Wir hatten im Deutschunterricht, damals in der Schule, einige Themen durchgenommen, die sich mit der menschlichen Psyche beschäftigten. Sicherlich macht mich das nicht zum Experten, dass bin ich auch nicht, dafür bedarf es etwas mehr als nur einige Nebenthemen in der Schule.
Einige Details sind mir inzwischen entfallen, aber den Kern konnte ich mir merken:
Einige Wissenschaftler machten eine Studie, indem sie eine größere Anzahl von Menschen in ein Feriencamp einluden. In der ersten Woche hat man sie gemischt untergebracht. Dadurch, dass alle Menschen aus den verschiedensten Regionen mit unterschiedlichen Hintergründen gewählt wurden, kam es eher selten zum Streit oder zu Konkurrenzverhalten.
In der zweiten Woche hat man die Kleidung der Menschen angepasst. Das heißt, man hat sie in "Teams" zusammen gefasst. Eher zufällig hat man einige Leute gewählt und ihnen ein rotes Shirt verpasst, die andere Gruppe erhielt ein blaues Shirt. Sie wurden in neuer Zusammensetzung untergebracht.
Die gemeinsamen Aktivitäten wurden wie gewohnt weiter geführt. Der Begriff Wettbewerb fiel nicht ein einziges Mal. Dennoch haben die Teams sich mehr und mehr angefeindet. Menschen, die also vorher halbwegs gut miteinander klar kamen, wurden so zu Konkurrenten.
Übertragen wir dieses Prinzip grob auf die hier geschilderte Situation:
Es ist offensichtlich, dass man nicht hassen muss, um sich an Hasstriaden zu beteiligen. Allein das "In der Gruppe etwas abzuneigen", gibt einen das Gefühl nicht alleine darzustehen. Selektieren wir die Sadisten aus diesen Hassnachrichten raus. Merkt man schnell, dass unter anderem viele Leute einfach "mitschwimmen" auf einer Welle.
Ich empfinde es als "natürlich", dass Menschen sich im Internet anfeinden. Es ist eine unschöne Sache und sicherlich nicht toll. Aber indem viele sich nicht die Mühe machen müssen gegen den Strom zu schwimmen, sparen sie sich viel Leid.
Im Laufe der Geschichten waren es immer die "Anderen", daher alle Formen von gefühlten "Minderheiten" die einen auf den Deckel bekommen. Andere Ethnik, Religion oder sonstige Andersartigkeiten grenzen einen katapulthaft aus der "Masse" raus.
Wenn Leute sich also wegen Computerspielen zum Beispiel das Maul zerreisen, dann liegt das daran, dass man sich in eine Gruppe eingliedert oder dies zumindest versucht.
Nehmen wir mal ein Beispiel:
Ein junger Mann namens Sven macht seine ersten Erfahrungen mit Computerspielen. Seine Oma hat ihm einen neuen Computer geschenkt und der Opa hat die Chance genutzt mit ihm die ersten Computerspiele zu kaufen. Darunter waren die Spiele Counterstrike, Zoo Tycoon und Die Sims. Sven hat viele Spiele nur vom Hören kennen gelernt bzw. bei seinen Freunden gesehen oder selber mal spielen dürfen. Sven benötigt einen Steamaccount für Counterstrike, in Zoo Tycoon und für "Die Sims" findet er keinerlei Communitys vor (in unserem Beispiel). Counterstrike hat eine große und breite Schicht an Spielern, die aus allen Segmenten der Gesellschaft kommen können. Sven kommt eher per Zufall in eine festere Gemeinschaft hinein, die sich in einen Teamspeakserver trifft. Sven besorgt sich Teamspeak und schon fängt der Erstkontakt an. Was Sven leider jedoch nicht weiß ist, dass er einer von wenigen unterirdischen Gruppen erwischt hat, deren Ansehen innerhalb der Gemeinschaft teilweise darauf aufbaut, irgendeine extreme und eher unbegründete Meinung zu haben. In unserem Fall: Alle Rollenspieler sind Tunten. Es ist egal ob Sven diese Meinung von sich aus bildet oder anfangs billigt. Jedoch ist es wahrscheinlich dass er diese übernimmt. In einem Gegenbeispiel könnte Sven auch in eine ganz andere Spielergemeinschaft geraten sein, die findet, dass jeder spielen darf was er oder sie möchte, hauptsache man "daddelt" schön.
Wenn es jedoch dazu kommt, dass man lästert, dann vergessen viele Menschen ihre "gute Schule" bzw. ihre Erziehung. Lästern jedoch erhöht das Selbstwertgefühl und kann auch das Selbstbewusstsein steigern oder einfach ein Ventil sein zum Frustabbauen. Es gibt andere Methoden, die sicherlich teilweise auch gesünder sind. Aber viele Menschen nutzen diese Methodik.
