatte sie Fieber gehabt und war kaum ansprechbar gewesen. Und das, kurz nachdem sie ihren Platz am Stadtrand verloren hatten. Ein anderer Obdachloser hatte sie grob vertreiben aus ihrem kleinen Keller in dem verfallenen Haus. So hatten sie die Stadt wirklich verlassen müssen und den kleinen Verschlag bei dem niedergebrannten Hof gefunden. Vermutlich waren dort früher mal die Hühner gewesen, es war kam mehr als eine modrige Holzwand. Zu drei Seiten offen und mit kümmerlichen Resten graugelben Strohs ausgelegt. Mehr hatten sie nicht gehabt. Und dann war Manjola so krank geworden und konnte nicht mehr mit ihm und Salina in die Stadt gehen. Mit ihr und auch mit Salina war es etwas einfacher, ein paar Almosen zu bekommen. Er war ein schon zwölfjähriger Junge und hatte als solcher wenig Aussichten darauf, das ihm die ja auch zumeist armen Menschen etwas geben würden. Mir der sechsjährigen Manjola war das etwas einfacher. Sie konnte das einfach besser als er. Wenn Manjola einen anlächelte, wurde einem warm ums Herz. Sie war so... lebendig und so … hell irgendwie. Das Meiste, was sie in den schlimmen letzten Monaten an Spenden bekommen hatten, hatten sie ihr zu verdanken. Dann Salina und zuletzt erst ihm. Er hatte mehrmals stehlen müssen. Manjola war anfangs wirklich erschrocken gewesen und hatte auch deswegen geweint. Man durfte nicht stehlen, auch wenn der Hunger so groß war, das man zitterte und sich nicht lange auf den Beinen konnte. Er hatte gestohlen, weil man eine kleine Schwester auch nicht so sehen konnte. Nicht mit diesen Augen, die ihren Glanz jeden Tag ein wenig mehr verloren, deren Gesicht immer schmaler wurde und die vor Hunger weinte.
An diesem Abend war er wieder mit sehr wenig zurückgekommen. „Geht es dir gut, Branko ?“ hatte Manjola als erstes gefragt. Nicht, ob er etwas zu Essen bekommen hatte, oder Geld. So wie sie es fast immer tat, wenn sie getrennt unterwegs gewesen waren. An den Abenden zuvor hatte sie nicht fragen können. Sie hatte im Fieber gar nicht wirklich mitbekommen, das er zurück war. Oder weggewesen war. Salina war bei ihr geblieben, um sie zu wärmen und ihr wenigstens Wasser zu geben. Und um manchmal ein Feuer anzuzünden. Der Winter war kalt dieses Jahr, furchtbar kalt. „Wie geht es dir ?“ hatte er sie gefragt und sich neben sie gekniet. Eigentlich war er mehr neben ihr zusammengebrochen, er war vom Hunger sehr geschwächt. „Gut“, hatte sie geantwortet und so etwas wie ein Lächeln zustande gebracht. „Was hast du bekommen ?“ fragte dann Salina. „Kaum etwas. Ich habe zwei Karotten und eine halbe Bratwurst, die jemandem heruntergefallen war. Und 81 Cent.“ Das war seine Ausbeute in sieben Stunden. Zusammen mit den 97 Cent vom Vortag könnte es am nächsten Tag reichen, um abends ein Brot kaufen zu können. Darauf hoffte er, denn er wollte Manjola noch wenigstens einen Tag lang ausruhen lassen.

Und dann, gerade als er das wenige Essen, was er bekommen hatte, mit seinem kleinen Messer zerteilte, war der Schlitten herangerauscht. Gezogen von sechs Rentieren und gesteuert von einem kleinen Wichtel mit roter Zipfelmütze. Hinten saß ein dicker Mann mit rundem Bauch, runden Wangen und runder Nase, gekleidet in eine ebenfalls rote Robe mit weißem Pelz. Im Gesicht hatte er einen langen dichten weißen Bart. Manjola hatte ihn mit offenem Mund angestarrt, er und auch Salina hatten ihn mit einer Mischung aus Argwohn und Verwunderung angesehen. Wo waren die plötzlich hergekommen ?
„Der Weihnachtsmann !“, hatte Manjola kaum hörbar gesagt und sich aufgesetzt. Er hätte fast gelacht, wenn er nicht sogar dazu zu schwach gewesen wäre. „Der bin ich“, hatte der dicke Mann mit tiefer Stimme geantwortet. „Es gibt keinen Weihnachtsmann“, hatte Salina festgestellt und einen Blick mit ihm gewechselt. Er hatte knapp genickt und das kleine Messer fester gegriffen. Sie konnten sich nicht auch noch von hier vertreiben lassen. Nicht jetzt, wo Manjola krank war. Nicht jetzt, wo es dunkel wurde und es bald wohl auch den ersten Schnee geben würde.
„Ihr könnt mit uns ins Weihnachtsdorf kommen“, hatte der angebliche Weihnachtsmann angeboten. „Dort ist es warm. Zumindest im Haus. Und dort gibt es genug für uns alle zu Essen.“ „Gehen sie bitte weg“, hatte darauf Salina gesagt und er hatte genickt. Schon einmal hatte ihnen ein Mann angeboten, ihnen in seinem Haus etwas zu Essen zu geben. Allerdings hatte der dann nur Salina wirklich mitnehmen wollen und gesagt, das sie das Essen dann zu ihm und Manjola bringen könne. Am Abend. Etwas am Blick des Mannes war beunruhigend gewesen, das hatten Salina und er gemerkt. Sie hatten dann abgelehnt, was Manjola damals zwar mit einem wirklich entsetzten Blick, aber ohne Protest hingenommen hatte. Sie vertraute ihm. Wem auch sonst ? Diesmal aber war sie aufgestanden, dabei konnte sie eigentlich überhaupt nicht aufstehen ! Sie war sogar zu schwach, um wirklich gehend zu den Büschen zu kommen, wenn sie sich erleichtern musste. Sie war gekrochen in den letzten Tagen. Doch nun war sie aufgestanden und auf den Schlitten zugegangen, die dünne Decke wie einen Umhang tragend. Mit einer Hand musste sie ihre Hose halten, weil die ihr längst schon zu weit geworden war. „Ihr könnt auch kommen“, hatte der Weihnachtsmann gesagt und wirklich gewinnend gelächelt. „Die Reise dauert gar nicht so lange, wie ihr vielleicht glaubt.“ „Manjola, bleib hier !“, hatte er dann erst gerufen, er war so überrascht gewesen, das Manjola überhaupt hatte aufstehen können. Manjola hatte sich zu ihm umgedreht und dann wirklich gelächelt. „Branko, das ist der Weihnachtsmann.“

„Iss doch, Junge.“ Branko wurde von der freundlichen Stimme des Weihnachtsmanns aus seinen Gedanken gerissen. Es gab zwar keinen Weihnachtsmann, aber er saß dennoch gerade an dessen Tisch und hatte Brot in der Hand und Eintopf auf dem Teller. Er begann zu essen. Obwohl es nur Gemüseeintopf und Brot waren, kam es Branko vor wie das beste Essen, das er jemals gehabt hatte.
„Das ist so gut“, sagte Salina genießerisch. „Das freut uns“, erwiderte der Weihnachtsmann nickend. „Nach dem Essen zeigt euch Holdikar, wo ihr schlafen werdet.“ Er sah Manjola lächelnd an. „Dir fallen ja fast die Augen zu.“ Manjola nickte leicht. „Baden könnt ihr morgen früh, das ist wohl besser“, meinte Holdikar. „Wir werden euch heißes Wasser machen. Ich muss euch aber leider sagen, das hier im Weihnachtsdorf ziemlich früh aufgestanden wird.“ „Vielen Dank“, sagte Branko. „Das ist alles so...“ „Das ist Weihnachten“, half der Weihnachtsmann aus. „Ja, das ist Weihnachten“, sagte Manjola leise und schenkte Branko einen zwar müden, aber sehr warmen Blick.

Branko hatte so viel gegessen, das ihm nun wieder der Bauch weh tat. Er lag jetzt in einem richtigen Bett mit dickem Federkissen und einen Plümo, das fast so dick war wie der Weihnachtsmann. Manjola und Salina lagen ebenfalls in solchen Betten, in einem Schlafsaal mit insgesamt zehn Betten. Dieser lag in einem langestreckten flachen Gebäude. Auf dem Weg von dem einen zu diesem Gebäude hatte Branko wegen der Dunkelheit nicht viel sehen können. Nur Tannen und Fichten und Schnee. Branko war zwar müde, aber er lag dennoch mit offenen Augen im Bett und strich über das feine Leinen, auf dem er lag. Manjola war gleich eingeschlafen und auch Salina schlief bereits. So wie sie in dieser Nacht schlafen würden, hatten sie schon sehr lange nicht mehr geschlafen. Nicht, seit sie aus dem Waisenhaus geflohen waren. Natürlich hatte Branko sehr oft überlegt, ob das nicht doch ein Fehler gewesen war damals. Sie waren geschlagen und für geringste Vergehen bestraft worden, aber immerhin gab es regelmäßig etwas zu Essen und sie hatten Betten gehabt. Auf der Straße hatten sie zwar in gewisser Weise ihre Freiheit gehabt, aber es war doch viel härter gewesen als er sich vorgestellt hatte. Als er und Manjola geflohen waren, hatte Salina sie begleitet. Mit ihr hatten sie sich im Waisenhaus angefreundet. Anfangs war es sehr aufregend gewesen, obwohl es Herbst gewesen war, als sie davongelaufen waren. Sie hatten den kleinen Keller gefunden, von dem gelebt, was sie auf den Feldern und Wiesen gefunden und erbettelt hatten und geglaubt, das es so weitergehen könne. Einen Plan für die Zukunft hatten sie nicht gehabt, sie wollten einfach nur frei sein und leben. Auch im letzten Herbst war es noch gut gewesen. Dann aber waren sie aus dem Keller vertrieben worden und zuletzt hatten sie wirklich gehungert und gefroren. Branko hatte oft daran gedacht, das sie in das Waisenhaus zurückkehren müssten. Wenn das denn überhaupt möglich war.
Und dann war der Weihnachtsmann gekommen. Das war so völliger Unsinn, natürlich gab es den Weihnachtsmann nicht. Das wusste jedes Kind ab einem gewissen Alter. Eigentlich wusste auch Manjola das. Doch es war nicht zu leugnen, das sie schließlich alle drei auf den Schlitten gestiegen und in den dunklen Abendhimmel hinaufgestiegen waren. Und nun waren sie hier, satt und warm und trocken.
Zum ersten Mal seit vielen Wochen lächelte Branko, ehe er dann einschlief.

Am nächsten Morgen wachte Branko tatsächlich früh auf. Zwei Wichtel waren in den Schlafsaal gekommen und hatten Laternen an den Wänden entzündet. „Gleich ist das Wasser heiß und ihr könnt baden“, eröffnete einer der beiden Wichtel Branko und den ebenfalls aufwachenden Mädchen. Branko sah sich, noch immer ungläubig, um. Er lag wirklich in einem weichen warmen Bett. In einem relativ warmen Raum mit einem Dach. „Manjola ?“ fragte er und setzte sich auf. Seine Schwester lächelte ihn an. „Mir geht es gut, Branko. Aber ich möchte nie aus diesem Bett aufstehen.“ Er grinste, auch er hätte nichts dagegen, noch eine Weile liegenzubleiben. Salina war da anders, sie stieg aus dem Bett und ging zu einem der kleinen Fenster. „Es schneit.“ Sie drehte sich zu Branko um und sah ihn fragend an. „Was ist das hier ? Wo sind wir ?“ Er zuckte mit den Schultern, er hatte absolut keine Ahnung. „Das ist doch klar“, meinte Manjola mit belustigter Stimme. „Wir sind am Nordpol. Da wohnt der Weihnachtsmann doch.“ Mit einem leisen Seufzen schob sie die Decke von sich und setzte sich an die Bettkante. „Wir können gleich baden, hat der Wichtel gesagt.“ Sie strahlte richtig, gebadet hatten sie lange nicht mehr, zuletzt vor drei Monaten in einem See. „Danach lege ich mich sofort wieder in das Bett.“ Sie lachte ihr schönes Lachen, das Branko so liebte. „Am Nordpol waren früher Forscher. Und heute auch, glaube ich“, erwiderte Salina und setzte sich neben Manjola. „Da gibt es keinen Weihnachtsmann. Nur Eis.“ Manjola verdrehte die Augen und sah Salina mit nachsichtigem Blick an. „Das Dorf vom Weihnachtsmann ist oben drüber, glaube ich. In der Luft. Und von unten kann man es nicht sehen.“ Salina schüttelte mit skeptischem Blick den Kopf. Sie war zehn Jahre alt und schwebende Dörfer über dem Nordpol schienen ihr ziemlich unwahrscheinlich zu sein. „Vielleicht sind wir in Amerika“, mutmaßte sie. „Das kann auch sein“, stimmte Manjola zu. „Das ist auch egal, oder ? Wir sind hier.“

Holdikar kam in den Schlafsaal. „Hallo, guten Morgen“, begrüßte er sie freundlich. „Ich habe hier Filzpantoffeln für euch. Die sind warm und bequem. Wir machen die hier selbst. Wenn ihr möchtet, könnt ihr jetzt baden. Allerdings werdet ihr drei das selbe Wasser nehmen müssen. Es dauert leider immer so lange, bis wir genügend heißes Wasser gemacht haben.“ Er gab den drei Kindern grüne Filzpantoffeln. Branko fand sie sehr bequem. „Kommt, ich zeige euch das Badehaus“, sagte Holdikar dann. Die drei folgten ihm, dazu mussten sie einen kurzen Weg durch die Kälte zurücklegen und erreichten dann ein kleines rundes Haus, neben dem ein großer Kessel über einem Holzfeuer hing. Im Inneren gab es eine hölzerne runde Badewanne, bereits mit dampfendem Wasser gefüllt. Daneben standen zwei Holzbänke sowie ein Tisch mit Seife, Badetüchern, Bürsten und Schwämmen. Eine schmale Treppe führte nach oben. „Kommt erstmal mit nach oben. Dort könnt ihr euch neue Kleidung aussuchen. Ich hoffe, euch gefallen die Sachen, die wir hier machen.“ Der kleine Wichtel lächelte sie freundlich an und führte sie nach oben. Dort standen Holztruhen mit Kleidung. „Sucht euch etwas raus. Dort sind Sachen, die dir passen sollten, dort eher welche für dich. Und in dieser wohl am ehesten Kleider in deiner Größe.“ Er deutete auf die verschiedenen Truhen und trat zur Seite. Branko und die Mädchen zögerten. „Können wir die denn einfach so nehmen ?“ fragte er. „Natürlich. Die sind ja für die Kinder, die wir zu uns einladen. Habt keine Scheu.“ Branko sah Manjola an. Mit einem Schulterzucken nickte er ihr zu. „Wenn die Sachen für uns sind. Wir geben die später zurück.“ Er war sehr froh, das er seine jetzige Kleidung erstmal würde loswerden können. Sie war kaputt und schmutzig. Und sie roch keineswegs gut. Holdikar lachte wieder. „Das müsst ihr nicht. Der Weihnachtsmann wird euch beim Frühstück einiges erklären, ihr habt sicher viele Fragen. Die haben die Kinder immer. Kommt nach dem Bad ins Haupthaus, zum Frühstück. Ich lasse euch jetzt allein, wir haben viel zu tun.“ Holdikar verließ das Haus und Branko ging wieder nach oben. „Sieh mal hier“, rief Manjola strahlend. Sie hatte ein hübsches rotes Kleid gefunden, wie die Pantoffeln aus Filz. „Wir sind am Nordpol, Manjola“, meinte Branko grinsend. „Das weiß ich“, antwortete seine Schwester und griff mit triumphierendem Blick nach einer grauen Strumpfhose aus Wolle. „Die ziehe ich darunter an.“ Branko drückte Manjola kurz an sich. „Das hast du gut ausgesucht.“ Bald hatten die drei neue Kleidung ausgesucht. Branko wartete oben, während die Mädchen zusammen badeten. Dabei sah er sich die Sachen in den Truhen an und fragte sich, was er von der ganzen Sache hier halten sollte. Warum waren sie hier ? Wie lange ? Was war danach ? Andere Kinder hatte er nicht gesehen. Also blieben die Kinder wohl nicht hier, wenn sie eingeladen worden waren. Ob sie nach Weihnachten zurückgebracht wurden ? Hoffentlich erklärte ihnen der Weihnachtsmann das nachher.
Nachdem die Mädchen gebadet hatten, kamen sie zu ihm hoch. Manjola sah sehr süß aus in ihrem roten Filzkleid. Sie hatte ihre Haare gekämmt und sah nun schon wieder fast so aus wie früher. Nur natürlich noch immer sehr mager. „Es ist so schön zu baden“, sagte sie froh und umarmte ihn. Er ging in Hocke und küsste sie auf die Stirn. Sie duftete nach Seife. „Geh auch schnell, das Wasser ist noch ganz warm.“ Das tat er, nun warteten die Mädchen oben. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, im sehr warmen Wasser zu sitzen und den Duft der Seife zu riechen. Branko schloss lächelnd die Augen. Selbst wenn sie nach Weihnachten wieder weg müssten, sie hatten enormes Glück gehabt. Sehr bedauernd verließ Branko nach zehn Minuten die Wanne wieder. Er hatte schon wieder Hunger und das Frühstück wartete ja offenbar.

Bald betraten sie das Haupthaus, nun in grünen, roten, grauen und braunen Filz und Wolle gekleidet. Salina und er sahen ein wenig aus wie Robin Hood, hatte Branko grinsend festgestellt. Manjola erinnerte ein wenig an Rotkäppchen. Der Weihnachtsmann empfing sie an der Tür. „Hallo Kinder. Habt ihr gut geschlafen ?“ „Ja, vielen Dank“, antwortete Branko. „Und das Bad war toll“, ergänzte Manjola. Der Weihnachtsmann sah sie pausbäckig lächelnd an. „Ja, so ein heißes Bad macht alles gleich viel besser.“ Er strich mit seinen Fingern durch seinen Bart. „Warte mal, Mädchen.“ Der Weihnachtsmann ging zu einem Schrank und kramte darin herum. Dann hatte er offenbar gefunden, was er suchte. Mit einem funkelnden Diadem kam er zurück. „Ich finde, das würde dir sehr gut stehen. Was meinst du ?“ Manjola machte große Augen. „Ohhh.“ „Darf ich dir das aufsetzen ?“ fragte der Weihnachtsmann lächelnd. Manjola nickte eifrig und der Weihnachtsmann setzte ihr vorsichtig das Diadem mit den bunten Steinen auf den Kopf. „Dachte ich es doch“, sagte er danach zufrieden klingend und trat einen Schritt zurück. Manjola sah Branko strahlend an und der glaubte, das der ganze Raum plötzlich heller wurde. Er hörte die Holzbalken der Wände knarren, als er Manjolas stolzen Blick sah und lächelte nickend. „Ja, du siehst aus wie eine Prinzessin“, sagte er. Holdikar kam ebenfalls ins Haus. „Oh, das sieht schön aus“, sagte er gleich und Manjola wurde rot vor Freude. „So, Frühstück“, meinte der Weihnachtsmann und die fünf saßen bald wieder an dem Tisch, an dem sie am Vorabend auch gegessen hatten. Es gab Brot, Pfannkuchen, Marmelade, Obst und sogar Lebkuchen. „Ihr seid unsere ersten Gäste in diesem Jahr“, erklärte der Weihnachtsmann, nachdem er sich gesetzt hatte. „Wir laden jedes Jahr im Dezember Kinder ein, aber wir schaffen es dennoch nie, alles rechtzeitig vorbereitet zu haben.“ Holdikar lachte. „Wir sind fast fertig. Nehmt euch, was ihr möchtet bitte.“ Das taten die drei, nun schon etwas weniger befangen als am Abend zuvor. „Wieviele Kinder kommen denn noch ?“ fragte Salina. „Nun, wir laden jedes Jahr ungefähr dreißig Kinder ein“, antwortete der Weihnachtsmann. „Nachher werden wir wieder aufbrechen und die nächsten holen.“ „Warum denn ?“ fragte Manjola. „Na, weil Weihnachten ist. Das Fest der Freude und der Liebe. Vielen Kindern auf der Welt geht es nicht so gut. Aber an Weihnachten soll es dann wenigstens einigen von ihnen gut gehen, finden wir.“ „Und was ist danach ?“ stellte Branko die Frage, die ihn am meisten beschäftigte. „Ihr müsst nicht zurück“, antwortete diesmal Holdikar. „Das ist meistens die Sorge der Kinder. Nein, ihr könnt bleiben solange ihr wollt.“ „Wisst ihr, das hier ist... nun... das Willkommensdorf“, sagte nun der Weihnachtsmann. „Hierher bringen wir die Kinder zuerst. Aber eigentlich ist das nicht so ganz echt. Ihr habt ja die Werkstatt gesehen. Das Spielzeug, das wir dort machen, ist ja eigentlich gar nicht mehr das, was sich Kinder heute wünschen. Holzeisenbahnen und Filzpuppen sind aus der Mode gekommen. Wir machen das noch, damit die Kinder hier am Anfang das vorfinden, was sie erwarten.“ Holdikar nickte. „Später ziehen die Kinder rüber in das eigentliche Dorf. Dort leben wir auch, wenn nicht Dezember ist.“ „Darum sind hier also keine anderen Kinder aus den letzten Jahren ?“ vermutete Salina. Beide Männer nickten. „Genau deshalb. Die sind alle drüben. Ihr könnt nach Weihnachten auch dorthin.“ „Eigentlich müsst ihr sogar, wenn ihr nicht wieder zurück möchtet. Hier ist dann kaum noch was los“, ergänzte der Weihnachtsmann. Er sah Manjola an. „Ich hoffe, das enttäuscht dich nicht. Das wir das Spielzeug in der Werkstatt eigentlich nur zur Show machen.“ Manjola schüttelte leicht den Kopf. „Ich weiß, das viele Kinder heute andere Sachen bekommen möchten. Ich hätte gerne so eine Puppe.“ „Oh, du kannst dir natürlich eine aussuchen“ meinte der Weihnachtsmann lächelnd. „Ihr alle könnt euch etwas aussuchen. Dann machen wir das auch nicht ganz umsonst.“ „Nachher zeige ich euch, was man hier so machen kann“, sagte Holdikar etwas später. Branko und die Mädchen hatten das großartige Frühstück beendet. Branko fühlte sich satt und wohl.
Wenig später führte Holdikar die Kinder durch das Dorf. Nun war es fast schon hell und sie konnten die Häuser und Hütten gut sehen. Es gab drei Schlafsäle für die eingeladenen Kinder und auch drei Badehäuser. Weiter gab es eine große Küche, die Werkstatt und den Stall für die Rentiere. Überall wuselten Wichtel herum, es waren mindestens zwanzig. Die waren freundlich, aber ein wenig wortkarg, stellte Branko bald fest. Hier und da standen einige Fichten und Tannen herum. Die Kinder durften überall hin und sich sogar in der Werkstatt versuchen. Manjola und Salina machten sich an diesem ersten Tag gleich je eine eigene Stoffpuppe, auf die sie sehr stolz waren. Branko versuchte sich an einer Gitarre, die bekam er aber am ersten Tag noch nicht fertig. Dabei halfen ihnen die Wichtel gerne.

