Dann muss ich mal wieder zu Wort melden.
@Noxiel: Werde doch bitte mal konkret. Was soll die IWF denn machen? Sanktionen? Boykottieren oder am besten sich ins Finanzamt reinsetzen, damit jedem im Griechenland klar wird, dass die böse EU hinter den "unmenschlichen" Sparmaßnahmen steckt?
Überwachen. Der IWF überwacht die Anstrengungen der Griechen ihr Staatsdefizit abzutragen. Tut die griechische Regierung das nur unbefriedigend bleibt der Geldhahn aus 110Mrd. Euro verschlossen. Und den Geldsegen wieder fließen zu lassen, ist ein großer Motivator und ein noch größeres Druckmittel.
Um mal ein paar Auszüge aus der Vereinbarung vom 2. Mai zu posten:
• Fiscal policies. Fiscal consolidation—on top of adjustment already under way—will total 11 percent of GDP over three years, with the adjustment designed to get the general government deficit under the 3 percent level by 2014 (compared with 13.6 percent in 2009).
• Government spending. Spending measures will yield savings of 5 ¼ percent of GDP through 2013. Pensions and wages will be reduced and frozen for three years, with payment of Christmas, Easter, and summer bonuses workers abolished, but with protection for the lowest-paid.
• Government revenues. Revenues measures will yield 4 percent of GDP through 2013 by raising value-added tax, and taxes on luxury items, and tobacco and alcohol, among other items.
• Revenue administration and expenditure control. The Greek government will strengthen its tax collection and raise contributions from those who have not carried a fair share of the tax burden. It will safeguard revenue from the largest tax payers. It will also strengthen budget controls. The total revenue gains and expenditure savings from these structural reforms are expected to gradually total 1.8 percent of GDP during the program period.
• Financial stability. A Financial Stability Fund, funded from the external financing package, is being set up to ensure a sound level of bank equity.
• Entitlement programs. Government entitlement programs will be curtailed; selected social security benefits will be cut while maintaining benefits for the most vulnerable.
• Pension reform. Comprehensive pension reform is proposed, including by curtailing provisions for early retirement.
• Structural policies. Government to modernize public administration, strengthen labor markets and income policies, improve the business environment, and divest state enterprises.
• Military spending. The plan envisages a significant reduction in military expenditure during the period.
Quelle:
IWF
GDP ist das Bruttoinlandsprodukt. (Gross domestic product)
Deine Ausführungen zum Thema Finanzkreislauf sind sehr interessant, gehen aber nur auf, wenn man Griechenland eine grundlegende Bedeutung in diesem Kreislauf gibt. Dem ist aber nicht so, Griechenland kann rausgeworfen werden ohne den Euro groß zu beschädigen.
Und hier behaupten viele Chefökonomen, darunter auch Deutsche Bank Chef Ackermann, das Gegenteil. Griechenland ist - auch ein geflügeltes Wort der letzten Jahre - Systemrelevant. Deutsche Banken und Finanzinstitute halten allein knapp 18 Mrd. Euro in Griechischen Staatsanleinen, der Gesamtwert aller Anleihen von PIIGS Staaten (Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien) beläuft sich auf rund 522,4Mrd. Euro. Lass' Dir die Zahl mal auf der Zunge zergehen.
Ich möchte den Vergleich mit einem Baum ziehen. Wir haben einen gesunden Baum, gut hier und da gibt es kleinere Probleme, aber insgesamt ist er sehr stabil (und hat sogar teilweise den US-Dollar-Baum schwach aussehen lassen).
Dann kommt ein neuer Trieb der sich mit falschen Zahlen reinschleicht. Dieser Trieb der jahrelang in "spätrömischer Dekadenz" gelebt hat, hat die Sparmaßnahmen aller anderen Triebe ausgenutzt um sich selbst ein gutes Leben zu machen (Man kann ja mal schauen wofür die Griechen alles Geld ausgeben- man kann nur mit dem Kopf schütteln)
Dieser Trieb wurde nun mit einer Krankheit befallen die unheilbar ist und nun ist die Frage: Halten wir den Trieb am Leben und riskieren den gesamten Baum oder schneiden wir den kranken Teil ab?