Man kann dieses Verhalten nicht einfach abstellen, dass geht nicht. Betroffene Leute müssen den Umgang damit erlernen, damit sie selber keinen Verlust ihres Selbstwertgefühls erleiden. Dementsprechend gibt es auch Rollenspielgruppen, die alle Egoshooterspieler für hirnlose Neanderthaler halten. Das ist das andere Extrem.
Es sind oft Extreme die ins Spiel kommen.
Aber es sind gar nicht mal so viele Menschen die im Internet "lästern", sie fallen nur eben auf und in Kombination damit, dass sich der Mensch negative Erlebnisse leichter einprägen kann als positive. Ist es durchaus logisch, dass man das Gefühl hat, dass ein großer Teil der Masse so "drauf" ist. Glücklicherweise ist dies nicht so.
Aber ein Tipp von mir:
Worte können durchaus verletzend sein, besonders wenn sie zum falschen Zeitpunkt an jemanden gerichtet werden. Oft ist es so, dass solche Worte einen den letzten Rest geben können. Es gibt viele Menschen, die auch so schon im privaten Leben große Probleme mit sich herum schleppen. Sie ziehen sich immer weiter von der Gesellschaft zurück und oftmals ist es das Internet, dass als letzter Hort für Kommunikation genutzt wird. Dass macht in diesem Fall einen Menschen noch weiter angreifbar. Man muss aber unterscheiden können:
Eine Fremde Person kann einen Menschen im Grunde nicht wirklich beleidigen oder provozieren. Es kommt auf die eigene Auffassung an. Klar gibt es deutliche Grenzen und man muss nicht alles über sich ergehen lassen oder ständig ausweichen. Aber es ist wichtig, dass man solche Leute nicht ernst nimmt. Schreihälse gibt es genug, im echten Leben und auch hier im Internet.
Diese Hassleute können im realen Leben nahezu "normal" empfunden werden. Aber jeder Mensch hat mal einen schlechten Tag oder einfach nur mehr Probleme als man verarbeiten kann. Reagiert auf solche Sachen nicht, löscht sie oder meidet eine Plattform in der solche Sachen nicht zu einem gewissen Maß unterbunden werden können.
Wer sich entschließt anders zu sein, muss eine Menge Zeug über sich ergehen lassen. Dass ist nicht gerade gut und wohl einer der größten Schwäche einer Zivilisation, die in der Lage ist Menschen ins Weltall zu schießen. Daher sollte man nicht allein auf weiter Flur sein und sich mit anderen Menschen, die ähnlich denken zusammen schließen. Es mag merkwürdig sein, aber wir sind eben oftmals Gruppenwesen. Es gibt unzählige Gruppierungen aller Art.
Wer den gänzlich individuellen Weg gehen möchte, muss sich eben Freunde anschaffen oder erhalten, die wirklich zu einem stehen und bei denen man sich verstanden fühlt. Dann spart man sich das direkte "Gruppenbilden". Ein Freundeskreis muss nicht unbedingt eine Gruppe indem Sinne sein, kann aber die gleichen Effekte haben:
Geborgenheit, Zugehörigkeitsgefühl und Sicherheit.
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Noch zum Abschluss:
Neben Konkurrenzverhalten, Gruppengefüge etc. Gibt es auch noch so etwas wie "Trends". Wenn es in Mode kommt andere Leute wegen anderen Ansichten fertig zu machen, dann wird dies aktiver betrieben als ohnehin schon der Fall war. Menschen lästern sehr oft und viele fühlen sich besser wenn sie andere Leute erniedrigen und dementsprechend wird die Wirkung von solchen "Wellen" deutlich gestärkt.
Man muss daher Verantwortung für seinen eigenen Schutz übernehmen. Geht nicht hausieren mit euren Daten und zeigt euch nicht komplett im Internet. Wer euch näher kennen lernen will, soll auch deutliches Interesse daran finden. Sonst fällt es den Leuten leicht zu lästern, immerhin lenkt dies auch von den eigenen Macken und Problemen ab. Bei der Auswahl einer Community oder einer Spielegemeinschaft, sowie eines Chatrooms etc. müsst ihr darauf achten, dass Möglichkeiten bestehen, solch unerwünschtes Verhalten entgegen zu wirken.
Treibt euch nicht in wilde Chathöhlen herum, wo eine extreme Meinung vertreten wird, dass programmiert einiges schon vor. Wenn ihr lange Unterhaltungen führt, in denen nur noch aggressiv mit Argumenten um sich geschlagen wird, zieht euch einfach zurück und beschäftigt euch mit etwas anderem.
Das Internet ist sehr groß und trotzdem wird es viele Orte geben, an denen man von einigen Leuten eher unerwünscht ist. Daher sucht man sich passendere Stellen, wo ein humanerer Umgang möglich ist.
Liebe Grüße:
Andrakson