In den folgenden Tagen kamen immer mehr Kinder an. Alle waren wie sie selbst Kinder, die auf der Straße gelebt hatten, in verschiedenen Ländern. Dennoch konnten sie alle miteinander reden. „Im Weihnachtsdorf versteht jeder jeden“, sagte Holdikar mal dazu. Branko, Salina und Manjola genossen die Tage sehr, sie nahmen etwas an Gewicht zu und hatten bald auch genügend Spielpartner, so das die Tage nicht langweilig wurden. Irgendwann stellte Branko fest, das das Weihnachtsdorf irgendwie... aufblühte. Selbst die Bäume schienen gewachsen zu sein und sahen prächtiger aus. Das erklärte ihm der Weihnachtsmann an einem Tag kurz vor Weihnachten. „Das hast du richtig beobachtet. Wir hier, also ich, die Wichtel und das ganze Dorf, wir leben von Emotionen. Du kannst dir ja sicher denken, das wir sehr sehr alt sind. Uns gab es schon, als die Welt entstand. Und auch wenn wir gerne Milchreis und Lebkuchen essen, so leben wir hauptsächlich von der Freude der Kinder. So ähnlich wie Glühbirnen, die Strom brauchen.“ „Na sowas“, wunderte sich Branko. „Darum also ladet ihr die Kinder auch ein ?“ „Ja, so haben wir und die Kinder etwas davon.“ Branko nickte, das klang vernünftig.
Das Weihnachtsfest wurde groß gefeiert, alle Kinder hatten viel Spaß.

Zwei Tage danach war Branko auf dem Weg in den Schlafsaal. Den teilten er, Manjola und Salina sich mittlerweile mit sieben anderen Kindern, die alle sehr nett waren. Manjola und Salina waren kurz vorher in den Schlafsaal gegangen. „Warte bitte“, hörte er den Weihnachtsmann rufen. Der und vier der Wichtel kamen aus dem Haupthaus. „Wir begleiten dich, ja ?“ Branko nickte, er freute sich, den Weihnachtsmann zu sehen, zuletzt war der ziemlich beschäftigt gewesen. „Junge, ich habe dir ja schon erklärt, das wir von den Emotionen der Kinder leben“, sagte der Weihnachtsmann auf dem Weg. „Jahrhunderte lang lebten wir nur von der Freude der Kinder. Aber weißt du, welche Emotionen und Gefühle noch viel mehr Energie bringen ?“ Branko schüttelte den Kopf und sah den Weihnachtsmann neugierig an. Der lächelte wieder nett und legte eine Hand auf Brankos Schulter. In diesem Moment hörte er Manjola schreien, der schrille Schrei kam aus dem Schlafsaal.
„Angst. Angst und Schmerz“, sagte der Weihnachtsmann. „Irgendwann haben wir festgestellt, das das noch viel besser wirkt und besser... schmeckt.“ Branko hörte nun auch andere Kinder schreien und spürte, das sich die Hand auf seiner Schulter mit plötzlich vorhandenen Krallen in seine Haut drückte. Er sah den Weihnachtsmann an. Der lächelte wieder, nun mit kleinen spitzen Zähnen im Mund. „Sehr viel besser sogar.“
 

CatgirlFanatic

Scriptor
Alte Zeiten, neue Welten


Die Menschenmassen drängten sich durch die Fußgängerzonen wie eine Lawine in Zeitlupe.

Die Zahl der nichtmenschlichen Besucher war wie jedes Jahr nicht gerade gering, aber das hatten lokale Brauchtümer eben so an sich: Umso obskurer, desto besser. Und die Tatsache, dass fast zwei Drittel des Planeten jenes seltsame Fest kurz vor Ende des lokalen Planetenjahrs mit Geschenken, Essen und seltsamen Verkleidungen feierte, war für viele Nicht-Menschen einfach ein faszinierendes Erlebnis.
Während einige Menschen zögernd einwandten, dass Aliens zu dieser heiligen Zeit nichts auf der Erde zu suchen hatten, waren die allermeisten froh über neugierige und friedliche Besucher, die sich jenen Besuch einiges kosten ließen. Und sich prinzipiell auf irdische Handwerksarbeiten stürzten, was ganze Industriezweige wiederbelebte.

„Ihr seid ein kurioses Völkchen“, murmelte Nyrana amüsiert und betrachtete Holzspielzeug, darunter eine Grippe und handgearbeitete Figuren. Nach einem kurzen Blick auf die Preise schüttelte die den Kopf und schritt mit ihrem menschlichen Partner weiter zwischen den Ständen hindurch. Der Geruch von gebrannten Mandeln, Gebäck und hundert anderen lokalen Spezialitäten erfüllte die Luft.
„Komm, immerhin haben wir ein paar Mützen für euch gefunden, die sogar passen“, erwiderte Chiisu.

Nyrana schielte nach oben zu jener rotweißen Mütze, die explizit Löcher für die pelzigen Katzenohren der Shantai besaß. Offensichtlich lohnten sich solch kleine Extras mittlerweile. „Nun, immerhin haben wir alle Spaß, oder?“, erwiderte Chiisu und schloss kurz die Augen und um sich dann mit einer Viertel Drehung nach rechts zu bewegen. „Da lang. Sie hat wieder einen.“

Die Menschenmenge vor ihnen teilte sich, nur um einen jungen Mann zu offenbaren, der mit dem Gesicht zur Wand an einer Hauswand klebte und verzweifelt um Hilfe rief. Die etwa zwei Köpfe kleinere Angreiferin hielt ihn ohne sichtliche Probleme mit einer Hand im Genick in Position, während sie nach und nach lederne Geldbeutel und Kreditchips aus den Taschen des Mannes beförderte und sie in den Schnee warf.

Ein paar Uniformierte waren ebenfalls vor Ort, der Anführer seufzte.
„Wenn ich zehn habe, was bekomme ich?“, fragte Laci’ray zuckersüß. Mit einem Blick deutete sie auf die Geldbeutel und Kreditchips. „Der hier war ganz gut, aber ziemlich langsam. Haben sie keine besseren?“
Chiisu blickte Nyrana an. „Glaubt sie immer noch, das ist eine unserer lokalen Traditionen?“
Nyranas Ohren zuckten amüsiert. „Ich fürchte fast ja…“

Eine gewaltige Portion Zuckerwatte näherte sich ihnen, respektive eine dritte Shantai, die vier geradezu gigantische Portionen der süßen Leckerei vor sich hertrug, wie die drei Könige aus dem Morgenland ihre Geschenke.
„Hey, Ciantary, hier sind wir. Zwanzig Meter weiter geradeaus“, rief Chiisu lachend. Wie hat sie nur solche gigantischen Portionen bekommen?
Als sie die Zuckerwatte verteilte, bekam Chiisu so eine kleine Idee, woran das liegen mochte. Ciantary trug ihr langes, blondes Haar ausnahmsweise einmal offen, die großen blauen Augen strahlten bei jedem Bissen in die Zuckerwatte und der weißrote Mantel war exakt so weit zugeknöpft, dass ihre beachtliche Oberweite gut zu sehen war. Ein wenig sah sie wie die Ab-18 Version eines weiblichen Weihnachtsmannes aus.

Von der zusätzlichen Zuckerwatte befreit, klammerte sie sich an den freien Arm von Chiisu und zu viert schlenderten sie in eine andere Richtung.

„Sag mal, Chiisu, muss ich was Bestimmtes sagen oder tun, dass die sich wehren? Bisher laufen sie nur weg und das nicht mal schnell…“

Chiisu schüttelte lachend den Kopf. „Du bist die einzige, die sich freut, Taschendiebe zu fangen, meine liebe Laci. Das sind gewöhnliche Diebe, die dieses Fest zu ihrem Zweck ausnutzen.“

„Meine Güte, was für Versager. Ich rieche sie zehn Meter gegen den Wind…“ Sie zog die Nase kraus. „Also keine Verfolgungsjagd? Schade…“

Chiisu öffnete den Mund, schloss ihn aber hastig wieder. Der Vorschlag einer ganz friedfertigen Schneeballschlacht als Alternative war beim zweiten Gedanken kein wirkliches Vergnügen, wenn die Gegenseite über eine derartige Hand- Augen Koordination verfügte, dass Fehlwürfe quasi ausgeschlossen waren. Und schon zwei mal nicht, wenn jemand wie Laci auf der Gegenseite steht. Das letzte Mal war sie aus einer Schneewehre hinter ihm aufgetaucht, hatte ihn mit einem Schrei zu Boden gerissen und von oben bis unten eingeseift.

Laci schlenderte vor ihnen, wandte den Kopf um und verengte die eisblauen Augen zu einem kurzen, fixierten Blick des Jägers. „Eine Schneeballschlacht wäre doch keine üble Idee… oder, was meinst du?“
Chiisu seufzte. „Danke, dass letzte Mal hat mir gereicht. Ich war nass bis auf die Knochen, weil mir jemand Schnee unter den Schneeanzug gestopft hat…“
Laci rümpfte die Nase. „Und du vergisst das heiße Wannenbad mit Nyrana, was danach gefolgt ist, oder?“
„Zugegeben“, erwiderte Chiisu und schmunzelte bei dem Gedanken daran. „Aber ich würde jetzt nicht behaupten wollen, dass genau das in deiner anfänglichen Intention lag, oder?“ Nyrana schüttelte lachend den Kopf. „Wer weiß das schon? Nicht mal ich verstehe Laci’rays Gedankenwelt. Das tut wohl niemand.“
„Wo ist sie überhaupt?“, fragte Ciantary Zuckerwatte kauend. Eben war Laci’ray noch neben ihnen, jetzt war sie verschwunden. „Schon wieder… kann sie nicht wenigstens mal an Weihnachten damit aufhören?“
„Kannst du aufhören zu atmen?“, fragte Nyrana amüsiert. „Vielleicht hat sie noch einen dieser Taschendiebe entdeckt, wer weiß.“
Eine halbe Minute später piepte es leise im Kragen von Nyranas Weihnachtsoverall. „Laci? Wo steckst du?“, fragte sie gedehnt und sah sich suchend um. „Geht fünfzig Meter weiter, dann nach rechts. Dort warte ich auf euch.“
„Verstanden. Und Laci? Es ist Weihnachten. Sei nett, ja?“

Ein Brummen antwortete, dann erstarb die Verbindung.



In der Gasse wartete Laci’ray, auf dem Boden kauerte ein Mann, der etwas umklammert hielt und beinahe ängstlich nach oben blickte. Laci’ray spielte gelangweilt mit einem verzierten, leicht gebogenen Dolch, indem sie ihn hochwarf und mit einem Finger auffing und auf diesem balancierte.
„Noch einer? Du bekommst keine Prämie, Laci“, bemerkte Chiisu seufzend. Laci’ray schob den Dolch zurück unter ihren Mantel. „Er verfolgt uns seit geraumer Zeit. Und ich mag nicht verfolgt werden.“
Ängstlich blickte der Mann zu den Neuankömmlingen herauf. Chiisu beugte sich herunter und reichte ihm eine Hand. „Stehen Sie auf. Können Sie uns erklären, was das soll?“
Er musterte Nyrana misstrauisch, die mit versteinertem, leicht indignierten Blick den Fremden musterte. Und wen Nyrana mit diesem Blick Leute musterte, war das kein sonderlich gutes Zeichen. Für die Delinquenten wohlgemerkt. Lediglich Ciantary machte mit ihrem Weihnachtskostüm einen friedfertigen, harmlosen Eindruck.

Der Mann räusperte sich und wedelte mit dem Umschlag. „Das ist für Sie, schätze ich.“ Er drückte Chiisu den Umschlag in die Hand, doch Laci’ray hielt den Arm des Mannes fest. „Woher wissen wir, dass das kein Sprengmittel ist?“ Sie schnipste. „Ich weiß, Sie öffnen ihn.“ Der Mann blickte sie an, dann Chiisu, zuckte schließlich mit den schmalen Schultern. „Meinetwegen.“ Er tat es und zog einen altertümlichen Brief heraus, den er nach kurzem Nicken von Laci ebenfalls öffnete. Bevor Laci ihn noch zwingen konnte, ihn zu lesen, nahm Chiisu ihn entgegen. „Danke sehr.“

Der Bote räusperte sich. „Damit ist mein Auftrag erfüllt. Ich wünsche noch einen schönen Aufenthalt auf der Erde.“ Nyrana gab Laci zu verstehen, den verängstigten Mann ziehen zu lassen.

Chiisu pfiff leise durch die Zähne. „Nicht schlecht. Das hier ist eine Einladung nach Wihen nahten. Das ist ein ziemlich exklusives Winter-Ressort. Oder eher Planet.“
„Heißt?“, fragte Laci’ray leicht gelangweilt. Chiisu studierte den Brief. „Der Planet ist vor fast fünfzig Jahren entdeckt und von einem privaten Investor besiedelt worden. Er hat ein relativ kaltes Klima und befindet sich im quasi Besitz eines privaten Konsortiums. Eigentlich ist er ein großer Freizeitpark, der komplett privat erschlossen worden ist.“
„Und was ist daran besonders?“, fragte Nyrana gedehnt.
Chiisu lachte. „Stell dir das perfekte Weihnachten vor. Wie früher, vor dem Weltraumzeitalter. Sozusagen ein lebendes Klischee, wenn du möchtest. Wetterkontrolle, holographische Spitzentechnologie, geklonte Tiere wie Rentiere mit fluoreszierenden Nasen sind noch das geringste. Es ist sündhaft teuer, dort auch nur zu landen. Ein wenig Nostalgie und das perfekte Weihnachten mit allem drum und dran. Du kannst sogar das Weihnachten deiner Kindheit exakt nachspielen, inklusive Hologramme von Verwandten oder Freunden.“

„Und das ist jetzt… kostenlos?“, fragte Nyrana gedehnt. Nicht, dass sie es sich nicht hätte leisten können. Im Grunde hätte Nyrana Na’saku den ganzen Planeten aufkaufen können, hätte sie das gewollt.
„Sieht so aus. Hier steht eine Nummer, bei der wir uns vergewissern können, dass es kein Scherz ist.“
„Fahren wir da hin?“, fragte Ciantary gedehnt und steckte ihren blonden Wuschelkopf zwischen Chiisu und Nyrana durch, um einen Blick darauf zu erhaschen. „Es gibt sogar Skipisten, die eine fast senkrechten Abschuss haben. Auf Wunsch sogar ohne Gravitationsnetze, glaube ich.“
Laci’ray hob den Kopf. „Ohne euren bescheuerten, ängstlichen Äffchen-Sicherheitswahn? Ich fange ganz langsam an, mich dafür zu erwärmen.“

Ein kurzes Ferngespräch später, inklusive einer übermittelten Sicherheitsnummer, die auf der Einladung vermerkt war, lag die Bestätigung vor. Vier Exklusivpässe für Wihen nahten, inklusive aller möglichen Extras. Irgendwer war äußerst großzügig. Nyrana stritt ab, etwas damit zu tun zu haben und sonst war keiner der anderen auch nur in der Lage, eine Postkarte von dort zu ordern, ohne sich heillos zu verschulden.

Das Ziel ihrer kurzen Reise lag in einem Sternensystem, dass etwas abseits der üblichen Handels- oder Verkehrsrouten lag und keineswegs etwas Besonderes war. Weder ressourcentechnisch, noch geostrategisch. Ein absolutes Hinterhof-System sozusagen.
Der Planet selbst war eine eisige Kugel, die zwar noch im habitablen Bereich des Sterns lag, aber dank einer wesentlich angenehmeren Nachbarschaft lange genug ignoriert worden war, um schließlich nach ein paar Forschungsmissionen in die Hände von privaten Investoren zu fallen.

Neben einer Reihe von Zwölftausendern, die schon beim Überflug ihres Shuttles gut zu sehen waren und Laci’ray ein Leuchten in die Augen trieben, war das Landeterminal das einzige, größere und befestigte Gebäude im näheren Umkreis. Inklusive Hotelanlage, war es jedoch nur Zwischenstation. Die einzelnen Gebäude, in denen Gäste untergebracht waren, lagen sehr weit verstreut voneinander, so dass es kaum wahrscheinlich war, dass sich Gäste trafen. Was auch gar nicht gewünscht war, wie die künstliche Intelligenz des Shuttles bei dem Überflug erklärte. Das perfekte Weihnachten ist für jede Besuchergruppe individuell und individuelle Bedürfnisse unterscheiden sich voneinander.
Wie auch immer die Betreiber jene Bedürfnisse herausgefunden haben wollten. Irgendwie war Chiisu ein klein wenig mulmig zumute, wenn er an jene Bedürfnisse von Laci’ray dachte. Wilde Tiere und eine Lawine kamen ihm dabei durchaus in den Sinn. Und das waren noch die harmloseren Dinge.

Ihre Hütte war gemütlich und beinahe perfekt nach alten Plänen aufgebaut, auch wenn die eine oder andere kleine, historische Unkorrektheit der Bequemlichkeit geschuldet war. Zumindest der Anschein war der, dass alles wie vor zwei- oder drei Jahrhunderten war. Ein großer, steinerner Kamin inklusive einer Reihe von Socken, die darüber hingen. Sogar ein Fernsehgerät war vorhanden, auf dem man uralte Filme aus jenen Tagen schauen konnte, die es seit Jahrhunderten in immer neuen Versionen alljährlich in die Wohnzimmer schafften. Das hier waren Originale aus jener Epoche, zumindest wurde damit geworben.

Während des Fluges hatten sie alle eine ganze Reihe von Fragen gestellt bekommen, die jeder für sich beantwortet hatte. Zwar war die Verlockung, ein Weihnachten seiner Kindheit nochmals zu erleben, durchaus vorhanden, aber im Anbetracht der Gegenwart, war jene einfach für den erwachsenen Chiisu wesentlich interessanter.