Der Vergleich mit spätrömischer Dekadenz und in welchem Zusammenhang er in Deutschland gefallen ist, ist hier völlig Fehl am Platze. Die Griechen haben schlecht gewirtschaftet, haben Zahlen gefälscht und sich in die EU geschlichen, aber das haben zur der Zeit alle gemacht und was noch wichtiger ist, denn es relativiert die Aussage ganz enorm, es hat die Europäische Gemeinschaft nur bedingt interessiert.
Was den Baum Vergleich angeht, er ist unpassend, denn er bricht das komplexe Problem Griechenland auf ein Niveau herunter, dass andere - aber ökonomisch wichtige Nebenaspekte - völlig außen vor lässt.
Wo ist in deinem Vergleich der Baumfäller, der darauf spekuliert, dass der ganze Baum morsch wird und um günstiges Feuerholz zu bekommen einzelne Triebe gezielt krank macht? Lässt der Baum den kränkelnden Trieb also fallen, macht der Baumfäller noch ein paar krank. Fallen die auch vom Baum zeigt er das den Naturschützern und die sagen: "Ja der Baum ist wirklich krank, der verliert ja Trieb um Trieb. Den kannst du fällen".
Es gibt kein Produkt, keinen wissenschaftlichen Bereich in dem Griechenland führend ist, so dass es den anderen Staaten irgendwas bringen würde, dass man eine gemeinsame Währung hat. Aber das dürfte Neverman schon selbst aufgefallen sein, als ihm kein einziges Produkt eingefallen ist, was man spontan mit Griechenland verbindet. Mir fällt aber gerade neben dem Gyros noch der Griechische Wein ein, also war der Beitritt zur EU durchaus gerechtfertigt.
Ich vermisse ein wenig die Ernsthaftigkeit in dieser Diskussion. Ganz ehrlich. Griechischer Wein und Gyros als einzige Exportgüter des Landes?
Wer sich ein wenig auf der Seite des Statistischen Bundesamtes umschaut wird sehen, dass Deutschland 2008 63% aller produzierten Güter in die EU exportiert hat. Das sind zwei Drittel oder 623 Mrd. Euro. Sollte das nicht ein wenig verdeutlichen, wie wichtig die EU allein für Deutschland ist?
Sehen wir es mal von der anderen Seite, wenn wir jetzt die Griechen rausschmeißen, was würde passieren? Griechenland würde vor einem (gerechten) Scherbenhaufen stehen. Aber durch eine Währungsreform können ein Großteil der Schulden abbezahlt werden und man kann wieder neu aufbauen. Der IWF hat damit ein Sorgenkind weniger und würde als stabile Währung wieder nach oben gehen. Das mag egoistisch klingen ist aber manchmal der beste Weg.
Also dröseln wir das mal weiter auf. Wir schmeißen Griechenland aus der Währungsunion. Griechenland führt die Drachme (oder irgendeine andere Währung) wieder ein. Griechenland müsste seine neue Währung radikal unterbewerten, die Schulden, welche das Land aber immernoch im Ausland hat und die meisten davon in der EU, belaufen sich aber weiterhin in Euro. Griechenlands Schulden explodieren auf unberechenbares Niveau, weil der Wechselkurs Drachme vs. Euro irgendwo zwischen 100.000.000 : 1 steht.
Der Euro würde aber im Gegensatz genauso abstürzen, denn nach dem Einführen der neuen griechischen Währung könnte keine Regierung halbwegs plausibel erklären, wie das Land die Schulden zurückzahlen will, die in Euro laufen. Ergo müssen die anderen europäischen Staaten und Banken ihre Forderungen abschreiben. Bilanzlöcher in unbekannten Ausmaßen wären die Folgen. Denn Griechenland ist nur der Anfang, denn jetzt, da es erstmal ein Land geschafft hat aus der Währungsunion zu fliegen, können die Italiener, Spanier, Portugiesen und Iren vielleicht auch bald ausgeschlossen werden. Privatanleger, Spekulanten, ausländische Banken fliehen aus dem Euro in den sicheren Dollar. Der Euro stürzt noch tiefer, die Währungsunion zerbricht....
