Klar auch, dass hier ein Neunmalkluger auftauchen muss mit dem typischen "das ist genau so wie ich es mir schon immer dachte"-Geschwafel herkommen muss. Das ist auch irgendwo etwas typisch Deutsches.
Gut, ich hatte bislang hier zwar nichts geschrieben, aber angesprochen fühle ich mich irgendwie trotzdem
Zwar habe ich sehr lange auch nicht für möglich gehalten, dass Putin einen Krieg vom Zaun bricht, weil mir (selbst jetzt noch) einfach keine plausiblen Motive dafür einfallen, aber gerade die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik habe ich schon lange als in erster Linie wahnsinnig naiv empfunden.
Dieser Krieg zeigt für mich recht deutlich, dass im Zweifel eben doch das Recht des Stärkeren gewinnt und nicht die Stärke des Rechtes. Gesetze und Verträge bringen nur etwas, solange sich beide Parteien daran gebunden fühlen - oder eine stark genug ist, die andere zur Einhaltung zu zwingen (wie z.B. beim Gewaltmonopol des Staates). Russland ist in der bequemen Situation, der stärkere zu sein. Wir können appellieren und drohen, aber es ist im Endeffekt nur heiße Luft dahinter: Wir können Russland leider gar nichts. Guter Wille um den Frieden und Diplomatie sind gut und erstrebenswert und hoffentlich immer die erste Wahl, aber ohne die Kraft im Rücken, die eigene Position des Rechtes im Zweifel auch gegen derartige Aggressoren verteidigen zu können, ist das halt auch auf Sand gebaut.
Es gibt ja Leute, die behaupten, die Nato-Perspektive für die Ukraine (die es ja tatsächlich schon mal gab) habe Putin erst dazu provoziert, diesen Krieg zu starten. Aber 1. geht von der Nato für Russland keinerlei Bedrohung aus - esseidenn Putin sieht den Schutz seiner Nachbarn bereits als Bedrohung - und 2. hat das nur die Ukraine als souveräner Staat zu entscheiden und das geht Russland gar nichts an.
Ich behaupte: Wäre die Ukraine in der Nato, hätte es diesen Überfall nicht gegeben.
Vor diesem Hintergrund freut es mich, dass man offenbar in Deutschland endlich gemerkt hat, welche Bedeutung die Bundeswehr hat. Natürlich kann es nie in unserem Interesse sein, die Bundeswehr einsetzen zu müssen, aber zur tatsächlichen Durchsetzung unserer Sicherheit sind Veträge eben auch nur solange eine Sicherheit, solange sich auch jeder daran gebunden fühlt.
Ich bin im Bezug auf die Lösung des Ukraine-Krieges leider ziemlich ratlos. Dass Putin in irgendeiner Weise klein beigibt, kann ich mir beim besten WIllen nicht vorstellen - dass er sich von den Sanktionen beeindruckt sieht, erst recht nicht. Auch ein Eingreifen der Nato geht (zum aktuellen Zeitpunkt) nicht, das würde uns tatsächlich die Gefahr eines Atomkrieges einbringen, obgleich ich nicht ausschließen würde, dass uns Putin tatsächlich noch in diese Richtung treibt.
Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass Putin von seiner eigenen Bevölkerung gestürzt wird: Das wäre wohl die beste Lösung. Allerdings ist da glaub ich auch sehr viel Wunschdenken dabei und sehr realistisch finde ich das selbst nicht.
Klar ist für mich aber auch: Eine diplomatische Lösung wie "Dann lasst Putin halt die 'abtrünnigen Volksrepubliken' annektieren, damit er wenigstens einen kleinen Erfolg hat" kann es imo nicht geben. Für jemanden, der einen Angriffskrieg startet, darf es nur ein Ergebnis geben: Eine Niederlage, so bitter wie möglich. Jeder noch so kleine Erfolg, würde Nachahmer provozieren.