„Wir haben ein gewaltiges Gebiet nur für uns. Inklusive Schneepisten und eine ganze Reihe von Hütten, die wir theoretisch erreichen können. Wenn wir andere Urlauber treffen wollen, müssen wir das angeben. Und diese müssten zustimmen.“

„So? Reichen dir drei hübsche junge Damen nicht?“, fragte Nyrana lauernd und schlang ihre Arme von hinten um Chiisu. Sie drückte ihre Wange an seine. Er lachte und lehnte sich zurück. „Ich hab nicht gesagt, dass ich irgendwen sonst hier treffen will. Das sind mit Sicherheit alles reiche Snobs, die ihr Geld geerbt…“

Er hüstelte und beendete den Satz nicht, weil ihm gerade noch eingefallen war, dass Nyrana ihr, nicht unbeträchtliches, Familienvermögen ebenfalls geerbt hatte, als sie volljährig geworden war. Gut, sie hatte es durch geschickte, wie kluge Maßnahmen vervielfacht, aber der Grundgedanke war der gleiche. Zum Glück war Nyrana Geld leidlich egal, sehr zum Ärger gewisser Teile der Anverwandtschaft, die sich jedoch hüteten, einen Zwist mit Nyrana vom Zaun zu brechen.

Sie biss ihm liebevoll zärtlich in die Wange und leckte darüber. „Du hast Glück, dass hier keine reichen Snobs sind, mein Lieber. Und ich würde das nicht so laut sagen, ich bin mir nämlich recht sicher, dass wir Shantai weitaus einfacher mit Low-Tech zurechtkommen würden, als du zivilisationsverwöhntes, kleines Äffchen.“
„Vergiss nicht Ciantary. Sie würde durchdrehen“, erwiderte er kleinlaut. Diese betrachtete gerade mit der Neugier eines Technologiebegeisterten den Fernseher, hatte jedoch den Anstand, ihn nicht auseinanderzuschrauben.
„Gib ihr drei Tage und sie hat eine Dampfmaschine, eine Woche und die Atomkraft neu entdeckt. Ich sehe da keine allzu große Sorge, was euch Shantai betrifft.“

„Wenn du lieb fragst, bekommst du ein Platz am Feuer, Äffchen. Dann lassen wir dich auch nicht verhungern“, bemerkte Laci’ray und überprüfte mit einem leichten Rütteln die Stabilität der Tür. „Sieht solide aus“, murmelte sie nachdenklich.
„Wahrscheinlich willst du mich irgendwann dann aufessen, oder?“ Sie wandte den Blick, ihre Katzenaugen musterten ihn kurz nachdenklich. „Du bist zu langsam und eine Jagd auf dich würde nicht den geringsten Spaß machen. Außerdem würde mir Nyrana während dem Essen die Ohren vollheulen.“
„Dann nimm meine aufrichtige Entschuldigung an, dass ich keine lohnenswerte Beute für deine Fähigkeiten abgebe, meine liebe Laci.“
Ihr Blick fixierte seinen, für einen Moment schien sie zu überlegen, ob seine Entschuldigung ernst gemeint war. Dann entblößte sie ihre spitzen Eckzähne. „Kein Problem, mein lieber Chiisu. Kein Problem.“

Die folgenden zwei Tage waren tatsächlich friedlicher, entspannender Urlaub. Nyrana und Chiisu verbrachten das, was Romantik ziemlich nahe kam. Interesse weckte ein kleines Willkommensgeschenk, dass aus mehreren Kilo Keksen und einem Buch bestand: Geschichte und Herkunft von Weihnachten. Eine etymologische Betrachtung aus heutiger Sicht.

Ciantary war mehr als nur glücklich, vor dem Fernsehgerät zu sitzen, Kekse in sich zu schaufeln und das Weihnachtsprogramm von knapp 250 Jahren terranischem Unterhaltungsprogramm zu schauen. Und Laci’ray… hatte schon nach einem halben Tag genug und verschwand, eine Spur von Kleidung von sich werfend, mehr oder weniger nackt im Wald, nur mit einem Schwert und einem Dolch im Stiefel bewaffnet.
Normalerweise wäre so ein Verhalten ernsthafter Grund zur Sorge, doch in diesem speziellen Fall tat Chiisu eher die einheimische Fauna leid.

Das Wetter hatte, ganz stilecht, zu einem dezenten Schneesturm umgeschlagen, der immer dichter wurde. Das Feuer im Kamin flackerte und knisterte, Ciantary saß wie eine sprichwörtliche Katze vor dem großen Ofen der Küche und betrachtete die Kekse durch die kleine Scheibe beim Bräunen.
„Meinst du, Lacy kommt zurecht? Ich mache mir langsam sorgen“, bemerkte Chiisu und streckte sich auf der Decke vor dem Kamin. Nyranas Ohren zuckten kurz. Ohne die Augen zu öffnen, erwiderte sie: „Sie hat sich wahrscheinlich schon ein paar Felle und einen Unterschlupf besorgt.“
„Wahrscheinlich hast du recht. Es braucht wohl etwas mehr, als ein bisschen Schnee, um mit Laci fertig zu werden… Zum Beispiel einen Kometeneinschlag auf ihren Kopf.“
„Mindestens. Wahrscheinlich hat sie einen Pakt mit dem Tod höchstpersönlich geschlossen“, erwiderte Nyrana gähnend und kuschelte sich enger an ihn. „Diese Ruhe macht mich fast ein wenig misstrauisch.“
Er strich ihr durchs lange, dunkelrote Haar. „Ach wirklich? Willst du auch raus in die Kälte? Es wird schon dunkel, ich glaube kaum, dass das sonderlich angenehm ist…“ Ein leises Geräusch ließ Nyrana innehalten. Chiisu bemerkte das Zucken ihrer Katzenohren und lauschte ebenfalls. „Was ist?“
„Ich habe was gehört“, murmelte sie schläfrig und spannte sich etwas an. „Wahrscheinlich nur ein Baum, der unter dem Schnee nachgibt. Das Wetterkontrollsystem übertreibt es wohl ein wenig…“ Sie sah ihn an, direkt in die Augen. „Ich habe was gehört“, wiederholte sie leise, aber bestimmt.
„Wahrscheinlich Laci, die zurückkommt. Oder im schlimmsten Fall ein Tier, dass in der Nähe herumschleicht. Es gibt hier nichts wirklich Gefährliches, glaube ich. Und selbst wenn, haben sie mit Sicherheit alle Tiere mit Sendern versehen und jemand, der sie von den Besuchern fernhält.“

„Kein Tier“, flüsterte Nyrana und schob die Decke zur Seite, richtete sich auf und sah sich kurz um. „Auf dem Dach“, flüsterte sie und ging schnellen Schrittes zum Tisch, auf dem ein schlankes, wie tödliches Schwert lag. Energiewaffen waren hier verboten, dass hatten die Betreiber schon beim Anflug erklärt. Was für Shantai keine nennenswerten Einbußen im Punkto Bewaffnung bedeutete.
Irgendwo krachten Äste, dann gab es ein dumpfes Geräusch, als etwas in den weichen Tiefschnee plumpste. „Kein sehr geschickter Kletterer“, murmelte Nyrana und ging in Richtung Tür.
„Du willst dir nicht vielleicht was anziehen“, fragte Chiisu gedehnt und schlüpfte in seine Jacke. Nyrana sah ihn, nur in Unterwäsche amüsiert an. „Keine Sorge, du darfst mich danach wärmen.“ Er seufzte. „Ciantary, mach schon mal etwas Tee heiß. Ich habe so eine Ahnung, dass…“
Nyrana öffnete die Tür und vor ihnen stand Laci’ray. Teils mit Schnee und gefrorenem Blut bedeckt, gekleidet in die Überreste eines Fells. Der perfekte Auftakt eines der in letzter Zeit auf der Erde berühmt gewordenen Trivideo Low Fantasy Epen.

„Wir sind hier nicht alleine“, flüsterte sie bedrohlich leise und sah sich betont langsam um. Nyrana rollte mit den Augen, seufzte und zog sie in die Hütte.
„Meine Güte, Laci. Man kann es auch übertreiben“, seufzte Chiisu und reichte ihr ein großes Handtuch.
Sie ließ das Fell von ihren nackten Schultern gleiten und ging, sich das Gesicht und Haare trocknend, in Richtung Kamin. „Danke, ich hatte viel Spaß. Aber da draußen ist wirklich jemand.“
Chiisu wandte sich an Ciantary. „Bring ihr was zu Essen und was heißes zu Trinken, sei so lieb, ja? Ich schaffe mal das Fell nach draußen…“ Er hob das müffelnde, schwere Stück Fell mit spitzen Fingern an und schleifte es nach draußen.
Hoffentlich war das kein Rentier, was sie umgenietet hat. Meine Güte, wir fliegen hier hochkant raus, wenn die Leitung davon Wind bekommt… Der Schneesturm hatte, zumindest für den Moment etwas nachgelassen. Chiisu stapfte durch den Tiefschnee zu dem kleinen Anbau, öffnete die hölzerne Tür und stopfte das Fell dort hinein.
„Du solltest das wirklich loswerden, das ist nicht gerade sehr weihnachtlich.“ Chiisu wandte sich um und erblickte eine junge Frau, die an der offenen Tür lehnte. Langes, blondes Haar, helle Haut und spitze Ohren. Dazu ein weißes Kleid und eine rotweiße Mütze auf dem Kopf. „Ja, ich schätze, manche haben eine ziemlich seltsame Definition von Spaß“, erklärte er und betrachtete die Unbekannte genauer. Spitze Ohren. Eine Elfe? „Und du bist? Das Christkind?“, fragte er schmunzelnd.

„Oh, du hast mich sofort erkannt“, erklärte sie mit bezauberndem Lächeln und zupfte an ihrem Röckchen. Chiisu nickte. „Ich habe mir schon so etwas gedacht…“ Die Frage ist nur, ob du eine Schauspielerin oder ein Hologramm bist, meine Kleine. Ein eng projiziertes Hologramm wäre hier wohl die sicherere Variante. Vor allem für das Christkind selbst. Mit einem Fuß schloss sie die Tür hinter sich. Also kein Hologramm, oder aber eines mit variabler magnetischer Eindämmung, um eine Interaktion zu ermöglichen.
„Kann ich dir helfen?“, fragte Chiisu und verstaute das Fell in einem der Schränke.
Sie stand plötzlich direkt vor ihm, so dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten. Sie sah ihm in die Augen. „Ich dachte eher, ich kann dir helfen…“ Auf den Zehenspitzen stehend, formten sich ihre Lippen zu einem Kussmund. Chiisu blinzelte überrascht. Gut, dass war keine schlechte Variante des Christkinds, aber erwartet hatte er das nicht. „Ich glaube, meine Erinnerungen an das Christkind sind doch etwas anders, als das hier“, erwiderte er schmunzelnd und machte keine Anstalten, sie zu küssen.
„Tut mir leid, das kann ich leider nicht akzeptieren“, erwiderte sie immer noch verschmitzt lächelnd. Doch in diesem Lächeln war etwas kaltes, bedrohliches. Ihre Hand berührte seine Schulter und jähe Kälte durchzuckte seine Haut, Muskeln bis zum Knochen herunter. Überrascht stieß er eine Dampfwolke aus. „Was soll das?“, keuchte er überrascht und spürte, wie sich die eisige Taubheit in ihm ausbreitete.
„Keine Sorge, es tut nicht sehr weh.“
„Weißt du eigentlich, wie oft ich diesen Satz höre, seit ich mit Nyrana zusammen bin? Und im Unterschied zu dir macht sie mir danach wenigstens Frühstück!“ Er stieß sie von sich, tauchte unter ihren Armen weg und sprang in Richtung Tür. Das Leben mit Nyrana und Laci hatte Chiisu drei Dinge gelehrt: Wäge deine Chancen ab, sei realistisch über deine eigenen Fähigkeiten und zu guter letzt: Wähle klug, wer deinen Rücken deckt.
„Nyrana, Laci! Ich brauche…“ Er hatte die Tür aufgestoßen, einen Schritt hinaus gemacht und hatte schon den eisigen Atem im Nacken gespürt, als ihn jemand mitten im Schrei nach oben riss. Bevor er richtig begriff, was passierte, saß er neben Nyrana auf dem hölzernen Dach der kleinen Hütte.
Unter ihnen splitterte die Tür, als Laci’ray sie eintrat und mit Schwert in der einen, dem Dolch in der anderen die kleine Hütte stürmte. „Jetzt tötet sie das Christkind. Ich schätze, damit war’s das mit den Geschenken für mich, dieses Jahr.“
„Sei nicht so pessimistisch, mein Süßer. Warte erst mal ab, was ich für dich hab“, flüsterte Nyrana in sein Ohr und drückte ihn an sich, um ihn zu wärmen.

Aus der Wand stieß mit einem Mal die Spitze des Schwertes durch das Holz. Einen Moment war Stille, dann trat Laci’ray aus der Hütte. Sie blickte nach oben, die Arme in die Seiten gestemmt. „Sie ist weg. Hat sich einfach aufgelöst, als ich sie durchbohrt hab. Ich glaube, wir müssen uns über euer Weihnachten noch mal unterhalten, Chiisu.“ Mit dem Fuß an der Außenwand, zog sie die Klinge heraus. „Ich fange an, es zu mögen.“

Zurück in der Hütte packte Nyrana Chiisu so dicht vor den Kamin, dass er die Hitze auf seiner Haut spürte. Aber zumindest ging jenes taube Kältegefühl langsam zurück. Sie hatte Chiisu aus seiner Kleidung geschält und betrachtete die blauen Fingerabdrücke auf seiner Schulter.
Ciantary reichte ihm dampfenden Kakao und stellte einen großen Teller Kekse neben ihn, bevor sie sich an seinen Arm klammerte. „Alles in Ordnung?“, fragte sie gedehnt und musterte ihn ganz genau von der Seite. Er nahm einen Schluck und schloss die Augen, als Nyrana seinen Rücken und Schultern massierte. „Ich fürchte, wir haben hier ein durchgedrehtes Hologramm…“

Ciantary legte den Kopf schief, betrachtete seine Schulter. „Photonen können keine Temperaturen manipulieren, du Dummerchen.“ Sie kicherte und blickte dann zur Decke, während sie vor sich hinmurmelte. „Ein cryogenischer Strahl, scharf gebündelt, hingegen…“
„Wie auch immer, das ist kein Spaß. Hierfür wird sich jemand verantworten“, knurrte Nyrana ungehalten. Chiisu zog ihren Kopf näher und küsste sie. „Weißt du, dass Reichstruppen auf dem Weihnachtsplaneten nicht unbedingt die Idee vom friedlichen Weihnachten repräsentieren, wie wir Menschen es uns vorstellen?“, fragte er, musste aber lachen.
„Wir werden schon damit fertig, keine Sorge“, erwiderte Laci’ray fröhlich und putzte ihr Schwert. „Also hab ich die Wahl zwischen einigen tausend Mann Rauminfanterie des Reiches und Laci’ray?“ Die Frage war, was mehr Schaden anrichten würde. Er warf einen kurzen Blick auf Laci’ray, die hingebungsvoll ihre Waffe reinigte. Auf der anderen Seite hatten sie zumindest keine schweren Waffen, also war der Schaden an der Umwelt eher als gering einzustufen.
Laci’ray erhob sich. „Ich geh ein paar Fallen aufstellen. Bis später.“
„Wenigstens hat Laci Spaß“, murmelte er. „Oh, warte mal ab, wie es in ein paar Minuten aussieht“, raunte Nyrana ihm verschwörerisch zu und gab Ciantary einen Wink. „Zieh mal dein Weihnachtskostüm an, ich hab da so eine Idee…“

„Und, fühlst du dich besser?“, erkundigte sich Nyrana und küsste ihn innig von oben. Sein Kopf drückte sich an ihre Brüste, während Ciantary in den letzten Zügen eines versucht grimmigen Gesichtsausdrucks lag, während sie rittlings über ihm saß und mit ihrem Katzenschwanz vor seinem Gesicht fuchtelte und ihre Frage, ob er auch brav gewesen war, wiederholte.

„Ich fürchte nicht“, erwiderte Chiisu und betrachtete sinnierend den letzten Knopf an Ciantarys Weihnachtsjacke, dem letzten Kleidungsstück an ihrem Oberkörper. „Haben wir noch Zuckerguss?“, fragte er sinnierend, doch bevor Nyrana antworten konnte, öffnete sich die Tür zum Hauptraum mit einem leisen Quietschen. Schwere Schritte stapften über den hölzernen Boden, inklusive einem lauten Ho Ho Ho.

Mit einem leisen Geräusch löste sich der letzte Knopf an Ciantarys Jacke und ihre großen, wohlgeformten Brüste rutschten heraus. Mit den Händen an Nyranas Brüsten, blickte Chiisu in Richtung Tür, wo ein dicker, wohlbeleibter Mann in rot-weißer Jacke stand. Zu einer Statue gefroren, was an der Schwertklinge liegen mochte, die an seinem Hals lag.
„Ho Ho Ho, alter Mann“, knurrte Laci’ray hinter ihm bitterböse. „Ganz langsam, sonst muss ich dem armen Chiisu ein Trauma verpassen…“
Der Weihnachtsmann blickte über seine Schulter, entschied dann jedoch, dass es das klügste war, einfach in die Hütte zu gehen. „Die Frage ob du brav warst, mein lieber Chiisu, kann ich mir wohl sparen, hm?“, fragte er mit grollender, aber nicht unfreundlicher Stimme.
„Ich könnte Ihnen da Sachen erzählen, was das betrifft“, begann Nyrana schmunzelnd und schlüpfte in ihre Jacke.
Ciantary erhob sich und ging auf den Weihnachtsmann zu. Neugierig umrundete sie ihn einmal, berührte ihn dann vorsichtig. „Kein magnetisches Eindämmungsfeld“, erklärte sie dann schlicht.
„Das heißt, ich kann es ohne Probleme von seinem Kopf trennen? Sehr gut“, erwiderte Laci’ray schlicht. Nyrana seufzte. „Nimm das Schwert runter.“
Laci gehorchte, wenn auch mit leidendem Gesichtsausdruck.
Chiisu räusperte sich. „Nichtsdestotrotz, wir haben bereits ein kleines Problem gehabt. Einer ihrer… Mitdarsteller hat mit etwas zu viel Hingabe versucht, mir Weihnachtsfreude zu verschaffen.“
Der alte Mann blickte ihn betroffen an. „Das tut mir leid. Ist sie…“ Chiisu deutete auf Laci’ray. „Sie hat sie vertrieben. Oder so.“
„Das ist schön zu hören. Ich muss um Entschuldigung bitten.“ Chiisu deutete auf einen Stuhl. „Bitte.“
Der Weihnachtsmann nickte. „Danke. Ich fürchte, ich muss Ihnen ein Geständnis machen…“
„Dass sie kein Hologramm sind und auch kein Schauspieler?“, fragte Chiisu gedehnt und lehnte sich gegen Nyrana. „Was meinst du?“, fragte sie verwundert.
„Das Buch, das war der erste Hinweis. Wusstest du, dass es Theorien gibt, die besagen, dass viele Legenden einen wahren Kern haben, der aus Kontakt mit extraterrestrischem Leben beruht?“
Er blickte den Weihnachtsmann nachdenklich an. „Der zweite war das vermeintliche Christkind. Wissenschaftlich betrachtet, hat sie mir Energie entzogen. Die Frage ist, wieso?“ Er erhob sich langsam. „Kombiniert, bleibt ein einfacher Schluss. Sie brauchen was von uns. Und wenn man sich die Gästeliste hier anschaut, seid ihr drei die einzigen Nichtmenschen hier. Ich glaube, das hier war ein Test…“
Der Weihnachtsmann verschränkte die Arme, nickte dann leicht. „So ist es.“
„Warum?“, fragte Nyrana gedehnt.
Chiisu sah zu Laci, dann zu Ciantary. „Energie. Ihr seid, verzeih mir den Ausdruck, eine Spezies mit vielen Mythen, Bräuchen und einem reichhaltigen Glauben. Wir Menschen haben davon einiges abgestreift, als wir zu den Sternen aufgebrochen sind. Und wenn ich raten müsste, liegt darin der Knackpunkt, oder?“
Der Weihnachtsmann blickte an Chiisu vorbei. „Wir haben nie etwas Böses getan. Nur etwas Energie abgeschöpft, was deine Spezies an diesen Tagen ausgesandt hat. Mit euer Wissenschaft und euren neuen Technologien wurde es für uns zu gefährlich…“
„Deswegen diese Welt? Ein großes Theater, dass in Wahrheit gar keins ist? Was genau wollt ihr von uns?“
Der Weihnachtsmann erhob sich und lächelte verschmitzt. „Nicht viel. Nur, dass ihr ein fröhliches Weihnachten feiert.“
Chiisu nickte. „Ich glaube, das geht in Ordnung, oder, Nyrana?“ Die Shantai nickte. „Das kriegen wir hin. Ich hoffe nur…“
Der Weihnachtsmann lachte. „Solange ihr es aus Liebe tut, ist es völlig in Ordnung.“
„Mh, das freut mich wirklich zu hören. Ich tue viele Dinge aus Liebe“, schnurrte Laci’ray hinter Chiisu.

