Als die Lichtstrahlen Sirenias Gesicht erreichten, hörte man sie leicht stöhnen. Sie hob die Hand vor das Gesicht und murmelte etwas unverständliches. Sie hasste es so früh aufstehen zu müssen, doch leider war ihr nichts anderes vergönnt, denn sie hatte Arbeit. Sie musste jedoch zu erst diesen Trottel finden, welchen das Schattenherz als ihren Partner eingeteilt hatte. Sie seufzte und wischte die Decke von ihrem Körper. Doch bevor sie sich ganz erhob, strich sie dem Jüngling neben ihr noch sanft durch die Haare.
„
Es wird Zeit das du gehst.“ sagte sie mit sanfter Stimme. Dieser wachte promt auf und sprang aus dem Bett. Sie hatte selten jemanden gesehen der sich so schnell bekleidet hatte, wie dieser Knabe, und dabei noch alles richtig machte. Sie musste schmunzeln, er schien schon so einiges an Erfahrung zu haben, das hatte er ihr jedenfalls in der vergangenen Nacht bewiesen. Doch als er bekleidet war, verliess er nicht das Zimmer sondern starrte sie eindringlich an, als würde er auf etwas warten. Sie seufzte erneut und erhob sich, denn sie wusste was er wollte. Sie ging zu dem Stuhl an dem ihr Mantel hing und kramte einen Beutel hervor. Sie öffnete ihn und liess drei Goldstücke auf ihre Hand fallen, zwei davon gab sie dem Jüngling. Kaum waren die Münzen in seiner Hand, verschwand er auch schon aus dem Zimmer. Sie hatte den Anflug von Ekel in seinem Gesicht gesehen. Dieser Junge wollte nicht weg, weil er sie verschmähte, Nein es war das Säckchen das der Reisetasche stand, und einen gar schauderbaren Geruch von sich gab. Sie zog sich dann ihre Untergewänder an und stand ans Fenster. Der Knabe war lange nicht der erste gewesen, der mit ihr die Nacht verbracht hatte.
Was sie an diesen Jünglingen mochte, war dass sie das komplette Gegenteil waren zu dem was sie sonst so hantierte. Denn sie konnten ihr geben, zu was Leichen nicht so ganz in der Lage waren. Sie waren noch voller Leben und ihre Leidenschaft war unbegrenzt. Und doch würde sie sich für letzteres entscheiden, sollte sie eines Tages vor die Wahl gestellt werden. Sie lächelte stumm in sich hinein, als sie an all die Knaben dachte.
Niemand aus der Organisation wusste von dieser Lust. Sie würde auch alles dafür tun, dieses Geheimniss zu wahren, denn ihr Ruf stand auf dem Spiel.
Sie seufzte erneut und sah hinab auf die Strasse, auf der sich das Fest noch immer in vollen Zügen, austrug. Es war wie jedes Jahr, die Männer waren besoffen und die Frauen verhurten sich. Bei dem Gedanken zuckte sie mit den Schultern. Es sollte sie nicht stören, diese Ausgelassenheit machte ihre Arbeit um einiges einfacher. Sie wandte sich von dem Fenster ab und begab sich wieder zu dem Stuhl auf dem all ihre Kleidungsstücke lagerten.
„
Nekyos, kannst du mir bitte kurz helfen.“ fragte sie, als sie die Korsage in die Hand nahm. Als sie diese dann um ihren Oberkörper geschwungen hatte, spürte wie sich die Stränge an ihrem Rücken enger zogen. „
Haben die lokalen Genüsse gemundet.“ fragte der Kubo spöttisch. „
Exquisit wie jedes Jahr.“ antwortete sie schnippisch, musste jedoch das Gesicht verziehen, als Nekyos besonders heftig zusammenzog, und ihr somit die Luft abschnitt. „
Jetzt hab dich nicht so.“ sagte sie nacht Luft ringend. Er liess nach und fuhr wie gehabt fort. „
Du musst dir das auch nicht jedesmal ansehen.“, der Kubo klang vorwurfsvoll. „
Bist du eifersüchtig?“ fragte sie plötzlich und drehte sich um ohne darauf zu achten, dass er vielleicht noch gar nicht fertig war. Sie legte ihre Hände an sein Knöchernes Gesicht. „
Keine Angst mein grosser, du wirst immer die Nummer eins bleiben.“ Sie machte die Andeutung von einem Kuss, doch er löste sich in schwarzen Rauch auf, um sich hinter ihr wieder zu materialisieren, um dann mit seiner Arbeit weiterzufahren.
Es ging eine Weile bis sie sich fertig gekleidet, und ihre Haare gekämmt hatte. Sie stieg die morschen Treppen des Gasthauses herunter, sie musste lächeln als sie an den Gast dachte, der als nächstes in dem Zimmer übernachten würde. Er müsste wohl mit einer Nasenklammer schlafen müssen. Sie fand, das Gebäude hatte den Namen „Zum goldenen Esel“ nicht mehr verdient. Es war eine einst angesehen Taverne in der Stadt gewesen. Sie war hier Stammgast gewesen. Doch seit dem der Wirt verstorben war, und sein Sohn sich lieber der Kriegergilde angeschlossen hatte, war der Laden heruntergekommen. Den neuen Wirt schien es keinen Deut zu scheren, ob diese Taverne noch lange aufrecht war. Sie fand das äusserst Schade, da dies eine der einzigen Tavernen des Landes war, in welcher sie noch kein Hausverbot hatte, im gegenteil, sie wurde immer herzlich empfangen.
Sie hatte ein wenig Mitleid mit der Wirtin. Denn es hiess, dass ihr jetziger Mann ein grausamer Zeitgenosse war, und sie für den Untergang der Taverne verantwortlich machte. Die Frau des ehemaligen Wirten, hatte abermals geheiratet um so vielleicht die Taverne halten zu können, doch sie war reingelegt worden, der neue Wirt hatte nichts anderes im Sinn gehabt, als sie um ihr erspartes zu erleichtern.
Als sie dann in der Schankstube ankam, hatte sich etwas verändert. Der Wirt sass nicht mehr in der Ecke und soff vor sich hin, nein er stand hinter dem Tresen, und bediente die Festleute. Doch er schien sich des Festes nicht wirklich zu erfreuen. Er war Kreideweiss und schaute sich ständig um, als würde er erwarten, dass ihn plötzlich etwas anspringen würde.
Es war fast so, als hätte ihm der ehemalige Wirt einen Besuch abgestattet und ihr zurechtgewiessen. Sirenia lächelte in sich hinein und verliess die Taverne um sich in den Menschenmassen zu verlieren.
Als sie an den Markständen vorbeilief, fiel ihr der zusammenstoss vom vorigen Abend ein. Ihr war eines klar, die Frau musste eine Mentarin oder eine Nutte sein, wer sonst würde sich so leicht bekleidet unter so vielen liebestollen Männern bewegen. Sollte sie eine Mentarin sein, würde ihr zweites Zusammentreffen wohl ein wenig anderst aussehen. Auf eine gewisse Weise würde sie aber das Freudenmädchen auch nicht verschmähen.