Aisling war dem Luftschiff in den Fluten des Flusses verborgen gefolgt. Dabei hatte sie förmlich spüren können, wie Augen aus der Höhe nach etwaigen Verfolgern Ausschau hielten. Entsprechend vorsichtig war sie vorgegangen, hatte sich weder der Wasseroberfläche genähert, noch war sie dem fliegenden Etwas zu nahe gekommen. Dabei hatte sie immer wieder nach ihrer Freundin gespürt, hatte fühlen können, dass sie lebte, aber noch bewusstlos war.
Als der Fluss schließlich zu einem Bach verkommen war und sie sich nicht weiter im Wasser hatte verbergen können, hatte sie das Luftschiff entschwinden lassen, wohl wissend, dass sie es oder besser ihre Freundin dank ihrer telepathischen Verbindung wiederfinden konnte.
Und so war es ihr tatsächlich gelungen, sich auch ohne Blickkontakt zum Luftschiff einen Weg durch einen dichten Wald zu bahnen, bis sie auf eine kleine Stadt gestoßen war, die sich gleich hinter dem Wald verborgen in eine Talsohle schmiegte. Aisling hatte gespürt, dass sich etwas mit der Freundin verändert hatte, dass etwas die Verbindung zu ihr erschwerte, ohne dass sie genau hätte bezeichnen können, was. Dennoch war es ihr gelungen, das Gebäude zu lokalisieren, in das die Entführer ihre Freundin offenbar verschleppt hatten.
Alles hatte in Aisling danach geschrien, ihrer Freundin sofort zu Hilfe zu eilen. Doch als sie gesehen hatte, wie gut die Stadt bewacht war, hatte sie sich eingestehen müssen, dass sie alleine nicht viel ausrichten konnte.
"Freya, ich komme wieder, ich hole Hilfe! Halte durch!", hatte sie ihrer Freundin mehrfach telepathisch zugerufen. Und auch, wenn sie keine Antwort erhalten hatte, war sie sich sicher gewesen, dass ihre Worte die Freundin erreicht hatten.
Schweren Herzens hatte sie sich schließlich auf den Weg zurück gemacht, in der absurden Hoffnung, dass das Schiff, das sie verfolgt hatte, trotz des großen Vorsprungs, den sie gehabt hatten, tatsächlich trotz der Weite des Meeres und den ungezählten Möglichkeiten Land anzusteuern, an genau dem Ort anlanden würde, an dem sie sich geflüchtet hatten.
Und doch hatten die Tümmler ihr - kaum, dass sie wieder an den Strand zurückgekehrt war, an dem sie mit Freya, Edana, Felischia und der Ent etliche Stunden zuvor gestanden hatte - mitgeteilt, dass das Verfolgerschiff tatsächlich bald anlegen würde.
Und so hatte sie abgewartet, mit Gedanken immer wieder bei Freya und dem, was ihre Entführer ihr antun mochten.
Jetzt stand Aisling im Dunkel der Nacht verborgen und beobachtete die Kolonne an hauptsächlich Menschen, die gut gerüstet das angelegte Schiff verließen und einer der Schänken in Thelga zustrebten. Sie hatte einen Menschen ausgemacht, der wie ihr Anführer aussah. Aber er hatte zwei Kinder bei sich, um die er sich eifrig bemühte. Zudem waren mehrere bewachte Männer um ihn herumgestanden, so dass Aisling davon Abstand genommen hatte, ihn anzusprechen.
Nachdem sie die Verfolger eine Weile beobachtet hatte, fiel ihr ein Elfenpaar auf, das sich abseits der anderen hielt und sich mehr noch sogar von ihnen entfernte. Gebannt verfolgte sie, wie der männliche Elf einen Dieb überwältigte und ihn quasi mit einem kleinen Klaps wieder von dannen ziehen ließ.
Dieses Verhalten und etwas, das von den beiden ausging, was sie nicht näher bezeichnen konnte, was sie aber Hoffnung auf Verständnis und Hilfe schöpfen ließ, ließ sie schließlich schnell zu einer Entscheidung kommen. Noch während die beiden sich unterhielten, trat Aisling auf ruhige, nicht bedrohliche Weise aus dem Dunkel und sagte mit leiser, aber doch bestimmter Stimme: "Ich weiß, wo das Mädchen ist, das ihr sucht. Sie haben sie entführt ... meine Freundin ..."
Aisling trat langsamen bedachten Schrittes näher, und die beiden Elfen konnten die echte Besorgnis in ihrer Miene lesen, sie auch aus ihrer Stimme heraushören als sie weitersprach: "Sie haben sie gefangen. Ich muss sie befreien, bevor sie ihr etwas antun. Könnt ihr mir helfen? Alleine schaffe ich es nicht, denn der Ort, an dem sie sind, ist zu gut bewacht."
Aisling blieb in einem gewissen Abstand zu den beiden stehen, legte den Kopf zur Seite und sagte mit einem nun fast flehentlichen Unterton: "Ich weiß nicht, ob ich euch trauen kann. Aber ich weiß nicht, wen ich sonst um Hilfe bitten kann. Die dort drüben ..." Sie wies mit dem Kopf auf die lärmende Meute Bluthunde, die den Pier verlassen hatte und nun gen Stadtmitte strebte. "... werden sie wahrscheinlich töten und erst hinterher fragen, wer sie ist."
Aisling schüttelte den Kopf und ihre Stimme wurde brüchig als sie noch leiser anfügte: "Sie hat doch niemandem etwas getan. Wir wollten doch nur das Leben an Land kennenlernen ..."