Der Weihnachtsmann wandte sich in Richtung Tür. „Ach eine Sache noch… ich vermisse eines meiner Rentiere…“
 

Shishiza

Sehr brave Fee^^
Teammitglied
Mod
Der etwas andere Wunsch

Als Sabrina damals auf die Welt kam, war es eigentlich, so sagten die anderen immer wieder, ein sehr ungünstiger Zeitpunkt. Denn ihr Geburtstag war, so verrückt das klingen sollte, nämlich der 24. 12. Sie kam genau um 12. 24 Uhr auf die Welt und war sofort im Mittelpunkt. Jeder sagte, das sie ein Weihnachtskind sei und jeder war begeistert. Die ersten drei Jahre waren ihr das aber egal, weil sie zu jung war. Aber je älter sie wurde, um so mehr merkte sie, das sie einen verdammt doofen Tag hatte, an Weihnachten geboren zu sein, denn so konnte sie nie wirklich mit ihren Freundinnen feierten, oder im Kindergarten, später in der Schule, denn alle waren so sehr auf Weihnachten konzentriert, das sie ihren Geburtstag total vergessen hatten. Ihr besonderer Tag ging damit unter.

Sobald Sabrina lesen konnte, war ihr Lieblingsgenre die Fantasie. Jedes Buch, das sie in die Hände bekam, war zu 100% Fantasie und sie verschlang es fast mit Haut und Haar. Immer wieder träumte sie, das sie doch eine besondere Person sei und das sie mal so feiern durfte, das sie alles bekam, was sie wollte und vor allem, das ihr Tag was besonderes sein sollte.

Jahr für Jahr verging. Sabrina war inzwischen 11 Jahre und wusste, bald war es wieder so weit, ihr Geburtstag, der ihr besonderer Tag war, wurde durch Weihnachten überdeckt. Ihre Eltern bemühten sich zwar, aber trotzdem war es nicht das Gleiche, wie ihre Klassenkameradinnen es immer wieder ihr vormachten. Sie feierten groß und meist mit viele Gästen, Kuchen, Torten, Getränke und Geschenken. Aber jedes mal, wenn sie versuchte, eine Feier zu machen, sagten alle ab, weil es ja in den Ferien und weil ja Weihnachten war. Also wusste Sabrina auch, das dieses mal alles beim alten bleiben würde, sie würde mit ihren Eltern feiern und mehr nicht. Meist nachmittags und abends dann normal Weihnachten. Je näher dieser Tag rückte, um so trauriger wurde Sabrina innerlich, wie die Freundinnen immer fröhlicher und ausgelassener wurden. Sie zog sich immer mehr in ihre Fantasiewelt zurück und las die Bücher immer und immer wieder. Die Zeit verging und ihr Geburtstag kam immer näher. Ihr Wunsch, das sich endlich etwas ändern sollte, wurde in ihrem inneren immer stärker und stärker. Sie wollte was besonderes sein, sie wollte endlich auffallen und vor allem wollte sie endlich, das man ihren besonderen Tag so würdigt, wie es sich eigentlich für ihren Geburtstag sein sollte. Jeden Abend betete, das ihr Wunsch, der eigentlich vor allem als Gefühl zu deuten war, in Erfüllung gehen würde. Mit vollem Herzen wollte sie es, ein sehnen, wie es immer stärker wurde.

Die letzten Test und Arbeiten wurden in der Schule geschrieben. Sie war ganz passabel, aber nicht überwältigend, sie lernte normal aber nicht so, das sie als Streberin durchging. Dann war es endlich geschafft, sie hatten alles geschrieben, auch wieder alles zurück bekommen und die Noten gemacht. Jetzt begann auch die Schule für Weihnachten sich zu verwandeln. Sabrina hatte noch die Zeit zum lernen genutzt, um sich abzulenken, aber als die Schule immer weihnachtlicher wurde, wurde sie wieder trübsinnig. Während die anderen immer aufgekratzter wurden, wurde sie immer ruhiger und stiller.

Der 4. Advent kam und auch der letzte Schultag wurde mit einem Gottesdienst gefeiert. Langsam, vollgepackt, da ja wieder die Schule leer sein sollte, ging Sabrina nach Hause. Sie hatte jetzt wieder über zwei Wochen Ferien und sie freute sich überhaupt nicht. Ihre Eltern waren noch in der Arbeit, also kam sie in ein leeres Haus. Sie ging ins Haus und begann ihre Schulsachen in ihrem Zimmer aufzuräumen. Danach ging sie in die Küche, wo das Essen, was ihre Mutter am Vorabend vorgekocht hatte, warm machte. Am Küchentisch aß sie es und räumte anschließend die Küche sauber. In ihrem Zimmer schnappte sie sich ihre Bücher, die sie aus der Bücherei ausgeliehen hatte, ging noch mal los, damit sie sich über die Ferientage noch was zum lesen ausleihen konnte. Die Bibliothek hatte an diesem Tag noch bis abends offen und so konnte sie sich ausgiebig mit Lesestoff eindecken. Sie hatte sich diesmal auch zwei Taschen mitgenommen, damit sie auch genug an Bücher, die sie unbedingt noch lesen wollte, mitnehmen konnte.

Bevor die Bücherei zu machte, war sie aber schon wieder auf dem Heimweg. Sie wusste auch, das ihre Eltern bald nachhause kommen würden, so das sie sich etwas beeilen musste. Ihre Aufgabe war, wie jeden Tag in der Schulzeit, den Abendbrot zu decken und alles vorzubereiten. Das machte sie gerne, denn wie wusste, dann war sie nicht mehr alleine. Das Abendessen war für sie immer die schönste Zeit, da die Eltern nicht mehr gestresst waren, zu Ruhe kamen und sie sich beim Essen richtig Zeit lassen konnten. In dieser Zeit konnte sie mit ihren Eltern alles bereden, was sie wollte, denn sie nahmen die Geduld und Zeit, damit alles geklärt werden konnte. Auch war jetzt, nachdem die Ferien anfingen, sie nicht von dem Bettgehen genötigt. Sie konnte ja jetzt ausschlafen und so musste sie ja nicht, wie immer um 9 Uhr ins Bett. Sie dekorierte den Tisch mit allem, was sie zum Essen benötigt. Zündete die Kerzen an, alle vier und machte sonst alles, damit es gemütlich wird. Als sie die letzten Dinge auf den Tisch stellt, hörte sie, wie die Haustür aufging und ihre Mama rein kam. Sie war kaum drinnen, als die Tür sich wieder bewegte und ihr Vater von draußen rein kam. Der Abend begann …


Ihren ersten Ferientag benutzte sie, um ihren Eltern bei allen Arbeiten im Haus und drumherum zu helfen. Jetzt wurde auch das Heim geschmückt und für Weihnachten vorbereitet. Die Eltern nutzten die Zeit am Wochenende, oder wie in dem Fall die Ferien, um alles, was sie unter der Woche nicht geschafft hatten, jetzt zu erledigen. Das Haus wurde von oben nach unten geputzt und gewienert. Anschließend mit Weihnachtsdekoration geschmückt. Zwischendurch gab es nur einen leichten Eintopf der den Hunger stillte und abends waren sie dann mit leckerem guten Hausmannskost zufrieden. Die Eltern hatten auch beide Urlaub und so konnten sie alles erledigen. Am nächsten Tag gingen sie alle noch mal richtig einkaufen, um über die Feiertage alles da zu haben. Zusätzlich natürlich auch die Dinge, die sie für Sabrinas besonderen Tag auch noch brauchten. Die Zeit verging wie im Fluge und Sabrina konnte nichts dagegen machen, Weihnachten plus ihren Geburtstag kam immer näher. Sie las noch mehr, half ihren Eltern, schlief aus, ging sehr spät ins Bett und so weiter. Alles was sie dagegen tun konnte war, das alles über sich ergehen lassen. So war es dann auch, der 24. 12 kam, es wurde tagsüber ihr Geburtstag in Ruhe und normal gefeiert, eben nichts besonderes, was sie sich immer wieder erhoffte, es blieb alles beim Alten. Es wurde sogar noch langweiliger, da ja sie im Grunde eh nur Bücher wollte und mehr nicht. Sie war nicht wie die andern Mädchen, die nach Stars, Kosmetik und sonstiges gierten. Abends wurde noch mal gefeiert, nur diesmal besinnlicher, ruhiger, denn zwei Feiern oder Feiertage waren einfach auf Dauer nicht wirklich was besonderes. Sabrina wollte aber besonders sein, sie flehte im inneren immer wieder um irgendein Wunder, das für sie da war, ein Wunsch, der sich erfüllen würde, egal was.

Zu Weihnachten bekam sie etwas, das ihre Eltern allerdings nicht ausgesucht hatten. Es war einfach unter ihren Geschenken, es war auch an sie gerichtet, nicht für die Eltern, sondern für sie persönlich. Sie hatte es, wie alle anderen Geschenke normal ausgepackt und hatte ein Holzpferd, mit Flügeln, entdeckt. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wer ihr so was schenkt. Sie hatte niemanden in der Verwandtschaft, die eine Vorliebe für Pferde hatte, geschweige, Figuren von Pferden sammelten. Aber da es ein Weihnachtsgeschenk war, würde sie es trotzdem annehmen, wie alle anderen Geschenke. Die Bücher, die noch dazu bekam, waren für ihre Sammlung sehr gut, sie würde diese verschlingen und sie immer wieder lesen. Sie war eine Bücherratte, würde man dazu sagen, denn Sabrina lies die Bücher immer wieder. Trotzdem war sie innerlich traurig, denn der Tag hatte nichts besonderes ihr gebracht. Das Essen war vorzüglich und wie immer war alles besinnlich. Sie hatten auch einen schönen Film auf DVD, damit sie ohne Unterbrechungen ihn anschauen konnten. Leider hatte sich die Qualität der Fernsehsender gelitten und durch die Werbepausen wurde es nicht besser. Nach der Bescherung, dem gemütlichen Essen, aufräumen, bis die Küche und die Essecke wieder sauber waren, ging es ins Wohnzimmer, wo alle sich seinen Platz auf der Couch schon erkoren hatten. Mit etwas Schokolade und Getränken war der Film gleich noch besser zu schauen. Anschließend ging Sabrina ins Zimmer, sie wollte sich gleich einer ihrer neuen Bücher vorknöpfen.

Mehrere Stunden später legte sie müde, erschöpft vom Tag das Buch auf die Seite und legte sich schlafen. Aber aus irgendeinen Grund, den sie sich nicht erklären konnte, oder eher, aus irgendeinem Gefühl heraus, nahm sie das fliegende Holzpferd in die Hand und hielt es auch noch, als sie einschlief. Keinen Moment später machte sie ihre Augen wieder auf und sie stand. Der Himmel war blau, es war sehr warm, da die Sonne sehr stark brannte, als sie aus dem Augenwinkel etwas auf sie zufliegen sah. Starr, vor entsetzen, rührte sie sich nicht, auch, als sie eine Stimme vernahm, die schrie: „GEH AUF DIE SEITE, SONST WIRST DU GETROFFEN!“ Doch Sabrina konnte sich nicht bewegen, auch wenn sie das noch so sehr wollte. Sie wusste das nicht, aber eine andere Gestalt, die hinter ihr stand, rannte auf sie zu und schmiss sie mit einem Ruck um. Hart flog sie auf dem Boden und das fliegende Etwas, was rund war, flog knapp an ihr vorbei. „Ein Glück, du bist nicht getroffen worden.“ meinte die Person, die neben ihr im Gras lag und sie so langsam erkannte, das es ein Junge war. Sabrina bekam kein Wort heraus, sie war immer noch so erstaunt, denn eigentlich sollte sie im Bett liegen und schlafen. Sie dachte auch, sie würde träumen, aber der Boden, auf dem sie lag, war zu real. Der Sturz, war heftig, aber nicht schmerzhaft. Dieser Junge war echt, sie war echt, kein Traum. Langsam, immer noch um sich schauend, stand sie auf. „Wo bin ich?“ Ja, wo war sie? Das war eine mehr als berechtigte Frage. Die Gegend um sie herum war wild, rau, mit Felsbrocken, Sträucher, Büsche, nichts einfach nichts deutete an, das es Winter war und sie in einer Stadt wohnte. Sie klopfte die Erde von ihren Kleidung ab. Dabei schaute sie an sich runter. Sie hatte immer noch das Shirt an, die Leggins, die sie eigentlich zum schlafen immer anhatte, ja sogar das Holzpferd hatte sie noch in der Hand. Sie schaute den Jungen an und wartete auf die Frage, die sie gestellt hatte. „Wo bin ich hier?“ wiederholte sie und blickte neugierig ihn an. Komischerweise bekam sie keine Panik, was eigentlich in dieser Situation sein sollte, sondern sie war einfach nur erstaunt. „Moment, wer bist du, warum tauchst du mitten in unserem Trainingskampf auf?“ kam stattdessen von dem Jungen zurück. „Ähm … ich bin Sabrina.“ irritiert, wegen den Worten von ihm antwortete sie auf seine Frage. Dann wurde sie still, blickte immer noch sich um. Sah, das jetzt noch jemand, etwas größer, aber auch ein männliches Wesen, auf beide zukam. „Das nächste Mal passe besser auf, was du machst, du wärst jetzt tot gewesen, wenn dich Son Gohan nicht auf die Seite gestoßen hätte.“ Sabrina konnte jetzt, die Person, die näher kam, endlich genau betrachten. Sie war grün, groß, hatte Spitzohren und sah mehr als böse aus. Er war in einem Art Trainingsanzug angezogen und hatte einen weißen Umhang. Kritisch und sehr ernst blickte dieses grüne Etwas sie an. „Ich bin Piccolo, das ist Son Gohan,“ sprach er weiter, „wer bist du noch mal? Sabrina?“ Jetzt war Sabrina noch mehr irritiert. Sie konnte ihn klar verstehen, auch wenn sie erahnte, das es nicht ihre Sprache, nämlich Deutsch, war. „Ja, ich bin Sabrina. Eigentlich sollte ich im Bett liegen und schlafen. Auch habe ich gedacht, das ich träume, aber anscheinend ist dem nicht so ...“ Während sie das erklärte, schaute sie immer noch diesen Piccolo an. Er war endlich bei Son Gohan und ihr angelangt. „Nun, was machen wir mit dir, denn du störst uns beim Training.“ Stirnrunzelnd schaute Piccolo Son Gohan an und er stand schnell auf. „Sie kann zu meiner Mutter, die hat sicher nichts dagegen.“ „Na gut … bring sie schnell hin, damit wir weiter trainieren können.“ Gohan nickte und winkte Sabrina zu: „Los, lass uns schnell zu mir nach hause gehen.“ ging voran und wartete gar nicht ab, das sie folgte. Er war sich sicher, das sie es tun würde. „Meine Mama heißt Chichi, du wirst sie sicher mögen,“ fing Son Gohan an, „ wir wohnen nicht weit von hier.“ Das nicht weit war allerdings sehr relativ bezogen, denn sie brauchten trotzdem eine gute halbe Stunde, bis sie das Haus von Son Gohan erreicht hatten. „Mama, Mamaaaaaaaaaa,“ brüllte Son Gohan ins Haus. „ Wo bist duuu?“ „Hier bin ich, du braucht nicht zu schreien, ich höre dich klar und deutlich,“ kam die Stimme aus dem Wohnzimmer, wo Chichi die Wäsche bügelte. „Was ist denn los?“ Sie blickte auf und sah, das Son Gohan ein Mädchen dabei hatte. „ Wer bist denn du?“ „Ich bin Sabrina und bin plötzlich hier aufgetaucht!“ meinte Sabrina. „Mama, ich muss wieder zurück, Piccolo wartet auf mich, wir trainieren gerade ...“ Chichi seufzte tief, „ Ja, geh nur, aber passe auf dich auf, und verletz dich nicht ...“ „ Ja, Mama, keine Sorge, mir passiert doch nichts.“ antwortete Gohan und verschwand so schnell aus der Tür, das Sabrina nichts mehr sagen konnte. „So, du hast sie beim Training gestört … ist ja egal, komm erst mal rein, du bist sicher erschöpft.“ Sabrina folgte ihr in die Küche, wo sie erst mal etwas kaltes zu Trinken bekam. „So, jetzt erzähl mal, was genau abgelaufen ist.“ forderte Chichi auf, „Achja, ich bin Chichi, das hat sicher Gohan schon gesagt.“ Sabrina nickte und setzte sich auf den angebotenen Platz am Tisch. „Ich bin, wie schon gesagt, Sabrina. Eigentlich wohne ich in Deutschland. Wir haben Winter und es ist Weihnachten. Wir haben Heiligabend gefeiert und ich bin dann anschießend nach einem bisschen lesen, eingeschlafen.“ Sie nippte am Glas und erklärte weiter: „ Kaum hatte ich die Augen zu und schlief, machte ich die Augen wieder auf und stand in der Wildnis. Etwas gelbes, rundes kam auf mich zugeflogen, eine Stimme schrie und schon lag ich auf dem Boden.

Nach dem ersten Schrecken schaute ich mich um. Ich war nicht mehr zu hause.“ beendete Sabrina ihre Erklärung.

Erstaunt, nicht glaubend, was Sabrina da erzählte, blickte Chichi sie an. „Hm … nun, du bist hier auf dem Land, bei Son Gohan, Son Goku und mir. Was hast du eigentlich da an?“ „Naja ...“ Sabrina schaute an sich hinunter … „ das ist das, was ich normalerweise zum schlafen an hab.“ „Gut.“ stand Chichi auf, „ ich gebe dir etwas von mir. So kannst du wirklich nicht rumlaufen.“ Nach dem Satz ging sie aus der Küche, und kam wenig später wieder zurück, mit einem Kleid und sonstiges auf dem Arm. „ Na los, komm mit, „ forderte sie auf und ging mit ihr ins Bad. „Hier kannst du dich Duschen und umziehen.“

Sabrina zog sich aus, als Chichi draußen war und ging unter die Dusche. Nach dem sie sauber war, stieg sie raus, trocknete sich ab und zog die Kleidung an, die Chichi ihr hingelegt hatte. Danach ging sie wieder in die Küche, wo sie war. Sie war schon am Kochen, denn die Mittagszeit war nicht mehr fern. „Möchtest du mir helfen?“ kam die Frage von Chichi. „Klar, warum nicht!“ entgegnete Sabrina und half mit, das ganze Menü zu kochen. Dabei unterhielten sich Chichi und sie angeregt. Dabei erfuhr sie, wie hier die Welt funktionierte. Sie staunte, was es alles gab und im Gegensatz beantwortete sie alle Fragen, die Chichi an sie hatte. Wie zum Beispiel, was Winter ist, oder Weihnachten, oder Heiligabend … das waren lauter Begriffe, die sie nicht gekannt hatte.

Stunden vergingen. Das Essen war fertig und Son Gohan kam auch wieder, nur diesmal ziemlich verschwitzt, leicht angeschlagen und müde. Er brachte einen Bärenhunger mit und stürzte sich fast auf das Essen. Allerdings war Chichi eine sehr gute Mutter, denn bevor er an den Tisch durfte, musste er sich auch noch kurz waschen, neue Kleidung anziehen und durfte dann erst an den Tisch. Nach dem gegessen war, half sie mit, die Küche wieder sauber zu bekommen. „ Na los, geh noch ein bisschen raus, ich denke, du willst dich sicher nicht nur im Haus aufhalten!“ Sabrina nickte, ging durch die Tür und war wieder draußen, in der Sonne. Es war wundervoll, sie schaute sich genüsslich um und konnte von der Gegend sich nicht satt sehen. „Wenn du hier geradeaus gehst, kommst du ins Dorf.“ rief Chichi hinterher. Also ging sie genau in die Richtung, die Chichi aus dem Fenster ihr gezeigt hatte. Diesmal musste sie nicht ganz so lange laufen. Nach ein paar Minuten kam sie in einem kleinen Ort an. Die Häuser waren alle ähnlich gebaut, wie das, woher sie kam. Gründlich und in Ruhe schaute sich Sabrina in dieser Welt um, denn genau das war es. Es war eine andere Welt. Sie sah verschiedene Tiere, kleine Dinosaurier, große, als wäre es normal. Sie sah fliegende Autos, die ohne Geräusche an ihr vorbei flogen. Sie sah allerdings absolut keine Räder, als gäbe sie hier gar nicht. Sie verbrauchte den ganzen Nachmittag, bis in den frühen Abendstunden in diesem Ort, bis sie müde, aber glücklich wieder umdrehte. Sie ging wieder zu Chichi's Haus. Chichi war wie immer fleißig, denn sie hatte das Haus wie immer gut verwaltet.

