Auch mehr als zwölf Stunden nach dem schweren Erdbeben im japanischen Nordosten ist das Ausmaß der Katastrophe erst ausschnittartig zu erkennen. Bei dem Beben der Stärke 8,8 auf der Richterskala und dem nachfolgenden Tsunami sind amtlichen Prognosen zufolge mehr als 1000 Menschen gestorben. Das Beben legte das Geschäftsleben in weiten Teilen des Landes lahm. Die Folgen für Japans Wirtschaft sind bisher noch kaum zu überblicken, Versicherungsunternehmen aber richten sich auf große Ausfälle ein.
Das Erdbeben ereignete sich um 14:45 Uhr Ortszeit in der Region Tohoku im Nordosten des Landes. Mehrere Orte versanken unter einer Tsunami-Welle, auch der Flughafen Sendai wurde überspült. In der nordjapanischen Hafenstadt Kesenuma breitete sich nach Einbruch der Dunkelheit ein Flächenbrand. Auch in anderen Gegenden sind zahlreiche Brände ausgebrochen, unter anderem in einer Raffinerie im Industriegürtel östlich von Tokio. Das Hauptbeben, das auch im 400 Kilometer südlich des Epizentrums liegenden Tokio heftige Erschütterungen auslöste, legte das Geschäftsleben in der Hauptstadt und im Nordosten des Landes weitestgehend lahm.
In der überwiegend ländlich geprägten Tohoku-Region legten einige Fabriken ihre Produktion still. In einer Honda-Fabrik im Nordosten des Landes sei ein Arbeiter getötet worden, als eine Wand und Deckenteile zusammengestürzt seien, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Dabei seien mehr als 30 Personen verletzt worden. Laut Angaben von Nikkei hat Toyota zwei Fabriken vorübergehend geschlossen, Nissan schloss fünf Produktionsstätten. Deutsche Unternehmen sind im Katastrophengebiet kaum mit Zweigstellen vertreten.
Der internationale Flughafen Narita wurde nach dem Beben geschlossen. Mehr als 700 Flüge von Japan aus wurden nach Angaben des Transportministeriums gestrichen. 13.000 Passagiere sind laut der Agentur Kyodo am Tokioter Flughafen Narita gestrandet, 10.000 am Flughafen Haneda.
In Tokyo brach nach dem Erdbeben ein Verkehrschaos aus. Hunderttausende Angestellte, die das Beben während der Arbeitszeit ereilt hatte, mussten den Heimweg zu Fuß antreten oder in den Büros übernachten. Bahnen und Schnellzüge waren stundenlang außer Betrieb. Der Tokaido-Shinkansen nahm gegen Abend seinen Teilbetrieb in Richtung Osaka wieder auf.
Das Beben ereignete sich eine Viertelstunde vor Börsenschluss: Die Kurse an der Tokioter Aktienbörse endeten kräftig im Minus. Auch die japanische Währung geriet unter Druck. Das schwere Beben in Japan könnte auch deutsche Versicherungskonzerne teuer zu stehen kommen: Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re rechnet mit Zahlungen von bis zu zwei Milliarden Euro, sagte Vorstandschef Nikolaus von Bomhard nach Angaben von Spiegel Online am Freitag bei einer Analystenkonferenz in London. Das Schadensausmaß bliebe aber noch schwer abzusehen.