Und nein, wenn Griechenland zusammen bricht geht bei uns nicht die Welt unter. Gut, der Gryos würde billiger werden als Döner aber sonst? Griechenland ist keine Importnation, also würde auch keine größeren Exporte wegbrechen. Wir sind auch nicht von den Aggraprodukten abhängig also würden wir als Kunden nicht viel merken, wenn wir Griechenland rausschmeißen würden. Lassen wir Griechenland aber drinne dann gehen wir wirklich alle vor die Hunde, weil das gesamte System nach und nach leer gesaugt wird. Und wenn alle Staaten zu viele Schulden machen, dann wird Geld gedruckt und dann haben wir wirklich eine Inflation.
Siehe oben. Griechenland importiert seine meisten Waren aus Deutschland, sprich die meisten Schulden hat Griechenland auch in Deutschland. Aber die paar Mrd. wären verschmerzbar, was nicht verschmerzbar ist, wäre der Angriff der Spekulanten auf die übrigen kränkelnden Euromitglieder. Mit jedem Prozentpunkt den der Euro fällt, verdienen die Hedgefonds unglaubliche Summen.
Aber auf die Idee kam ich noch gar nicht, dass es vielleicht von Vorteil wäre, in Griechenland wieder eine neue/alte Währung einzuführen und ihnen damit zu helfen, anstatt ihnen die Kredite zu geben.
Womit helfen? Die Schulden die Griechenland hat, laufen in Euro oder Dollar. Mit einer eigenen Währung würden sich die Schulden, wegen dem schlechten Wechselkurs, nur noch erhöhen.
Aber es kann gut sein, dass der Austritt Griechenlands aus der Eu und eine neue Währung für die, wirklich das Beste wäre, auch wenn das den Bänkern nicht gefallen wird.^^
Geld ist Vertrauenssache. Du vertraust darauf, dass die Zahlen die auf deinem Bankaccount stehen, den selben Wert haben wie ein - sagen wir mal - entsprechend großer Klumpen Gold. Der Löwenanteil des internationalen Geldes ist nur eine Ansammlung von Bits und Bytes, dass mit dem Vertrauen durch die Leitungen gejagt wird, dass es am Ende der Transaktion noch den selben Wert wie davor hat. Wenn wir Griechenland also 110 Mrd. Euro an Krediten geben, dann heißt das nicht, dass die 110 Mrd. mit einem Fingerschnippen weg sind. Wir bürgen nur dafür, dass wir im Falle eines Falles für diese Summe einspringen werden.
Stellt euch bitte mal folgendes vor:
Inzwischen dürfte jedem klar sein, der Euro ist nicht für die Ewigkeit. Die Frage ist nicht ob eine Währungsreform kommt sondern wann. Man hat mit viel Mühe und Not ( und mit unfassbar viel Geld) gerade den Status Quo gesichert.
Und mit welchen Konsequenzen bitte? Erläutere bitte einmal in eigenen Worten, was mit Deutschland passieren würde, wenn wir die gute alte Deutschmark wieder einführen. Ich kann mir nur vorstellen, dass der Mainstream, von dem du da spricht, eine Gruppe von 15 Bloggern darstellt, die in Wirtschaftslehre nicht richtig aufgepasst haben. Anders lässt sich mir das nicht erklären.
Wenn die nächste Krise kommt (Sei es ein Land kippt um; Deutschland stellt sich zeitweise stur oder irgendwelche Spekulanten haben wieder zu hoch auf die Pleite des Euros gesetzt- egal sie wird kommen) wird es wirklich ungemütlich. Ob man dann nochmal einen Sturz verhindern kann? Ich weiss es nicht. Ich bin mir auch nicht sicher, ob das Ende des Euros bereits in diesem Herbst stattfindet (wie manche andere Zeitgenossen, die sich für das Thema interessieren), die Zeit wird es zeigen.
Die Krise hat Europa kalt erwischt keine Frage.
Europa sei seit dem Vertrag von Maastricht größer geworden, aber die Zusammenarbeit untereinander habe damit nicht Schritt gehalten. Es gelte nun, die Versäumnisse aufzuholen, die auch mit dem Lissabon-Vertrag nicht behoben worden seien. Die Union habe zwar eine gemeinsame Währung, aber kein politisches und wirtschaftliches Gebäude. "Das zu schaffen, darin liegt die Chance dieser Krise" - Angela Merkel
Und darin liegt das Problem. Niemand hat sich vor 15 Jahren Gedanken dazu gemacht, die Weltwirtschaftskrise und das Griechenlandproblem sind die längst überfällige Initialzündung dafür.