Dort angekommen half sie mit, den Tisch zu decken und alles für das Abendbrot herzurichten. Gohan war wie immer noch beim trainieren, kam aber jetzt auch wieder, um eine Pause zu machen. Das Essen war sehr gut und reichte auch aus, auch wenn Sabrina fast dachte, das Gohan mehr essen konnte. Die Sonne ging langsam unter und langsam wurde es dunkel. Chichi bot Sabrina ein Bett zum schlafen, da sowohl sie als auch Chichi nicht wussten, wo hin Sabrina konnte. Aber sie war müde, denn auch wenn sie nicht viel gemacht hatte, außer, sich das Örtchen anzuschauen, freute sie sich auf das Bett. Müde machte sie ihre Augen zu. … Und wurde wach, weil ihre Mutter am Bett stand, „na endlich, du Schlafmütze, ich wecke dich seit mindestens fünf Minuten, komm steh auf, wir wollen frühstücken ...“ Verwirrt und total unausgeschlafen blickte sich Sabrina um … was war geschehen? Sie stand auf, und erblickte, das sie nicht geträumt hatte. Sie hielt das Holzpferd in den Händen, hatte Chichis Kleidung an und war noch fast warm von der warmen Sonne.

Dieser „Wunsch“ war mehr als interessant. Zum ersten Mal, war sie wunschlos glücklich …
 

hakuryu

blauer Drache
Otaku Veteran
Magic

Magic

Es war kalt und wieder mal stand ein Jahreswechsel vor der Tür. Etwas was Raistlin nicht gerade mit Freuden entgegen sah. Anders als seine vier Geschwister, war er der Einzige der nicht den Weg des Kriegers eingeschlagen hatte. Sehr zum Verdruß seines Vaters. Nur schon allein seine Statur und die nicht gerade gute gesundheitliche Verfassung verbot diesen Weg schon von vornherein. Und er hatte sich nie wirklich für die ruppigen Spiele von Caramon, Kitiara und den Anderen interessiert. Bücher waren seine Welt. Alles was er in die Finger bekam hatte er gelesen. Das war auch das Einzige wofür Raistlin seinem Vater dankte. Egal wie Caramon auch jedesmal fluchte wenn sie im Winter in die Dorfschule mußten, er hatte sich immer auf diese Zeit gefreut. Feldarbeit war für den schmächtigen Jungen von damals Schwerstarbeit gewesen. Und jetzt? Jahre später? Saß er immer noch in der Schule wärend Caramon zusammen mit Kitiara die Schlachtfelder unsicher machten. Mitlerweile stand er kurz vor seiner Prüfung die er einige Tage nach Neujahr ablegen sollte. Dann konnte er seinen Zwillingsbruder und die Schwester begleiten. Magier waren oftmals Schlachtentscheidend. Großes Wissen hatte er erlangt. Die Wirkungsweise verschiedener Pflanzen und Sprüche, magischer Gegenstände und ihre Nutzung. Hätte er das vor zehn Jahren schon gewußt, hätte er den Wahnsinn seiner Mutter und ihren frühen Tod verhindern können. Nur brachte es nichts vergangenen Dingen nach zu trauern die er nicht mehr ändern konnte.

Im ganzen Dorf liefen die Vorbereitungen für das Neujahrsfest auf Hochtouren. Jeder erledigte noch die letzten Geschäfte, besuchte Freunde und Verwandte. Jahreswechsel wurden immer gemeinsam mit der Familie begangen. Kriege waren etwas für den Sommer und Belagerungen gab es so selten, daß die Letzte schon wieder so lange her war, daß sie schon zur Legende geworden war.
Heute mußte Raistlin Widerwillen die Schule verlassen und nach hause zurückkehren. Die Reise war lang und er wollte nicht erst mitten in der Nacht ankommen. Wenn das aber doch der Fall sein sollte, wäre ihm das auch recht. Er hatte nicht wirklich Lust das entäuschte Gesicht seines Vater zu sehen und die abschätzigen Blicke seiner ältesten Geschwister. Balrog und Stahl mochten ihren jüngsten Bruder nicht. Warum war ihm immer noch ein Rätzel. Langsam packte er seine Sachen zusammen und steckte auch seine neueste Errungenschaft mit ein. Das Buch hatte er durch Zufall bei einem der Händler entdeckt und für gerade einmal drei Kupfermünzen erstanden. Der Mann wußte nicht das dieses Buch sein Gewicht in Gold wert war. Die Magie strahlte regelrecht in Wellen davon ab. Das in schwarzes Leder gebundene Buch war in einer der alten Schriften geschrieben und dadurch schwierig zu lesen. Raistlin machte das nichts aus. Mitlerweile konnte er gut fünf Sprachen nicht nur lesen und verstehen, sondern auch Sprechen. Elfisch und Zwergisch war etwas schwierig, kaum einer des jeweiligen Volkes gab sich gerne mit Menschen ab, geschweige denn das sie ihre Sprache lehrten. Da fielen ihm die verschiedenen Menschensprachen deutlich leichter. Karon der Babarenstämme im Norden war eine der leichteren, Sankrest eine der schwersten die er kannte. Und genau in dieser Sprache war sein Buch geschrieben. Die alte Sprache war auch noch in einer kleinen aber gestochen scharfen Schrift von Hand eingeschrieben worden. Viel hatte er beim ersten Durchblättern nicht entziffern können. Zu hause würde er sich einfach in das gemeinsame Zimmer von ihm und seinem Bruder zurückziehen und sich dem Studium witmen.

Die ausgelassene Feststimmung der Leute auf der Straße fiel selbst ihm auf. Dann fiel Raistlin ein das es ja ein besonderer Jahreswechsel war. Nur alle 500 Jahre fiel dieser Tag mit dem Blaumond zusammen. Solche Nächte waren voll von magischer Kraft wie er wußte. Ein Zauber in dieser Nacht gewebt, hielt sich so lange wie kein anderer. Für Nichtmagier war es einfach nur ein wunderschönes Schauspiel. Auf dem Karren sitzend der ihn Richtung Heimat brachte, blätterte er durch sein Buch und fand einen Zauber der vielversprechend klang. Magischer Spiegel. Alles was er dafür brauchte hatte er in den Beuteln seiner Robe. Kurz hinter Ravent mußte er zu Fuß weiter. Es lagen noch gute zwei Stunden Fußmarsch vor ihm, wenn er sich beeilte hieß das. Der Abend wurde immer kälter und er begann zu frieren. Der Weg den er nahm wurde nur von Leuten seines Dorfes genommen. Dem entsprechend schmal war er auch. Noch nicht lange unterwegs, vernahm er Hufgetrappel. Eine wirkliche Seltenheit, Pferde waren teuer und für die Felder reichten Rinder die zudem auch noch Milch gaben und deren Fleisch weitaus wohlschmeckender war als das von Pferden. Das Licht einer Fackel kam ihm entgegen und kurz daruf blieb der Reiter neben ihm stehen.
"Hey Raist, du bist echt spät dran."
"So wie immer Caramon. Du mußt mich nicht jedes Mal abholen."
"Kit hat sich Sorgen gemacht das du diesmal gar nicht kommen würdest."
"Sie macht sich immer viel zu viele Sorgen. Hat sie keine anderen Sachen zu tun? Vater von ihren neuesten Kriegsgeschichten zu berichten oder so?"
"Sie mag dich eben. Du warst immerhin ihr Ziehkind."
"Und du nicht?"
"Klar, aber um dich mußte sie sich besonders kümmern als Mutter es nicht konnte."
"Ja ja. Als wenn ich so schwach gewesen wäre."
"Das warst du aber Raist."
Caramon verstand seinen Brunder manchmal nicht. Er liebte ihn über alle Maßen und doch war ihm die Magie nicht geheuer. Trotzdem hatte er sich für seinen kleinen Bruder stark gemacht und sein Studium gegenüber seinem Vater durchgesetzt. Warum und wie auch immer zahlte dieser sogar die Studiengebüren von denen Raistlin nicht mal etwas wußte. Kitiara hatte mal gemeint das er einen guten Kriegsmagier abgeben könnte. Zumindest konnte er die schlimmsten Wunden der Krieger versorgen ohne gleich beim ersten Blutstropfen umzukippen. Abgesehen davon brauchte er ja nicht mitten in der Frontlinie stehen. Magier blieben weiter hinten und an einem Ort wo sie alles überblicken konnten und woben dort ihre Zauber um die eigenen Truppen zu unterstützen oder die gegnerischen Magie abzuwehren wenn denn dort ein Magier zu Gegen wäre.
Jetzt reichte Caramon Raistlin seine Hand und wartete das dieser sie ergriff. Nach anfänlichem Zögern ergriff dieser sie dann doch un ließ sich hinter seinem Bruder auf das Pferd ziehen. So verlief der Rest des weges um einiges schneller und weitaus bequemer. Caramon und das Tier strahlten dabei eine wohltuende Wärme ab das Raistlin nicht mehr das Gefühl hatte gleich zu einem Eisklotz zu erstarren.

Eine halbe Stunde später hatten sie ihr Dorf erreicht. Abesin war recht klein und komplett in den Bäumen erbaut. Im Sommer verschwand es regelrecht im Blätterdach der riesigen Vallenholzbäume. Doch auch jetzt war es schwer am Tage die einzelnen Häuser auszumachen. In völliger Harmonie mit den Bäumen war nicht ein Ast beschädigt oder abgesägt worden. Oft bildeten die Stämme ganze Wände der einzelnen Häuser und Äste Borde oder Trennwände in den Zimmern. Lediglich die Schmiede befand sich auf dem Boden. Keiner wollte das Abbrennen des Dorfes riskieren, zumal auch allein die Esse viel zu schwer wäre um sie auf einen der Bäume zu bekommen. Auf den Brücken, die sich überall durch das Geäst zogen und die einzelnen Bäume und Ebenen miteinander verband, herrschte noch reges Treiben. Besonders die Schenke war mehr als gut besucht. Caramon folgte dem Blick seines Burders.
"Balrog und Stahl sind schon vor meinem Aufbruch in die Schenke. Sie dürften erst in den Morgenstunden zurück sein und fast den ganzen Tag verschlafen. Kit hat Vater abgefüllt. Zumindest heute hast du noch deine Ruhe vor ihnen."
"Oh welch Weitsicht. Warum kümmert ihr euch ständig um mich? Ich bin ein erwachsener Mann und angehender Magier. Wenn ich wollte würde ich alle drei in Kröten verwandeln."
Erschrocken sah Caramon den Mann der eben vom Pferd gestiegen war an.
"Das würdest du doch nicht tun, oder?"
"Nein. Zu riskant. Der Zauber könnte auf mich zurück fallen. Und soetwas kann ich nicht. Und jetzt guck mich nicht so erschrocken an. Es wird kalt. Wo hast du eigentlich das Pferd her?"
Froh über den Themanwechsel, versorgte der Hühne von einem Mann das Tier und erzählte wie er zu diesem gekommen war. Kitiara erwartete die Beiden schon und drückte Raistlin einen Bescher heißen Tee in die Hand und musterte ihn dann krittisch. Sie fand das er mal wieder viel zu dünn war und wohl nicht genug essen würde. Damit lag sie richtiger als sie ahnte. Über seinen Studien vergaß er oft zu essen und sein Meister stellte unauffällig immer wieder Malzeiten hin die der junge Mann geistesabwesend zu sich nahm. In den nächsten Tagen vermied es Raistlin seinem Vater oder den Brüdern über den Weg zu laufen, leider ließ es sich nicht immer verhindern. Balrog und Stahl konnte er weitestgehend noch ignorrieren. Bei seinem Vater sah die Sache dann schon anders aus. Raistlin versuchte so wenig zu hause zu sein wie nur irgend möglich. Die Unterschlupfmöglichkeiten waren allerdings begrenzt. So blieb ihm meist nur sein altes Zimmer. Hier vertiefte er sich in den Zauber den er zum Jahreswechsel ausprobieren wollte. Und dazu durfte er nicht ein Wort falsch betonen. Magischer Spiegel sollte einen Blick an einen anderen Ort ermöglichen. Zumindest das hatte Raistlin so verstanden und bereitete alles akribisch vor.

Der Tag des Jahreswechsels dämmerte eisig. Eisblumen waren an den Festern und selbst auf den Außenwänden hatte sich Reif gebildet. Kitiara hatte schon in der Frühe angefangen das Festmal vorzubereiten. Raistlin half dabei. Es war nichtunbedingt ratsam seine Schwester alles allein machen zu lassen. Oft genug brachte sie nicht wirklich genießbare Sachen zustande. Als Magier mußte Raistlin oft genug auch Heiltränke herstellen und wußte daher was wofür auch in der normalen Küche zu verwenden war. Beide würden sich hüten davon auch nur ein Wort an die Brüder und den Vater zu verlieren. Keiner würde dann auch nur das kleinste Bisschen davon anrühren. Der Tag plätscherte dahin und als dann der Abend aufzog und gegessen worden war, zog sich Raistlin zurück. Caramon und Kitiara sahen das mit Bedauern. Immerhin gehörte Raist auch zur Familie und gerade so einen Jahreswechsel war schon etwas besonderes. Den jungen angehenden Magier störte das hingegen nicht wirklich. Balrog und Stahl hatten sich Bärenjäger besorgt und sein Vater kippte schon den ganzen Abend an einer Flasche Barma. Der starke Schnapps würde ihn noch vor Mitternacht ins land der Träume schicken und die Brüder würden nicht lange brauchen um ihn zu folgen.
Still legte sich Raistlin seine Untensilien die er für den Zauber brauchte zurecht. Ihm fehlte jetzt nur noch eine Holzschale mit Wasser. Als er diese hatte zündere er in einem Kreis 13 Kerzen an und platzierte sich genau in der Mitte. Durch über Jahre hinweg erprobte Entspannungstechnicken wurde Raistlin immer ruhiger und rezitierte im Geiste den Spruch immer wieder um Sicher zu gehen das sich auch keine Fehler eingeschlichen hatten und das jede einzelne Betonung saß. Kurz vor Mitternacht begann er mit seinem Spruch. enden würde er genau mit dem Glockenschlag zu mitternacht und dem im Zenit stehenden Blaumond.

"Raist, jetzt vergrab dich nicht hier drin ..."
Raistlich schrak zusammen und setzte nicht nur eine falsche Betonung sondern vergaß gleich eine genze Textzeile. Ein gleißendes Licht erstrahlte inmitten der Kerzen und schloß die Zwillinge ein. Caramon war nicht in der Tür stehen geblieben sonder einfach in den Raum und damit in den Kerzenkreis getreten. Mit verlöschen des Lichtes waren sie beide verschwunden.

San Francisco. Mitten im Hauptquartier der Dark River Leoparden tauchten urplötzlich zwei Fremde auf. Alle waren sofort in Alarmbereitschaft. Auch wenn es schon seit Jahren keine Übergriffe mehr gegeben hatte, es gab immer noch einige wenige versprengte Teile die den Tod des Alphapaares wollte. Und ausgerechnet heute waren sie samt Kinder anwesend. Dorian ging sofort auf den Größeren der Beiden los. Er mußte sich nicht in seine Katze verwandeln, das hatte er jahrelang nicht gekonnt und in Menschengestalt kämpfte er immer noch besser als wenn er in seinem Leoparden war. Vaungh hingegen wechselte in seinen Jaguar und ging auf den schmächtigen jungen Mann zu der eine Wasserschale in Händen hielt.
"Laßt sie in Ruhe ihr beiden. Sie sind völlig durcheinander."
"Sasha. Die können nicht einfach mitten ins Gebäude teleportieren ohne angekündigt zu sein. Oder hat Jud was gesagt das wir Besuch bekommen?"
Die mit Sasha angesprichene Frau war eine exotische Schönheit mit leicht kaffeebrauner Haut und Haaren die in krausen Locken bis zum halben Rücken gingen. Sie legte den Kopf leicht schief und schien zu lauschen.
"Nein, er weiß von nichts."
"Ich hab sie auch noch nie gesehen. Der Große ist gefährlich, die Gedanken den kleinen sind gerade voller Schimpftriaden für den Großen."
Der ehemalige Pfeilgardist war nach dem telepathischen Ruf von Sasha sofort teleportier. Diese Beiden verdienten seinen Respekt, auch wenn er Offizier der Snow Dancer Wölfe war. Der Kleine war mit einem Ruck auf den Beine und zerschmetterte die Holzschale auf dem Kopf seines Begleiters.
"Caramon. Wegen dir ist alles schief gegangen. Ich weiß weder wo noch wann wir sind. Und wer die dort sind will ich eigentlich gar nicht so genau wissen."
"Aber Raist, ich konnte doch nicht wissen das du zaubern wolltest."
"Ach halt den Mund. Ich muß zusehen das wir wieder zurück kommen. Kit reißt mir sonst den Schädel ab wenn wir morgen nicht wieder zurück sind."

Allen Anwesenden blieb die Spucke weg. Der kleine weißhaarige Mann machte gerade den Hühnen regelrecht zur Schnecke. Und das auch noch am Weihnachtstag. Wie es schien mußte ein Experiment schief gegangen sein, nur war die Rede von einem Zauber gewesen und in ihrer Welt gab es keine Zauberei. Sasha sah ihren Mann einfach nur an. Sie würde nicht zulassen das den Beiden nicht geschehen würde.
"Vaungh, sie sind gerade mit etwas ganz anderm beschäftigt als hier Äger machen zu wollen. Dorian?"
Der Mann und der Jaguar zogen sich langsam zurück, die Raubkatze aber nur widerwillig.
"Mensch Jungs, es ist Weihnachten und die Beiden haben sich ganz böse verirrt.
Darf ich euch kurz unterbrechen?"
Raistlin und Caramon sahen unisono auf. Die fortgeschrittene Schwangerschaft der Frau war nicht zu übersehen. Genauso wenig der Mann der hinter ihr stand und eine Narbe wie von Krallen im Gesicht trug und beide bedrohlich mit Katzenblick anfunkelte. Ein Rippenstüber ließ ihn zusammenzucken. Dann stellte sich Sasha vor und auch die anderen Anwesenden. Caramon übernahm ihrerseits die Vorstellung. Raistlin blieb stumm. Er war sauer auf seinen Bruder. Und er mußte zusehen wie er sie wieder zurück bringen konnte. Zu einem Ergebnis kam er allerdings erst einmal nicht. Außerdem fühlte er sich müde. Der Zauber hatte wohl mehr geschlaucht als er gedacht hatte.
"Ich schlage vor das ihr Beide vorerst mit zu uns kommt. Wir können euch nicht einfach hier lassen oder rausschmeißen. Heute ist Weihnachten, da sollten alle ein paar ruhige und besinnliche Stunden verbringen können."
"Was ist denn Weihnachten?"
Raistlin konnte mit diesem Begriff nichts anfangen. Bei ihnen gab es sowas nicht. Sasha versuchte zu erklären. Nur viel damit anfangen konnte die beiden jungen Männer nichts. Sasha meinte dann nur noch das sie es schon verstehen würden wenn sie einfach mikämen. Caramon geriet fast aus dem Häuschen als er bemerkte wie schnell ein Auto fahren konnte ohne das ein Pferd es zog. Die Fahrt dauerte nicht lang. Inmitten von Wäldern des National Parks kehrte Ruhe ein. Kaum waren sie aus dem Fahrzeug als zwei junge Leoparden auf Sasha zustürmten und dann abrupt stehen blieben. Mißtrausch aber mit immer mehr siegender Neugierde musterten sie Caramon und Raistlin. Die Beiden sahen bis auf den letzten Fleck identisch aus. Nur die Augenfarbe varieierte um ein paar Nuancen.
"Die Beiden sind Zwillinge und haben nichts als Flausen im Kopf."
Mit einem Lächeln auf den Lippen scheuchte Lucas die beiden zurück ins Haus.
"Raist und ich sind auch Zwillinge. Auch wenn wir nicht so aussehen. Er hat das Hirn und ich leider nur die Muskeln meint Kit immer."
"Du redest wie immer zu viel, mein Bruder."
Letzteres klang sehr sarkastisch. Dann betraten auch sie das Haus. Sofort waren sie umgeben von herrlichen Gerüchen nach Zimtschnecken, Plätzchen, Fruchtkuchen und Weihnachtsbraten. In einer Ecke der Wohnküche stand ein riesiger Weihnachtsbaum der von vier Kindern geschmückt wurde die sich gegenseitig zu überbieten versuchten die schönsten Kugeln an den Baum zu bringen. Leider gerieten sie dann in Streit als alle vier die selbe Kugel griffen. Raistlin setzte dem ein Ende. Ein gemurmelter Zauber hängte alle Kugeln an den Baum. Ein kleines Mädchen hielt die Spitze fest und schielte immer in die Richtung von Caramon. Der wiederum schnappte sich die Kleine und hob sie hoch damit sie die Ehre hatte dem Baum die Krone aufzusetzen. Es war offensichtlich das nicht alle Kinder von Sasha waren. Die Vier hatten glattes rotes Haar und die jungen Leoparden waren blond als sie als Jungen wieder zurück kamen. Auch jetzt nur an den Augen auseinader zu halten. Nach und nach trafen immer mehr Leute ein. Das Haus füllte sich und jeder fragte sich wer die beiden fremden jungen Männer wären. Wärend der Fahrt hatten sie vereinbart das Ganze am Abend zu erklären wenn alle anwesend wären. Nach dem Essen sammelte sich alles um den Kamin und Raistlin erzählte die Geschichte wie er und sein Bruder zu ihnen gekommen waren. Die Augen der Kinden leuchteten und fanden es ungemein spannend. Als Beweis das er wirklich ein Magier war, zauberte er, zur großen Freude der Kinder, kleine Schmetterlinge die sich in Bonbons verandelten wenn man sie fing. Dann wurden gemeinsam Weihnachtslieder gesungen. Auch Caramon gab einige Lieder zum Besten. Der Abend schritt immer weiter voran. Die Brüder fühlten sich sehr wohl und herzlich aufgenommen. Und doch würden sie gern wieder nach hause. Nach und nach verschwanden die Kinden in den Betten, aber nicht ohne vorher ihre Socken an den Kamin zu hängen. Als Raistlin nachfragte warum sie das täten wurde ihm erklärt, daß der Weihnachtsmann die Kinder in der Nacht beschenkte wenn sie das Jahr über lieb gewesen waren. Er fand die Vorstellung seltsam das ein Mann in einer Nacht alle Kinder der Welt beschenken sollte und dazu in einem Schlitten durch die Luft flog. Sasha machte ihnen die Schlafcouch fertig bevor sich auch der letzte Gast verabschiedete und ging. Müde ob des langen Tages fielen den Brüdern die Augen zu.

