Gerechtigkeit blickte missbilligend auf das Ungetüm, was sich vor ihm aus der Erde erhob und ihn im Namen seines "Meisters" angriff. Wieder materialisierte er den Bogen in seiner Hand, doch in Gedanken war er längst nicht mehr hier; auf dem Schlachtfeld.
Wann war es geschehen? Wann waren er und seine Brüder vom Himmel verstoßen worden? Und warum? Gott musste doch wissen; dass es nicht gerecht war, Wesen wie die Nephilime nur ihrer Herkunft wegen zu verfolgen und umzubringen. Sicherlich musste das ein Missverständnis sein.
Zwei Pfeile schossen aus seinem Bogen und durchschlugen den rechten Arm der Kreatur. Diese brüllte auf; ballte die linke Hand zur Faust und schlug nach ihm; er wich jedoch aus und spannte seinen Bogen erneut.
Hatte vielleicht der Rat der Seraphen dieses Missverständnis zu verantworten? Bei näherem Nachdenken war es unwahrscheinlich. Engel fühlten nichts; und Pflicht stand an oberster Stelle. Sie würden sich keiner Order widersetzen.
Der Morgenstern war gefallen; er hatte keinen direkten Einfluss mehr im Rat. Zumindest war das der letzte Stand, den Gerechtigkeit in Erinnerung hatte. Was also dann?
Ein Lichtstrahl fuhr aus seinem Bogen und trennte die Faust vom Körper. Weitere Pfeile zischten und durchschlugen nun auch den linken Arm. Mit vier weiteren Pfeilen wurden die Beine des Monsters getroffen; es knickte ein und krachte zu Boden.
Die letzte Wahrscheinlichkeit wollte er nicht in Erwägung ziehen. Die letzte Möglichkeit war, dass er sich geirrt hatte. Dass es eben doch gerecht war; was die Engel taten. War es so? Wie er den Gedanken auch drehte und wendete; es schien ihm nicht richtig. Er verbannte den Zweifel tief in sein Inneres; doch der Zweifel verblieb. Er nagte an ihm; er liess ihn nicht los.
Ein letzter Pfeil durchschlug den Kopf des Ungetüms; es schlug der Länge nach zu Boden. Und kaum hatte er den Kampf beendet, als er einen Hilferuf spürte. Der Auserwählte rief um Beistand. Zügig schritt er auf eine Anhöhe in der Nähe, und liess seinen Geist schweifen. Er spürte die anderen Reiter; dann einige Nephilim; dann Engel; Dämonen; und schlussendlich den Auserwählten. Der Ort, an dem dieser sich befand; gefiel ihm gar nicht. Ausserdem war es für ihn schwierig; dorthin zu gelangen. Aber...
Er entsandte seine Befehle an den Rest der Reiter. Er selbst musste etwas anderes erledigen.
Sein Ross erschien; als das vom weissen Reiter ausgestrahlte Licht noch einmal an Glanz zunahm.
Er stieg auf; und machte sich daran; den Rat der Seraphen aufzusuchen. Er war sich der Gefahr bewusst; aber es war notwendig.
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Tod rannte mit der jungen Dame; bis sie aufgehalten wurden. Eine gewaltige Faust schmetterte knapp vor ihm auf den Boden; und nur in letzter Sekunde konnte er mit seiner Begleitung ausweichen. Er schürzte die Lippen. Er war eigentlich wegen etwas anderem hier; aber ein Kampf liess sich wohl nicht vermeiden.
Die Umgebung schien dunkler zu werden; als seine Umrisse zu flackern schienen. Seine menschliche Hülle fiel von ihm ab, und an seiner Stelle stand der der letzte Reiter der Apokalypse.
Die Umgebung um ihn herum wurde rau, Risse fingen an sich durch den Stein zu ziehen; als alles anfing langsam zu Enden. Alle lebenden Wesen, die noch in der Nähe waren; kamen ins Schwanken und erlitten einen Anfall von Schwäche, der sie in Ohnmacht trug.
Alle, nur seine Begleiterin nicht.
Diese starrte mit weit aufgerissenen Augen auf ihn; und eine Sekunde lang entgegnete er ihrem Blick. Seine Augen bohrten sich in die Ihren; bevor er zu seiner Sense griff.
Er wandte sich dem Koloss vor ihm zu.
"Mich vernichten? Narr! Dein Meister sollte sich etwas besseres einfallen lassen; um den schwarzen Reiter zu töten."
Das Ungetüm hob als Antwort die Faust und stiess sie nach ihm. Tod lächelte innerlich; ein freudloses; kaltes Lächeln. Als die Hand ihn fast berührte; hielt sie inne. Staub rieselte von ihr herab. Sie begann in Sekundenschnelle zu zerfallen. Als Tod auf seinen Kontrahenten zuschritt; setzte sich dieser Verfall fort; bis er direkt vor ihm stand. Er hieb mit der Sense nach seinem Brustkorb; und augenblicklich zerfiel sein "Opfer" zu Staub.
Er drehte sich zu der geschockten jungen Dame um. Langsam schritt er auf sie zu.
"Es ist vorbei." sagte er ruhig. Sie verstand die Worte offensichtlich falsch; und fing an zu zittern. Dann jedoch verflog die Düsternis; und der Mensch Thomas stand wieder vor ihr.
"Wir sollten reden. Nicht hier. Zu viel los." sagte er; als würde er über das Wetter reden.