Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat bekräftigt, dass die Zukunft der Wehrpflicht ergebnisoffen geprüft wird. Dabei werde es "keine Tabus und keine Denkverbote" geben, sagte er im Bundestag in der Debatte über den Gesetzentwurf zur Reform der Bundeswehr, in dem die Aussetzung der Wehrpflicht bisher kein Thema ist.
Grundsätzlich sei er ein Befürworter der Wehrpflicht, so der CSU-Politiker. Er machte jedoch deutlich, dass kurzfristige Einsparungen im Verteidigungsetat "nur im Bereich des Personals zu erzielen sind". Die Reduzierung des Personals könne "durchaus zur Folge haben", dass sich der Grundwehrdienst nicht mehr "in der jetzt vorgesehenen Form" aufrecht erhalten lasse. Mögliche Einsparungen bei der Armee sind ein Posten im Sparpaket der Bundesregierung.
Merkel: Über alles nachdenken
Die vom Verteidigungsminister geäußerten Standpunkte entsprechen der Haltung von Kanzlerin Merkel. In einem Interview hatte sie sich zuvor ähnlich geäußert. Sie wolle sich einer Debatte über die Zukunft der Wehrpflicht nicht verschließen, sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Sie sei zwar eine überzeugte Anhängerin der Wehrpflicht, doch dürfe und solle der Verteidigungsminister über alles nachdenken. Dazu zählte sie auch Sparmöglichkeiten durch eine bessere Arbeitsteilung mit den Bündnispartnern. Sie wolle nun die Vorschläge der Fachleute abwarten.
Kontroverse Debatte im Bundestag
Vor den Bundestagsabgeordneten verteidigte zu Guttenberg den Plan, die Wehrpflicht zum 1. Juli zunächst von neun auf sechs Monate zu verkürzen. Dies sei für die Planungssicherheit der Betroffenen ungemein wichtig.
In der Bundestagsdebatte kritisierte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, der Minister peitsche das Gesetz "im Schweinsgalopp" durch. "Und Sie kündigen an, dass all dies womöglich im September schon nicht mehr stimmt", sagte Arnold. Sein Parteikollege Hans-Peter Bartels äußerte Bedenken, der Gesetzentwurf sei der "Einstieg in den Ausstieg" aus der Wehrpflicht. Erneut sprach er sich stattdessen für eine freiwillige Wehrpflicht aus. Gezogen werden sollten von den tauglich Gemusterten diejenigen, die sich bereiterklären, freiwillig diesen Dienst zu leisten.
Für die FDP, die erklärte Gegnerin der Wehrpflicht ist, sagte die verteidigungspolitische Sprecherin Elke Hoff, ihr habe noch niemand erklären können, dass der Wegfall von Wehrpflichtigen die Einsatzfähigkeit der Truppe beeinträchtige. Der Linke-Abgeordnete Paul Schäfer sagte: "Die Wehrpflicht ist sicherheitspolitisch überflüssig."
Debatte über Aussetzung der Wehrplicht:
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg soll im Auftrag des Kabinetts bis Anfang September klären, welche Konsequenzen eine Verkleinerung der Bundeswehr um bis zu 40.000 Zeit- und Berufssoldaten hätte. Um bei einem solch drastischen Truppenabbau die verbleibende Truppe nicht überproportional zu belasten, erwägt der CSU-Politiker eine Aussetzung der Wehrpflicht. Hintergrund sind Befürchtungen der Militärführung, dass sonst zu viele Soldaten für die Ausbildung der Wehrpflichtigen abgestellt werden müssten und die Auslandseinsätze darunter leiden könnten.