Lange schliefen sie jedoch nicht. Ein leises Knarzen weckte sie. Das Feuer im Kamin war noch nicht ganz runtergebrannt. Davor bewegte sich eine große Gestalt und machte sich an den Socken der Kinder zu schaffe. Raistlin murmelte einen Zauber und der Mann blieb erst stocksteif stehen bevor er sich mit einem belustigten Glitzern in den Augen zu den Brüder herum drehte.
Der Mann trug einen roten Mantel mit passender Hose, schwarzen Stiefeln und weißen Handschuhen. Das Gesicht war alterlos und doch waren die Haare weiß und der sauber gestutzte Bart ging doch bis zur halben Brust. Nach den Erzählungen der Kinder war den Brüdern klar wen sie vor sich hatten und das es kein normaler Mann war. Raistlins Zauber hätte ihn bewegungsunfähig machen müssen. Und doch hatte er sich so mühelos davon befreit das er einfach Magie anwenden können mußte.
"Ihr seit weit weg von zu hause."
"Und zurück kann ich uns nicht bringen, weil ich nicht weiß wie."
Dem jungen Magier war das peinlich. Ein herzhaftes Ho Ho Ho ließ ihn aufsehen.
"Na wenn das weiter nichts ist, ich kann euch mitnehmen wenn ihr wollt. Es wäre aber lieb wenn du mir mein Buch zurückgeben könntes Raistlin. Meine Elfen haben sich einen Scherz erlaubt und dann konnten sie es nicht wiederfinden."
"Es ist dein Buch? Warum konnte ich dann darin lesen?"
"Das wundert mich jetzt allerdings auch. Die Sprache in der es geschrieben wurde gibt es bei euch gar nicht."
"Der Zauber sollte ein magischer Spiegel sein."
Wieder ein Lachen.
"Oh nein. Das war ein Transportzauber den du da verwendet hast. Alle Achtung sag ich da nur. Nun aber zusammengepackt. Die Nacht ist noch lang und ich haben eine Menge zu tun. Euch Beide bringe ich zuerst nach hause."
Schnell packten sie die Couch wieder zusammen und hinterließen noch ein kleines Geschenk für Sasha und die Kinder bevor sie leise das Haus verließen. Draußen stand doch tatsächlich ein Schlitten mit Kufen und Rentieren davor. Mit einem leicht mulmigen Gefühl nahmen die Brüder platz und schon waren sie unterwegs. Schon Augenblicke später befanden sie sich über ihrem Hausind dem gerade das Licht des Zaubers nachließ. Sie hörten Kitiara rufen.
"Einen schönen Jahreswechsel wünsche ich euch allen."
Damit schnippte der Weihnachtsmann mit den Fingern und die Brüder standen vor der Haustür. Drinnen machte ihre Schwester radau als sie Raistlin und Caramon nicht im Zimmer fand wo sie eigentlich hätten sein sollen. Leise lachend traten sie hinter Kit.
"Laß uns rausgehen Kit. Es geht gleich los."
Ihre Schwester wirbelte herum und sah ihre jüngeren Brüder völlig entgeistert an. Raist meinte dann nur das er alles erklären würde. Mit Blick zum Himmel traten die Drei vor die Tür. Ein riesiges Feuerwerk stieg in den Himmel und untermalte majestätisch das Licht des blauen Mondes.

by hakuryu (3452)
 

Akira Akarui

Super-Moderator
Teammitglied
SMods
Einmaligkeit

Hoch oben im Geäst der Tanne saß er, eng an den Stamm geschmiegt und geschützt vor dem Schnee, der bereits seit Tagen fiel. Die Landschaft um ihn herum war fast gänzlich in Weiß gehüllt, die zahlreichen Bäume, die sich von der Anhöhe, auf der er sich befand, bis weit in das Tal zogen, trugen die helle Last stoisch, nur wenige hatten bereits nachgeben und sich unter dem Gewicht verbogen, zur Erde geneigt oder waren gar gebrochen. Sachte wehte der Wind um seine Ohren, vermischte sich mit dem fernen und nahen Knacksen, Knirschen und Rieseln, das von der weißen Pracht herrührte. Auch wenn seine Kleidung in Anbetracht der tiefen Temperaturen nur als spärlich zu bezeichnen war, fror er nicht, er schien vielmehr eine ganz eigene Immunität gegenüber der Kälte entwickelt zu haben.

Diese Unempfindlichkeit mochte daher rühren, dass er nun bereits seit einigen Jahren im Wald lebte, fortgetrieben aus der menschlichen Siedlung, in die man ihn als schreiendes Findelkind gebracht hatte. Einer der Bauern im Dorf hatte ihn seinerzeit gefunden, draußen im Wald, ausgemergelt, halb erfroren, da nur mit einer dünnen schmutzigen Decke umwickelt, ohne jeglichen Hinweis darauf, wer er war, woher er kam, wo seine Wurzeln lagen. Doch er war mit offenen Armen wärmstens aufgenommen worden von einem Ehepaar, dessen eigene Kinder Jahre zuvor von einer Lawine ins Tal gerissen und erstickt worden waren.

Doch seine Kindheit war nicht lange friedvoll geblieben. Als er angefangen hatte, von den Feen zu reden, die um ihn herumtanzten, und er partout darauf beharrte, dass dies nicht seiner kindlichen Fantasie entsprang, sondern die Wesen echt waren und er sie sogar berühren konnte, hatten die Dorfbewohner begonnen, ihn mit anderen Augen zu sehen. Was zunächst noch als kindliche Fantasie abgetan worden war, war sehr bald als Geistesschwäche und Realitätsferne ausgelegt worden. Verschlimmert hatte sich dies, als seine Zieheltern in ihrer Ratlosigkeit Ärzte in der nächstgrößeren Stadt konsultiert hatten und diese mit vagen Diagnosen von möglicher angeborener Schizophrenie die Gerüchte um ihn noch weiter geschürt hatten. Auch die Kinder hatten ihn gehänselt, hatten übernommen, was sie von ihren Eltern gehört hatten und ihn für verrückt erklärt, für geistig minderbemittelt, für nicht richtig im Kopf. Dabei konnte er die Feen sehen, fühlen, riechen, auch ihre Spuren im Schnee erkennen, so sich diese zeitlosen Wesen überhaupt einmal dazu herabließen, auf dem Boden zu wandeln.

Lange hatte er nicht verstanden, warum keiner sonst im Dorf sie hatte sehen können. Bis Glarindelle, eine der ältesten der Feen, ihm erklärt hatte, dass er die angeborene Gabe besaß, in beiden Welten zu leben, in der der Menschen und der der Feen. Es hatte ihn stolz gemacht, zu erfahren, dass nur alle paar Hundert Jahre ein Mensch mit einer solchen Gabe geboren wurde. Und er hatte dieses neue Wissen für sich behalten, da er instinktiv gewusst hatte, dass es ihm keiner der Menschen abgenommen hätte. Und so hatte sich auch nichts an den Anfeindungen geändert, die ihm die Dorfbewohner in zunehmendem Maße entgegengebracht hatten. Anfeindungen, die immer mehr auch mit körperlichen Übergriffen verbunden gewesen waren und ihn schließlich dazu gebracht hatten, dem Dorf, in dem er aufgewachsen war, den Rücken zu kehren und den Feen in den Wald zu folgen.

Und die Feen hatten ihn nicht im Stich gelassen. Sie hatten ihm vielmehr alles beigebracht, was er zum Überleben in der Wildnis benötigte, sie hatten ihn gelehrt, Nahrung und Unterschlupf zu finden, sich vor wilden Tieren zu schützen und sich bei Krankheiten mit entsprechenden Kräutern, Blüten und Baumbestandteilen zu helfen, sich Tees zu kochen, Tinkturen zu mischen und heilende Verbände anzulegen. Das alles hatte dazu geführt, dass er sich heute mit einer Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit im Wald bewegte, als wäre er immer einer seiner Bewohner gewesen.

Langsam ließ er, vom Wipfel des Baums langsam hin- und hergewiegt, den Blick hinüber zum Dorf wandern, konzentrierte sich in verschärftem Maße auf seine Sinne, um nicht nur besser sehen, sondern auch besser hören zu können. Und so drangen Wortfetzen an sein Ohr, herübergetragen von den wenigen Dorfbewohnern, die sich bei der Kälte vor ihre Häuser gewagt hatten. Auch wenn die Feen oft genug versucht hatten, ihn dazu zu bewegen, weiter wegzuziehen, hatte er sich bislang nicht dazu durchringen können. Und der Grund dafür trat gerade mit einer Anmut in sein Blickfeld, die ihm für einen Moment schier den Atem verschlug.

Rose war ihr Name, und immer wenn er sie sah, meinte er unweigerlich, den Duft von Wildrosen wahrnehmen zu können, so wie er auch die Zartheit der Blütenblätter auf seiner Haut förmlich spüren konnte, und ein tiefes Sehnen machte sich in ihm breit, auch wenn er wusste, dass sie für ihn unerreichbar war. Für immer in sein Gedächtnis eingebrannt war der Moment, in dem er ihr das erste Mal begegnet war. Wie um sie willkommen zu heißen hatten an jenem Tag die Wildrosen um das Dorf herum geblüht, als sie mit ihren Eltern hierhergezogen war. Schon damals hatte ihr Anblick ihm zum Lächeln gebracht, ihre Stimme zum Verzücken, und er hatte eine Zeitlang das Hänseln und Schikanieren leichter ertragen können. Doch als ein paar der Kinder ihn nur wenige Wochen später mit Steinen derart attackiert hatten, dass er zwei Tage lang bewusstlos gewesen war und auch danach noch Schwierigkeiten mit der Konzentration, dem Sprechen und den Bewegungen gehabt hatte, hatte er seine längst geplante Flucht aus dem Dorf in die Tat umgesetzt.

Von seinem Ausguck auf der Anhöhe vor dem Dorf konnte er nun beobachten, wie sich zwei weitere Personen zu Rose gesellten: Der stämmige Rufus, Sohn des Dorflehrers und der schmalgebaute Brandon, der einzige Sohn des Schmieds, der aufgrund seiner Schwächlichkeit niemals in die Fußstapfen seines Vaters treten würde, was bereits zu Zeiten, als er noch im Dorf gelebt hatte, zu lautstarken Auseinandersetzungen in der Familie des Schmieds geführt hatte. Beide hängten sich nun wie selbstverständlich bei Rose ein, Rufus zu ihrer Linken, Brandon zu ihrer Rechten, was ihm unwillkürlich einen Stich ins Herz versetzte.

„Bist du wieder auf deinem Beobachtungsposten, Lucas?“, erklang mit einem Mal die glockenhelle Stimme Glarindelles, die wie so oft aus dem Nichts aufgetaucht zu sein schien. Mit leichten Flügelschlägen schwebte sie an seiner Seite und äugte nun ebenfalls in die Richtung, in die er so angestrengt blickte. „Rose“, stellte sie sanft gesprochen fest. Während er mit seinen Blicken Rose und ihren beiden Begleitern folgte, wandte Glarindelle ihren Blick ab und sah zu ihm. „Ich wollte dich fragen, ob du uns heute die Ehre erweist, uns nach Loch Balann zu begleiten?“ - „Hm“, kam es nur leise gebrummt zurück, was die Fee mit einem kristallklaren hellen Lachen quittierte. „Ich sehe schon, Lucas, du hast im Augenblick anderes im Sinn. Ich werde ein wenig später noch einmal vorbeischauen.“ Kaum gesagt war die Fee auch schon wieder verschwunden, was Lucas jedoch nur beiläufig bemerkte, war er doch viel zu beschäftigt damit, Rose und die beiden jungen Männer an ihrer Seite nicht aus den Augen zu verlieren. Nur kurz wandte er seinen Kopf leicht irritiert in die Richtung, in der Glarindelle eben noch schwebte. Doch schon im nächsten Moment erfassten seine Augen bereits wieder das Trio aus dem Dorf.

In dicke Winterkleidung vermummt bewegten sich die drei gerade zum Dorfausgang, und Lucas kletterte behände den dicken eisigen Stamm herab, um Dutzende von Metern weiter einen anderen Baum zu erklimmen, von dem er einen besseren Ausblick auf den Straßenabschnitt hinter dem Dorf hatte. Dabei geriet er nicht wirklich außer Atem, da er durch sein Leben in der Wildnis trainiert war. Nur wenig später heftete er seinen Blick wieder auf Rose, die wohlgelaunt durch den neu gefallenen Schnee auf der erst an diesem Vormittag geräumten Straße stapfte. Rufus und Brandon hatten Rose inzwischen losgelassen, und sie formten den Schnee zu Bällen, mit denen sie sich und Rose bewarfen. Ausgelassen war die Stimmung, das Verhalten der drei zueinander so vertraut und eng, dass es Lucas erneut einen Stich ins Herz gab. Lachend und sich mit Schnee bewerfend bewegten sich die drei jungen Menschen langsam die Straße entlang, bis sie nach etlichen Hundert Metern in einen Waldweg einbogen, der sie schon kurz darauf außer Sichtweite von Lucas brachte. Doch er kannte den Wald wie sonst keiner und er wusste, wohin der Waldweg führte. Daher war es ihm auch ein Leichtes, sich erneut am Baumstamm herabzulassen und mit ausholenden raschen Schritten eine Abkürzung zu nehmen, hin zu einem weiteren Baum, von dessen höher gelegenem Geäst er das Ende des Waldweges im Blick hatte.

Wie erwartet traten Rose und die beiden jungen Männer wenige Minuten später tatsächlich aus dem Wald und sie tollten nun ausgelassen am Ufer des Flusses entlang, der trotz der fallenden Temperaturen aufgrund seiner starken Strömungen nur an einigen Stellen am Rand zugefroren war. Heiter war das Spiel, neckisch und herausfordernd das Werfen der Schneebälle, und Lucas versank ganz im Beobachten, so dass es für ihn wie ein Schock kam, als Rose plötzlich ausrutschte, das Gleichgewicht verlor und im nächsten Augenblick mit einem spitzen schrillen Schrei die Böschung hinabstürzte, hinein in das eisige Nass, das sie sofort an sich riss, nach unten zog, mit sich zerrte. Ohne zu überlegen, aus einem schnellen Reflex heraus, rutschte er abermals den Baumstamm hinab, diesmal nur viel schneller, so dass ihm die Rinde und herausstehende Aststücke in die Hände schnitten, was er jedoch nicht bemerkte, da seine gesamte Aufmerksamkeit nur der ertrinkenden Rose galt. Kaum am Boden rannte er so schnell er konnte zum Fluss, hin zu der Stelle, von der er intuitiv annahm, dass die Strömung Rose in der Zwischenzeit dorthin befördert hatte. Aus den Augenwinkeln nahm er dabei nur vage wahr, dass die beiden Begleiter immer noch an der Stelle verharrten, an der Rose ins Wasser gestürzt war, offenbar uneins, was zu tun war.

Noch während die beiden sich gegenseitig dazu antrieben, fast kopflos den Weg zum Dorf zurückzulaufen, stürzte Lucas sich bereits ins Wasser, tauchte tief ein und schwamm mit kräftigen Armbewegungen der leblosen Gestalt entgegen, die am Boden des Flusses herumgewirbelt wurde. Die eisige Klaue, die sich ihm bei diesem Anblick um sein Herz legte, versetzte ihm einen so tiefen Schmerz, wie es nicht einmal das eisige Wasser vermochte, das nun auch ihn völlig umgab. Wie um sein eigenes Leben kämpfte er sich den Strömungen und Strudeln zum Trotz näher an Roses herumwirbelnden Körper heran, bis es ihm gelang, einen Teil des Mantels zu greifen und festzuhalten. Mit kurzen Beinbewegungen und aller hineingelegter Kraft schnellte er mit Rose an die Wasseroberfläche, wo er ihren Kopf an die Luft hielt, während er nun hastig, fast schon hektisch zum Ufer schwamm. Kaum hatte er Grund unter seinen Füßen zog er Rose aus dem Wasser und ließ sie sachte auf den Boden gleiten. Bangen Herzens legte er seinen Kopf auf ihre Brust, lauschte nach dem Herzschlag und nach Atemgeräuschen. Als er schließlich ein schwaches Geräusch in ihrem Brustkorb vernahm, atmete er erleichtert auf. Doch er wusste, dass nun jede Sekunde zählte. Schnell hatte er Rose, die gänzlich durchnässt war, auf seine Arme gehoben und er rannte los, durch den Wald, hin zu der Hütte, die er sein Eigen nannte und die für ihn nun bereits seit Jahren sein Zuhause war. Während seine Gedanken nur um Rose kreisten und er kaum zu atmen vermochte, fanden seine Beine ihren Weg wie von alleine.

Erst etwa eine Viertelstunde später hatte er das Blockhaus erreicht, das er in einem der dichtesten und unwegsamsten Bereiche des Waldes errichtet hatte, um vor ungewollten Blicken und zufälligen Besuchern verschont zu bleiben. Die Türe war schnell aufgestoßen und die junge Frau behutsam auf dem Boden abgelegt. Mit zittrigen Händen begann er, ihre Kleidung zu öffnen, sie von dem triefnassen und teils bereits gefrorenen Stoff zu befreien. Als ihm dies schließlich gelungen war, verschloss er die Türe, durch die Schnee und Kälte hereingeweht wurden. Er rieb Rose mit Handtüchern, die er eiligst aus einem Schrank an der Wand holte, nicht nur trocken, sondern er versuchte dabei auch, ihre Durchblutung wieder in Schwung zu bringen. Schließlich hob er sie auf und trug sie hinüber zu seinem Bett, in das er sie vorsichtig ablegte. Erst jetzt legte er erneut seinen Kopf auf ihre Brust und lauschte, bis er bange Sekunden später den extrem verlangsamten Herzschlag hörte. Nachdem er das wärmende Fell über sie gelegt hatte, bewegte er sich wie in Trance zum Kamin, den er mit geübten Handbewegungen anschürte, bis ein knisterndes Feuer den Raum erhellte und erwärmte.

Doch Lucas wusste, dass dies nicht genug war. Roses Körper war eisig, die Gefahr eines Herzstillstandes groß, und so kleidete er sich kurzentschlossen aus und legte sich neben sie ins Bett. Wie ein Schock traf ihn die Kälte ihres Körpers, und als er sie nun endlich betrachten konnte, ließen ihn ihre fahle Haut, ihre blutleeren Lippen, die Schlaffheit ihrer Gliedmaßen erschaudern. Er legte seinen Arm um sie, schmiegte sich eng an sie und versuchte, so viel Wärme wie möglich an sie abzugeben, sie mit seinem Lebenswillen zu kräftigen. Doch ihm endlos erscheinende Minuten lang zeigte sich keinerlei Änderung an ihrem Körper, vielmehr erfasste ihn selbst zunehmend die Kälte. Aber dann, nach bangem Hoffen und unausgesprochenem Flehen an die Mächte der Natur bewegten sich ihre Lider und auch, wenn sie sie nicht aufschlug, spürte er, wie langsam die Wärme in ihren Körper zurückfloss, wie sich die fahle Haut allmählich zart rosig färbte und auch ihre Lippen zunehmend an Farbe gewannen. Dankbarkeit durchströmte ihn und er zog sie noch enger an sich, sog ihren Duft ein, genoss ihre Nähe und verlor sich dabei ganz in ihr. Während ihr Körper zusehends und spürbar normalere Temperaturen erreichte, begann sie sich auch zu bewegen. Instinktiv schmiegte sie sich ihrerseits an ihn, suchte die Wärme, die Nähe und kuschelte sich schließlich an ihn. Die Gefühle, die Lucas durchströmten, waren so intensiv, dass sie schmerzten. Das Glück, die Erleichterung, die Freude, sie nicht verloren zu haben, erfassten jede Faser seines Seins und trieben ihn hoch auf Wellen des Entzückens. Noch während Rose mit geschlossenen Augen bewusstlos scheinend neben ihm lag, gab er sich ihr ganz hin. Mit vorsichtigen, sanften Bewegungen ertastete er die Haut ihres Gesichtes, fuhr die Konturen ihrer Nase, ihrer Lippen, ihrer Ohren nach und stellte mit Bewunderung fest, dass ihre Haut zarter war als die Rosenblätter, die er immer mit ihr in Verbindung gebracht hatte. Und Rose reagierte auf seine Berührungen. Mit leisem wohligem Seufzen bewegte sie sich seiner Hand entgegen, schien nicht genug davon zu bekommen und animierte ihn so, seine Hand über ihren zarten Hals vorsichtig zu ihrem Busen wandern zu lassen, wo er sie liegen ließ und nur noch seine Finger sachte bewegte. Mit einem tief empfundenen Lächeln spürte er den nun viel kräftigeren Herzschlag unter seiner Hand und so wie dieser sich beschleunigte, wurde auch sein Herzschlag schneller.

Just in diesem Augenblick wurde die Tür jäh aufgerissen und zusammen mit dem eisigen Wind und zahllosen Schneeflocken stürmte eine mürrisch und grimmig dreinschauende Meute dick vermummter Männer herein, die zwei stark an den Leinen zerrende, bellende Jagdhunde mit sich führten. Ohne lange zu fackeln stürzten sich die Männer auf Lucas. Mehrere Hände griffen nach ihm, zerrten ihn unsanft aus dem warmen, weichen Lager und schlugen ohne jegliche Vorwarnung auf ihn ein. „Du verdammter Bastard!“ - „Perversling!“ - „Miese Ratte, dich hätten wir damals im Wald verrecken lassen sollen!“ Die Männer schrien durcheinander und während zwei ihn festhielten, rissen sich die anderen förmlich darum, der Nächste zu sein, ihm einen Schlag in die Magengrube zu versetzen, ihm mit den Stiefeln Tritte zu geben, ihm die Fäuste gegen Wangenknochen und Kiefer zu hämmern und ihm dabei größtmögliche Schmerzen zuzufügen. Lucas blieb keinerlei Gelegenheit zum Nachdenken, instinktiv riss er seine Arme zur Verteidigung hoch, versuchte, sich zu wehren, doch gegen die Übermacht hatte er keine Chancen. Brutal wurden seine Arme von den Eindringlingen, die ihn hielten, beiseite gezerrt und weitere Schläge prasselten auf seinen verwundbaren nackten Körper ein.

Währenddessen traten zwei andere Männer an Roses Seite des Bettes, schlugen das Fell auf und bedeckten hastig den nackten Körper der zitternden jungen Frau mit den mitgebrachten Decken, wickelten sie schließlich darin ein, um sie hochzuheben und nach draußen zu bringen.

„Wir sollten ihn gleich hier und jetzt kaltmachen!“ Auch wenn Lucas am Rande der Bewusstlosigkeit stand und das Blut in seinen Ohren rauschte, konnte er Rufus Stimme doch klar erkennen. „Mistkerl!“ - „Schwein!“, kam von anderen als Resonanz, und Lucas wurde nun an seinen langen Haaren brutal über den Boden geschleift und nach draußen in die Kälte gezerrt. Während ein Teil der Männer in der Hütte blieb, versetzte der Rest der Meute ihm draußen weitere Tritte, schrie ihn an und stieß die wüstesten Beschimpfungen aus. Lucas ganzer Körper explodierte vor Schmerzen, er bekam kaum noch Luft und rang nach Atem. Todesangst erfasste ihn jäh, als ihm in einem Winkel seines Bewusstseins dämmerte, dass es diesmal anders war als vor Jahren im Dorf, als er auch schon Schläge und Hiebe hatte einstecken müssen. Diesmal waren der Hass und die Wut der Männer so groß, dass sie keinerlei Kontrolle mehr über sich hatten. Immer weiter hagelte es daher auch Schläge und Tritte, und Lucas bekam nur noch am Rande mit, wie mit einem Mal ein Feuerschein zu sehen war. Der Kamin, schoss es ihm durch den Kopf. Doch er wusste im gleichen Augenblick, dass das Feuer zu hell, dass Prasseln zu laut war und auch die Wärme, die mit einem Mal aus Richtung der Hütte abstrahlte, viel zu intensiv.

„Ich glaube das reicht jetzt“, ließ sich schließlich der Dorfälteste mit resoluter Stimme vernehmen. „Den Rest macht die Natur.“ Noch mehrere abschließende Tritte und Hiebe folgten, die die schon verletzte Haut an weiteren Stellen aufplatzen und Knochen brechen ließen, bis die Meute schließlich knurrend von ihm abließ und hinter dem Dorfältesten hertrottete, der sich ohne noch einmal zurückzublicken vom Schauplatz des Überfalls entfernte. So wie die Blutlache sich langsam um Lucas ausbreitete und den neugefallenen Schnee rot färbte, spürte er, wie das Leben langsam, aber stetig aus ihm wich. Eisige Kälte umgab ihn, die auf merkwürdige Weise seine Schmerzen zu betäuben schien.

„War es das wirklich wert?“ Glarindelles sanft fragende Stimme ertönte mit einem Mal direkt neben seinem Ohr, und Lucas konnte mit flackerndem Blick die Fee sehen, die sich mit leichten Flügelschlägen neben ihm in der Luft hielt und ihn teils besorgt, teils interessiert, teils jedoch auch vorwurfsvoll anblickte.

Er konnte seinen Kopf kaum bewegen, hatte seinen Körper nicht mehr wirklich unter Kontrolle, doch es gelang ihm, seinen Blick mühsam in die Richtung zu quälen, in die die Männer mit Rose entschwanden. Als ob diese ihn spüren könnte, schlug sie in diesem Augenblick ihre Augen auf und ihre Blicke kreuzten sich für einen flüchtigen, aber intensiven Moment. Und genau in diesem einen Moment wurde ihm so warm ums Herz, jeglicher Schmerz war verschwunden und jegliche Angst gewichen. Ein schwaches Lächeln trat auf seine zerschlagenen Lippen und spiegelte sich auch in seinen feucht glänzenden Augen wider.

„Ja“, hauchte er kaum hörbar, bevor sich seine Augen schlossen und er in Dunkelheit versank.


Autor: Akira Akarui
Von Word gezählte Wörter: 3.150 (exklusive Titel)
 

Mezelmoerder3D

Diplompsychopath mit *
VIP
Das WoH Schreiberling Gewinnspiel IV



Es geht endlich wieder los. Nach langem bitten, noch längerem hoffen und einem Jahr geht es in Runde 4 des Schreibens um den ersten Platz. Da es immer wieder Abneigungen wegen dem Thema gab, gib es dieses Mal eine Sonderregel:


DA RULEZ
In diesen Thread kommen nur die fertigen Geschichten. Bitte setzt sie in einen Spoiler, damit die Seite net so ewig lang wird.
Thematik:
Es gibt kein gesondertes Thema! Ihr habt freie Hand!

Art:
Non-Hentai (kleinere Erotikeinlagen sind gestattet)

Länge:
3000 - 4500 Wörter

Mindestinhalt:
4 namentlich erwähnte Personen

Zeitvorgabe:
4 Wochen (Ende am 07.02.2016 um 12 Uhr Mittags)​
1. Preis:
10€ Amazon-Gutscheine

Fragen, Wünsche, Anträge und Diskussion findet ihr wie immer hier:
http://board.world-of-hentai.to/f15/diskussion-zum-schreiber-wettbewerb-145036/#post1594882


Es klingt in erster Linie recht simpel, dass es KEIN Thema dieses Mal gibt. Allerdings kann einen dies vor die Problematik stellen, zu viel Auswahl zu haben um sich zu entscheiden. Auch das Zeitfenster ist dieses Mal etwas knapper gesetzt. Spürt den Termindruck, Leute ^^. Ich bin gespannt auf eure Ideen.

Na dann meine lieben Schäfchen... auf die Tintenfedern...

Eingetunkt...

&

SCHREIBT!​
 

Lyteral

Eigentümer von GUDEHA
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Dann geb ich halt mal einen Auszug von 4.200 Worten aus einem meiner Werke zum besten. Viel Vergnügen!

Ja, sein Plan zur Installation des Senats war aufgegangen. Cero war bewusst, dass er damit ein sehr hohes Risiko eingegangen war. Ceiser und Kanabusa würden ihn die nächste Zeit nicht aus den Augen lassen und dann war da auch noch dieser Michael...

Der azeluthische Feldherr bereitete ihm bei Weitem größeres Kopfzerbrechen als alle Lamnia zusammen. Andererseits bot die Existenz eines solchen Machtfaktors auch große Chancen. Lediglich den Nutzen daraus würde er erst in ferner Zukunft genießen können. Vorerst musste Cero sein Spiel fortsetzen, sonst würde es ein vorschnelles, nicht befriedigendes Ende finden.

Es stand ein Besuch in den himmlischen Gefilden, in Azeluth, an. Ceiser hatte ihn bereits während ihres Gespräches bezüglich des Senats darüber in Kenntnis gesetzt. Da dieses Gespräch allerdings beinahe gänzlich die zur Verfügung stehende Zeit gekostet hatte, wollte Ceiser das vereinbarte Treffen für eine Kompromisslösung nutzen, bei der er die Idee des Senats für weitere Rechte ausspielen würde.

Für Cero war das Ganze eine Erkundungsreise in fremde Gefilde. Dementsprechend nützlich erschien ihm der Ausflug, bei dem er keinen besseren Beschützer hätte haben können.

Mit dem Vampirkönig selbst an seiner Seite würde er nicht so viel zu befürchten haben. Cero schätzte Ceisers Fähigkeiten zwar geringer ein, als die des Engels Michael, aber er hielt ihn doch für mächtiger als beispielsweise die beiden Begleiter, die Michael beim letzten Treffen mit sich geführt hatte. Und zur Not hatte Cero immer noch seine Geheimwaffe!

Ausgeruht und frischen Ganges brach er auf zum Treffpunkt, den Ceiser mit ihm vereinbart hatte. Dort erwartete ihn eine Überraschung, die so überraschend gar nicht war. Auch Kanabusa wollte und war mit von der Partie. Allgemein erschien sein Mitwirken notwenig zu sein, da außer ihm wohl keiner die Teleportation beherrschte. Oder konnte Ceiser sie auch einsetzen?

Da Cero die Schwerkraft der Welten nicht überwinden konnte, war dies die einzige Möglichkeit zu reisen. Oder gab es da möglicherweise noch andere, von denen sie nichts wussten? Nun, es war ja auch egal, da Kanabusa jetzt mit ihnen reiste.

Freundlich begrüßte er beide im unterwürfigen Ton. Er hatte sehr wohl mitbekommen, dass sie ihre angeregte Unterhaltung eingestellt hatten, als er heran nahte. Man musste nur eins und eins zusammenzählen um auf die zwei Gesprächsthemen zu schließen, welche die beiden so angeregt zu diskutieren hatten.

Zum einen ging es um die Senatsgründung und zum anderen um die Rolle Ceros bei dessen Gründung. Kanabusa war nicht dumm und würde nach dem soeben Erfahrenen zumindest argwöhnen, dass sich Rido nicht zufällig ein so hitziges Gefecht mit ihm geliefert hatte.

Mit Sicherheit hatte Kanabusa versucht Ceiser von dessen Entschluss wieder abzubringen, doch dafür war es bereits zu spät. Cero aber verhielt sich wie immer. Niemand würde ihn mit den Vorgängen in direkte Verbindung bringen können, dafür würde er zur Not Sorge tragen.

Vorerst aber war es angesagt, sich normal zu benehmen. Kanabusa leitete die Teleportation für die kleine Gruppe ein und nur wenige Augenblicke der Wahrnehmung später hatten sie ihr Ziel erreicht.

Vor ihnen lag eine Welt, die nichts mit den Cero bekannten Welten gemein hatte. Es war eine Gegend, die keinen Boden zu haben schien. Gewaltige, massiv geformte Wolkengebilde bildeten einen soliden Untergrund, auf dem riesige Palastbauten ruhten.

So eindrucksvoll dies alles wirkte, so trist sah es auch aus. Alles, was sichtbar lag, war farblos. Nein falsch, es hatte eine Farbe, diese war weiß. Die Luft war geschwängert von Düften, die Übelkeit oder Suchtgebaren in einem hervorrufen konnten. Bei Cero wirkte es sich im Rahmen von Unwohlsein aus, deshalb hörte er auf Luft einzusaugen. Dieses instinktive Atmen hatte er sich in seinem gesamten Dasein als Vampir immer noch nicht abgewöhnen können.

Kanabusa stand unbewegt da. Ceiser sog ebenso wie Cero etwas von dieser beklemmenden Atmosphäre ein und schien es zu genießen. Cero nahm an, dass dies Erinnerungen im König der Lamnia hervorrief.

Ein kurzer Augenblick der vergangenen Tage und Ceiser schien sich wieder gefasst zu haben. Ohne jegliche Worte zu verlieren setzte er sich in Bewegung und seine beiden Nachfahren folgten ihm.

Ganz wohl war Cero beim Beschreiten der Wolkengebilde nicht. Stetig war er in Furcht, er könne durch diese hindurch brechen und in die unüberblickbare Unendlichkeit darunter fallen. Diese Furcht schien jedoch unbegründet zu sein, denn diese Wolken hielten selbst dem Druck der steinernen, dem Augenschein nach aus Marmor bestehenden Gebäude statt.

Aus allen Richtungen wurden sie beobachtet. Ein Augenpaar nach dem anderen ließ sich blicken. Langsam schälten sich die gesamten Umrisse der Engel aus ihren Unterkünften.

Als Ceiser an ihnen vorbei schritt, zerrissen sie sich ihre Münder. Cero dagegen belächelten sie dabei beinahe mitleidig, wobei ihre Augen diesem Lächeln nicht folgten und weiterhin sowohl hart als auch hasserfüllt auf sie blickten. Kaum aber kehrte ihnen Ceiser nicht sein Profil zu, sondern drehte den Kopf in ihre Richtung, verstummten die unter Beobachtung stehenden auf der Stelle. Dieses Verhalten bestärkte Cero in seiner Annahme, dass Ceiser weitaus mächtiger als die meisten Engel war. Mittlerweile waren aber derer derart viele zur Beschau angetreten, dass die drei Lamnia eine Gasse umringt von Geflügelten durchschreiten mussten.

Kanabusa machte den Eindruck, als würde er jeden Augenblick explodieren. Seit seiner Niederlage hatte er an derselbigen zu knabbern. In diesem Augenblick musste ihn der Anblick der azeluthischen Schaulustigen um den Verstand bringen. Letztendlich aber hatte er sich so weit unter Kontrolle, dass er keine Dummheiten anstellte.

„Wenn Kanabusa wüsste, wem er diese Qualen wirklich zu verdanken hat...“ dachte Cero und setzte seinerseits ein breites Grinsen auf.

Einer der Engel entfernte sich unauffällig. Die Energieflüsse ringsum waren zu stark, als dass eine geringe Änderung bemerkbar gewesen wäre. Cero bemerkte es, als er den Engel dabei sah, wie der hinter einem Marmorblock entschwand. Ceiser und Kanabusa wussten davon nichts, Cero behielt es für sich.

Gemeinsam schritten sie durch die schmal gewordene Gasse einem alles über ragenden Monumentalbau entgegen. Dieser stach hinein in den klaren blauen Himmel, an dem drei Sonnen standen. Die Sonnen erhellten jeden Winkel und jede Ecke des Baus, denn sie befanden sich in exakt ausgerichtetem Abstand um das Gebäude herum.

Aus diesem Grund warf der Monumentalbau nicht den geringsten Schatten, lediglich um die normaler geratenen Bauten fanden sich vereinzelt winzige Schattenareale. In Azeluth gab es keine Nacht, der Tag hatte hier obsiegt und blieb auf ewig bestehen – sehr zum Leidwesen Ceros, dem die Sonnenstrahlung nicht so gut bekam.

Ohne sich von grotesken Gebärden, schlimmen Worten oder dem großen Schweigen bei Blickkontakt ablenken zu lassen, steuerte Ceiser direkt auf den gigantischen Marmorbau zu, die beiden Begleiter stetig im Schlepptau habend. Je näher sie ihm kamen, desto besser konnte Cero die detailreiche Fassade erkennen. Über Einritzen, Abstrahlen oder Anheften von Fragmenten waren unzählige Abbildungen von heldenhaften Engeln dargestellt worden. Nach der mühelosen Erstellung des dodekahedronalen Tisches überraschte ihn das aber nicht weiter. Mit genau so etwas in der Art hatte er bei Michael gerechnet.

Am Eingang verließen die drei die Masse von Geflügelten und waren endlich allein. Vor ihnen öffnete sich ein gewaltiger Saal, der noch prunkvoller und pompöser verziert war, als die Außenverkleidung. Die hier fast ausschließlich als Fresken aufgetragenen Bilder zeigten ebenso ausschließlich nur Michael – in Schlachten gegen Flammenmeere, Dämonenheere und gefallene Engel. Diese Bilder waren in verschieden Farben aufgetragen worden und außer den Personen waren sie das einzige, was in Azeluth unterhalb des Himmels farbig zu sein schien.

„Lasst euch davon nicht beeindrucken!“ ermahnte sie Ceiser. „Die unzähligen Niederlagen gegen Luzifer hat er natürlich nicht verewigt.“

Ceiser lachte und Kanabusa stimmte mit ein. Sie überspielten den Ernst der Lage. Cero blieb dagegen ruhig und versuchte die dargestellten Bilder zu verarbeiten. Sie gaben Aufschluss über Techniken des Engels. Die Klinge des Heils kannte er bereits und erkannte sie auch auf einigen Abbildungen wieder. Ebenso war dieser fürchterliche Lichtstrahl, den er selbst abgewehrt hatte, zu sehen. Doch daneben waren noch etliche weitere Fähigkeiten abgebildet, die ihm bis dato gänzlich unbekannt waren. Die Bilder brannten sich in Ceros Gedächtnis ein, so schnell würde er sie nicht wieder vergessen.

Ein Flügelschlag weckte ihn aus seiner Teilnahmslosigkeit. Alle drei blickten sie empor und sahen, wie der Engel Michael mit seinen Riesenschwingen von der Decke herabgeschwebt kam und sein geistiger Ausstoß war enorm. Dieses Mal hatte er ihn nicht so stark unterbunden, wie bei ihrem letzten Treffen. Der gewaltige spirituelle Druck zwang Cero in die Knie, auch Kanabusa hielt ihm nicht lange stand. Ceiser aber stand unbewegt da und sah dem verhandlungswilligen Feind entgegen.

Speichel floss aus Kans Mund, und eine winzige Lache bildete sich neben ihm am Boden. Michael setzte neben Ceiser zur Landung an und drehte sich demonstrativ zu Kanabusa um.

„Ach, der Ärmste! Er hat vor Furcht auf den Boden gesabbert.“ heuchelte der mächtige azeluthische Feldherr, der diese Situation offensichtlich mit Absicht herbeigeführt hatte.

Der Blick des Engels wechselte von dem schweißgebadeten Kanabusa zu Cero hinüber. Auch dieser lag auf dem Boden wie angewurzelt, hingepresst wie Sardinen in die Dose. Kein Muskel zuckte, der kleine affenähnliche Vampir wirkte wie tot. Misstrauisch beäugte Michael die Gestalt zu seinen Füßen.

„Darf ich dich bitten, deinen geistigen Ausstoß etwas zu mäßigen, verehrter Michael, Stellvertreter Gottes, Feldherr des glorreichen Azeluths, Racheengel der wandelbaren Welt, Held des Heiligen Krieges und Bezwinger der dämonischen Heere Luzifers.“

Jetzt endlich wandte der Azeluther sich dem Vampirkönig zu.

„Aber natürlich, Ceiser, Herr der Lamnia, General Luzifers, gefallener Engel und ehemaliger Weggefährte des Lichts.“

Der mentale Druck ließ merklich nach. Mühevoll erhob sich Kan. Cero blieb liegen, weiterhin zuckte nicht ein einziger Muskel seines Körpers. Ceiser wies seinen Sohn an, er solle Cero zur Seite schaffen. Der Zustand in dem der kleine Lamnia sich befinde, sei normal. Das sei das Los, welches einen im Angesicht einer wahren Übermacht ereile.

All diese Vorkommnisse nahm Cero wahr. Die handfeste Verlagerung seines Körpers fühlte er nicht. Lediglich mit fremden Augen sah er zu, wie es geschah. In dem Moment, als der Engel zur Landung angesetzt hatte, hatte er selbst die Gelegenheit genutzt. Seine eigene Seele, Ceros Seele, steckte nun tief im drittmächtigsten Wesen des gesamten Universums. Auch wenn er keine Kontrolle ausüben konnte, so wusste er nun doch, was der Azeluther dachte.

Noch einen Moment zuvor hatten sich unzählige Gedanken mit ihm selbst befasst. Ceros schlimmste Befürchtungen waren Realität geworden. Der Engel hatte Verdacht bezüglich seiner Person geschöpft. Während Michael auf den auf dem Boden wie festgeklebt liegenden Cero nieder geblickt hatte, durchströmten Pläne und Vorhaben, die zur Überprüfung dessen dienen sollte, den Kopf des Geflügelten. Cero kannte sie nun alle, doch das allein genügte ihm nicht.

Was würde noch kommen? Er musste abwarten, den richtigen Moment abpassen.

„Also schön! Ich habe für heute geladen, um eure Entscheidung bezüglich meines großzügigen Angebots zu hören. Ich nehme an, dass dieser dort an die Wand gelehnte Vertreter eurer Art euch die Informationen zuverlässig übermittelt hat.“

„Ich habe das Schreiben erhalten und zeige mich in allen Punkten damit einverstanden.“

Michael zuckte mit den Mundwinkeln. Damit hatte er nicht gerechnet. Er kannte Ceiser noch aus dessen Zeiten als Engel. Da hatte Ceiser, der sich damals noch Raphael genannt hatte, sogar Luzifer die Treue geschworen um freie Entscheidungen treffen zu können. Hörigkeit war etwas, das ihm nur aus Sicht des Befehlsgebers zusagte.

„Das freut mich, dass wir uns gleich einig werden konnten. Habt ihr das von eurem Volk abgesegnete Vertragswerk denn auch mitgebracht?“

Cero konnte nicht fassen, wie sehr sich die Gedanken und das Handeln des Engels voneinander unterschieden. Ambivalent, ja janusköpfig, wäre die richtige Umschreibung gewesen. Insgeheim ärgerte sich der azeluthische Feldherr, dass Ceiser ohne weitere Verhandlungen zu suchen auf die Forderungen eingegangen war. Während der Verhandlungen hätte er lediglich dafür Sorge tragen wollen, dass der Niederlage seines Untergebenen Sühne geleistet würde.

„Leider haben wir da ein kleines Problem. Die Gegenzeichnung des Volkes ist noch nicht erfolgt. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich es aufgrund weit reichender Gedankenspiele versäumt habe, dem Volk das Werk vorzustellen.“

„Und wozu vergeudet ihr hiermit dann meine Zeit?“ spöttelte Michael, der sich seiner bereits im Davonschwimmen befindlichen Felle wieder sicher fühlte. „Wenn wir mit diesem Treffen zu keinem Ergebnis kommen, ergibt das Ganze keinen Sinn.“

„Ich hätte euch einen Vorschlag zu unterbreiten, der euren Vorstellungen bei Weitem noch näher kommen dürfte, als diese einfach formulierte Floskel des Vertrages.“

Michael hob seine rechte Augenbrauche gespannt an.

„Ich höre!“ antwortete er in erwartungsvollem Ton.

„Ich habe ersonnen, ein ständig etabliertes Organ der Mitbestimmung im Reich der Lamnia zu gründen. In regelmäßigen Abständen sollen sich alle Lamnia für Vertreter aussprechen, die am Ablauf und Geschehen des öffentlichen Lebens des gesamten Reiches mitwirken sollen. Dieses Organ soll Senat der Lamnia genannt werden.“

Jener nüchtern vorgetragene Entschluss überraschte den Stellvertreter Gottes. Er selbst regierte mit eiserner Faust und hatte erwartet, dass niemand, der einmal Macht besessen hatte, freiwillig wieder etwas davon abgab. Den Vertragsschluss hatte er damit absichtlich verhindern wollen, dass er die Volksstimme gefordert hatte. Doch dem Anschein nach war Ceiser nicht mehr so machtbesessen, wie er es noch zu seiner Zeit als Raphael gewesen war. Und wieder drohten ihm seine Felle zu entgleiten.

„Vereinbart war, dass das gesamte Volk zustimmt. Ich bin nicht bereit, weitere Kompromisse einzugehen.“ donnerte der Engel beinahe wutentbrannt hervor.

Im Geiste grinste Cero vor sich hin. Der Kriegsausbruch, den er sich so sehnlich gewünscht hatte, stand so kurz bevor wie nie. Doch noch war es dafür zu früh, denn an diesem Ort würde er nur im Tode von dreien enden und das verdorbene Volk der Lamnia an sich nicht tangieren.

„Meister Ceiser, erlaubt mir bitte zu sprechen.“ Meldete er sich aus seiner vermeintlichen Ohnmacht zurück und alle sahen sie ihn verdutzt an. Noch vor einem Augenblick hatte Cero kein Lebenszeichen von sich gegeben und nun wollte er das Wort an sich reißen?

„Du darfst sprechen, Cero.“ erteilte ihm der König seine Zustimmung. Michael sah aus, als wollte er protestieren, doch gab es dazu keinen ersichtlichen Grund, so dass er es unterließ.

„Werter Kriegsherr Azeluths, verzeiht mir mein dreistes Einschreiten, doch war es nicht so, dass unsere Vereinbarung nicht so fester Natur war, wie ihr dies nun darstellt? Nicht nur wir blieben ein Sammelsurium an Zustimmungen schuldig, auch ihr habt noch eine Lücke im Vertragswerk zu schließen.“

„Zu was ich in der Lage bin! Ihr aber bleibt schuldig und flüchtet euch in Reden und wahnwitzige Ideen, deren Umsetzung jeglicher Rationalität entbehrt.“

„Ist es vielmehr nicht so, dass ihr den gesuchten Vertragsschluss in der Zwischenzeit bereut habt? Dass ihr nun eurerseits Ausflüchte sucht, um ihn für nichtig zu erklären? Oder diente das ganze Vorhaben gar nur dazu, die Niederlage Saniels zu sühnen? Sollten die Lamnia als Vertragsbrecher abgestempelt werden, damit keine weiteren friedlichen Verhandlungen mehr getroffen werden können? Oder wurden wir gar nur zu dem Zwecke hierher gelockt, damit an unserem König ein abschreckendes Exempel statuiert werden könnte?“

Michael schluckte. Ceiser und Kanabusa waren sofort zur Stelle und machten sich zum Kampf bereit.

„Dieser verfluchte Vampir weiß und vermag eben doch mehr, als er nach außen zeigen will. Hat er womöglich sogar meine Gedanken gelesen? Nein, das ist unmöglich! Zu so etwas sind nicht einmal die beiden im Stande. Sein Verstand jedoch ist messerscharf. Er scheint sich beinahe mühelos in sein Gegenüber hineinversetzen zu können. Jedenfalls hat es den Anschein, als wäre es so.“ dachte Michael in diesem Augenblick.

Michael nahm eine ruhigere Haltung und Sprechweise an. „Beruhigt euch! Es lag garantiert nicht in meiner Absicht, Rache zu suchen oder Exempel zu statuieren. Für Dinge, die bereits vergeben und vergessen sind, schon zweimal nicht.“

Misstrauisch beäugt entschloss er sich, eine Sitzgelegenheit herbeizuschaffen. Um aber unnötige Reibereien zu vermeiden, setzte er diesen Entschluss mit reiner Muskelkraft in die Tat um.

Stühle aus weißem Stein, verziert mit geometrischen Figuren und Mustern, ein nicht so massiver Tisch – im Vergleich zu dem dodekahedronalen Werk vom letzten Treffen - gezeichnet von einfacher Form und ein kleines durchsichtiges Gefäß schaffte der Engel herbei.

„So nehmt doch Platz.“ forderte er die Lamnia versöhnlich klingend zu selbigem auf.

Ceiser und Kanabusa nahmen wieder entspanntere Züge an. Sie ließen sich auf den Stühlen nieder. Der weiße Stein fühlte sich auf der Haut seltsam angenehm an. Es war als würde der Stein leben. Auch Cero setzte sich und ließ die Eindrücke auf sich wirken. Jetzt würde er sich wieder zurückhalten und genau auf seine Umgebung achten. Ceiser blickte ihn erwartungsvoll an. Cero schüttelte den Kopf und so wurde seine Entscheidung zu schweigen akzeptiert.

Das Gespräch wollte nicht mehr so richtig in Gang kommen. Michael blickte hasserfüllt auf Cero nieder. Ceiser und Kan waren bis zum Platzen angespannt.

„Nun...“ begann Ceiser zu sprechen. Michael hüstelte und schnappte nach dem Gefäß auf dem Tisch, in dem eine klare Flüssigkeit schwamm. Ohne seinen Gästen etwas davon anzubieten, trank er allein davon. Da diese Gestalten vor ihm keiner stofflichen Nahrung mehr bedurften, war das aber auch überflüssig.

„Wir sollten uns auf das eigentliche Vorhaben beschränken und vergessen, was vorgefallen ist.“ führte Ceiser seine Worte fort.

„Das sieht dir mal wieder ähnlich. So warst du schon früher. Viel zu nachgiebig und weich. Dir ist alles recht, solange du deine Interessen dadurch wahren kannst. Sogar dein Bund mit Luzifer ist so entstanden.“

„Jeder beschreitet den Pfad, den er für richtig erachtet. Ich teile deine gewalttätigen Durchsetzungsversuche nicht.“

„Deshalb bist du auch dem einfachen Weg der Finsternis verfallen.“

Cero räusperte sich lautstark.

„Keine weiteren Ablenkungsversuche mehr, wenn ich bitten darf. Gegenstand der Unterhaltung ist und bleibt ein Vertrag, der die Annäherung unserer beiden Völker und nicht deren Spaltung vorsieht. Persönliche Differenzen sind hier fehl am Platz und sollten ein andern Mal unter vier Augen disputiert werden.“ wandte er ein.

Michael zischelte verächtlich. Kanabusa war bereit etwas zu unternehmen, Ceiser aber winkte ab. Cero schwieg wieder.

„Nun verstehe ich immerhin, warum unsere Gesuche seit Ceros Mitwirken so erfolgreich aufgefasst und angenommen wurden. Der Junge weiß, wann er sprechen muss und wann Schweigen angesagt ist. Cero, deine Fähigkeit, andere mental unter Druck zu setzen, ist ein Gewinn für uns alle. Doch genug des Lobes, ich wollte noch einmal darlegen, welche Veränderungen wir für den Vertrag vorsehen und erläutern, wozu das dienen soll.“

Zähneknirschend hörte Michael zu. Das Gespräch verlief ganz und gar nicht in seinem Sinne.

„Wir fordern, dass nicht das gesamte Volk der Lamnia zustimmen muss, sondern dass ein gewählter Senat diese Aufgabe übernimmt. Auch nach Abschluss der Vertragsverhandlungen wird dieser Senat Bestand haben und an die Geschicke unserer Welt gebunden bleiben.“

„Und ich fordere, dass jeder Vampir selbst zustimmt.“ blieb Michael starrsinnig.

Erneut räusperte sich Cero.

„Es soll also jeder Lamnia zustimmen, damit auch wirklich keinerlei Verfehlung stattfinden kann. Des Weiteren soll eine Anfechtung des Kontrakts ausgeschlossen werden. Wozu aber besteht diese Sicherheit nur einseitig? Gedenkt ihr uns zu hintergehen und hofft darauf, dass dieser Verrat unentdeckt bliebe?“

Wütend sprang der azeluthische Feldherr auf. Er sei empört und noch nie so beleidigt worden. Er forderte Genugtuung.

„Gerade ihr solltet euch nicht so ungebührlichen Verhaltens wegen aufregen. Wer hat denn noch insgeheim Verstärkung im Obergeschoss des Gebäudes versteckt? Die Energien wurden perfekt abgeschirmt und sind nicht aufzuspüren. Dennoch gibt es Mittel und Wege die dort im Verborgenen lauernden Engel aufzuspüren. Ihr heftiger Atem störte mich bereits zu Beginn unserer Begegnung.“ preschte Cero mit seinen heimlich gesammelten Informationen hervor.

Kanabusa und Ceiser rissen die Augen voller Erstaunen auf. Michael heulte auf wie ein räudiger Straßenköter, dem man versehentlich auf den Schwanz getreten war. Vollends erzürnt rief er seine Getreuen herbei, die natürlich mitbekommen hatten, wie Cero ihren nahezu gottgleichen Anführer verbal auseinander genommen und gedemütigt hatte.

„Kanabusa, wir gehen nach Plan vor!“ schrie Ceiser. Kan sprang auf, um auf der Stelle wieder nieder zu sacken. Michaels mentaler Druck zwang ihn zurück in die Sitzposition. Cero saß regungslos da. Diesmal überzog Schweiß auch sein Gesicht.

Geistesgegenwärtig sprang Ceiser vor die beiden auf den windigen Tisch. Zwischen seinen Haaren sprangen Funken hin und her. Die Luft war durchzogen von Entladungen und kleinen Blitzen.

„Was willst du allein denn schon ausrichten? Schon allein gegen mich bist du chancenlos. Und es stehen dir noch drei weitere Engel gegenüber, das darfst du nicht vergessen.“

„Von denen einer schon einmal eine Niederlage gegen uns erlitten hat...“ röchelte Cero und stichelte Michael damit noch weiter an.

Damit hatte er den Bogen überspannt. Michael stürzte vor. Ohne auf Ceiser zu achten bewegte er sich auf Cero zu.

„Du elender, kleiner Wicht nimmst dir zu viel heraus. Doch das wird das letzte...“ spie er Cero entgegen.

Doch noch ehe Ceiser eingreifen konnte, war Cero unter den Tisch entschwunden. Michaels Hieb stieß ins Leere. Eine Lichtfessel an Ceros Bein hatte ihn aus dem Gefahrenbereich gezogen. Sie stammte von Saniel.

Ceiser ließ einen gewaltigen mehrarmigen Blitz los, der sein Ziel nur knapp verfehlte und die weißen Steinwände schwarz färbte.

„Was soll das? Wieso stehst du diesem Vampir bei, Saniel? Empfindest du etwa Sympathien mit einem Verräter und seinem höllischen Gefolge?“ warf diesem der mächtige Feldherr an den Kopf.

Verdutzt blickte Saniel auf seine Handflächen nieder. Die Lichtfessel löste sich auf.

„Schluss mit den Spielchen, Wortgefechten und Maskeraden! Dann lasst uns diese Sache eben ein für alle Mal regeln.“ gab der sich nun scheinbar mühelos aufrichtende Cero von sich.

Den über ihm liegenden Tisch schmetterte er dabei zur Seite und brach nicht nur eine der Ecken ab, sondern schlug damit auch ein Loch in den sonst so makellosen Boden. Ungläubig staunend richteten sich die Blicke aller Anwesenden auf ihn.

„Cero, schnapp dir deinen Vater und mach, dass du mit ihm das Weite suchst! Ich werde mich um diese Angelegenheit hier kümmern.“ ließ Ceiser verlauten, noch ehe die Engel sich der neuen Situation wegen gefasst hatten.

„Was für ein unglaublich hartnäckiger, kleiner Wicht!“

Michael stieß die Worte hervor. In ihnen steckte all der Hass, den er für diesen kleinen Lamnia empfand. Der geistige Ausstoß Michaels wuchs immer weiter an.

Als Erster brach Saniel zusammen. Zwei weitere Personen folgten. Kanabusa brach der Stuhl unter seinem Gesäß zusammen. Der letzte der drei Engel konnte sich nur noch auf sein Knie stützen. Selbst Ceiser schien sich schon besser gefühlt zu haben.

„Gib dir keine Mühe, Herr von Azeluth! Du wirst mich nicht in die Knie zwingen.“ sprach Cero ohne Anzeichen von Anstrengung und Mühe zu zeigen. „Ich bin dir ebenwürdig!“

Begleitet wurden diese großen Worte vom Ächzen und Stöhnen der am Boden liegenden Personen. Der oberste Engel wollte nicht glauben, was sich da vor seinen Augen abspielte.

„Du hast es nicht anders gewollt!“ schrie er enthusiastisch. „Ich werde euch das volle Ausmaß meiner Macht spüren lassen.“

Schier ins Unermessliche stieg der Druck an. Längst war auch der letzte azeluthische Krieger gebrochen, und auch Ceiser stand kurz davor weg zu kippen. Cero jedoch narrte den azeluthischen Kriegsherrn und schritt munter umher.

„Im Namen des Herrn, wer zum Geier bist du!?“ stieß Michael hervor.

Cero grinste ihm ins Gesicht.

„Mehr hast du nicht drauf? Wahrlich enttäuschend, ich hatte mehr erwartet.“

Schweißgebadet, mit offenem Mund und herab geklapptem Kinn sah Ceiser Ceros Narretei mit an. So groß war das Potential seines kleinen Schützlings also. Damit hatte selbst er nicht gerechnet. Damals, als Cero einen Blitz aus Ceisers Hand überlebt hatte, dachte dieser sich schon, dass der Kleine etwas Besonderes war. War es nur ein Trick, der dem unsäglich überlegen zu scheinenden Verstand des affenähnlichen Vampirs entstammte, oder war er tatsächlich zu so viel in der Lage?

„Jetzt genügt es aber endgültig! Du siehst doch, dass du mir damit nichts anhaben kannst, Engel.“

Michael sah aus, als würde er jeden Augenblick den Rest seiner Fassung verlieren. Er verstand nicht, was da vor sich ging. In seinem Kopf rumorte es. Ein ganzes Weltbild, das seit Anbeginn der Zeit Bestand hatte, brach innerhalb weniger Atemzüge zusammen. Wer war dieser Vampir? Dem Druck, den er auszustoßen vermag, konnte kein Lebewesen – mit Ausnahme der beiden Lebewesen, die bereits vor ihm existiert hatten – standhalten. Zumindest sollte dazu niemand in der Lage sein. Und trotzdem wagte es dieser Wicht vor ihm zu tänzeln, als wäre der Vollbesitz von Michaels Kräften nichts weiter als eine Einbildung, ein ermüdender Gedanke, dessen Existenz allein für Unwohlsein und Schmerzen sorgte und sobald dieser Gedanke ausgemerzt war, würde dessen Ausmerzung Linderung gebracht haben. Sollte er prüfen, ob es sich bei diesem Handeln lediglich um einen Trick handelte? Oder sollte er lieber nachgeben und weitere Schritte bedenken, die die veränderte Ausgangslage mit im Blick hatten? Würde er dann nicht sein Gesicht verlieren, oder hatte er das nicht schon längst? Nein, niemand außer Ceiser hatte etwas davon mitbekommen. Alle anderen Anwesenden waren bewusstlos geworden. Der Druck war ihnen zu viel geworden.

Michaels Gedanken drifteten gänzlich ab. Diese Situation hatte er ähnlich schon einmal durchlebt. Damals war Ceiser, der sich zu jener Zeit noch Raphael genannt hatte, zum Feind übergelaufen und hatte sich dem Sieger des Kräftemessens angeschlossen. Der damalige Gegner trug den Namen Luzifer. All dies war an jenem Tag geschehen, an dem Gott verschwunden war. Es war der siebente Tag der Schöpfung...

Gespannt betrachtete Cero sein Gegenüber, das drittmächtigste Wesen der Galaxis, und erwartete eine Reaktion. Seltsamerweise geschah nichts. Tiefes Schweigen dominierte die gerade eben noch von Eskalation gezeichnete Szenerie.

Der gewaltige Druck riss urplötzlich komplett ab. Cero spürte davon nichts, er hörte lediglich, wie Ceiser zu ihm kam. Der mächtige Engel machte keinerlei Anstalten, etwas zu unternehmen. Wie es den Anschein hatte, hatte Cero die selbst herbeigeführte Situation wieder bereinigt.

Warum aber stand der Azeluther still? Hatte der vermeintliche Machtbeweis ihm so zugesetzt? Das konnte sich der erstaunte Cero nicht vorstellen. Solch ein Wesen gab nicht einfach klein bei.

Edit: Wer n Tippfehler findet, darf den gerne melden^^
 
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